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1. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 81

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
81 d e Brahe wurde eigentlich nur mit den Brocken gespeist, welche von der Tafel ihrer Afterschwester fielen. Allgemein verbreitet war die Sitte, sich einen Hosastrologen zu halten, welcher namentlich den fürstlichen Kindern ihre „Nativität" zu stellen hatte. In den Archiven lagern noch jetzt in Masse jene wunderlichen Ausgeburten blinder Wissenschaft: Tabellen, die kein vernünftiger Mensch versteht, und die ihr Verfasser wohl selbst mehr zusammenphantasiert als berechnet hat. Der Adel war, wie erwähnt, in allen diesen Dingen, soweit es Der ihm seine Mittel erlaubten, das Spiegelbild der höheren Fürstlichkeit. Es hatte sich schon im sechzehnten Jahrhundert in seiner Stellung eine bedeutsame Änderung vollzogen, die ihm wenigstens teilweise zum Vorzug gereichte. Auf den Anschluß an die Höfe war er direkt angewiesen, denn die Reformation raubte ihm in den geistlichen Stiftern zahlreiche Versorguugsanstalten für seine Kinder: die Töchter wurden statt in den Klöstern, an den Höfen untergebracht. Mit dem Straßenraub war es vorbei, seit die Landesfürsten ihre erstarkte Territorialgewalt zur Sicherung der Landstraßen verwendeten; selbst der raublustige märkische Adel, der noch zur Zeit Joachims I. (1499—1535) so manchen Wegelagerer und Pferdedieb gestellt hatte, ließ von seiner Liebhaberei und versuchte aus seinem Grund und Boden etwas herauszuwirtschaften. Es war für den Edelmann nicht leicht, anständig durchzukommen; längst machte ihm selbst im Heerdienst ein wohlgeschulter Berufssoldat von bürgerlicher Abkunft erfolgreiche Konkurrenz. Götz von Berlichingen brachte es zeit seines Lebens nur zum „Reiterführer", fein jüngerer bürgerlicher Berufsgenosse Sebastian Schärtlin von Bnrtenbach (geb. 1498, gest. 1577), Soldat und Staatsmann zugleich, hat als Generalkapitän große Heere befehligt und sich dabei ein schönes Vermögen zu erwerben verstanden. Einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der einschlägigen Verhältnisse bilden die Memoiren beider: Götz' Denkwürdigkeiten zeigen so recht, wie fremd der gealterte Reitersmann feiner Zeit gegenüberstand. So mußte sich der Edelmann denn bequemen, selbst den Studien nachzugehen, um sich später als fürstlicher Rat fortzuhelfen, wenn ihm die nüchterne Stellung eines Hofjunkers, das geistlose Wesen eines Jagdjunkers nicht behagte. Für die Wissenschaft selbst hat der Adel im sechzehnten Jahrhundert nichts geleistet. Er mußte sich in den friedlichen Beschäftigungen erst die Geschicklichkeit erwerben, welche der Deutsche Kulturgeschichte. Iii. g

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1. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 436

1895 - Gera : Hofmann
436 Viertes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der deutschen Reformation. Kenntnisse und Aneignung weltmännischer Bildung aus die Universitäten Italiens und an den Hos von Paris zu schicken. Da ging denn viel nationaler Sinn verloren: mit fremder Sprache, Sitte und Unsitte brachten die jungen Fürsten die Geringschätzung des Vaterländischen heim. An mehreren Höfen war im Anfang des Xvii. Jahrhunderts das Französische schon elegante Hofsprache. Als 1613 Elisabeth Stuart als Pfalzgräfin in Heidelberg einzog, sagten geschmückte Kinder französische Phrasen auf. Ihre Töchter Elisabeth und Agnes waren schon als Kinder des französischen Stils mächtig, und Elisabeth schrieb später in italienischer Sprache petrarkische Madrigale. In Anhalt und Hessen trieb man die französische Sprache; in Berlin war im Jahre 1617 an der ersten Kavalierstafel, der „Grafentafel", die Unterhaltung französisch. Auch die an sich nicht tadelnswerte Kunstliebhaberei deutscher Fürsten, ihre Begünstigung wissenschaftlicher, namentlich mathematischer und physikalischer Bestrebungen kommt zum großen Teil auf Rechnung derselben Nachahmungssucht: es galt als vornehm, sich Museen anzulegen, Gemälde, Münzen, geschnittene Steine u. a. zu sammeln. Die Vorliebe für die Physik und Mathematik hing hauptsächlich mit der Alchemie und Astrologie zusammen, deren Probleme die hohen Herren aufs äußerste interessierten; die wahre Wissenschaft eines Kepler und Tycho de Brahe wurde eigentlich nur mit den Brocken gespeist, welche von der Tafel ihrer Afterschwester fielen. Allgemein verbreitet war die Sitte, sich einen Hofastrologen zu halten, welcher namentlich den fürstlichen Kindern ihre „Nativität" zu stellen hatte. In den Archiven lagern noch jetzt in Masse jene wunderlichen Ausgeburten blinder Wissenschaft: Tabellen, die kein vernünftiger Mensch versteht, und die ihr Verfasser wohl selbst mehr zusammenphantasiert als berechnet hat. Der Adel war, wie erwähnt, in allen diesen Dingen, soweit es ihm seine Mittel erlaubten, das Spiegelbild der höheren Fürstlichkeit. Es hatte sich schon im Xvi. Jahrhundert in seiner Stellung eine bedeutsame Änderung vollzogen, die ihm wenigstens teilweise zum Vorzug gereichte. Auf den Anschluß an die Höfe war er direkt angewiesen, denn die Reformation raubte ihm in den geistlichen Stiftern zahlreiche Versorgungsanstalten für seine Kinder: die Töchter wurden statt in den Klöstern, an den Höfen untergebracht. Mit dem Straßenraub war es vorbei, seit die Landesfürsten ihre erstarkte Territorialgewalt zur Sicherung der Landstraßen verwendeten; selbst der raublustige märkische Adel, der noch zur Zeit Joachims I. (1499—1535) so manchen Wegelagerer und Pferdedieb gestellt hatte, ließ von seiner Liebhaberei und versuchte aus seinem Grund und Boden etwas' herauszuwirtschaften. Es war für den Edelmann nicht leicht, anständig durchzukommen; längst machte ihm selbst im Heerdienst ein wohlgeschulter Berufssoldat von bürgerlicher Abkunft erfolgreiche Konkurrenz. Götz von Berlichingen brachte es zeit seines Lebens nur zum „Reiterführer", fein jüngerer, bürgerlicher Berufsgenosse Sebastian Schärtlin von Burtenbach (geb. 1498, gest. 1577), Soldat und Staatsmann zugleich, hat als Generalkapitän große Heere befehligt und sich dabei ein schönes Vermögen zu erwerben verstanden. Einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der einschlägigen Verhältnisse

2. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 437

1895 - Gera : Hofmann
23. Fürsten, Adlige, Bürger und Bauern im Zeitalter der Reformation. 437 bilden die Memoiren beider: Götz' Denkwürdigkeiten zeigen so recht, wie fremd der gealterte Reitersmann seiner Zeit gegenüberstand. So mußte sich der Edelmann denn bequemen, selbst den Studien nachzugehen, um sich später als fürstlicher Rat fortzuhelfen, wenn ihm die nüchterne Stellung eines Hofjunkers, das geistlose Wesen eines Jagdjunkers nicht behagte. Für die Wissenschaft selbst hat der Adel im Xvi. Jahrhundert nichts geleistet. Er mußte sich in den friedlichen Beschäftigungen erst die Geschicklichkeit erwerben, welche der Bürgerstand längst besaß: vorzugsweise aus diesem wurden noch lange die höchsten Regierungsbeamten genommen. Weltmännische Bildung, Wohlstand und Freude am Genuß hatten auch noch im Xvi. Jahrhundert ihre Heimstätte wesentlich in den Patrizier- Deutsckies Patrizierpaar um 1550. samilien der größeren Reichsstädte: sie übten den wichtigsten Einfluß aus die Industrie, den Luxus, die Mode aus. Denn da sie sich zuerst gewohnt hatten, ihre Sohne nach Italien zu schicken, — oft um dort die Rechte zu studieren, damit sie später Räte und Freunde fürstlicher Herren werden konnten, — so wurde auf diesem Wege nicht minder, als durch den Handelsverkehr vieles Fremdartige nach Deutschland eingeschleppt. Im allgemeinen freilich herrschte im ganzen Xvi. Jahrhundert die spanisch-niederländische Tracht mit ihrem gestutzten Haupt- und Barthaar, ihrem nur bis zum Gürtel reichenden enganliegenden Wams, ihren Wülsten um die Oberschenkel, ihrem zweckwidrig verkürzten und verengten Mantel und ihrem schmal-krempigen Hut.

3. Lektüre zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 13

1910 - Leipzig : Wunderlich
Die Reformen des Freiherrn vom Stein. 13 selbst, und so versteht man es, daß er an dem, was das Edikt zugunsten des Grundadels enthielt, ebensowenig prinzipiellen Anstoß fand wie an dem, was er ihm nahm. Der Adel verlor dadurch zunächst fast mit einem Schlage die Rechte, die ihm aus der Erbuntertänigkeit der Bauern zustanden. „Mit dem Martinitag 1810 hört alle Gutsuntertänigkeit in Unseren fürstlichen Staaten auf. Nach dem Martinitage 1810 gibt es nur freie Leute." Was unter Erbuntertänigkeit alles zu verstehen sei, sagte das Edikt nicht, — etwas vage und salopp darin, wie manche der Reformgesetze. Aber jeden- falls war der Bauer fortan nicht mehr verpflichtet, die Erlaubnis seines Gutsherrn einzuholen, wenn er seinen Hof verlassen, wenn er heiraten, wenn er seine Kinder ein Gewerbe lernen oder sie studieren lassen wollte; er war nicht mehr gezwungen, seine Kinder dem Gutsherrn zum Gesinde- dienst zu überlassen. Er schuldete ihm sortan nur diejenigen Verbindlich- keiten, die ihm als freiem Manne „vermöge eines Grundstücks oder vermöge eines besonderen Vertrages obliegen". Dem Adel und dem Bauern gemeinsam zugute kommen sollte die Freiheit des Güterverkehrs, die das Edikt gewährte. Die ständische Gliederung hatte sich, wie wir uns erinnern, dermaßen in den Grund und Boden eingegraben, daß es adlige Güter gab, die kein Bauer und Bürger, und bäuerliche Güter, die kein Edelmann ohne weiteres er- werben durfte. Diese Schranken fielen. Jeder Edelmann durfte fortan bäuerliche und bürgerliche, jeder Bürger und Bauer adlige Grundstücke ohne besondere Erlaubnis erwerben. Durch diese Vergrößerung des Käuferkreises und Erleichterung des Besitzwechsels sollte und mußte auch der Wert der Grundstücke erhöht werden. Das Edikt ging aber über das agrarische Gebiet noch hinaus und löste auch diejenigen Fesseln, die bisher den Gewerbebetrieb an bestimmte Stände gebunden hatten. „Jeder Edelmann", bestimmte es, „ist ohne allen Nachteil seines Standes befugt, bürgerliche Gewerbe zu betreiben, und jeder Bauer ist berechtigt, aus dem Bauer- in den Bürger- und aus dem Bürger- in den Bauern- stand zu treten." Damit wurde wenigstens in den Augen der Gesetz- geber und des Gesetzes das Wesen des „Standes" überhaupt verändert, die Bindung des einzelnen Individuums an ihn hörte auf. Aus den Ständen der Gesellschaft wurden Klassen, in die der einzelne nach freier Entscheidung und nach dem Maße seiner wirtschaftlichen Kräfte ein- treten konnte. Der Bürger und Bauer konnte zwar nicht gerade Edel- mann werden, aber er konnte edelmännischen Beruf und edelmännische Lebensweise ergreifen. Es konnten und sollten soziale Zustände er- wachsen, wie sie in England bestanden, wo eine gentry aus adligen und unadligen Grundbesitzern erwachsen war und der unbegüterte Sohn des Edelmanns in das bürgerliche Leben übergehen und durch Industrie und Handel sich wieder emporarbeiten konnte. Freilich mußten zu dem Gesetze auch noch die Sitte und das Her-

4. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 294

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
294 Deutsche Einrichtungen und Zustände vom Ende des Zwischenreiches in Westfalen und Oberhessen gingen Hunderte von Adelsgeschlechtern zu Grunde. Die adligen Güter gingen an bürgerliche oder geistliche Besitzer über. Zugleich verlor der Adel seinen alten Vorrang in den Heeren an die bäuerlichen Landsknechte, und aus den Verwaltungen begannen die gelehrten Juristen ihn langsam zu verdrängen. Und doch hielt der Edelmann zähe an seinen alten Anschauungen und Ansprüchen fest, ja er steigerte sie im 15. Jahrhundert. Hatte er früher den städtischen Patriziern das Turnierrecht zugestanden, so hörte das jetzt allmählich auf; mit Verachtung sah er auf die „Krämer" und „Pfeffersäcke" herab. Jede eigentlich wirtschaftliche Arbeit wies er von sich, er wollte nur mit feiner Person und mit der Waffe dienen, er brachte seine jüngeren Söhne in die Domkapitel, er drängte sich zum Hof- und Beamtendienst der Fürsten, er wollte vor allem immer noch seinen Stand als den bevorrechteten Kriegerstand anerkannt sehen. Konnte er diesem Berus nicht daheim in einer der zahllosen Fehden obliegen, so zog er oft abenteuernd in ferne Länder aus „Ritterschaft" aus, nach Frankreich oder Spanien und Portugal, um sich nicht zu „verliegen." So trieb es die große Mehrheit des deutschen Adels ohne jeden Nutzen für die Nation. Nur feine tüchtigsten Leute fanden in der fürstlichen Verwaltung und bald auch als Führer der Landsknechte Verwendung. Zwischen dem Adel und den Städten bildete der Kriegszustand nicht die Ausnahme, sondern beinahe die Regel. Haß und Beutelust trieb bald den, bald jenen Edelmann zur „Absage," wenn er nicht vorzog, ohne solche Förmlichkeit die Fehde zu eröffnen. Jeder Vorwand war ihm recht und Bundesgenossen fand er immer. Zwar den Mauern der Städte konnten die schwachen Reiterhaufen nichts anhaben, aber sie brannten städtische Dörfer nieder und überfielen Warenzüge oder Schiffe. Fiel ein Fehder den erbitterten Bürgern in die Hände, dann endete er zweifellos am Galgen oder unter dem Henkerschwert als ein Räuber. Aus solchen Verhältnissen entwickelten sich Ritter wie Franz von Sickingen, Götz von Berlichingen, Mangold von Eberstein. Aber auch in den Städten hatte der Wohlstand und der damit in Verbindung stehende Luxus zu großen Übelständen geführt, welche die städtische Bevölkerung unruhig machte. Die großen Kaufleute hatten sich zu Handelsgesellschaften zusammengeschlossen und trieben den „Großwucher." Da sie den Handel mit den ausländischen Waren fast allein in den Händen hatten, so fetzten sie die Preise dieser Waren

5. Deutsche Geschichte bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges - S. 269

1906 - Paderborn : Schöningh
Fürsten, Adlige und Brger in der zweiten Hlfte des 16. Jahrhunderts. 269 Auch die an sich nicht tadelnswerte Kunstliebhaberei deutscher Fürsten, ihre Begnstigung wissenschaftlicher, namentlich mathematischer und Physika-lischer Bestrebungen kommt zum groen Teil auf Rechnung derselben Nach-ahmungssucht; es galt als vornehm, sich Museen anzulegen, Gemlde, Mnzen, geschnittene Steine u. a. zu sammeln. Die Vorliebe fr die Physik und Mathematik hing hauptschlich mit der Alchimie und Astrologie zusammen, deren Probleme die hohen Herren aufs uerste interessierten; die wahre Wissenschaft eines Kepler und Tycho de Brahe wurde eigentlich nur mit den Brocken gespeist, welche von der Tafel ihrer Afterschwester fielen. Allgemein verbreitet war die Sitte, sich einen Hofastrologen zu halten, welcher namentlich den frstlichen Kindern ihre Ratitiitt"1 zu stellen hatte. In den Archiven lagern noch jetzt in Masse jene wunderlichen Ausgeburten blinder Wissenschaft: Tabellen, die kein vernnftiger Mensch versteht, und die ihr Verfasser wohl selbst mehr zusammenphantasiert als berechnet hat. Der Adel war, wie erwhnt, in allen diesen Dingen, soweit es ihm seine Mittel erlaubten, das Spiegelbild der hheren Frstlichkeit. Es hatte sich schon im 16. Jahrhundert in seiner Stellung eine bedeutsame nderung vollzogen, die ihm wenigstens teilweise zum Vorzug gereichte. Auf den Anschlu an die Hfe war er direkt angewiesen, denn die Reformation raubte ihm in den geistlichen Stiftern zahlreiche Versorgungsanstalten fr seine Kinder: die Tchter wurden statt in den Klstern an den Hfen unter-gebracht. Mit dem Straenraub war es vorbei, seit die Landesfrsten ihre erstarkte Territorialgewalt zur Sicherung der Landstraen verwendeten; selbst der raublustige mrkische Adel, der noch zur Zeit Joachims I. (14991535) so manchen Wegelagerer und Pferdedieb gestellt hatte, lie von seiner Liebhaberei und versuchte aus seinem Grund und Boden etwas heraus-zuwirtschaften. Es war fr den Edelmann nicht leicht, anstndig durchzukommen; lngst machte ihm selbst im Heerdienst ein wohlgeschulter Berufssoldat von brger-licher Abkunft erfolgreiche Konkurrenz. Gtz von Berlichingen brachte es zeit seines Lebens nur zum Reiterfhrer", sein jngerer, brgerlicher Berufsgenosse Sebastian Schrtlin von Burtenbach (geb. 1498, gest. 1577), Soldat und Staatsmann zugleich, hat als Generalkapitn groe Heere befehligt und sich dabei ein schnes Vermgen zu erwerben verstanden. Einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der einschlgigen Verhltnisse bilden die Memoiren beider: Gtz' Denkwrdigkeiten zeigen so recht, wie fremd der gealterte Reitersmann seiner Zeit gegenberstand. So mute sich der Edelmann denn bequemen, selbst den Studien nach- 1 Die Nativitt ist der Stand der Gestirne in der Geburtsstunde eines Menschen und sein hiervon nach dem Glauben der Astrologen abhngiges Schicksal.

6. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 174

1880 - Hannover : Klindworth
174 Einiges aus der Geschichte Hannovers ihre eigenen durch Privilegien geschützten Gerichte. Erst in Folge der Ereignisse des Jahres 1848 ist in unserem Lande die Verwaltung von der Justiz getrennt und haben die Städte ihre selbständige Juris- diktion aufgegeben. Diese eben geschilderten Einrichtungen, zwar von Ernst Augusts unmittelbaren Vorgängern ins Leben gerufen, fanden erst durch ihn ihre wahre Vollendung. Gleicher Weise ist er aber auch als Begründer der Hannoverschen Armee anzusehen. Erst in seiner Zeit verschwand das Aufgebot des dienstpflichtigen Adels. Auch das Hofleben gewann eine andere Gestalt. Bis dahin hatte es am fürstlichen Hofe wenig Ceremoniell gegeben; die Hofhaltung war im ganzen einfach gewesen, sich wenig von der bürgerlichen Lebens- weise entfernend. Der einzige Luxus, durch welchen sich der fürstliche Hof auszeichnete, bestand in Abhaltung größerer Gelage, über deren Maßlosigkeit alle Gebildeten klagten, oder in großen Jagdfesten. Jetzt wurden feinere Sitten eingeführt, wobei der glänzende Französische Hof Ludwigs Xi V und die eleganten Lebensformen der damaligen Italienischen Gesellschaft als Vorbild dienten. Nach Venedig nament- lich zogen unsere Fürsten gern, um dort die Freuden des Karnevals zu genießen, und waren der Stadt liebe und hochgeehrte Gäste. Von dort aus brachten sie die ersten Anregungen für mancherlei Kunftbestre- bungen mit. Hannover erhielt eine italienische Oper, eine Musik- Kapelle, die Anfänge von Kunstsammlungen. Der Herrenhäuser Garten, schon von Ernst Augusts ihm in der Herrschaft vorangegan- genen Bruder Johann Friedrich angelegt, erhielt unter ihm seine Vollendung, namentlich durch seine noch unübertroffen dastehenden Wasserkünste. Der Fürst, früher dem Adel und der bürgerlichen Be- völkerung näher stehend, in den Städten z. B. öfter an den Gastereien der angesehenen Bürger Antheil nehmend, zog sich vom Volke mehr und mehr zurück, durch die Schranken der Etikette von ihm getrennt, aber auch in eigener, freier Bewegung vielfach durch sie gehemmt. Mit den Französischen feineren Lebensformen zog aber auch Franzö- fische Sittenlosigkeit und namentlich Unkeuschheit ein; Töchter und Frauen des Adels gaben sich dazu her, der Fürsten Maitressen zu werden, und wenn, kaum hundert Jahre vorher, Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig sein unerlaubtes Verhältnis zu Eva von Trott mit äußerster Mühe geheim zu halten suchte, so wurden jetzt der- gleichen sündhafte Verhältnisse offen zur Schau gestellt. — Manches geschah auch zur Förderung der Wissenschaften. Schon unter Johann Friedrich war Leibniz an den Hannöverschen Hof gekommen, ein Mann, der wie kein zweiter jener Zeit alle Gebiete menschlichen Wissens um- faßte. Ernst Augusts Gemahlin, Sophie von der Pfalz, eine ebenso

7. Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 305

1903 - Breslau : Goerlich
Ii 305 war; er kümmerte sich also wenig um sein Vaterland. Der bedrückte Bauer vernachlässigte sein eigenes und das Feld seines Gutsherrn, so daß das Land weit weniger Ertrag brachte, als bei guter Bewirtschaftung. (Doch hatte diese Unfreiheit einen Vorteil für den Bauern: die Herrschaft gab ihm einen Teil des Lohnes in Getreide, Kartoffeln, Vieh und mußte im Falle einer Krankheit oder Hungersnot für ihn sorgen; er konnte also nicht gerade verhungern, führte aber meist ein erbärmliches Leben.) Wann wurde das Grundeigentum freigegeben? Es heißt in diesem Erlasse: „Wir haben erwogen, daß die vorhandenen Beschränkungen teils in Besitz und Genuß des Grundeigentums, teils in den persönlichen Verhältnissen des Landarbeiters . . . der Wiederherstellung der Kultur eine große Kraft seiner Thätigkeit entziehen, jene, indem sie auf den Wert des Grundeigentums und den Kredit des Grundbesitzers einen höchst schädlichen Einfluß haben; diese, indem sie den Wert der Arbeit verringern." Dem entsprechend wurde zunächst verordnet, daß der Edelmann auch bürgerliche Güter, der Bürger auch Güter von Adligen erwerben konnte, sowie daß der Bauer ein Bürger, der Bürger ein Bauer werden und der Edelmann ein bürgerliches Gewerbe betreiben durfte. Welche Vorteile hatte diese Verordnung a für die Edelleute? (1. Ihre Güter bekamen einen höheren Wert. Früher konnte nur ein Adliger sie kaufen, jetzt kam der Wettbewerb der reichen Bürger dazu, so daß die Preise der Güter sehr stiegen. 2. Jene adligen Söhne, welche keine Güter erbten, brauchten nicht mehr nur Offiziere oder Beamte werden, sondern sie konnten ein Gewerbe betreiben, zu dem sie Lust und Geschick hatten, sich selbst ein Vermögen erwerben u. s. f. d) Für die Bürger? (Der Kaufmann oder Gewerbetreibende, der durch Fleiß und Sparsamkeit ein Vermögen erworben hatte, konnte für sich und seine Kinder ein größeres oder kleineres Landgut erwerben und so sein Geld sicher anlegen.) c) Für die Bauern? (Sie konnten ihre Kinder für ein Handwerk ausbilden lassen oder sie Bauern werden lassen, je nachdem sie Geschick und Neigung hatten.) Infolge dieser Bestimmung hörte der schroffe Unterschied der Stände auf und die Menschen lernten, einander nicht nach ihrer Abstammung, sondern nach ihrer Tüchtigkeit zu schätzen. Welchen Vorteil hatten die Bauern von der Aufhebung der Gutsunterthänigkeit? (Früher mußten sie viele Dienste für die Herrschaft umsonst leisten (Frondienste) oder sie erhielten nur sehr wenig Lohn; jetzt konnte jeder dort arbeiten, wo er am besten bezahlt bekam.) Allerdings hörte allmählich auch die Fürsorge der Herrschaft für die Gutsbewohner auf, und in Zeiten der Not muß jetzt jeder für sich selbst sorgen, während früher die Herrschaft half. Welchen Vorteil hatte der Adel? (Der freie, ordentlich bezahlte Arbeiter verrichtet seine Arbeit schneller und besser als der Fronarbeiter; auch wurde von den schlecht bezahlten Arbeitern viel vom Felde und aus dem Walde gestohlen, was jetzt aufhörte.) Allerdings mußten die Gutsbesitzer anfangs viel mehr zahlen als früher, so daß viele von ihnen recht unzufrieden waren. Wann wurden die Pächter zu freien Eigentümern? Welchen Vorteil hatten sie selbst davon? Welchen Vorteil hatten aber auch die Gutsbesitzer und der Staat? Höbncr, Handbuch f. ». Geschichtsunterricht. Ü. 20

8. Teil 3 - S. 117

1912 - Leipzig : Freytag
117 rechten und ihrer Beschäftigung streng geschieden gewesen. Der Adel durfte nur Rittergüter besitzen und bebauen; nur er diente dem Staate als Offizier intb als höherer Verwaltungsbeamter. Ein Bauerngut zu erwerben oder gar ein bürgerliches Handwerk zu treiben, war ihm untersagt. Der Bürger mußte ebenfalls die Schranken beachten, die ihm gezogen waren: er mußte ein Handwerk betreiben oder vom Handel leben. Niemals wurde ihm gestattet, ein adliges Rittergut zu erwerben. Der Bauer endlich mußte Bauer bleiben. Niemand konnte also seinen Stand verlassen. Im alten Preußen waren somit jedem Untertanen Vorrechte und Beschäftigung streng vorgezeichnet. Im Jahre 1807 wurde die Scheidung der Stände beseitigt. Jeder Edelmann konnte nun ohne Nachteil für seine Stellung ein bürgerliches Gewerbe betreiben, ein Geschäft gründen oder ein bäuerliches Grundstück erwerben. Jeder Bürger hatte die Möglichkeit, Gutsbesitzer zu werden, und der Bauer konnte ohne Erlaubnis den Pflug stehen lassen und in der Stadt ein Handwerk erlernen oder ein Kanfmannsgefchäft übernehmen. Somit waren in Preußen alle Vorrechte und zugleich alle Schranken beseitigt; die Untertanen waren gleich in Pflichten und Rechten. 3. Einführung der Gewerbefreiheit. Die Zünfte, die in der Zeit ihrer Entstehung und Blüte dem Handwerke so förderlich gewesen waren, waren längst für dieses zu einem Hemmnis geworden. Sie setzten fest, wieviel Meister sich in einer Gemeinde niederlassen durften; sie bestimmten, daß der Sohu die Beschäftigung feines Vaters ergreifen müsse und hielten aus strenge Befolgung der alten Verordnung, wodurch dem Gewerbe jeder Aufschwung geraubt wurde. Der König hob den lästigen Zwang der Zünfte auf; er bestimmte, daß jeder Mensch gegen Lösung eines Gewerbescheines ein beliebigeshandwerk in der Stadt und auf dem Lande betreiben könne. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit fielen auch der Mahl-, Back- und Brauzwang. Früher hatten die Bürger bei einem bestimmten Brauer, Müller oder Bäcker einkaufen müssen; jetzt hatten sie das Recht, ihre Bedürfnisse da zu bestreiten, wo sie am besten bedient wurden. 4. Die Selbstverwaltung der Städte. Int Mittelalter hatten die Bürger ihre Städte selbst verwaltet, indem sie die Ratsherren und die Bürgermeister aus ihrer Mitte wählten. Nach und nach war aber das Stadtregiment in die Gewalt des Staates übergegangen. Königliche Beamte saßen nun in den Ratshäusern und leiteten die Angelegenheiten der Stadt. Meistens waren es alte, ausgediente Offiziere, die der König an die Spitze der Gemeinden stellte, uni die Pension zu sparen. Natürlich unterließen diese entweder aus Unkenntnis oder aus Bequemlichkeit oftmals die Besorgung der notwendigsten Geschäfte oder sie behandelten die Bürger wie Soldaten und verlangten blinden Gehorsam. Nach ihrer Auffassung war „Ruhe die erste Bürgerpflicht". So kam es, daß den Städtern jeder Gemein- und Opfersinn verloren ging, daß sie mit Gleichgültigkeit ihrer Heimat und ihrem Vaterlande gegenüberstanden und in Zeiten der Not jedes tatkräftige Handeln vermissen ließen. So sind in den Jahren 1806 und 1807 den Franzosen unzählige Vorräte an Korn,

9. Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte - S. 191

1873 - Heilbronn : Scheurlen
Jesuiten. 191 von dem Heere des Bischofs und einiger, auch protestantischer, Fürsten nach gräßlicher Hungersnoth erobert, Rottmann fiel, König Johann, sein Scharfrichter 1535. Knipperdolling und sein Kanzler Krechting wurden gefangen und zu Tod gemartert. Der Katholicismus wurde in Münster wieder eingeführt. Die Sekte der Wiedertäufer zeigte sich- später in reinerer Form als Mennoniten, Baptisten und Quäcker in Norddeutschland, England und Nordamerika. §. 149. Jesuiten. 1540. Der spanische Edelmann Ignaz von Loyola (de Recalde), der sich früher als einen tapferen Soldaten gegen die Franzosen gezeigt hatte, glaubte, während einer langwierigen Krankheit durch das Lesen von Heiligengeschichten aufgeregt, durch ein Leben voll innerer und äußerer Buße sich den Himmel erwerben zu können. Er machte eine Reise nach Jerusalem, studirte in Paris, verband sich dort mit 6 andern Genossen und faßte den Plan, einen neuen Orden zu gründen, der sich besonders durch unbedingten Gehorsam gegen den Papst und den Ordensgeneral auszeichnen sollte. Papst Paul Iii. bestätigte den Orden der Gesellschaft Jesu, Ignaz wurde erster Ordensgeneral, und fein 1540. Nachfolger, der Spanier Lainez, war es hauptsächlich, der dem Orden seine Organisation gab, wonach die einzelnen Mitglieder in einer gewissen militärischen Ordnung gehalten, jeder nach seinen Fähigkeiten angestellt und benützt wurde. Das Hauptziel des Ordens war die Bekämpfung des Protestantismus und die Unterdrückung der religiösen Freiheit, welches Ziel er weniger durch die Predigt, als dadurch zu erreichen suchte, daß er den Beichtstuhl, besonders an den fürstlichen Höfen, und den gesamten Jugend unterricht wie ein Privilegium in Besitz nahm. Der schändliche Grundsatz „der Zweck heiligt das Mittel", wodurch alle Scheiterhaufen Spaniens und die Bartholomäusnacht von Paris gerechtfertigt sind, wird allgemein als eine Lehre der Jesuiten angesehen, und wenn sich diese auch eine so unchristliche Moral nicht zuschreiben lassen wollen, so ist es doch jedenfalls sicher, daß gerade ihre gehorsamsten Zöglinge ganz nach diesem Grundsatz handelten und sich Vergehen zu Schulden kommen ließen, vor welchen die menschliche Natur zurückschaudert. Zwei Jahrhunderte lang beherrschte der Orden das katholische Europa. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, daß er durch feine großartige Missionsthätigkeit auch etwas Verdienstliches gehabt hat. Jesuiten waren es, welche unter großen Gefahren schon im sechzehnten Jahrhundert als Missionäre nach Ostindien, Ceylon, China, Japan giengen, mit dem Christenthum auch europäische Civilisation dort verbreiteten und uns die ersten näheren Nachrichten über jene Länder mittheilten. Ebenso wirkten sie in Afrika und Amerika, besonders in den spanischen Kolonieen Südamerikas und besaßen und verwalteten dort einen eigenen Staat, Paraguay. Der Reichthum des Ordens, durch Schenkungen, Vermächtnisse und Handelsunternehmungen gegründet und gefördert, unterstützte die Einrichtungen der Jesuitenanstalten, wo man praktische Wissenschaften mit Erfolg betrieb, aber für religiöse und geschichtliche Forschungen weder Sinn hatte, noch er-regett wollte. Durch den zum Theil unentgeltlichen Unterricht bekamen sie ungeheuren Zulauf. Am meisten verbreitete er sich in Italien, Spanien, Portugal und Frankreich. In Deutschland war sein Hauptsitz in Wien, Ingolstadt und Köln. Nach 50 Jahren seines Bestehens zählte der Orden schon 10,000 Mitglieder. Wegen des verderblichen Einflusses, den die Jesuiten ausübten, wurde

10. Bilder aus der deutsch-preussischen Geschichte für ein- bis dreiklassige Volksschulen - S. 160

1892 - Osterburg : Danehl
160 Bilder aus der brandmburgisch-preußischen Geschichte. gewesen; als solcher hatte er auch kein Eigentum, sondern arbeitete nur für den Edelmann. Ohne sein Wissen durfte der Bauer nicht fortziehen; nur mit der Erlaubnis des Edelmannes konnten sich des Bauern Kinder verheiraten oder in fremde Dienste treten. — Unter diesen Verhältnissen war es nicht möglich, daß der Bauer Lust und Liebe zu Haus und Hof haben konnte, denn es gehörte ihm ja nichts, und bei all' feiner Arbeit konnte er es zum Erwerben eines eigenen Grundstücks nicht bringen. — Friedrich der Große sowohl, als auch sein Vater hatte manches für die freiere Ausgestaltung des Bauernstandes gethan; jedoch war noch vieles zu thun übrig. Wenn man auch die Leibeigenschaft aufgehoben hatte, so war doch das Verhältnis des Bauern zum Edelmann so geblieben, wie seit Alters; freilich bezeichnete man diese Abhängigkeit nicht mehr „Leibeigenschaft", sondern „Gutsunterthänigkeit", aber das änderte an der Sache nichts. Friedrich Wilhelm Iii. hob auf Steins Rat diese „Gutsunterthänigkeit" auf und erklärte damit den Bauernstand für einen wirklich freien Stand; man kann Stein darum mit vollem Recht den „Schöpfer eines freien Bauernstandes" nennen. Das wichtige Gesetz, durch welches diese bedeutsame Veränderung herbeigeführt wurde, erschien am 9. Oktober 1807 und hieß: „Edikt, betreffend den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums, sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner." Nun waren die Bauern auf ihren Höfen freie Männer, die dem Gutsherrn keine Dienste mehr zu leisten brauchten, sondern die jetzt ein Eigentum besaßen, in dem sie nach eigenem Ermessen schalten und walten konnten. Welch' ein Fortschritt! Jenes wichtige Gesetz bestimmte zugleich, daß dem Edelmann gestattet sei, bürgerliche Gewerbe zu treiben; auch konnte er bäuerliche Grundstücke erwerben, wie denn ebenso dem Bauer erlaubt war, sich in den Besitz adeliger Güter zu setzen. Das waren die bäuerlichen Reformen; ihnen stellte sich dasjenige ebenso bedeutsam an die Seite, was Stein für die Städte gethan hat. — Schon längst war die Freiheit der alten Städte dahin; feit vielen Jahren besaßen die Bürger nicht mehr das Recht, die Angelegenheiten ihrer Stadt selber zu ordnen und zu verwalten. Das Stadtregiment setzte sich aus solchen Männern zusammen, die vom Staate eingesetzt waren und oft sehr wenig von der Verwaltung einer Stadt verstanden, daher auch für das Wohl und Weh der Stadt kein Herz hatten. Infolge dieses Umstandes mußte der Bürger gegen alles das, was seine Stadt betraf, gleichgiltig werden; dazu fchwand auch ganz und gar das Verständnis für die Hebung eines städtischen Gemeinwesens; diesen Übelständen wurde durch die ©teutsche „Ordnung für sämtliche Städte der preußischen Monarchie" auf das

11. Theil 3 - S. 111

1875 - Leipzig : Brandstetter
111 Freunde und Anhänger. Deutschland selbst war zum größten Theil protestantisch und zwar durch alle Stände, den Adel voran, die vornehme Geistlichkeit nicht ausgeschlossen. Auch Baiern und Oesterreich waren der neuen Lehre zugänglich geworden. In Gratz waren gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts kaum zehn katholische Familien zu finden. Dieser Macht gegenüber raffte sich nun das Pabstthum mit Zusam-mensassen aller Kräfte zu einem Kampfe auf Leben und Tod auf, um den verlorenen Boden wieder zu gewinnen. 2. Die Jesuiten. Wenn bei der Entstehung der Reformation die Päbste, namentlich Leo X., vielleicht in einer aus vorwiegender Kunstliebe hervorgegangenen religiösen Gleichgültigkeit oder durch die äußeren Umstände gezwungen, in ihrem Verhalten gegen die neue Religionspartei eine gewisse Mäßigung übten, so erhob sich jetzt in Rom ein Mann, dessen Grundsatz es war, jede Schonung der Ketzerei als eine Herabwürdigung des päbstlichen Stuhles und der Kirche zu verwerfen. Der Kardinal Ca-raffa, ein alter Dominikaner von finsterer strenger Gesinnung, unbeugsam hart und unzugänglich, mit einer Art von wildem Fanatismus der römischen Kirche ergeben, der die Ausrottung der ketzerischen Lehre für das erste und höchste, Gott wohlgefällige Verdienst hielt, dieser Mann ward der Rathgeber des sonst nicht unbillig und ungütig gesinnten Pab-stes Paul Iii. An Duldung, Übereinkunft und Frieden war fürderhin nicht mehr zu denken. „Wie St. Peter die ersten Ketzer in Rom besiegte, so möge der Nachfolger Petri alle Ketzerei der Welt in Rom überwältigen." Dies war die herrschende Ansicht in der Umgebung des römischen Hofes. Um diese Zeit erstand der päbstlichen Macht ein neues mächtiges Werkzeug in dem rasch zunehmenden Orden der Jesuiten, welcher von einem Spanier, dem Sohne eines unbemittelten Edelmannes aus den Gebirgen der Basken, Ignatius Loyola, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts gegründet ward. In der Belagerung von Pampelona gegen die Franzosen schwer verwundet, mußte Ignaz bis zu seiner Genesung lange Zeit auf einem einsamen Schlosse verweilen, wo er durch eifriges Lesen der Legenden der Heiligen Phantasie und Gefühl zur höchsten Schwärmerei erhitzte und in dieser Stimmung beschloß, wie St. Franziskus durch der Erde Elend des Himmels Herrlichkeit zu erwerben. Er legte sich selbstersonnene Qualen auf, geißelte sich bis zur Er-

12. Geschichte des preußischen Staates - S. 104

1900 - Münster i. W. : Schöningh
— 104 — füttern helfenfeinen Flachs spinnen und bazn noch biete Natnralliefernnaen und Gelbabgaben leisten. Die Kinder des Sauern bürsten ohne Erlaubnis des ©utsherrn fetn Hanbwerk lernen, nicht in fvembe Dienste gehen und bre Tochter stch ohne feine Zustimmung nicht berheiraten. Das Felb das er bewirtschaftete, gehörte nicht ihm,; er zog aus bemfelben nur feinen kümmerlichen Lebensunterhalt. Zwar hatten schon Friedrich T„ Friedrich Wilhelm I. und Friedrich Ii. die Verbesserung des Bauernstandes sich angelegen sein lassen; allein bei dem Widerstände des Adels waren die angestrebten Erleichterungen nur auf den königlichen Gütern durchgeführt worden Erst Friedrich Wilhelm Iii. ist es gelungen, den Bauer voll und ganz aus seiner traurigen Lage zu befreien. Ein königlicher Erlaß vom Oktober 1807 verordnete: „Mit dem Martinitage 1810 hört alle Gntsnnterthänigkeit in Unsern sämtlichen Staaten auf; nach dem Martinitage 1810 giebt es nur freie Leute, fowie solches auf den Domänen in allen Unsern Provinzen schon der Fall ist." Durch einen Erlaß vom November 1811 wurden viele Pächter zu Bauern gemacht. Manche Bauern waren nämlich nicht im erblichen Besitze ihrer Güter, besaßen diese vielmehr für längere oder-kürzere Zeit nur in Pacht. Der Aiörttg bestimmte, daß diese Pächter die Hälfte ihrer Güter abtreten oder eine gewisse Abfindungssumme an den Gutsherrn zahlen sollten, um ihn für feine bisherigen Anrechte zu entschädigen, daß dagegen die andere Hälfte volles und freies Eigentum des Bauern werden sollte. Auch wurde den Bauern gestattet, ihre Grundstücke zusammenzulegen oder zu teilen. Ferner wurde dem Adel erlaubt, auch bürgerliche und bäuerliche Güter, den Bürgern und Bauern, zu ihrem Besitztum adelige Güter zu erwerben. Endlich war jeder Edelmann ohne Nachteil seines Standes befugt, ein bürgerliches Gewerbe zu treiben, und jeder Bauer und Bürger konnte aus dem Bauern- in den Bürgerstand und aus dem Bürger- in den Bauernstand treten. Mit Lust und Liebe bearbeitete jetzt der Bauer sein eigenes Besitztum, und mit der Arbeitsfreudigkeit erstarkte in dem Bauernstande Mut und sittliche Kraft; so konnte er für Thron und Vaterland die starke Stütze sein, zu der er gerade in besonderer Weise berufen ist.j) Die Städteordnung. Auch in den Städten mußte manches geändert und verbessert werden. Die Blüte und Selbstänbigkeit der Städte war seit dem 30jährigen Kriege tiefer und tiefer gesunken. Am Ende des borigen Jahrhunberts würden die obrigkeitlichen Stellen in den Städten mit ausgebienten Militärs besetzt, die die Sebitrfniffe und Geschäfte der Stadt meistens nicht kannten und nur zu oft ihre Stellen als Ruheposten betrachteten. Daher 2) Erg. Nr. 29. Zweibrittel der gesamten Bebölkerung erhielt die persönliche Freiheit.

13. Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 305

1894 - Breslau : Goerlich
— 481 — Ii 305 war; er kümmerte sich also wenig um sein Vaterland. Der bedrückte Bauer vernachlässigte sein eigenes und das Feld seines Gutsherrn, so daß das Land weit weniger Ertrag brachte, als bei guter Bewirtschaftung. (Doch hatte diese Unfreiheit einen Vorteil für den Bauern: die Herrschaft gab ihm einen Teil des Lohnes in Getreide, Kartoffeln, Vieh und mußte im Falle einer Krankheit oder Hungersnot für ihn sorgen; er konnte also nicht gerade verhungern, führte aber meist ein erbärmliches Leben.) Wann wurde das Grundeigentum freigegeben? Es heißt in diesem Erlasse: „Wir haben erwogen, daß die vorhandenen Beschränkungen teils in Besitz und Genuß des Grundeigentums, teils in den persönlichen Verhältnissen des Landarbeiters . . . der Wiederherstellung der Kultur eine große Kraft feiner Thätigkeit entziehen, jene, indem sie aus den Wert des Grundeigentums und den Kredit des Grundbesitzers einen höchst schädlichen Einfluß haben; diese, indem sie den Wert der Arbeit verringern." Dem entsprechend wurde zunächst verordnet, daß der Edelmann auch bürgerliche Güter, der Bürger auch Güter von Adligen erwerben konnte, sowie daß der Bauer ein Bürger, der Bürger ein Bauer werden und der Edelmann ein bürgerliches Gewerbe betreiben durfte. Welche Vorteile hatte diese Verordnung a) für die Edelleute? (1. Ihre Güter bekamen einen höheren Wert. Früher konnte nur ein Adliger sie kaufen, jetzt kam der Wettbewerb der reichen Bürger dazu, so daß die Preise der Güter sehr stiegen. 2. Jene adligen Söhne, welche keine Güter erbten, brauchten nicht mehr nur Offiziere oder Beamte werden, sondern sie konnten ein Gewerbe betreiben, zu dem sie Lust und Geschick hatten, sich selbst ein Vermögen erwerben n. s. f. b) Für die Bürger? (Der Kaufmann oder Gewerbetreibende, der durch Fleiß und Sparsamkeit ein Vermögen erworben sjsttte, konnte für sich und feine Kinder ein größeres oder kleineres Landgut erwerben und so sein Geld sicher anlegen.) c) Für die Bauern? (Sie konnten ihre Kinder für ein Handwerk ausbilden lassen oder sie Bauern werden lassen, je nachdem sie Geschick und Neigung hatten.) Infolge dieser Bestimmung hörte der schroffe Unterschied der Stände auf und die Menschen lernten, einander nicht nach ihrer Abstammung, sondern nach ihrer Tüchtigkeit zu schätzen. Welchen Vorteil hatten die Bauern von der Aufhebung dei Gutsunterthänigkeit? (Früher mußten sie viele Dienste für die Herrschaft umsonst leisten (Frondienste) oder sie erhielten nur sehr wenig Lohn; jetzt konnte jeder dort arbeiten, wo er am besten bezahlt bekam.) Allerdings horte allmählich auch die Fürsorge der Herrschaft für die Gutsbewohner auf, und in Seiten der 9tot muß jetzt jeder für sich selbst sorgen, während früher die Herrschaft half. Welchen Vorteil hatte der Adel? (Der freie, ordentlich bezahlte Arbeiter verrichtet seine Arbeit schneller und besser als der Fronarbeiter; auch wurde von den schlecht bezahlten Arbeitern viel vom Felde und aus dem Walde gestohlen, was jetzt aufhörte.) Allerdings mußten die Gutsbesitzer anfangs viel mehr zahlen als früher, so daß viele von ihnen recht unzufrieden waren. Wann wurden die Pächter zu freien Eigentümern? Welchen Vorteil hatten sie selbst davon? Welchen Vorteil hatten aber auch die Gutsbesitzer und der Staat? Hübner, Handbuch f. d. (Sejchicht^unlerricht. Ii. 20

14. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 111

1912 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 111 — Unfreiheit des Landvolks, wozu bereits früher mehrmals ein Anlauf genommen worden war. In der Zeit von 1799 bis 1805 war auch den Bauern auf den königlichen Domänen bereits die persönliche Freiheit verliehen und ihnen gestattet worden, an Stelle der zu leistenden Hand- und Spanndienste eine Geldabgabe treten zu lassen. Der Gewährung derselben Vergünstigungen an die übrigen Bauern widersprach damals der Adel. Diesen Schritt tat Stein, indem er die Erbuntertänigkeit der Bauern für die gesamte Monarchie aufhob. Vom Martinitage 1810 an gab es in Preußen nur noch freie Leute. Der Bauer bedurfte fortan nicht mehr der Erlaubnis des Edelmanns, wenn er heiraten, seinen Hos verlassen und seine Kinder einem andern Berufe zuführen wollte. Damit fielen nun auch die Schranken und Vorrechte der einzelnen Stände, besonders des Adels. Bisher gab es Güter, die dem Adel vorbehalten waren und anderseits bäuerlichen Grundbesitz, den kein Edelmann erwerben konnte. An dessen Stelle trat völlige Freiheit im Gütererwerb; jeder Bürger und Bauer war nun auch zum Ankauf von Rittergütern berechtigt, und der Edelmann durfte auch Bauerngüter erwerben. Ebenso konnte jeder ungehindert in einen andern Stand eintreten, der Edelmann ein bürgerliches Gewerbe oder der Bauer ein Handwerk betreiben. So wurden aus den bisher streng voneinander geschiedenen Ständen Klassen, die freie Berufswahl gestatteten. Damit wollte die Reform zugleich den Adel für das, was er durch Aufhebung der Erbuntertänigkeit verlor, entschädigen; denn Stein war weit davon entfernt, ihn, der noch immer der begütertste Stand war, niederzukämpfen, was die Revolution in Frankreich getan hatte; er wollte ihn nur reformieren. Darum brachte die Bauernbefreiung auch dem Adel neue Rechte, in erster Linie das, bäuerlichen Grundbesitz zu erwerben. Davon suchten auch die Edelleute in weitgehendstem Maße Gebrauch zu machen, und hätten ihnen damals die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestanden, so würden zahlreiche Bauerngüter im Großgrundbesitz aufgegangen sein. Solche Bestrebungen des Adels waren nun freilich nicht nach dem Sinne Steins; denn er sagte ausdrücklich, daß im freien Güterkauf eine Einschränkung bleiben müsse, „nämlich diejenige, welche dem Eigennutz des Reicheren und Gebildeten Grenzen setzt und das Einziehen des Bauernlandes zum Vorwerksland verhindert". Er würde sicher auch Wege gefunden haben, um in dieser Richtung

15. Geschichte der neueren Zeit - S. 225

1911 - Halle a.S. : Gesenius
— 225 — b) das Wappen wurde gewissenhaft geprüft und peinlichst beachtet, c) die (allmählich immer höher geforderte) Zahl der Ahnen entschied über Turnierfähigkeit und Aufnahmemöglichkeit in geistliche Klöster. 552. Welche Stellung nahm der ostdeutsche Adel im Xvi. Jahrhundert ein? 1. Infolge der geringen Besiedelung des Landes konnte der Adel nicht von den Erträgen zinsender Untertanen leben: die höfisch-ritterliche, feinere Lebenshaltung war ihm unbekannt : a) er mußte sich als Landwirt betätigen; die Hausfrau stand dabei Hof, Küche und Keller persönlich vor, b) er mußte der J a g d zum Nahrungserwerb obliegen: erst in zweiter Linie diente sie dem Vergnügen. 2. Infolge der zahlreichen Kämpfe außerhalb und innerhalb des Landes hatte er sich eine rohe Lebensart angewöhnt: er übte echte Ritterlichkeit weder im kriegerischen noch im friedlichen Verkehre: a) er überfiel Kaufmannszüge und raubte dem Bauern das Vieh, b) er trieb landwirtschaftlichen Handel mit Holz, Korn und Wolle. 3. Infolge des geringen Gegensatzes zu den Bürgern fand ein gegenseitiger Verkehr statt: sie traten durch Heiraten in nähere Beziehungen zueinander: a) Bürger erlangten durch den Besitz von Lehnsgütern und Schlössern Ansehen und Vorrechte des Adels, b) Adlige ordneten sich ohne Bedenken bürgerlichen Bischöfen durch den Treuschwur unter. 553. Wodurch wurde die soziale Stellung des Adels im Xvi. Jahrhundert in etwas gebessert? 1. Durch das Aufkommen des Fürstendienstes bei Hofe und in der Verwaltung: a) der reiche Adel zog sich dorthin, um seinen Einfluß zu vermehren, b) der arme Adel fand als „Amtman n“ oder „R a t“ eine angesehene Stellung. 2. Durch die Besetzung der reichen, höheren geistlichen Stellen: a) die nachgeborenen Söhne konnten gut versorgt werden, b) die ganze Familie hatte materiellen Vorteil davon. Meißner, Studienfragen zur deutschen Geschichte der Neueren Zeit. 15

16. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 24

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
24 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. mal, wie Gustav Freytag berichtet, mit ihrem Spinnrädlein in der Arbeitsstube des Fürsten. Als beliebteste Unterhaltung galt die Aus- übung des Weidwerks. So war es im 16. Jahrhundert. toäbififbbeh 2- Der große Krieg änderte vieles. Manche Fürsten (so Kri^ und nach Friedrich V., Maximilian I. von Bayern, die Herzoge von Mecklenburg) verließen vor dem anstürmenden Feind ihre Residenzen und Länder; sie irrten dann auf längere Zeit im Lande umher, gerieten dabei in große Not und trafen endlich, wenn sie zurückkehrten, zerstörte Schlösser, ein verwüstetes Land, ein verarmtes und ihnen entfremdetes Volk an. Unter solchen Umständen sank der in der landesväterlichen Fürsorge seine Befriedigung suchende fürstliche Siuu und es erwachten bei allem Elend die Ländergier und ein herrschsüchtiger Geist, welcher im allgemeinen die Wunden unbeachtet ließ, die der rauhe Krieg geschlagen. Der Adel im 3. Der Adel besaß am Ansang des 16. Jahrhunderts noch viel 16. Jahrhundert. , n, - < , r , ,,, > . f , ’ _ ' ^ Macht und Ansehen und spielte eine maßgebende Rolle. Er benutzte sein Übergewicht aber in mißbräuchlicher Weise und rief dadurch die stürmischen Bauernbewegungen hervor, die schon Ende des 15. Jahrhunderts begannen und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zu großen Verheerungen in Süd- und Mitteldeutschland führten. Im Laufe des Reformationszeitalters verlor er jedoch sehr an Bedeutung. Ursachen davon waren: das Umsichgreifen der Feuerwaffen und das Aufkommen der Söldnerheere, welche dem Landesherrn die Kriegsdienste des Adels völlig entbehrlich machten. Der adelige Gutsherr blieb aus seiner Burg, verwaltete feine Güter, besuchte die Landtage und beteiligte sich, wenn er geladen war, an einem Hosseste. Die jüngeren Söhne traten zum Teil als Haupt leute oder Oberste au die Spitze von Söldnerscharen, zum Teil studierten sie Rechtswissenschaft und suchten dann „an den Höfen der Fürsten, an den Reichsgerichten, bei fremden Gesandtschaften Ehren und einträgliche Ämter". Verfall des Adels Der große Krieg beschleunigte den Verfall des Adels. Seine im u. Jahrh. Burgen sanken in Trümmer, seine Felder verödeten, seine Bauern verarmten und der Edelmann, der als Offizier wilder Horden im Lande umherzog, nahm alle Roheiten seiner Zeit an und verlor auch den letzten Rest edler Gesinnung. Nach dem Kriege drängten sich die Edellente an die Höfe der Fürsten, haschten nach Ehren, Titeln und Ämtern und suchten die innere Hohlheit durch äußeren Glanz und „Hochmut gegen Geringe" zu verdecken. Viele, denen die Mittel es gestatteten, besuchten Paris und Versailles, diese „hohe Schule der Entsittlichung für deu französischen Adel", und verpflanzten dann französische Mode, Sitte, Sprache und einen lockeren, das Volkstum vergiftenden Geist in das deutsche Land.

17. Geschichtsbilder - S. 100

1899 - Konitz : Dupont
— 100 — Die Schäden wurden aufgedeckt, die Mittel zur Besserung angewandt. Die Königin Luise schrieb: „Es wird mir immer klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein, und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden. Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten, deshalb überflügelt sie uns. Von Napoleon können wir vieles lernen, und es wird nicht verloren sein, was er gethan und ausgerichtet hat. Es wäre Lästerung zu sagen, Gott sei mit ihm; aber offenbar ist er ein Werkzeug in des Allmächtigen Hand, um das Alte, welches fein Leben mehr hat, das aber mit den Außendingen fest verwachsen ist, zu begraben." Zu den drei wichtigsten Mitteln, die angewandt wurden, dem Volke zu helfen, lind zu zählen, die Vollendung der Bauernbefreiung, die Städte-ordnuug und die Anfänge der allgemeinen Wehrpflicht. Die Vollendung der Bauernbefreiung. Wir haben gehört, daß Anfänge der Bauernbefreiung schon unter Friedrich Wilhelm 1. und Friedrich Ii. gemacht wurden. Die vollständige Befreiung wurde jetzt als ein notwendiges Bedürfnis erkannt. Am 9. Oktober 1807 erschien das „Edikt über deu erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums." Darnach war jeder Eigentümer im Staate zum eigentümlichen und zum Pfandbesitz unbeweglicher Grundstücke berechtigt. Es konnte nun der Adel bürgerliche und der Bürger und Bauer adligen Besitz erwerben. Jeder Edelmann durfte bürgerliche Gewerbe treiben, jeder Bürger in den Bauernstand, jeder Bauer in den Bürgerstand treten. Mit dem Martinitage 1810 hörte alle Gutsunterthänigkeit auf; von diesem Tage an gab es nur noch freie Leute im Staate. Damit fielen die mittelalterlichen Ständeunterschiede, die Schranken zwischen Stadt und Land, und es bildete sich ein freier Bauernstand. Andere Staaten ahmten diese Einrichtung nach, und heute giebt es in Deutschland nur freie und vor dem Gesetze gleiche Bürger. Die Städteordnung. Bisher lag die städtische Verwaltung entweder in der Hand weniger bevorzugter Familien, oder es wurde jede Angelegenheit durch königliche Beamte einfach angeordnet. Dabei hatte der Bürger nur wenig Interesse am Gedeihen und Blühen seiner Gemeinde. Es sollte auch hier anders werden. Am 19. November 1808 erschien die „Städteordnung." Der Staat behielt sich nur das oberste Aufsichtsrecht vor, und die Selbstverwaltung wurde vollständig durchgeführt. Sie geschieht durch den Magistrat und die Stadtverordneten. Die Stadtverordneten werden von den stimmfähigen Bürgern auf bestimmte Zeit gewählt. Sie haben über alle Gemeindeangelegenheiten zu beschließen und überwachen die Verwendung der Gemeinde-Einnahmen. Sie versammeln sich mindestens monatlich einmal im Rathause und fassen ihre Beschlüsse nach Stimmenmehrheit. Die Versammlungen find öffentliche. Als Obrigkeit der Stadt waltet der Magistrat. Er wird von der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Nur der kleinere Teil der Magistratsmitglieder ist

18. Von Karl V. bis zur Aufrichtung des neuen deutschen Kaisertums (1519 - 1871) - S. 103

1886 - Wiesbaden : Bergmann
Fürsten, Höfe und Adel nach dem zojährigen Kriege. 103 mit dem Leben und Treiben der vornehmen Kreise, der Fürsten, Höfe, des Adels beschäftigt. Es sinb das teils Denkwürdigkeiten (Memoiren), Tagebücher, Briefwechsel fürstlicher imb abtiger Personen,*) teils selbstänbige Sammel- und Zeitschriften (in- und ausländische), in denen regelmäßig über alle Borgange an fremben und einheimischen Höfen Bericht erstattet wird, wie z. B. der Mercure historique, der Mercure galant, das „Kabiuet großer Herren", das Theatrum Europäern^ die „Europäische Fama" u. ct. m. Selbst bürgerliche Chronisten und Reisebeschreiber handeln fast nur Begebenheiten aus der vornehmen Welt ab. Erst allmählich, etwa gegen die 9j£itte des lb. Jahrhunderts, tritt — mit dem Wiederemporstreben des Bürgertums — ein abermaliger Umschlag eirt: die aristokratische Litteratur nimmt ab und verschwinbet zulegt beinahe gänzlich; statt ihrer kommt wicber eine bürgerliche empor. Der eigentliche Grunb und Anfang zu der schroffen Stellung, welche die herrschend Klasse — Fürsten und Adel — zu dem Bürgertum einnahm, ist in jener Bestimmung des Westfälischen Friedens zu suchen, welche die deutschen Fürsten, und zwar nicht etwa blos die größten, die Kurfürsten, sondern alle bis hinab zu den kleinsten, für „europäische Souveräne" erklärte. Die nächste Folge davon war, daß viele dieser Fürsten es diesem ihrem neuen Range schuldig zu sein meinten, sich durch ein steifes Zeremoniell von ihren Unterthanen zu trennen, sich lediglich mit solchen Personen zu umgeben, die wenigstens einigermaßen (wie der Adel) ihresgleichen wären, vor allem aber einen glänzenden und kostspieligen Hofhalt zu führen. Teils um den notwendigen „Glanz" ihrer Krone ober ihres Fürstenhutes, wie sie meinten, zu erhöhen, teils aus Eitelkeit, Genußsucht, Abneigung gegen ernstere Beschäftigungen, stürzten sich dann diese kleinen „Souveräne" in einen Taumel rauschender Vergnügungen und Zerstreuungen. Da wurden Besuche an fremden Höfen gemacht und umgekehrt solche empfangen. Da wurden Feste aller Art veranstaltet: Maskenzüge, Feuerwerke, Jagden, Wafferpartieen u. s. w., welche oft ungeheuere Summen verschlangen**), außerdem Zeit und Interesse des Fürsten und seiner *) S. die „Sitter. Hilfsmittel" am Schlüsse. **) Ein einziges großes Manöver, das sog. Lustlager bei Mühlberg unter August dem Starken von Sachsen, kostete Millionen Thaler; 500 Freiberger Bergleute hatten vorher den Boden dazu ebnen müssen. Die Festlichkeiten bei der Hochzeit des Kurprinzen (des späteren Friedrich August Ii.) dauerten einen vollen Monat, die bei der Hochzeit des Sohnes dieses letzteren (Christian) gar drei Monate. Karl Eugen von Württemberg ließ durch frohnende Bauern ganze Seen auf Waldbergen ansgraben, um darin mit seinen vornehmen Gästen bei künstlicher Beleuch-

19. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 59

1910 - Breslau : Dülfer
Charakteristik des Wirtschaft!., sozialen, geistigen u. sittl. Lebens im 17. Jahrh. 59 Stände botmäßig machte und alles polizeilich bevormundete, setzte sich nun ganz an die Stelle der Kirche, er bestimmte auch das wirtschaftliche Leben. Viel Unheilvolles klebte ihm an, aber er vertrat etwas Neues, aus dem Besseres und Freieres herauswachsen konnte. Und wie dieser Staat jetzt stabiliert wurde, so begann nunmehr unter den verschiedenen Staaten gerade derjenige seine aufsteigende Entwicklung, der die äußere Geschichte der modernen Deutschen schließlich in ihrer Gesamtheit bestimmen sollte, der brandenburgisch- preußische." (Steinhaufen.) 2. Die fürstlichen Höfe wurden Mittelpunkte und Träger der neuen, hauptsächlich französischen Einflüssen entsprießenden Kultur. a. Hatte die verfeinerte Art der französischen Lebenshaltung schon vor Beginn des großen Krieges unter der fürstlichen Gesellschaft Deutschlands Ein- gang gefunden, so wurde die Nachahmung des französischen Hofzeremoniells jetzt geradezu charakteristisch für das Leben an den deutschen Fürsten- höfen. Je mehr nun das fürstliche Hofleben mit der immer schärferen Aus- prägung des Begriffs der absoluten Herrschaft der Landesherren sich zum allbeherrschenden Mittelpunkte des staatlichen Daseins ausgestaltete, um so intensiver mußte auch das an den Höfen gepflegte neue Wesen die Kultur- enttvicklung des ganzen Volkes beeinflussen. b. Die aus fremden Einwirkungen unter der Direktive fürstlicher Despotien erwachsene neue Kultur zeigte naturgemäß starke Schattenseiten. Durch die verschwenderische Prunksucht der Hofhaltungen wurden den wirtschaftlich erschöpften Untertanen drückende Steuerlasten aufgebürdet. Die einseitige Bevorzugung des adligen Elements führte eine bis zur Kastenartigkeit gesteigerte Verschärfung der sozialen Gliederung herbei. Der Adel bildete die vornehme Gesellschaft der Fürstenhöfe, die durch ihre kavaliermäßige Erziehung hoch über die Kreise auch des gebildeten Bürgertums emporgehoben wurde; die höheren Beamten- und Offiziersstellen wurden vielfach dem Adel Vorbehalten. „Immer schärfer wurde die schon früher beobachtete Exklusivität des Adels, . . . die Heirat mit Bürgerlichen wurde jetzt völlig zur Mesalliance. Der Aristokrat war ein ganz anderer Mensch mit anderm Blut", dem die bürgerliche und bäuerliche Bevölkerung als Pöbel, Kanaille gegenüberstand. Während aber das neue Kulturideal in bürgerlichen Kreisen begierig akzeptiert wurde und der aus dem Bürgertum durch landesherrliche Gnadenerweisung hervorgegangene, begehrlich erstrebte Briefadel sich krampfhaft bemühte, den älteren Standesgenossen ebenbürtig zu werden, blieb der Bauer — von ganz vereinzelten Ausnahme- fällen abgesehen — von jeder Anteilnahme an der neuen Bildung ausgeschlossen. Die leichtfertige Sittlichkeit, der frivole Ton, der in der höfischen Gesellschaft vielfach gang und gäbe war, gab dem moralischen Empfinden der Untertanen das übelste Beispiel. Verderblicher noch wurde der Einfluß der moralischen Minderwertigkeit der höfischen Kultur für die Ausprägung des Charakters. „Das Hofideal brachte ein allgemeines Streben nach oben, eine Wertschätzung äußerlicher Dinge, eine nur vom eigenen Vorteil geleitete Lebensklugheit in weite Kreise. Auf der einen Seite eine erschreckende Skrupellosigkeit, nicht nur bei den harten, klugen, sich gegenseitig an der Nase herumführenden Staatsmännern der neuen Schule, den machiavellistischen Räten, wie sie eine Flugschrift von 1678 nennt, die einer in unendlichen Kleinlichkeiten und Äußerlichkeiten aufgehenden Politik zu dienen hatten, sondern bei allen Zeit- genossen. Mit dieser unglaublichen Jdeallosigkeit verband sich jene infame

20. Neuere Geschichte - S. 78

1843 - Berlin : Sander
'8 Iv. Kriegs- und Ritterthum zu Ausgang des fünfzehnten und Anfang des allen Mängeln und Mißbräuchen waren im sechzehnten Jahrhunderte in der Fremde geworbene Söldner noch immer ein zuverlässigerer Schutz der Staaten, als die hochadlige, in blankem Stahl und in hohen Büschen, goldenen Ketten und Sporen prunkende Ritterschaft. Sie wurde ungehorsam, trotzig, wenn man sie vom Tummelplätze ihrer im Leben untergegangenen Romantik in die durchaus veränderte Wirklichkeit führte. Auch wollte sie nicht gerne zu Fuß fechten, wie bei Sempach und Nancy, und wollten ,,ihr edles Blnt nicht gegen die harten Bauern wagen." Die Feigheit des Adels bezüchtigt der städtische Patricier, Willibald Pirkheimer als die Ursache des schimpf- lichen Ausganges, welchen der große Schweizerkrieg Kaiser Maximi- lians nahm. Wir dürfen uns um so weniger wundern, daß die Anwendung des Schießgewehrs den Kriegsmuth des Adels in Ver- ruf brachte, wenn wir schon drei Jahrhunderte früher den Bann- strahl der Kirche gegen den Gebrauch einer Waffe geschleudert finden, die, so armselig und kindisch sie gegen die Muskete erscheint, dennoch den Vorzug persönlicher Tapferkeit aufhob und deßhalb als unedel und gottlos unter den christlichen Streitern verboten wurde. Als die Armbrust in Brauch kam, donnerte nämlich dagegen Papst Jn- noeenz Ii. auf dem zweiten lateranischen Concil 1139. Später be- freundete sich die Ritterschaft mit der handlichen Waffe, welche außer dem Geschicke noch immer körperliche Kraft erforderte. Die Liebe zum Alten behielt das Kunsterzeugniß einer kindlichen Welt bei und bediente sich indessen gar häufig desselben in anderer Art, als die ursprüngliche Bestimmung war, wie wir aus Götz von Berlichin- gens kecken Abentheuern kennen lernen, der es in der Noth höchst gebrauchswidrig dem Gegner an den Kopf warf. Beiläufig gesagt, in England wurde das Feuergewehr am spätesten eingeführt; 1572 sandte Königin Elisabeth dem König Karl Ix. 6000 Mann mit Armbrüsten bewaffnet, und noch im Jahre 1627 schleuderten die Eng- länder Pfeile auf das Fort Jsle de Rü. Mit der Umänderung ritterlicher Kriegskunst in eine bürgerliche geht das deutsche Ritterthum allmälig unter. Franz von Sickin- gen sank unter seines Schlosses Trümmer, Götz von Berlichingen schmachtete im Thurme und verbrachte, von Urphede bestrickt, seine seine letzten Lebenstage auf verfallendem Hause; ein Dritter, wie Wilhelm von Grumbach, starb unter des Henkers Beil; hundert Andere mit dem Marggrafen von Brandenburg oder dem Herzog von