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1. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 240

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
240 ging weiter. Er forderte von den schlichten Männern ein tiefes Nachdenken, ein ernstes Sinnen über weltliche und geistliche Dinge. Die Glanzzeit der deutschen Geschichte, die sie durchforschten, um Stoffe für ihre Lieder und ,Gesätze' zu finden, erfüllte sie mir Begeisterung; das eifrige Studium der Bibel zeigte ihnen die Irrlehren und Mißbrauche der Kirche in so greller Beleuchtung, daß sie entsetzt sich abwandten und mit Hellem Jubel die reformatorischeu Bestrebungen Luthers und seiner Freunde begrüßten. Gerade in den Kreisen der Meistersänger fand die Reformation ihre wärmsten Freunde. Einer der begeistertsten war der Schuhmachermeister Hans Sachs, der das Lied von der wittenbergischen Nachtigall sang. — Vergessen werden darf auch nicht, daß die Meister-sänger sich um die Erhaltung der Volkslieder verdient gemacht haben. Eine Zeit des ernstesten Kampfes, der je die Welt erschüttert hat, bereitete sich vor. Alles drängte zur Entscheidung hin, ob die Macht der Finsternis das edle deutsche Volk noch länger in seinen Fesseln halten, oder aber die Ostersonne der Freiheit ihm ausgehen sollte. Denn nicht die Willkür, die aus den der Menschennatur gezogenen Schranken gewaltsam hervorbricht und die Unnatur auf den Thron erhebt, kann das Ziel der Entwicklung sein, sondern einzig und allein die Beseitigung aller Hindernisse auf dem Wege, der den Menschen zu seinem Urquell zurückführt, von dem er ausging und in dem er sich vollendet. ,Zurück zu Gott!" das war das große Ziel einer Bewegung, die aus biesem Grunbe die Reformation genannt wirb Höher und hoher steigt ihr Bilb über dem Horizont empor: unter den Strahlen ihres göttlichen Lichtes schmelzen die Banbe, welche den Fuß des Wanberers, der nach seiner Heimat verlangt, festhalten wollen; der Sturm einer heiligen Begeisterung stürzt die Mauern, die dem Blicke des hilflosen Kinbes das Vaterhaus verhüllen, und der allgewaltige Strom des neuen Lebens spült die Brücken und Stege hinweg, die geistlicher Hochmut aus dem wurmstichigen Holze eigener sehlsarner Meinungen von der Erbe zum Himmel geschlagen hatte. Frei wallt die Flut und spiegelt in den Wogen Die Brücke, die der Schöpfer selbst gezogen, Und drüber hin zieht, frei vom Erdenstaube, Erlöster Menschen frommer Kindesglaube. Fr. Dr. Druck von Julius Belh in Langensalza.

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1. Bd. 2 - S. 177

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 686. von der Reformation bis zum Zeitalter Ludwigs Xiv. 177 §. 686. Kirchenlied. Wir haben bereits (§. 573) erwähnt, wie das Anstimmen eines neuen Kirchenliedes häufig das Signal zur Einführung der Reformation geworden. Diese tiefe Bedeutung des religiösen Gesanges auf das Gemüth der Menschen erkannte die poetische und musikalische Natur des deutschen Reformators sehr bald; er machte darum den Deutschen Kirchengesang zu einem wesentlichen Bestandtheile des evangelischen Gottesdienstes und regte durch That und Wort zur Abfassung geistlicher Lieder an. Er übersetzte ältere lateinische Kirchengesänge, bearbeitete Psalmen und dichtete geistliche Lieder, wobei er den kühnen Schritt und den gedrungenen Ausdruck des mehr im Süden einheimischen Volklieds beibehielt und einfache, leicht faßliche Melodien theils selbst com-ponirte, theils den Hussiten entlehnte. Sein Beispiel und seine Anregung erweckte Nacheiferung. Dichter und Sänger, hingerissen von dem gewaltigen Geiste der Zeit, widmeten ihre Kräfte dem geistlichen Liede und bahnten dem Evangelium den Weg zum Volke, dessen Gemüth und Phantasie durch die neuen religiösen Gesänge mächtig ergriffen ward. Während man auf Reichstagen und in Religionsgesprächen über die evangelische Kirchenlehre stritt, führte das deutsche Kirchenlied mit seinen ernsten, einfachen Chorälen Taufende dem Evangelium zu. In Kirche und Haus, im stillen Kämmerlein und auf der lauten Gasse erschallten Psalmen und geistliche Lieder. Ein neuer Vslksgesang, an kunstloser Form und einfachem Bau dem alten Volkslied verwandt, aber mit religiösem Inhalt, in dem sich Zuversicht und heiteres Gottvertrauen aussprach, brach sich breite Bahn. Das Kirchenlied weckte in den Herzen des Volks religiöse Empfindung; es gab der Stimmung und dem Gefühle Ausdruck, es riß die Menge zur Begeisterung hin. Die ältesten und kräftigsten Lieder waren der Erguß einer augenblicklichen Empfindung, einer herrschenden Stimmung; sie waren Gelegenheitsgedichte, in denen sich häufig die kirchlichen und politischen Zustände der Zeit, die religiösen Meinungen, die geistigen Kämpfe abspiegelten. In der Noth erflehen sie Hülfe vom Himmel; in Kummer und Trübsal gewähren sie Trost durch Erweckung der Hoffnung und Zuversicht in Gott; im Glück athmen sie Gefühle des Dankes. Die ältesten Kirchenlieder ahmten in Ton und Haltung, ja nicht selten auch in der Melodie Volkslieder der Zeit nach, z. B.: „O Welt, ich muß dich lassen"; „Herzlich thut mich verlangen"; „Ach Gott vom Himmel sieh' darein!" u. a. m. Anfangs war die geistliche Dichtung vorzngsweise in den Händen der protestantischen Geistlichen (Erasmus Alberus, -j- 1553; Panl Speratus: „Es ist das Heil uns kommen her!"; Nie. Deeius: „Allein Gott in der Höh sei Ehr!"; Mich. Weiß, + 1540, der die Hussitischen Lieder übersetzte); als aber die religiösen Angelegenheiten so vorherrschend wurden, daß sie alle anderen Interessen und Gefühle zurückdrängten, versuchten stch Leute aus allen Ständen darin. Hatte dies einerseits die Wirkung, daß der Volksgesang durch das Evangelium geheiligt und geläutert ward, so führte es auch anderseits eine massenhafte Vermehrung der geistlichen Lieder herbei, wodurch dann bald eine Scheidung in eine gemüthlich weltliche und eine feierlich kirchliche Richtung eintrat. Die eine, mehr weltliche Gattung, als deren Vertreter üftic. Hermann (f 1561), Cantor in Joachimsthal, und Ringwaldt gelten können, lehnte sich an das Volkslied an und war mehr für das Haus als die Kirche geeignet, indem sie in traulichem, einfachem Tone die Empfindungen des Menschen bei den Wechselfällen des Lebens aussprach, stch allen Ständen anpaßte, auf alle Lagen einging ; die zweite, mehr feierliche und darum beim Gottesdienst angewendete Gattung schloß sich an die Psalmen an und wurde vorzugsweise von Gelehrten und Geistlichen gepflegt. Die schlichte und natürliche Uebertragung des ganzen Psalter von Bur kard Waldis wurde am Ende des Jahrhunderts durch die mehr kunstgerechte des Königsbergers Lob Wasser verdrängt, der zuerst von der lutherischen Bibelsprache abging und den Ueber-gang zu Opitz bildet. Auch im siebenzehnten Jahrhundert war das Religiöse noch so vorherrschend, daß das Kirchenlied ein Hauptbestandtheil der Dichtkunst blieb; doch nahm dasselbe in Ton und Behandlungsart verschiedene Gestalten an. Paul Gerhard aus Sachsen, eine Zeit lang Prediger in Berlin, folgte Luthers Vorbilde und bewahrte in seinem frommen Gemüthe die Heiterkeit, die j Zuversicht und das Gottvertrauen der ältern Lieder. „Als er sein Lutherthum in Berlin gefährdet sah, befahl er Gott seine Wege und wanderte ins Elend." Seine 120 Lieder in einfacher, Weber. Geschichte Ii. 12 Paul Gerhard 1607-76.

2. Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg - S. 134

1895 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 134 — am heiligen Abendmahl Teilnehmenden; Feier und Austeilung des Abendmahles (Einsetzungsworte vom Geistlichen gesungen, Austeilung von Brot und Wein); Kollekte; Segen („Der Herr segne dich . . 4. Mos. 6, 24). Beurteilung. Daß Luther mit dieser Ordnung das Richtige getroffen hat, sehen wir daraus, daß noch heute nach 350 Jahren der evangelische Gottesdienst bei uns in der Haupsache denselben Gang geht (Nachweis!). Insbesondere müssen wir Luthers Grundsätze billigen und loben: Mittelpunkt und Hauptsache im Gottesdienst ist die Predigt, Höhepunkt ist das heilige Abendmahl; die Kirchensprache ist die Volkssprache. Es war sehr weise von Luther, daß er von dem üblichen Gottesdienst alles bestehen ließ, was dem Evangelium nicht widersprach (z. B. Lichter, Meßgewänder, Altar, etwas Lateinisch), und nur änderte, was unevangelisch war (Meßopfer, fremde Kirchensprache, keine Predigt, kein Gemeindegesang). Denn hierdurch wurde die Einführung der neuen Ordnung sehr erleichtert. Das war wirkliche Reformation, keine Revolution. Weise war auch, daß er aus seiner Ordnung kein Gebot und keinen Zwang für alle Christen machte, sondern den Gemeinden möglichst viel Freiheit ließ. Das that er aber, weil er den für alle Zeiten richtigen Grundsatz hatte: Die Ordnung des Gottesdienstes und der heiligen Gebräuche ist nur ein Mittel zur Förderung des Glaubens und der Liebe; die Ordnung ist daher nur so lang lebendig und würdig und ailtig, als sie diesem christlichen Zwecke dient. 3. Aas evangelische Kirchenlied. Ziel: Luther dichtet für den neuen Gottesdienst neue Lieder. Zu dem deutschen Gottesdienst gehören auch deutsche Lieder, und zwar Lieder, in denen der neue evangelische Glaube ausgesprochen wird. Wir wissen, daß Luther in seiner Gottesdienstordnung nur wenige deutsche Lieder zu nennen wußte, wir wissen aber auch, daß Luther später viele Lieder gedichtet hat, z. B. ? Was hat ihn dazu getrieben? Lesen des Quellenstückes. Ergebnis. Früher sang die ganze Gemeinde, was zur Zeit Luthers nur der Chor der Geistlichen und der Schüler sang. Auch waren fast alle Lieder lateinisch, waren also für die Laien unverständlich. Daher fehlte es sehr an passenden Liedern für den Lutherischen Gottesdienst. Darum wünschte Luther so sehr solche deutsche Lieder und forderte alle begabten Dichter zu diesem Werk auf. Er selbst hielt sich nicht für begabt dazu. Und doch mußte er selber das Beste thun, um deutsche Lieder als einen Grundstock zum evangelischen Gesangbuch zu schaffen. Sein

3. Bd. 2 - S. 35

1854 - Leipzig : Engelmann
Luthers Einfluß auf die deutsche Literatur. 35 §. 44. b) Kirchenlied. Wir haben bereits (Lehrb. §. 457.) erwähnt/wie das Anstim- men eines neuen Kirchenliedes häufig das Signal zur Einführung der Reformation geworden. Diese tiefe Bedeutung des religiösen Gesanges auf das Gemüth der Menschen erkannte der mit poetischer Natur begabte deutsche Reformator sehr bald; er machte darum den deutschen Kirchcngesang zu einem wesentlichen Bestandtheile des evangelischen Gottes- dienstes und regte durch That und Wort die Abfassung geistlicher Lieder an. Er übersetzte ältere lateinische Kirchengesänge, bearbeitete Psalmen und dichtete geistige Lieder, wobei er den kühnen Schritt und den gedrungenen Ausdruck des mehr im Süden einheimischen Volkslieds beibehielt und einfache, leicht faßliche Melodien theils selbst componirte, theils den Hussiten entlehnte. Sein Beispiel und seine Anregung erweckte Nacheiferung. Dichter und Sänger, hingerissen von dem gewaltigen Geiste der Zeit, widmeten ihre Kräfte dem geistlichen Liede und bahnten dem Evangelium den Weg zum Volke, dessen Gemüth und Phantasie durch die neuen religiösen Gesänge mächtig ergriffen ward. Wäh- rend man auf Reichstagen und in Religionsgesprächen über die evangelische Kirchenlehre stritt, führte das deutsche Kirchenlied mit seinen ernsten, einfachen Chorälen Tau- sende dem Evangelium zu. In Kirche und Haus, im stillen Kämmerlein und auf der lauten Gasse erschallten Psalmen und geistliche Lieder. Ein neuer Volksgesang, an kunst- loser Form und einfachem Bau dem alten Volkslied verwandt, aber mit religiösem Inhalt, in dem sich Zuversicht und heiteres Gottvertrauen aussprach, brach sich breite Bahn. Das Kirchenlied weckte in dem Herzen des Volks religiöse Empfindung; es gab der Stimmung und dem Gefühle Ausdruck, es riß die Menge zur Begeisterung hin. Die ältesten und kräftigsten Lieder waren der Erguß einer augenblicklichen Empfin- dung, einer herrschenden Stimmung; sie waren Gelegenheitsgedichte, in denen sich häufig die kirchlichen und politischen Zustände der Zeit, die religiösen Meinungen, die geistigen Kämpfe abspiegclten. In der Noth erflehen sie Hülfe vom Himmel; in Kummer und Trübsal gewähren sie Trost durch Erweckung der Hoffnung und Zuversicht in Gott; im Glück athmcn sie Gefühle des Dankes. Die ältesten Kirchenlieder ahmten in Ton und Haltung, ja nicht selten auch in der Melodie Volkslieder der Zeit nach, z. B. „O Welt ich muß dich lassen"; „Herzlich thut mich verlangen"; u. a. m. Anfangs war die geistliche Dichtung vorzugsweise in den Händen der protestantischen Geistlichen (Erasmus Alberus, st 1553; Paul Speratus: „Es ist das Heil uns kommen her! "; Nie. Decius: „Allein Gott in der Höh sei Ehr! "; Mich. Weiß, st 1540 , der die Hussitischcn Lieder übersetzte); als aber die religiösen Angelegenheiten so vorherrschend wurden, daß sie alle anderen Interessen und Gefühle zurückdrängten, ver- suchten sich Leute aus allen Ständen darin. Hatte dies einerseits die Wirkung, daß der Volksgesang durch das Evangelium geheiligt und geläutert ward, so führte es auch an- derseits eine massenhafte Vermehrung der geistlichen Lieder herbei, wodurch dann bald eine Scheidung in eine gemüthlich weltliche und eine feierlich kirchliche Richtung eintrat. Die eine, mehr weltliche Gattung, als deren Vertreter Nie. Hermann (st 1561), Cantor in Jvachimsthal, und Rin gw aldt gelten können, lehnte sich an das Volkslied an und war mehr für das Haus als die Kirche geeignet, indem sie in traulichem, einfachem Tone die Empfindungen des Menschen bei den Wechselfällen des Lebens aussprach, sich allen Ständen anpaßte, auf alle Lagen einging; die zweite, mehr feierliche und darum beim Gottesdienst angewendete Gattung schloß sich an die Psalmen an und wurde vorzugsweise von Gelehrten gepflegt. Die schlichte und natürliche Uebertragung des ganzen Psalter von Burk. W a l d i s wurde am Ende des Jahrhunderts durch die mehr kunstgerechte des Königs- berger Lvbwasser verdrängt, der zuerst von der lutherischen Bibelsprache abging und den Uebergang zu Opitz bildete. Auch im 17. Jahrh. war das Religiöse noch so vorherrschend, daß das Kirchenlied ein Hauptbestandtheil der Dichtkunst blieb; doch nahm dasselbe in Ton und Behandlungs- art verschiedene Gestalten an. Paul Gerhard aus Sachsen, eine Zeitlang Prediger in ^aul^ Berlin, folgte Luthers Vorbilde und bewahrte in seinem frommen Gemüthe die Heiterkeit, 1606-76, 3* $ |

4. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 96

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
Mit zufriedenem Blick überschaut Rudolf die Anordnung des Festes. Er sieht die Pracht der Tafel, vernimmt die Freude der Gäste, die Begeisterung des Volkes. Da wird sein Herz fröhlich. Aber unvollkommen ist ihm die Freude, so lange der Sänger beim Feste fehlt. Von Jugend an ist er gewöhnt, daß Gesang das Fest verherrliche, und so will er auch heute den Sänger nicht missen. 2. Der Sänger und sein Lied (Str. 4—12). Auf des Kaisers Geheiß tritt der Sänger in den Saal. Silberweißes Lockenhaar hängt über seine Schultern herab. In ein langes, festliches Gewand ist er gehüllt. Im Arme trägt er die Harfe. Alle richten die Augen gespannt auf deu Sänger, alle lauschen erwartungsvoll, was dieser wohl gerade heute zum Krönungsfeste für ein Lied dem Kaiser singen werde. Jetzt schlägt er mächtig in die Saiten und beginnt sein Lied. Dasselbe berichtet über eine der schönsten Thaten des Kaisers, nennt aber denselben nicht mit Namen. — Ein edler Held reitet auf die Jagd. Unterwegs trifft er einen Priester, der einem Sterbenden das heilige Sakrament bringen will. Ehrfurchtsvoll verneigt er sich vor der heiligen Hostie und entblößt das Haupt. Da hemmt ein wilder Gebirgsbach den Pfad des Priesters. Das reißende Wasser hat den Steg hinweggespült. Eilfertig zieht der Seelsorger die Schuhe vou den Füßen, um das Bächlein durchschreiten und dem Sterbenden die Hostie noch reichen zu können. Der Graf sieht den Vorgang. Schnell reitet er herzn und bietet dem Geistlichen sein Roß an, welches ihn durch das Wasser hindurch und zu seinem Ziele bringen soll. Dankbar nimmt jedoch der Priester das Tier an und bringt es am andern Morgen zurück ins Schloß. Der Graf nimmt jedoch das Roß nicht wieder an, das so heiligem Zwecke gedient hat. Er schenkt es dem Priester, damit es für immer göttlichem Dienste gewidmet sei Entzückt ruft der Priester dem frommen Geber zu: „So möge Euch Gott schützen und zu Ehren bringen. Euch blühen sechs liebliche Töchter: Sie mögen mit Fürsten vermählt werden, und Euer Haus möge glänzen viele Jahrhunderte hindurch!" — Mächtig bat des Sängers Lied auf deu Kaiser gewirkt. Jener Graf, von dem das Lied berichtet, ist er ja selbst gewesen, und wie er dem Sänger recht ins Auge schaut, erkennt er die Züge des Priesters wieder, dem er jenen Dienst erwiesen hatte. Gerührt verbirgt er jetzt in des Mantels Falten seine Thränen. Alle aber erkennen den Zusammenhang der Dinge und bliesen erfreut auf ihren Herrscher, an dem sich Gottes vergeltende Hand so sichtbar zeigt. Anmerkungen. 1. Die Quelle, aus welcher Schiller die Erzählung vom Grasen von Habsburg geschöpft hat, ist das Chronicon helveticnm von Aegidius Tschudi (geb. in Glarus 1505, gest. 1571). Dieser erzählt ferner, daß jener Priester, welcher dem Grasen auf der Jagd begegnete, später Kaplan beim Erzbischof zu Mainz geworden fei und nicht wenig dazu beigetragen habe, bei der Kaiserwahl die Gedanken des Erzbischofs auf den Grafen von Habsburg zu lenken. 2. Am Schluffe des Gedichts schreibt Schiller: „Für die, welche

5. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart - S. 100

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
100 5. Die Bilderftrmer. Als Luther auf der Wartburg weilte, suchte sein Freund und Amtsgenosse Karlstadt in Wittenberg die Lehre der Wieder-tnfer zu verbreiten und gewann bald groen Anhang. (Die Wiedertufer lehrten, man drfe keine Kinder, sondern nur Erwachsene taufen. Wer in ihre Gemeinde aufgenommen werden wollte, mute, auch wenn er schon getauft war, sich noch einmal taufen lassen. Daher der Name Wiedertufer".) Mit zahlreichen Brgern und Studenten drang Karlstadt einst während des Gottes-dienstes in die Schlokirche, nahm den Priestern die Mebcher fort und trieb sie aus der Kirche. Sodann rissen die Eingedrungenen die Heiligenbilder von den Wnden und zerstrten Altre, Beichtsthle und Kruzifixe. Als Luther dies hrte, eilte er nach Wittenberg und predigte acht Tage laug so eindringlich gegen Karlstadt und seine Anhnger, da diese die Stadt verlassen muten. 52. Ausbreitung er Reformation, 1. Ausbreitung der Reformation. Karl V. war ein eifriger An-Hnger der katholischen Kirche. Schon auf dem Reichstag zu Worms hatte er den deutschen Fürsten erklrt, da er entschlossen sei, alle seine Reiche, Freunde, Leib und Leben dahin zu verwenden, da dem deutschen Volk die katholische Religion erhalten werde. Da er aber mit Franz I. von Frankreich langwierige Kriege zu führen hatte, konnte er sich wenig um die deutschen Angelegenheiten kmmern. Die Freunde der neuen Lehre setzten es deshalb auf dem Reichstag zu Speyer (1526) durch, da jedem Reichsstand gestattet wurde, sich in kirchlichen Angelegenheiten so zu verhalten, wie er es gegen Gott und kaiserliche Majestt zu verantworten sich getraue." Die Folge dieses Beschlusses war, da die Lehre Luthers immer weitere Verbreitung fand. An manchen Orten, wo Priester und Volk einig waren, begann man mit der Neuordnung der kirchlichen Verhltnisse. Die Fürsten lieen es entweder stillschweigend geschehen oder gaben wohl selbst die Anregung dazu. Nach und nach wurde die neue Lehre in Hessen, Kursachsen und andern nord-deutschen Lndern eingefhrt, während in sterreich und Bayern die Anhnger der neuen Lehre nicht geduldet wurden. Auch in Dnemark, Norwegen und Schweden fand die Reformation Eingang. 2. neue Kircbenordnung. Luther entwarf fr das Kurfrstentum Sachsen eine Kirchenordnung, die den andern protestantischen Staaten bald als Muster diente. Danach wurden die Klster aufgehoben. Den Priestern gestattete man, sich zu verheiraten. Die von Luther verdeutschte Bibel bildete die alleinige Richtschnur fr die kirchliche Lehre. An die Stelle der Messe trat das Abendmahl in beiderlei Gestalt, und der Gottesdienst wurde in deutscher Sprache gehalten; auch unterblieb die Verehrung und Anrufung der Heiligen. Die Gemeinde sang bei dem Gottesdienst geistliche Lieder. 3. Grndung von Volhsfcbulen. Vor Luther hatte man nur Kloster* und Domschulen, in denen hauptschlich die Geistlichen fr ihren Stand ans-

6. Das Mittelalter und die Neuzeit - S. 14

1895 - Leipzig : Voigtländer
15 Ernst Moritz Arndt war (1769) auf der Insel Rgen geboren und starb neunzig-jhrig, frisch und freudig bis ans Ende", zu Bonn am Rhein. Von Kopf und Herz ein Kernmensch, von dem einen starken Gefhl beseelt, Schandeketten zu zerbrechen und den welschen Trug zu rchen", sang er in den krftigsten Klngen Deutschlands Kriegs- und Siegesehren. Wer kennt nicht seine Lieder: Der Gott, der Eisen wachsen lie, der wollte keine Knechte", Was blasen die Trompeten", Was ist des Deutschen Vaterland", Aus Feuer ward der Geist geschaffen"? Auch andere frische und kernhafte Lieder, weltliche und geistliche, hat er gedichtet, und sein ereignisvolles Leben in einer ansprechenden Selbstschau geschildert. In weicheren Tnen, voll Wohllaut und Innigkeit begleitete Max von Schcnkendorf die Kriegsereignisse. Mit frommer Vaterlandsfreude feierte er dann Deutschlands Wiederherstellung nach der Knechtschaft, nach dem Streit"; dem Kaiser und Reich, dem alten" vaterlndischen Rheinstrom mit seinen Ritterburgen weiht er gefhl- und klang-volle Lieder (Das Lied vom Rhein"). Theodor Krner (geb. 1791), ein Sohn des vertrautesten Freundes Schillers, lebte in den Gesinnungen der Jungfrau von Orleans: Nichtswrdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre." Was ist unschuldig, heilig, menschlich gut, wenn es der Kampf nicht ist ums Vaterland?" Siegesgewi ritt er mit Ltzows wilder Jagd" in den Krieg hinaus, dichtete im Felde selbst seine feurigen Lieder von des Freiheits-kampfes Herrlichkeit, und besiegelte endlich, den Sang vom Schwert, der Eisen braut" noch auf den Lippen, durch einen tapferen Reitertod die Tiefe und Kraft seiner vater-lndischen Begeisterung. Ungemein leicht flssen dem Dichterjngling die Verse; als er 22 jhrig starb, hatte er auer nicht wenigen lyrischen Gedichten bereits mehrere Schau-spiele vollendet, unter denen Zriny" als das bedeutendste gilt. Friedr. Nckcrt hat namentlich in geharnischten Sonetten" seiner Freiheits-Begeisterung markigen Ausdruck gegeben. Vaterlndischen Inhalts sind auch: Deutsch-lands Heldenleib", Des Rheinstroms Gru", Die hohle Weide". Die Zahl seiner Gedichte ist fast allzugro. Er entfaltet in ihnen eine sprachliche Meisterschaft, wie sie kein anderer deutscher Dichter erreicht hat. Dies gilt insbesondere auch von den bewun-dernswerten Nachbildungen und Wiederdichtungen, durch welche er uns die Poesie der Völker des Orients erschlossen hat; denn, wie er sagt: die Poesie in allen ihren Zungen ist dem Geweihten eine Sprache nur." H. Der schwbische Dichterkreis. Neben Schiller der volksbeliebteste aller unserer Dichter war Uhland. Um ihn her gruppieren sich die brigen Snger der sogenannten schwbi-schen Schule", unter denen Justinus Kerner und Gustav Schwab die bemerkenswertesten sind. Ludwig Uhland lebte zu Tbingen, wo er 1862 starb. Seine Balladen, deren Stoffe grtenteils der vaterlndischen Sage und Geschichte angehren, seine heiteren und gemtvollen Lieder sind in aller Mund und Herzen. Wie einst die ritterlichen Dichter mit den Goldharfen, singt er von Gottesminne, von khner Helden Mut, von lindem Liebessinne, von ser Maienblut", und seine Lieder, die in Wald und Thal erschollen", wurden eine Macht des Segens fr das frisch aufblhende krftige Volks-

7. Teil 1 - S. 289

1882 - Leipzig : Brandstetter
Die deutschen Spielleute des Mittelalters. 289 der sangkundige Mann und das Landrecht erhielt, das mir der Edeln Schirmherr früher gegeben hatte." Mancher dieser Dichter mochte lange von Ort zu Ort gezogen sein, bis endlich ein reicher und mächtiger Herr, dem er seine Lieder vorsang, den oder dessen Vorfahren er vielleicht in seinem Liede verherrlichte, ihn bei sich behielt und ihm für das Alter ein sicheres Ruheplätzchen bereitete. So erzählt in einem alten angelsächsischen Liede ein solcher Dichter, Widsidh, von seinen früheren Fahrten: „Viele fremde Länder durchreiste ich, weit über den breiten Erdengrund. Gutes und Übles habe ich da erfahren; fern von Freunden und Verwandten zog ich in die Weite. Darum kann ich singen und erzählen vor den Gästen, die in der Halle sitzen und Met trinken, wie mich edle Helden gütig behandelt haben." Im weitern Verlaufe des Liedes schildert er seine und seines Genossen Skilling treffliche Kunst. „Wenn wir beide in glänzender Rede vor unserm siegreichen Fürsten Sang erhoben, wenn laut zur Harfe der Gesang erklang, dann sprach mancher tapfre Mann, der das wohl verstand, daß er niemals bessern Sang gehört habe." Endlich schließt Widsidh sein Lied mit den Worten: „So schreitend wandern die Sänger, die die Helden besingen, durch viele Länder. Sie sagen, was sie bedürfen, und wenn sie es erhalten haben, sagen sie Dankworte. Immer, bald im Süden, bald im Norden, treffen sie einen der Lieder Kundigen, einen Freigebigen, der sich durch seine Freigebigkeit Ehre vor seinem Hofgesinde verschaffen will." Im Gndrnnliede erzählt der Sänger Horand von zwölf Sängern, die täglich vor seinem Herrn singen mußten. Horand selbst ist ein edler Spielmann, der die Harfe zur Hand nimmt, wenn niemand seines Schwertes bedarf, wie der kühne Spielmann Volker im Nibelungenliede. Neben solchen freien Helden begegnen in den deutschen Sagen andere Spielleute, die zu ihrem Herrn offenbar in dem Verhältnis geachteter Dienstleute stehen. So die beiden Sänger Werbel und Swemmel, die König Etzel im Nibelungenliede mit Botschaft an den Königshof zu Worms sendet. Der bedeutendste unter allen wandernden Sängern des deutschen Mittelalters ist Walther von der Vogelweide, der an Fürstenhöfen feinen Aufenthalt nahm und feine Lieder erklingen ließ. Unter die eigentlichen „fahrenden Sänger oder Spielleute" kann er jedoch nicht gezählt werden. Diese gehörten meist einer ärmeren Klasse an und nahmen bei der Wahl ihres Publikums weniger Rücksichten. Sie sangen „zu Hofe und an der Straßen", auf Ritterburgen |nttd in Bauerhöfen, überall, wo man sie hören wollte und wo man bereit war, ihnen ihre Mühe mit einem guten Gericht, einem guten Trunk, einem getragenen Kleide zu vergelten. , Hauptsächlich sandelt sie sich, oft in großen Massen, ein, wo ein Fest gefeiert wurde. Bei Krönungsfeierlichkeiten, bei großen Turnieren n. dgl. fand man sie zu Hunderten. Derjenige Herr, der sich am freigebigsten gegen sie bewies, ward von ihnen mit dem größten Lobe bedacht, wer aber karg war, dem sang man höhnende Spottlieder. Wer sich vor dem Spotte und der Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. I. 19

8. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 458

1858 - Weimar : Böhlau
458 deutschen Literatur, die er nach erlebte, sah er nur von fern zu, ohne deren Bedeutsamkeit zu begreifen. Klopstock starb 1803. Klopstock war durch so reiche Gaben ausgezeichnet, daß die besten seiner Zeitgenossen ihn als ihr Ideal begrüßten, seine Überlegenheit willig und unbedingt anerkannten und ihm mit Freudigkeit huldigten. Er war der Morgenstern, der nach langer Nacht den Tag heraufführte. Klopstock war neu, groß und schöpferisch in der Form, aber noch größer und schöpferischer im Stoffe. An ihm haben die Geister seiner Zeit sich entzündet und gebildet. Mit ihm beginnt ein neues Jahrhundert der Dichtkunst. Seit dem dreißigjährigen Krieg war die deutsche Poesie im- mer undeutscher, abhängiger und niedriger geworden. Da trat Klopstock nuf, und durch ihn erlangte die deutsche Poesie wieder ihre Selbständig- keit. Denn Klopstock war seinem innersten Wesen nach deutsch, deutsch an Ernst und Tiefe, deutsch in Familiensinn und Vaterlandsliebe, deutsch in Einfachheit nnb Wahrheit, deutsch in der Stärke des Naturgefühlß und der elegischen Sümmung. Durch seine wahrhaft deutsche Gesin- nung erweckte Klopstock zuerst wieder ein regeres und allgemeineres In- teresse an der deutschen Geschichte und dem deutschen Alterthum. Ein zweites Element in Klopsiocks Gemüth und Poesie ist sein christlich-gläubiges Gefühl. Seit den Zeiten der Reformation hatte sich das christliche Gefühl, außer in dem protestantischen Kirchen- liede, in seiner vollen Wahrheit und Innigkeit nicht wieder laut aus- gesprochen. Das Christenthum war auch in dik evangelischen Kirche zur Gelehrsamkeit, zur todten Formel geworden. Da ließ Klopstock der unsterblichen Seele Gesang erschallen von des sündigen Menschen Erlö- sung; kühn und frei, in der vollsten Stärke glaubensvoller Ueberzeugung sang er von dem Erlöser, den er als seinen Erlöser mit vollster Innig- keit einer liebenden, begeisterten Seele umfaßt hielt. In Klopstock lebte eine wahrhafte, echt dichterische, belebende und entzündende christliche Begeisterung. Mit der tiefsten religiösen Gemüthsstimmung und der innigsten Liebe zum deutschen Vaterlande vereinigte Klopstock einen fast leidenschaftlichen Sinn für die Freundschaft, eine innige Hingebung seines Wesens an die Besten seiner Zeit, ein zartes Sehnen nach gleichgestimmten Ge- müthern. Diese Richtung seines Geistes steigerte sich bis zu einer ge- wissen Weichheit, bis zu einem starken Vorwiegen des Gefühls, zu einem Schwimmen in Empfindungen, die keine Worte finden können, zu einer lyrischen Ueberschwenglichkeit, bei welcher die elegische Stimmung zur weinerlichen wird. Es war diese Weichheit des Gemüths nicht eine Eigenthümlichkeit Klopsiocks, sondern seiner Zeit. Es erfolgte in dieser eine Reaktion gegen die verkünstelte, in hohle Förmlichkeiten erstarrte, in herzlosem Ceremoniell vertrocknete Gesellschaftswelt am Ende des 17. und im Anfange des 18. Jahrhunderts. Man suchte sich loszuwinden von den steifen, drückenden Fesseln der Convenienzwelt und sich mensch- lich an ein menschliches Herz anzuschließen, an einen Freund, der ohne Perücke, galonierten Rock und Stoßdegen sich warm und herzlich um- fassen ließ. Das Leben Klopsiocks und seiner Freunde war voll steter Rührung und fast unaufhörlichen Thränenreizes, und so sind auch Klop- stocks Helden und Heldinnen voll Rührung und Thränen. Dieses weiche Gefühlsleben wurde zu einer in lauter Idealen schwebenden socialen

9. Teil 5 - S. 235

1910 - Straßburg : Bull
235 so danken sie doch ihm, daß das Volk ihren Liedern froh bewegt lauschte. Schien es doch, als wäre die unselige Kluft wieder überbrückt, die heute die Gebildeten und die Ungebildeten unseres Volkes scheidet, als tönte der Gesang, von namenlosen fahrenden Schülern erfunden, unmittelbar aus der Seele des Volkes heraus. Unwillkürlich fragt der Hörer, ob nicht am Schluffe des Sanges ein Vers hinweggefallen sei, das alte treuherzige: Der uns dies neue Liedlein sang, Gar schön hat er gesungen; Er trinkt viel lieber den kühlen Wein Als Wasser aus dem Brunnen. Der Gesang ist heute, wie zur Zeit der italienischen Renaissance die Redekunst, die geselligste der Künste. Das arme Volk liest wenig, am wenigsten Gedichte; fast allein durch den Gesang wird ihm das Tor- geöffnet zu der Schatzkammer deutscher Poesie. An Kunstwert stehen Uhlands erzählende Gedichte seinen Liedern ohne Zweifel gleich; aber die Bedeutung des Mannes für die Gesittung unseres Volkes beruht vornehmlich auf den Liedern. Sie haben dem Sänger den schönsten Nachruhm gebracht, der dem lyrischen Dichter beschieden ist. Sie leben in ihrer leichten, sangbaren Form im Munde von Tausenden, die seinen Namen nie gehört, sie klingen wieder, wo immer Deutsche fröhlich in die Weite ziehen oder zum heiteren Gelage sich scharen. Es war eine Stunde seliger Genugtuung, als er einmal auf der Wanderung in der Haardt in den Klostertrümmern von Limburg unerkannt rastete und seine eigenen Lieder, von jugendlichen Stimmen gesungen, durch das Gewölbe schallten. Alle die hoffnungsvollen Anfänge freier, volkstümlicher Geselligkeit, welche heute das Nahen einer menschlicheren Gesittung verkünden, alle die fröhlichen Fahrten und Feste unserer Sänger und Turner und Schützen danken einen guten Teil ihres poetischen Reizes dem schwäbischen Sänger; kein Wunder, daß er selber sich an solcher Volksfreude nicht satt sehen konnte. Fast dünkt uns ein Märchen, daß es einst eine Zeit gegeben, wo am Beiwachtfeuer deutscher Soldaten das Lied noch nicht erklang: „Ich hatt' einen Kameraden", daß einst deutsche Handwerksburschen über den Rhein gezogen sind, die noch nicht sangen von den „drei Burschen". Doch sehen wir näher zu, so finden wir auch in den einfachsten dieser Lieder einen entscheidenden Zug, eine kunstvolle Steigerung, einen schlagenden Abschluß, der das Gedicht alsbald auf die Höhe der Kunstpoesie erhebt und mit so großer Innigkeit und Frische den durchgebildeten Verstand des Künstlers gepaart zeigt. Demselben Lehrer, dem deutschen Volksliede, hat Uhland auch die Kunst der gemütlich bewegten Erzählung abgesehen. Er vermag es, einen kleinen anekdotenhaften Zug mit so viel schalkhafter

10. Westfälischer Kinderfreund - S. uncounted

1892 - Leipzig : Amelang
499 6. Die wilde Jagd und die deutsche Jagd Auf Henkersblut und Tyrannen! — Drum, die ihr uns liebt, nicht geweint und geklagt; Das Land ist ja frei, und der Morgen tagt. Wenn wir's auch nur sterbend gewannen! Und von Enkeln zu Enkeln fei's nachgesagt: Das war Lützows wilde, verwegene Jagd! Theodor Körner. 20. Körners Grab. 1. Bei Wöbbelin, im freien Feld Auf mecklenburger Grunde, Da ruht ein jugendlicher Held An seiner Todeswunde. Er war mit Lützows wilder Jagd Wohl in die Schlacht gezogen; Da hat er frisch und unverzagt Die Freiheit eingesogen. 2. Was ihm erfüllt die Heldenbrust, Er hat es uns gesungen. Daß Todesmut und Siegeslust In unser Herz gedrungen; Und wo er sang zu seinem Trost Zu seinen schwarzen Rittern, — Das Volk stand auf, der Sturm brach los In tausend Ungewittern. 3. So sind die Leier und das Schwert, Bekränzt mit grünen Eichen, Dem Krieger, wie dem Sänger wert. Ein treues Siegeszeichen. Wenn uns dereinst dein Lied erklingt. Wenn an den Wehrgehenken Die Helle Eisenbraul uns winkt. Wir werden dein gedenken! Fr. Förster. 21. Blücher am Rhein. Die Heere blieben am Rheine stehn. Soll man hinein nach Frankreich gehn? — Man dachte hin und wieder nach; Allein der alte Blücher sprach: „Generalkarte her« Rach Frankreich gehn ist nicht zu schwer. Wo steht der Feind?" — „„Der Feind? Dahier!"" — „Den Finger drauf; den schlagen wir! Wo liegt Paris?" — „„Paris? Dahier!"" — „Den Finger drauf; das nehmen wir! Run schlagt die Brücken übern Rhein; Ich denke, der Champagnerwein Wird, wo er wächst, am besten sein!" Aug. Kopisch. 32*

11. Teil 1 = Vorstufe - S. 37

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
dann auf die nahe Wartburg. Die verkappten Ritter waren von Friedrich dem Weisen geschickt, der den Gechteten auf diese Weise den Augen seiner Feinde zu entziehen wute. Luther zog die Kleidung eines Ritters an, trug hohe Reiterstiefel, lie sich Bart und Haupthaar wachsen und fhrte den Namen Junker Georg". Nur der Schlohauptmann kannte ihn. Whrend man nun Luther tot glaubte, fing er an, die Bibel in die deutsche Sprache zu bersetzen, damit sie jedermann in Deutsch-laud lesen knne^, 7. utber als Reform ator. Als nach einiger Zeit unter Lu-thers Anhngern in Wittenberg Unruhen ausbrachen, kehrte er dorthin zurck. Von jetzt an war er mit seinem Freunde Me-lanchthon unausgesetzt fr die Einfhrung der Reformation ttig. Die von Luther und seinen Freunden verdeutschte Bibel bil--dete die alleinige Richt-schnr fr die kirchliche Lehre. Der Gottes-dienst wurde in deutscher Sprache abgehalten. Fr eine bessere Unterwei-snng der Jugend schrieb Luther den kleinen Katechismus". Mnche und Nonnen durften die Klster verlassen, und den Geistlichen wurde gestattet, sich zu verheiraten. Diese nderung der kirchlichen Verhltnisse wurde bald in Sachsen, Hessen, Brandenburg und andern norddeutschen Staaten eingefhrt. Auch in Dnemark, Norwegen und Schweden fand die Reformation frhzeitig Eingang. 8l( Cutbers Familienleben. Im Jahre 1525 hatte sich Luther mit Katharina von Bora, einer ehemaligen Nonne, verheiratet. Mit ihr fhrte er eine glckliche Ehe. Eine Schar frhlicher Kinder wuchs ihnen heran; in ihrem Kreise wr er gern froh und heiter. Abends sang er mit ihnen, oder er begleitete ihre Lieder auf der Flte oder Laute. Oft lud er Freunde zu sich ein. Arme und Bedrftige untersttzte er so reichlich, da er oft den letzten Groschen i Luther auf der Wartburg. Aus Duller, Deutsche Geschichte. Verlag von Gebr. Paetel in Berlin.

12. Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis 1648 - S. 201

1898 - Breslau : Hirt
Die Reformation der Kirche. Neue Gefahren fr die Reformation. 201 zelnen berlassen. Luther selber trug noch immer Mnchsgewand und wohnte wieder im Augustinerkloster, das aber bald bis auf ihn und den Prior verwaiste. Groen Einflu auf die Erweckung und Verbreitung des evange-tischen Glaubens, sowie auf die Hebung des Gottesdienstes bte das evan-gelische Kirchenlied aus. Luther bat seine Freunde Spalatin, Jonas und Speratus dringend um deutsche Lieder, die schnsten aber dichtete er selber. Schon 1523 besang er den Tod zweier Mrtyrer, die in Ant-werpen ihres evangelischen Glaubens wegen den Flammentod erlitten hatten; dann folgte Nun freut euch, lieben Christen gemein," Aus tiefer Not." 1524 erschien das erste evangelische Gesangbuch mit acht Liedern, darunter vier von Luther; in demselben Jahre erschien schon ein anderes mit 24 Liedern. Luther hat im ganzen 36 Kirchenlieder gedichtet. Sie wurden bald in Kirchen, Husern und auf Gassen gesungen und gewannen unzhlige Herzen, ja ganze Städte wie im Sturme fr die Reformation. Damit aber die evangelischen Christen die Lieder gebrauchen und vor allem die heilige Schrift, auf die Luther sich stets berief, lesen konnten, bedurfte man der Schulen. Zunchst wurde die Schule in Wittenberg wieder eingerichtet; dann erlie Luther 1524 einen Aufruf an die Burger-meister und Nahtherrn aller Stedte Deutscheslandes, da sie Christliche Schulen ausrichten und halten sollen." Auch auerhalb Sachsens breitete sich die Reformation schon aus; vom Kaiser war vorlufig nichts zu frchten, weil er in auswrtige Kriege verwickelt war, aber Kmpfe im Innern des deutschen Volkes selber hemmten die friedliche Entwickelung der Kirchenverbesserung. 1). Bewegungen des Adels. Der niedere Adel hatte seine frhere Bedeutung verloren (S. 174) und stand in Gefahr, von dem blhenden Brgerstande berflgelt zu werden. Gewerbliche Beschftigung mied er als feiner unwrdig; im starren Festhalten am Hergebrachten sa er auf seinen Burgen und lie sich von seinen Bauern ernhren. Aber mit dem wirtschaftlichen Niedergange des Bauernstandes sank auch der Adel, seine Burgen wurden Raubnester. Selbst ein Gtz v. Berlichingen und gar Franz v. Sickingen berfielen die Warenzge der Kaufleute. Die Landesherren schritten gegen dies Unwesen ein und suchten den Adel zu unterdrcken; deshalb schlo auch er sich unter Sickingens Fhrung zusammen. Sein weiteres Ziel war, das geistliche Gut einzuziehen, damit ein groes Reichsheer zu schaffen, in welchem der Adel wieder eine wrdige Beschftigung finden knne, und die ganze Reichsverfassung umzugestalten. Gern htte der Adel die religise Bestrebung in seinen Dienst gestellt, Sickingen bot Luther wiederholt seine Hilfe an; aber dieser wollte die Kirche nicht mit dem Schwert, sondern durchs Wort reformieren. 1523 berfiel Sickingen pltzlich die Stadt Trier, wurde aber vom Erzbischos

13. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 115

1899 - Gera : Hofmann
115 Getreidearten, z. B. Weizen, Gewürz- und Gemüsepflanzen, nach Deutsch- land. Der Ackerboden wurde regelrecht eingeteilt, bearbeitet, gedüngt und das Vieh sorgfältig gepflegt. Die vielen Ortsnamen auf rode, rott und reut bezeugen noch heute, wie viele Wälder damals ausgerodet, die auf schwende, feld und au, wie viele Felder und Wiesen der Kultur gewonnen worden sind. Die bekehrten Christen einer Landschaft wurden zu einem Bistum unter einem Bischof vereinigt. Der Bischofssitz enthielt gewöhnlich eine große, schöne Kirche, Dom oder Münster genannt, eine Domschule, Wohnungen für den Bischof und die Geistlichen des Domkapitels, Nebengebäude für die leibeigenen Dienstleute und die verschiedenen Hand- werker und eine starke Ringmauer zum Schutze gegen feindliche Anstürme. Klöster und Bischofssitze übten Gastfreundschaft gegen Fremde wie Freunde und Milde gegen heimatloses Volk. Ihre Güter verwaltete und ihre weltlichen Geschäfte besorgte ein Vogt, meist ein adeliger Burgherr in der Nähe. Der Bischof wachte über die kirchliche Ordnung seines Bistums oder Sprengels und förderte auch das leibliche Wohl seiner Unterthanen. Er bestellte die Geistlichen, sandte Mönche und Priester auf neue Missions- gebiete, forderte Berichte von den Geistlichen, besuchte von Zeit zu Zeit die Gemeinden, schlichtete Streitigkeiten, traf neue Anordnungen und er- teilte den Segen. Er wurde immer mit großer Feierlichkeit empfangen. Wie aber wurden der christlichen Kirche in Deutschland neue Ge- biete gewonnen? Der Bischof oder der Abt (Vater) eines Klosters sandte Mönche und Priester in heidnische Gegenden. Zuerst suchten sie den Gaugrasen oder einen angesehenen Edeling zu gewinnen. Meist wurden sie gastlich ausgenommen. Abends saßen sie unter den Volksgenossen am Herdfeuer, hörten den Götter- und Heldenmären sowie dem Gesänge der Heldenlieder zu und erzählten dann von dem größten Helden Christus und sangen Lieder zu seiner Ehre. Aufmerksam lauschten die Heiden und begehrten immer mehr zu hören. War der Gastfreund endlich ge- wonnen, so brachte der Gottesbote die Sache auf der Mahlstatt vor die Volksversammlung. Allerlei Meinungen wurden gemurmelt, freundlich und feindlich. Vielleicht sprach der Gastfreund ein Wort des Lobes über den neuen Himmelsherrn und seinen Boten. Nicht selten entschied dann das Los für den neuen Glauben. Viele Hände regten sich nun und bauten unter Leitung des Sendboten an die Stelle des Götzenaltars ein hölzernes Kirchlein. Statt der Götzenfeste wurden nun christliche Feste gefeiert, statt der heidnischen Opfer das unblutige Opfer der Messe dar- gebracht, statt der heidnischen Schlachtgesänge christliche Lieder angestimmt, statt der Göttersagen die Botschaft des Heils verkündigt. Der neue Glaube und Gottesdienst schonte die altgeheiligten Gewohnheiten und schlug weise die Brücke aus dem Heidentume ins Christentum. Die zähesten Widersacher waren die heidnischen Priester, aber auch sie wurden durch die Begeisterung und Ausdauer der christlichen Missionare endlich überwunden. Mehr und mehr milderte sich die Wildheit der deutschen Stämme, und christliche Sitte trat an die Stelle der heidnischen Roheit. Um das Kirchlein bauten die Bekehrten ihre Hütten. Den Priester 8*

14. Schul-Lesebuch - S. 135

1856 - Berlin : Stubenrauch
135 Da nun Luther die heilige Schrift zu verdeutschen anfing, las man das Wort Gottes begierig, so jemand lesen konnte; denn diese Kunst verstanden nicht Viele: Desto eifriger hörten sie zu, wo das Wort Gottes lauter und rein verkündigt wurde. Wie die warme Frühlingssonne den Schnee hinwegschmilzt, der auf unsern Feldern liegt; es kommen die grünen Blätter der Saat hervor, und bald gleicht das Land einem schönen grünen Teppich: also thaute das lebendige Wort Gottes den thörichten Aberglau- den hinweg, und es begann sich wieder ein neues Leben zu regen in den Herzen der Menschen. Es ist nicht selten geschehen, daß sie in den Kirchen, da man früher meist nur in lateinischer Sprache redete, wie aus einem Munde ein geistliches Lied in der Mutter- sprache zu singen anfingen; es wußte keiner, wer den Anfang ge- macht hatte; aber sie sangen es alle mit, recht aus Herzensgründe. So ein Lied hat oft mehr gewirkt, als eine Predigt; sonderlich sangen sie gern das Lied des Paul Speratus: Es ist das Heil uns kommen her aus Gnad' und lauter Güte. Im Herzen waren die Märker längst dem Luther zugethan, und wenn's auf sie angekommen wäre, so wäre der evangelische Gottesdienst und die evangelische Predigt, wie es zu Wittenberg und anderswo der Fall war, sogleich eingeführt worden. Aber Kurfürst Joachim I. dachte anders. Der regierte damals die Marken mit kräftiger Hand. Es war nicht gut gethan, ihm zu widersprechen; denn er war ein strenger Herr und Gebieter. Die Adligen, welche es noch liebten, hinter den Büschen in den Haiden zu liegen und auf die reichen Kaufherrn, die mit ihren Gütern zur Messe reiseten, zu lauern, wußten davon zu erzählen. Der strenge Fürst hatte ihrer viele schimpflich hinrichten lassen; er wollte solche Landschädiger nicht dulden. Seitdem fürchtete man ihn. Die Reformation widerstrebte ihm. Es war ihm ein Gräuel, daß ein schlichtes Mönchlein sich unterfangen hatte, die Kirche Jesu Christi zu reformiren. An dem Werke waren früher Für- sten zu Grunde gegangen. Es hatte ihn auch der Aufruhr der Bauern in Thüringen und Franken geärgert. Diese hatten das Wort Gottes von der Freiheit des Christenmenschen schlecht ver- standen, hatten die Fahne der Empörung aufgepflanzt und waren plündernd und mordend durch Deutschland gezogen. Es waren Gräuels geschehen, davor man erschrickt, wenn man davon hört. Nur mit Mühe waren die Fürsten der Bauern Meister geworden und hatten sie zu Tausenden erschlagen. Joachim aber meinte, das habe der Luther angerichtet, und der war doch unschuldig an dem thörichten und sündhaften Unterfangen der Bauern. — Es mag auch wohl wahr sein, daß der Kurfürst mit Neid auf die

15. Schul-Lesebuch - S. 135

1873 - Berlin : Stubenrauch
135 Do nun Luther die heilige Schrift zu verdeutschen anfing, la< man das Wort Gottes begierig, so jemand lesen konnte; denn diese Kunst verstanden nicht Viele. Desto eifriger horten sie zu, wo das Wort Gottes lauter und rein verkündigt wurde. Wie die warme Frühlingssonne den Schnee hinwegschmilzt, der aus unsern Feldern liegt; es kommen die grünen Blätter der Saat hervor, und bald gleicht das Land einem schönen grünen Teppich: also thaute das lebendige Wort Gottes den thörichten Aberglau> den hinweg, und es begann sich wieder ein neues Leben zu regen in den Herzen der Menschen. Es ist nicht selten geschehen, daß sie in den Kirchen, da man früher meist nur in lateinischer Sprache redete, wie aus einem Munde ein geistliches Lied in der Mutter- sprache zu singen anfingen; es wußte keiner, wer den Anfang ge- macht hatte; aber sie sangen es alle mit, recht aus Herzensgründe. So ein Lied hat oft mehr gewirkt als eine Predigt; sonderlich sangen sie gern das Lied des Paul Speratus: Es ist das Heil uns kommen her . aus Gnad' und lauter Güte. Im Herzen waren die Märker längst dem Luther zugethan, und wenn's auf sie augekommen wäre, so wäre der evangelische Gottesdienst und die evangelische Predigt, wie es zu Wittenberg und anderswo der Fall war, sogleich eingeführt worden. Aber Kurfürst Joachim I. dachte anders. Der regierte damals die Marken mit kräftiger Hand. Es war nicht gut gethan, ihm zu widersprechen; denn er war ein strenger Herr und Gebieter. Die Adlichen, welche es noch liebten, hinter den Büschen in den Haiden zu liegen und auf die reichen Kaufherrn, die mit ihren Gütern ^zur Messe reiseten, zu lauern, wußten davon zu erzählen. Der strenge Fürst hatte ihrer viele schimpflich hinrichten lassen; er wollte solche Landschädiger nicht dulden. Seitdem fürchtete man ihn. Die Reformation widerstrebte ihm. Es war ihm ein Gräuel, daß ein schlichtes Mönchlein sich unterfangen hatte, die Kirche Jesu Christi zu reformiren. An dem Werke waren ftüher Fürsten zu Grunde gegangen. Es hatte ihn auch der Aufruhr der Bauern in Thüringen und Franken geärgert. Diese hatten das Wort Gottes von der Freiheit des Christenmenschen schlecht ver- standen, hatten die Fahne der Empörung aufgepflanzt und waren plündernd und mordend durch Deutschland gezogen. Es waren Gräuel geschehen, davor man erschrickt, wenn man davon hört. Nur mit Mühe waren die Fürsten der Bauern Meister geworden und hatten sie zu Tausenden erschlagen. Joachim aber meinte, das habe der Luther angerichtet, und der war doch unschuldig an dem thörichten und sündhaften Unterfangen der Bauern. —- Es mag auch wohl wahr sein, daß der Kurfürst mit Neid auf die

16. Schul-Lesebuch - S. 135

1863 - Berlin : Stubenrauch
135 Da nun Luther die heilige Schrift zu verdeutschen anfing, las man das Wort Gottes begierig, so jemand lesen konnte; denn diese Kunst verstanden nicht Viele. Desto eifriger hörten sie zu, wo das Wort Gottes lauter und rein verkündigt wurde. Wie die warme Frühlingssonne den Schnee hinwegschmilzt, der aus unsern Feldern liegt; es kommen die grünen Blätter der Saat hervor, und bald gleicht das Land einem schönen grünen Teppich: also thaute das lebendige Wort Gottes den thörichten Aberglau- den hinweg, und es begann sich wieder ein neues Leben zu regen in den Herzen der Menschen. Es ist nicht selten geschehen, daß sie in den Kirchen, da man früher meist nur in lateinischer Sprache redete, wie aus einem Munde ein geistliches Lied in der Mutter- sprache zu singen anfingen; es wußte keiner, wer den Anfang ge- macht hatte; aber sie sangen es alle mit, recht aus Herzensgründe. So ein Lied hat oft mehr gewirkt, als eine Predigt; sonderlich sangen sie gern das Lied des Paul Speratus: Es ist das Heil uns kommen her aus Gnad' und lauter Güte. Im Herzen waren die Märker längst dem Luther zugethan, und wenn's auf sie angekommen wäre, so wäre der evangelische Gottesdienst und die evangelische Predigt, wie es zu Wittenberg und anderswo der Fall war, sogleich eingeführt worden. Aber Kurfürst Joachim I. dachte anders. Der regierte damals die Marken mit kräftiger Hand. Es war nicht gut gethan, ihm zu widersprechen; denn er war ein strenger Herr und Gebieter. Die Adligen, welche es noch liebten, hinter den Büschen in den Haiden zu liegen und auf die reichen Kaufherrn, die mit ihren Gütern zur Messe reiseten, zu lauern, wußten davon zu erzählen. Der strenge Fürst hatte ihrer viele schimpflich hinrichten lassen; er wollte solche Landschädiger nicht dulden. Seitdem fürchtete man ihn. Die Reformation widerstrebte ihm. Es war ihm ein Gräuel, daß ein schlichtes Mönchlein sich unterfangen hatte, die Kirche Jesu Christi zu reformiren. An dem Werke waren früher Für- sten zu Grunde gegangen. Es hatte ihn auch der Aufruhr der Bauern in Thüringen und Franken geärgert. Diese hatten das Wort Gottes von der Freiheit des Christenmenschen schlecht ver- standen, halten die Fahne der Empörung aufgepstanzt und waren plündernd und mordend durch Deutschland gezogen. Es waren Gräuel geschehen, davor man erschrickt, wenn man davon hört. Nur mit Mühe waren die Fürsten der Bauern Meister geworden und hatten sie zu Tausenden erschlagen. Joachim aber meinte, das habe der Luther angerichtet, und der war doch unschuldig an dem thörichten und sündhaften Unterfangen der Bauern. — Es mag auch wohl wahr sein, daß der Kurfürst mit Neid auf di?

17. Geschichte des Mittelalters - S. 467

1854 - Weimar : Böhlau
461 die Masse des Stoffes nicht zu beherrschen wissen. Dem derben Volkshumor des emporstrebenden Bürgerstandes gefielen Schwänke (komische Erzählungen aus dem Volksleben) Fabeln und Bei- spiele (lehrreiche Erzählungen). Die Poesie wurde immer mehr didaktisch und an die Stelle der epischen Dichtung traten gereimte Chroniken, kleinere Erzählungen und Legenden. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich auch die Lyrik zu schö- ner und reicher Blüthe. Das Volk feierte in Liedern Helden und Heldenthaten, es sang Tanzlieder beim Beginn des Sommers und Winters, bei Hochzeitsfesten und anderen Gelegenheiten. Auf die- sem Grunde baute die Geistlichkeit fort, indem sie in deutscher Sprache geistliche Gesänge für das Volk verfaßte, Marienlieder, Gebet- und Festtagslieder, Schiffs-, Kriegs- und Siegsgesänge und Gesänge der Kreuzfahrer und Pilger. Fahrende Geistliche such- ten auch die Höfe auf und dichteten sehr weltliche Lieder, Liebeslie- der und Trinklieder. Diese Lieder der Geistlichen waren oft latei- nisch, bisweilen aus Lateinischem, Deutschem und auch Französi- schem zusammengesetzt. Den Fußstapfen der Geistlichen folgten rit- terliche Sänger, welche die Lyrik zu einer Kunstbichtung im Geiste der Zeit machten und ihr die Gunst der Höfe gewannen. Welchen Einfluß auf die höfische Lyrik die französische Poesie ausgeübt hat, ist noch eine von den Gelehrten nicht entschiedene Frage. Anfangs schlossen sich die Lieder der höfischen Sänger der einfacheren Weise des Volkes an, aber um 1180 entfaltete sich mit Heinrich von Veldeke, der als der Stifter aller höfischen Dichtung gilt, die höfische Lyrik der Edlen oder der Minnegesang, ausgezeich- net durch die kunstvollere Form und das Vorwalten minniglicher Stoffe. Die Mmnelieder waren dazu bestimmt, in Begleitung der Saiteninstrumente, der Zither oder Geige, gesungen zu werden. Das einstrophige Lied kam ab und das vielstrophige in Gebrauch; auf zwei in ihrer Form sich entsprechende Strophen folgte eine dritte, jenen ungleiche, so daß die Lieder 3, 5 oder 7 Strophen hatten. Während früher zwei auf einander folgende Zeilen gereimt worden waren, ging man weiter zum Ueberschlagen der Reime und zu im- mer künstlicheren Reimverschlingungen, aus denen zuletzt ein leeres Wortgeklingel wurde. Neben der Form des dreitheiligen Strophen- baues gab es noch eine freiere, nach der Musik sich richtende Lie- derform, die Leiche, welche, wenn der Inhalt ein religiöser war, Sequenzen genannt wurden. Eine dritte Form war die der Sprüche, d. h. einzelne, meistens größere, aus langen Versen be- stehende Strophen. Der vorherrschende Inhalt der Kunstlyrik, welche im Laufe des 13. Jahrhunderts sich in einer ungemeinen Fülle der lieblichsten Blüthen entfaltete, war die Minne, die Liebe, bald die Verehrung und Sehnsucht, bald das Glück des Liebenden, das gesellige Leben bei Hofe, der Tanz mit den Frauen, das Tur- nier um ihren Dank. Auch der Wechsel der Tages- und der Jah- reszeiten, der Mai mit Blumen und Vogelfang, der Winter mit Schnee und Eis, die Verehrung der heiligen Jungfrau, die Zu- stände des Vaterlandes, die Gunst und Milde der Fürsten bilden den Inhalt dieser Lieder. Die ritterlichen Sänger sangen ihre Lie- der in den höheren Kreisen des Lebens, auf den Burgen der Für- 36 *

18. Neuzeit - S. 388

1894 - Halle a.S. : H. Peter
— 388 - stammt. Einen mächtigen Einfluß auf die Kriegsführung hat das 1845 Zündnadelgewehr hervorgebracht, das 1845 Dreyse zu Sömmerda in der Provinz Sachsen erfand, und dem ein nicht geringer Anteil an den preußischen Erfolgen von 1866 zuzuschreiben ist. Neben den hier aufgezählten Erfindungen aber giebt es noch eine fast unerschöpfliche Menge von solchen, welche weniger in die Augen springender Natur sind, obgleich sie in ihrer Gesamtheit eine gar nicht gering anzuschlagende Bedeutung für die Entwickelung unserer heutigen Industrie und unserer ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse besitzen. Die Dichtkun ft, in den Händen der Meistersänger ohnehin zur bloßen Reimerei herabgesuuken, verstummte mit dem Ausgange des Mittelalters fast gänzlich, wenigstens soweit sie weltlicher Natur war. Nur das Kirchenlied bildete den Gegenstand regen poetischen Schaffens, Dank der aufmunternden Thätigkeit Martin Luthers, der die tiefe Einwirkung des religiösen Gesanges aus das Gemüt des Menschen sehr wohl erkannte und ihm deshalb eine nicht unwichtige Stelle im evangelischen Gottesdienste anwies. Er selbst übersetzte eine Reihe älterer lateinischer Kirchengesänge, bearbeitete verschiedene Psalmen und dichtete zugleich mehrere frei empfundene geistliche Lieder, wobei er den einfachen Bau und die kunstlose Form des heimischen Volksliedes anwandte und leicht faßliche Melodien teils selbst komponierte, teils anderswo entlehnte. Sein Beispiel erweckte zahlreiche Nachahmer, und so entwickelte sich im 16. Jahrhundert ein neuer Volksgesang, dem bisherigen ähnlich, aber mit religiösem Inhalt, um in überaus wirksamer Weise dazu beizutragen, die Reformation in den deutschen Landen zu verbreiten und zu befestigen. Zu den geistlichen Liederdichtern jener Zeit gehören Pauk Speratus, der als Bischof in Preußen starb, Nikolaus Decius, Pfarrer in Stettin, Michael Weise, Pfarrer der böhmischen Brüder zu Landskrone, Nikolaus Herr mann, Kantor in Joachimsthal, B a rth o lo-mäus Ningwaldt, Pfarrer zu Lengefeld in der Mark, Philipp Nicolai, Pfarrer in Hamburg, und Nikolaus Seluecker, Profeffor und Superintendent in Leipzig. Auch im 17. Jahrhundert beherrschten die religiösen Ideen das gesamte Leben in solchem Maße, daß das geistliche Lied einen Hauptbestandteil der deutschen Dichtung ausmachte; doch nahm dasselbe in Ton und Behandlungsweise bereits vielfach eine von der früheren abweichende Gestalt an. Der bedeutendste der 1006 damaligen kirchlichen Sänger war Paul Gerhard, geboren zu bis ^ Gräfenhainchen in der Provinz Sachsen und zuerst Pfarrer zu 1670 Mittenwalde und dann zu Berlin, wo er unter dem großen Kurfürsten fein Amt niederlegen mußte, um bald nachher einen

19. Theil 2 - S. 226

1875 - Leipzig : Brandstetter
226 Der König reitet kühn, Sang lautes Lied, Und alle jungen Kyrie Eleyson. Sang war gesungen, Schlacht ward begonnen, Blut schien in den Wangen Spielender Franken. Da rächt Jeder sich, Keiner wie Lndewig. Gelobt sei Gottes Kraft! Ludewig war sieghast; Sagt allen Heiligen Dank'. Sein ward der Siegkampf" :c. Auch der eben erst erwähnten Nonne, Roswitha, wollen wir nicht vergessen nochmals Erwähnung zu thun; ihre sechs Komödien behandeln Stoffe, die sich für eine Nonne nicht allzugut schicken, obschon sie das Lob des frommen Klosterlebens zum Ziel- und Endpunkt haben; sie sind jedenfalls kulturhistorisch von größerem Werth, als man ihnen Feinheit und poetisches Gefühl zuschreiben darf. Legenden und Wundersagen verbreiteten sich unglaublich rasch im zwölften Jahrhundert. Eine der größten Sammlungen befindet sich in der aus derselben Zeit stammenden Kaiserchronik, und in dem sogenannten Hannoliede, einem Lobgesang auf den heiligen Hanno, welcher, von der Erschaffung der Welt und dem Sündenfall ausgehend, die Verbreitung des Christenthums in Franken zum Gegenstände hat. 4. Die heidnische Profanpoesie. Heldenlieder. Aus der fernsten, ältesten Zeit ist uns die Sage von Liedern übrig geblieben, durch welche unsere Vorfahren die Thaten ihrer Helden und die Siege ihrer Könige mit Gesang feierten, wie wir uns dessen aus der Zeit des homerischen Griechenlands erinnern. Zum Feste durfte der Sänger nicht fehlen, der stets geehrte, überall willkommene, als freund des Hauses und Freudenbringer den Gästen. Aus der Erzählung des Tacitus wissen wir, daß die Deutschen den Gott Tuisco, den Erdgebornen und dessen Sohn Manns in Liedern gefeiert haben; auch berichtet er, daß die Schlacht im Teutoburger Wald und der Held Arminius in Liedern besungen ward. ^ _ .. i Von diesen urältesten Schätzen der deutschen Volkspoejie ist nichts erhalten worden. Sie sind untergegangen mit den Stämmen, welchen ;

20. Das Mittelalter und die Neuzeit - S. 3

1895 - Leipzig : Voigtländer
4 erschien. Ein frischer Geist weht in dem Vo lkslied, das sich immer reicher zu entwickeln begann. In die letzten Zeiten des Mittelalters (seit c. 1300) fllt auch die Entstehung des deutschen Dramas (Fast-nachts- und Osterspiele). 4. Zeitalter der Reformation. Zur Zeit der Reformation erreichte der Meistergesang indem ungemein fruchtbaren Nrnberger Poeten Hans Sachs (gest. 1576) seinen Hhepunkt. Das von Luther begrndete evangelische Kirchen-lied (Eine feste Burg", Aus tiefer Not" je.) entwickelte sich krftig und reich. Der bedeutendste Kirchenliederdichter nchst Luther war Paul Gerhardt, dessen fromme Gesnge im gesamten deutsch-evangelischen Volke leben. Paul Fleming dichtete neben einzelnen geistlichen auch schne weltliche Lieder. Die katholische Kirche hatte einen Dichter von zarter Empfindung in dem Jesuiten Spee, der geistliche Hirtengesnge und Loblieder auf den Schpfer sang. Verwandter Art sind die Dichtungen von Johann Scheffler, der sich, seitdem er katholisch geworden, Angelus Silesius nannte. 5. Das Zeitalter Friedrichs des Groen. vorblte der neuen Bltezeit. Seit dem Dreiigjhrigen Kriege lag die deutsche Dichtung darnieder. Der Einflu Frankreichs war auch in dieser Hinsicht nur nachteilig. Selbst die deutsche Sprache erlitt durch das Eindringen franzsischer und italienischer Fremdwrter schmhliche Verunstaltungen. Im Zeit-alter Friedrichs des Groen dagegen begann ein groartiger Auf-schwung des geistigen Lebens, der zunchst und vorzugsweise auf dem Gebiete der Dichtung sich in umfassendster Weise geltend machte. Frei-lich sagte Friedrich zu Anfang des Siebenjhrigen Krieges von sich selbst: Ich habe von Jugend auf kein deutsch Buch gelesen und spreche das Deutsche sehr schlecht; jetzo bin ich ein Mann von 46 Jahren und habe keine Zeit mehr dazu." Gleichwohl kam nach Goethes Wort der erste wahre^ und hhere eigentliche Lebensgehalt durch Friedrich den Groen und die Thaten des Siebenjhrigen Krieges in die deutsche Poesie." Es war die Persnlichkeit des groen Knigs, die auf alle Gemter wirkte." Er gab dem deutschen Volk einen Helden, dessen Ruhm die Welt erfllte; seine Grothaten gewhrten der Poesie den wrdigsten Stoff. Rasch erfolgte die Wirkung dieser fruchtbaren Anregung. - Friedrich selbst erlebte noch den