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1. Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 39

1912 - Langensalza : Beltz
— 39 — die ihm bk Heimaterde verleidet hatten. Dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in die das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte, ©ft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit haue und Spaten die Bahn fahrbar machen, Wilb erscholl Ruf und peitschenschlag der Treiber,- die Knaben sprangen hinter den Idagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem andern half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den 3ug mit gehobener Waffe, bereit zum Kampfe gegen Raubtiere ober rechtlose Waldläufer. Ris die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen, hell jauchzten die Kommenden von der höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf; auch solche, die sich sonst wenig gekannt, begrüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und Baldhard, ein meßkundiger Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Rbenbfcost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie am Ibisbache zu finden hofften, und von dem endlosen Walde im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände, und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Ris das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagenringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Lederdach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Rügen schwer wurden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. (Es wurde stiller, nur der Wind blies von den Bergen. Die Wächter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Rber unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die begehrlichen Raubtiere. 3n solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald; der Regen rann auf sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnäßten Kleiber. Rm vierten Morgen zogen sie bei dem hölzernen Turmgerüst vorüber, das an der Lanbesmark der Thüringe gezimmert war. (Erstaunt sah der Wächter, der im Hofe daneben wohnte und sonst wenig um reisenbe Haufen zu sorgen hatte, auf die Fahrenden; diese aber riefen ihm laute Grüße zu, denn er war, obgleich nur ein einsamer Walbmann, der Letzte ihres Volkes. Don ba burchfuhren sie eine Stunbe die Grenzwilbnis, unfruchtbare Kieshöhen mit knorrigen Kiefern, wo niemals ein Siebter einen Hof gebaut hatte und selten der Schlag einer Rxt erklungen war. Unheimlich lag der Strich, und schäbliche Geister fuhren,

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1. Teil 4 - S. 195

1912 - Hannover : Norddt. Verl.-Anst. Goedel
195 und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Litte und Becht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen' von der höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur, dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Lchneewasser tiefe Furchen gerissen hatte,' oft mußten die Männer von den Bossen steigen und mit haue und Spaten die Bahn fahrbar machen,' wild erscholl Bus und peitschenschlag der Treiber, die Bnaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Bücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem andern half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Bäder stemmten. War die Beise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Bampfe gegen Baubtiere oder rechtlose Waldläufer. Bis die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen, hell jauchzten die Bameraden von der höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Buf,' auch solche, die sich sonst wenig gekannt hatten, begrüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und Baldhard, ein meßkundiger Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammen- gestoßen und im Binge herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Bbendkost' die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten,' dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie am Zdisbach zu finden hofften, und von dem endlosen Wald im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände, und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Bls das Mahl beendet war, wurden die wert- vollsten Bosse und Binder im Wagenringe gesammelt und die schlaf- trunkenen Binder unter dem Lederdach geborgen. Bach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach, nur die Männer saßen noch eine weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Bugen schwer wurden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller, nur der Wind blies von den Bergen, die Wächter umschritten den wagenring und den pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Bber unablässig bellten die Hunde, denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die begehrlichen Baubtiere. Zn solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald,' der Begen rann auf sie nieder, und der wind trocknete ihnen 13*

2. (Sechstes und siebentes Schuljahr) - S. 222

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
222 spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Kampf gegen Raub- tiere oder rechtlose Waldläufer. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, welches zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen. Hell jauchzten die Kameraden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf; auch solche, die sich sonst wenig gekannt hatten, begrüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und ein meßkundiger Mann bezeichnte den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer aus zusammengetragenen Steinen entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abendkost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weide- land, das sie am Idisbach zu finden hofften, und von dem endlosen Wald im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagen- ringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Lederdach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller; nur der Wind blies von den Bergen. Die Wächter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im auf- steigenden Nebel die begehrlichen Raubtiere. In solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald; der Regen rann auf sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnäßten Kleider. Aber jenseit des Kiefernwaldes sahen sie von der Höhe freudig in ein weites Tal, das mit ansehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefaßt war. Dort zog sich in gewundenem Lauf der Idisbach durch die Wiesen, und am Fuß der Anhöhen lagen Höfe

3. (Sechstes und siebentes Schuljahr) - S. 242

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
242 spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum stampf gegen Raub- tiere oder rechtlose Waldläufer. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, welches zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen. Hell jauchzten die Kameraden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf; auch solche, die sich sonst wenig gekannt hatten, begrüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und ein meßkundiger Mann bezeichnte den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abendkost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weide- land, das sie am Jdisbach zu finden hofften, und von dem endlosen Wald im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände und wie darum dieses Vergland spärlich bewohnt sei. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagen- ringe gesammelt und die schlaftrunkenen Binder unter dem Lederdach geborgen. Rach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller; nur der Wind blies von den Bergen. Die Wächter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im auf- steigenden Nebel die begehrlichen Raubtiere. In solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald; der Regen rann auf sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnäßten Kleider. Aber jenseit des Kiefernwaldes sahen sie von der Höhe freudig in ein weites Tal, das mit ansehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefaßt war. Dort zog sich in gewundenem Laus der Jdisbach durch die Wiesen, und am Fuß der Anhöhen lagen Höfe

4. Teil 3 = 6. u. 7. Schulj - S. 373

1911 - Breslau : Hirt
373 — bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen ent- zündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jüng- lingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abend- kost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie am Idisbache158 zu finden hofften, und von dem endlosen Walde im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände, und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagen- ringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Leder- dach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Ge- mach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn ge- sellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte Nacht- luft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller, nur der Wind blies von den Bergen. Die Wächter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die begehrlichen Raubtiere. 4. In solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald; der Regen rann auf sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnäßten Kleider. Am vierten Morgen zogen sie bei dem hölzernen Turmgerüst vorüber, das an der Landes- mark der Thüringe gezimmert war. Erstaunt sah der Wächter, der im Hofe daneben wohnte und sonst wenig um reisende Haufen zu sorgen hatte, auf die Fahrenden; diese aber riefen ihm laute Grüße zu, denn er war, obgleich nur ein einsamer Waldmann, der Letzte ihres Volkes. Von da durchfuhren sie eine Stunde die Grenz- wildnis, unfruchtbare Kieshöhen'mit knorrigen Kiefern, wo niemals ein Siedler einen Hof gebaut hatte und selten der Schlag einer Axt erklungen war. Unheimlich lag der Strich, und schädliche Geister fuhren, wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die seßhaften Männer

5. Handbuch der deutschen Geschichte - S. 25

1898 - Breslau : Goerlich
— 25 — die Wanberer wie auf verlorene Menschen; unheimlich bünften ihnen die Frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Denn immer zog es die Lanb-genossen mächtig nach der' Ferne, und boch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrenb zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanberer noch einmal nach dem Dorfe ihrer Väter zurück und neigten sich grüßenb gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur: mancher unzufriebene Gesell warf auch einen Fluch zurück wiber seine Feinde, die ihm die Heimaterbe verleibet hatten. Dann nahm alle der Bergwalb auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte; oft mußten die Männer von bett Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen; wilb erscholl Ruf und Peitfchenfchlag der Treiber; die Knaben sprangen hinter die Wagen und hemmten bett Rücklauf durch Steine, und boch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem anbetn half ober Männer und Frauen die starken Schultern an die Räber stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähenb den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Kamps gegen Raubtiere ober rechtlose Walbläufer. Als die Wanberer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Walbthal erreichten, welches zur Versammlung bestimmt war, ba würde die Mühe des Tages über der Freube vergessen, Lanbsleute in der Wilbnis vor sich zu sehen, hell jauchzten die Kommenben von der Höhe und die Lagernben antworteten mit gleichem Ruf auch solche, die sich sonst wenig gekannt, begrüßten einanber wie Brüber. Die Männer traten zu Haus, und Bernharb, ein meßkunbiger Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort würden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen entzünbet. Währen b die Haustiere toeibeten, von Bewaffneten Jünglingen und von den Huttben gehütet, bereiteten die Frauen die Abenbkost; die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herbe, verteilten die Wachen und holten aus dem Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitge&racht hatten; dann lagerten sie und sprachen Bebächtig von dem guten Weibelanb, das sie zu finben hofften, und von dem enblofen Walb im ©üben der Berge, wie steinig der Baugrunb, wie steil die Gelänbe und wie barum bies Berglanb spärlich Bewohnt sei. Als das Mahl Beenbet war, würden die wertvollsten Rosse und Rinber im Wagenringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter das Bobenbach ge&orgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach, nur die Männer faßen noch eine Weite Beim Trinkhorn gesellt, Bis auch ihnen die Augen schwer würden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an ihre Feuer ober unter die Wagen. Es würde stiller, nur der Winb Blies von den Bergen, die Wächter umfchritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lobernben Feuer. Aber unablässig bellten die Hnnbe; bettn aus der Ferne klang heiseres Geheul und um den Flammen-ring trabten gleich Schatten im auffteigenben Nebel die Begehrlichen Raubtiere. In solcher Weise zogen die Wanberer brei Tage langsam durch den Bergwalb, der Regen rann auf sie nieber und der Winb trocknete ihnen die burch-näßten Kleiber. Zuweilen hielten sie in den Thälern an den Höfen ihrer Lanbs» leute. Dort trafen sie entweber wilbe Gesellen, die durch den Kampf mit dem

6. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 88

1908 - Altenburg : Bonde
88 los, bis ein Gespann dem andern half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den Zug mit ge- hobener Waffe, bereit zum Kampf gegen Raubtiere oder recht- lose Waldläufer. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das ein- same Waldtal erreichten, welches zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen. Hell jauchzten die Kameraden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf; auch solche, die sich sonst wenig gekannt, begrüfsten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und Baldhard, ein messkundiger Mann, bezeichnete den Lager- raum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abend- kost ; die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten; dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie am Idisbach hofften, und von dem endlosen Wald im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagenringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Lederdach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach, nur die Männer safsen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller, nur der Wind blies von den Bergen, die Wächter umschritten den Avagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die Hunde, denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammen- ring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die begehr- lichen Raubtiere. ln solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam

7. Vaterländische Geschichte - S. 16

1912 - Leipzig : Dürr
— 16 — sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied, auch dem mutigen Manne bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt. Unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten, und ob nicht schädliche Würmer und Elbe (Elfen) Vieh und Saat zerstören oder feindliche Männer die Höfe abbrennen. Auch die Kinder fühlten das Grauen; sie saßen still auf den Säcken, und die Kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der ausgehenden Sonne erhoben sich die fahrenden. Der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutier sprach ihnen den Reisesegen. Alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die andern Dorfleute aber, die daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer wie auf verlorene Menschen; unheimlich dünkten ihnen die frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Zwar zog es die Landgenossen wegen der Landnot mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. 2. Die Wagen bewegten sich knarrend. Von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur. Mancher unzufriedene Gesell warf auch, einen Fluch zurück gegen feine Feinde, die ihm die Heimaterde verleidet hatten, ^ann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt aus steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte. Oft mußten: die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber, die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gefpann dem anderen half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Kampf gegen Raubtiere oder rechtlose Waldläufer. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen; hell jauchzten die Kommenden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf, auch solche, die sich sonst wenig gekannt, grüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhaus, und Baldhard,! ein meßkundiger Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abendkost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie zu finden hofften, und von den Beschwerden der Reise. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagenringe

8. Teil 3 = 6. u. 7. Schulj - S. 372

1911 - Breslau : Hirt
372 unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten, und ob nicht schädliche Würmer und Elbe156 Vieh und Saat zerstören wollten oder feindliche Männer die Höfe abbrennen. Auch die Kinder fühlten das Grauen; sie saßen still auf den Säcken, und die kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut157 umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden; der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutter sprach ihnen den Reise- segen, und alle flehten murmelnd um Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die andern Dorfleute aber, die daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer wie auf verlorene Menschen. Unheimlich dünkten ihnen die Frevler, die sich von dem Segen der Heimat lösten; denn immer zog es die Landgenossen mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. 2. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorfe ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur. Mancher unzufriedene Gesell warf auch einen Fluch zu- rück wider seine Feinde, die ihm die Heimaterde verleidet hatten. Dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in die das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte, Oft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber; die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem andern half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Kampfe gegen Raubtiere oder rechtlose Waldläufer. 3. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen. Hell jauchzten die Kommenden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf; auch solche, die sich sonst wenig gekannt, begrüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhauf, und Baldhard, ein meßkundiger Mann,

9. Von der deutschen Urzeit bis zur Reformation - S. 38

1913 - Langensalza : Beltz
oo Die Völkerwanderung. A. Alarich. 1. Ums Jahr 375 drang das wilde Reitervolk der Hunnen aus Asien in Europa ein. Schrecken und Entsetzen ging vor ihnen her. Die Ostgermanen konnten diesem furchtbaren Anprall nicht standhalten. Die meisten von ihnen wurden von den Hunnen unterjocht und tributpflichtig gemacht, zuerst die hart an der Grenze wohnenden Alanen und Ostgoten. Die westlichen Nachbarn der letzteren, die Westgoten, zogen es vor, beizeiten die Heimat zu verlassen. Aber welchen Weg sollten sie einschlagen? Das Land war überall besiedelt. Zum Überlegen war nicht viel Zeit. Die Hunnen stürzten unaufhaltsam vorwärts nach dem Westen. Der Stammesfürst der Westgermanen berief alle Häuptlinge zu sich und beredete sich mit ihnen. Man beschloß zu versuchen, nach Süden durchzukommen: „Dort liegt das schöne Land der Römer. Wir wollen ihren Kaiser bitten, uns in sein Reich aufzunehmen. Dafür wollen wir für die Römer die Grenzwacht übernehmen!" In allen Dörfern der Westgoten wurde es lebendig. Das Vieh wurde auf den Weiden zusammengetrieben. Schadhafte Wagen und Geschirre wurden repariert. Alles Entbehrliche wurde zurückgelassen und größtenteils verbrannt. 2. a) Der Tag des Aufbruchs rückte heran. Schon vor Sonnenaufgang standen die Wagen mit Korn und Hausrat bepackt. „Über die Wagen spannte sich die Decke von Leder. Die Wagenräder waren Holzscheiben ohne Speichen. Die gejochten Rinder brüllten. Frauen und Kinder trieben das Herdenvieh hinter den Wagen zusammen. Große Hunde umbellten das Fuhrwerk. Das neue Land war weit und fast allen unbekannt. Keiner wußte, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden. Ans dem tiefen Walde kamen noch immer Wagen hinter Wagen. Es war ein endloser Zug. Knarrend bewegte sich der ganze Wagenpark jetzt vorwärts. Von der Höhe der nächsten Berge sahen die Auswanderer noch einmal nach der Heimat zurück. Mancher tapfere Germane warf einen Fluch zurück gegen die Hunnen, die bald von dem verlassenen Lande Besitz nehmen würden. Jetzt befand sich der Zug mitten im Gebirge. Der Bergwald nahm alle auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen. Oft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl der Ruf und der Peitschenschlag der Treiber. Die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem andern half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War der Weg besser, dann umritten die Männer spähend den Zug mit gehobenem Speer, bereit zum Kampfe gegen Raubtiere oder rechtlose Waldläufer. Als der Abend nahte, machte das Ganze Halt. Die Zugtiere wurden abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen angezündet. Die Abendkost wurde verzehrt. Dann schlugen die Männer aus Stangenholz die Hürde für die Herde und verteilten die Wachen. Nach beendetem Mahle wurden die schlaftrunkenen Kinder unter dem Lederdach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Gemach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden. Dann hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Nur die Wächter umschritten die Wagenburg1). 2) Nach Gustav Freytag, Die Ahnen I.

10. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 87

1908 - Altenburg : Bonde
87 80. Germanischer Wanderzug. Im ersten Morgenlicht standen die Wagen mit Saatkorn and Hausrat bepackt. Über dem festen Bohlengefuge spannte sich die Decke von Leder; die gejochten Binder brüllten, Frauen und Kinder trieben das Herdenvieh hinter den Wagen zusammen, und grosse Hunde, die treuen Begleiter der Fahrt, umbellten das Fuhrwerk. Die Geschlechtsgenossen und Nachbarn trugen zum Abschied herzu, was als Reisekost diente oder ein Andenken an die Heimat sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied, auch dem mutigen Mann bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt; und unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten und ob nicht schädliche Würmer und Alben Vieh und Saat zerstören oder feindliche Männer die Höfe abbrennen wollten. Auch die Kinder fühlten das Grauen, sie safsen still auf den Säcken, und die kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heil- kräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden; der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutter sprach ihnen den Reisesegen, und alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die anderen Dorfleute aber, welche daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer wie auf verlorne Menschen; unheimlich dünkten ihnen die Frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Denn immer zog es die Land- genossen mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüfsend gegen die unsicht- baren Gewalten der Flur, dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte; oft mussten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen; wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber, die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten ■den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere macht-

11. (Sechstes und siebentes Schuljahr) - S. 221

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
221 145. Aus der Wanderzeit des deutschen Volkes. (360 n. Chr.) Gustav Freytag. Im ersten Morgenlicht standen die Wagen mit Saatkorn und Hausrat bepackt. Über dem festen Bohlengefüge spannte sich die Decke von Leder. Die gejochten Rinder brüllten. Frauen und Binder trieben das Herdenvieh hinter den Wagen zusammen, und große Hunde, die treuen Begleiter der Fahrt, umbellten das Fuhrwerk. Die Geschlechts- genossen und Nachbarn trugen zum Abschied herzu, was als Reisekost diente oder ein Andenken an die Heimat sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied; auch dem mutigen Manne bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt, und unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten. Auch die Kinder fühlten das Grauen; sie saßen still aus den Säcken, und die Kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden. Der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutter sprach ihnen den Reisesegen, und alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die anderen Dorfleute aber, welche daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer, wie auf verlorene Menschen; unheimlich dünkten ihnen die Frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Denn immer zog es die Landgenossen mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur; dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte. Oft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber. Die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem anderen half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer

12. (Sechstes und siebentes Schuljahr) - S. 241

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
146. Aus der Wanderzeit des deutschen Volkes. (360 n. Chr.) Gustav Freyiag. Im ersten Morgenlicht standen die Wagen mit Saatkorn und Hausrat bepackt. Über dem festen Bohlengefüge spannte sich die Decke von Leder. Die gejochten Rinder brüllten. Frauen und Binder trieben das Herdenvieh hinter den Wagen zusammen, und große Hunde, die treuen Begleiter der Fahrt, umbellten das Fuhrwerk. Die Geschlechts- genossen und Nachbarn trugen zum Abschied herzu, was als Reisekost diente oder ein Andenken an die Heimat sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied; auch dem mutigen Manne bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt, und unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten. Auch die Binder fühlten das Grauen; sie saßen still auf den Säcken, und die Kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden. Der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutter sprach ihnen den Reisesegen, und alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die anderen Dorfleute aber, welche daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer, wie auf verlorene Menschen; unheimlich dünkten ihnen die Frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Denn immer zog es die Landgenossen mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur; dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte. Oft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber. Die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem anderen half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer Breidenstein. Mittelschullesebuch Ih. Westpreußen. 16

13. Vaterländische Geschichte - S. 17

1912 - Leipzig : Dürr
— 17 — gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Lederdach geborgen. Bald stiegen die Frauen in das enge Gemach. Nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn gesellt, hüllten sich dann in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller. Die Wachter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang das heisere Gebell der Raubtiere. Mit Sonnenaufgang erhob sich alles vom Lager, und die Wanderer zogen weiter. — Schließlich kamen sie in die Gegend der Donanmündung. Die fruchtbaren Ebenen gefielen ihnen, und sie siedelten sich an. Die Kunde davon drang nach der Heimat. Immer größere Mengen des Volkes kamen nachgezogen. Im Siegeslauf gelangten sie dann bis in den entferntesten Teil des Landes, der an das Schwarze Meer grenzt Nach G. Freytag (Ahnen I). 2. Die Hunnen zerstören das Ostgotenreid). Als Männer der Hunnen einst am nordöstlichen Rande des Schwarzen Meeres auf die Jagd auszogen, bemerkten sie eine Hirschkuh. Diese ging in den Sumpf, und bald weiterschreitend, dann wieder haltend, wurde sie ihnen ein Wegweiser. Die Jäger folgten ihr und gingen zu Fuß durch das Sumpfmeer, das sie bisher wie ein wirkliches Meer sür undurchgängig gehalten hatten. Bald, als fester Boden den Landfremden vor Augen lag, verschwand die Hirschkuh. Die Männer kehrten zu den Ihrigen zurück. Sie berichteten den Verlauf der Jagd, rühmten das gesehene Land und überredeten ihr Volk, nach Westen hin auszuwandern. Sobald die Hunnen den Sumpf überschritten hatten, rissen sie alle dort wohnenden Völkerschaften, auch die Goten, mit sich fort. Denn auch dieses Volk, dem sie im Kriege vielleicht nicht überlegen waren, erfüllten sie mit Entsetzen durch das Schreckliche ihres Anblickes. Sie hatten nämlich ein schreckliches, dunkles Aussehen, hervorstehende Backenknochen, dunkle Augen, schwarzes Haar und durch Messer zerrissene Wangen. Ihre Gestalt war unansehnlich, doch waren sie flinke und ausgezeichnete Reiter und sehr geübt im Schießen mit Bogen und Pfeilen. Ihre Lebensart war wild und rauh. Bei der Zubereitung der Speisen brauchten sie weder Fett noch Gewürz. Sie lebten von den Wurzeln wildwachsender Pflanzen und von dem halbroheu Fleisch aller möglichen Tiere, das sie zwischen ihren Schenkeln und dem Rücken der Pferde mürbe ritten. Häuser und Hütten vermieden sie wie Gräber, immer schweiften sie durch Feld und Wald. Frost, Hunger und Durst lernten sie von Jugend auf ertragen. Ihre Kleider waren von Linnen und Fellen. An ihre häßlichen Pferde waren sie wie angewachsen; Tag und Nacht lebten sie ans ihnen. Dort aßen und tranken, kauften und verkauften, berieten, schliefen und träumten sie, indem sie sich vornüber auf den Hals des Rofses beugten. Auf ihren Zügen stürzten sie in wildem Durcheinander mit furchtbarem Schlachtgeschrei auf alles, was ihnen entgegentrat. Während des Kampfes Haase u. Schräder, Vaterländische Geschichte. 2

14. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 89

1908 - Altenburg : Bonde
89 — durch, den Bergwald ; der Regen rann ans sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnässten Kleider. Am vierten Morgen zogen sie hei dem hölzernen Turmgerüst vorüber, welches an der Landesmark der Thüringe gezimmert war ; erstaunt sah der Wächter, der im Hofe daneben wohnte und sonst wenig um reisende Haufen zu sorgen hatte, auf die Fahrenden; diese aber riefen ihm laute Grüsse zu, denn er war, obgleich nur ein einsamer Waldmann, der letzte ihres Volkes. Von da durch- fuhren sie eine Stunde die Grenzwildnis, unfruchtbare Kies- höhen mit knorrigen Kiefern, wo niemals ein Siedler einen Hof gebaut hatte und selten der Schlag einer Axt erklungen war,, denn unheimlich lag der Strich, und schädliche Geister fuhren,, wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die sesshaften Männer behüteten. Aber jenseit des Kieferwaldes sahen die Siedler von der Höhe freudig in ein weites Tal, das mit an- sehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefasst war. Dort zog sich in gewundenem Lauf der Idisbach durch die Wiesen, und am Fuss der Anhöhe lagen Höfe und geteiltes Ackerland. Lustig schien die Sonne über das helle Grün und das sprossende Laub; die Rosse schnoben, als sie die frische Talluft witterten, und die Rinder brüllten der Weide entgegen. Die Wanderer aber hoben die Arme flehend zu der Göttin auf, welche über dem Tal waltete und die Leben der Männer wohl zu behüten vermochte, wenn sie ihr lieb wurden. Freytag. 81. Tic Cimbern und Teutonen. Im Jahre 113 vor Christi Geburt ward in der Stadt Rom die Kunde erzählt: In den steirischen Alpen steht ein Volk von Riesen und schüttelt die Waffen; es sind ihrer dreimalhunderttausend mit trutzigen Angen, so blau wie der welsche Himmel; Cimbern heißen sie sich- selber; weither von Mitternacht, wo es nie Frühling wird, sind sie gekommen; dort hat das Meer ihr Land verschlungen, und jetzt gelüstet es sie nach dem schönen Italien. Da war in Rom große Besorgnis, und in Eile führte ein Feldherr ein Heer gegen die Cimbern; er traf sie im heutigen Steiermark. Sie ließen ihm aber durch Gesandte sagen: „Wir sind nicht gekommen, um mit dir zu streiten; nach dem Lande Gallien wollen wir ziehen, drum laß uns ehrlich Frieden halten und gib uns Wegweiser." Der Römer versprachs, doch gab er ihnen falsche Führer und überfiel das fremde Volk in der Nacht, da es.

15. Die Germanen - S. 119

1910 - Ansbach : Seybold
— U9 — Dann fassen sich die Kinder bei den fänden und springen im Ringelreihen jauchzend um den Opferstein herum, plötzlich klatscht Ostara mit den fänden und das Heer der Kleinen stürmt durch den Hain. Da liegen die Eier versteckt in den Nasenhöhlen. Laut jubeln die, welche einen guten Hund gemacht haben. Einige stellen sich gleich zusammen und klopfen die Eierspitzen aneinander auf mein und dein. Da gibt es fröhliche Gesichter. Wer gewonnen hat, springt den Berg hinab und jauchzt. Noch lange hört man die Kinder rufen und schreien. Endlich wird es wieder still auf dem Ostaraberg und das schöne Heft ist zu Ende. — Am festgesetzten Tage verließen die Bajuwaren ihr altes 26 Heimatland, um in die Provinzen einzuwandern, welche die Römer verlassen hatten. 3hre Habe hatten sie auf Karren geladen und diese 27 mit Zelttüchern überspannt. So fuhren sie dahin, eine endlose Reihe, immer nach Süden. Fürsten und andere Vornehme ritten als Führer auf Rossen voran. Die meisten Männer gingen zu Fuß mit Speer und Schild bewaffnet. Frauen und Kinder saßen meist auf den Wagen von Rindern gezogen. Knechte und Mägde wandelten rüstig als Hüter des Viehes dahin. Bewaffnete Männer schlossen als Nachhut die endlose Schar. Oft stockte der Zug, denn die Wege waren schlecht. Abends wurden die Wagen zum Ringe zusammengeschoben. Hinter ihnen schlummerten die Müden ruhig, denn treue Wächter und große Hunde beschützten die Schläfer. Als sie an den Donaustrom kamen, erhob sich ein Jauchzen in ihren Reihen. Auf gewaltigen Flößen brachten sie ihre Habe über das Wasser. Kein Feind war mehr drüben zu finden. So verbreiteten sie sich nach allen Seiten. Wo sie fruchtbaren Ackerboden fanden, ließen sie sich sippenweise nieder und bauten ihre Blockhütten auf. Niemals mehr dachten sie daran das Land zu verlassen und ihre Nachkommen bewohnen es noch heute.

16. Teil 2. Mittelstufe - S. 273

1905 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
273 217. Au- dem deutsch - französischen Kriege 1870/71. und ohne Nahrungsmittel gewesen sei, ihr tägliches Brot und Fleisch mit ihr geteilt, Holz und Wasser herbeigeschleppt, Feuer angezündet und ihr sonstige Hilfe geleistet hätten. Die düstere Miene des Gefangenen hellte sich dabei immer mehr auf. Und siehe da! plötzlich ließ er den Arm seiner Frau fahren, und die beiden Männer, welche zwei im bittersten Haß einander gegenüberstehenden Völkern angehörten und vor wenigen Tagen vielleicht Mann gegen Mann gefochten hatten, umarmten sich wie Brüder. In herzlicher Freundschaft langten sie miteinander in Corny an. Karl Heinrich Keck. 9. Pas Jörsterhans in der Kaiserklause im Winter 1871. ft'ief in den Bergen liegt ein Haus. Meilenweit dehnt sich der Tannenforst ^ nach allen Seiten hin wie grüne Mauern. Die Felsen reichen fast bis an die steinerne Schwelle, und durch ihre schmale Kluft zieht der Waldbach dahin, hellgrün mit weißem Schaum, trotzig und ungestüm, wie es die Kinder der Wildnis sind. Die Forelle, die pfeilschnell durch die rauschenden Wellen schießt der Vogel, der flatternd zwischen den Zweigen fingt, und der mächtige Hirsch, dessen Schrei stundenweit aus den Tiefen des Waldes schallt, das ist das einzige Leben, das hier waltet. Und mitten in dieser Ruhe, in dieser menschenlosen Pracht steht das einsame Försterhaus, von breiten Balken und breiten Quadern gebaut, das mächtige Dach mit verwitterten Steinen bedeckt, von keiner Zierde umgeben als von dem Grün, das die Natur verschwenderisch um Tür und Giebel rankte. Ein bärtiger Mann mit breiter Brust und hoher Gestalt ist hier der Gebieter. Zu seiner Seite waltet das Weib mit den blauen Augen und den blühenden Wangen. Blondlockige Kinder spielen über der Schwelle und zausen den Hund, der horchend in den Wald hinauslugt. Ihr Haus und ihre Schule, ihr Tempel und ihr Spielgerät ist der Wald. Sie wissen kaum, daß draußen die Welt beginnt; sie wachsen heran wie die Kinder im Märchen. Das ist das einsame Jägerhaus in der Kaiserklause. Jetzt herrscht der tiefe Winter dort. Zwischen den Zweigen der Tannen liegt das Eis; der letzte grüne Halin ist erstarrt; der Vogel duckt sich zu unterst in das Geäste. Über die pfadlosen Wege schreitet der Hirsch und nagt an den braunen, saftlosen Rinden. Immer gewaltiger, immer dichter fällt der Schnee, alles, was noch lebt, lebendig begrabend. Millionen Keime erwachen niemals wieder. Unerbittlich schleicht das Raubtier durch die Wälder; kein Laut, nur die Spur im Schnee verrät seme List. Wo ein Tier vor Hunger starb, kreisen die Sperber über seiner Leiche. Aber alles das sieht kein Auge; kein Ohr vernimmt den letzten lebendigen Hauch. Still, grabesstill ist der Winter in den Bergen. Nur der Wind saust des Nachts durch den Wald und schmettert Tausende von Stämmen zu Boden, Vaterländisches Lesebuch (Mittelstufe). lg

17. Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 40

1912 - Langensalza : Beltz
— 40 — wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die seßhaften Männer behüteten. Hb er jenseits des Kiefernwaldes sahen die Siebter von der höhe freudig in ein weites Tal, das mit artsehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefaßt war. Dort zog sich in gewundenem Lause der Idisbach durch die Wiesen, und am Fuße der Rnhöhen lagen Höfe und geteiltes Ackerland. Lustig schien die Sonne über das Helle Grün und das sprossende Laub; die Rosse schnoben, als sie die frische Talluft witterten, und die Rinder brüllten der Weide entgegen. Die Wanderer aber hoben die Arme flehend zu der Göttin auf, die über dem Tale waltete, und die das Leben der Männer wohl zu behüten vermochte, wenn sie ihr lieb wurden. Gustav Freitag, Die Ahnen. I. Leipzig 1899. 15. Altdeutsche Gastfreundschaft. Ruf der Berghöhe stand an dem Verhau, das die Wälder der Thüringe von den Hatten schied, der junge Wächter und hütete den steilen Pfad, welcher aus den Gründen der Hatten nach der höhe führte. Über ihm ragte der Wipfel einer mächtigen Buche. Nach beiden Zeiten lief der Grenzzaun den Hamm der Berge entlang. 3n dem dichten Gestrüpp blühten die Brombeeren und die wilde Rose. Der Jüngling trug den Wurfspeer in der Hand und auf dem Rücken am Riemen ein langes Horn. Nachlässig lehnte er an dem Baum und horchte auf die Stimme des Waldes, den pickenden Specht oder das leise Rasseln in den Zweigen, wenn sich ein Waldtier durch das Dickicht wand. Zuweilen sah er ungeduldig nach der Sonne und wandte den Blick zurück, wo hinter ihm in ferner Tallichtung Blockhäuser und Gehege für herdenvieh lagen. plötzlich bog er sich vor und lauschte. Ruf dem Pfad vor ihm klang leiser Fußtritt. Durch das Baumlaub wurde die Gestalt eines Mannes sichtbar, der mit schnellem Schritt zu ihm heraufstieg. Der Wächter drehte den Riemen des Hornes und faßte den Speer zum Wurfe. Rls der Mann aus dem Gehölz auf den freien Grenzrand trat, rief er ihn an, die Spitze des Wurfspeers entgegenhaltend: ,,Steh, Waldgänger, und singe den Spruch, der dich von meinem Eisen löst!" Der Fremde schwang sich hinter den letzten Baum einer Seite, streckte die geöffnete Rechte vor sich und sprach hinüber: ,,3ch grüße dich friedlich. (Ein Landfremder bin ich, unkundig der Losung." Mißtrauisch rief der Wächter ihm entgegen: ,,Du kommst nicht wie ein Häuptling mit Roß und Gesinde, du trägst nicht den Heerschild eines Kriegers, auch scheinst du nicht ein wandernder Krämer mit pack und Karren." Und der Fremde rief zurück: ,,Weit komme ich her über Berg und Tal, mein Roß verlor ich im Wirbel des Stromes, ich suche das Gastrecht in deinen Höfen." ,,Bist du ein wildfremder Mann, so mußt du harren, bis meine Genossen dir das Land öffnen. Unterdes gib mir Frieden und nimm ihn von mir!" Die Männer hatten einander mit scharfen Rügen beobachtet, jetzt lehnten sie ihre Speere an die (Brenzbäume, traten in den freien Raum und boten die Hände. Beim Handschlag prüfte einer des andern Rntlitz und Gebärde. Der Wächter blickte mit ehrlicher Bewunderung auf den

18. Teil 3 - S. 136

1896 - Berlin : Oehmigke
186 zu dem er am häufigsten zog, war der Ardennerwald. Stattlich war der Auszug der kaiserlichen Jagd, wie ihn Angilbert, der Freund inib Sänger Karls, beschreibt. Wenn die erste Morgenröte auf die Berggipfel fiel, dann eilte die Schar der edlen Knaben vor das Schlafgemach des Königs und erwartete ihn auf der untersten Stufe. In der Stadt wurde es laut, die Menge tummelte sich auf dem Platze, die Herren riefen ihre Diener, Roß wieherte gegen Roß. Das Leibpferd des Königs wurde an die Stufen geführt, Zaum und Decke waren mit Gold geschmückt, stolz schüttelte es die Mähne und freute sich der Berg- fahrt. Endlich trat Karl heraus,- fein edles Haupt umschloß ein Goldreif; gewaltig war auch in der Jagdlust seine Haltung und Gebärde. Der Schwarm umdrängte ihn; die Knaben trugen die Jagdspieße mit spitzen Eisen, das leinene Netz mit vierfachem Saume; sie führten die halsgefesfelten Hunde, Winde und Bracken. Das Stadtthor öffnete sich, die Hörner tönten, lustig schallten die Klänge durch die Luft, der König zog mit seinem Jagdgefolge ins Freie. Länger säumte die Königin; endlich kam sie aus dem Schlafgemach, gefolgt von großer Schar. Die Locken hingen, mit Purpnrband durchwunden, auf den hellen Hals, goldene Fransen umsäumten das dunkle Purpurgewand, an der Schulter glänzte ein kostbarer Beryll, auf der Stirn das goldene Diadem, am Hals ein Band von Edel- steinen. Die Königin bestieg ihr Roß, das feurig unter der Hand des Knaben sich aufbäumte, und folgte mit großer Begleitung dem Gemahl. Die übrige Jugend erwartet an der Thür die Kinder des Königs. Nach der Ehre ihres Alters treten sie einzeln hervor, Karl, der älteste, das verjüngte Abbild des Vaters, dann der kriegstüchtige Pipin, ein Held des Krieges, der Liebling des Hofes, mit einer großen Schar der Begleiter, auch er die Schläfe mit goldenem Reife geschmückt. Mit der Schar der Edlen reiten sie in das Freie, groß ist Getön und Gedrang, laut schallen die Hörner, bellen die Hunde. Jetzt erst folgt die Reihe der Königs- töchter; sie schwingen sich mit den Frauen ihres Gefolges auf die Rosse und jagen den Männern nach in das Freie. Das ganze Jagdheer ist am Waldessaum gesammelt. Die Ketten werden den Hunden abgelöst, sie stürzen in das Holz, das Wild zu suchen. Die Reiter umgeben das Dickicht, Gebell er-

19. Bilder aus Amerika - S. 360

1894 - Weinheim (Baden) : Ackermann
— 360 — bleibende Treiber des Packtieres erzählt, jeder Mann sofort aus sein Pferd. Mit dem gellenden, unablässig wiederholten Rufe: „Li leon! el leon!" jagt er dem flüchtenden Kuguar uach. Sobald die Hunde den Wohlde- kannten Ruf hören, schließen sie sich heulend an; von allen Seiten her sprengen erregte Männer, hetzen gierige Kläffer. So wächst die wilde Jagd von Minute zu Minute; au Stelle eines zurückbleibenden Reiters treten mindestens zwei andere, ueu herzustürmende, und da auf vielen Landgütern 20—30 Köter gehalten werden, wird die Meute überaus zahlreich. So entwickelt sich die Hätz anch jetzt; die Rosse setzen wie Hirsche über Gräben, Hecken, Umfriedigungen und sonstige Hindernisse; für sie giebt es kanm Schwierigkeiten, und die meisten von ihnen haben überdies schon mehr solcher tollen Rennen mitgemacht. Den Reitern aber erweckt die halsbrecherische Jagd lebhaftes Vergnügen statt schwachherziger Sorge, denn fast alle Chilenen sind sattelfeste, unerschrockene Reiter. Dort stürzt einer der kühnen Männer; sein Roß rennt nicht weiter, es bleibt ruhig neben ihm stehen. Durch die Erfahrung gewitzigt, weiß das kluge Tier, daß es beim Weiterjagen leicht aus das früher beschriebene lange, als Peitschenriemen dienende Zügelende tritt und sich infolge des dadurch eut- stehenden Ruckes leicht den Gaumen durch das überaus scharfe Galgen- gebiß verletzt. Die chilenischen Pferde haben diese Gewohnheit sämtlich, aber sie entspringt nicht der Anhänglichkeit an den Reiter, sondern nur der Furcht vor der erwähnten Schädigung. — Die übrigen Männer stieben, ohne sich im mindesten um den Gestürzten zu kümmern, mit der Schnelle der Vögel, die kreischend vor dem wilden Hausen hersausen, weiter. Der verfolgte Kuguar wendet alle nur möglichen Kniffe an, um sich der ge- sährlicheu Verfolgung zu entziehen, namentlich schlägt er wiederholt Haken und führt dadurch Männer wie Hunde irr. Doch bald ist seine Spur wieder gesunden, und mit verdoppeltem Eifer geht es hinter dem schlauen Räuber her. Wieder und wieder schlägt er Haken, aber die Männer er- kennen dies mit Jubelgeschrei, denn sie ersehen daraus, daß der anfänglich immer geradeaus laufende Baudit zu ermüden beginnt. Jetzt hemmt ihn ein blitzender See; wie alle Katzenarten das Wasser scheuend, biegt er zur Seite und kommt auf Sennor Osorio los. Dieser jagt ihm mit wildem Geschrei entgegen, der Puma stutzt, wendet sich und versucht so zu ent- kommen; aber seine Erschöpfung ist bereits so groß, daß er nach jedem Satze einige Augenblicke keuchend rasten muß. Bis auf etwa fünfzehn Schritte ist der Chilene heran; da wirbelt der Lasso um das Haupt des Reiters, schnürt sich einer Schlange gleich um den Hals des Raubtieres, und hochausbäumend wendet sich gleichzeitig das Roß gedankenschnell. Wie ein Pfeil saust es rückwärts, den Kuguar am Lasso nachschleifend; der bald genug erdrosselte Räuber wird von den jubelnd herzueilenden anderen Reitern noch mit Knütteln und Messern bearbeitet, mit großen Steinen geworfen, bis der Rachedurst vollständig gestillt ist. Ein Peon Osorios jagt zum nächsten Richter, um die Geldprämie zu holen, die auf Erlegung

20. Viertes, fünftes und sechstes Schuljahr - S. 60

1910 - Halle a.S. : Schroedel
60 Liebling des Hofes, mit einer großen Schar der Begleiter; auch er die Schläfe mit goldnem Reife geschmückt. Mit der Schar der Edeln reiten sie in das Freie; groß ist Getön und Gedrang; laut schallen die Hörner, bellen die Hunde. Jetzt erst folgt die Reihe der Königstöchter; sie schwin- gen sich mit den Frauen ihres Gefolges auf die Rosse; sie jagen auf flüch- tigen Rossen den Männern nach in das Freie. 3. Das ganze Jagdheer ist am Waldessäume gesammelt. Die Ketten werden den Hunden abgelöst; sie stürzen in das Holz, das Wild zu suchen. Die Reiter umgeben das Dickicht; Gebell erschallt; ein Eber ist gefunden; den Hunden stürmen die Männer nach. Der Wald ertönt vom lauten Getöse. Der Eber stürzt vorwärts und hält sich auf der Höhe des Berges. Die Hunde erreichen ihn; er aber fällt sie an mit scharfem Zahn. Da sprengt der König selbst herzu, und als der Schnellste im Haufen stößt er ihm das Eisen in die borstige Brust und ruft laut dem Gefolge zu: „Gut Heil dem Tage, wie der Anfang war; wohlauf an Weidmanns Werk mit Gunst, Gesellen!" — Kaum war das Wort gesprochen, so stob der Haufe den Berg hinab, und jeder dachte der Beute; Karl aber flog allen voran, den Wurfspeer in der Hand. 4. Viel Wild ward erlegt bis zum Abend. Da teilte der König die Jagdbeute unter alle Edeln; dann ging der Zug nach der grünen Lichtung, wo ein Bach floß, Wohnsitz von vielen Vögeln, die dort hausten und badeten. Dort standen goldgeschmückte Zelte auf dem Grunde und hin und wieder die Jagdhütten der Edeln. Und Karl rüstete den Jagdgenossen ein frohes Mahl und setzte sie nach den Jahren gesellt, die würdigen Greise zusammen, die Männer bei vollen Jahren und wieder die flügge Jugend und gesondert die Jungfrauen. Er ließ den Wein auf die Tische sehen. Unterdes sank die Sonne; die Nacht stieg herauf; die Müden ruhten aus unter dem Zeltdache im grünen Walde. 5. Nicht ohne Gefahren war die Jagd im Bergwald; noch wurde der Bär und Auerochs verfolgt, und Karl selbst erlebte mit dem wilden Ge- tier Abenteuer. Einst, — es war in früheren Jahren, — verfolgte er einen Trupp Ure. Er fuhr an eins der Tiere heran und hob die Waffe, aber der Schlag mißlang; das greuliche Tier zerriß dem Könige die Strümpfe und die Bänder der Schuhe und traf mit der Spitze des Horns sein Bein. Jsambard aber, der Sohn des Warin, sprang gegen das Tier, bohrte den Speer zwischen Schulter und Hals bis in das Herz und wies das zuckende Ungeheuer dem Könige. Der König aber tat, als sähe er's nicht. Nun kamen alle und wollten zum Dienste des Königs ihre Strümpfe ausziehen; er aber hinderte sie und sprach: „So zugerichtet muß ich zu Hildegard kommen." Der König ritt zurück; er rief die Königin, zeigte ihr den zerrissenen Fuß und sprach: „Was verdient der, der mich von diesem Gegner befreit hat?" Und sie erwiderte: „Das Beste." Da er-