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1. Deutsche Sozialgeschichte - S. 27

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Ter Klerus. Kampf zwischen Kirche und Staat. 27 auch die Päpste in Abhängigkeit erhalten. Ohne Ströme von Blut mar das nicht möglich. Die von Heinrich Iii. (1039—1056) aus tiefem Verfall emporgehobene Kirche aber suchte kraft ihrer geistlichen Natur die völlige Freiheit von der Staatsgewalt zu erlangen und zu behaupten. Nach kirchlicher Anschauung gab es überhaupt nur zwei Stände: Klerus und Laien. Jener galt natürlich als besonders bevorzugt und begnadet und ward sehr früh einheitlich und streng monarchisch organisiert. Er strebte deshalb, sobald er das mit Aussicht auf Erfolg vermochte, nicht bloß nach Unabhängigkeit von den Laien, sondern nach der Herrschaft über sie. Papst Gregor Vii. (1073— 1085) wollte durch das Verbot der Laieninvestitur den staatsrechtlich gewordenen Lehnsverband zwischen Geistlichen und Laien zerreißen und den Klerus gänzlich aus dem Lehnssystem herausheben. Heinrich Iv. aber (1056 —1106) nahm den Fehdehandschuh leidenschaftlich auf. Ter erste Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum ließ auch die unteren Volksschichten zum Gefühl ihrer Kraft kommen. Anfangs um die Prinzipien der geistlichen und weltlichen Macht im allgemeinen geführt erschöpfte sich der Kampf allmählich, und unter Heinrich V. (1106—1125) ward in Bezug auf den einen Streitpunkt, die Investitur, ein Ausgleich durch das Wormser Konkordat 1122 herbeigeführt. Der Kaiser behielt den entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der Bistümer und Abteien: eine ihm nicht genehme Persönlichkeit blieb von der Wahl thatsächlich ausgeschlossen. Auch die Leistungen der geistlichen Fürstentümer kamen fernerhin dem Reiche zu gute. Erst seit Mitte des 13. Jahrhunderts ward die Investitur eine bloße Form, gerade wie die Belehnung der großen weltlichen Vasallen. Die territorialen Gewalten waren da bereits zu mächtig geworden, die königliche Macht aber zu tief gesunken. Diesen Nachteilen des Lehnswesens gegenüber darf sich der Blick vor seinen Vorteilen nicht verschließen. In der Vermischung Kampf zwischen Kirche und Staat. Vorteile des Lehnswesens.

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1. Altertum und Mittelalter - S. 223

1911 - Stuttgart : Bonz
I 223 langen, da geistliche mter nicht ums Geld sollten vergeben werden (Simonie im engeren Sinn) diese Simonie war bisher schon von allen besser Gesinnten, auch von Kaiser Heinrich Iii. bekmpft worden , Hildebrand nannte Simonie auch dies, da geistliche Wrden berhaupt von weltlichen Fürsten vergeben wurden. Was bis dahin anstandslos, auch noch von Heinrich Iii., gebt wurde, die Laien - Investitur, wurde bald der Hauptstreitpunkt. Natrlich war Hildebrand auch gegen jeden weltlichen Einflu auf die Besetzung des ppstlichen Stuhles selbst. Was er Freiheit nannte, lief in Wahr-heit auf die Beherrschung des Staates durch die Kirche hinaus. Da die geistliche Gewalt der weltlichen bergeordnet sei, war schon lngst behauptet worden und im Grund nicht bestritten. Aber Gregor ging weiter und behauptete: Der König ist zum Gehorsam gegen den ppstlichen Stuhl verpflichtet. Der Papst bestimmt, wer der recht-mige König ist, er entscheidet die Streitigkeiten der Fürsten, ein König, der es wagt, seinem Gebot entgegenzuhandeln, entfllt da-durch seiner Wrde, ein König, den er exkommuniziert (aus der Kirche ausgeschlossen) hat, ist nicht mehr König. So hat er es als sein Recht angesehen, Könige abzusetzen und die Untertanen vom Treueid zu entbinden. Da der Papst innerhalb der Kirche alle Gewalt haben sollte, war ohnedies selbstverstndlich: die Bischse hatten nach ihm nur die Pflicht, dem Papst zu gehorchen. Die kirchliche Gesetzgebung und Rechtsprechung kann der Papst den, ganz wie er will. 3) Die ersten wichtigen Schritte zur Erreichung seines Ziels geschahen, ehe er Papst wurde. Es war zuerst die Ordnung der Papstwahl (1059). Whrend nach altem Brauch Klerus, Adel und Volk von Rom zu-sammengewirkt hatten, worauf der Kaiser den Gewhlten besttigte, bertrug das neue Gesetz die Wahl dem Kollegium der Kardinle (das waren ursprnglich die Bischfe des damaligen Kirchenstaates, die Pfarrer der rmischen Hauptkirchen und die Vorsteher der rmischen Hospitler). Die von den Kardinlen getroffene Wahl sollte von Klerus und Volk besttigt werden. Dadurch wurde nicht nur der Einflu der Adelsgeschlechter auf die Papstwahl beseitigt, sondern auch dem Kaiser wurden die ihm bisher zustehenden und oft von ihm ausgebten Rechte entzogen. Um einen Rckhalt zu haben, bewog der Papst die Normannenfrsten in Unteritalien, den Grafen Richard von Aversa und Robert Guiscard von Apnlien, die eroberten Gebiete von ihm als Lehen sich bergeben zu lassen (1059). Richard ward 1059. mit Capua, Robert mit Apulieu, Calabrien und Sizilien belehnt. Es waren Gebiete, die dem Papst nie gehrt hatten. Die Normannen stellten ihm fr diese Schenkung ihre Streitkrfte zur Verfgung und machten ihn zum Herrn von Rom. Zugleich wurde der Kampf gegen Simonie und Priesterehe begonnen. 4. Heinrich Iv. (10561106). a. Die Zeit vor dem Kamps 1056-1106. mit Gregor Vii. 1) Fr den 6jhrigen König regierte zunchst die

2. Lehr- und Lesebuch der Geschichte von der Gegenwart bis auf Kaiser Karl den Großen - S. 87

1892 - Berlin : Mittler
3. Heinrich Iv. (1056-1106.) 87 Heinrich Iv. und Gregor Vii. (1077.) Damals sa auf dem Stuhle Petri Gregor Vii. Dieser, frher Hildebrand geheien, der Sohn eines armen italienischen Landmanns, war zeitig als Mnch in ein burgundisches Kloster getreten. Von hier ging er nach Rom, wo der sittenstrenge Mann allmhlich zu dem ver-trauten Ratgeber mehrerer Ppste aufstieg. In dieser Stellung wute er es durchzusetzen, da der Papst fortan nicht mehr von dem rmischen Volke, sondern nur noch von den Geistlichen an den Hauptkirchen Roms und den Bischfen der nchsten Umgegend (den Kardinlen) gewhlt wurde; zugleich sollte die Besttigung der Wahl durch den Kaiser nach und nach in Fortfall kommen. Als der durch seine unbeugsame Wittens-kraft ausgezeichnete Mann die ppstliche Wrde erhielt, ging sein ganzes Streben dahin, die Kirche im Innern zu lutern, die Geistlichkeit von dem Einflsse der weltlichen Macht zu befreien und die Gewalt des Papstes, des Stellvertreters Gottes und Statthalters Christi", der jede weltliche Herrschergewalt zu erheben. Hierdurch wurde ein jhr-hundertelanger, verderblicher Kampf zwischen Kirche und Staat herbei-gefhrt. Durch drei Mittel suchte Gregor sein khnes Ziel zu erreichen. Zunchst verbot er den Kauf und Verkauf geistlicher Gter sr Geld (Simonie, nach Apostelgeschichte Viii, 18), damit die kirchlichen mter nicht in die Hnde Unwrdiger gerieten. Dann befahl er fr alle Geistlichen die Ehelosigkeit (den Clibat) an; die Geistlichen sollten fortan keine Familie haben, um nicht durch die Sorge fr Weib und Kind der Kirche entfremdet und von der weltlichen Macht abhngig zu werden. Das wichtigste Verbot aber, welches in die Rechte des Kaisers tief eingriff, ging dahin, da die weltlichen Fürsten die Geistlichen nicht mehr in ihre Wrden einsetzen sollten, keinem Laien d. h. Nichtgeistlichen sollte die Investitur, die Belehnung eines Geistlichen mit Ring und Stab, den Zeichen der geistlichen Wrde, zustehen. Bisher warm die Bischfe und bte als Reichsfrsten vom Kaiser eingesetzt worden, während der Papst sie nur fr das geistliche Amt geweiht hatte. Nun sollten diese Geistlichen durch die Domkapitel (geistliche Wahlkrperschaften) und den Papst gewhlt werden und so zugleich ohne weiteres die welt-lichen Besitzungen erhalten. Hiermit aber wurden sie der kaiserlichen Macht entzogen und nur von Rom abhngig. Diese Forderungen des Papstes riefen an vielen Orten Mifallen und Emprung hervor. Auch Heinrich Iv. kmmerte sich um die ppstlichen Erlasse nicht; mit Unwillen wies er die Zumutung zurck, sich dem Willen des rmischen Bischofs zu unterwerfen. Da lud ihn Gregor

3. Lehr- und Lesebuch für die gewerblichen Fortbildungsschulen Bayerns - S. 383

1886 - München : Ackermann
383 12. Das fränkische Kaiserhaus. Nach dem Erlöschen des sächsischen Hauses wurde Konrad Ii. <1024—1039) aus dem Geschlechte der Herzoge von Franken stammend, zum König erwählt. Mit ihm beginnt das fränkische oder sali sch e Kaiserhaus, das von 1024—1125 regierte. Sowohl Konrad, der durch Vertrag das schöne Burgund nach dem Aus- sterben d^s eingeborenen Regentenhauses an Deutschland brachte, als besonders sein vortrefflicher Sohn Heinrich Iii. (1039—1056) behaupteten mit Kraft und Würde den Thron und hielten die übermüti- gen Großen, deren selbstsüchtiger Unabhängigkeitssinn die nationale Einheit und Macht gefährdete, in den Schranken des Rechts. Zum Unglück für die Einheit und den Glanz des Reiches starb Hein- rich Iii., der Deutschland zu einer Erbmonarchie machen wollte, zu früh, und die Reichsgewalt ging in die schwachen Hände seines sechsjährigen Sohnes, Heinrichs Iv. (1056—1106) über. Dieser hochbegabte und gutmütige Prinz, der jedoch zu schlecht erzogen worden war, vermochte nicht in die Fußstapfen seines Vaters ein- zutreten. Doch stellte er sich mutvoll und beharrlich den weltlichen Großen entgegen, die nur auf ihr eigenes Standes- und Familien- interesse bedacht, weder Vaterlandsliebe noch Treue zeigten, und schlug die rebellischen Sachsen an der Unstrut (1175). Da trat aber ein anderer und gewaltigerer Feind, von den Unterlegenen zu Hilfe gerufen, gegen den Kaiser aus — Papst Gregor Vii., eines Landmannes Sohn. Dieser kühne und energische Kirchenfürst hatte schon längst als Kardinal Hildebrand darnach gestrebt, das Ansehen der Kirche zu heben und diese nicht nur vom Staate un- abhängig, sondern auch sie über den Staat zu setzen. Deswegen hatte er die Papstwahl dem römischen Volke entzogen und sie dem Kardinalskollegium gegeben. Als Papst trennte er durch Einführung des Cölibates oder der Ehelosigkeit der Geistlichen den Klerus vom Volke, sprach den Fürsten das Investitur rech t ab, d. h. das Recht, Geistliche, in ein Kirchenamt einzusetzen, verbot den Kauf geistlicher Ämter (die Simonie) und lud als Schiedsrichter auf die Klagen der Sachsen hin den Kaiser nach Rom vor seinen Richterstuhl. Der Kaiser, erbittert über eine so unerhörte Forderung, ließ den Past durch eine Versammlung deutscher Bischöfe absetzen und wurde dafür vom Papste in den Kirchenbann gethan und der Krone für unwürdig erklärt. Seine Untherthanen wurden von ihrem dem Kaiser geleisteten Eid entbunden. Die ohnehin mißvergnügten Großen traten auf die Seite des Papstes, indem sie auf einem Fürsten tage zu Ter- bur erklärten, daß der Kaiser der Krone verlustig sein solle, wenn er nicht binnen Jahresfrist vom Kirchenbanne gelöst sei. Deswegen zog Heinrich mitten im Winter, nur von seiner Gemahlin Bertha und einigen Getreuen begleitet, über die schneebedeckten Alpen nach Italien, um sich mit dem Papste auszusöhnen. Kriechend aus

4. Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für die unteren und mittleren Klassen höherer Unterrichtsanstalten - S. 88

1835 - Hannover : Hahn
88 Konrad Ii. (1024 — 1039), Herzog von Franken, vereinigte mit Teutschland das schöne burgundische oder arelatische Reich, über welches, so wie auch über Polen und Böhmen, die teutschen Kaiser langst schon die Oberlehnsherrlichkeit ausübten. Toulon und Marseille waren damals teutsche Seestädte. Noch gewaltiger herrschte sein Sohn Heinrich Hi. (1039 —1056), der selbst Ungarn auf einige Zeit von Teutschland abhängig machte, Päpste, die sich durch Si- monie erhoben hatten, so wie auch Herzoge absetzte, um Würdigere an ihre Stelle zu bringen. Beständig zog der große und fromme Kaiser im Reiche umher, um selbst Recht und Gerechtigkeit zu hand- haben, und starb nur zu früh für seine großen Plane erst 39 Jahre alt. Sein sechsjähriger Sohn Heinrich Iv. (1056 —1106) hatte vortreffliche Anlagen, aber durch eine verkehrte Erziehung, zuerst bei seiner Mutter Agnes, dann, als dieser der Prinz zukaiserswerth geraubt wurde, bei dem strengen Erzbischöfe Hanno von Köln, und zuletzt bei dem zu nach- sichtigen Erzbischöfe Adalbert von Bremen, verderbt, ward er sittenlos, ohne Festigkeit und zur Willkür geneigt. Als Heinrich wehrhaft und mündig geworden, drückte er besonders die Sachsen, zwischen denen und den Franken seit Karl dem Großen nie ruhender Haß und Mißtrauen herrschte. Er legte in Sachsen viele Zwing- burgen an, um das Land im Zaume zu halten, und hielt sich meist dort auf, was der Provinz durch die Lieferungen an den kaiserlichen Hof äußerst schwer siel. Endlich, als Bitten und Vorstellungen nichts fruchteten, griffen die Sachsen zu den Waffen, verjagten den Kaiser und zerstörten seine Burgen. Aber Heinrich sammelte ein Heer, und schlug die Sachsen an der Unstrut (1075). Jetzt brachten diese ihre Klagen vor den päpstlichen Stuhl, auf dem seit 1073 Gregor Vii. (Hildebrand von Savona, eines Zimmermanns Sohn) saß. Dieser außerordentliche Mann, ausgezeichnet durch Gelehrsam- keit, sittliche Reinheit und den unerschütterlichsten Muth, dem, was er für recht und gut hielt, Alles zum Opfer zu bringen, hatte sich das große Ziel gesetzt, die Kirche vom Staate unabhängig zu machen, um jene vom Untergänge zu retten. Nicht alle Mittel, die er für seinen Zweck anwendete, mögen für alle Zeiten passend sein; für jene waren sie wohlthätig und nothwendig, wenn nicht eine furchtbare Allgewalt der Herrscher und ein geistliches Kastenwesen die Entwicklung der Menschheit hindern sollte. Gregor ließ darum auf Concilien fest- setzen, daß die Geistlichen unverheurathet bleiben sollen (Cölibat); daß kein Geistlicher ein Kirchenamt aus den Händen eines Weltlichen (Laien) empfangen (Investitur) und daß kein geistliches Amt durch Geld erkauft werden solle (Simonie). Schon unter einem frühe- ren Papste hatte Gregor es dahingebracht, daß festgesetzt wurde, die Wahl des Papstes selbst solle nicht mehr von dem römischen Volke, oder von dem Kaiser, ausgehen, sondern den Geistlichen an

5. H. G. Bohrs Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters - S. 63

1853 - Kopenhagen : Gyldendal
476—1100. 63 Als Heinrich seinen Gegner in einer Schlacht überwun- den und getödtet hatte, sah er sich in den Stand gesetzt, ein Heer über die Alpen zu führen, um in der Hauptstadt der Welt selbst den übermüthigen Papst zu demüthigen. Nom wurde ein- genommen, der Papst schloß sich in die Engelsburg ein, allein entkam durch den Beistand Robert Guiscards, seines nor- mannischen Vasallen. Er starb in Salerno 1085 mit den Worten: Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und die Ungerech- tigkeit gehaßt; darum sterbe ich in der Landflüchtigkeit!" Allein der Tod des Papstes, oder die weltliche Uebcrmacht verschafften dem Kaiser noch bei weitem den Sieg nicht; denn die folgenden Päpste machten Gregors Plan zu dem ihrigen. Neue Un- ruhen zwangen den Kaiser, nach Deutschland zurückzukehrcn, wo sogar sein eigner Sohn einen Aufruhr gegen ihn erregte, und er starb 1106 ohne die verwickelten politischen und kirchlichen Angelegenheiten geordnet zu haben. Nach einer Reihe von Kämpfen mit der Kirche kam endlich in Worms 1122 zwischen dem Papste und dem Kaiser Heinrich V. ein Vergleich zu Stande (1106—1125). Die Bischöfe sollten frei von den Geistlichen gewählt werden, welchen die Wahl zukämc, der Papst sollte alleiniges Recht zur Investitur (Bestätigung der geistlichen Wahl) haben, der Kaiser dagegen den Geistlichen weltliche Lehen zucrtheilen. Aehnliche Bestimmungen rücksichtlich des Verhältnisses zwi- schen Kirche und Staat wurden nach und nach auch in den übrigen wichtigsten Staaten in Europa angenommen, und selbst der englische König Heinrich I. (1100—1135), der Sohn Wilhelm des Eroberers, mußte nach einem heftigen Kampfe dem Papste die Investitur abtreten. So hatte nun die Kirche ihr Ziel erreicht, ihren eignen Staat unabhängig und mächtig dem Staate gegenüber zu stellen. Diese geistliche Uebcrmacht, so gefährlich sic auch für die Sicher- heit und Entwicklung der Staatsmacht war, war gleichwohl für

6. Das Mittelalter - S. 114

1881 - Paderborn : Schöningh
— 114 — kaum groben Misshandlungen. Erst als der Papst allen verheirateten Priestern die geistlichen Funktionen untersagte und auch das Volk auf seine Seite tretend sich nicht mehr von ihnen die Heilsmittel der Kirche spenden liess, ward der Cölibat nach und nach allgemein durchgeführt. 2. Er verordnete, dass diejenigen, welche in der letzten Zeit durch Simonie geistliche Ämter erlangt hatten, ihrer Stellen entsetzt werden sollten. 3. Auf einer Synode im J. 1075 verbot er den Geistlichen unter Strafe der Absetzung, dass keiner mehr aus der Hand eines Laien ein Kirchenamt annehme und bestimmte, dass weltliche Fürsten, welche durch Investitur geistliche Stellen besetzen würden, hinfort aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen werden sollten. Durch diese Verordnung wollte er die Kirche mit allen ihren Lehnsgütern von der staatlichen Abhängigkeit befreien. Es war natürlich, dass dieses Bestreben des Papstes von Seiten der Könige, welche einen grossen Teil ihrer Macht zu verlieren fürchteten und die Investitur als ihr hergebrachtes Recht ansahen, einen mächtigen Kampf hervorrief. Alle diese Mafsregeln zielten dahin, der Kirche nicht bloss eine freie, von jeder weltlichen Macht unabhängige Stellung zu sichern, sondern sie sogar über alle Macht der Könige und Fürsten zu erheben. Nach Gregors Idee hatte von vornherein die geistliche Macht eine höhere Berechtigung als die weltliche. Der Papst als Stellvertreter Christi in der Kirche galt ihm als die erste, ja als die einzige, von Gott unmittelbar eingesetzte gesetzliche Autorität, von der jede andere Obrigkeit erst ihre rechtmässige Bestätigung erhalten sollte. In diesem Sinne vergleicht er an einer Stelle seiner noch erhaltenen Briefe die geistliche Macht mit der Sonne, die weltliche mit dem Monde, welcher erst durch die Sonne sein Licht empfängt. In diesem Sinne strebt er eine universale Theokratie an, deren Lenker der Papst ist, in der jeder Streit vor seinem Richterstuhle entschieden wird, wo kein Krieg mehr sein, sondern ewiger Friede herrschen soll. b) Heinrich zu Canossa. Sobald Gregor sich auf dem päpstlichen Stuhle befestigt sah, wandte er sich an Heinrich Iv., ermahnte ihn zur Besserung seines Lebenswandels und zur Enthaltung von der Simonie und Investitur. Heinrich versprach Besserung und erbat sich des Papstes Beihülfe zur Reform der kirchlichen Verhältnisse. Da er aber fortfuhr, Bischöfe zu investieren, und gegen das Gebot der Kirche gebannte Geistliche von seinem Anhange bei Hofe duldete, so lud ihn der Papst, an den sich bereits die besiegten Sachsen mit einer Klage gewandt

7. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 132

1845 - Berlin : Klemann
132 Drittes Buch. Vierter Abschnitt. nicht mit jenem Plane mehr, und wollte -er Kirche nicht bloß die Frei- heit, sondern auch die Herrschaft erkämpfen. Er dachte darüber also: „Was sind denn diese Könige der Erde mehr als Geschöpfe Gottes? All' ihre Kronen haben sie bloß von seiner Gnade. Jesus Christus aber hat die Kirche auf Erden eingesetzt und den Papst als seinen Stellvertreter, und hat ihm die Schlüsselgewalt über alle Lebendigen gegeben. Weil nun die ganze Erde ein Werk aus Gottes Hand, so beherrscht sie der Papst als Gottes Statthalter. Folglich kann kein irdischer Mann ein Reich nach gött- lichem Recht besitzen, wenn ihn der Papst nicht damit belehnt hat. Gleich- wie der Mond sein Licht von der Sonne empfängt, so hat also auch der Kaiser seine Würde und Gewalt erst vom Papst, der ihm die Krone' auf- setzt. Darum kann nach göttlichem Recht weder das römische Volk noch der Kaiser (wie bisher) einen Priester zum Papst wählen, sondern es bestimmt diesen der heilige Geist selbst, welcher einen besonderen Ausschuß von Erzpriestern („Kardinälen") dazu erleuchtet. Nur dem Papst, als ober- sten Herrn des Gottesreiches, welches den ganzen Erdkreis umfaßt, steht mithin die Besetzung aller geistlichen Würden darin zu, nicht dem Kaiser oder König. Den Papst kann auch Niemand richten und absetzen, selbst keine Kirchenversammlung, das wär' ja eine Sünde gegen den heiligen Geist, welcher ihn eingesetzt hat. Wer sich also gegen den Papst auflehnt, empört sich gegen Gott selbst, und wie Gott die Frevler ohne Unterschie- des Standes richtet, gleichviel ob Könige oder Bettler, so darf's auch der Papst." Dies waren die Grundsätze, von denen Gregor Vii. ausging, als er die völlige Unabhängigkeit der geistlichen Macht von der weltlichen und die Herrschaft der Kirche (die „Hierarchie") erringen wollte. Um nun diesen großen Plan ins Werk zu setzen, ergriff Gregor Vii. drei Mittel. Das erste war die Abschaffung der Simonie (d. i. des Ver- kaufs der geistlichen Würden); dies war vor Allem nöthig, um die Rein- heit und sittliche Würde der Kirche wieder herzustellen, damit die geistlichen Aemter nur an die Edelsten und Tüchtigsten kämen. Das zweite Mittel bestand darin, die Investitur (d. i. das Reckt der Einsetzung der Bischöfe und Aebte mit Ring und Stab und ihrer Belehnung mit Kirchengütern) den Laien zu nehmen. Nun aber hatte das Recht der Investitur bisher der König geübt, weil er allein als Oberhaupt des Staates liegende Gü- ter, als Theile des Reichs, zu Lehen ertheilen konnte; die Weihe zum geistlichen Amt hingegen hatte das Oberhaupt der Kirche den Bischöfen gegeben, jedoch bisher erst nach geschehener Investitur. Wurde nun die Investitur den Laien genommen, so standen die Bischöfe und Aebte nicht bloß in ihren geistlichen Verrichtungen, sondern überhaupt völlig unter dem Papst und waren unbedingt an dessen Interesse gebunden; überdies wurden die Staatsgüter durch die Verlehnung aus der Hand des Papstes in Kir- chenväter umgewandelt, und dadurch auch die weltliche Herrschaft des Pap- stes immer fester begründet. Das dritte Mittel endlich, welches Gregor Vii. anwendete, setzte dem stolzen Gebäude der Hierarchie die Krone auf. Es war das Gebot des Cölibats, d. i. daß alle Geistlichen fortan ehelos ' leben sollten. Dadurch beabsichtigte Gregor, daß die Priester, gleich den Mönchen, gänzlich losgerissen von aller Gemeinschaft mit den Laien, sich nicht mehr als Mitglieder des Staates, sondern bloß als Glieder der Kirche fühlen, und als abgeschlossene geistliche Macht sich dem Staat gegenüber stellen sollten, um ihre gemeinsamen Ansprüche gegen denselben auf Leben und Tod zu vertheidigen. Aber das Gebot des Cölibats erregte bei den

8. Deutsche Geschichte bis zur Gegenwart - S. 60

1902 - Leipzig : Voigtländer
60 Des Mittelalters zweite Periode. Erhebung auf den rmischen Stuhl den inneren Schden der Kirche als eifriger Cluniacenser kraftvoll entgegengetreten; als Berater des nderung Papstes Nikolaus Ii. (1059) hatte er ferner bewirkt, da die Papst-Papstwahl Wahl nicht mehr durch das rmische Volk, den Adel und den Klerus, sondern nur durch die Kardinle, d. h. die hhere Geistlichkeit des rmischen Kirchensprengels, vorgenommen wurde. Gregor war krperlich unansehnlich; nur in seinen feurigen, dunklen Augen und in der Energie seines Auftretens gab sich sein gewaltiger Geist uerlich zu erkennen. Indem er der die bisherigen Bestrebungen der cluniacensischen Partei weit hinausging, vertrat er die Ansicht, da der Papst als Stellvertreter Gottes und Statthalter Srs Christi" die Weltherrschaft (Hierarchie) erlangen msse. Da-durch, da er dies Ziel mit voller Hingabe, aber auch mit ungestmer Leidenschaft, erstrebte, beschwor er einen jahrhundertelangen Kampf zwischen Kirche und Staat herauf, der beiden Mchten verderblich werden sollte. Zum Papst erwhlt, traf Gregor folgende Maregeln: Zlibat 1. Das Zlibat, d. h. die Ehelosigkeit der Geistlichen, sollte streng Simonie durchgefhrt werden. 2. Die Simonie" ( 223) und ebenso 3. die Investitur Investitur (Einkleidung, d. h. feierliche Belehnung) der Bischfe durch weltliche Fürsten (Laien-Investitur) wurden untersagt. Durch das Verbot der Priesterehe, das schon von frheren Ppsten und Konzilien ausgesprochen, aber nicht vllig durchgefhrt worden war, wollte er bewirken, da die Geistlichen, von jeder Sorge fr ihre Familie befreit, mit Leib und Seele nur der Kirche und ihrem Oberhaupte dienten. Durch das Verbot der Simonie und Laien-Investitur wollte er das Recht zur Einsetzung der geistlichen Fürsten dem Papste allein zusprechen. Dadurch wre in Deutschland (vgl. 194, 203, 21 b) der kniglichen Macht geradezu der Todessto ver-setzt, wren die Grundlagen der Neichsverfassung, wie sie Otto der Groe geschaffen und seine Nachfolger erhalten hatten, im tiefsten Grunde erschttert worden. Daher veranlate dies Verbot den un-heilvollen Investiturstreit. Da nmlich Gregor König Heinrich Iv., der nach altem Brauche Bischofsstellen zu vergeben fortfuhr, mit Kirchenstrafen bedrohte, lie Heinrich, seine Macht berschtzend, durch eine Versammlung deutscher Bischfe zu Worms (1076) den Papst fr abgesetzt erklären. Gregor antwortete mit dem Banne, der den König aus der christlichen Ge-

9. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 148

1845 - Berlin : Klemann
148 Drittes Buch. Siebenter Abschnitt. von den Augen und sie erkannten, daß sie die Lehen, welche sie von der Kirche trugen, verlieren müßten, wenn die Kirche selbst gar keine Reichsgü- ter mehr haben sollte; daß sie aber durch ihre Verbindung mit der Kirche gegen das Königthum die deutsche Nationalität selbst in Gefahr brachten, erkannten sie, von Selbstsucht geblendet, nicht. Viele von den Fürsten, worunter auch Lothar von Sachsen, söhnten sieh nun mit dem Kaiser wieder aus; nur Adalbert von Mainz nicht. Klug lenkte Heinrich V. alsogleich ein, löste zu Gunsten des Bischofs von Würzburg das Herzogthum Franken wieder auf und gab ihm die vielen fränkischen Grafschaften wieder; zur Entschädigung machte er den Konrad von Hohenstaufen zum Markgrafen von Toskana und Herzog von Ravenna. Indessen fachte Adalbert von Mainz unermüdlich die Flammen des Bürgerkriegs an; alle Ordnung war zertrümmert, alles Recht wurde mit Füßen getreten. Da jammerte es die Fürsten endlich des armen Vaterlandes und sie beschlossen, die Ursach' alles Elends, den Kampf des Königs und der Kirche, nicht länger zu dulden. Also verordneten sie im Jahre 1121 zu Würzburg einen allgemeinen Reichs frieden und setzten den Tod darauf, wer ihn bräche. Und wegen des Streits um die Investitur geboten sie, daß er durch unpartheiische Fürsten geschlichtet würde, ohne der Würde des Reichs etwas zu vergeben. Zu Worms kam denn endlich (1122) der Friede zwischen Kaiser und Papst in folgender Weise zu Stande: Der Kaiser überließ das Recht der Investitur dem Papst, gestattete ferner, daß die Wahl der Bischöfe und Aebte fortan einzig und allein der Geistlichkeit, ohne irgend Einmischung der weltlichen Macht, verbleibe, und versprach, Geistlichen und Laien alle mit Unrecht entrissenen Güter zurückzugeben. Dagegen sprach ihn der Papst vom Banne los, und gab ihm das Recht, daß die Bischöfe und Aebte in des Kaisers Gegenwart erwählt werden und die Erwählten von ihm die Belehnung über die Reichsgüter durch den Scepter erhalten sollten, und zwar in Deutschland, bevor sie die Weihe empfingen, in Ita- lien nachher. Dieser Vertrag hieß das „Wormser Concordat." So hatte nun, nach 50 Jahren des Bürgerkriegs, der Kaiser, was des Kaisers, und die Kirche, was der Kirche war. Aber gewonnen hatte eigentlich doch nur die Kirche dabei; denn sie war jetzt unabhängig von der weltlichen Macht, und hielt auch fort und fort die Grundsätze fest, welche Gregor Vii. aufgestellt hatte, nämlich: daß sie über aller weltlichen Macht stehe. Heinrich V. fühlte dies tief und trachtete nun um so eifriger mit der vollen Kraft seines gewaltigen Willens und mit der ganzen Schlauheit sei- nes scharfen Geistes, die Macht der Fürsten zu brechen, die alte Hoheit des Königthums, so wie Frieden und Ordnung im Vaterlande herzustellen. Dennoch konnten ihm allenthalben die Fürsten Trotz bieten; so gewaltig waren sie schon geworden; — dies war die endliche Folge jenes Strebens Heinrichs Iv., das Königthum in eine bloße Gewaltherrschaft zu verwan- deln; seinem Sohne, Heinrich V., aber fehlte, um das Gute zu erwirken, sittliche Würde, die jeder König vor Allem haben muß; weil er selbst keine Treue besaß, war er gegen Jederman stets voll finstern Argwohns; drum war Jedermann auch wider ihn. Das bittere Bewußtsein: sein ganzes Le- den lang fruchtlos gerungen zu haben, und beim Gefühl seiner Kraft den- noch ohnmächtig zu sein, war zugleich die gerechte Strafe für seinen Frevel am Vater. Auch sollte er keine Aelternfreude genießen; kinderlos mußte er sterben. Er verschied zu Utrecht 1125, erst im 44. Jahre seines Alters, und mit ihm erlosch das Geschlecht der fränkischen (oder „salischen") Kaiser, *01

10. Vom Untergange des Weströmischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1894 - Breslau : Trewendt
Heinrich Iv. 1056-1106 69 ohne Beihilfe der Kirche (1043) einen Befehl durch das ganze Reich diesseits und jenseits der Alpen, daß jedermann Frieden bewahren und sich aller Fehden enthalten solle. Erst unter seinem Nachfolger, als dieses weltliche Gebot eines allgemeinen Landfriedens nicht gehörig beachtet wurde, griff man zu dem von der Kirche verbreiteten Gottesfrieden. Alsdann begab sich Heinrich nach Italien, setzte 1046 auf den Synoden von Sutri und Rom die drei Päpste ab, die gleichzeitig durch Simonie auf den Heiligen Stuhl gelangt waren, und erhob an ihrer Stelle nach einander vier deutsche Päpste, durch welche die Macht der Kirche nach den Grundsätzen der Cluniacenser gefördert wurde. § 45. Heinrich Iv. 1056—1106. [Heinrichs Minderjährig* feit 1056—1065.] Mit Heinrichs Iii. Tode trat ein überaus bedeutungsvoller Umschwung in der Stellung des deutschen Königs ein, die von zwei Seiten her ernstlich bedroht wurde, von den deutschen Fürsten, weltlichen wie geistlichen, die auf Kosten der königlichen Rechte eine möglichst große Selbständigkeit in ihren Landschaften anstrebten, und von den römischen Päpsten, die nicht bloß eine unabhängige Stellung neben, sondern über dem Kaiser beanspruchten. Die Zeit für solche Bestrebungen war um so günstiger, als Heinrichs Iii. Sohn Heinrich Iv. bei seinem Regierungsantritt erst 6 jährig war und auch später bei manchen guten Eigenschaften nicht die Charakterfestigkeit zeigte, die für seinen schwierigen Berus so sehr erforderlich war. Heinrich stand die nächsten sechs Jahre unter der Vormundschaft feiner klugen aber schwachen Mutter Agnes von Poitou und wurde dann infolge einer Fürstenverschwörnng bei einem Feste in Kaiserswert (unterhalb von Düsseldorf) durch den Erzbischof Hanno von Köln entführt. Dieser hoffte die Reichsregierung an sich zu reißen und das Königtum zum Vorteile der Fürsten völlig machtlos zu gestalten; die Fürsten bestimmten aber, daß die Regierung der Bischof ausüben solle, in dessen Gebiete sich Heinrich aushielte. So kam es, daß der Erzbischof Adalbert von Bremen allen Einfluß auf ihn gewann, und dieser suchte gerade die Königsgewalt zu erhöhen, um an ihr einen Schutz gegen die mit ihm verfeindeten sächsischen Großen zu haben. Heinrich wurde aber von den Fürsten (1066) zu Tribur gezwungen, seinen Ratgeber zu entlassen, und entging der eigenen Absetzung nur durch einen demütigenden Fußfalt. [Kampf mit den Sachsen.] Trotzdem stand Adalbert dem Könige auch weiterhin zur Seite, und seinem Einflüsse war es wohl zuzuschreiben,

11. Deutsche Geschichte - S. 45

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Heinrich Iv. 1056 — 1106. 45 mehr wurden 1075 die Sachsen geschlagen. Ihre Fürsten unter-^gllb« warfen sich, und Heinrich schien mächtiger als je. § 48. Heinrich Iv. und Papst Gregor Vh. Da geriet der König in Streit mit einem Gegner, der mächtiger als die Sachsen war, mit dem Papste. Die Päpste waren noch unter Heinrich Iii. abhängig vom Kaisertum gewesen. Jetzt aber sah aus dem päpstlichen Stuhle Gregor Vii., der Gregor vii. vorher als Mönch Hildebrand geheißen hatte und aus einem kleinen Orte in Toskana stammte, eine Persönlichkeit von gewaltigem Willen und ungeheuren Plänen. Sein Streben war zunächst darauf gerichtet, eine Reform der Kirche und der Geistlichkeit durchzuführen, sie mit einem streng sittlichen und religiösen Geiste zu erfüllen und von weltlicher Gesinnung fern zu halten; zu diesem Zwecke forderte er die Ehelosigkeit, das Cölibat, der Priester, um sie ganz für die Interessen der Kirche zu gewinnen. Die gereinigte und reformierte Kirche wollte er aber zur Herrscherin über das Weltliche, also auch über den Staat und das Kaisertum machen. Wie der Mond nur leuchtet durch die Sonne, so, sagte er, sind Kaiser und Könige nur durch den Papst, weil dieser von Gott ist. Insbesondere verbot er die Simonie; weiter aber nahm er überhaupt das Recht der Investitur, d.h. der Einsetzung von Bischöfen, für die Kirche in Anspruch und untersagte die Investitur durch Laien. Nun übte aber König Heinrich dieses Recht, wie es seine Vorgänger geübt hatten; denn die deutschen Bischöfe waren ja seit Otto dem Großen nicht nur Kirchenbeamte, sondern auch Reichsbeamte. So entstand zwischen Königtum und Papsttum einer der gewaltigsten Kämpfe, die das Mittelalter kennt, der Jnvestiturstreit. Gregor begann damit, daß er einige Räte Heinrichs Iv. mit dem Bann belegte, da sie Simonie übten; dann bedrohte er den König selbst, wenn er fortfahre Simonie und Investitur zu üben, in einem stolzen Schreiben mit Ausschluß aus der Kirche. Da versammelte der erzürnte König die deutschen Bischöfe zu einer Synode in Worms und ließ durch3tb'ßt|6urt8 sie den Papst für abgesetzt erklären. Der Brief, in dem er dies Gregor Papste», mitteilte, endete mit den Worten: „Ich Heinrich, von Gottes Gnaden König, sage dir mit allen unsern Bischöfen: Steig herab, steig herab!" Darauf antwortete der Papst, indem er über Heinrich den Bann verhängte, ihn Jjjjjjjj seiner königlichen Würde verlustig erklärte und seine Untertanen des Treueides entband. Und dieser Schritt übte eine furchtbare Wirkung aus: die Herzöge von Bayern und Schwaben sowie die Sachsen fielen wieder von dem König ab. Heinrichs Anhang wurde immer geringer; seine Gegner aber luden den Papst selbst ein, über die Alpen zu kommen und zu Augsburg in ihrem Streit mit dem König die Entscheidung zu fällen.

12. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 45

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Heinrich Iv. 1056 — 1106. 45 mehr wurden 1075 die Sachsen geschlagen. Ihre Fürsten unter- Sieg Wer warfen sich, und Heinrich schien mächtiger als je. § 48. Heinrich Iv. und Papst Gregor Vii. Da geriet der König in Streit mit einem Gegner, der mächtiger als die Sachsen war, mit dem Papste. Die Päpste waren noch unter Heinrich Iii. abhängig vom Kaisertum gewesen. Jetzt aber saß auf dem päpstlichen Stuhle Gregor Vii., der Gregor vn. vorher als Mönch Hildebrand geheißen hatte und aus einem kleinen Orte in Toskana stammte, eine Persönlichkeit von gewaltigem Willen und ungeheuren Plänen. Sein Streben war zunächst darauf gerichtet, eine Reform der Kirche und der Geistlichkeit durchzuführen, sie mit einem streng sittlichen und religiösen Geiste zu erfüllen und von weltlicher Gesinnung fern zu halten; zu diesem Zwecke forderte er die Ehelosigkeit, das Cölibat, der Priester, um sie ganz für die Interessen der Kirche zu gewinnen. Die gereinigte und reformierte Kirche wollte er aber zur Herrscherin über das Weltliche, also auch über den Staat und das Kaisertum machen. Wie der Mond nur leuchtet durch die Sonne, so, sagte er, sind Kaiser und Könige nur durch den Papst, weil dieser von Gott ist. Insbesondere verbot er die Simonie; weiter aber nahm er überhaupt das Recht der Investitur, d. h. der Einsetzung von Bischöfen, für die Kirche in Anspruch und untersagte die Investitur durch Laien. Nun übte aber König Heinrich dieses Recht, wie es seine Vorgänger geübt hatten; denn die deutschen Bischöfe waren ja seit Otto dem Großen nicht nur Kirchenbeamte, sondern auch Reichsbeamte. So entstand zwischen Königtum und Papsttum einer der gewaltigsten Kämpfe, die das Mittelalter kennt, der Jnvestiturstreit. Gregor begann damit, daß er einige Räte Heinrichs Iv. mit dem Bann belegte, da sie Simonie übten; dann bedrohte er den König selbst, wenn er fortfahre Simonie und Investitur zu üben, in einem stolzen Schreiben mit Ausschluß aus der Kirche. Da versammelte der erzürnte König die deutschen Bischöfe zu einer Synode in Worms und ließ durch sie den Papst für abgesetzt erklären. Der Brief, in dem er dies Gregor Absetzung des mitteilte, endete mit den Worten: „Ich Heinrich, von Gottes Gnaden König, Wte8' sage dir mit allen unsern Bischöfen: Steig herab, steig herab!" Darauf antwortete der Papst, indem er über Heinrich den Bann verhängte, ihn Heinrich seiner königlichen Würde verlustig erklärte und seine Untertanen des Treu-9e6annt' eides entband. Und dieser Schritt übte eine furchtbare Wirkung aus: die Herzöge von Bayern und Schwaben sowie die Sachsen fielen wieder von dem König ab. Heinrichs Anhang wurde immer geringer; seine Gegner aber luden den Papst selbst ein, über die Alpen zu kommen und zu Augsburg in ihrem Streit mit dem König die Entscheidung zu fällen.

13. Die Geschichte des Mittelalters - S. 250

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
250 Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 751-1096. König von Frankreich gewissermaßen als Nachfolger Karl's des Großen und forderte ihn in diesem Sinne auf, die Kirche in ihrer Noth zu vertheidigen. In Chllons an der Marne traf sodann der Papst mit seinem französischen Gefolge auf die Gesandten des deutschen Königs, und man verhandelte wegen der Laien-Jnvestitur, hinsichtlich deren sich die Deutschen auf ein altes Herkommen beriefen, der Papst aber bei dem Principe stehen blieb die Kirche sei von Christo erlöst und frei, sie dürfe durch kein menschliches Recht zur Sclavin gemacht werden. Endlich entschloß sich der Papst um nur sein Princip der Unrechtmäßigkeit der Laien-Jnvestitur nicht aufgeben zu dürfen, zu dem Erbieten, die Kirche wolle auf weltliche Güter, für welche sie der Investitur seither bedurft habe und die seit Karl dem Großen an sie gekommen seien, verzichten, wenn Heinrich auf die Investitur verzichte. Unter solchen Bedingungen verzichtete Heinrich recht gern; die Kirche würde dadurch ganz hülflos geworden sein. Der Papst empfing Heinrich, als er 1111 in Rom ankam, in der Peterskirche und verlangte, nachdem die hergebrachten Begrüßungen vorüber waren, eine schriftliche Entsagung aus das Recht der Investitur. Der König erklärte zuletzt, wenn der Papst vorher eine ähnliche schriftliche Resignation aus die weltlichen Güter und Regalien der Kirche geben wolle, solle er die seinige auf die Investitur haben. Als sich der Papst dessen weigerte, ward er mit allen seinen Geistlichen gefangen genommen. Das römische Volk, auf's äußerste erbittert, erhob sich gegen die Deutschen, ermordete alle, die in der Stadt getroffen wurden, und am andern Tage griffen die Römer sogar das königliche Lager an, wurden aber gänzlich geschlagen. Heinrich zog sich dann von der Stadt weg nach den Gebirgen. Er erklärte, daß die Investitur keineswegs geistliche Rechte geben, sondern nur die weltlichen Güter verleihen solle, und der Vertrag ward dahin geschlossen, die Geistlichen sollten zwar frei gewählt, aber nicht eher geweiht werden, bis sie auch investirt seien. Der Papst solle den König krönen und sich wegen des Vergangenen nicht rächen; dagegen erhielten er und seine Geistlichen die Freiheit wieder. Der Papst bestätigte das Jnvestiturrecht sogar durch eine besondere Bulle und krönte hierauf den König zum Kaiser. Die Folge für den Papst war, daß die in Rom zurückgebliebenen Geistlichen ihn einen Feind der Kirche nannten und durch einen feierlichen Beschluß den Vertrag des Papstes mit dem Kaiser für erzwungen und ungültig erklärten. Ein Concilium, das Pafchalis im Frühjahre 1112 zusammenberief, bestätigte diese Sentenz und vernichtete somit alle Folgen, welche die lieberem-kunft hätte haben können. Das Verhältniß des Papstes zum Kaiser wurde noch verwickelter, als nach dem Tode der Markgräfin Mathilde Beide die Güter derselben, der Kaiser wenigstens die Reichslehen, der Papst wenigstens das Allode, in Anspruch nahmen, und da sich die Besitzungen nach dieser Seite hin nicht mehr scharf trennen ließen, Beide sich des Ganzen zu bemächtigen suchten. Der Papst nahm nun überdies aus einem Concilium, im Jahre

14. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. IX

1845 - Berlin : Klemann
Inhalt. Ix Abschn. 8. Weltherrschaft dreht sich um Italien und Rom als Mittelpunkt. Die Krone nicht erblich, aber vorzugsweise beim Stamme der Kaiser- gelassen ..................,......................................... Kaiser Heinrich Ii. Höheres Emporwachsen der geistlichen Macht und des Städtewesens. Weitere Entwickelung des Ritterthums. Erlöschen des sächsischen Stanunes................................... Nach Chr. ©. 973-1002 J 1002-1024 Seite 98 .Ol 102 Drittes Buch. Das Kaiserthum in seiner Blüthe; seine Kämpfe mit der Hierarchie und sein Verfall . . . . Absch». 1. Kaiser Konrad Ii. (der Salier). Streben nach Herstellung des königlichen Ansehens und der Reichs-Einheit. Gegenbestrebungen der Fürsten und Großen. Die Macht der Herzoge wird erschüttert. Ausbildung des Lehnweseus zu Gunsten der niederen Vasallen . . 2. Kaiser Heinrich Iii. Bestrebungen, die Macht der Fürstenhäuser zu schwächen, die königliche Hausmacht zu vergrößern, die Königs- Würde erblich zu machen. Der Gottesfriede gegen das Faustrccht. Bestrebungen zur Reinigung der Kirche und zu ihrer Einigung mit dem Staate. Das Kaiserthum auf dem höchsten sichtbaren Gipfel des Ansehens und der Macht; die römische Hierarchie unbeachtet desgleichen.................................................... ¡1024-1273| 1024-1039 1039-1056! 3. Jugendzeit des Königs Heinrich Iv. Widerstand der Sachsen gegen den Mißbrauch der königlichen Gewalt (zugleich aus der alten Wurzel des Stammhasses gegen die Franken). Der König ruft die Autorität des Papstes für Staatsangelegenheiten und erkennt jene dadurch an ...................................................... 1056-1075 4. 5. 6. 7. 8. Die römische Hierarchie tritt als Beschützerin der politischen Freiheit auf. Papst Gregor Vii. übernimmt selbst die Sorge für die Reinigung der Kirche, setzt den Eölibat ein, eröffnet den Kamps um die Investitur und spricht das vermeintliche Oberrecht der Kirche über alle weltliche Gewalt aus. Das Volk für den König, die Fürsten für den Papst. Gegenkönig Rudolf. Heinrichs Iv. Absetzung durch den Papst, Demüthigung in Canossa, Erhebung und Kaiserkrönung. Die Hierarchie setzt den Kampf fort. Gegen- könig Hermann .... . . 1076-1095 Erregung des Abendlandes durch die ersten Kreuzzüge. Erobe- rung Jerusalems. Gottfried von Bouillon .... . . 1095-1099 Fortsetzung des Kampfes zwischen Hierarchie und Kaiserthum. Aus- bildung der Politik der Hierarchie; sie bewaffnet den Sohn gegen den Vater. Der Grundsatz: „der Zweck heiligt das Mittel", zum erstenmal thatsächlich dargethan ■ Ni ‘U,. 1097-1106 Kaiser Heinrich V. — Beendigung des Jnvestiturstreites. Das salische Kaiserhaus erlischt 1106-1125 Die allgemeine Wählfreiheit auf einen Ausschuß von zehn Fürsten beschränkt. Lothar (von Sachsen) zum König erwählt. Die ur- alte Spannung zwischen Franken und Sachsen erneut sich; damit verzweigt beginnt die zwischen den Hohenstaufen und Welsen . . 1125-1137 110 110 116 124 131 138 140 143 149

15. Leitfaden und Lesebuch der Geschichte für Schulen - S. 22

1873 - Berlin : Prausnitz
22 Dritte Stufe. (I. 164), verordnete Conrad den Gottesfrieden: von Mitt-woch Abend bis Montag frh sollten alle Fehden ruhen, 6et Strafe des Bannes und der Acht. Um die Uebermacht der dem kaiserlichen Regiment oft hinderlichen groen Lehen zu brechen, erklrte er die kleinen Lehen erblich. Er gewann dem deutschen Reich das schne Knigreich Burgund, mit Toulou, Lyon, Marseille, Genf, Lausanne ic. Sein Stiefsohn Ernst von Schwaben, der sich mit andern Grafen verbunden wider ihn emprte, starb in Bann und Acht. Conrad starb 1039 und wurde im Dom zu Speier, den er selber gegrndet hatte, bestattet. Ihm folgte H ein-rich Iii. (bis 1056), dann Heinrich Iv. (bis 1106). (1075. 1077 Canoffa. 1080 Merseburg. 1085 + Gregor Vii.) 1.155. Uhland, Ernst von Schwaben (Drama). G. Schwab, Kaiser Heinrichs Waffenweihe. *S tolterfoth, Kaiser Heinrich Iv. auf der Flucht in Hammerstein. Schloenbach, des deutschen Kaisers Leiche. 2. Heinrich V. hatte mit dem Papste Paschalis einen langen Streit der das Recht der Investitur, der erst 1122 durch das Wormser Concordat dahin beendigt wurde, da der Kaiser knftig keinen Bischof ober Abt mit Ring und Stab zu belehnen, auch den geistlichen Wahlen nicht einzu-reben versprach, boch sollten Bischfe und Aebte in Gegenwart des Kaisers ober seines Gesandten gewhlt und wegen der vom Kaiser erhaltenen weltlichen Gter und Rechte (Re-galien) von ihm mit dem Scepter belehnt werden. Noch viele andere Kmpfe hatte Heinrich zu führen, doch bestand er sie mit Kraft und meist mit Glck. Er starb 1125. "Max von Oer, die Glocken von Speier. 3. Durch und seit Gregor Vii. wrbe auf Jahrhunderte die Kirche die Oberherrin der den Kaiser und den Staat. Kaiser, Könige und Fürsten, behauptete er, trugen ihre weltliche Macht nur zu Lehen vom Papste, gleichwie die Sterne ihr Licht von der Sonne empfingen, die geistliche Herrschaft stehe der der weltlichen, wie auf dem Reichsapfel der der Erdkugel das Kreuz. Und der Geist der Zeit kam diesem Streben entgegen. Gregor machte auch die Papstwahl durch das Cardinals-Collegium von dem kaiserlichen Einflu frei und gab dem Papste seine Stellung der den Concilien. Doch fhrten diese Ansprche zu nie ruhenden Kmpfen zwischen der geistlichen und weltlichen Obergewalt, und die Hereinziehung des weltlichen Elements in das geistliche Regiment ward diesem in der Folge zum Verderben und der Entwickelung des Reiches zu Verwirrung und Unsegen.

16. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 395

1894 - Gera : Hofmann
I. Heinrich Iv. 3. Heinrich Iv. und Gregor Vii. 395 Geistlichen mit Ring und Stab der Übertragung weltlicher Lehen gleichkam. Eine Scheidung des kirchlichen Hirtenamtes und der weltlichen Herrschaft war bis dahin noch unbekannt. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn die römischen Synodalbeschlüsse die christliche Welt in die größte Aufregung brachten, wenn Klerus und Laien sich zum Kampfe rüsteten. Durch die Forderung, daß fortan kein Bischof oder Abt von Königen oder Kaisern, von Herzögen oder Grafen mit Ring und Stab belehnt werde, warf Gregor der gesamten weltlichen Macht den Fehdehandschuh hin; „der uralte, staatsrechtlich gewordene Lehnsverband zwischen Laien und Geistlichen sollte nun mit Eins zerrissen, der Klerus aus dem Feudalsystem völlig herausgenommen werden." Die Kirche sollte von jeder Abhängigkeit vom Staat befreit sein und doch im Besitz ihrer Reichsgüter verbleiben! Die Durchführung dieses Gesetzes hätte halb Europa dem Papste unterworfen, die reichsten Güter und Städte in kirchliche Lehen verwandelt. Gregor selbst mochte die Unausführbarkeit des Gesetzes gegen die Laieninvestitur einsehen. Wenigstens hielt er mit der Bekanntmachung desselben anfangs zurück. Er wollte es zunächst nur als Schreckbild gegen König Heinrich gebrauchen, damit dieser in Unterwürfigkeit gehalten würde und dem römischen Stuhl zum Siege in der Lombardei verhelfe. Ließ sich der kluge Kirchenfürst, der bei allem Reformeifer wohl erkannte, daß man den realen Verhältnissen, den Gewohnheiten und bestehenden Rechten einige Rechnung tragen müsse, schon bei dem Gebote des Cölibats auf Konzessionen ein, so konnte er noch weniger daran denken, das Gesetz gegen die Laieninvestitur in seiner ganzen Folgerichtigkeit durchzuführen. Ohne das Recht, die Bischöfe und Äbte in ihre Reichslehen einzusetzen und sie dadurch zum Dienst und zur Treue gegen die Krone zu verpflichten, war das Ansehen und die Rechtsgewalt des Königs in den geistlichen Territorien gänzlich vernichtet, war die weltliche Macht in ihren Grundfesten erschüttert, in ihren innersten Fugen aufgelöst. Heinrich nahm daher auch auf das neue Gebot keine Rücksicht, sondern fuhr fort, Bistümer und Abteien nach freiem Willen zu besetzen, ohne daß er von dem Papst, dem bei dem heftigen Widerstand gegen die römischen Synodalbeschlüsse ein behutsames Vorschreiten rötlich erscheinen mochte, gehindert worden wäre. Denn gerade damals hatte sich in Italien selbst eine mächtige Opposition gegen den Papst erhoben. In Mailand erlangten die Anhänger der alten Ambrosianischen Kirchenordnung die Oberhand. Nicht minder drohend und mächtig war die Opposition gegen Gregor in Rom selbst. Alle Priester, die mit Frauen zusammenlebten oder die kirchlichen Einkünfte zu Privatzwecken mißbrauchten, waren ergrimmt über das neue Kirchenregiment, das ihnen die so lange genossenen Vorteile rücksichtslos entzog. Sie erhielten gewandte Führer in dem wankelmütigen Kardinal Hugo, der einst die Erhebung Hildebrands so eifrig betrieben, dann aber, weil er für seine Dienste nicht den erwarteten Dank erhalten, sich in leidenschaftlichem Hasse von ihm gewandt hatte, und in dem römischen Edelmanne Cencius, dessen gewalttätigem Treiben Gregor ein Ende machte. Es dauerte nicht lange, so reichten sich die Führer der Opposition in

17. Tabellarischer Leitfaden der Geschichte - S. 23

1906 - Berlin : Nicolai
2. Zeitalter der Entwicklung von Kaisertum und Papsttum. 23 Konrad strebt nach Erblichkeit des Königtums; er zieht die großen Herzogtümer an sich und erklärt die kleineren Lehen in 1037 Italien für erblich (Constitutio de feudis). 1039—56 Heinrich Iii., der besonnenste und tatkräftigste Kaiser. Abhängigkeit des Papsttumes (die „deutschen Päpste"), der Herzöge und der Nachbarreiche (Polen, Ungarn). Das Reich hat seine größte Ausdehnung, das Kaisertum sein höchstes Ansehen. Reform der Kirche (angeregt von dem Kloster Klnny) begonnen durch gemeinsames Streben von Papsttum und Kaisertum, fortgesetzt vom Papsttume (Hildebrand). 1056—1106 Heinrich Iv. unter Vormundschaft seiner Mutter (Agnes), später des strengen Erzb. Anno von Köln (und des Erzb. Adalbert von Bremen). 1066 Wilhelm d. Eroberer, Herzog der Normandie, erobert England durch die Ritterschlacht bei Hastings. Empörung der Sachsen; Bayern kommt an die Welsen. Heinrich siegt über die Sachsen bei Hohenburg (Unstrut). Beginn des Kampfes mit dem nach Unabhängigkeit ringenden 1073—85 Papsttume: Gregor Vii., der gewaltigste Papst, verbietet Simonie (Kauf geistlicher Stellen), Priesterehe und Investitur (Belehnung mit geistlichen Stellen durch Laien vermittelst Ring und Stab). Heinrich läßt den Papst absetzen (in Worms); er wird gebannt und durch die Fürsten suspendiert. 1077 Heinrichs Buhe und Lossprechung in Kanossa. Die Fürsten setzen ihn ab und wühlen Rudolf von Schwaben, welches Heinrich an die Hohenstaufen gibt. Heinrich belagert den Papst in der Engelsburg; Gregor stirbt in der Fremde (Salerno). Gregors Nachfolger Urban Ii., von der Markgräfin Mathilde von Tuscien unterstützt, bleibt dem Kaiser überlegen. Abfall feines Sohnes Konrad. Der Kaiser wird von seinem Sohne Heinrich bekämpft und muß abdanken (Ingelheim). Er stirbt unter Kricgsrüstungen. 1106—25 Heinrich V. nimmt den Papst (Pascha! Ii.) in Rom gefangen (Vertrag von Sntri 1111). 1122 Das Wormser Konkordat schlichtet den Jnvestitursteit; der Kaiser belehnt die deutschen Bischöfe (und Äbte) mit den weltlichen Hoheitsrechten durch das Zepter vor der kirchlichen Investitur. — Tatsächliche Anerkennung der Gleichberechtigung des Papsttums mit dem Kaisertums

18. Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Heinrich Iv. 1056 — 1106. 69 Worms; auch blieben ihm die meisten Bischöfe treu. Zum ersten Male traten die Bürger der Städte als eine besondere Macht in der deutschen Geschichte hervor. Im Rosengarten, von dem die Dichtung erzählt, und in seinen Weingärten lag der Grund zu seinem aufblühenden Reichtum: der Weinhandel hat die Städte am Rhein groß gemacht. An der Spitze eines Heeres stehend, schloß Heinrich mit den Sachsen einen Vertrag, mtffi wonach sie gegen das Versprechen der Amnestie und der Niederreißung Sachen, der Burgen zum Gehorsam zurückkehrten. Aber die Kirchen- und Gräberschändung, deren sich die sächsischen Bauern bei der Zerstörung der Harzburg schuldig machten, führte einen Umschwung in der Stimmung der Fürsten herbei. Mit einem starken Heere konnte Heinrich im nächsten Jahre im Felde erscheinen; das von Otto von Nordheim geführte sächsische Heer wurde bei Aimg Hohenburg an der Unstrut völlig geschlagen; auf Gnade und ttn-^otö.6" gnade unterwarfen sich die Sachsen. Stärker als je schien Heinrichs königliche Gewalt dazustehen, stärker wurde die Furcht vor dem leidenschaftlichen Manne. §62. Heinrich und Gregor Vll. 1076—1085. Indessen hatte ^ vn. jener Hildebrand, der seit Nikolaus Ii. der päpstlichen Politik die 1085. Richtung gegeben hatte, als Gregor Vii. den päpstlichen Stuhl bestiegen. Er stammte aus einem Städtchen in Toskana, war zuerst als Kaplan Gregors Vi. emporgekommen und hatte sich ganz den kluniazen-sischen Ideen angeschlossen: die Kirche innerlich zu reformieren und mit dem Geist der Askese zu erfüllen; sie zu einer geschlossenen, universalen Organisation unter dem Papste, dem Stellvertreter Christi, als ihrem Haupte zu vereinigen; sie von dem weltlichen Staat nicht bloß unabhängig zu machen, sondern über ihn zu erheben und die Herrschaft des Gottesstaates über alles Irdische, die Lehnshoheit des Papstes über die Christenheit zu begründen. Um die Geistlichkeit von allem Weltlichen hinweg und der Kirche zuzuwenden, ordnete er die allgemeine Durchführung des C ö l i b a t s, der Ehelosigkeit der Priester, an; um die Kirche unabhängig vom Staat zu machen, verbot er nicht allein die Simonie, sondern stellte bereits 1075 den Grundsatz auf, daß die Investitur der Bischöfe durch Laien gegen Gottes Gesetz sei. Nun waren die Bischöfe aber nicht nur Beamte der Kirche, sondern seit Ottos des Großen Regierung zugleich Reichsbeamte und mit Reichsgut und Hoheitsrechten ausgestattet; der deutsche König vermochte ihre Ernennung nicht dem Papste zu überlassen.

19. Teil 2 - S. 129

1887 - Hannover : Helwing
Heinrich Iv. 129 Durch besondere Gesandte und besonders durch die Mönche ließ er das gemeine Volk so gegen die verheirateten Priester aufreizen, daß diese an manchen Orten gemißhandelt wurden. Etwa hundert Jahre später war das Gesetz allgemein durchgeführt. Das dritte und wichtigste Gesetz war gegen die Lai eninvestitur gerichtet. Äbte und Bischöfe wurden nämlich wie Lehnsleute angesehen; denn mit ihrem Amte empfingen sie zugleich große weltliche Besitzungen. Wie die weltlicken Lehnsleute als Zeichen der Belehnung eine Fahne, so erhielten Äbte und Bischöfe als solches Zeichen Ring und Stab, und das nannte man Investitur, d. i. Bekleidung. Der Ring deutete die Vermählung mit der Kirche, der Stab das geistliche Hirtenamt an. Bisher war diese Belehnung durch die weltlichen Fürsten erfolgt. Gregor Vii. bedrohte nun alle Geistlichen mit dem Bann, welche sich von einem Laien die Investitur erteilen ließen, desgleichen die Fürsten und Herren, welche sie erteilten; nur dem Papste sollten jene ihre Erhebung verdanken, nur ihm den Eid des Gehorsams leisten. Durch dieses Gesetz wurde allerdings mancher Mißbrauch verhindert, der bisher mit der Übertragung geistlicher Ämter an Unwürdige — meistens durch Simonie — getrieben war; aber es wurden durch dasselbe auch die Rechte der weltlichen Fürsten verletzt. Die deutschen Erzbischöfe und Bischöfe beherrschten Gebiete von dem Umfange eines Königreichs oder Herzogtums, und manche Abteien oder Klöster übertrafen an Land und Einkünften Grafschaften und Fürstentümer. Der deutsche König fand in den geistlichen Lehnsträgern seine Hauptstütze; sie führten nicht nur die Reichsgeschäfte, sondern stellten auch einen ansehnlichen Teil des Reichsheeres. Die Durchführung des Gebots der Laien-inveftitur hätte den Papst zum Herrn über den dritten Teil aller Güter der christlichen Länder gemacht und die Lehnspflicht der geistlichen Fürsten aufgehoben. Aber Gregor wollte die Kirche nicht allein neben, sondern über die höchste weltliche Macht stellen; sie sollte nur Gott und sein Gesetz über sich haben. Unter ihr sollten alle christlichen Staaten als Glieder eines Leibes bestehen bleiben, sich aber nur auf das weltliche Regiment beschränken; die weltlichen Fürsten sollten von dem Papste als dem Statthalter Christi auf Erden abhängen; er sollte ihr Schiedsrichter und oberster Lehnsherr sein. Wie der Mond sein Licht von der Sonne erhält, so sollten Kaiser und Könige vom Papste abhängig sein. „Wenn ihr," so sprach Gregor (1080) zu seinen versammelten Bischöfen, „über Geistliches richtet, wieviel mehr müßt ihr nicht über Weltliches Macht besitzen!" Heinrich Iv. hatte bisher bei der Einsetzung von Bischöfen nicht immer, wie sein Vater, die Würdigsten gewählt, sondern oft seinen eigenen Vorteil dabei im Auge gehabt; seine Räte hatten sich auch von einigen Bewerbern um geistliche Ämter Geld zahlen lassen. Der Papst that deshalb mehrere deutsche Bischöfe und einige Räte des Königs in den Bann; aber Heinrich ließ sie trotzdem in ihren Ämtern. Dagegen hielt er viele Bischöfe und weltliche Fürsten, welche an dem Aufstande der Sachsen teilgenommen hatten, noch immer gefangen, so daß sich zuletzt die Sachsen um Hülfe an den Papst wandten. Dieser ließ Heinrich ermahnen, die Gefangenen freizugeben, und da dies nichts fruchtete, schrieb er ihm 1075, als Heinrich Gesandte nach Rom schickte, um wegen der Kaiserkrönung Verhandlungen anzuknüpfen, er solle seine gebannten Räte entlassen, sich durch die Investitur keine Eingriffe in die Rechte der Kirche erlauben und für seine bisherigen Vergehen Hossmeyer und Hering, Handbuch. 2. Teil. 9

20. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 145

1845 - Berlin : Klemann
145 Heinrich V. (1106-1125.) er Lager und musterte nach deutschem Königsbrauch das Reichsheer. Voll Schrecken vor seiner Macht schickten ihm alle Städte Lombardiens, bis auf Mailand, kostbare Geschenke und alle Fürsten kamen mit ihren Kriegsleuten zu ihm, nux die mächtige Markgräfin Mathilde kam nicht; vergeblich suchte der König diese beharrliche Freundin der römischen Kirche für sich zu ge- winneu; vorsichtig zog sie sich zurück, aber auch Heinrich war so klug, ihr den Besitz ihrer Länder zu bestätigen. Langsam rückte er hierauf mit seinem Heer gen Rom heran, zerstörte die trotzige Stadt Arezzo und schickte nun seinen Kanzler, den Grafen Adalbert von Saarbrück, einen klugen und in Staatsgeschäften geschickten Mann, als Gesandten an den Papst. Dieser befand sich damals in großer Bedrängniß, blieb jedoch standhaft bei seinen Anforderungen, und wollte das Recht der Investitur dem König durchaus nicht zurückgeben. Da sprachen Heinrichs V. Gesandte: „Seit 500 Jahren haben die deutschen Könige dies Recht geübt, und von 03 Päpsten hat kein einziger es geleugnet. Gäb' es aber der König jetzt auf, so käme ja alles Reichs gut an die Kirche, und das Ansehn des Königs ginge völlig zu Grunde, zum größten Schaden des Reichs. Wollten jedoch die Geistlichen mit der weltlichen Macht nichts mehr zu schaffen haben, dann würden sich auch die Laien nicht mehr mit geistlichen Sachen zu befassen brauchen." Da erwiederte der Papst, wie durch plötzliche Eingebung Gottes: „Die Geistli- chen sollen sich auch nicht mit weltlichen Dingen befassen, das ist gegen den Geist ihrer Einsetzung. Zehnten und Opfer sollen ihnen genug sein. Die Kirche will ja bloß ihre ursprüngliche Freiheit und Reinheit und Würde wieder haben!" Ueber diese unerwartete Wendung der Sache war der Kö- nig hocherfreut und sprach: „Wohlan, die soll sie erhalten, wenn sie dem Reiche alle jene Güter zurückgibt, welche sie durch fromme Schenkungen der Könige erhalten hat, die Herzogthümer, Markgrafschaften, Grafschaften und Vogteien, die Städte und Vesten, Höfe und Dörfer und Ritterschaft des Reichs, die Münze, die Märkte und Zölle, kurz alles, was man „Regalien" heißt; — dann will ich gern eidlich auf das Recht der Investitur Verzicht leisten, und frei, ohne Einmischung der weltlichen Macht, soll die Geistlich- keit die Bischöfe und Aebte erwählen." Damit war der Papst völlig ein- verstanden, weil ihm damals kein anderes Mittel zum Zweck blieb, und ge- lobte dem König, ihn zum Kaiser zu krönen. Heinrich V. setzte aber vor- sichtig noch die Bedingung dazu, daß sowohl die deutschen Reichsfürsten, als auch sämmtliche Mitglieder der Kirche zu dem Vertrag ihre Einwilligung geben sollten. Hierauf zog er nach Rom und begab sich in die Peterskirche, wo der Vertrag erfüllt und die Kaiserkrönung vollzogen werden sollte. Als nun der Papst den versammelten Bischöfen und Aebten gebot, alle Reichs- güter dem Könige zurückzugeben und sich fürder bloß mit geistlichen Ange- legenheiten zu beschäftigen, riefen sie, überrascht und erzürnt: „Das darf der Papst nicht gebieten, das ist Ketzerei." Der schlaue König aber, welcher ihren Widerspruch vorausgesehen hatte, drang fest darauf, haß die Kaiser- krönung dessenungeachtet vollzogen werde; denn er für seine Person — (so sagte er) wolle ja der Kirche nichts nehmen. Der Papst zögerte jedoch, ihn zum Kaiser zu krönen; da ließ Heinrich V. ihn und die Kardinäle mit Kriegsvolk umstellen und gefangen wegführen. Voll Wuth erhoben nun die Römer noch in der Nacht einen Aufstand, und am andern Morgen ent- brannte ein offener Kampf; dafür übte der König grimmige Nacbe an ihnen; das Morden währte drei Tage lang; den Papst und die Kardinäle ließ er in feste Schlösser bringen und dort streng bewachen. Standhaft weigerte Dul lcr's Gcsch. d. dtutschrn Volkes. — Schul-Au6g. a n