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1. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 191

1888 - Kreuznach [u.a.] : Voigtländer
— 191 — Könige. Sie wurden aus vornehmen, durch Reichtum und Ruhm hervorragenden Geschlechtern genommen und waren die Führer des Volkes im Kriege und im Frieden. Alle wichtigen Angelegenheiten aber wurden von der Volksversammlung beraten, die an bestimmten Tagen unter freiem Himmel zusammentrat. Ein mächtiger Baum bezeichnete die Stätte der Zusammenkunft; man nannte sie die Mal statt. Da hatte jeder freie Mann das Recht zu reden. Sie alle kamen bewaffnet; denn Waffen waren das Merkmal des freien Mannes. Stimmten sie dem gemachten Vorschlag zu, so schlugen sie mit den Waffen klirrend zusammen; waren sie ihm abgeneigt, fo erhoben sie ein dumpfes Gemurmel. Die Ordnung bei den Versammlungen hielten Priester aufrecht, deren Mahnungen sich jeder willig fügte, denn sie waren die Diener der Gottheit. 7. Die Götter der Deutschen. — Wie alle heidnischen Völker verehrten die alten Deutschen viele Götter. Die gewaltigen Naturmächte, vor allen die Leben und Segen spendende Sonne und die fruchtbringende Erde, ferner die unbezwingliche Heldenkraft, die in den Schlachten den Sieg erkämpft, das waren des Volkes Gottheiten. Der höchste Gott hieß Wodan. Er regierte die Welt und lenkte der Menschen Schicksal, er verlieh den Sieg und nahm die in der Schlacht gefallenen Helden auf in seinen Himmelssaal. Weil er an der Spitze aller Götter stand und den Menschen jeglichen Segen spendete, führte er auch den schönen Namen Allvater. Eine mütterliche Gottheit war N er thu s, die Göttin der Erde. Auf einer Insel im nördlichen Meere lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Hain stand ein geweihter Wagen, mit Tüchern überdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam die Göttin selbst dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern begleitet, durch das Land. Das waren festliche Tage für alles Volk: da ruhten die Waffen, da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zurück, wurde in dem See gewaschen,

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1. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 8

1905 - Leipzig : Voigtländer
2. Der Götterglaube der Deutschen. 1. Götter. Wie alle heidnischen Völker verehrten die alten Deutschen viele Götter. Die gewaltigen Naturmächte, vor allen die Leben und Segen spendende Sonne und die fruchtbringende Erde, ferner die unbezwingliche Heldenkraft, die in den Schlachten den Sieg erkämpft, das waren des Volkes Gottheiten. — Der höchste Gott hieß Wodan oder Odin. Er regierte die Welt und lenkte der Menschen Schicksal; er verlieh den Sieg und nahm die in der Schlacht gefallenen Helden auf in seinen Himmelssaal, in Walhall. Weil er an der Spitze aller Götter stand und den Menschen jeglichen Segen spendete, führte er auch den schönen Namen Allvater. Sein heiliger Wochentag war der Mittwoch (engl. Wednes-—Wodanstag). — Wodans Sohn war Donar (Thor), der rotbärtige Donnergott, der auf einem mit Böcken bespannten Wagen in der Gewitterwolke dahinrollt, den befruchtenden Regen herniedersendet und mit seinem Steinhammer den einschlagenden Blitz. Wie Wodan der Gott der Helden und des Kampfes war, so galt Donar als Gott des Landmanns und der friedlichen Tätigkeit. Nach ihm hat der Donnerstag den Namen. — Als der dritte der großen Götter galt Ziu (Tyr), der einarmige Kriegs- und Schwertgott. Er war die ausführende Hand Wodans. Man pries ihn in Schlachtgesängen und feierte ihn in Kriegstänzen. Sein heiliger Tag ist der Dienstag. — Wodans Gemahlin war Frigga. Neben ihm thronte sie auf dem Hochsitz in Walhall und lenkte die Schicksale der Welt. Sie war die Schutzgöttin des häuslichen Herdes und die Beschützerin der Hausfrauen; darum trug sie als Abzeichen Schlüsselbund und Spindel. — Göttin der Liebe war Freya; ihr war der Freitag geheiligt. — Die allnährende, mütterliche Gottheit war N e r t h u s, die Göttin der Erde. Auf einer Insel im nördlichen Meere lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit Tüchern überdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam — so glaubte man — die Göttin selbst dorthin. Dann fuhr der Wagen mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern begleitet, durch das Land. Das waren festliche Tage für alles Volk: da ruhten die Waffen, da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzuge kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zurück, wurde in dem See gewaschen, und die Göttin verschwand wieder

2. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 338

1880 - Sondershausen : Eupel
338 Erde, ferner die unbezwingliche Helden kraft, die in den Schlachten den Sieg erkämpft, — das waren des Volkes Gottheiten. Der höchste Gott hieß Wo dam Er regierte die Welt und^lcnkte der Menschen Schicksal, er verlieh den Sieg und nahm die in der Schlacht gefallenen Helden ans in seinen Himmelssaal. Weil er an der Spitze aller Götter stand und den Menschen jeglichen Segen spendete, führte er auch den schönen Namen All- vater. Eine mütterliche Gottheit war Nerthus, die Göttin der Erde. Auf einer Insel im nördlichen Meere lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit Tüchern überdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam die Göttin dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern geleitet, durch das Land. Das waren festliche Tage für das Volk; da ruhten die Waffen, da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zu- rück, wurde in dem See gewaschen, und die Göttin verschwand wieder von der Erde. — Wie Nerthus, hatten auch die übrigen Götter ihre Heilig- tümer im Dunkel der Haine und Wälder. Dorthin wallfahrte man; dort, unter alten geheiligten Bäumen brachte man Pferde, die liebsten Thiere, ja wohl auch Menschen, als Opfer dar; dort betete man, den Blick gen Himmel gekehrt, zu der unsichtbaren Gottheit. Tempel und Götzen- bilder hatten die Deutschen nicht; die Götter erschienen ihnen zu erhaben, um in Gebäuden von Menschenhänden wohnen zu können, oder in mensch- licher Gestalt abgebildet zu werden. An ein künftiges Leben glaubten sie fester, als irgend ein heidnisches Volk. Darum kannten sie keine Todes- furcht. Der Tod in der Schlacht führte ja die Tapferen nach Walhalla, der himmlischen Burg Wodans, wo sie alles in Fülle fanden, was sie auf Erden beglückte: unaufhörliche Heldenkämpfe, fröhliche Jagden, festliche Schnmnsereien. Die Feigen freilich und die Gottlosen waren von Wal- hallas Freuden ausgeschlossen; sie kamen in das Reich der Hel, die Hölle, und mußten dort in ewiger Finsternis schmachten. Andrä. 2. Hermann, Deutschlands Befreier. Gegen das Jahr 9 nach Christi Geburt führte der römische Statt- halter Varus in Deutschland den Befehl. Er hielt schon auf römische Weise Gericht; römische Advokaten legten das Recht mit aller Spitzfindig- keit aus, und, was die Deutschen am meisten aufbrachte, Varus ließ nach römischer Sitte die Beile mit den Rutenbündeln vor sich hertragen, welche ein Zeichen seines Rechts über Leben und Tod und zu körperlicher Züch- tigung sein sollten. Eine Züchtigung aber mit Schlägen wäre dem freien deutschen Manne die entsetzlichste Beschimpfung gewesen. Die Gegenden zwischen dem Rheine und der Weser schienen dem Varus schon so gut wie Unterthan. Da regte sich der Groll der Deutschen, und sie dachten darauf, den zudringlichen Fremdling los zu werden. Unter dem Volke der Cherusker staud ein Jüngling auf, der schon eine Zeit lang, im römischen Heere gedient, die Kunst des Krieges erlernt und selbst die römische Ritterwürde erlangt hatte. Er hieß Hermann oder Armin. Ein schöner und gewaltiger Held, edlen Geschlechts, un- tadelig von Sitten, klug wie wenige seines Volkes, von feuriger Bered-

3. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 8

1918 - Leipzig : Voigtländer
Versammlungen hielten Priester aufrecht, deren Anweisungen sich jeder willig fügte; waren sie doch die Diener der Gottheit und weissagten aus den Runen. Dies waren geheimnisvolle Zeichen, die aus Stäbchen aus Buchenholz eingeritzt waren. Daher kommt das wort Buchstabe. 2. Der (Botterglaube der Deutschen, t. (5ötter. Die alten Deutschen verehrten viele Götter. Die gewaltigen Naturmachte, die Leben und Segen spendende Sonne und die fruchtbringende Erde, ferner die unbezwingliche Heldenkraft, die in den Schlachten den Sieg erkämpft, das waren des Volkes Gottheiten. — Der höchste Gott hieß Wodan ober Odin. (Er regierte als „Allvater" die Welt und lenkte der Menschen Schicksal; er verlieh den Sieg und nahm die in der Schlacht gefallenen Helden auf in seinen Himmelssaal, intdalhall. Sein heiliger Wochentag war der Mittwoch (engl. Wednesday — wodanstag). — Wodans Sohn war Donar (Thor), der rotbärtige Donnergott, der auf einem mit Böcken bespannten Idagett auf der Gewitterwolke dahinrollt, den befruchtenden Regen herniedersendet und mit seinem Steinhammer den einschlagenden Blitz, tvie Zdodan der Gott der Helden und des Kampfes war, so galt Donar als (Bott des Landmanns und der friedlichen Tätigkeit. Nach ihm hat der Donnerstag den Hamen. — stls der dritte der großen Götter galt 3 i u (Ct)r), der einarmige Kriegs« und Schwertgott. (Er war die ausführende Hand rdobans. Man pries ihn in Schlachtgesängen und feierte ihn in Kriegstänzen. Sein Tag ist der Dienstag. — tdodans Gemahlin war Frigga. Neben ihm thronte sie auf dem Hochsitz in Walhall und lenkte die Schicksale der weit. Sie war Schutzgöttin des häuslichen herbes und der Hausfrau; darum trug sie als Abzeichen Schlüsselbund und Spinbei. — Göttin der Liebe war F r e rj a; ihr war der Freitag geheiligt. — Die allnährende mütterliche Gottheit war Nerthus, die Göttin der Erde. Ruf einer Insel im nördlichen Meere lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. 3n dem Haine stand ein geweihter wagen, mit Tüchern überdeckt Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die (Erde zu neuem Leben erwacht, kam — so glaubte man — die Göttin selbst dorthin. Dann fuhr der wagen mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern begleitet, durch das Land. Das waren festliche Tage für alles Volk: da ruhten die Waffen, da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzuge kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zurück, wurde in dem See gewaschen, und die Göttin verschwand

4. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 196

1876 - Kreuznach : Voigtländer
— 196 — wältigen Naturmächte, vor allen die Leben und Segen spendende Sjjuii. und die fruchtbringende ($ rd_e, ferner die unbezwingliche ■fii_g l b e n f r fl f t. die in den Schlachten den Sieg erkämpft, — das waren des Volkes Gottheiten. Der höchste Gott hieß Wodan. Er regierte die Welt und lenkte der Menschen Schicksal, er verlieh den Sieg und nahm die in der Schlacht gefallenen Helden auf in seinen Himmelssaal. Weil er an der Spitze aller Götter stanb, und den Menschen jeglichen Segen spenbete, führte er auch den schönen Namen Allvater. Eine mütterliche Gottheit war Nerthus, die Göttin der Erbe. Auf einer Insel im nörblichen Meere lag ein stiller Hain, besten uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stanb ein geweihter Wagen, mit Tüchern überbecft. Zn gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die Erbe zu neuem Leben erwacht, kam die Göttin selbst dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern begleitet bitrch das Land. Das waren festliche Tage für alles Volk: ba ruhten die Waffen, ba herrschte nur Friebe und Frenbe. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zurück, würde in dem See gewaschen, und die Göttin verschwanb wieber von der Erbe. — Wie Nerthus hatten auch die übrigen Götter ihre Heiligthümer im Dunkel der Haine und Wölber. Dorthin waldfaftr t e t e man; botf, unter alten, geheiligten Bäumen, brachte man Pferbe, die liebsten Thiere, ja wohl auch Menschen, als Opfer bar; bort betete man, den Blick gen Himmel gekehrt, zu der unsichtbaren Gottheit. Tempel und Götzenbilber hatten die Deutschen nicht: die Götter erschienen ihnen zu erhaben, um in Gebäuden von Menschenhänden wohnen zu können oder in menschlicher Gestalt abgebildet zu werden. An ein zukünftiges Leben glaubten sie fester, als irgend ein heidnisches Volk. Darum kannten sie keine Tobes-furcht. Der Tod in der Schlacht führte ja die Tapferm nach Wqlha der himmlischen Burg Wodans, wo sie Alles in Fülle fanden, was sie ans Erben beglückte: unaufhörliche Heldenkämpfe , fröhliche Jagben, festliche Schmausereien. Die Feigen freilich und die Gottlosen waren von Walhalla's Freuden aus-

5. Abriß der Weltgeschichte mit eingehender Berücksichtigung der Kultur- und Kunstgeschichte für höhere Mädchenschulen - S. 90

1891 - Leipzig : Voigtländer
90 so das kampfbewegte Leben des Volkes ab. Die gewaltigen Natur-mchte, vor allen die Leben und Segen spendende Sonne und die fruchtbringende Erde, ferner die unbezwingliche Heldenkraft, die in den Schlachten den Sieg erkmpft, das waren des Volkes Gottheiten. Als hchster Gott wurde der Wind - und Sturmgott Wuotan (Odin) verehrt, der Gott der alldurchdringen-den Luft, der Allvater und Weltlenker, der jeglichen Segen spendet, namentlich das hchste der Gter, den Sieg in der Schlacht, ver-leiht. Er thront in Walhall auf goldenem Hochfitz; zwei Raben auf feinen Achseln flstern ihm Kunde vom Stande der Welt ins Ohr, zu seinen Fen strecken sich zwei Wlfe. Das ganze Weltall berschaut der Gott von diesem Hochfitz aus, nichts entgeht feinem Blick. Wenn er der die Erde hinfhrt, ist er in einen blauen (Wolken-) Mantel gehllt und trgt einen breitrandigen Hut auf dem Haupt. In den Kampf reitet er als König und Anfhrer der Götter (Afen) und Helden auf achtfigem Schlachtro, in goldstrahlendem Panzer, mit goldenem Helm geschmckt, den Sieges-speer schwingend, der alle Feinde niederstreckt. Wuotans Sohn war Donar (Thor), der rotbrtige Donnergott, der auf einem mit Bcken bespannten Wagen in der Gewitterwolke dahinrollt und mit seinem Steinhammer den einschlagenden Blitz wie den befruchtenden Regen herniederfendet. Als der dritte der groen Götter galt Ziu (Tyr), der einarmige Kriegs- und Schwertgott. Ein anderer Sohn Wuotans ist der jugendlich schne Lichtgott Baldur, der aber auf Anstiften des bfert Gottes Loki gettet wird. Unter den Gttinnen waren Frigg, Wuotans Gemahlin, die Gttin der Ehe, und Freya, die Gttin des Frhlings und der Liebe, die angesehensten. Als allnhrende, mtterliche Gottheit wurde Ner-thus gefeiert, die Gttin der Erde. Auf einem Eiland im nrd-lichen Meere, berichtet Tacitus, lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit Tchern berdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frhlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam die Gttin dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten Khen bespannt, von Priestern geleitet, in feierlichem Zuge durch das Land. Das waren festliche Tage fr alles Volk: da ruhten die Waffen, eingeschlossen ward alle Eisen-wehr; da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der Gtterwagen nach dem heiligen Haine zurck.

6. Erzählungen und Lebensbilder aus der deutschen Geschichte - S. 9

1918 - Leipzig : Voigtländer
— 9 — — Die allnährende mütterliche Gottheit war Herthus, die Göttin der Erde. Ruf einer Insel im nördlichen Meere lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. 3n dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit Tüchern überdeckt. Zu gewissen Seiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frühlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam — so glaubte man — die Göttin selbst dorthin. Dann fuhr der Wagen mit geweihten Kühen bespannt, von Priestern begleitet, durch das Land. Vas waren festliche Tage für alles Volk: da ruhten die Waffen, da herrschte nur Friede und $reude. Nach vollbrachtem Umzuge kehrte der Götterwagen nach dem heiligen Haine zurück, wurde in dem See gewaschen, und die Göttin verschwand wieder von der Erde. — Heben den Hauptgöttern gab es noch untergeordnete göttliche Wesen. Da war die liebliche Zrühlingsgöttin Gstära Ihr Fest, das der im Frühling wiedererwachenden Natur, war den Deutschen so lieb geworden, daß später die in diese Zeit fallende christliche Feier den alten Hamen Ostern behielt. (Dstäras Lieblingstier war der Hase, der schon den Kindern der alten Deutschen die Ostereier legte. — Huch glaubte man an die drei Hörnen oder Schicksalgöttinnen, in deren Macht die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft liegt. — Die Walküren begleiten als Schildjungfrauen Wodan auf das Schlachtfeld, die Walstatt; sie „küren die Wal", d. H. sie bestimmen nach göttlichem Ratschluß die Helden, die in der Schlacht fallen sollen, und tragen sie auf ihren durch die Luft sausenden Rossen empor nach Walhall. — Ebenfalls in der Luft Hausen die neckischen und die bösen Elben oder Elsen. In der Tiefe der Erde sitzen die Zwerge als Hüter der Schätze. Im Wasser wohnen die gefährlichen Hixen ober Wassergeister; sie lieben die Musik und mischen sich gern unter tanzenbe Menschen. — So sahen unsere vorfahren im Brausen des Sturmes, in der toilben Felbfchlacht und im stillen Walten der Hatur überall die leitenbe und lenkenbe hanb einer Gottheit. Der Glaube an die alten Götter war ihnen so ans herz gewachsen, daß auch das Christentum ihn nicht ganz austilgen konnte; als Aberglaube in Sitte, Sage und Märchen lebt er still weiter bis auf den heutigen Tag. 2. Baumr. Ein Sohn Wobans ist der jugendlich schöne Lichtgott Balbur, der Liebling aller Götter; er mußte früh sterben. Die Sage erzählt barüber folgenbes: Baldur hatte schwere Träume, die ihm Gefahr ankünbigten. Um ihn zu be-

7. Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren - S. 14

1903 - Breslau : Hirt
- 14 — im Stich zu lassen, gilt als die größte Schmach. Solch ein Ehrloser darf keinem Opfer beiwohnen, keine Versammlung besuchen. Mancher, der den Krieg überlebte, hat seine Schande durch den Strang geendet. Unter den Göttern genießt Merknrius die größte Verehrung. Ihm selbst Menschen an bestimmten Tagen zu opfern, halten sie für ein frommes Recht. Den Herkules und Mars machen sie durch Tieropfer sich geneigt. Viele Germanen verehren die Nerthus, das ist die Mutter Erde. Von ihr glauben sie, daß sie in menschliche Angelegenheiten eingreife und die Völker besuche. Auf einer Insel des Ozeans ist ein heiliger Hain und in ihm ein geweihter Wagen, mit Tüchern überdeckt. Nur der Priester darf ihn anrühren; er merkt es, wenn die Göttin in ihrem Heiligtum gegenwärtig ist, und begleitet ihren von Kühen gezogenen Wagen mit tiefer Ehrfurcht. Dann gibt es frohe Tage, und festlich geschmückt sind alle Stätten, welche die Göttin immer ihres Besuchs und Aufenthalts würdigt. Sie führen dann keinen Krieg, greifen nicht zu den Waffen, verschlossen ruht alles Eisen; Friede und Ruhe sind nur dann ihnen bekannt, nur dann willkommen, bis die Göttin, satt des Umgangs mit den Sterblichen, von dem Priester in das Heiligtum zurückgeführt wird. Danach wird der Wagen, die Tücher und, wer es glauben will, die Gottheit selbst in einem geheimen See gewaschen. Den Dienst verrichten Sklaven, die sogleich derselbe See verschlingt. Die Germanen halten es der Größe der Götter nicht für angemessen, sie in Tempel einzuschließen oder mit menschlichem Antlitz darzustellen. Wälder und Haine weihen sie ihnen, und mit Götternamen rufen sie jenes geheimnisvolle Wesen an, das nur ihr anbetender Geist ahnt. Zeichendentuug und Los spielen bei keinem Volke eine größere Rolle. Einfach ist das Verfahren beim Losen. Ein Reis von einem Fruchtbaum schneiden sie in kleine Stücke, bezeichnen diese mit gewissen Zeichen und streuen sie dann ordnungslos aufs Geratewohl über ein weißes Tuch. Dann hebt bei öffentlicher Befragung der Priester, in Privatangelegenheiten das Haupt der Familie unter Anrufung der Götter, den Blick gen Himmel gerichtet, drei Stücke nacheinander auf und deutet die vorher darauf bemerkten Zeichen. Sind diese ungünstig, so wird an demselben Tage diese Sache nicht weiter beraten; lautet ihre Antwort günstig, so ist noch eine Beglaubigung durch Götterzeichen erforderlich. Und wirklich kennt man auch hier den Brauch, der Vögel Stimmen und Flug zu deuten. Eigen ist ihnen aber, Weissagung und Rat von den Rossen zu heischen, die in eben jenen Hainen und Wäldern unterhalten werden. Weiß sind sie von Farbe, kein irdischer Dienst hat sie je entweiht. Geschirrt an einen heiligen Wagen, werden sie von dem Priester und dem Könige oder Fürsten des Landes geleitet, die auf das Wiehern und Schnauben achten. Keine andere Weissagung hat mehr Glauben, nicht bloß bei dem Volke, sondern auch bei den Vornehmen und Priestern. Noch hat man eine andere Art, die Zukunst zu erforschen, durch die mau den Ausgang eines ernsten Krieges zu erraten sucht. Einen Kriegsgefangenen des Volkes, mit dem man im Streite liegt, lassen sie mit einem Äuserwählten aus ihren Genossen, jeden in den Waffen seines Landes, kämpfen. Der Sieg des einen oder des andern wird als Vorbedeutung für die Entscheidung angesehen.

8. Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen - S. 344

1857 - Köln : DuMont-Schauberg
— 344 — ihren Kriegsgott, als den mächtigen Lenker der Schlachten und als den erhabenen Schützer in jedwedem Kampfe. Durch ihn nur trugen sie Sieg und Beute davon, und ohne ihn gab es für sie keinen Him- mel; denn nur den gefallenen Helden öffnete Odin die ewigen Räume des Himmels. Dort lag Walhalla, eine große, schöne Stadt mit 300 Thoren und 50 Pforten. Hier war der Wohnsitz tapferer Männer, hier führten sie ein herrliches Leben; denn sie konnten ihren liebsten Gewohnheiten folgen, ihre Lieblingswünsche erfüllen. Sehr eigenthümlich und ihren Sitten entsprechend waren die Vor- stellungen der alten Deutschen von dem Zustande jenseits. Nach die- sen belustigten sich dort die Helden mit Gefecht, tranken köstliches Bier aus den Hörnern oder wohl gar aus den Hirnschädeln erschlagener Feinde, wie sie es oft auch im Leben thaten. Daher wurden bei Be- gräbnissen dem Todten die Waffen mitgegeben, man verbrannte sein Pferd und seine Hunde, auch manchmal Knechte mit dem Leichnam des Herrn, damit er sich deren auch in der anderen Welt bediene. Auch gab man den Todten Geld mit, damit sie in der anderen Welt und auf der Reise dahin keinen Mangel leiden möchten. Außer diesen Göttern wurde auch die Göttin Hertha, Mutter der Erde, als Geberin alles Segens in Feld und Wald verehrt. Auf der Insel Rügen in der Ostsee erhob sich mit ihren hohen Wällen die Herthaburg; sie war der Sitz der Göttin. Uralte Buchen bildeten rings herum jenen heiligen Hain, dessen Innerstes nur der Fuß des Priesters betrat. Hier versammelten sich die freien, den verschiedenen deutschen Völkerschaften angehörigen Männer, um das Frühlingssest zu Ehren ihrer Göttin zu feiern. Schon ist diese — das haben die Priester geschaut und verkündigt — herabgestiegen auf ihren Wagen im heiligen Hain; schon haben die Priester den Wagen gespannt mit den geweihten Kühen und ihn bedeckt mit köstlichen Teppichen. Er- wartungsvoll steht die Menge. Da nahet der Zug mit dem Wagen der Göttin, welche, unbemerkt von dem Volke, sich freut über ihre Schövfung und über die Zeichen der Verehrung, die man ihr zollt. So fährt sie auf der Insel umher. Da waren denn die Tage fröhlich und die Orte festlich, welche die Göttin mit ihrer Gegenwart beglückte. Man zog in keinen Krieg, ergriff keine Waffe zum Kampfe, alles Eisen ruhte, man kannte nur Frieden und Freude und liebte sie allein, bis die Göttin, des Umgangs mit den Sterblichen müde, vom Prie- ster in den Tempel zurückgeführt war. Die Priester, Druiden genannt, standen in hohem Ansehen; sie bekeideten zugleich das Richteramt und hatten selbst über den freien Mann Gewalt. 2. Hermann, Germaniens Befreier. (9 Jahre nach Christi Geburt.) D^rch einen gefährlichen Aufruhr, der in Dalmatien und Pannonien (dem heutigen Ungarn) entstanden war, wurde Tibe-

9. Vom Tode des Augustus bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 10

1911 - Berlin : Teubner
10 Erster Zeitraum. Stein- und Erzdenkmälern) einritzte, bei der Erforschung des Willens der Wirtschaftsleben. Götter (Losen) gebrauchte und „Runen" nannte. Viehzucht und daneben Ackerbau waren die hauptsächlichsten Arten des Erwerbes. Man baute Roggen, Gerste und Hafer. Obst- und Gartenbau und die sorgsame Pflege der Wein-Bestattung. rebe übernahm man erst von den Römern. Die Toten wurden in der Urzeit begraben, später bei den meisten Stämmen verbrannt. Über das Grab wurde oft ein hoher Hügel aufgeschichtet. Alles, was dem verstorbenen Krieger im Leben lieb und wert gewesen war, mußte ihm am Bestattungstage in die andere Welt folgen; so in den ältesten Zeiten die Frau, sonst sein Streitroß, Knechte und Waffen. Die Küstenstämme legten die Toten häufig in einen schiffartigen Sarg, den sie der Erde übergaben, oder in einen Einbaum oder eiu Schiff, die sie ins Meer hinaussandten. 5. Religion. Die Nachrichten über die religiösen Vorstelluugeu der Germanen in den Jahrhunderten bis zur Völkerwanderung sind sehr dürftig. Auch müssen wir uns davor hüten zu meinen, alle die zahlreichen germanischen Stämme hätten die gleichen Götter verehrt. Die bekanntesten Gottheiten Gute Götter, sind folgende: Wodan (auch Odin genannt; der „Odenwald") war der Herr und Lenker der Welt, der im brausenden Sturm als „wilder Jäger" durch die Luft fuhr, begleitet von den in sein Reich aufgenommenen Siegern im Kampfe. Die Sonne dachte man sich als sein Auge. Schlachteujungfranen, die Walküren, nahmen die Seelen der auf dem Schlachtfelde gefallenen Männer empor und führten sie aus seine Himmelsburg Walhall. Neben ihm steht sein Sohn Donar, der Donnergott. Er hatte einen roten Bart, der sich, wenn der Gott in Zorn geriet, aufsträubte; mit feinem Hammer, dem Blitze, erschreckte und strafte er die Menschen. Da die Gewitter aber auch fruchtbaren Regen brachten, so war Donar (Donnerstag) besonders dem Bauersmann lieb und wert. Ein anderer Sohn Wodans war Ziu (Diu, Dienstag), der Gott des Krieges, aber auch des Rechts; denn der Krieg stellt den Frieden d. h. den Rechtszustand her. Frigg, die Göttin der Ehe und des Haushalts, die gute „Frau Holle", war die Gemahlin Wodans; Freya (Freitag) pries man als die Helferin der Frauen und als Göttin der Liebe; Ostara ist die Göttin der im Osten ausgehenden Frühlingssonne (Ostern). An der Nordsee stand besonders der Dienst der beiden Nerthns, die als Bruder und Schwester zueinander gehörten, in Ehren; ihnen schrieb man die Fruchtbarkeit des Wassers und die Schiffbarkeit des Meeres zu)1. Böse Götter. Aber neben dem Guten steht feindlich das Böse: auch von bösen Göttern wußten die Germanen: Loki, ein Bruder Wodans, stand in Feindschaft mit 1) Der römische Geschichtsschreiber Tacitus (um das Jahr 100 n. Chr.), der aber nur eine Göttin Nerthns kennt, schildert den Nerthusdienst folgendermaßen: Auf einer Insel des Meeres steht ein heiliger Hain; in ihm wird ein geweihter Wagen aufbewahrt, der mit einem Tuche überdeckt ist; nur der Priester darf ihn berühren. Er weiß die Zeit, wann die Göttin in die Umhüllung eingetreten ist, und folgt dem Wagen, den zwei Kühe ziehen, voll tiefer Verehrung. Da sind überall frohe Tage und gesegnet ist die Stätte, wohin der Wagen kommt. Da steht man vom Kampfe ab, Wehr und Waffen werden verschlossen. Ist der Umzug vollendet, dann kehrt der Wagen in den heiligen Hain zurück, in dessen See er samt dem Tuche gewaschen wird. Die Knechte, die diese Arbeit vollbringen, werden daun sofort in demselben Gewässer ertränkt, damit sie niemanden künden können, was sie im Wagen mit ihren Augen gesehen haben.

10. Leitfaden der deutschen Geschichte - S. 6

1892 - Leipzig : Voigtländer
6 Krieg und Frieden sein Schicksal und seinen Wagemut zu teilen habe. Dies kndet das Stierpaar, das kampfgerstete Ro und das Waffengeschenk an. In diesem Geiste soll sie leben und sterben. So ist die Frau berall des Mannes treue Gefhrtin. Auch bei der Schlacht ist sie in seiner Nhe, und die Kmpfenden hren den Zuruf ihrer Weiber, deren Zeugnis ihnen als das heiligste, deren Lob als das grte gilt. Manchmal haben Frauen schon wankende und zum Rckzge geneigte Schlachtreihen durch ihr Flehen wieder zum Stehen gebracht und zur Ausdauer ermutigt, indem sie auf die drohende Gefangenschaft hinwiesen, die den Germanen als ein doppelt unertrgliches bel erscheint, wenn es ihre Frauen gilt. Ja, etwas Heiliges sehen sie in den Frauen und schreiben ihnen Prophetengabe >zu; daher sie ihren Rat nicht vers chmhen und ihre Aussprche nicht unbeachtet lassen." 3. Religion. 1. Der Gtterglaube der Germanen ging von der Naturbetrachtung aus und spiegelte wie die Gemtstiefe, so das kampfbewegte Leben des Volkes ab. Ihr hchster Gott war W u o t a n (Odin), der Allvater und Weltlenker, dessen Auge die Sonne ist, der jeglichen Segen spendet, insbesondere den Sieg verleiht (die Walkren, Walhall); neben ihm Donar (Thor), der rotbrtige Donnergott mit dem Hammer, Zi u (Tyr), der einarmige Kriegs-gott. Unter den Gttinnen stehen oben an: Frigg, Wuotans Gemahlin, und Freyj a, die Gttin der Liebe und des Frhlings. Die Verehrung der Gttin Nerthus (oder Hertha, Erdmutter) beschreibt Tacitus. Auf einem Eiland im nrdlichen Meere, so berichteter, lag ein stiller Hain, dessen uralte Buchen einen kleinen See beschatteten. In dem Haine stand ein geweihter Wagen, mit Tchern berdeckt. Zu gewissen Zeiten, wahrscheinlich beim Beginn des Frhlings, wenn die Erde zu neuem Leben erwacht, kam die Gttin dorthin. Dann fuhr der Wagen, mit geweihten Khen bespannt, von Priestern geleitet, in feierlichem Zuge durch das Land. Das waren festliche Tage fr alles Volk: da ruhten die Waffen, eingeschlossen ward alle Eisenwehr; da herrschte nur Friede und Freude. Nach vollbrachtem Umzug kehrte der Gtterwagen nach dem heiligen Haine zurck, wurde in dem See gewaschen, und die Gttin verschwand wieder von der Erde. 2. Auch Halbgtter werden genannt, wie Tuistos Sohn Mannus, Siegfried 2c. 2c.; endlich Naturgeister: Elfen, Nixen, Riesen, Zwerge ac. 2c. Der Gtterdienst fand in heiligen Hainen, auf Berggipfeln und an Quellen statt; die Götter in Tempelwnden einzuschlieen oder der mensch-lichen Gestalt irgend hnlich zu bilden, erschien unvereinbar mit der Gre der Himmlischen"; als Opfer wurden Tiere (besonders Pferde), auch wohl Menschen dargebracht, und gemeinsame Mahlzeiten mit der Feier verbunden. Der gttliche Wille wurde von Priestern und von weisen Frauen ver-kndet. (Benennungen der Wochentage nach Gtternamen.)

11. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 18

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
18 I. Zeitr. Von 113 vor. Chr. Geb. bis 768 nach Chr. Geb. Mann seine Stimme mit, wenn etwas wichtiges beschlossen werden sollte. Dann versammelten sie sich zur Volksgemeinde; die Priester, welche im höchsten Ansehen standen, hielten Ordnung und geboten Stillschweigen; der König, die Fürsten und Angesehensten, welche schon vorher die Sache unter sich überlegt hatten, die Ael-testen, welche aus langer Erfahrung den besten Rath ertheilen konnten, nahmen das Wort und redeten für oder wider die Sache. Nahm das Volk den Vorschlag an, so schlug es die Waffen klirrend aneinander; das war das ehrenvollste Zeichen des Beifalls; verwarf es ihn, so geschah dies durch Zischen und Gemurmel. Wenn etwa in der Versammlung das Todesurtheil über einen Volks-verräther oder andern schweren Verbrecher gefällt werden sollte, so konnte das nur der Priester thun. Der sprach im Namen der Gottheit; nur den Göttern räumten sie das Recht ein, über das Leben eines freien Mannes das Urtheil zu sprechen. Ueberhaupt war die Ehrfurcht der alten Deutschen gegen ihre Götter sehr groß, und ihre Begriffe von denselben reiner und erhabener als bei allen andern heidnischen Völkern, sowohl der alten, als der neuem Zeit. Sie dichteten ihren Göttern nicht so viele kleinliche Fehler und menschliche Leidenschaften an, und die Ahnung einer unsichtbaren, unendlichen Kraft, welche die Welt regiert, war so lebhaft in ihnen, daß sie sich nicht entschließen konnten, die Gottheit in eingeschlossenen Tempeln zu verehren; ihre Verehrungsplätze waren heilige Haine mit uralten, gen Himmel strebenden Bäumen und mit dem erhabenen blauen Himmelsgewölbe über ihnen. Ihren obersten Gott nannten unsere Vorfahren im südlichen Deutschland Wuotan, im nördlichen Wodan (Gwodan). Er war der Götterkönig, der Allvater, der Lenker der Geschicke, namentlich des Krieges. Er verlieh den Sieg, wie alle edle Gaben. Er war der Gott des Himmels und der Stürme. Er hatte ein einziges Auge (die Sonne!), einen langen Bart, trug einen breiten Hut auf dem Haupte und einen weiten Mantel um die Schultern, ritt auf einem Grauschimmel durch die Lust und führte einen Speer, der abgeschossen von selbst in seine Hand zurückkehrte. Die Gemahlin Wuotans war Frikka, die Schützerin der Frauen. Eine andere Göttin, die als Mutter Erde verehrt wurde, war die Nerthus. Auf einer Insel des Meeres stand in einem heiligen Haine ein mit Decken verhüllter Wagen, den allein der Priester berühren durste. Wenn dieser bemerkte, daß die Göttin in diesem ihrem Heiligthume anwesend sei, wurde der Wagen mit Kühen bespannt und durchs Land gefahren. Während dieses Umzuges ruhte Kampf und Streit; wo die Göttin einkehrte, waren fröhliche Feste. Nach der Rückkehr wurden Wagen und Decken in einem verborgenen See gewaschen; die Sklaven aber, welche diesen Dienst verrichteten, wurden nach der Sage jedesmal vom See verschlungen. Ein Sohn Wuotans war der Gewittergott, Donar oder Thunar genannt. Er führte in seiner Hand einen Hammer (den einschlagenden Blitz!), hatte einen langen feuerrothen Bart und fuhr auf einem mit Böcken bespannten Wagen. Der Kriegsgott war der einhändige Ziu, in manchen Gegenden Er und Sachsnot genannt. Auch der Glaube an eine Unsterblichkeit der Seele war unseren Vorfahren

12. Die mittlere Zeit - S. 9

1880 - München : Kgl. Zentral-Schulbücher-Verl.
Der Glaube der alten Deutschen. 9 zu Ehren dem Tode geweiht. Wenn das Tier sein Leben unter dem Schlachtmesser verhauchte oder das Blut des Menschen verströmte, glaubte man am sichersten die Himmlischen zu versöhnen, am wohlgefälligsten für ihren Schutz und Segen zu danken. Die vornehmsten Gottheiten. Als der höchste Gott galt den Germanen Wodan, im Norden Odin genannt, der Allvater, der im Himmel thront und hoch zu Roß im brausenden Sturm einherfährt. Von ihm kommen alle Gaben; er bestimmt die menschlichen Schicksale. Er segnet den Acker, er begabt den Menschen mit Kraft des Geistes nud Körpers, er verleiht auch im Kampfe den Sieg. Von den Wochentagen war ihm der Mittwoch geweiht, von den Tieren der Wolf und der Rabe.-— Wodan zur Seite stund seine Gemahlin Frigga oder Freia, die Göttin der Liebe; sie schirmte die Ehe und Familie; ihr heiliger Tag war der Freitag. — Hoch gefeiert waren auch Wodans Söhne: Donar oder Thor, der Gott des Donners, der mit seinem Hammer die wilden Riesen zerschmettert; und Zin oder Tyr, der Gott der Schlachten. Donars Tag war der Donnerstag, der des Ziu der Dienstag. — Besonderer Verehrung genoß Nerthus, die mütterliche Erde, die das Land mit Früchten segnet. Auf einer Insel des nordischen Meeres, vielleichtauf Rügen, hatte sie einen heiligen Hain mit einem einsamen See. Dort stund ihr heiliger Wagen, mit Tüchern verhüllt. Ahnten die Priester, daß die Göttin nahe sei, dann führten sie diesen Wagen durchs Land; und überall, wo er durchzog, verbreitete sich Friede und Frende. Zustand nach dem Tode. Felsenfest glaubten die Germanen an eine Fortdauer nach dem Tode. Zwar die an Krankheit oder Altersschwäche starben, fuhren hinab zu Hellia, der finstern Göttin der Unterwelt, die tief im Dunkel der Erde wohnt. Bei ihr haben die Abgeschiedenen ein freudloses Dasein. Um so herrlicher war das Los derer, die iu der Männerschlacht den beneideten Tod fanden. Sie wurden durch Wodans Dienerinnen, die Walküren, nach Walhalla, Wodans goldenem Schlosse, emporgetragen. Dort erwachten sie zu

13. Hilfsbuch zum Unterricht in der deutschen und brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 35

1869 - Erfurt : Körner
35 berten Gemach stand gewöhnlich noch ein Webstnhl, auf welchem die Weiber für die Familie linnene und wollene Zeuge bereiteten. Das Heiligthum des Hauses, der Herd, stand in der Mitte des weiten Raumes; hier wurde ge- gessen und getrunken und von Abenteuern erzählt. 3. Religion der alten Deutschen. Die alten Deutschen waren Götzen- diener, dienten aber ihren Göttern nicht, wie andere heidnische Völker, in Tempeln, sondern auf heiligen Bergen oder in heiligen Hainen, besonders unter Eichen, zum Theil auch an Seen, Flüssen und Quellen. Der oberste Gott hieß Wuotan oder, wie die Niederdeutschen ihn nannten, Wodan, der'!'nordische Odin. Er ist der Lenker der Schlachten. Seine mächtige Ge- stalt in einen weiten, dunklen Mantel gehüllt, einen breiten Hut auf dem Haupte, den Speer in der Hand, reitet er auf seinem weißen Rosse im Sturm- winde oft durch die Lüste und hält fröhliche Jagd. Mit seinem hellleuchtenden Auge, der Sonne, schaut er durch das Himmelsfenster auf die Erde, deren Gedeihen von ihm abhängt. Durch ihn nur giebt es Sieg und Beute und ohne ihn keinen Himmel. Wer nicht im Kampfe sein Leben verliert, kann nicht nach Walhalla kommen. Das ist, meinte man, eine schöne Stadt mit 500 Thoren und 50 Pforten. Hier ist der Wohnsitz tapferer Männer, mit denen Wodan täglich vor die Thore der Stadt reitet. Dort tummeln sie ihre Rosse und ergötzen sich in lustigen Kämpfen. Sind diese aber beendet, so steigen Alle, als wäre nichts geschehen, wieder gesund und frisch auf ihre Rosse, und lustig geht es nach der Stadt zurück. Dort wartet ihrer ein reiches Mahl, bei welchem sie von den ewigen Jungfrauen (Walküren) bedient werden. Nur den Tapferen werden die Freuden Walhalla's zu Theil; die Feigen und Ehr- losen kommen in das Reich der bleichen Hela. Thor oder Donar ist der Sohn Wodan's. Er ist der Gewitter- oder Donnergott. Wenn am Himmel sich dunkle Gewitterwolken zeigen, dann fährt er auf seinem Wagen daher, und es donnert. Aus seinem rothen Barte fahren zuckende Blitze durch die Luft. Hertha war die Göttin der Erde, die Spenderin des Segens in Feld und Wald. Ihren Sitz hatte sie in der Herthaburg auf der Insel Rügen. Wenn mit dem wiederkehrenden Lenze die erstarrte Erde unter den erwär- menden Strahlen der Sonne erwachte, dann tauchten ganze Schaaren riesiger Männergestalten aus dem Dunkel der Wälder hervor, um das Frühlingsfest zur Ehre ihrer Göttin zu feiern. Schon ist diese — das haben die Priester geschaut und verkündigt — herabgestiegen aus ihren Wagen im heiligen Hain; schon haben die Priester den Wagen bespannt mit den weißen, geweihten Kühen und ihn bedeckt mit köstlichen Teppichen. Erwartungsvoll steht die Menge. Da nahet der Zug der Priester mit dem Wagen der Göttin, welche unbemerkt von dem Volke, über ihre Schöpfung und über die Zeichen der Ver- ehrung sich freut, die man ihr zollt. So fährt sie ans der Insel umher. In dieser Zeit gab es fröhliche Tage. Man zog in keinen Krieg, ergriff keine Waffen zum Kampf. War der Wagen mit der Göttin vorüber, so belustigte mau sich mit Spiel und Tanz. Wenn aber die Göttin des Umganges mit den Sterblichen müde war, so führten die Priester den Wagen zurück in das Innerste des Haines. Dort wurde sie nebst Wagen und Teppichen in dem geheimnißvollen See gebadet. Die Sklaven, welche man dabei gebrauchte, wurden in dem See ertränkt. 3"

14. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 3

1868 - Wesel : Bagel
3 zu gehen und wilde Thiere zu erlegen, oder mit Lanzen, Pfriemen, Schilden und kurzen Schwertern in den Krieg zu ziehen und die Feinde zu erschlagen. Und wenn sie selbst Ruhe und Frieden hat- ten, so zogen Tausende jährlich aus zu andern Völkern, um diesen im Kampfe zu helfen. Denn Krieg war ihre Lust und Kampf ihr Vergnügen. Den Ackerbau besorgte bald dieser, bald jener Theil des Volkes, und dann bearbeitete der Eine hier, der Andere dort den Acker. Niemand hatte ein festes Eigenthum; es sollte sich auch Niemand ein solches erwerben, damit er nicht die Lust am Kriege verliere. Dabei waren die Semnonen und Langobarden ein züchtiges und keusches Volk, liebten Ordnung und Regel, Treue und Ehrlichkeit. Wenn sie etwas versprachen, so konnte man gewiß sein, daß sie ihr Versprechen hielten, denn das Ja galt bei ihnen wirklich Ja, und das Nein wirklich Nein. Kam ein Fremder zu ihnen, so nahmen sie ihn aus, als ob er ihr Verwandter sei. Man fragte ihn nicht neugierig, woher er komme und wohin er gehe; das, meinten sie, sei sehr vorwitzig. Das Volk theilte sich in zwei Stände, in Freie und Knechte. Die letzteren hatten es aber sehr gut. Ihnen waren kleine Be- sitzungen gegeben, von welchen sie eine geringe Abgabe an die Freien zahlten. Diese machten den ersten Stand aus, durften Waffen tragen und auf den Volksversammlungen an Voll- und Neumon- den erscheinen. Hier wurden die allgemeinen Angelegenheiten des Stammes besprochen, über Krieg und Frieden berathen und die entstandenen Zwistigkeiten untersucht. Den Verbrechern wurde die Strafe angekündigt, welche die Götter bestätigten und die Priester vollzogen. Denn diese Völker waren Heiden und hatten mehrere Gottheiten. Ihren obersten Gott nannten sie Alfadur oder Allvater. Dann hatten sie einen Gott des Krieges, der hieß Wodan, einen Gott des Donners, Namens Thor, und noch mehrere andere Gott- heiten. Diesen weihten sie Haine, in welchen große, uralte Eichen standen. Einen vorzüglich heiligen Hain gab es im Semnonen- lande. Jeder, der dies Heiligthum betrat, mußte mit Ketten seine Hände zusammenbinden, so große Ehrfurcht hatten sie vor der Gottheit. Alle Jahre kamen von den benachbarten Völkern Boten zu diesem Haine, um der Gottheit ein Opfer zu bringen. Ge- wöhnlich bestand dies in einem gefangenen Menschen, den sie dem Gotte zu Ehren schlachteten. Rücklings gingen sie hinaus. Fiel einer zufällig nieder, so durfte er nicht aufstehen, er mußte sich auf der Erde hinauswälzen. — Besonders theuer war diesen Völkern ^ die Göttin Hertha. Auf einer Insel im Meere war ein heiliger Hain und in demselben ein geweihter, mit schö- nen Teppichen behängter Wagen. Die Göttin wohnte am Ende des Hains in einer heiligen Wohnung. Bisweilen ging sie 1*

15. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 264

1891 - München : Oldenbourg
264 1. Hertha. Ferse bis zum Scheitel, tragen sie das Zeichen des freien Mannes, den breiten Schild und den gewichtigen Speer, in den starken Armen. Ja, man sieht es ihnen an, das sind die Herren der Wälder, die gewaltigen Helden, welche flüchtigen Laufes den Ur im Dickicht ereilen und ihn kämpfend mit dem Speere erlegen. Stolz auf solche glücklich bestandenen Kümpfe, tragen sie die Zeichen ihrer Siege an ihrem Leibe. Es sind die Häute des erlegten Wildes, mit denen sie sich bekleiden. Wer sind die Männer? Es sind die Ureinwohner unseres Vater- landes, die Sueven, und zwar die edelsten Stämme derselben, die Semnonen, welche zwischen der Elbe und Oder wohnten, und ihre Nach- barn, die kriegerischen Longobarden. Sie und noch andere freie deutsche Männer sind gekommen, um das Frühlingsfest zu feiern zur Ehre ihrer Göttin Hertha. Schon ist diese — das haben die Priester geschaut und verkündigt — herabgestiegen auf ihren Wagen im heiligen Hain; schon haben die Priester den Wagen bespannt mit den geweihten Kühen und ihn bedeckt mit köstlichen Teppichen. Erwartungsvoll steht die Menge. Da nahet der Zug der Priester mit dem Wagen der Göttin, welche, un- bemerkt von dem Volke, sich freut über ihre Schöpfung und über die Zeichen der Verehrung, die man ihr zollt. So fährt sie auf der Insel umher. Da waren denn die Tage fröhlich und die Orte festlich, welche die Göttin mit ihrer Gegenwart beglückte; man zog in keinen Krieg, ergriff keine Waffe zum Kampf; alles Eisen ruhte; man kannte nur Friede und Freude. War der Wagen mit der Göttin vorüber, dann belustigte man sich auf mancherlei Weise. Dort tanzten Jünglinge zwischen auf- gestellten Schwertern; hier unterhielt man sich durch das beliebte Wür- felspiel. Da saßen und tranken sie aus dem Horn des Ur den be- rauschenden Met und lauschten auf den Gesang des Barden, welcher in Liedern die Heldenthaten der Tapfersten besang. Wenn aber die Göttin des Umgangs mit den Sterblichen müde war, dann führten die Priester den Wagen zurück in das Innerste des Haines. Dort wurde sie nebst W agen und Teppichen in dem geheimnisvollen See gebadet. Die Sklaven, welche man dabei gebrauchte, kehrten nie zurück; sie wurden von dem See verschlungen. Daher entstand dann ein geheimes Grauen und eine heilige Scheu vor dem, das nur die schauen durften, welche starben. Jene Insel des heiligen Haines steht noch im Meer; sie ist das lieblichste Eiland der Ostsee. Ihr Name ist Rügen. Noch zeigen die Eingebornen dem Fremdling den heiligen Hain, wo einst freudige und freie Menschen sich zum Frühlingsseste der Mutter Erde versammelten und der Priester mit dem Wagen den fröhlichen Umzug hielt. Noch

16. Die deutsche Geschichte - S. 40

1829 - Elberfeld : Büschler
40 (Sin leitun g, ‘t\i\\v\v\’\\v\va\V'vvv\vv\v\\\vimv\ii\t\v\vviv\n\\\vv\vv\vi\vv\\t\v Die alten Deutschen verehrten gleich den Persern, Sonne, und Feuer; als obersten Gott aber den Wodan (Guodan den Goden, Guten, Gott). Sie nannten ihn auch mit einem schönen Namen Allvater. — Der Sonne hielten sie in den heiligen Hai- nen weiße Pferde, welche vor den geweihten Wagen gespannt, von dem Priester oder dem Fürsten geführt wurden. Diese achteten sorgfältig auf ihr Wiehern, denn das galt ihnen, wie gleichfalls den Persern, #) als eine Vorbedeutung der Ankunft und als ein Zeichen des Willens der Gottheit. Als die wohltätigste Göttin verehrten sie die Mutter Erde; sie nannten sie Hertha, '^) und von ihrer Verehrung wird nns folgendes erzählt: „Es war auf einer Insel im Meere ein heili- ger Hain, und in demselben ein geweihter mit Teppichen bedeckter Wagen. Bisweilen, (das merkten die Priester), stieg die Göttin von den heiligen Wohnungen herab, dann fuhr der Wagen mit ge- weihten Kühen bespannt, vom Priester in tiefster Ehrfurcht beglei- tet. Dann waren die Tage fröhlich, die Orte festlich, die sie ihrer Gegenwart würdigte, dann zogen sie Ln keinen Krieg, ergriffen keine Waffen, verschlossen ruhte alles Eisen; man kannte nur Friede und Ruhe, und liebte sie allein, bis der Priester die, des Umgangs der Sterblichen gesättigte, Göttin in den Tempel zurückführte. Dar- auf wurde der Wagen und Teppich, und, wenn man es glauben will, die Göttin selbst in einem geheimnißvollen See gebadet; Sklaven verrichteten den Dienst, die sogleich derselbe See verschlang. Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Unwissenheit, was das sein möge, das nur, die sterben mußten, erblickten." „Jene Insel des heiligen Haines steht noch im Meere, (erzählt ein Jetziger), das lieblichste Eiland der Ostsee. Ihr Name heißt Rügen, und noch wird Germanisch in ihr gesprochen. Ein an- deres Geschlecht und ein anderer Gott haben die alten verdrängt, aber die unsterbliche Sage bleibt lebendig. Noch zeigt der Einge- *) Man denke an die Wahl des Darkus Hysstaspis. **) Tacit, Germ Xl. Die Lesart Hertha ist zwar nur eine Con- jcctur, und Herthus oder gar Nerthus die ursprüngliche; allein die Beschreibung der Gottheit und ihres Dienstes weiset deutlich auf die ge- nannte Göttin hin.

17. Das Mittelalter - S. 2

1877 - Leipzig : Brandstetter
sind die Herren der Wälder, die gewaltigen Helden, welche flüchtigen Laufes den Ur im Dickicht ereilen und ihn kämpfend mit dem Speere erlegen. Stolz auf solche glücklich bestandene Kämpfe tragen sie die Zeichen ihrer Siege an ihrem Leibe. Es sind die Häute des erlegten Wildes, mit denen sie sich bekleiden. Wer sind die Männer? Es sind die Ureinwohner unseres Vaterlandes, die Sueven, und zwar die edelsten Stämme derselben, die Sem-nonen, welche zwischen der Elbe und Oder wohnten, und ihre Nachbaren, die kriegerischen Longobarden aus der Altmark. Sie und noch andere freie deutsche Männer sind gekommen, um das Frühlingsfest zu feiern zur Ehre ihrer Göttin Hertha. Schon ist diese — das haben die Priester geschaut und verkündigt — herabgestiegen auf ihren Wagen im heiligen Hain; schon haben die Priester den Wagen bespannt mit den geweihten Kühen und ihn bedeckt mit köstlichen Teppichen. Erwartungsvoll steht die Menge. Da nahet der Zug der Priester mit dem Wagen der Göttin, welche, unbemerkt von dem Volke, sich freuet über ihre Schöpfung und über die Zeichen der Verehrung, die man ihr zollt. So fährt sie auf der Insel umher. Da waren denn die Tage fröhlich und die Orte festlich, welche die Göttin mit ihrer Gegenwart beglückte; man zog in keinen Krieg, ergriff keine Waffe zum Kampf; alles Eisen ruhte, man kannte nur Friede und Freude. War der Wagen mit der Göttin vorüber, dann belustigte man sich auf mancherlei Weise. Dort tanzten nackte Jünglinge zwischen ausgestellten Schwertern; hier unterhielt man sich durch das beliebte Würfelspiel. Da saßen und tranken sie aus dem Horn des Ur den berauschenden Meth und lauschten auf den Gesang des Barden, welcher in Liedern die Heldenthaten der Tapfersten besang. Wenn aber die Göttin des Umgangs mit den Sterblichen müde war, dann führten die Priester den Wagen zurück in das Innerste des Haines. Dort wurde sie nebst Wagen und Teppichen in dem geheimnißvollen See gebadet. Die Sklaven, welche man dabei gebrauchte, kehrten nie zurück, sie wurden von dem See verschlungen. Daher entstand dann ein geheimes Grauen und eine heilige Scheu vor dem, das nur die schauen durften, welche starben. Jene Insel „des heiligen Haines" steht noch im Meere, sie ist das lieblichste Eiland der Ostsee. Ihr Name ist Rügen und noch wird germanisch auf ihr gesprochen. Noch zeigen die Eingeborenen dem Fremdling den heiligen Hain, wo einst freudige und freie Menschen sich zum Früh-lingsfeste der Mutter Erde versammelten und der Priester mit dem Wagen den fröhlichen Umzug hielt. Noch ruht der Herthasee mit seinen tiefen Wassern zirkelrund zwischen bemoosten Hügeln, von dunkeln Buchen beschattet, und in dieser stillen Natur umwehen uns noch immer heilige Schauer. An seinem nördlichen Ende liegt mit ihren hohen Wällen die Burg mit dem Eingänge, wo das Bild der Göttin verehrt ward. Sie ist jetzt mit Binsen bewachsen. Umgestürzte Altäre und Opfersteine erinnern an frühere Zeiten, wo dem Germanen das Evangelium Jesu Christi noch nicht verkündet war.

18. Das Mittelalter - S. 4

1866 - Leipzig : Brandstetter
2 sind die Herren der Wälder, die gewaltigen Helden, welche flüchtigen Laufes den Ur im Dickicht ereilen und ihn kämpfend mit dem Speere erlegen, istolz auf solche glücklich bestandene Kämpfe tragen sie die Zeichen ihrer Siege an ihrem Leibe. Es sind die Häute des erlegten Wildes, mit denen sie sich bekleiden. Wer sind die Männer? Es sind die Ureinwohner unseres Vater- landes, die Sueven, und zwar die edelsten Stämme derselben, die Sem- nonen, welche zwischen der Elbe und Oder wohnten, und ihre Nachbaren, die kriegerischen Langobarden aus der Altmark. Sie und noch andere freie deutsche Männer sind gekommen, um das Frühlingsfest zu feiern zur Ehre ihrer Göttin Hertha. Schon ist diese — das haben die Priester geschaut und verkündigt — herabgestiegen auf ihren Wagen im heiligen Hain; schon haben die Priester den Wagen bespannt mit den geweihten Kühen und ihn bedeckt mit köstlichen Teppichen. Erwartungsvoll steht die Menge. Da nahet der Zug der Priester mit dem Wagen der Göttin, welche, unbemerkt von dem Volke, sich freuet über ihre Schöpfung und über die Zeichen der Verehrung, die man ihr zollt. So fährt sie auf der Insel umher. Da waren denn die Tage fröhlich und die Orte festlich, welche die Göttin mit ihrer Gegenwart beglückte; man zog in keinen Krieg, ergriff keine Waffe zum Kampf; alles Eisen ruhte, man kannte nur Friede und Freude. War der Wagen mit der Göttin vorüber, dann belustigte man sich auf mancherlei Weise. Dort tanzten nackte Jünglinge zwischen aus- gestellten Schwertern; hier unterhielt mau sich durch das beliebte Würfel- spiel. Da saßen und tranken sie aus dem Horn des Ur den berauschenden Meth und lauschten ans den Gesang des Barden, welcher in Liedern die Heldenthaten der Tapfersten besang. Wenn aber die Göttin des Umgangs mit den Sterblichen müde war, dann führten die Priester den Wagen zurück in das Innerste des Haines. Dort wurde sie nebst Wagen und Teppichen in dem geheimnißvollen See gebadet. Die Sklaven, welche man dabei gebrauchte, kehrten nie zurück, sie wurden von dem See verschlungen. Daher entstand dann ein geheimes Grauen und eine heilige Scheu vor dem, das nur die schauen durften, welche starben. Jene Insel „des heiligen Haines" steht noch im Meere, sie ist das lieblichste Eiland der Ostsee. Ihr Name ist Rügen und noch wird ger- manisch auf ihr gesprochen. Noch zeigen die Eingebornen dem Fremdling den heiligen Hain, wo einst freudige und freie Menschen sich zum Früh- lingsfeste der Mutter Erde versammelten und der Priester mit dem Wagen den fröhlichen Umzug hielt. Noch ruht der Herthasee mit seinen tiefen Wassern zirkelrund zwischen bemoosten Hügeln, von dunkeln Buchen be- schattet, und in dieser stillen Natur umwehen uns noch immer heilige Schauer. Au seinem nördlichen Ende liegt mit ihren hohen Wällen die Burg mit dem Eingänge, wo das Bild der Göttin verehrt ward. Sie ist jetzt mit Binsen bewachsen. Umgestürzte Altäre und Opfersteine er- innern an frühere Zeiten, wo dem Germanen das Evangelium Jesu Christi noch nicht verkündet war.

19. Theil 2 - S. 12

1875 - Leipzig : Brandstetter
12 ter Hain, betritt ein heiliger, mit Tüchern verhüllter Wagen. Wenn die Göttin ihn besteigt und durch das Land fährt, dann sind frohe Tage. Kein Krieg wird begonnen, die Waffen ruhen, verschlossen liegt alles Eisen, bis der Priester die das Umgangs mit Menschen gesättigte Göttin ihrer heiligen Einsamkeit zurückgiebt. Dann werden Wagen und Tücher in einem geheimnißvollen See gewaschen und, nach der alten Sage, die Göttin selbst darin gebadet. Sklaven dienen dabei, die alsbald der See verschlingt. Nur dem Tode Geweihte durften das Wunder schauen. Der Name der Göttin Holda, Hulda, kündigt sie als die freundliche, milde, anmuthreiche an; zürnend erscheint sie nur, wenn sie Nachlässigkeit und Unordnung im Haushalt wahrnimmt. Gleich der ersteren Göttin fahrt sie aus ihrem Wagen durch das Land, überall Segen und Fruchtbarkeit verbreitend. Wo der Flachs sein klar und reichlich gesponnen ward, da sprach sie ihren Segen: „So manches gesonnene Haar, so manches gute Jahr!" Der tragen Hausfrau rief sie zu: „So manches ungesponnene Haar, so manches böse Jahr!" Holda liebte die Seen und Brunnen, in der Tiefe der klaren Fluth stand ihre glänzende Wohnung, wo sie saß, umgeben von den noch Ungebornen, denn den Kindersegen erbaten sich die Frauen von ihr; sie war die Beschützerin der Ehen und der Familien, „Der schönsten deutschen Göttin grünte und blühte der schönste deutsche Baum, die Linde." Ihr Vogel war der Storch. Auf dem Felde opferte man ihr ein nachgelassenes Bündel Flachs und wie dem Freyr war ihr der Rormarin heilig. Frouwa (Freya) und Frigga (Fria) waren zwei der hehrsten Göttinnen unserer Vorzeit; die erste, Schwester des Freyr, die frohe, erfreuende, liebe, gnädige Göttin, die reine, erhabene, von welcher das Wort Frau abstammt, die zweite, Gemahlin des Wodan, das freie, schöne, liebenswürdige, anmuthreiche Weib, die deutsche Aphrodite. In später Zeit noch pflegten die Minnesänger zu streiten, welcher Name den Vorzug verdiene, und schließlich demjenigen der Frau den Preis zu geben, weil er zugleich die Würde des Weibes bezeichnete. Nichtsdestoweniger war auch die furchtbarste, schreckenerregendste der germanischen Gottheiten von weiblichem Geschlechte; Hellia, Hella oder Hela, die unerbittliche Göttin der Unterwelt, zu welcher die Seelen der an Siechthum oder vor Alter gestorbenen Menschen kamen. Tief im _ Dunkel der Erde war ihre Wohnung; da thronte sie in schauriger Gestalt halb schwarz, halb fleischfarben. „Ihr Saal heißt Elend, ihre Schwelle Einsturz, drohendes Unglück ihr Bett; Träge heißt ihr Knecht, Langsam ihre Magd; sie ißt von der Schüssel Hunger und schneidet mit einem Messer, dessen Name unersättliche Gier heißt. Was sie einmal besitzt, läßt sie nicht mehr los; Barmherzigkeit kennt sie nicht." Nach der Einführung des Christenthums verschwand der persönliche Begriff der unterweltlichen Gottheit. Aus Hellia oder Hella wurde die Hölle mit all' den furchtbaren Eigenschaften, die einst die Göttin selbst besessen hatte.

20. Geschichte des Mittelalters - S. 59

1854 - Weimar : Böhlau
59 wie Himmel, Licht und Tag leuchtende Herr. Er wohnte in weit- schimmernder Wohnung, in welcher alles von Gold und Silber glänzte; sein Sohn war Prant, der strahlende, seine Gattin Nanna, die kühne. Dem Paltar waren besonders Brunnen, Auen und Haine geweiht. In Thüringen und Baiern wurde Paltar un- ter dem Namen Phol verehrt, und dieser Name lebt noch in ein- zelnen Ortsnamen fort, z. B. Pholesbrunnen, jetzt Phulsborn in Thüringen. Paltars Sohn war Forasizo, der Vorsitzende, wie Paltar ein Gott des Rechtes und der Gerechtigkeit, der Vorsteher der Ge- richte, der alle Händel schlichtete. Er wurde auf der Insel Heili- genland, dem heutigen Helgoland, hoch verehrt.— Aki, der Meer- gott, wohnt in leuchtender Halle; Wol, der kampfesmuthige, war ein Gott der Jagd. — Lohho, Loko, der Loki des Nordens, war der einzige Gott, dessen Sinn dem Bösen stets zugewandt war. Er ist das Verderben; sein boshafter Rath, seine List, sein Trug stört die Harmonie der schaffenden Gewalten. Er war schuld an dem Tode Paltars, floh, die Strafe fürchtend, die Wohnungen der Himmlischen und verbarg sich in Fischgestalt in einem Wasser. Aber das Böse gräbt sich selbst die Grube; Loko, der Erfinder des Netzes, wurde von den Göttern mit einem Netze gefangen und über die scharfen Kanten von drei Felsen gebunden. Die Göttinnen werden hauptsächlich gedacht als umherziehende, Die Göttin einkehrende Göttermütter, von denen die Menschen die Geschäfte ncn‘ des Haushalts wie des Ackerbaus erlernen: Spinnen, Weben, Säen und Ernten. Diese Arbeiten führen Ruhe und Frieden im Lande mit sich, und das Andenken daran haftet in lieblichen Ueberliefe- rungen noch fester als an Kriegen und Schlachten, an denen die meisten Göttinnen gleich den Frauen nicht Theil nehmen. Fast in allen Sprachen wird die Erde weiblich und im Gegensatz zu dem sie umfangenden väterlichen Himmel als gebärende, fruchtbringende Mutter aufgefaßt. Ein Theil der Germanen verehrten sie unter dem Namen Nerthus. Tacitus berichtet, wie auf einer Insel des Oceans (vielleicht Rügen) ein heiliger Hain liege, in demselben stehe ein mit Decken verhüllter Wagen. Nur ein Priester darf ihm na- hen, er erkennt wann die Göttin ihn besteigt und folgt mit großer Ehrfurcht dem von Kühen gezogenen Wagen. Dann sind frohe Tage und Feste an allen Orten, welche die Göttin des Besuchs und der Einkehr würdigt. Kein Krieg wird begonnen, die Waffen ruhen, verschlossen liegt alles Eisen, bis derselbe Priester die des Umgangs mit den Sterblichen gesättigte Göttin dem Tempel zu- rückgiebt. Dann wird der Wagen und die Decken in einem ge- heimnißvollen See gewaschen und, wenn man es glauben will, die Göttin selbst darin gebadet. Sklaven dienen dabei, welche alsbald derselbe See verschlingt. Diese Umfahrt der Mutter Erde hat Frie- den und Fruchtbarkeit zur Folge. Aehnliche Umfahrten, das Fah- ren eines Pflugs oder eines Schiffs durch die Landschaft, fanden an anderen Orten statt; sie bezeichnen die Sichtbarwerdung einer wohlthätigen, gütigen Gottheit unter den Menschen, die sich ihr allenthalben mit Freudenbezeugungen nahten; sie fanden statt im