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1. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 121

1900 - München : Oldenbourg
Geschichtsunterricht und Schullektüre. 121 lieh Schiller kein Verständnis für das 16. und 17. Jahrhundert hatte, wo sich der Absolutismus ausbildete, ist auf diese Weise erklärlich. So greift er hinein in das »Magazin für seine Phantasie« und schreibt den »Abfall«. Natürlich ist Philipp ein »feiger Tyrann, Barbar aus Empfindung u. s. w.«, Wilhelm Von Oranien dagegen der »zweite Brutus, der sich dem grossen Anliegen der Freiheit widmete« u. dgl Unter diesem Gesichtswinkel werden alle Personen und Handlungen dargestellt, fesselnd, blendend, aber historisch unwahr. Der Raum verbietet uns, näher darauf einzugehen, auch ist die Lektüre des »Abfalls« nicht so einflussreich auf unsere Schüler-anschauungen als die des »Dreissigjährigen Krieges«. Deshalb hierüber noch einige Worte. Schiller war inzwischen Professor in Jena geworden, aber nur deshalb, weil er — keine Besoldung verlangte. Also das alte Elend. Anfangs glaubte er, als Professor der Geschichte berufen zu sein, hinterdrein stellte sich heraus, dass man ihn als »Philosophen« berufen hatte. Aber schon hatte er sich, »der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe«, wieder auf historische Schriftstellerei geworfen. So »fabrizierte« er denn (eigene Worte!) unter anderem für »Göschens Damenkalender« in wenigen Monaten, eigentlich Wochen, die »Geschichte des Dreissigjährigen Krieges«, die allerdings Torso blieb. Die Frage, wie viel d. h. wenig Quellen dabei berücksichtigt werden konnten, wird der Fachmann, der die ungeheure Masse derselben kennt, nur mit einem Lächeln beantworten. Die Tendenz ergibt sich wieder aus seiner vorgefassten Meinung und seinen Idealen. Die rebellische Adelsfaktion in Böhmen und alle, die ihr früher oder später helfen, kurz alle, die gegen Kaiser und Reich kämpfen, Schweden, Türken, Franzosen u. dgl., sind natürlich »Helden«, eventuell »Märtyrer der Freiheit«, die »Kaiser« sind natürlich »Tyrannen« und wollen »die Freiheit morden«. Der blosse Name »Kaiser« ist ein »Vermächtnis des despotischen Roms«. Der Franzose kämpft gegen des Kaisers »tyrannisches Joch bestialischer Knechtschaft«, während Ferdinand Ii. »in kriechender Andächtelei sich vor der Gottheit zum Wurm erniedrigt und auf dem Nacken der Menschheit trotzig einherwandelt«. So geht es weiter. Natürlich hat Tllly Magdeburg zerstört, eine Greuelthat, »seit Trojas und Jerusalems Zerstörung an Schrecklichkeit unübertroffen«. Doch genug! Wir dürfen in Ausnützung des Raumes nicht zu weit gehen; jeder Lehrer kann die Dinge selbst nachlesen. Nur ein Gedanke sei noch ausgesprochen: Man hat den Dichter einen

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1. Neuere Geschichte - S. 473

1861 - Leipzig : Brandstetter
473 an die Freude, welches letzte Wort ursprünglich Freiheit hieß, wo- durch die Dichtung erst ihren richtigen Sinn erhält, die Resignation, die Götter Griechenlands, die er als Resultat seiner schweren und schmerzvollen philosophischen Kämpfe seinen Zeitgenossen übergab. Wohl loar die Begeisterung, mit welcher sie ausgenommen wurden, eine allge- meine und wahrhaftige; die Jugend besonders hörte in Schiller den Ruf des Vaterlandes, der Zeit. Er war ihr Heiliger, ihr Prophet. — Ihm selbst aber blühte der Lohn seines Schaffens nur in dem eigenen geistigen Bewußtsein; der Druck der Verhältnisse lastete schwerer auf ihm als je. Als Professor der Geschichte in Jena wurde er in natürlichem Zuge auf das neue Feld der Historie geführt, und seine Geschichte des dreißigjährigen Krieges und des Abfalls der Nieder- lande ebneten einer neuen freieren Behandlung der Geschichte im poe- tischen Geiste den Weg. Mit solchem Eifer und solcher Begeisterung er- griff Schiller diese neue Laufbahn, daß er eine Zeit lang in ihr seinen eigentlichen inneren Berus erkennen wollte. Doch brachte ihn die endlich geschlossene Freundschaft mit Goethe, die seiner lange im Stillen getra- genen Sehnsucht volles Genügen gewährte, bald auf den seiner Natur- angemessenen Weg zurück. In täglichem, bald mündlichem, bald schriftli- chem Verkehr, von welchem 3 Bände Briefwechsel schönes Zeugniß geben, blühte bald die Poesie mit neuer Kraft empor. Neben einer Reihe von philosophischen und ästhetischen Abhandlungen, die für die Horen bestimmt waren, neben einzelnen Erzählungen, wie „der Geister- seher" u. a., überströmte der nun wieder freie Genius von Gedichten. Ideal und Leben, Würde der Frauen, die allbekannten Balla- den, welche unter Goethe's Augen entstanden, vor Allem das schon fast dramatisch gehaltene Lied von der Glocke leiteten den Dichter in sein ureigenes Element, zum Drama zurück, dem er vor allen Deutschen die höchste Weihe gegeben hat Wallenstein's Lager, die Piccolomini und die gewaltige Tragödie Wallensteins Tod, das Werk eines langen und mühseligen, bei Schill er's leidender Gesundheit fast übermenschlichen Studiums ist der Glanzpunkt seines Schaffens geworden. In rascher Reihenfolge schloß sich Maria Stuart, die Jungfrau von Orleans, die Braut von Messina an. — Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen und Italienischen, wie Macbeth, Phädra, Turandot und einige Lustspiele, waren der sorgfältig gepflegten Bühne zugewendet, die unter Goethe's Aufsicht in Weimar herrlich heranblühte. Schill er's letztes Werk, Wilhelm Tell, ist in seiner jugendlich frischen vater- ländischen Begeisterung ein rührender und erhebender Abschied des Dichters an seine Nation, ein Werk, an welchem der Geist der deutschen Jugend, schon gereift für die Ideen des heiligen Freiheitskampfes, in Hellen Flammen aufloderte. In unablässigem Schaffen hatte sich Schiller's Kraft früh erschöpft, Kummer und Krankheit hatten sein Leben gebrochen. Der große Dichter,

2. Theil 3 - S. 488

1875 - Leipzig : Brandstetter
die Begeisterung, mit welcher sie aufgenommen wurden, eine allgemeine und wahrhaftige; die Jugend besonders hörte in Schiller den Ruf des Vaterlandes, der Zeit; er war ihr Heiliger, ihr Prophet. Ihm selbst aber blühte der Lohn seines Schaffens nur in dem eigenen geistigen Bewußtsein; der Druck der Verhältnisse lastete schwerer auf ihm als je. Als Professor der Geschichte in Jena wurde er in natürlichem Zuge aus das neue Feld der Historie geführt, und seine Geschichte des dreißigjährigen Krieges und des Abfalls der Niederlande ebneten einer neuen freieren Behandlung der Geschichte im poetischen Geiste den Weg. Mit solchem Eifer und solcher Begeisterung ergriff Schiller diese neue Laufbahn, daß er eine Zeit lang in ihr seinen eigentlichen inneren Beruf erkennen wollte. Doch brachte ihn die endlich geschlossene Freundschaft mit Goethe, die seiner lange im Stillen getragenen Sehnsucht volles Genügen gewährte, bald auf den seiner Natur angemessenen Weg zurück. In täglichem, bald mündlichem, bald schriftlichem Verkehr, von welchem mehrere Bände Briefwechsel schönes Zeugniß geben, blühte bald die Poesie mit neuer Kraft empor. Neben einer Reihe von philosophischen und ästhetischen Abhandlungen, die für die Horen bestimmt waren, neben einzelnen Erzählungen, wie „der Geisterseher" u. ct., überströmte der nun wieder freie Genius von Gedichten. Ideal und Leben, Würde der Frauen, die allbekannten Balladen, welche unter Goethe's Augen entstanden, vor Allem das schon fast dramatisch gehaltene Lied von der Glocke leiteten den Dichter in sein ureigenes Element, zum Drama, zurück, dem er vor allen Deutschen die höchste Weihe gegeben hat. Wallenstein's Lager, die Piccolomini und die gewaltige Tragödie Wallenstein's Tod, das Werk eines langen und mühseligen, bei Schiller's leidender Gesundheit fast übermenschlichen Studiums ist der Glanzpunkt seines Schaffens geworden. In rascher Reihenfolge schloß sich Maria Stuart, die Jungfrau von Orleans, die Braut von Messina an. — Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen und Italienischen, wie Macbeth, Phädra, Turandot und einige Lustspiele, waren der sorgfältig gepflegten Bühne zugewendet, die unter Goethe's Aufsicht in Weimar herrlich heranblühte. Schiller's letztes Werk, Wilhelm Tell, ist in seiner jugendlich frischen vaterländischen Begeisterung ein rührender und erhebender Abschied des Dichters an seine Nation, ein Werk, an welchem der Geist der deutschen Jugend, schon gereist für die Ideen des heiligen Freiheitskampfes, in Hellen Flammen aufloderte. In unablässigem Schaffen hatte sich Schiller's Kraft früh erschöpft, Kummer und Krankheit hatten sein Leben gebrochen. Der große Dichter, den Deutschland vergötterte, starb arm und hinterließ seine Familie fast hülflos. „Ja sie kehrten heim und alles Schöne, Alles Hohe nahmen sie mit fort. Alle Farben, alle Lebenstijne, Und uns blieb nur das entseelte Wort.

3. Geschichts-Bilder - S. 552

1878 - Langensalza : Greßler
552 Schiller's Geist erlag nicht unter den Widerwärtigkeiten des Geschicks; männliches Selbstvertrauen, Standhaftigkeit und Ehrgefühl hielten ihn aufrecht. Er nahm den Zufluchtsort an, den ihm seine Gönnerin, Frau von Wolzogen in Bauerbach unweit Meiningen, darbot und vollendete hier im Kreise wohlwollender Freunde das begonnene Trauerspiel Kabale und Liebe, das durch die wohlklingende Sprache, die übertriebene Seelengröße und Seelenkleinheit und durch die lebendige Schilderung eines zerrütteten Hoflebens eben so ergreifend auf die Jugend gewirkt hat, wie" die Räuber. — Bald wurde Schiller von Dalberg nach Mannheim zurückgerufen und als Theaterdichter angestellt; aber des Dichters Eifer und feine Pläne bewogen ihn, sich abermals von dem Intendanten zu trennen, auf eigene Hand die Zeitschrift Thalia herauszugeben und sich der Nation in die Arme zu werfen. Sein Vertrauen, betrog ihn nicht. Das begeisterte Hochgefühl für Freiheit und Männerwürde schlug warm an die Herzen des Volkes; freundliche Einladungen riefen ihn nach Leipzig (zu Huber) und Dresden (zu Körner); nachher wechselte sein Aufenthalt zwischen Weimar und Rudolstadt bis zu seiner Verheiratung (mit Charlotte v. Lengeseld) und Berufung nach Jena als Professor der Geschichte (1789). In diesen Jahren gab er seinen Don Carlos und die »Hymne an die Freude« heraus. — Als Frucht seiner historischen Studien erschien gegen Ende 1790 die Geschichte d es Abfalls der Niederlande und sein berühmtes Geschichtswerk »der dreißigjährige Krieg.« Neben der Geschichte beschäftigte sich Schiller vorzugsweise mit der Philosophie. Angeregt wurde er zu dieser Wissenschaft durch die Grundsätze des Aristoteles und durch die Forschungen Lessing's und Winkelmann’s, und man kann wohl mit Recht sagen, daß Schiller vermöge Lessing's Schriften das wurde, was er war. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die philosophischen Dichtungen Schiller's in der traurigen Zeit des fremden Drucks den edlem Seelen Trost und Ruhe gaben und sie stärkten und stählten, um Alles zu wagen uni) Alles zu dulden, um die Ketten zu sprengen, womit Napoleons Polizei und seine Helfershelfer das deutsche Leben gebunden hatten. Nach der Verbindung mit Göthe fühlte Schiller das Bedürfniß, sich aus den historischen und philosophischen Studien wieder in die Poesie zu flüchten. Sein schönstes Gedicht: »die Glocke« (herausgegeben 1799), die Tonleiter aller menschlichen Empfindung, trägt deutlich die Spuren seiner vorhergegangenen Beschäftigung an sich, indem darin Dichtung und Philosophie verbunden erscheint. — Zu Anfang des 19. Jahrhunderts wendeten beide Dichter ihre Muse der Ballade (ein Gedicht, welches eine Sage in Form eines Liedes

4. Die weite Welt - S. 408

1882 - Leipzig : Klinkhardt
408 Mannheim wurde es zuerst aufgeführt. Heimlich, ohne Urlaub, kam der Dichter nach Mannheim; in die Ecke einer Loge gedrückt, hörte er mit klopfendem Herzen zu. Der Erfolg war großartig. Der Herzog aber ließ ihn 1.4 Tage einsperren und verbot ihm unter Androhung von Festungshaft, ferner „Komödien" zu schreiben. Schiller konnte aber dem Drange feiner Dichternatur nicht wider- stehen. Um dem angedrohten Schicksale zu entgehen, floh er. Unterwegs brach er erschöpft zusammen. Die geringe Barschaft ging zu Ende, die Uhr wurde verkauft, aber seine Dichterseele ruhte auch dann nicht, als er wochenlang unter dem drückendsten Mangel in einem elenden Dorfwirts- hause Unterkommen fand. (Da bot ihm die edle Frau von Wolzogen, die Mutter zweier Freunde, aüf ihrem Gute in Bauernbach bei Meiningen eine Zufluchtsstätte. Hier vollendete er in Ruhe und Sicherheit die Trauerspiele: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua und Kabale und Liebe. Nach einem halben Jahre beginnt wieder eine Zeit der Wanderung. Zwar erfreuten ihn schon die Sonnenblicke des Ruhmes, aber auch Krankheit und Sorge fehlten ihm nicht. Nachdem er eine Zeit lang in Mannheim Theaterdichter gewesen, folgte er einer Einladung des Rates Körner nach Leipzig. Die freundliche Aufnahme in dem Kreise dieser Familie war feinem Herzen Erquickung. Den Sommer verlebte er im nahen Gohlis (Lied an die Freude), und als Körner nach Dresden ging, ging er mit und dichtete im Gartenhaufe des Körnerschen Weinberges in Loschwitz den Don Carlos. Auf den Vorschlag Goethes wurde er 1789 Professor in Jena. Als solcher hielt er Vorlesungen über Geschichte und Philosophie und schrieb er die Geschichte des Abfalls der Niederlande und die Geschichte des dreißigjährigen Krieges, begeistert und begeisternd für Menschen- freiheit, Menschenwürde und Menschenrecht. In Jena dichtete er auch seine herrlichen Romanzen und Lehrgedichte und den Walleu- stein, ein großes historisches Gemälde, von dem Goethe neidlos sagte: „Es ist so groß, daß kein zweites ähnliches Stück existiert." 1799 siedelte Schiller nach Weimar über. Hier dichtete er die Trauer- spiele Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans, Die Braut von Messina und das Schauspiel Wilhelm Tell. Schiller wurde vom Kaiser geadelt und feierte Triumphe, aber seine Gesundheit war erschüttert. Dem deutschen Volke viel zu früh, starb er leider schon auf dem Höhepunkte seines dichterischen Schaffens, am 9. Mai 1805, von ganz Deutschland betrauert, das einen tiefen Denker, seinen Lieblings- dichter und einen durchaus edleu Menschen in ihm verlor. Mit Recht » konnte ihm Goethe nachrufen: „Und hinter ihm in wesenlosem Scheine tag, was uns alle bändigt, das Gemeine." Daß er des deutschen Volkes Lieblingsdichter, bewies die Feier seines 100 jährigen Geburtstages am 10. Nov. 1859. Das war ein Volksfest tm schönsten und edelsten Sinne des Wortes für die gesamte deutsche Nation; eine Hochstut der Begeisterung wogte nicht nur durch alle deutschen Lande, sondern überall, wo Deutsche weilen. Da aber, wo am Vier- waldstättersee der Mythenstein emporragt, prangen seit jenem Tage in goldener Schrift weithin die Worte: „Dem Sänger Tells, Friedrich Schiller, die Urkantone."

5. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 118

1900 - München : Oldenbourg
118 Kampf gegen historische Phrasen. Was nun die anderen »Grossen« anbelangt, so können wir Herder, Klopstock, Wieland so ziemlich übergehen. Bei »Cid« wird man kurz andeuten, dass dies eine nationale Idealfigur ist, in welche die Thaten vieler Helden zusammengeflossen sind. Die »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit« werden an sechsklassigen Mittelschulen wohl gar nicht, an neunklassigen auch nur in Ausnahmefällen gelesen werden, und dann steht die Lektüre unter der Leitung eines älteren, erfahrenen Lehrers, der ohnehin weiss, wie er diese schwierigen Fragen zu behandeln hat. Wenn auch in »Oberon« Karl D. Gr. und sein Hof berührt werden, so wird doch der Schüler viel zu sehr unter dem Eindruck des Märchenhaften stehen, um diese Dinge als historisch zu betrachten. Auch den »Grössten unter den Grossen« , Goethe, können wir hier mit Ehrfurcht übergehen. Wohl hat er auch geschichtliche Stoffe behandelt, wie im Götz Von Berlichingen und im Egmont, aber besonders bei letzterem mit der edlen, vornehmen Ruhe des Genius, der schon instinktiv nicht über die Grenzen der dichterischen Freiheit bei Gestaltung historischer Charaktere hinausgeht. Aber bei Schiller müssen wir zum Schlüsse noch einige Augenblicke verweilen. Schiller hat nicht nur eine Reihe historischer Dramen (Fiesco, Don Carlos, Wallenstein, Maria Stuart, Jungfrau von Orleans, Tell), sondern auch direkt historische Abhandlung geschrieben (Geschichte des Abfalls der Niederlande, Dreissigjähriger Krieg und eine Reihe kleinerer Aufsätze). Dabei muss nun leider die Thatsache konstatiert werden, dass der Dichter sehr häufig mit der geschichtlichen Wahrheit in schärfsten Widerspruch gerät; ferner muss man die noch betrüben-dere Wahrnehmung machen, dass in den Köpfen zahlreicher »Gebildeter« die in Frage stehenden geschichtlichen Ereignisse noch immer lediglich in der Schlllerschen Darstellung und Auffassung existieren, die um so gefährlicher ist, weil sie durch eine meisterhafte Diktion, durch eine scheinbar tief genetisch-philosophische Sicherheit und durch eine bestechende, aber künstlich konstruierte Konsequenz gefangen nimmt. Wenn wir also im folgenden einige wenige für den Geschichtsunterricht vorzugsweise in Betracht kommende Punkte herausgreifen und richtig stellen, so möchten wir vorausschicken, dass wir zu den dankbarsten Verehrern des »Lieblings der deutschen Nation« gehören, und zwar seit unserer frühesten Jugend. Die Worte des Marquis

6. Von Friedrich dem Großen bis auf die neueste Zeit - S. 35

1892 - Berlin : Nicolai
35 Wasser." „Der Morgen kam, es scheuchten seine Tritte." „Der bit von dem Himmel bist." „Über allen Wipseln ist Ruh." „Edel sei der Mensch." „Wenn der uralte ewige Vater." „Und so geschahs."). Goethe war Naturforscher und hat auch aus diesem Gebiete Hervorragendes geleistet. Erstarb in Weimar hochbetagt, als Dichtersürst anerkannt und geehrt (1832). Friedrich Schiller. Geboren an Luthers Geburtstage 1759, eines Chirurgen Sohn, der später zum Offizier des Württembergischen Heeres emporstieg, zu Marbach am Neckar. Er besuchte die vom Herzog begründete Karlsschule zu Ludwigsburg, die später nach Stuttgart verlegt wurde, und trat später als Militärarzt in den Dienst des Heeres. Aber der Zwang beengte ihn; seine Seele war erfüllt von der Sehnsucht, seine Gedanken in dichterischer Freiheit gestalten zu dürfen. Ganz in „Sturm und Drang" stehend, dichtete er „die Räuber", deren Held Karl Moor die Menschheit an der Ungerechtigkeit der Bösen rächen will. Einen ähnlichen Geist atmen die Dramen „Kabale und Liebe", „Fiesko". In diesen drei Jugenddramen des Dichters spiegelt sich die Erregung ab, von der damals ein Teil der gebildeten Jugend ergriffen war; der Ausdruck ist leidenschaftlich, wie die oft überspannte Empfindung ihn schuf. Erst in „Don Carlos", obgleich auch hier der Kamps der Freiheit gegen die Unterdrückung geschildert wird, mäßigt sich Empfindung und Ausdruck, tritt die Harmonie ein, welche in einem Kunstwerke herrschen soll. Nachdem Schiller aus Stuttgart vor dem Zorne des Herzogs geflohen war, trieb er heimatlos, von Armut und Sorge gedrückt, umher; hier und da einen ruhigen Aufenthalt im Kreise von Freunden findend, die ihm seine Dichtungen, wie die sich darin bekundende edle Gesinnung erworben hatten. So in Dresden im Hause von Theodor Körners Vater. Es war der edle Herzog von Weimar, welcher dem Dichter die ersehnte Heimat schus, indem er ihn als Professor der Geschichte an die Universität zu Jena Berief, wozu Schiller-seine Befähigung durch die geschichtlichen Werke „Abfall der Niederlande" und der „Dreißigjährige Krieg" zeigte. Schiller und Goethe. Da vollzog sich zwischen den beiden größten Dichtern Deutschlands ein Freundschaftsbund, welcher beide auch als Menschen ehrt. Wir nennen deshalb die Namen „Schiller und Goethe" ebenso zusammen, wie „Luther und Melanchthon", „Blücher und Gneisenan". Als Goethe seine Meisterstücke schuf, stand ihm Schiller mit seiner Begeisterung anfeuernd zur Seite, während Goethes ruhiger Geist mäßigend ans die Schöpfungen des jüngeren Freundes einwirkte. Die Bühne, welche Goethe in Weimar leitete, machte es möglich, daß die Dramen beider sogleich durch strebsame bedeutende Schauspieler ausgeführt wurden. So entstand Schillers „Wallenstein", drei Stücke, jedes für sich verständlich, aber alle drei doch ein Ganzes bildend (Trilogie). In seinen geschichtlichen Dramen zeigt Schiller eine überraschende Gabe, geschichtliche Persönlichkeiten in ihrem inneren Leben und Wesen so zu verstehen, daß er 3*

7. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 197

1910 - Regensburg : Manz
Schillers Schlagwörter. Doppelter Irrtum. 197 dieser Despotismus in der Person des Kaisers Ferdinand Ii. kulminiert habe. Und ein wie tiefes Interesse der Dichter für diese Freiheit der Reichsfürsten nahm, wie sehr aus dem Geschichtschreiber der sachsen-weimarische Staatsdiener redete, ersieht man besonders aus seinem Schlußurteil über Gustav Adolf, den er, nachdem er ihn in seinem Werke als eine hehre Lichtgestalt gefeiert, plötzlich für einen dem „Heiligtum deutscher Verfassung und der Freiheit der Stünde" noch gefährlicheren Feind als selbst das Haus Österreich hinstellt. Denn der Kaiserthron, wonach Gustav Adolf gestrebt habe, sagt er am Schlüsse des dritten Buches, „war in seiner Hand einem weit größeren Mißbrauche ausgesetzt, als man von dem österreichischen Geschlechte zu befürchten hatte." Schiller fah in dem Namen „Kaiser" ein „Vermächtnis des despotischen Rom." llm seinen Schlagwörtern „österreichische Ländersucht", „österreichische Herrschbegierde" wenigstens einen Schein von Wahrheit zu geben, bringt Schillers Phantasie die historischen Tatsachen in den vollsten Widerspruch mit der Wirklichkeit und berichtet von den Kaisern Max Ii. und Rudolf Ii. Dinge, welche jenen nur allzu fremd waren, ja, er behauptet sogar, daß der lange kirchlich-politische Krieg in Frankreich von Österreich angefacht und unterhalten worden sei; Heinrichs Iv. von Frankreich „unversöhnlicher Haß" gegen das deutsche Kaiserhaus sei darum „gerecht" gewesen. Kein französischer Geschichtschreiber hat den französischen König, der Deutschland zerstückeln wollte, jemals mit so glühenden Farben verherrlicht als der deutsche Dichter, der ihm den Beinamen „des Großen" zuerkennt und der es bedauert, daß seine Pläne vereitelt, daß Österreich „gerettet" worden, um die Ruhe von Europa noch um einige Jahrhunderte zu verschieben. Für die folgende Zeit erhält dann Kardinal Richelieu, unter dem Heinrichs Staatskunst wieder aufblühte, die Lobsprüche des Dichters. Heinrichs und Richelieus Lob hing mit Schillers Anschauungen über die „deutsche Freiheit" innig zusammen und der Dichter blieb sich darin konsequent, viel konsequenter, als sich manche spätere Historiker blieben, die den Kamps des deutschen Fürstentums gegen das Kaiserhaus billigen und preisen, gleichzeitig aber aus nationalen Anwandlungen über Heinrich und Richelieu den Stab brechen, die sich über die von diesen geleistete Hilfe freuen, aber den Helfern keine Anerkennung zollen wollen. Das blutige Drama des Krieges begann in Böhmen und Schiller geht bei der Darstellung des böhmischen Krieges von dem doppelten Irrtum aus, daß derselbe religiöser Natur gewesen und daß er als ein Krieg der böhmischen Nation anzusehen sei, die durch denselben, sagt er, „ihre Majestät zurückgenommen und in den Zustand des natürlichen Rechts zurückgetreten war." Und dieser doppelte Grundirrtum ist seitdem säst allgemein herrschend geworden und verhindert bis heute das richtige Verständnis des dreißigjährigen Krieges. Dank der unermüdlichen Tätigkeit gewissenhafter und ehrlicher Forscher ist die jetzt unbezweiselbare Gewißheit festgestellt, daß die böhmischen Unruhen nur das Resultat slavo-tschechischer Umtriebe, nur eine Auflehnung böhmischer Aristokraten gewesen ist. [Vergl. den Artikel: Der Aufstartd in Böhmen.] Ebenso grundfalsch ist die durch Schiller landläufig gewordene Annahme, daß Ferdinands Ii. Politik den böhmischen Aufstand zum Religionskrieg gemacht habe, indem er durch allzuharte Maßregeln die Gegenreformation durchzuführen bestrebt gewesen sei. Auch hier hat die neueste Forschung das notige Licht gebracht und eine schwere Schuld der sogenannten Wissenschaft gesühnt. [Vergl. den Artikel: Die Häupter des dreißigjährigen Krieges]. Als Schiller, um Geld zu bekommen, in aller Eile den ersten Entwurf seines dreißigjährigen Krieges für Göschens Damenkalender machte, hat er nicht daran gedacht, daß man sein Buch zu einem klassischen Werke stempeln würde, noch weniger, wollte er absichtlich Wir-

8. Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten - S. 363

1879 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
5. Erfindungen, Kunst und Wissenschaft der Neuzeit. 363 Friedrichs von Schiller. Geboren am 10. November [1759—1805 1759 zu Marbach in Schwaben als Sohn eines würtembergischen Hauptmanns, kam der junge Schiller auf die herzogliche Karls-schule uack Stuttgart, wo er sich anfangs der Rechtswissenschaft, später der Arzneikunde zuwandte. Die strenge militärische Zucht, die dort waltete, behagte ihm wenig, und die vorgeschriebenen Studien vermochten seinen hochfliegenden Geist nicht zu fesseln. Mit desto größerer Begieroe las er die Werke von Klopstock und Goethe und andere in der Anstalt verbotene Schriften, die er sich mit seinen Freunden durch List zu verschaffen wußte. 22 Jahr alt erhielt er eine Anstellung als Militairarzt, doch die gehoffte Freiheit fand er nicht; man verbot ihm sogar, seine Gedichte drucken zu lassen. Wie tief seine Mißstimmung war, wie sehr er sich sehnte, aus den beengenden Verhältnissen herauszukommen, beweisen die „Räuber", die er damals verfaßte. Der Beifall, mit welchem das Stück iu Mannheim zuerst aufgeführt wurde, bewog ihn, aus Stuttgart zu fliehen, um sich ein freies Leben, wenn auch unter Noth und Sorgen, zu gründen. Diese blieben denn auch nicht aus. Der Leiter der Mannheimer Bühne ließ den Dichter-unter dem Druck der Armuth seufzen, ein neues vou demselben geschriebenes Drama, „Fiesko", nahm er gar nicht an. Da begab sich Schiller nach Bauerbach bei Meiningen, wo ihm seine Gönnerin, die Frau von Wolzogen, eine Zufluchtsstätte gewährte. Jetzt rief man ihn nach Mannheim zurück und stellte ihn als Theaterdichter an. Er sah sich aufs Neue in seinen Erwartungen getäuscht, und so gab er die Stellung nach Jahresfrist wieder auf und nahm seinen Aufenthalt abwechselnd in Leipzig, Dresden, Weimar und Rudolstadt. Im Jahre 1789 erhielt er einen Ruf als Professor der Geschichte au die Universität Jena, und nun durfte er auch daran denken, seine Braut Charlotte von Lengefeld als Gattin heimzuführen. In Jena schrieb erden „Don Carlos", „Wallenstein", das „Lied von der Glocke", die Tonleiter aller menschlichen Empfindungen, die meisten seiuer herrlichen Balladen („der Gang nach dem Eisenhammer", „die Bürgschaft", „der Kampf mit dem Drachen", „der Taucher", „die Kraniche des Jbykns", „der Ring des Polykrates", „Rudolph von Habsburg") und eine Geschichte des Abfalls der Niederlande und des dreißigjährigen Krieges. 1799 siedelte Schiller nach Weimar über, wo er sich mit Goethe vorzugsweise dem Theater widmete und die dramatischen Werke „Macbeth", „Jungfrau von Orleans", „Maria Stuart", „Braut von Messina" und kurz vor seinem frühen Hinscheiden „Wilhelm Tell" verfaßte. Auf Goethe und Schiller folgt eine lange Reihe von Dichtern, welche mit mehr oder weniger Glück den großen Meistern nachzueifern strebten. Die bekanntesten derselbe:: sind: die Brüder

9. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 119

1900 - München : Oldenbourg
Geschichtsunterricht und Schullektüre. 119 Püsa an die Königin (»Don Carlos« Iv. Akt, 2i.aufz.), gewisser-massen sein Testament: »..........................................Sagen Sie Ihm, dass er für die Träume seiner Jugend Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird . . .« sind dem Verfasser tief ins Herz gegraben; noch heute kann er sich kaum einen grösseren Genuss denken, als nach vollbrachtem Tagewerk sich an der herrlichen Gedankenlyrik des Dichters oder den prachtvollen Chorgesängen einer »Braut Von Messina« zu erquicken. Auch gilt ganz besonders bei und für Schiller das oben angedeutete »Alles verstehen, heisst alles verzeihen«. Das geschichtliche Relief in »Räuber, Fiesco, Kabale und Liebe« kann man übergehen; diese Stücke eignen sich nicht zur Schullektüre^; und kommt ja ein Schüler von selbst darauf, weil er sie vielleicht in der häuslichen Bibliothek gefunden hat, so sagt man ihm kurz, dass es Produkte eines zwar hochbegabten, aber noch sehr jugendlichen und unausgereiften Genies sind. Auch Don Carlos eignet sich wegen der Eboli- und Königin-Episode wenig zur Schullektüre, obwohl das Stück unter den Gebildeten viel Unheil (vom Standpunkt der geschichtlichen Wahrheit genommen) angerichtet hat. Philipp Ii. war nicht der sinnlichgrausame Tyrann, Carlos nicht der edle, wenn auch einstweilen überschäumende »Hort der Zukunft«. Jeder Gebildete sollte die abschliessenden Untersuchungen Rankes u. a. behufs Rektifizierung seines Urteils kennen. Die Eboli-, Königin- und Posa-Episoden sind frei erfunden, noch dazu die letztere ganz anachronistisch, denn diese Posa-Ideen sind durchweg erst der Aufklärungsperiode vor etwa hundert Jahren eigen, aber niemals dem 16. Jahrhundert. Wallenstein, Maria Stuart, Jungfrau und Tell sind auch nicht historisch richtig gezeichnet, aber die Abweichungen Schillers von den Thatsachen sind nicht wesentlich über die Grenzen der dichterischen Freiheit hinausgegangen, auch lassen sich die abweichenden Partien (Lionel-Episode, Marias Vergangenheit u. s. w.) im Unterricht nicht gut im einzelnen ausführen. Aber schon über Tell sagte der scharfsinnige Napoleon, er begreife nicht, wie die Deutschen für ein Stück schwärmen könnten, das doch den Abfall von Kaiser und Reich glorifiziere. Thatsächlich hat er recht. Denn die Worte Ruuenz’: »Den Kaiser will man zum Herrn, um keinen Herrn zu haben*, haben sich im Verlauf der Geschichte voll und ganz bestätigt. Aber hier kommen wir auf den springenden Punkt in

10. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 482

1858 - Weimar : Böhlau
482 Welt erlangt hatte, bestimmte Schiller seinen Aufenthalt in Weimar zu nehmen (1787). Auf Goethe's Empfehlung wurde Schiller 1789 als Professor der Geschichte nach Jena berufen. Mit welchem großartigen Sinne er seine Aufgabe auffaßte, geht aus seiner Antritts- rede hervor: Was heißt und zu welchem Ende studirt mau Universalgeschichte. Mit philosophischem Geiste suchte Schiller in die Entwickelung der Menschheit einzudringen. Er war einer der ersten, die daß Mittelalter gerecht zu würdigen verstanden. Er schrieb die Ge- schichte der französischen Religioitskriege und die Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Dem Geschichtsstudium entzog ihn die Philosophie. Seine ästhetischen Abhandlungen haben das Gebiet der Aesthetik durch eine Menge fruchtbarer Ideen bereichert. Der Poesie wandte sich Schiller eifriger wieder zu, seit er 1795 die Ho reu, eine Zeitschrift, herausgab. Zu derselben Zeit entspann sich auch das freundschaftliche Verhältniß zu Goethe und Wilhelm von Humboldt, welche beide auf die Entwickelung von Schiller's Geist einen großen Einfluß gehabt haben. Durch Goethe wurde Schiller aus den Regionen der Abstraction mehr auf das Reale und Individuelle hinge- wiesen; Humboldt war Schiller durch seine Kenntniß des Alterthums förderlich. Aus der Zeit des Zusammenwirkens mit Goethe stammen die vortrefflichsten lyrischen Gedichte unseres Sängers. Im edlen Wett- eifer dichteten beide Dichter ihre herrlichen Balladen. Die mit giftigem Spott verbundene Opposition, welche die Horen hervorriefen, reizte beide Dichter und trieb sie zu einer Gegenwehr. Sie machten nämlich unter dem Titel Genien eine Anzahl von satirischen Epigrammen, in welchen sie den herrschenden Geschmack, die schlechten Zeitschriften, die gehaltlosen und schwachen Schriftsteller mit dem bittersten Spotte ver- höhnten. Aus dieser Periode stammen auch Schillers wahrhaft große Tra- gödien. Mit Wallenstein hatte er sich seit 1790 beschäftigt; mit Wallensteins Lager wurde 1798 das neue Theater zu Weimar einge- weiht; die ganze Trilogie wurde 1799 vollendet. In einer durch Kriege und Staatsumwälzungen hoch aufgeregten Zeit stellte Schiller eine be- wegungs- und thatenvolle Periode der varecländischen Geschichte dar, eine historische und imposante Größe, welche sich in der Zeit der gewal- tigsten Gährungen emporgearbeitet hatte und in denselben unterging. Der glücklichen Wahl des Gegenstandes entsprach die lebensvolle, künst- lerisch vollendete Ausführung. Wie die Räuber, Fiesco und Don Car- los gleichsam weissagende Bilder der französischen Revolution waren, so war Wallenstein ein divinatorisches Vorbild für Napoleon. Die Wir- kung auf die Nation entsprach der Größe der Idee und dem Gehalte des Stückes. In Maria Stuart ließ sich Schiller wieder zu einer sentimentalen Behandlung einer weiblichen Leidensgeschichte herab, wäh- rend das Historische der behandelten Periode mehr zurücktrat. Im December 1799 siedelte Schiller nach Weimar über, da er sich jetzt ganz dem Drama widmen wollte imb ihm dazu die Nähe einer guten Bühne ein Bedürfniß war. Unter Goethe's Direktion und unter Schiller's Mitwirkung wurde das weimarische Theater eine Musterschule deutscher dramatischer Kunst und naturgemäßer Darstellung. Schiller strebte den Kreis des Dramatischen zu erweitern und versuchte seine Kraft

11. Geschichtliches Hülfsbuch für die oberen Klassen der höheren Mädchenschulen - S. 239

1888 - Leipzig : Teubner
239 Goethes 1789 als auerordentlicher Professor der Geschichte nach Jena berufen, zuerst ohne Gehalt. 1790 heiratete er sein Lottchen. Aber schon Anfang 1791 brach sein Krper unter der gewaltigen Arbeitslast und unter einem Katarrhfieber zusammen. Ein lebens-lngliches Siechtum war die Folge dieser Ktmtfheit. Aus der ueren Not rettete ihn sr's erste ein gromtiges Geschenk aus Kopenhagen (!), das der Prinz von Augustenburg und der dnische Minister Graf Schimmelmann ihm anboten (Jahrgehalt von 1000 Thalern fr drei Jahre). Allmhlich erholte er sich; von 17931794 war er mit seiner Frau zum Besuch in der schwbischen Heimat, wo ihm auch sein erster Sohn geboren wurde. Von dem blutigen Treiben der Revolutionsmnner in Paris, die ihm (1792) den Ehrentitel eines franzsischen Brgers anboten, wandte sich Schiller voll Widerwillen und Ekel ab. Nach der Vollendung des Don Carlos" hat Schiller jhre- . 320. lang der Dichtkunst den Rcken gekehrt. Um die Lcken seiner Jugendbildung auszufllen, beschftigte er sich mit den griechischen Dichtern. Sein Don Carlos" fhrte ihn auf sein erstes groes Geschichtswerk, Geschichte des Abfalls der vereinigten Nieder-lande" (1788). Die Professur in Jena machte ihm sodann das Studium der Geschichte zum Beruf. 1790 begann er seine Ge-schichte des 30jhrigen Krieges". Beide Merke, nicht sowohl als Quellenschriften bedeutsam, als vielmehr durch die Kunst der Darstellung und den Reichtum an Gedanken, sind durchdrungen von der Begeisterung fr Freiheit. Welchen hohen Begriff Schiller von dem Berufe des Dichters hatte, zeigt sein Gedicht Die Knstler". Die Kunst soll den Menschen aus dem rohen Naturzustand zu schner Menschlichkeit emporheben und veredeln. Um selbst die volle Hhe menschlicher Bildung zu gewinnen, vertiefte sich Schiller in die Philosophie Kants. In den Jahren 1795 und 1796 schrieb er seine groen sthetischen Aufstze Briefe der die sthetische Erziehung des Menschen" und der naive und sentimentalische Dichtung". In der letzteren Schrift nennt er Goethe einen naiven Dichter, der die Wirklichkeit abbildet, sich selbst einen sentimentalischen Dichter, der das Ideal darstellt, welches der der Sinnenwelt des wirklichen Lebens schwebt.

12. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 235

1916 - Trier : Lintz
Dichter zunächst aller Sorge für seine Zukunft entriß und ihm ein Leben bereitete, das er ganz der freien Arbeit widmen konnte. — Am 9. April 1785 verließ Schiller Mannheim, blieb den Sommer über in dem Dorfe Gohlis bei Leipzig und folgte im Herbst dem inzwischen nach Dresden versetzten Freunde. Hier, in einem Gartenhause des Dorfes Loschwitz an der Elbe, vollendete Schiller das längst begonnene Trauerspiel „Don Carlos" 1787, beschäftigte sich aber von da ab längere Zeit mit wissenschaftlichen Studien, mit der Geschichte, dem Studium der griechischen und römischen Klassiker und mit der Philosophie Kants. Nach Vollendung des „Don Carlos" hatte er sich im Juli 1787 nach Weimar begeben, 1788 seinen Wohnsitz in dem nahe bei Rudol- stadt gelegenen Volkstedt genommen, wo er mit der Familie der Frau von Lengefeld verkehrte. 1789 wurde er durch die Vermittlung Goethes als Professor der Geschichte nach Jena berufen. Hier vermählte er sich 1790 mit Charlotte von Lengefeld. Im Anfange des Jahres 1791 erkrankte er, und wiederum geriet er in die drückendste Not; da überwiesen ihm der Erbprinz Christian Friedrich von Hoistein-Augustenburg und der dänische Minister Graf Schimmel- mann auf drei Jahre ein Jahrgehalt von 1000 Talern. Während der Zeit der wissenschaftlichen Tätigkeit war der dichterische Schaffenstrieb Schillers fast ganz zurückgedrängt. Doch entwickelte sich in dieser Zeit in ihm die Ruhe des Gedankens und die ideale Reinheit des Gemütes, die seine späteren Dich- tungen kennzeichnet. Früchte seines Studiums der Alten waren einige Über- setzungen („Iphigenie in Aulis" und Szenen aus den „Phönizierinnen" des Euripides, ferner das 2. und das 4. Buch der „Äneis", letztere in Otta- verimen). Seinen geschichtlichen Studien entwuchsen Aufsätze über das Mittel- alter, insbesondere über die Völkerwanderung und die Kreuzzüge sowie die „Übersicht des Zustandes von Europa zur Zeit des ersten Kreuzzuges". Die beiden umfangreichsten Werke sind die „Geschichte des Abfalls der ver- einigten Niederlande" 1788 und die „Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs" 1791 —1793. Seiner Beschäftigung mit der Kantschen Philosophie verdanken tvir außer einer Anzahl gedankentiefer Dichtungen von vollendeter Form eine Reihe philosophisch-ästhetischer Aufsätze, die zum Teil erst in späterer Zeit geschrieben oder doch herausgegeben worden sind. Dahin gehören die Abhandlungen „Über Anmut und Würde" 1793, „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen" 1795, „Über naive und senti- mentalische Dichtung" 1795— 1796. In dieselbe Zeit fällt auch der unvollendet gebliebene Roman „Der Geisterseher" 1789. — Schillers Plan zu einer neuen Zeitschrift, „Die Horen", die philosophische und historische Üutersuchungen sowie Gedichte aufnehmen sollte, führte 1794 zu einer An- näherung zivischen ihm und Goethe, die für beide gleich fruchtbar wurde imb Schiller selbst wieder der Poesie zuführte. Gleich die ersten Hefte der 1795 bis 1797 erschienenen „Horen", besonders aber der von 1796 —1800 heraus- gegebene „Musenalmanach" brachte eine Reihe der herrlichsten Gedichte Schillers. 1797 die „Genien", 1798 die meisten im vorhergehenden Jahre entstandenen „Balladen" *). Auch dem Drama hatte er sich wieder zugewandt. 1796 hatte er den „Walleustein" begannen und 1799 beendet. Im Dezember dieses Jahres zog er nach Weimar, und nachdem er hier eine hart- näckige Krankheit überwunden, beendigte er 1800 „Maria Stuart", im *) 1794 und 1795 Jahre der Gedaukendichtung, 1796 Xenienjahr, 1797 Balladenjahr.

13. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 227

1893 - Trier : Lintz
227 konnte. — Im April 1785 verließ Schiller Mannheim, blieb den Sommer über in dem Dorfe Gohlis bei Leipzig und folgte im Herbst dem inzwischen nach Dresden übergesiedelten Freunde. Hier, in einem Gartenhanse des Dorfes Loschwitz an der Elbe, vollendete Schiller das längst begonnene Trauerspiel „Don Carlos" 1787, beschäftigte sich aber von da ab längere Zeit mit wissenschaftlichen Studien, mit der Geschichte, dem Studium der griechischen und römischen Klassiker und mit der Philosophie Kants. Nach Vollendung des Don Carlos hatte er sich nach Weimar begeben, 1788 seinen Wohnsitz in dem in der Nähe von Rudolstadt belegenen Volkstädt genommen, wo er mit der Familie der Frau von Lengefeld verkehrte, und wurde im Jahre 1789 durch die Vermittelung Göthes als Professor der Geschichte nach Jena berufen. Hier vermählte er sich im I. 1790 mit Charlotte von Lengeseld. Anfangs 1791 erkrankte er, und wiederum geriet er in die drückendste Not; da über- wiesen ihm der Erbprinz Christian Friedrich von Holstein-Augustenburg und der dänische Minister Graf Schimmelmann auf drei Jahre ein Jahrgehalt von 1000 Thalern. Während der Zeit der wissenschaftlichen Thätigkeit war der dichterische Schaffungstrieb Schillers fast ganz zurückgedrängt. Doch ent- wickelte sich in dieser Zeit in ihm die Ruhe des Gedankens und die ideale Reinheit des Gemütes, welche seine späteren Dichtungen kennzeichnet. Früchte seines Studiums der Alten waren einige Übersetzungen („Iphigenie in Aulis" und Scenen aus den „Phönizierinnen" des Euripides, ferner das 2. und 4. Buch der „Änels", letztere in Ottaverimen). Seinen geschichtlichen Studien entwuchsen Aufsätze über die Völkerwanderung, die Kreuzzüge und das Mittel- alter sowie die „Übersicht des Zustandes von Europa zur Zeit des ersten Kreuzzuges." Die beiden umfangreichsten Werke sind: die „Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande" 1788 und die „Geschichte des dreißigjährigen Krieges" 1791—92. Seiner Beschäftigung mit der Philosophie verdanken wir eine Reihe philosophisch-ästhetischer Aussätze, zum Teil erst in späterer Zeit geschrieben oder doch herausgegeben. Dahin gehören die Abhandlungen: „Über Anmut und Würde" 1793, „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen" 1795, „Über naive und sentimentalische Dichtung" 1795—96. In dieselbe Zeit fällt auch der unvollendet gebliebene Roman „Der Geisterseher" 1789. — Schillers Plan zu einer neuen Zeitschrift, „Die Horen", welche philosophische und historische Üntersuchungeu sowie Gedichte aufnehmen sollte, führte zu einer Annäherung zwischen ihm und Göthe, welche für beide gleich fruchtbar wurde und Schiller selbst wieder der Poesie zuführte. Gleich die ersten Hefte der „Horen", besonders aber der seit 1796 herausgegebene „Musenalmanach" brachte eine Reihe der herrlichsten Gedichte Schillers, 1797 die „Xenien", 1798 die meisten im Jahre 1797 entstandenen „Balladen" Z. Auch dem Drama hatte er sich wieder zugewandt. Im Jahre 1796 hatte er den „Wallen- stein" begonnen und 1799 beendet. Im Dez. dieses Jahres zog er nach Weimar, und nachdem er hier eine hartnäckige Krankheit überwunden, beendigte er im Jahre 1800 die „Maria Stuart", im folgenden Jahre die „Jung- frau von Orleans", 1803 die „Braut von Messina" und 1804 den „Wilhelm Tell". Dazwischen bearbeitete er noch Shakespeares „Macbeth" *) 1794, 95 Jahre der Jdeeendichtung, 1796 Xenienjahr, 1797 Balladenjahr. 15*

14. Prosalesebuch für Prima - S. 373

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
W. v. Humboldt: Über Schillern, den Gang seiner Geistesentwicklung. 373 Schiller hervorstechender Charakterzug. Allerdings ist ein solches Verhältnis nur unter verwandten Gefftern möglich, deren divergierende Bahnen in einem höher liegenden Punkte zusammentreffen, aber es setzt von seiten der Jntellektualitat die klare Erkenntnis dieses Punkts, von seiten des Charakters voraus, daß die Rücksicht auf die Person gänzlich zurückbleibe hinter den: Interesse an der Sache. Nur unter dieser Bedingung gehen Bescheidenheit und Selbstgefühl, wie es die Bestimmung ihres identischen Zusammenwirkens stt, wahrhaft in Un- befangenheit über. So nun stand Schiller auch Kant gegenüber. Er nahm nicht von ihm: allein die Kantische Philosophie gewährte ihm Hilfe und Anregung. Ohne große Divinationsgabe läßt sich ahnen, wie ohne Kant Schiller seine ihm ganz eigentümlichen Ideen aus- geführt haben würde. Die Freiheit der Form hätte wahrscheinlich dabei gewonnen. Schillers historische Arbeiten werden vielleicht von einigen nur als Zufälligkeiten in seinem Leben und als durch äußere Umstände hervorgerufen angesehen. Dazu, daß sie eine größere Ausdehnung erhielten, trugen diese Ursachen unleugbar bei, allein an sich mußte Schiller durch seine Geisteseigentümlichkeit ebensowohl zu historischen: als philosophischem Studium hingezogen werden. Nur um dies mit wenigen Worte:: anzudeuten, berühre ich diesen Punkt hier. Wer wie Schiller durch seine innerste Natur aufgefordert war die Beherrschung und freiwillige Übereinstimmung des Sinnenstoffes durch und init der Idee auszusuchen, konnte nicht da zurücktreten, wo sich gerade die reichste Mannigfaltigkeit eines ungeheuren Gebietes eröffnet; wessen beständiges Geschäft es war, dichtend den von der Phantasie gebildeten Stoff in eine Notwendigkeit atmende Form zu gießen, der mußte be- gierig sein zu versuchen, welche Form, da das Darstellbare es doch nur durch irgend eine Form ist. ein durch die Wirklichkeit gegebener Stoff erlaubt und verlangt. Das Talent des Geschichtschreibers ist den: poetischen und philosophischen nahe verwandt, und bei dem, welcher keinen Funken dieser beiden in sich trüge, möchte es sehr be- denklich um den Beruf zum Historiker aussehen. Dies gilt aber nicht bloß von der Geschichtschre:bung, sondern auch von der Geschichts- forschung. Schiller pflegte zu behaupten, daß der Geschichtschreiber, wenn er alles Faktische durch genaues und gründliches Studium der Quellen in sich aufgenommen habe, nun dennoch den so gesammelten Ltoff erst wieder aus sich heraus zur Geschichte konstruieren müsse, und hatte darin gewiß vollkommen recht, obgleich allerdings dieser Ausspruch auch gewaltig mißverstanden werden könnte. Eine Tat- sache läßt sich ebensowenig zu einer Geschichte wie die Gesichtszüge eines Menschen zu einem Bildnis bloß abschreiben. Wie in dem

15. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 120

1900 - München : Oldenbourg
120 Kampf gegen historische Phrasen. I Schillers Geschichtsauffassung. Der damalige Kaiser war nämlich ein katholischer Habsburger, und dadurch ist Schiller geradezu — um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen — hypnotisiert. Suchen wir das aus seiner Vergangenheit und Entwicklung heraus zu begreifen. Schiller hatte sich von Jugend auf, wenn auch nur zeitweise und mit längeren Unterbrechungen, viel mit geschichtlichen Studien beschäftigt. Aber von Anfang an interessierte ihn nicht die objektive Wahrheit des Stoffes, sondern dessen poetische Verwendbarkeit und Wirksamkeit. »Eine einzige grosse Aufwallung, die er durch die gewagte Erdichtung in der Brust seiner Zuhörer bewirke, wiege die strengste historische Genauigkeit auf« (eigene Worte des Dichters in der Vorrede zu Fiesco). Zum Unglück geriet er auch gleich anfangs auf bedenkliche französische Geschichtsdichter, die wie St. Real und Mercier die Dinge nach subjektiver Willkür einfach ummodelten und die Geschichte nicht als Lehrerin der Wahrheit, sondern als Tummelplatz für die Künste ihres Geistes und Witzes betrachteten. Ausserdem sind das Milieu und die äusseren Verhältnisse, die den Dichter in Weimar beeinflussen, sehr ungünstig. Aus seinem Briefwechsel, besonders mit Körner, ersehen wir, dass er lange Zeit fast durchweg mit Nahrungssorgen zu kämpfen hatte. Er bedauert selbst, dass er rasch und viel schreiben müsse, um Geld zu verdienen. Wie hätte er da die nötige Ruhe, Unbefangenheit und Geistessammlung zu umfassenden Quellenstudien haben sollen? Die »Geschichte des Abfalls« war nach seinen eigenen Worten das Werk von fünf, höchstens sechs Monaten, wobei er aber noch zahlreiche Dinge nebenbei betrieb. Auch arbeitete er an diesen Dingen mit Unlust; poetische Beschäftigung wäre ihm lieber gewesen. Aber die Not zwang ihn, Geld zu verdienen. »Das verfluchte Geld!« schrieb er (6. Okt. 1787) an Körner. Seinen Grundsatz bei historischen Arbeiten spricht er selbst aus in einem Briefe an Karoline v. Beulwitz (io. Dez. 1788): »Die Geschichte ist nur ein Magazin für meine Phantasie, und die Gegenstände müssen sich gefallen lassen, was sie unter meinen Händen werden«. Nun sein persönlicher Standpunkt. Schillers Ideal war »die Idee der Freiheit«, wie sie in seinem »philosophischen Zeitalter« ausgedrückt ist. Er war ein begeisterter Anhänger der Lehre von der Volkssouveränität und dem Naturrecht. »Frei ist der Mensch, und wär’ er in Ketten geboren«. Dass natür-

16. Handbuch der Vaterlandskunde - S. 213

1858 - Stuttgart : Schweizerbart
213 kam aber unter dem Grafen Ulrich dem Vielgeliebten 1463 in Folge einer unglücklichen Fehde an die Pfalz, und erst 1504 brachte Herzog Ulrich die Stadt wieder an Württemberg. 1693 wurde Marbach von den Franzosen geplündert und abgebrannt, und der Schaden wurde — ohne das geraubte Vieh rc. und die verwüsteten Felder — auf 378,ooo fl. geschäht; 1745 brachte ein Hagelwetter einen Schaden von 200,000 fl. Ein guter Jahr- gang kann in Marbach gegen 3000 Eimer Wein bringen und. 6000 Scheffel Getreide. — Im Jahr 1759 wurde zu Marbach geboren: Friedrich von Schiller, nächst Göthe der berühmteste Dichter Deutschlands. Er war der Sohn eines württembergischen Hauptmanns, erhielt den ersten Unterricht von dem Landprediger Moser zu Lorch und besuchte sodann von 1768 an die lateinische Schule in Ludwigsburg. Anfangs zum Theologen bestimmt, gab er diesen Plan auf, als er Zögling der Carls-Akademie auf der Soli- tude wurde. Als diese Anstalt im Jahr > 775 nach Stuttgart verlegt und damit eine Hochschule für Medicin verbunden wurde, entschloß sich Schiller, Mediziner zu werden. Inzwischen wuchs seine Neigung zur Dichtkunst; sein freier Geist fühlte aber auch immer mehr die beengenden Fesseln einer militärischen Zucht. Sein erstes Trauerspiel: Die Räuber, das er übrigens erst nach seinem Abgang von der Akademie 1781 bekannt machte, nachdem er bereits als Regimentearzt angestellt war, machte ungeheures Aufsehen, hatte aber für Schiller viel Widerwärtiges zur Folge, so daß er sich end- lich veranlaßt fand, 1782 aus Stuttgart zu fliehen. Er wandte sich in die Rbcingegenden, fand bei der Geheimenräthin v. Wollzogen freundliche Aufnahme, vollendete die „Verschwörung des Fiesko" und „Cabale und Liebe", und wurde hierauf Theaterdichter zu Mannheim. Hier begann er- den „Don Carlos". Nach zwei Jahren, 1785 , wandte sich Schiller nach Sachsen und vollendete in Dresden das angefangene Werk. Bei seinem Freunde Körner beschäftigte er sich nun mit historischen Studien, deren Resultat „die Geschichte des 30jährigen Krieges" und die „des Abfalls der Niederlande" war. Im Jahr 1787 wandte sich Schiller nach Weimar, dem damaligen Sih der Heroen unter den deutschen Schriftstellern und lernte daselbst Wieland und Herder kennen. Das Jahr darauf machte er auch Göthe's persönliche Bekanntschaft, und wurde durch dessen Vermitt- lung 1789 außerordentlicher Professor der Philosophie in Jena, wo er sich nun hauptsächlich mit historischen und philosophischen Studien beschäftigte. 1789 erschien „der Geisterseher"; zugleich begann er in diesem Jahre seine „Sammlung historischer Memoiren". Zwei Jahre später, i?9>, ergriff ihn eine heftige Brustkrankheit, die seine Gesundheit für immer untergrub. Genöthigt, aller öffentlichen und selbst aller schriftstellerischen Thätigkeit zu entsagen, sicherten ihm der damalige Erbprinz von Dänemark und der Graf Schimmelmann eine Pension von 1000 Thalern auf drei Jahre zu. Kaum wieder hergestellt, gab sich Schiller einem, für seinen immer noch

17. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ausbruch des Weltkrieges - S. 75

1918 - Erlangen [u.a.] : Deichert
104. Deutsches Geistesleben im 18. Jahrhundert. 75 Drangperiode", d. i. jener die Jahre 17701785 umfassenden Zeit, in welcher die jungen Dichter die Regeln und Gesetze der ber-lieferung abstreiften, als Kraftgenies" die engen Schranken der Sitte und Gesellschaft durchbrachen und das Recht der freien, uneinge-schrnkten Entfaltung der Persnlichkeit forderten. 1775 durch den Herzog Karl August nach Weimar berufen, unternahm er 1786 eine zweijhrige Reise nach Italien. Infolge der dabei gewonnenen Eindrcke wandte er sich von den formlosen Pro-duften der Sturm- und Drangperiode ab und erblickte das wahre Prinzip der Kunst in der klassischen Idealitt, welche den edelsten Gehalt in die vollendetste Form zu kleiden suchte". Es erschienen nun einige seiner reifsten Werke: Iphigenie in Tauris, Egmont, Torquato Tafso. Die 1794 erfolgte Annherung an Schiller und die Freundschaft mit diesem spornte Goethe zu neuer dichterischer Ttigkeit an. Eine Frucht derselben war das epische Meisterwerk Hermann und Dorothea" (1797), worin in Anlehnung an einen Welt-historischen Vorgang (Franzsische Revolution) ein anziehendes Bild des biederen deutschen Familienlebens gezeichnet wird. Nach dem Tode Schillers erschienen u. a. noch der erste Teil der Tragdie Faust" (1808), der Roman Die Wahlverwandtschaften" (1809), die Selbstbiographie Dichtung und Wahrheit" (1811), der zweite Teil des Faust" (1831). Am 22. Mrz 1832 schlo Deutschland grter Dichter die Augen. Goethe schilderte in seinen Werken Selbsterlebtes, Selbstempfundenes; er nannte selbst seine Gedichte Bruchstcke einer groen Konfession". Friedrich Schiller (geb. 1759 in Marbach, gest. 1805 in Schiller. Weimar). Die von heiem Verlangen nach Freiheit und Ungebunden-heit erfllten Dichtungen der Sturm- und Drangzeit (Gtz von Berlichingen, Werthers Leiben usw.), ferner Klopstocks Messias und die Shakespeareschen Dramen weckten sein Talent fr die bramatische Poesie und spornten ihn zu den ersten Versuchen an. Es erschienen Die Ruber" (1781), Die Verschwrung des Fiesko M Genua" (1783), Kabale und Liebe" (1784), Don Carlos (1787), in welchen Stcken er die trum- und krankhafte Gebanken-unb Empfinbuugssphre der Strmer und Drnger" offenbarte. Nachbem Schiller durch Goethes Vermittlung eine Professur der Geschichte an der Universitt Jena erhalten hatte (1789), wanbte er sich mit Eifer historischen und philosophischen (Kant) Stubien zu. Seine historischen Arbeiten (Geschichte des Dreiigjhrigen Krieges"), die sich alle durch kunstvolle Darstellung und Reichtum der Jbeen auszeichnen, wrben ihm zur Vorbereitung fr herrliche Ballaben (Der Hanbschuh", Der Ring des Polykrates", Der Taucher", Die

18. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 198

1910 - Regensburg : Manz
198 Schädliche Wirkungen seiner Geschichte. Grelle Widersprüche. kungen hervorrufen, die sein Buch in der Tat erzeugte. Aber diese Wirkungen sind nun einmal vorhanden und jedenfalls ungemein schädlich für unser religiöses und nationales Leben. Solange man nach Schillers Vorgang den dreißigjährigen Krieg als einen Religionskrieg betrachtet, in welchem nicht protestantische und katholische Fürsten, denen die Religion nur zum Vorwande diente, sondern Protestanten und Katholiken einander mit blutigem Hasse gewürgt haben, als einen Krieg ferner, in welchem die ausländischen Mächte mit deutschem Blute zum Segen Deutschlands gefochten, ebensolange flößt man auch der Gegenwart noch Parteihaß und konfessionelle Erbitterung ein und verhindert die Erstarkung jenes jedem großen Volke notwendigen Nationalgefühls, welches die innern Zwistigkeiten selbst ausfechten will und sich mit sittlicher Entrüstung gegen jede Einmischung des Auslandes erhebt. Je stärker der einseitige Konfefsionsgeist in Deutschland, desto schwächer ist der Nationalgeist. Dies erkennen alle Historiker, die für das friedliche Nebeneinanderstehen der Konfessionen und für die Kräftigung der nationalen Gesinnungen wirken wollen, und einen sich deshalb immer mehr in der Annahme, daß der dreißigjährige Krieg, an welchem unsere Nation nur grauenvoll leidend Anteil genommen, kein Religionskrieg, sondern ein Krieg gegen Kaiser und Reich gewesen, der zum Ruine Deutschlands von deutsch-feindlichen Mächten protestantischer und katholischer Konfession geführt wurde, und zwar geführt wurde mit deutschem Blute, und daß er so unsäglich unheilvoll in feinen Wirkungen gewesen, vorzüglich durch die Sondersucht, den Verrat und die ganze Niederträchtigkeit deutscher Fürsten. . Und diese Einigung findet statt unabhängig von deren kirchlichem Bekenntnis, wie dies K. A. Menzel, Barthold, Klopp u. a. beweisen. Schiller hat den Wahn, daß der dreißigjährige Krieg ein Religionskrieg gewesen, hauptsächlich aus die Lichtgestalt gegründet, in die seine dichterische Phantasie Gustav Adolf kleidete. Er hat den fremden Eroberer zum Befreier des protestantischen Deutschland, gleichsam zum kriegenden lutherischen Geistlichen in königlichem Gewände gemacht, der in Wehr und Waffen gegen Glaubenszwang und Gewifsendruck auftrat und zugleich in Wehr und Waffen ein Prediger feines Glaubens war. Und das Bild, welches der Dichter von feinem Helden eines Religionskrieges entworfen, steht um so leuchtender vor den Augen des Lesers, weil er gleichzeitig in Tilly, dem Hauptgegner des fremden Eroberers, einen Mann von „blindem Religionseifer und blutdürstigem Verfolgungsgeist", ein Scheusal in Menschengestalt, erfunden und dargestellt hat. Auch finden sich in dem Schillerschen Werke eine große Masse von grellen Widersprüchen, die sich niemals ausgleichen lassen, wenn sie auch ihre Erklärung in der Eilfertigkeit finden, mit welcher es zustande gebracht wurde. Faßt man die Geschichte des dreißigjährigen Krieges von Schiller mit der Schärfe der Kritik an, so erklärt sich das Urteil leicht, welches ein Historiker wie Niebnhr darüber gefällt hat. Er schreibt: „Ich habe diesen Herbst Schillers Geschichte des dreißigjährigen Krieges gelesen und einmal über das andere die Hände erstaunt zusammengeschlagen, nicht durch das Werk betroffen, o keineswegs, sondern durch Verwunderung über die Möglichkeit, daß eiue solche Schrift, die nicht einmal erträglich gut geschrieben ist und deren Erzählung nie fortströmt, sondern holpert und stolpert, zu einem klassischen Werk gestempelt ist. „Die Zeit wird freilich Recht üben und das Ding unter die Bank stecken." Und den besten Kommentar zu dieser Stelle finden wir in Schillers eigenen Worten: „Ich werde immer eine schlechte Quelle für einen künftigen Geschichtsforscher sein, der das Unglück hat, sich an mich zu wenden. Die Geschichte ist überhaupt nur ein Magazin für meine Phantasie und die Gegenstände müssen sich gefallen lassen, was sie unter meinen Händen werden."

19. Bd. 2 - S. 414

1883 - Leipzig : Engelmann
414 Das Revolutions-Zeitalter. §. 855. fechtung der Menschenrechte gegen Despotenwillkür, der Vernunft und des Naturrechts gegen die Beschränkungen der Tyrannei, des Weltbürgerthums gegen Kabinetsweisheit bildet den Mittelpunkt dieses erhabenen Dramas, dessen richtiges Verständniß „die Briefe über Don Carlos" erleichtern sollten. Die Ideen von Freiheit, Recht und Nationalität, die später die deutsche Jugend in den Kampf getrieben, werden hier verkündet und im Volk verbreitet. Von Schiller's Beschäftigung mit dem Alterthum gibt seine Ueber setzung der Jphigenia und der Phönizierinnen des Euripides und eines Theils von Virgil und die Bewunderung für Homer Zeugniß. Seine Sehnsucht nach der untergegangenen Welt des Heidenthums ist in dem Gedichte „Die Götter Griechenlands" ergreifend ausgesprochen, während das inhaltschwere Gedicht „Resignation" seine Zweifel und Bedenken über die christliche Bergel-tuugslehre kund gibt und der „Pilgrim" klagt, daß der Himmel die Erde nie berühren will und das Dort niemals Hier ist. In dem philosophischen Gedicht „die Künstler" wird der Einfluß der Kunst auf die Entwickelung der Menschheit vom Naturzustand zum Culturleben in genialen Zügen dargelegt. §. 855. b. Schillers geschichtliche und philosophische Arbeiten. Ueber den Studien der alten Kunst und Literatur verlor jedoch Schiller das handelnde Leben nicht aus dem Auge, und da ihm die Weltgeschichte der Spiegel war, in dem er die Ereignisse der Gegenwart beschaute, so vertiefte er sich immer mehr in historische Studien und weilte namentlich bei dem tiefbewegten Neformatiousjahrhundert, auf das ihn die Vorarbeiten zu Fiesko und Don Carlos geführt und dessen erschütternde Religionskämpfe mit den politischen Bewegungen seiner Zeit manche Ähnlichkeit hatten. Als Frucht seiner historischen Studien erschien gegen Ende der achtziger Jahre die Geschichte des Abfalls der Niederlande, ein mit vieler Wärme ausgeführtes Gemälde jenes großartigen Freiheitskampfes. Die Berufung nach Jena wies den Dichter noch mehr auf die Geschichte, über die er nunmehr Vorlesungen zu halten hatte. Die Antrittsrede: „Was heißt und zu welchem Ende stndirt man Universalgeschichte?" und eine Reihe historischer Aufsätze über verschiedene Gegenstände geben Zeugniß von der rastlosen Thätigkeit des strebsamen Mannes auf diesem Gebiete, ehe er an sein berühmtes Geschichtswerk, den dreißigjährigen Krieg, Hand anlegte. Dieses mit dichterischem Geiste erfaßte und mit dramatischer Gestaltung unter vielen Körperleiden ausgeführte historische Gemälde ist durch die Wärme und fesselnde Darstellung ein Lieblingsbuch der Nation geworden, so sehr auch kleinliche Kritiker und konfessionelle Eiferer in der Folge bemüht waren, dasselbe durch den Vorwurf der Ungründlichkeit und kirchlichen Parteilichkeit herabzusetzen. Sein Zweck war, das Interesse des Volks für die Geschichte vermittelst der Poesie zu erregen, die verflachten Ansichten des bürgerlichen Lebens zu veredeln, aufopfernden Sinn für die größten Wohlthaten des Lebens, für Freiheit und Religion, zu wecken und eine poetische Betrachtung realer Verhältnisse der starren juristischen und rechtshistorischen Behandlung der deutschen Reichsgeschichte entgegen zu setzen. — Neben der Geschichte beschäftigt sich Schiller vorzugsweise mit Philosophie, so daß auf einige Zeit die Dichtkunst hinter die Wissenschaft zurücktrat. Als er, gestützt auf die Grundsätze des Aristoteles und die Forschungen Lessing's und Winckelmann's, seine Gedanken über Wesen und Ziel der Poesie und Kunst ordnete und niederschrieb, wurde er durch die Kantischen Kritiken überrascht und mächtig angeregt. Aber weder das Verfahren des Königsberger Philosophen, der ohne Rücksicht und Kenntniß der bestehenden Kunstwerke und Kunstkritik die strengen Gesetze des abstracten Denkens auf Dichtkunst und Geschmack anwendete, noch die Resultate seiner Forschung thaten Schiller Genüge. Er unternahm es, die starren Grundgesetze dieses Denkers durch Herbeiziehnng der Erfahrung und Geltendmachung der Sinnlichkeit, durch Benutzung der Lefsing'fchen und Winckelmann'schen Ideen und durch Berücksichtigung der vorhandenen Kunst- und Dichtwerke zu berichtigen, zu ergänzen und zu beleben. Schiller, der mit philosophischem Geiste schöpferische Phantasie und Kenntniß des auf dem Gebiete der Kunst und Poesie Geleisteten verband, führte nunmehr durch eine Reihe philosophischer Abhandlungen, Vorträge und Aussätze (für die Horen) die Schönheit«- und Geschmackslehre zu solcher Höhe und Klarheit, daß „über den Begriff des Schönen, über das Aesthetische im Schaffen und Handeln, über die Grundlagen aller Kunst und über die Kunst selbst in diesen Arbeiten alles Wesentliche enthalten ist." Die ästhetischen Aussätze, namentlich die Briese über ästhetische Erziehung und

20. Geschichte des Dreißigjährigen Krieges - S. 7

1902 - Leipzig : Freytag
Einleitung. Die höchsten Aufgaben, die der Geschichtsschreiber zu lösen hat, sind die künstlerische und die wissenschaftliches) Mißt man Schillers „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges" mit diesem Maßstabe, so bleibt das Werk hinter den zu stellenden Anforderungen zurück, da der Dichter nur die künstlerische Aufgabe gelöst hat. Aber sind wir berechtigt, von diesem Standpunkt aus das Buch zu betrachten und das harte Urteil Niebuhrs^) und derer, die sich ihm anschlossen, zu dem uusrigeu zu machen? Wir würden Schiller damit unrecht tun. Die Arbeit verdankt ihr Entstehen dem Anerbieten des Buchhändlers Göschen an Schiller, ihm für den Jahrgang 1791 seines „Historischen Kalenders für Damen" die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges zu liefern, wofür er ihm 400 Taler Honorar gewähren wolle. Es war also keine wissenschaftliche Bearbeitung des Stoffes, die Göschen von Schiller verlangte, sondern eine gefällige, besonders für Damen berechnet*1 Darstellung „dieses so merkwürdigen und reichhaltigen Gegenstandes". Auch die kurze zur Verfügung stehende Zeit — das Angebot erfolgte Ende 1789, der für den Kalender 1791 bestimmte Teil des Manuskriptes sollte Ansang August 1790 abgeliefert werden —- konnte weder Göschen fordern, noch Schiller daran denken lassen, den gewaltigen Stoff wissenschaftlich zu behandeln. So war der Dichter berechtigt, sich der gestellten Aufgabe so zu entledigen, wie er es tat. Er wählte immer eine neuere Darstellung, der er sich anschloß, zog für die Behandlung der wichtigsten Ereignisse und Persönlichkeiten ausführlichere Werke heran und griff in allen bedeutenderen und 1) Treitschke: „Geschichte des 19. Jahrh." Ii, 35. 2) „Die Zeit wird Recht üben und das Ding unter die Bank stecken". Janssen: „Schiller als Historiker". S. 175/176.