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1. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 617

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 221. Polen. 617 Anmerkungen. 1. Am 1. November 1806 enthielt der Moniteur (die französische Staatszeitung) einen mit dem Namen Kosciuskos unterzeichneten Aufruf, der aber aus der Feder Napoleons kam und von Koscinsko als unecht erklärt wurde. Die Polen wurden aufgefordert, für die Befreiung des Vaterlandes gegen Preußen und Rußland die Waffen zu ergreifen. Sie erhoben sich wirklich unter Dombrowski und Joseph Ponia-towski. Am 28. Nov. 1806 zogen die Franzosen unter Murat in Warschau ein; Sachsen, das bisher mit Rußland und Preußen verbündet war, trat 1807 dem Rheinbünde bei; der Kurfürst wurde vou Napoleon zum König erhoben und zum erblichen Herzog von Warschau ernannt. Joseph Poniatowski wurde Kriegsminister und Ober-kommaudaut aller polnischen Truppen. Bei Raszin wurde er zwar vom Erzherzog Ferdinand geschlagen (1809), veranlaßte aber die Ga-lizier zum Aufstande und nötigte dadurch die Österreicher, die sich Warschaus bemächtigt hatten, dasselbe wieder zu räumen. 2. Ehlopicki hatte den unglückseligen Gedanken, die Russen bis vor Warschau kommen zu lassen und erst dort eine Schlacht zu liefern. Bei Grochow hätte er gesiegt, aber die Generale befolgten seine Befehle nicht und handelten eigenmächtig. Chlapowski und Gielgiid führten ihre Korps, ohne daß diese es merkten, über die preußische Grenze; Gielgud wurde deshalb vou einem Artillerieoffizier erschossen. Bei Wroclowek ließ Paskewitsch eine Brücke über die Weichsel schlagen, und die Russen zogen während 36 Stunden über die Brücke, ohne daß Skrzyuecki sie angriff. Er wurde deshalb abgesetzt, und Dembinski übernahm den Oberbefehl. Aber bald wurde er vom Präsident«: Krukow i e ck i vom Kommando entfernt, das dieser selbst übernahm. Als Paskewitsch vor Warschau anlangte und die Bürger die Stadt verteidigen wollten, verbot ihnen Krukowiecki, sich bewaffnet zu zeigen, und entzog dem General Uminski die Artillerie und die Reserve. In der Zivilregierung stritten sich die Feudaler: mit den Demokraten. So ging Polen abermals aus eigener Schuld zu Grunde. 3. Schon nach der Revolution von 1831 ging man in der Unterdrückung der polnischen Nationalität so weit, daß man die Kinder der toten, geflüchteten und eingekerkerten polnischen Adeligen und auch die der niedern Volksklafsen von Kosaken einsangen und sie nach Rußland schaffen ließ, um sie zu russischen Soldaten zu erziehen. Aber nach dem Aufstande von 1863 verbannte Mnrawiew sogar Kinder unter neun Jahren an den Amurfluß in Asien. Man zerriß die Familien, indem man den Vater an einen andern Ort als die Mntter, und die Kinder an einen andern Ort als die Eltern verbannte. Infolge des Aufstandes von 1863 wurden 48 182 Personen nach Sibirien geschleppt, 12 556 in das Innere von Rußland, 33 780 in die wüsten Steppen ant Ural-gelurge; 2416 Personen aus den bessern Ständen wurden als gemeine Soldaten in russische Regimenter gesteckt, 1464 wurden gehenkt und er-schossen und 7000 flüchteten sich in das Ausland. Alle jungen Leute männlichen Geschlechts, über siebzehn Jahre alt, wurden abgeführt und in die asiatischen Bataillone gesteckt. Hieraus war Polen freilich ruhtg. Es muß aber auch zugegeben werden, daß die geheime Natio-»alreglerutig die Russen auf unverantwortliche Weise reizte, indem dieselbe über deren Anhänger zahlreiche Todesurteile ergehen und sie meuch-lertsch vollziehen ließ. Sie hatte besondere „Hänge - Gendarmen" zur 26**

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1. Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Schulen - S. 388

1906 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 388 — Teil nach Warschau entkam. Hier hatte inzwischen die demokratische Partei stürmische Auftritte veranlaßt, und nach den Greuelszenen vom 15. August, bei welchen eine Anzahl des Einverständnisses mit Rußland verdächtiger Personen auf die grausamste Weise ermordet wurden, bestand, da der Präsident der provisorischen Regierung zur Flucht in das polnische Lager genötigt worden, in Polen keine geordnete Regierung mehr. Dieser Zustand verfehlte seine Rückwirkung auf das Heer nicht. Zwar raffte die im Lande herrschende Cholera im Juni 1831 den General Diebitsch und bald darauf auch den Großfürsten Konstantin hinweg; die Russen erhielten jedoch in dem Marschall Paskewitsch einen neuen energischen Führer. Dieser zwang die Hauptstadt nach zweitägigem Bombardement zur Ergebung (1831). Mit dem Falle Warschaus war die polnische Revolution beendet. Tausende von Polen verließen ihre Heimat und wandten sich größtenteils nach Frankreich und England. Alle Adeligen, die an dem Ausstand unmittelbaren Anteil genommen, verloren ihre Güter, die zum größten Teil an russische Generale und Offiziere vergeben wurden. Polen wurde russische Provinz, behielt jedoch eine getrennte Verwaltung. Die durch den Wiener Kongreß gebildete kleine Republik Krakau wurde im Jahre 1846, nachdem von dort aus ein neuer Aufstand hatte ins Werk gesetzt werden sollen, als ein Herd fortwährender revolutionärer Bestrebungen durch eine Übereinkunft der Schutzmächte Rußland, Österreich und Preußen aufgehoben und mit Galizien vereinigt. 2. Der Aufstand unter Mieroslawski und Langiewicz (1863—1864). Zur Unterdrückung der in Polen fortdauerudeu Gärung waren die strengsten Maßregeln angeordnet worden; dennoch bereitete sich im Jahre 1861 ein neuer Aufstandsversuch vor, zu dessen Verhütung die russische Regierung im Jahre 1862 bedeutende Truppenaushebungen aus der streitbaren polnischen Bevölkerung vornehmen ließ. Die Erneuerung dieser Maßregel im Jahre 1863 führte den wirklichen Ausbruch des Aufstandes herbei. Eine geheime N^ational'regierung, um deren Entdeckung die Russen sich vergebens bemühten, hielt die Verbindung unter den Teilnehmern aufrecht, die, in zahlreichen kleineren Abteilungen durch das ganze Land zerstreut, deu Russen einen äußerst hartnäckigen Kampf bereiteten. Der Aufstand erlosch im Jahre 1865, nachdem sich seine Kräfte erschöpft hatten und es den Russen gelungen war, sich mehrerer Mitglieder der Nationalregierung zu bemächtigen, die zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Ein schweres Strafgericht wurde Über alle verhängt, die bei dem Aufstande beteiligt gewesen waren, und das Land durch die härtesten Maßregeln zur Ruhe gebracht. Seitdem gehen die Bestrebungen der russischen Regierung immer entschiedener aus die gänzliche Vernichtung der polnischen Nationalität ans. Mit seiner Sprache soll dem unglücklichen Lande durch eine immer größere Bedrückung und Beschränkung der katholischen Kirche auch sein Glaube geraubt werden.

2. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 106

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 106 — Tyrannen!" und begannen mit dem Hinmorden von Russen, stürmten das Zeughaus und verteilten die Gewehre an die Polen. Die russischen Truppen mußten samt dem Statthalter aus Warschau flüchten, was die Polen in einen sinnlosen Freudentaumel versetzte. Sie rechneten auf den Beistand Frankreichs und Englands und forderten die Bewohner aller ehemals polnischen Gebiete zur Rückkehr in den polnischen Staatsverband und zum Kriege gegen Rußland auf. Dennoch versprach der Kaiser Nikolaus den Polen Verzeihung, wenn sie die Anstifter des Aufruhrs auslieferten und die gefangenen Russen auf freien Fuß setzten. Aber der polnische Reichstag erklärte 1831 das Haus Romanow des polnischen Thrones für verlustig, doch versäumte er, das polnische Heer rasch zu vermehren und in Litauen einfallen zu lassen. So blieben die Russen Sieger in der entscheidenden Schlacht bei Ostroleuka und nahmen Warschau wieder ein. Ein furchtbares Strafgericht verhängte der erzürnte Zar über Polen. Tausende wurden nach Sibirien verbannt, Tausende flüchteten ins Ausland. Mit ihren Gütern beschenkte der Zar Nikolaus I. (1825—55) seine Generale und Beamten. Schlimmer war noch die unerhörte Militär- und Polizeityrannei. Wer irgend eine Waffe verheimlichte, ward hingerichtet. Die Verfassung von 1815 ward aufgehoben und das „Kongreßpolen" (das vom Wiener Kongreß als Königreich Polen bezeichnete polnische Gebiet) in eine russische Provinz verwandelt. Die Polen steckte man in die entferntesten Regimenter am Kaukasus usw. Selbst die römische Kirche suchte nun der Zar durch die griechische zu verdrängen. Nichts ließ Nikolaus unversucht, um womöglich die Polen zu Russen nach Glauben, Sprache und Gesinnung zu machen. Es war vergebens. Aber auch ihr Aufstand vom Jahre 1848 war gleichfalls vergeblich. Sein Nachfolger Alexander Ii. (1855—81) war wieder versöhnlicher und milder gestimmt. Doch wollten die Polen nichts von Versöhnung wissen. Da nun Napoleon Iii. den Oberitalienern zur Freiheit von der österreichischen Fremdherrschaft geholfen hatte, da erwachte auch in den Polen der Freiheitsdrang von neuem, namentlich in der katholischen Geistlichkeit, im Adel und im Bürgertum. 1863 machte sich die Gärung in einem Aufruhr Luft. Der „geheime Umsturzausschuß" erklärte sich als polnische Nationalregierung und rief einen gefährlichen Bandenkrieg ins Leben und wirkte wie ein Femgericht und trieb durch die „Hängegendarmen" Steuern ein. Doch blieb das Landvolk ruhig. Da auch Preußen unter Bismarck seine Ostgrenze absperrte und mit Rußland einen Vertrag zur Unterdrückung des Aufruhrs schloß, konnte Rußland den Aufstand bald unterdrücken und brauchte sich um die Drohungen Frankreichs, Englands und Österreichs nicht zu kümmern. Der katholischen Geistlichkeit ward eine sehr hohe Ausnahmesteuer (12 % vom Einkommen) auferlegt und außerdem

3. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 486

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
486 52. Rußland unter Alexander Ii. Endlich warf die Regierung sich einer Politik der Verzweiflung in die Arme. Zur Unterdrückung der fortwährend zunehmenden Bewegung benutzte sie eine im September 1862 für das ganze Reich angeordnete Aushebung. Plötzlich in der Nacht des 14. Ja- nuar 1863 wurden in Warschau alle als warme Patrioten bekannte Polen, vorzugsweise die Reichen und Gebildeten, welche nach dem dortigen Gesetze vom Kriegsdienste frei sind, unter endlosen Scenen des Jammers ausgehoben. Sofort constituirte sich das bisher ge- heime revolutionäre Comité als provisorische Nationalregie- rung, rief das Volk unter die Waffen, erklärte die Bauern für freie Eigenthümer der von ihnen bisher bebauten Grundstücke und ernannte Mieroslawski zum Dictator, der aber schon bald, nach einer Niederlage der von ihm angeführten Insurgenten, auf preußi- sches Gebiet floh; eben so sein Nachfolger Langiewicz (Dictator seit 10. Mürz) auf österreichisches Gebiet. Darauf übernahm die Nationalregierung wieder die obere Leitung des Aufstandes. Verge- bens bot die russische Regierung Alles auf, um die Mitglieder der geheimen Regierung zu entdecken, die unter ihren Augen in Warschau ihre Proclamationen und Befehle ergehen ließ, ebenfalls Steuern eintrieb und jeden bedrohte, der solche an den Gegner entrichten würde, auch willige Arme genug fand, um ihre Todesurtheile auf offener Straße, ja, in der Citadelle selbst zu vollstrecken. Erst gegen Ende des Jahres 1863, nachdem die Russen allmählich 200,000 Mann nach Polen gezogen hatten, gelang es dem General-Statthalter Grafen Berg, dem Nachfolger des Großfürsten Constantin in der Statthalterschaft seit 31. October, die Jnsurrection so weit zu unter- drücken, daß nur noch einzelne bewaffnete Banden in den Wäldern umherstreiften. Die Nationalregierung mußte im Februar 1864 ihre Thätigkeit einstellen, mehrere Mitglieder derselben sielen den Russen in die Hände, einige wurden erhängt, andere nach Sibirien verbannt. Der Adel erlitt, außer den schlimmen Folgen des Krieges an sich (Tod im Kampfe, Verbannung, Verarmung), noch einen herben Ver- lust durch den kaiserlichen Ukas vom 2. März 1864 zur Regelung der bäuerlichen Verhältnisse, welcher die Zutheilung des bisherigen Besitzes an die Bauern als Eigenthum, die Entschädigung der Grund- herren durch eine mäßige Grundsteuer und aus Staatsfonds, die Auflösung jeder Verbindung zwischen Adel und Bauern, so wie die Errichtung (vom Grundadel) gänzlich unabhängiger Gemeinden an- ordnete. Der katholischen Geistlichkeit hatte der General Berg schon vorher (15. December 1863) eine außerordentliche Einkommensteuer von 12 pct. auferlegt. Noch härter war das Schicksal der übrigen ehemals polnischen Länder, welche sich an der Jnsurrection betheiligt hatten. In Po- dolien und der Ukraine ward der Adel massenweise eingekerkert; in Litthauen versuchte der General-Gouverneur Murawieff das polnische Element völlig auszurotten, indem er die russische Sprache unter

4. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 486

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
486 52. Rußland unter Alexander Ii. Endlich warf die Regierung sich einer Politik der Verzweiflung in die Arme. Zur Unterdrückung der fortwährend zunehmenden Bewegung benutzte sie eine im September 1862 für das ganze Reich angeordnete Aushebung. Plötzlich in der Nacht des 14. Ja- nuar 1863 wurden in Warschau alle als warme Patrioten bekannte Polen, vorzugsweise die Reichen und Gebildeten, welche nach dem dortigen Gesetze vom Kriegsdienste frei sind, unter endlosen Scenen des Jammers ausgehoben. Sofort constituirte sich das bisher ge- heime revolutionäre Comite als provisorische Nationalregie- rung, rief das Volk unter die Waffen, erklärte die Bauern für freie Eigenthümer der von ihnen bisher bebauten Grundstücke und ernannte Mieroslawski zum Dictator, der aber schon bald, nach einer Niederlage der von ihm angeführten Insurgenten, auf preußi- sches Gebiet floh; eben so sein Nachfolger'langiewicz (Dictator seit 10. März) auf österreichisches Gebiet. Darauf übernahm die Nationalregierung wieder die obere Leitung des Aufstandes. Verge- bens bot die russische Regierung Alles auf, um die Mitglieder der geheimen Regierung zu entdecken, die unter ihren Augen in Warschau ihre Proclamationen und Befehle ergehen ließ, ebenfalls Steuern eintrieb und jeden bedrohte, der solche an den Gegner entrichten würde, auch willige Arme genug fand, um ihre Todesurtheile auf offener Straße, ja, in der Citadelle selbst zu vollstrecken. Erst gegen Ende des Jahres 1863, nachdem die Russen allmählich 200,000 Mann nach Polen gezogen hatten, gelang es dem General-Statthalter Grafen Berg, dem Nachfolger des Großfürsten Constantin in der Statthalterschaft seit 31. October, die Jnsurrection so weit zu unter- drücken, daß nur noch einzelne bewaffnete Banden in den Wäldern umherstreiften. Die Nationalregierung mußte im Februar 1864 ihre Thätigkeit einstellen, mehrere Mitglieder derselben fielen den Russen in die Hände, einige wurden erhängt, andere nach Sibirien verbannt. Der Adel erlitt, außer den schlimmen Folgen des Krieges an sich (Tod im Kampfe, Verbannung, Verarmung), noch einen herben Ver- lust durch den kaiserlichen Ukas vom 2. März 1864 zur Regelung der bäuerlichen Verhältnisse, welcher die Zutheilung des bisherigen Besitzes an die Bauern als Eigenthum, die Entschädigung der Grund- Herren durch eine mäßige Grundsteuer und aus Staatsfonds, die Auflösung jeder Verbindung zwischen Adel und Bauern, so wie die Errichtung (vom Grundadel) gänzlich unabhängiger Gemeinden an- ordnete. Der katholischen Geistlichkeit hatte der General Berg schon vorher (15. December 1863) eine außerordentliche Einkommensteuer von 12 pct. auferlegt. Noch härter war das Schicksal der übrigen ehemals polnischen Länder, welche sich an der Jnsurrection betheiligt hatten. In Po- dolien und der Ukraine ward der Adel massenweise eingekerkert; in Litthauen^versuchte der General-Gouverneur Murawieff das polnische Element völlig auszurotten, indem er die russische Sprache unter

5. Lehrbuch der Weltgeschichte für Schulen - S. 374

1872 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 374 — Anzahl des Einverständnisses mit Rußland verdächtiger Personen ans die grausamste Weise ermordet worden waren, bestand, da der Präsident der provisorischen Regierung, Czartoriski, zur Flucht in das Lager genöthigt worden, in Polen keine geordnete Regierung mehr. Dieser Zustand verfehlte seine Rückwirkung auf das Heer nicht. Skrzynecki legte den Oberbefehl nieder; sein Nachfolger Dembinski that nach wenigen Tagen das Gleiche, und die Aussichten gestalteten sich für Polen immer trostloser. Zwar raffte die im Lande herrschende Cholera den General Diebitfch und bald daraus auch den Großfürsten Consta nt in hinweg; die Russen erhielten jedoch in dem Marschall Paskewitsch ' einen neuen energischen Führer. Dieser versetzte den Krieg aus das linke Weichselufer und zwang die Hauptstadl nach zweitägigem Bombardement zur Ergebung (7. Sept. 1831). Mit dem Falle Warschaus war die polnische Revolution beendet. Taufende von Polen verließen ihre Heimatb und wandten sich größtenteils nach Frankreich und England. Alle Adeligen, die an dem Aufstande unmittelbaren Antheil genommen, verloren ihre Güter, die zum größten Theile an russische Generale und Offiziere vergeben wurden. Polen wurde russische Provinz, behielt jedoch eine getrennte Verwaltung. Die durch den Wiener Congreß gebildete kleine Republik Krakau wurde im Jahre 1846, nachdem von dort ans ein neuer Aufstand hatte ins Werk gesetzt werden sollen, als ein Herd fortwährender revolutionärer Bestrebungen durch eine Übereinkunft der Schutzmächte, Rußland, Oesterreich und Preußen, aufgehoben und mit Galizien vereinigt. Zur Unterdrückung der in Polen fortdauernden Gährung waren die strengsten Maßregeln angeordnet worden; dennoch bereitete sich im Jahre 1861 ein neuer Aufstaudsversuch vor, zu dessen Verhütung die russische Regierung im Jahre 1862 bedeutende Truppenaushebungen aus der streitbaren polnischen Bevölkerung vornehmen ließ. Die Erneuerung dieser Maßregel im Jahre 1863 führte deu wirklichen Ausbruch des Aufstandes' herbei. Eine geheime Nationalregierung, um deren Entdeckung die Russen sich vergebens bemühten, hielt die Verbindung unter den Theil-nehmern ausrecht, die, in zahlreichen kleineren Abtheilungen durch das ganze Land zerstreut, den Russen einen äußerst hartnäckigen Kamps bereiteten. Der Aufstand erlosch im Jahre 1864, nachdem sich seine Kräfte erschöpft hatten und es den Russen gelungen war, sich mehrerer Mitglieder der Nationalregierung zu bemächtigen, die zum Tode vernrtheilt und hingerichtet wurden. Ein schweres Strafgericht wurde über Alle verhäugt, die bei dem Aufstande betheiligt gewesen, und das Land durch die härtesten Maßregeln zur Ruhe

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 273

1868 - Mainz : Kunze
Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart. später aber aus Argwohn sich veranlaßt gefunden, diese Begünstigungen wieder zurückzuziehen und die russischen Beamten zu einer strengen Amtsführung aufzufordern. Der Viceköuig von Polen, Großfürst Con- stantin, regierte mit Strenge und verfolgte die Unzufriedenen mit un- nachsichtlicher Härte. Die Polen hofften auf Hülfe von Frankreich und ergriffen die Waffen. Am Abend des 29. Nov. drangen zu Warschau 20 bewaffnete Zöglinge der Kadettenschule in den Palast des Groß- fürsten, andere riefen die Bevölkerung der Hauptstadt zu den Waffen. Mit Mühe rettete sich Constantin und zog sich mit den russischen Be- amten und Soldaten zurück. Die Nevolution war gelungen. Allein statt rasch zu handeln, begann man erst zu überlegen, was für die Zukunft Polens das Beste sei; die Meinungen waren sehr getheilt. General Chlopicki übernahm die Leitung der Angelegenheiten, obwohl er der von dem Volke ausgegangenen Bewegung nicht hold war, und übernahm, um Unordnungen vorzubeugen, die Diktatur, sandte eine Deputation nach St. Petersburg und ließ dem Kaiser Unterhandlungen anbieten. Allein diese wurden zurückgewiesen; Chlopicki legte seine Diktatur nieder, und Fürst Nadziwill übernahm den Oberbefehl. Ein Beschluß des Reichstags entschied den vollständigen Bruch mit Rußland. General Diebitsch rückte bereits mit einem ungeheuren Heere gegen von den Rust die Polen vor und überschritt ungehindert die polnische Grenze. Die ^Zm'acht^un' Polen fochten in allen Schlachten mit einer bewundernswürdigen Tapfer- temüdt. feit und blieben mehrere Male Sieger; der verwundete Chlopicki trat den Oberbefehl an Skrzynecki ab, welcher in der mörderischen Schlacht von Ostrolenka besiegt wurde. Auch der tapfere General Dweruicki, welcher nach Volhyuien vorgedrungen war, um die Revolution in die ehemaligen russischen Provinzen zu tragen, ward genöthigt sich auf östreichisches Gebiet zu flüchten. Zwietracht, Verrath und leere Ver- tröstungen auf französische Hülfe schadeten der polnischen Erhebung so sehr, daß an ein Gelingen nicht mehr zu denken war. General Die- bitsch und Großfürst Constantin erlagen nebst vielen Tausenden des russischen Heeres der damals wüthenden asiatischen Cholera, und Fürst Paskewitsch, welcher im Kriege mit Persien und mit der Türkei be- deutende Erfolge erkämpft hatte, übernahm den Oberbefehl. Skrzynecki hoffte noch immer auf Hülfe von Frankreich oder England, hinderte den Uebergang der Russen über die Weichsel nicht und zog sich fechtend vor der Uebermacht zurück; er mußte seinen Oberbefehl einstweilen an den General Dembiuski abtreten. Mißtrauen und Zwietracht herrschte in der Hauptstadt und in dem Heere der Polen. In Warschau regte ein Iakobinerklub den Pöbel zu gräßlichen Mordscenen auf und ver- Cassian's Geschichte. Iii. 2. Slusl. v. Stacke. 13

7. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 616

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
616 Unsre Zeit. licherweise ließ jedoch Skrzynecki die aus Rußland kommenden Garden mit der Hauptarmee unter Diebitsch sich vereinigen, obwohl er stärker war, und wich jeder Schlacht aus, so daß er förmlich zu einer solchen gedrängt werden mußte. Seine und des Fürsten Radziwill Unfähigkeit, die Uneinigkeit der Generale unter sich und mit der Zivilverwaltung, an deren Spitze der Fürst Adam Czartoryski stand, sowie die Verräterei mehrerer Generale brachte die Polen wieder in die Hände der Russen. Diebitsch siegte bei Ostrolenka, und Warschau mußte sich uach zweimaligem Sturm an Paskewitsch ergeben. Damit war Okto-die polnische Revolution beendet. Polen, das bisher ein eigenes i83i. Heer und eine eigene Verwaltung hatte, wurde russische Provinz. 611) Die Willkür, mit welcher von jetzt an in Polen verfahren wurde, und die Unmöglichkeit, gegen gerechte Beschwerden Abhilfe zu erhalten, erzeugten unter den Polen fortan einen Haß, dessen Ausbruche dreißig Jahre durch die strengsten Maßregeln unterdrückt werden mußten. Von Krakau aus, wo viele Flüchtlinge sich aufhielten, wurde dieser Haß geschürt, was die Aufhebung dieses Freistaats und die Einverleibung in Ästerreich 1846. zur Folge hatte. Durch ganz Polen bildeten sich geheime Vereine, die einen Aufstand vorbereiteten. Die russische Regierung suchte durch eine gewaltsame Rekrutierung die verdächtigen jungen Polen 1863. unschädlich zu machen. Polen wurde in Belagerungszustand erklärt. Aber eine geheime Nationalregieruug ernannte den Flüchtling Langiewicz zum Diktator und leitete die Insurrektion. Langiewicz kämpfte zwar sehr unglücklich und mußte sich auf österreichisches Gebiet flüchten; doch hielten sich die Jn-snrgentenhanfen, bis es gelang, fünf Häupter der geheimen Re- August giernng zu entdecken und aufzuhängen. Der Statthalter Dol-18ti4' gorucki in Warschau, der Oberkommanbant General Berg in Kalisch nnb der blntbürstige Gouverneur Murawiew in Wilna wußten durch schreckenerregenbe Maßregeln Polen zur Ruhe zu bringen. Seitbem wirb Polen russifiziert. 612) Wie man die Güter der reichen Grunbbejttzer konfiszierte, so nimmt man dem unglücklichen Laube seine Sprache und seinen Glauben, und niernanb erhob seine Stimme für ein Volk, welches zertreten wirb, als bte Oberhäupter der katholischen Kirche. Schon Gregor Xvi. hatte es bei einem Besuche 13.De- des Kaisers Nikolaus gewagt, dem Tyrannen feine Gewalt-^1345" thaten vorzuwerfen, und als biefer leugnete, ihm die eigenhänbig unterzeichneten Befehle vorzulegen. Pius Ix. wagte es, in Süfrii e*nem am 26. April 1864 gehaltenen Konsistorium den russischen 1864. Kaiser vor das Gericht der öffentlichen Meinung zu laben.

8. Für die oberen Klassen höherer Lehranstalten - S. 169

1885 - Berlin : Barth
§ 107. 1815-1848. 169 § 107. Ereignisse von 1815—1848. In Frankreich folgte auf Ludwig Xviii-, der 1815 eme Verfassung, die Charte, gegeben, der jüngste Bruder Ludwigs Xvi., Karl X. (1824—1830). Aber die Bourbonen hatten keinen Boden mehr im französischen Volke, und obwohl er 1830 Algier erobern lreß, brach 1880 die Juli-Revolution aus, und nach einem Straßenkampse (27 —29. Juli) entsagte der König zu Gunsten seines Enkels Heinrich, Herzogs von Bordeaux. Es wurde jedoch, mit Übergehung desselben, Ludwig Philipp. Sohn des hingerichteten Egalite, das Haupt der jüngeren Linie Orleans, zum Könige der Franzosen erklärt. Diese Revolution sandnachahmung in einer S e p t e m b e r-R e v o l u -tion zu Brüssel. Die ehemals spanischen, dann österreichischen Niederlande, vom Wiener Kongresse dem neuen Königreiche der Niederlande einverleibt, erhoben sich gegen dessenprotestantischen König Wi lh elm I.; ein National-Kongreß wählte den Prinzen Leopold von Sachsen-Ko burg zum Könige der Belgier, eine französische Armee unterstützte die Aufständischen und erzwang zuletzt auch die Übergabe von Antwerpen seitens des tapferen holländischen Generals Chassö (Leopold I. f 1865, seitdem König Leopold Ii). Einen anderen Ausgang nahm eine polnische Revolution, die im November 1880 zu Warschau ausbrach und die Wiederherstellung polnischer Selbständigkeit zum Zwecke hatte. Anfangs waren die Polen siegreich gegen die Russen; aber bei Ostrolenka wurden sie von Diebitsch 1831 geschlagen, und Paskewitsch zwang nach zweitägigem Sturm Warschau zur Kapitulation. Nun ward Polen eng mit Rußland vereinigt, und viele Polen gingen freiwillig in die Verbannung. Mit geringerem Blutvergießen wurden erneute Aufstände der Polen in den Jahren 1846, 1848 und 1863 überwältigt. Auch in Rußland selbst war eine (republikanische) Verschwörung bei Kaiser Alexanders I. Tode 1825 ausgebrochen, die aber durch die Geistesgegenwart seines Bruders und Nachfolgers, Nikolaus, rasch niedergeworfen wurde. Dieser (1825—1855) hob darauf durch feine energische und einsichtsvolle Thätigkeit Rußland immer mehr zu einer den europäischen Großmächten ebenbürtigen, ja bedrohlichen Höhe. In einem Kriege gegen die Türken gewann sein General Diebitsch Silistria und andere Plätze und überschritt den Balkan (Sabalkanski), während Paskewitsch (Eriwanski) vom Kaukasus her in Kleinasien

9. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 615

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 221. Polen. 615 Franz V. das Land gleich verließ, und in Parma, wo nach dem Tode der Marie Louise der Bonrbone Karl Ii. zur Regentschaft gelangt war. § 221. polen. (Seit 1794.) 609) Kein Volk hat unter der Revolution furchtbarer gelitten und wurde bitterer getäuscht, als das unglückliche Volk der Polen. Napoleon hatte 1806 dasselbe aufgefordert, für die Befreiung isoö. des Vaterlandes gegen Preußen und Nußland die Waffen zu ergreifen, und die Polen waren unter Joseph Poniatowski aufgestanden. Seitdem ans den preußischen Landesteilen das Herzogtum Warschau gebildet und dem König von Sachsen Friedrich August übertragen worden war, kämpften die Polen als die treuesten Bundesgenossen des französischen Kaisers auf alleu Schlachtfeldern; aber mit der Schlacht von Leipzig und dem Tode Poniatowskis ging ihr Stern wieder unter. Zwar wollte Österreich, welches gleich im Anfange die Teilung ungern sah, auf dem Wiener Kongresse Polen wieder hergestellt wissen, konnte damit aber gegen Rußland und Preußen nicht durch-dringen. Es wurde abermals zerrissen, und Krakau, über dessen Besitz man sich nicht einigen konnte, für eine freie Stadt erklärt. 610) Österreich und Preußen behandelten die ihnen zugefallenen polnischen Provinzen mit möglichster Berücksichtigung der Rationalität. Desto schwerer lastete der Druck auf Russisch-Polen, über welches der Bruder des Kaisers Al exaud er, der Großfürst Konstantin, als Vizekönig mit rücksichtsloser Strenge regierte. Es bildeten sich darum geheime Gesellschaften, welche den Zweck verfolgten, Polen von Rußland loszureißen und ein Gesamtpolen herzustellen. Als nun in Paris der Aufstand losbrach und Louis Philipp an die Regierung kam, da brauste der Sturm der Revolution auch durch Poleu. Die Zög-liuge der Militärschule wollten sich der Person des Großfürsten bemächtigen, was ihnen aber nicht gelang. Das polnische Militär ging zu den Aufständischen über. Um Einheit in die Bewegung zu bringen, ernannte sich General Chlopicki selbst zum Diktator und wurde als solcher vom polnischen Reichstage bestätigt. Da er aber, statt vorzuschreiteu, mit den Russen in nutzlose Unterhandlungen sich einließ, wurde er abgesetzt und au dessen Stelle Fürst Radziwill ernannt. Anfangs errangen die polnischen Heerführer Dembinski und Skrzynecki (Skrschynätzki) über mehrere russische Generale glorreiche Siege, namentlich bei Praga. Unbegreif-

10. Die Geschichte der neuesten Zeit - S. 212

1877 - Köln : DuMont-Schauberg
212 Zweiter Zeitraum: 1830—1848. Polen hatte sich erhoben, sondern im Süden Rußlands: Wolynien, Podo-lien und die Ukraine, im Norden Litthauen und Samogitien; selbst Finnland stand im Begriff, die Waffen zu ergreifen. Rußland wurde nur gerettet durch die verkehrte Kriegführung der Aufständischen, dadurch, daß die Bewegungen eine nach der andern, nicht zugleich, begannen, und daß die Kräfte derselben selbst in einzelnen Provinzen sich nicht vereinigten, sondern vereinzelt handelten. Um sich an denen zu rächen, die ihm eine solche Gefahr bereitet, und zugleich die Quelle zu verstopfen, aus welcher eine solche Gefahr entsprungen, wandte Nikolaus I. ein furchtbares Schreckenssystem an. Die ganze Nation wurde entwaffnet; den Bauern nahm man selbst ihre Sensen, Verheimlichung der Waffen wurde sofort mit dem Tode bestraft. Dann begannen die Urtheile über die Theilnehmer an der Revolution. Mehr wie 800 wurden bestraft, meist mit Verbannung nach Sibirien, die meisten hatten sich aber bereits ins Ausland geflüchtet; doch ihre Güter wurden eingezogen und theils dem Staatsschatze zugewiesen, theils russischen Edelleuten. Unter dem 26. Februar 1832 erließ der Kaiser ein organisches Statut, welches die Verfassung von 1815, die Alexander 1. den Polen verliehen, für immer aufhebt und den letzten Rest von Freiheit und Selbständigkeit vernichtet. Polen verliert sein selbständiges Heer: die Polen werden von nun an in russische Regimenter gesteckt und nach den entferntesten Ländern gesendet, namentlich nach dem Kaukasus, um sich dort aufreiben zu lassen. Der Reichstag wird aufgehoben, es bleibt nur ein Staatsrath, dessen Mitglieder der Kaiser ernennt, und die auch aus Russen bestehen können. An der Spitze der Regierung steht von nun an Paskewitsch, den der Kaiser zum Fürsten von Warschau ernannte. Schon aus dieser Verordnung konnte man ersehen, daß es auf die Vernichtung Polens als eines befonderen Königreichs abgesehen war, daß es zu einer bloßen russischen Provinz herabgewürdigt werden sollte. Aber die russische Regierung gebrauchte noch andere Maßregeln, von welchen sie eine dauernde Unterdrückung des polnischen Nationalgefühls hoffte. Sie - hob die Universitäten Warschau und Wilna auf, und überhaupt alle polnischen Schulen. Erst 1833 wurden wieder neue Schulen eröffnet, aber mit Einrichtungen, welche ebenfalls darauf abzielten, die polnische Nationalität zu ertödten. In diesen Schulen war die Erlernung der russischen Sprache, der russischen Geschichte und Lebensverhältnisse der Hauptzweck. Bezeichnend ist, daß zu Direktoren der höheren Lehranstalten meist russische Osficiere genommen wurden. Und wie durch die Erziehung, wollte der Kaiser auch durch die Religion die polnische Nationalität untergraben, indem er den Katholicismus durch die griechische Religion zu verdrängen suchte. Ein kaiserlicher Ukas verordnete, daß Kinder aus gemischten Ehen, zwischen Katholiken und Griechen, unter allen Umständen in der griechischen Religion erzogen werden sollten.

11. Mittlere und neue Geschichte - S. 357

1877 - Leipzig : Senf
111. Französische Revolution und deren Folgen. 357 1815 ein selbstständiges Reich mit einer Verfassung unter dem russischen Kaiser, auch ein besonderes Heer von 50000 Mann hatte, für dessen technische Ausbildung der Statthalter des Kaisers, Großfürst Constantin, sein älterer Bruder, besonders gesorgt hatte, das nun aber sogleich der Revolution beitrat. Vergebens war die Unterhandlung, die der polnische Diktator Chlopicki in St. Petersburg versuchte. Nicolaus verlangte unbedingte Unterwerfung und Chlopicki trat als Diktator zurück. Die Schlacht bei Grochow in der Nähe von Praga den 25. Februar 1831 blieb unentschieden, der russische Feldherr Die-bitsch konnte sich keines entschiedenen Vortheils über den Polengeneral Skrzynecki rühmen. Aber auch die Sache der Polen wurde nicht gefördert, denn, was sie besonders bezweckten, den Aufstand in die altpolnischen, Rußland einverleibten, Provinzen zu tragen, blieb ohne Erfolg, da Dwernicki, der nach Volhynien vordringen sollte, nach Gallizien gedrängt, sich daselbst den Oesterreichern ergeben mußte und nach der blutigen Schlacht bei Ostrolenka am 26. Mai 1831 zwischen Die-bitsch und Skrzynecki (sie blieb unentschieden) auch Gielguds Zug in das russische Litthauen, nachdem sein Versuch auf Wilna fehlgeschlagen war, scheiterte, so daß er nach Preußen nördlich von Tilsit, gedrängt wurde. Hier tödtete ihn der Schuß eines Kampfgenossen, der ihn für einen Verräther hielt, sein Corps aber wurde dadurch vor der Ergebung an die Preußen nicht bewahrt. Nur D embinski war mit einem Corps von 4000 Mann aus Samogitien mitten durch die Russen nach Warschau glücklich zurückgekehrt, jedoch auch, ohne irgend einen Erfolg in Litthauen erreicht zu haben. Als Diebitsch sowohl als der Großfürst Constantin, der im December 1830 mit dem in Polen befindlichen russischen Heere sich nach dem westlichen Rußland zurückgezogen hatte, der Cholera, die während dieses Krieges zum ersten Mal in Europa bis Deutschland vordrang, erlegen waren, übernahm Paskewitsch den Befehl über die Russen und verlegte den Kriegsschauplatz aufs linke Weichfelufer. Die democratische Parthei, der das Zögern Skrzy-ueckis, der auf ein Einschreiten der Westmächte rechnete, immer verdächtiger wurde, veranlaßte in der Nacht des 15. August gräuliche Ermordungen von Wehrlosen, angeblich Staatsverbrechern, in den Gefängnissen, konnte aber aus ihrer Mitte keinen fähigen Feldherrn aufstellen , sondern der ehrgeizige Krukowiecki erhielt den Oberbefehl. Nachdem Paskewitsch den 6. und 7. September bei Wola gestürmt, übergab derselbe Warschau den Russen. Der schon vor dem Sturm mit20000 Mann entsendete Romarino ließ sich auf österreichischem Gebiet entwaffnen, Rybiüski zog mit 24000 Mann nach der nördli-

12. Die Geschichte der neuesten Zeit - S. 211

1877 - Köln : DuMont-Schauberg
20. Die polnische Revolution. 211 angeblich um Lebensmittel aufzutreiben. Nur 34,000 M. blieben in der Hauptstadt zurück. Am 6. Sept. griffen die Russen die erste Linie der polnischen Verschanzungen an; die einzelnen polnischen Generäle handelten in dieser äußersten Gefahr ein jeder für sich, wie sie im Anfange des Krieges bei Grochow gethan hatten. Als Paskewitsch die Hand zu Unterhandlungen bot, rieth General Krukowiecki, den man zum Gouverneur der Hauptstadt ernannt hatte, zur Unterwerfung, und verlangte in der Nacht vom Reichstage die Ermächtigung zur Capitulation. Da diese nicht ertheilt wurde, so begann der Kampf am 7. Sept. von Neuem und die Russen eroberten, ungeachtet aller Tapferkeit der zu wenig zahlreichen Polen, die zweite Linie der Verschanzungen. Trotz dieser Unfälle, welche nur aus der schlechten Führung entsprangen, war das polnische Heer noch kampfbegierig. Die Russen hatten in den beiden Tagen gegen 20,000 M. eingebüßt. Auch mangelte es ihnen bereits an Schießbedarf, besonders für die Artillerie, während die Polen noch reichlich mit Allem versehen waren. Eine Niederlage Paskewitsch's aber bedrohte sein ganzes Heer mit dem Untergange, und es war das letzte, welches Rußland hatte auftreiben können. Die Russen erkannten sehr wohl die Lage der Dinge, und darum betrieben sie so eifrig die Unterhandlungen. Krukowiecki verlangte seine Entlassung und schüchterte den Reichstag dadurch so ein, daß er in seiner Abendsitzung, welcher indessen wenig Mitglieder beiwohnten, dem General die Ermäch^ tigung gab, Verträge abzuschließen, um den Krieg zu beendigen. Krukowiecki, eifrigst bemüht, so schnell wie möglich wieder die Gnade des Kaisers zu erhalten, gibt dem russischen General Berg einen Brief an den Kaiser mit, wonach Polen sich ohne irgend eine Bedingung Rußland wieder unterwerfe. Bald darauf befahl Krukowiecki den Rückzug des polnischen Heeres nach Praga. Aber die kräftigeren Mitglieder des Reichstages durchschauten Krukowiecki's Spiel und wollten ihm mit Einem Male ein Ende machen. Noch um 10 Uhr Abends versammelt sich der Reichstag und beschließt die Absetzung Krukowiecki's. Als General Berg von Paskewitsch mit neuen Vorschlägen nach Warschau zurückkommt, um mit Krukowiecki zu unterhandeln, findet er diesen entsetzt und muß also auf völlige Unterwerfung der Nation verzichten. Das Einzige, was er erreichte, war die Räumung Warschau's durch das polnische Heer, dem später noch die Räumung Praga's beigefügt wurde, wogegen die Russen den Polen 48 Stunden Waffenstillstand zusicherten, um die Stadt zu verlassen, und ihre Streitkräfte in Modlin zu vereinigen. Am 8. Sept. zogen die Russen in Warschau ein. d. Die Reaction. Durch die Unterdrückung der polnischen Revolution war Rußland einer ungeheuren Gefahr entgangen. Denn nicht bloß das Königreich 14*

13. Der allgemeine Geschichtsunterricht - S. 151

1873 - Berlin : Gaertner
- 151 - Bruder Abdul Aziz, der allem Anschein nach das türkische Reich ebenfalls nur mit Hilfe der europäischen Hauptmächte zusammenzuhalten imstande ist. Er konnte nicht verhindern, -dass die Donaufürstentümer Moldau und Wallachei sich zu einem Fürstentum Rumänien unter dem Fürsten Cnsa vereinigten und nach dessen ^Vertreibung sich den Fürsten Karl von Hohenzollern erwählten (1866). — Der Zustand Griechenlands nach dem Frieden von Adrianopel konnte so leicht nicht geordnet werden, weil dem Lande Geld und dem Volke Einigkeit fehlte. Otto, Prinz von Baiern, ward zum König ernannt, erschien (1832) mit baierischen Truppen und stellte die Ordnung wieder her, ohne indess die Unzufriedenheit des Volkes ganz unterdrücken zu können. Griechenland blieb durch seine traurigen Fiuanzverhältniffe vom Ausland, namentlich von England sehr abhängig; im Innern waren vielfache Zerwürfnisse und Parteiungen, denen zufolge Otto im Jahre 1862 seinen Thron verlor. Das Volk versperrte nämlich dem Könige, als er (im Okt. 1862) von einer Reise nach Athen zurückkehren wollte, die Thore und nötigte ihn zur Abreise nach München. Napoleon's Einfluss gelang es, den Prinzen Georg von Dänemark, Sohn des Königs Christian Ix., zur Annahme der griechischen Königskrone zu bewegen. Derselbe hielt am 1. November 1863 seinen feierlichen Einzug in Athen. England verzichtete auf sein Protektorat über die ionischen Inseln, welche nun mit Griechenland vereinigt wurden. Während es dem König Georg I. bisher nur mit vieler Mühe gelungen ist', das arbeitscheue, abenteuerliche Volk zu regieren, versuchen die Griechen auf der Insel Kandia (daher, der Aufstand der Kandioten genannt) sich der türkischen Herrschaft zu entziehen (1866 bis 1868). Durch Napoleon's Iii. Politik wurde auf einer Pariser Konferenz die Einigung wieder hergestellt. §. 126. Russland und tyolen. Nikolaus (seit 1825) zeigte die Energie, die er gleich beim Antritt seiner Regierung in Unterdrückung eines Militäraufstandes bewies, auch im weiteren Verlauf derselben. Ein Krieg, welcher wegen Grenzstreitigkeiten zwischen Russland und Persien entstand, erwarb dem Reiche durch den Feldherrn Paskewitsch (Eriwansky) Eriwan. Der Krieg mit der Pforte ist schon oben erwähnt. Durch den Traktat von Unkiar Skelessi (1833) wurde die Türkei ganz in das russische Interesse gezogen. Der Krieg gegen die mutigen und von England mit Geld unterstützten Tscherkessen am Kaukasus ist als beendet anzusehen (Schamyl). Unter russischem Scepter verwaltete seit 1815 der Großfürst Konstantin als General-Statthalter das zum Königreich erhobene Polen. Der Wohlstand des Landes und die durch eine Verfassung geschützte Freiheit des Volkes wuchs unter russischer Verwaltung. Dennoch erhob sich, infolge der Strenge Konstantins, in der Julirevolution das Volk noch einmal, seine Selbständigkeit wieder zu erlangen (Ehlopicki Diktator, Czartoryski Präsident der Nationalregierung, Ostrowski Reichsmarschall, 1830). Ganz Polen schloss sich dem Aufstande an und erklärte sich bald für unabhängig. Diebitfch erschien mit einem russischen Heere (1831), die Polen fochten mit Verzweiflung und Tapferkeit, waren aber an Hilfsmitteln zu schwach und zu uneinig, um den Russen unter Paskewusch (Diebitsch war an der Cholera gestorben) aus die Dauer widerstehen zu können. Paskewitsch nahm Warschau ein und verwaltete das mit großer Strenge bewachte Reich als Statthalter. So wurde Polen russische Provinz, die polnische Nationalität aber möglichst vernichtet.

14. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 230

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
230 21. Die polnische Revolution. ä. Die Reaction. Durch die Unterdrückung der polnischen Revolution war Rußland einer ungeheuren Gefahr entgangen. Denn nicht bloß das Königreich Polen hatte sich erhoben, sondern im Süden Rußlands: Volhynien, Podolien, Ukraine, im Norden Litthauen und Samogitien; selbst Finnland stand im Begriff, die Waffen zu ergreifen. Rußland wurde nur gerettet durch die verkehrte Kriegführung der Aufständischen, da- durch, daß die Bewegungen eine nach der anderen, nicht zugleich, be- gannen und daß die Kräfte derselben selbst in einzelnen Provinzen sich nicht vereinigten, sondern vereinzelt handelten. Um sich an denen zu rächen, die ihm eine solche Gefahr bereitet, und zugleich die Quelle zu verstopfen, aus welcher eine solche Gefahr entsprungen, wandte Ni- kolaus ein furchtbares Schreckenssystem an. Die ganze Nation wurde entwaffnet; den Bauern nahm man selbst ihre Sensen, Verheim- lichung der Waffen wurde sofort mit dem Tode bestraft. Dann be- gannen die Urtheile über die Theilnehmer an der Revolution. Mehr wie 800 wurden bestraft, meist mit Verbannung nach Sibirien, die meisten hatten sich aber bereits ins Ausland geflüchtet; doch ihre Güter wurden eingezogen und theils dem Staatsschätze zugewiesen, theils russischen Edelleuten. Unter dem 26. Februar 1832 erließ der Kaiser ein organisches Statut, welches die Verfassung von 1815, die Alexander I. den Polen verliehen, für immer aufhebt und den letzten Rest von Freiheit und Selbständigkeit der Nation vernichtet. Polen verliert sein selbständiges Heer: die Polen werden von nun an in russische Regimenter gesteckt und nach den entferntesten Ländern gesendet, namentlich nach dem Kaukasus, um sich dort aufreiben zu lassen. Der Reichstag wird aufgehoben, es bleibt nur ein Staats- rath, dessen Mitglieder der Kaiser ernennt, und die auch aus Russen bestehen können. An der Spitze der Regierung steht von nun an Paskewitsch, den der Kaiser zum Fürsten von Warschau ernannte. Aus dieser Verordnung konnte man schon ersehen, daß es auf die Vernichtung Polens als eines besonderen Königreichs abgesehen war, daß es zu einer bloßen russischen Provinz herabgewürdigt wer- den sollte. Aber die russische Negierung gebrauchte noch andere Maßregeln, von welchen sie eine dauerndere Unterdrückung des polnischen Natio- nalgefühls hoffte. Sie hob die Universitäten Warschau und Wilna auf, und überhaupt alle polnischen Schulen. Erst 1833 wurden wieder neue Schulen eröffnet, aber mit Einrichtungen, welche eben- falls darauf abzielten, die polnische Nationalität zu ertödten. In diesen Schulen war die Erlernung der russischen Sprache, der russi- schen Geschichte und Lebensverhältnisse der Hauptzweck. Bezeichnend ist, daß zu Directoren der höheren Lehranstalten meist russische Of- ficiere genommen wurden. Und wie durch die Erziehung, wollte der Kaiser auch durch die Religion die polnische Nationalität untergraben,

15. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 230

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
230 21. Die polnische Revolution. d. Die Reaction. Durch die Unterdrückung der polnischen Revolution war Rußland einer ungeheuren Gefahr entgangen. Denn nicht bloß das Königreich Polen hatte sich erhoben, sondern im Süden Rußlands: Volhynien, Podolien, Ukraine, im Norden Litthauen und Samogitien; selbst Finnland stand im Begriff, die Waffen zu ergreifen. Rußland wurde nur gerettet durch die verkehrte Kriegführung der Aufständischen, da- durch, daß die Bewegungen eine nach der anderen, nicht zugleich, be- gannen und daß die Kräfte derselben selbst in einzelnen Provinzen sich nicht vereinigten, sondern vereinzelt handelten. Um sich an denen zu rächen, die ihm eine solche Gefahr bereitet, und zugleich die Quelle zu verstopfen, aus welcher eine solche Gefahr entsprungen, wandte Ni- kolaus ein furchtbares Schreckenssystem an. Die ganze Nation wurde entwaffnet; den Bauern nahm man selbst ihre Sensen, Verheim- lichung der Waffen wurde sofort mit dem Tode bestraft. Dann be- gannen die Urtheile über die Theilnehmer an der Revolution. Mehr wie 800 wurden bestraft, meist mit Verbannung nach Sibirien, die meisten hatten sich aber bereits ins Ausland geflüchtet; doch ihre Güter wurden eingezogen und theils dem Staatsschätze zugewiesen, theils russischen Edelleuten. Unter dem 26. Februar 1832 erließ der Kaiser ein organisches Statut, welches die Verfassung von 1815, die Alexander I. den Polen verliehen, für immer aufhebt und den letzten Rest von Freiheit und Selbständigkeit der Nation vernichtet. Polen verliert sein selbständiges Heer: die Polen werden von nun an in russische Regimenter gesteckt und nach den entferntesten Ländern gesendet, namentlich nach dem Kaukasus, um sich dort aufreiben zu lassen. Der Reichstag wird aufgehoben, es bleibt nur ein Staats- rath, dessen Mitglieder der Kaiser ernennt, und die auch aus Russen bestehen können. An der Spitze der Regierung steht von nun an Paskewitsch, den der Kaiser zum Fürsten von Warschau ernannte. Aus dieser Verordnung konnte man schon ersehen, daß es auf die Vernichtung Polens als eines besonderen Königreichs abgesehen war, daß es zu eiuer bloßen russischen Provinz herabgewürdigt wer- den sollte. Aber die russische Regierung gebrauchte noch andere Maßregeln, von welchen sie eine dauerndere Unterdrückung des polnischen Natio- nalgefühls hoffte. Sie hob die Universitäten Warschau und Wilna auf, und überhaupt alle polnischen Schulen. Erst 1833 wurden wieder neue Schulen eröffnet, aber mit Einrichtungen, welche eben- falls darauf abzielten, die polnische Nationalität zu ertödten. In diesen Schulen war die Erlernung der russischen Sprache, der russi- schen Geschichte und Lebensverhältnisse der Hauptzweck. Bezeichnend ist, daß zu Directoren der höheren Lehranstalten meist russische Of- ficiere genommen wurden. Und wie durch die Erziehung, wollte der Kaiser auch durch die Religion die polnische Nationalität untergraben,

16. Die Weltgeschichte - S. 338

1881 - Heidelberg : Winter
338 Kap. 65. § 363 u. 364. Revolutionskrieg in Polen. Unruhen in Deutschland. lebt hatte, als während der früheren Anarchie, im Warschauer Aufstand (Nov. 1830) den Vizekönig Constantin vertrieb und im Verlaß auf Frankreichs Beistand sich von Rußland lossagte. Eine provisorische Regierung unter dem Fürsten Czartoryski wollte zwar anfangs den Weg der Unterhandlung betreten, ernannte aber bald Chlopicki zum Diktator, übergab ihm den Oberbefehl über das Heer und berief in Eile einen Reichstag, der dem Fürsten Radziwill die höchste Gewalt gab und die Entthronung des Hauses Romanow aussprach. Allein Frankreich ließ Polen im Stich, und Zwistigkeiten unter den Parteien führten zum Rücktritt des Diktators Chlopicki, worauf Skrzynecki Oberfeldherr wurde. Schon näherte sich der über den Bug mit den Russen heranrückende General Diebitsch der polnischen Hauptstadt, doch wurde er durch die blutige, übrigens unentschiedene Schlacht bei Grochow von Skrzynecki genötigt, den beabsichtigten Sturm auf Warschau aufzugeben. Als sich aber bald darauf General D wer nies i vor der verstärkten russischen Macht nach Galizien werfen mußte und Skrzynecki im Verzweiflungskampfe bei Ostrolenka unterlag, so ließ sich der Ausgang voraussehen. Zwar starb Diebitsch an der Cholera; aber als es seinem Nachfolger Paske-witfch gelang die Weichsel zu überschreiten, da erhob sich das Volk gegen seine eigene Regierung, die es im Verdacht der Verräterei hatte. Der Präsident Czartoryski mußte weichen und seine Stelle einem andern. Namens Krukowiecki, überlassen, welcher das von Paskewitsch bestürmte Warschau am 8. Sept. übergab, während der Rest des polnischen Heeres sich aus das preußische Gebiet rettete. Hierauf wurde Polen durch das 1832 organische Statut dem russischen Reiche einverleibt, erhielt aber eine eigene Verwaltung und Paskewitsch zum Statthalter. Auch in Parma, Modena und im Kirchenstaat erfolgten 1830 Aufstände des „jungen Italiens"; sie wurden jedoch bald unterdrückt. Die Schweiz aber, wo ähnliche Unruhen zu innerstem Zerwürfnis führten, wurde nun der Herd der Demagogie und darum Gegenstand europäischer Aufsicht. (364.) Sogar in Deutschland that sich der Geist der Unruhe in gewaltsamen Ausbrüchen kund. Für die deutschen Staaten hatte nämlich der 13. Artikel der Bundesakte landständische Verfassungen in Aussicht gestellt, indem man erkannte, daß es Zeit sei, der absoluten Macht wohlbemessene Grenzen zu setzen und solche Formen zu geben, welche, von keiner Willkür verletzlich, „den Fortschritten künftiger Geschlechter zugänglich blieben". Schon 1815 erhielt Nassau, 1816 Weimar, 1818 Baiern und Baden, 1819 Württemberg, 1820 Hes-sen-Darmstadt eine mehr oder weniger der französischen nachgebildete Konstitution. Da aber andere Staaten zögerten und dadurch die Vermutung aufkommen ließen, daß man fürchte, den Volksfreiheiten zu viel Feld eingeräumt zu haben, so entstand da und dort Unzufriedenheit. Die Ermordung Kotzebues (1819) veranlaßte sodann die strengsten Maßregeln (Karlsbader Beschlüsse), durch welche man geheimen Verbindungen auf die Spur kommen und die Ruhe Deutschlands sichern wollte. Aber der Einfluß und das Beispiel der französischen Juli-Revolution wirkte auch in Deutsch-

17. Viertehalb Jahrhunderte - S. 1034

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
1034 Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes. Ausflüsse des Gefühls für Menschlichkeit und Gerechtigkeit dar. Die Wünsche gingen jedoch nicht in Erfüllung. Die Weftmächte bewaffneten sich, so laut es gefordert wurde, nicht zur Unterstützung der Polen. Rußland aber vollbrachte, während Oestreich und Preußen sorgsam ihre Grenzen hüteten, in Jahresfrist die Unterwerfung der Empörten. Die von dem Ausbruche der Empörung unzertrennliche Verwirrung wurde durch den zum Diktator erhobenen Chlopicki einigermaßen beseitigt. Ihn entfernte es aber von seinem Amte, daß er Rußland gegenüber zu ge- mäßigten Forderungen rieth. Nachdem ein polnischer Reichstag den Thron für erledigt erklärt hatte, rückte Diebitsch mit einem Heere ein. Der Verlauf des Krieges brachte den polnischen Waffen manchen Ge- winn, und der Aufstand verbreitete sich in die östlicheren Länder des ehemaligen Polens, so daß das russische Heer, wenn derselbe dort ge- lang, abgeschnitten worden wäre. Die blutige Schlacht bei Ostrolenka war zwar für die Polen ungünstig, entschied jedoch so wenig, daß der polnische Heerführer Skrzpnecki sich uuverfolgt nach Praga zurückziehen konnte, während Diebitsch, der auch eine Heeresabtheilung nach Litthauen entsenden mußte, bei Pultusk stehen blieb. Die Geringfügigkeit des Er- folges machte dem russischen Oberbefehlshaber seine Stellung bei dem Heere so schwierig, daß er bei dem Kaiser um Erweiterung seiner Voll- macht und Beseitigung der ihm entgegenwirkenden Umstände bat. Ehe die Abhülfe erfolgte, raffte ihn die seit Jahren tief aus Asien vorge- drungene Seuche der Cholera weg, der kurz darauf auch der Großfürst Constantin zu Minsk erlag. Dem neuen Oberbefehlshaber Paskewitsch gelang die Unterwerfung. Warschau mußte sich nach heftigem Sturme zur Uebergabe bequemen, und die polnischen Heerhaufen, die in den übrigen Provinzen gegen die Russen gekämpft, flüchteten sich größten- theils auf östreichisches und preußisches Gebiet, wo sie entwaffnet wurden. Die Verfassung des Königreichs Polen wurde aufgehoben und dasselbe erhielt in einer engeren Verbindung mit dem russischen Reiche seinen Ueberwinder Paskewitsch, dem jetzt der Titel eines Fürsten von War- schau beigelegt ward, zum Statthalter. 15. Einzelne Ausbrüche des Revolutionsgeistes fanden auch in Italien, in Deutschland und in der Schweiz statt. Sie haben das ge- meinschaftlich, daß bald die äußere Ruhe hergestellt wurde, daß aber durch sie die Richtung des Revolutionsbestrebenö sich näher bestimmte und die Gemüther sich mit den Gedanken vertrauter machten, deren Verwirklichung diesmal mißlungen war. Vergeblich, wie der polnische Aufstand, war derjenige, der sich im Jahre 1831 in Modena, Parma und einem Theile des Kirchenstaates erhob. Die Urheber desselben hatten darauf gerechnet, daß Frankreich die Dazwischenkunft Oestreichs verhindern werde, und in Frankreich erscholl der Ruf zu ihren Gunsten

18. (Der allgemeine Geschichtsunterricht) - S. 139

1885 - Berlin : Gaertner
139 1862) von einer Reise nach Athen zurckkehren wollte, die Thore und ntigte ihn zur Abreise nach Mnchen. Napoleon's Einfluss gelang es, den Prinzen Georg von Dnemark, Sohn des Knigs Christian Ix., zur Annahme der griechischen Knigskrone zu bewegen. Derselbe hielt am 1. November 1863 seinen feierlichen Einzug in Athen. England verzichtete auf sein Protektorat der die ionischen Inseln, welche nun mit Griechenland vereinigt wurden. Whrend es dem König Georg I. bisher nur mit vieler Mhe gelungen ist, das arbeitscheue, abenteuer-liehe Volk zu regieren, versuchten die Griechen auf der Insel Kandia (daher der Aufstand der Kandioten genannt) sich der trkischen Herrschaft zu entziehen (1866 bis 1868). Durch Napoleon's Iii. Politik wurde auf einer Pariser Konferenz die Einigung wieder hergestellt. . 126. Russland und Polen. Nikolaus (seit 1825) zeigte die Energie, die er gleich beim Antritt seiner Negierung in Unterdrckung eines Militr-aufstandes bewies, auch im weiteren Verlauf derselben. Ein Krieg, welcher wegen Grenzstreitigkeiten zwischen Rußland und Persien entstand, erwarb dem Reiche durch den Feldherrn Paskewitsch (Eriwansky) Eriwan. Der Krieg mit der Pforte ist schon oben erwhnt. Durch den Traktat von Unkiar Skelessi (1833) wurde die Trkei ganz in das russische Joch gezogen. Der Krieg gegen die mutigen und von England mit Geld untersttzten Tscherkessen am Kaukasus ist als beendet anzusehen (Schamyl). Unter russischem Scepter verwaltete seit 1815 der Grvfrst Konstantin als General-Statthalter das zum Knigreich erhobene Polen. Der Wohlstand des Landes und die durch eine Verfassung geschtzte Frei-heit des Volkes wuchs unter russischer Verwaltung. Dennoch erhob sich, infolge der Strenge Konstantin's, in der Julirevolution das Volk noch einmal, seine Selbstndigkeit wieder zu erlangen (Chlopicki Diktator, Czartorysky Prsident der Nationalregierung, Ostrowski Reichsmarschall, 1830). Ganz Polen schloss sich dem Aufstande an und erklrte sich bald fr unabhngig. Diebitsch erschien mit einem russischen Heere (1831), die Polen fochten mit Verzweiflung und Tapferkeit, waren aber an Hilfsmitteln zu schwach und zu uneinig, um den Russen unter Paskewitsch (Diebitsch war an der Cholera gestorben) auf die Dauer wider-stehen zu knnen. Paskewitsch nahm Warschau ein und verwaltete das mit groer Strenge bewachte Reich als Statthalter. So wurde Polen russische Provinz, die politische Nationalitt aber mglichst vernichtet. . 127. Teutschland und die Schweiz. sterreich, das von Fürst Metternich unter der Regierung Ferdinand's I. (18351848) mit strenger Unterdrckung aller aus der Revolution hervorgegangenen Ideen gelenkt wurde (Ab-sperrung sterreichs nach auen hin, Beschrnkung des Buchhandels, Jesuiten, Kampf gegen die Volksvertretungen, Trennung der Nationalitten) und sich auch in materieller Beziehung nur teilweise eines gnstigen Znstandes erfreute (Roboten, galizifche Verhltnisse), hatte durch den Bundestag, durch die Nachgiebigkeit Preuens, vor allem aber durch die unreifen Ideen und Aufstandsversuche politischer Schwrmer den entschiedensten Einfluss aus die innern politischen Verhltnisse Deutschlands. Die Wiederherstellung des deutsch-rmischen Kaisertums war nach Besiegung der franzsischen Fremdherrschaft von vielen gehofft worden, der 13. Artikel der Bundesakte verhie die Einfhrung landstndischer Verfassungen; aber das Erste ging gar nicht, das Zweite nur teilweise in Erfllung. Zwar erhielten die kleineren und mittleren Staaten nach und nach Verfassungen (Baiern, Wrtemberg, Hannover, Baden, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Sachsen, Braunschweig, Mecklenburg, die schsischen Herzogtmer), die bald stndischen Charakters waren, bald dem konstitutionellen System des Census folgten und hier freisinniger, dort strenger aus*

19. Für die oberen Klassen der Realschulen und höheren Bürgerschulen - S. 210

1864 - Aschersleben : Carsted
— 210 ~ durch Chasse tapfer vertheidigte Citadelle von Ant- werpen. — Erst 1839 wird, nachdem der König von Holland Wilhelm I. die von den fünf Groß- mächten in der Londoner Konferenz vorgeschlagenen 24 Artikel angenommen hat, Frieden zwischen Bel- qien u. Holland geschlossen. — Belgien blüht schnell auf, vornehmlich durch die ungestörte Entwickelung des constitutionellen Regierungssystems. c. Deutschland. Unruhen in verschiedenen Ländern, wodurch eine Verbesserung der Verfassung bewirkt wird, nament- lich in Sachsen, Hessen-Kassel u. Braunschweig, am gewaltsamsten in Braunschweig, wo der Herzog Karl vertrieben und das Schloß in Brand gesteckt wird. An die Stelle vesselben, der vom Bundestage für regierungsunfähig erklärt wird, tritt sein Bruder Wilhelm (beides Söhne des 1815 bei Quatrebras gefallenen Herzogs). 6. Polen. Polen war durch den Wiener Congreß als eige- nes, constitutionelles, Königreich an Rußland gege- den u. befand sich, trotz der verhaßten Regierung des Vicekönigs Constantin, in einer glücklicheren Lage, als zu den Zeiten der Republik. Aber die Polen wollen sich frei machen. Daher im Nov. 1830 Aufstand in Warschau, | der sich bald über das ganze Land verbreitet. Der Diktator Chlopicki (spr. -izki)z nachher der Fürst Czartoryski (spr. Tschar-) Präsident der National' regierung; der General Skzrynecki (spr. -ezki). 1831 Polen wird durch Diebitsch (Sieg bei Ostrolenka; f stirbt bald darauf) u. durch Paskewitsch (Einnahme von Warschau) wieder unterworfen, und durch ein organisches Statut dem russischen Staate selbst einverleibt. (Seitdem viele Polen in der Fremde, vornehmlich in Paris.) Auch in den späteren Jahren bleiben die Auf- standsversuche der Polen (besonders 1863) erfolglos. «

20. Die neuere Zeit - S. 245

1892 - München [u.a.] : Buchner
245 — Die größtenteils muhamedanischen Tscherkessen erwiesen sich noch zwei Jahrzehnte laug als unruhige Unterthanen. b) Hierauf zwang er die Türken durch einen ebenfalls zweijährigen Krieg (1828—29) im Frieden zu Adrianopel zum Verzicht auf die Donaufürstentümer. Den Krieg gegen die Türken begannen die Russen, als Mahmud Ii. die Beschwerden Rußlands über türkische Bedrückungen in der Moldau und Walachei abwies. 1. In Asien eroberte Paskewitsch Kars und Erzerum und drang an der Südküste des schwarzen Meeres bis Trebisonde (Trapezuut) vor. 2. In Europa ging General Diebitsch nach einem Sieg bei Schnmla über den Balkan und rückte in Adrianopel ein. 3. Im Frieden erhielt Rußland die vor den Donaumündungen gelegenen Inseln und einen Teil von Georgien. Die Donaufürstentümer (Moldau und Walachei) behielten die schou 1826 vou der Pforte zugestandene Selbstverwaltung unter eigenen Hospodaren (lebenslänglichen Statthaltern); sie wurden wie auch Serbien unter den Sdiut3 Rußlands gestellt, blieben aber der Pforte tributpflichtig. c) Nach Unterdrückung des gefährlichen Aufstandes von 1830 vereinigte Nikolaus Polen enger mit Rußland. 1- Das Königreich Polen, das unter Alexander I. eine Verfassung und eigene Verwaltung erhalten hatte, war unter Konstantin (s. o.) nicht beruhigt worden. Unter dem Eindruck der Julirevolution erfolgte im November 1830 eine Erhebung, die von deu Zöglingen der Kriegsschule ausging und bald das ganze Land ergriff: der Thron wurde für erledigt erklärt, eine provisorische Regierung unter dem Fürsten Ez ar -toryski eingesetzt. 2. Diebitsch besiegte die Polen im Mai 1831 bei Ostrolenka an der Narew, starb aber bald nach dem Siege (wie auch Großfürst Konstantins an der Cholera; Paskewitsch vollendete die Unterwerfung Polens durch die Eroberung von Warschau. 3. Durch Verfügung des Kaisers (das sog. organische Statut von^lw2) verlor Polen seine Verfassung, behielt jedoch eine besondere Verwaltung. Seitdem begann eine planmäßige Umwandlung Polens in eine russische Provinz. ch Durch feine Angriffspolitik gegenüber der Türkei geriet Nikolaus in Krieg mit den europäischen Westmüchten; der sog. Krimkrieg (1854—56) wurde erst unter seinem Sohn und Nachfolger Alexander Ii. durch den Frieden zu Paris beendigt. 1. Als der Sultan (Abdnl Medschid) die in unziemlicher Weise gestellte Forderung Rußlands, die Schutzherrschaft des Zaren über alle griechisch-katholischen Unterthanen der Türkei anzuerkennen, ablehnte, besetzten die Russen die Moldau und Walachei; die russische Flotte vernichtete bei Sinob (Sinope) die türkische Flotte (1853). 2. ia Rußland die Vermittlung der Westmachte (Frankreich und England) abwies, erklärten dieselben im Januarmöl den Krieg. Das Vorrücken der Russen unter Paskewitsch durch diedobrudscha aus Silistria wurde zum Stillstand gebracht: