Ähnliche Ergebnisse
1914 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Eichelsbacher, Joseph August
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Franken
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— \75 —
durchgehende Postverkehr durch den Spessart eingestellt. Seit )uni ist auch der Klang des Posthorns verstummt. Dafür rattern jetzt die staatlichen Motorposten durch den grünen Spessartwald und verbinden Würzburg mit Aschaffenburg auf geradestem Idege.
7. Postwagenfahrten von Würzburg aus (1795).
Nach Frankfurt: a) Roßbrunn, Esselbach, Rohrbrunn, Aschaffenburg,
Dettingen, Hanau, Frankfurt (\5 Meilen); b) Bischofsheim, Hundheim, Miltenberg, ©bemburg, Aschaffenburq, Dettingen, Hanau, Frankfurt {\6 Meilen).
2. Nach Nürnberg: a) Ritzingen, poffenbeim, Langenfeld, (Emsfirchen, Farnbach, Nürnberg (\2 Meilen); b) ©chfenfurt, Uffenheim, Windsheim, Langenzenn, Farnbach, Nürnberg.
3. Nach Bamberg: a) Dettelbach, Neuses, Burgwindheim, Bamberg, Bayreuth (9 Meilen); b) Werneck, Schweinfurt, Haßfurt, Stettfelö, Bamberg.
4- Lxtraposten und Kuriere nach Frankfurt (j a und b), Ansbach, Koburg, Mannheim, Stuttgart, Fulda (Werneck, Hammelburg, Brückenau, Fulda oder Karlstadt, Hammelburg usw.), Meiningen.
Fahrposten kommen am Montag abends von Nürnberg, Dienstag früh von Bamberg über Dettelbach und Frankfurt über Bischofsheim, Freitag morgens von Nürnberg über Kitzingen und von Bamberg über werneck, nachmittags von Frankfurt über den Spessart.
Fahrposten gehen ab Dienstag früh nach Frankfurt über Roßbrunn, nach Nürnberg über Windsheim, nach Bamberg über Idernecf und Schweinfurt, Freitag nach Nürnberg über Kitzingen, nach Frankfurt über Bischofsheim und nach Bamberg über Dettelbach.
8. Im Postwagen durch fränkische Gefilde (1825).
An einem schönen Frühlingstage in der Mittagsstunde verließ ich mit dem Postwagen das ehrwürdige Nürnberg. Der wagen fuhr vorschriftsmäßig langsam und still vom posthofe bis zum Tore, weil es für Pferde, wagen und Ladung von guten Folgen und der Bequemlichkeit der Reifenden zusagend ist, auf dem ungleichen Pflaster ruhig zu fahren. Erst am Schlagbaum am Ende der Stadt hob sich die Geißel des Postillons um die Pferde zu einem raschen Gang aufzufordern. Schneller ging es nun auf der schnurgeraden, mit einer doppelten Reihe stämmiger pappeln besetzten Straße durch getreidereiche Fluren und schöne Dörfer. Lin Schauspielerpaar, dem es nirgends gefallen wollte, ein Offizier, der gesonnen war, seine Frostbeulen, die er sich bei dem großen Rückzug über die Beresina geholt hatte, von dem Heilwasser zu Baden-Baden wegbringen zu lassen, ein pastor, ein akademischer Bürger, ein Kaufmann und meine Wenigkeit, die zu den Bädern nach (Ems wollte, bildeten die Reisegesellschaft, die sich im Innern des Postwagens zusammengefunden hatte. Anfänglich herrschte tiefe Stille, doch nach und nach kam eine Unterhaltung zustande, welche die Zeit verkürzen half. Rasch setzten wir unsere Reife, nachdem Fürth vorüber war, durch eine herrliche, im üppigen
1914 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Eichelsbacher, Joseph August
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Franken
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— \12 —
Eine Hauptverbindungsstraße wurde mit der Zeit die durch den Spessart führende Würzburger Straße von Würzburg über Roßbrunn, Lengfurt, Esselbach, Rohrbrunn, Hessenthal nach Aschaffenburg. Auf ihr reisten die Habsburger zur Kaiserkrönung nach Frankfurt. In Seligenstadt hatten Augsburger und Nürnberger Kaufleute je eine Herberge im „Riesen" und in der „Krone“.
mit Napoleon I. begann das Zeitalter der Chausseen. wurde
die Straße von Lohr über Rechtenbach nach Rothenbuch angelegt, die bei Hessenthal in die Würzburger Straße einmündet, von da an wurde das Straßennetz immer weiter ausgebaut.
Am 22. Juni 1(85) wurde die erste Bahn durch den Spessart mit den Stationen Laufach, Heigenbrücken, partenstein und Lohr eröffnet. Inzwischen sind weitere Eisenbahnlinien, wie überall im ganzen Lande, auch im Spessart gebaut worden, so daß sie ihn im Viereck umschließen und in den Tälern (Elsava, Kahl) in sein Inneres führen.
6. Die Postflation Esselbach (1675).
„Als noch bei Mannsgedenken zu Esselbach keine post gehalten, sondern die Reisenden noch von den Bauern mit Kleppern durch den Spessart geführt wurden, hat sich Konrad Doidt, des verstorbenen Post-halters Ahnherr, welcher ein Beckenknecht gewesen, auch um einen Klepper beworben, mit welchem er die Reifenden nach Aschaffenburg reiten lassen, er aber zu Fuß mitgelaufen so lange, bis er so viel Geld erübrigt, daß er zwei Klepper kaufen und mitreiten konnte.
Er ist endlich zu solchen Mitteln gekommen, daß er ein reicher Mann worden und der erste gewesen ist, wie ich jederzeit von den Esselbachern berichtet worden, dem die post zu halten und zu besorgen anvertraut worden. Nach dessen Absterben ist die posthalteret auf seinen Sohn und auf dessen Nachkommen übergegangen.
Der erste, Eonz Doidt, hat zu Esselbach, desgleichen auch fein Sohn anfangs zu Esselbach gewohnt; als er aber hernach die Schenke zum Goldenen Lamm zu Kredenbach, welches den Grafen zu Wertheim zuständig, kaufte, daselbst die Wirtschaft trieb, auch die Post, obwohl die Pferde zu Esselbach standen, in selbigem Haus abfertigte, habe ich nicht nachgelassen, bis gedachter Jörg Doidt gleich von der Schenkstatt herüber auf dem Würzburger Grund zu Esselbach ein neues Haus erbaut und allda die post gehalten."
Dadurch wurde die Post, die die Grafen von wertheim gerne auf ihr Gebiet nach Kredenbach verlegt hätten, für Esselbach erhalten. Der Posthalter war dem Kaiser!. Postmeister zu Nürnberg untergeben und wurde von diesem bestellt.
Kaiser und Könige stiegen aus der Reise von Würzburg nach Frankfurt auf der bedeutenden Poststation Esselbach ab. Die Einführung der Eisenbahnen war Ursache, daß ihre Bedeutung sank. Längst war der
1914 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Eichelsbacher, Joseph August
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Franken
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Inhalt.
. Die neue Zeit........................................................161—
V Unterfranken und seine einstigen Bestandteile. 5. 161. — 2. Ein ehemaliger Freistaat in fränkischen Landen. 5. 16$. — 3. Das Mißjahr 1816. 5. 166. — H. Die Verfassungsgedenksäule im Frankenlande.
5. I69. — 5. Verkehrswege im Spessart. 5. 170. — 6. Die postftation Esselbach. S. 172. — ?. postroagenfahrten von Würzburg aus. 1?95. 5. 173.
— 8. 3m Postwagen durch fränkische Gefilde. 5. 173. — 9. Das Jahr 18$8 in Unterfranken. 5. \75. — 10. Das Gefecht bei f?ammellmrg.
5. 177. — u. 3nt Kirchhofe Von Kissingen. 5. 178. — 1.2. Einquartierung 5. 179. — 13. Bei Laufoch und Aschaffenburg. S. 181. — 14. Ein Reiterkampf. 5. 182. — 15. Der Rückzug. 5. 183. — 16. Der Friede.
5. 18$. — 17. Die Neuner in Frankreich. 5. 185. — 18. Weihnachten vor Paris. 5. 187. — 19. Dor Paris. 5. 187. — 20. Das Einzugsfest. 5. I89.
— 21. Kaiser Milhelm I. und Fürst Bismarck in Mürzburg. 5. 189. — 22. Die Würzburger Moltke-Totenfeier. 5. 190. — 23. Kaisertage in Franken. 5. 191. — 2$. Prinzregent Luitpold in würzburg. 5. 19$. — 25. prinz Luitpold im Spessartwald. 5. 196.
1900 -
Hannover [u.a.]
: Meyer
- Autor: Hartleb, Philipp, Jöst, Friedrich, Weigand, H., Tecklenburg, A.
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 54 —
53. Verkehrsanstalten ln Offenvach.
1. Mit Ausnahme der großen Handelsstraße, die an unserer Stadt vorbei gegen Frankfurt zog, gab es früher keine eigentlichen Landstraßen. Auf völlig zerfahrenen und holperigen Feldwegen mußten die Waren mit Wagen, auf Schiebkarren oder in Körben befördert werden. Heute führen von allen Nachbargemeinden gute, fahrbare Straßen nach unserer Stadt. Die Eisenbahnen, die Post, die Telegraphen- und Telephonverbindung, die Straßenbahn, die feste Brücke und die Überfahrt befördern den Verkehr besonders. Auch die Durchbrüche und die Verbreiterung von Straßen haben zur Hebung des Verkehrs viel beigetragen.
2. Nach Vollendung der Kunststraße nach Seligenstadt und Aschaffenburg (1824) giug ein Postkurs wöchentlich zweimal nach Aschaffenburg und wieder zurück; von 1837 an suhr ein Eilwagen täglich diese Strecke. Zur Zeit, der Messen wurde noch ein besonderer Kurs von Fußboteu errichtet, welche die Briefe von und nach Frankfurt brachten. 1834 trat auch ein Postkurs von Darmstadt über Offenbach nach Gießen und wieder zurück in Kraft. Die frühere Postverbindung mit andern Städten ersetzt jetzt die Eisenbahn; sie hat die Brief- und Paketbeförderung ganz übernommen. Die gelben Postwagen verkehren fast nur noch in der Stadt. Das alte Postgebüude in der Frankfurter Straße hat feit 1879 einem schönen Neubau Platz gemacht. In unserer Stadt werden jetzt täglich sechsmal die Briefe ausgetragen. Zur Bewältigung des Postverkehrs sind gegenwärtig 120 Beamte und Hilfsbeamte angestellt. Das gesamte Post- und Telegraphenwesen unserer Gegend steht unter der Leitung der Oberpostdirektion in Darmstadt.
3. Von unsern Eiseubahnen ist die Lokalbahn die älteste. Im Jahre 1848 wurde sie auch für den Personenverkehr eröffnet, nachdem sie vorher nur dem Güterverkehr gediente hatte. Da heute der Verkehr zwischen Frankfurt und Offenbach sehr lebhaft ist, hat die Eisenbahnverwaltung die Einrichtung getroffen, daß auf der Lokalbahn jede halbe Stunde ein Zug von Offenbach nach Sachsenhansen und wieder zurück fährt. Offenbach ist ferner Haltestelle der Linie Frankfurt-Bebra. Auch die schon seit Jahrzehnten geplanten Nebenbahnen durch den Rodgau sind jetzt dem Betriebe übergeben. Es sind dies die Linien Offenbach-Reinheim und Offenbach-Dietzenbach. Dem Personenverkehr in der Stadt selbst, sowie nach Oberrad und Sachsenhausen dient seit 1884 die elektrische Straßenbahn. Neben all diesen Beförderungsmitteln herrscht ein großer Wagenverkehr. So fahren z. B. etwa 600 Fuhrwerke täglich auf der Straße zwischen Offenbach und Frankfurt; beinahe 800 000 Ctr. Güter werden täglich durch Fuhrwerke auf dieser Straße befördert.
1912 -
Nürnberg
: Korn
- Autor: Scheiblhuber, Alois Clemens
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 246 —
Prinz Karl stellte sich mit dem bayerischen Heer bei Schweinfurt auf. Prinz Alexander dagegen versammelte die Armeen von Württemberg, Baden, Hessen und Nassau bei Frankfurt. Beide Prinzen wollten einander entgegenkommen und den Preußen den Übergang über den Main verwehren. Auch der König von Hannover zog mit seiner Armee dem Maine zu. Aber schnell schickte ihm König Wilhelm ein Heer nach; die Hannoveraner wurden bei Langensalza eingeholt und samt ihrem Könige gefangen genommen. Jetzt stellte sich das preußische Heer in die Mitte zwischen Schweinfurt und Frankfurt, damit beide Prinzen nicht zusammenkommen, konnten. Dann besiegten die Preußen zuerst den Prinzen Karl bei Kissingen und Hammelburg, so daß die Bayern von der Saale bis an den Main zurückflohen. Hierauf besiegten sie den Prinzen Alexander bei Aschaffenburg und vertrieben ihn aus Frankfurt. Nun konnten sich beide Prinzen zwar vereinigen; trotzdem wurden sie nochmal bei Würzburg geschlagen.
Unterdessen war Benedek mit dem österreichischen und sächsischen Heere nach Böhmen gezogen, um Wien zu schützen. Bald stiegen die preußische Heere an drei Stellen vom Gebirge herab nach Böhmen, trieben die Österreicher zurück und trafen an der Elbe bei Königgrätz zusammen. Noch um Mitternacht beschloß König Wilhelm, am Morgen Benedek anzugreifen. Allein der Kronprinz war mit der zweiten Armee noch sechs Stunden entfernt; der König sandte einen Reiter fort, damit er eilig komme. Es war ein regnerischer Morgen, als die Schlacht begann. Wilhelm ritt mitten im Kugelregen herum. Vergebens warnten ihn seine Begleiter vor den feindlichen Kugeln. „Ich kann doch nicht davonreiten," entgegnete er, „wenn meine braven Soldaten im Feuer stehen!" Schon war es Mittag. Die Preußen waren ermüdet; trotzdem sprachen sie: „Nicht weiter zurück! Hier wollen wir sterben!" Immer sehnsüchtiger schaute der König nach jener Seite, woher der Kronprinz kommen mußte- Da sah er in der Ferne weiße Rauchwolken aufsteigen. Alle blickten nach jener Seite und jubelten: „Der Kronprinz ist da! Er greift den Feind auf der rechten Seite an!" Jetzt wurde Benedek besiegt und fein Heer ergriff die Flucht. Schon wollten die Preußen die Stadt Wien belagern; da sprach Kaiser Franz: „Auf meine Wiener lasse ich nicht schießen!" und schloß Frieden.
1914 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Eichelsbacher, Joseph August
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Franken
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— {26 —
beit der häufig ankommenden französischen Flüchtlinge, gestattete ihnen aber keinerlei Waffenvereinigung.
Die (Einmischung des Reiches in die Verhältnisse des Nachbarstaates rächte sich bitter. Ungeschicklichkeit und Planlosigkeit der L^eerführung und Uneinigkeit der Verbündeten vereitelten jeden Erfolg. Die französischen Volksheere drangen siegreich vor. wieder einmal begann eine Überschwemmung deutscher Erde durch die Franzosen, die von weittragendsten Folgen begleitet war. Idas äußere und innere Feinde Deutschlands bis jetzt nicht zuwege gebracht hatten, gelang diesmal. In Trümmer zerfiel das gealterte Reich. Und als nach eineinhalb Jahrzehnten tiefster Erniedrigung die kampfbegeisterten Freiheitskriege! die Feinde über den Rhein zurückwarfen, da hatte sich die deutsche Staatenkarte einschneidend verändert. Ganz besonders deutlich zeigt aber das Schicksal des Frankenlandes, wie ein fremder Emporkömmling mit deutschen Ländern, Volksstämmen und Fürsten umging.
2, Die Franzosen in sanken (1796).
Die Sambre- und Maasarmee unter dem Befehl des Generals ~Sourdan näherte sich dem fränkischen Kreise am 2\. Juli. Sie teilte sich von Frankfurt an in drei Abteilungen, die eine rückte über (Seinhausen nach Aschaffenburg, die zweite ging bei j^anau über den Main, die dritte zog sich rechts.
Die k. k. Armee unter dem Grafen von Wartensleben zog sich gegen Würzburg zurück, nachdem es beim Ausgang des Spessarts, in der Gegend von Esselbach, zu einem hitzigen, für sie nachteiligen Treffen gekommen war. Sie verließ Würzburg am 23. Juli und ging über Schweinfurt nach Bamberg, wo sie sich sammelte. Am 26. Juli fanden bet Iphofen und tags darauf bei Zeil und Eltmann Gefechte statt, am 7. August wurden die Kaiserlichen zwischen Bamberg und Forchheim zurückgeworfen. Würzburg war am 2q. ~Suli, die Festung Königshofen am 2., Bamberg am H. August von den Franzosen besetzt worden. Ganz Franken war nun in der ^and der Feinde.
Schöne Worte hatte der oberste General ^ourdan in einer öffentlichen Bekanntmachung den Bewohnern der fränkischen Länder gesagt: „3hr werdet wohl ohne Zweifel von der Anwesenheit der Armeen zu leiden haben; aber euer Eigentum soll nicht verwüstet werden, ihr werdet euere fjäuser nicht in Flammen aufgehen sehen. Bleibet bei eueren Berden, nehmt keinen Anteil an den kriegerischen Begebenheiten, dann könnt ihr darauf rechnen, bei allen Ehefs meiner Armee Schutz zu finden. Alle Befehlshaber werden strengste Ordnung unter den Truppen halten. Plünderung und Mißhandlung werden nach der Strenge der Gesetze bestraft werden."
1918 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 34
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
324
Das Reisen sonst und jetzt.
Erde durch. Es ist schrecklich!“ „Ja“, sagte der Kollege, „das geht
wider alle Ordnung. Die Fuhrleute werden alle aufsässig. Die Pferde-
zucht wird ruiniert. Das ist alles Dampf, nichts als Dampf“. „Meine-
Herren“, erlaubte sich ein Postrat zu bemerken, „das'kann keinen Be-
stand haben. Ich wohne in der Leipziger Straße und sehe, wie morgens
bei schönem Wetter und hauptsächlich in der Rosenzeit höchstens sechs,
bis acht Fuhrwerke hinaus nach Potsdam und der Pfaueninsel fahren.
Nun aber bauen sie Wagen, wo dreißig Personen Platz haben, und sie
wollen an sechsmal des Tags damit hinausfahren. Was sollen wir
Berliner denn alle Tage sechsmal in Potsdam machen?“
Die Frage war unlösbar und noch unlösbarer die Frage, wie es
bei solcher Reisesucht mit den Pässen werden solle. — Aber der Zeit-
geist, der böse Zeitgeist hatte in Berlin die Menschheit erfaßt, und da
war kein Halt mehr.
Im Herbst 1838 war die Hälfte der Eisenbahn bis Zehlendorf
fertig. Eine Probefahrt fand statt, und nicht bloß der Polizeipräsident,
sondern auch zwei Minister ließen sich herab, der Einladung des Direk-
toriums zu folgen und die Reise bis Zehlendorf mitzumachen. Auch
die Presse wurde mit einer Einladung beehrt, damit die öffentliche
Meinung für das große Unternehmen gewonnen werde. Sie fuhr mit
und fällte ihr Urteil in einem ausführlichen Berichte in der Vossischen
Zeitung, die dazumal den Geist aller guten Berliner beherrschte und
lenkte.
Uber die erschreckende Geschwindigkeit dieses Probezuges — er
fuhr in kaum einer Stunde richtig bis Zehlendorf, während der heutige
Schnellzug dazu gerade 16 Minuten gebraucht — wußte der Bericht
die öffentliche Meinung zu beruhigen. „Im Wagen merke man die
rasende Geschwindigkeit gar nicht!“ „Selbst den Tunnel bei Schöne-
berg passierte der Zug, ohne daß die eingeladenen Damen aufgeschrieen
hätten. Nur wenn man hinausblickt, wird man ein wenig schwindelig;
aber die Berliner sind nicht so nervenschwach und werden sich auch
daran mit der Zeit gewöhnen.“
Diese Voraussetzung bewährte sich vollkommen. Die Bahn wurde
fertig und die nervenstarken Berliner gewöhnten sich dermaßen an die
Geschwindigkeit, daß man mit ihnen die ganze Fahrt bis Potsdam in
anderthalb Stunden machen konnte.
Als am Ende gar noch die Eisenbahn die Post auf den Rücken
nahm und mit ihr in die Welt hinein jagte, vertrauten sich selbst
Posträte ihr an und fanden, daß die Welt nicht ihrem Untergange des-
halb zueile.
Von nun ab wühlte der böse Zeitgeist gar schrecklich in der un-
ruhigen Menschheit. Man begnügte sich nicht mehr, mit all den Eisen-
bahnen nach allen Seiten hin gewaltige Reisen in einem Tage abzu-
machen, auf welchen man sonst Wochen zubrachte. Nein, man faßte
den Entschluß, auch nachts die Reisenden zu befördern.
Mitten in der Nacht? Gar durch die ganze Nacht?! Es war ein
erschreckender Gedanke! Wer wird denn nachts reisen! Wer anders
will denn des Nachts reisen als Diebe und Mörder? Wird es selbst der
wachsamsten Polizei möglich sein, hierüber eine Kontrolle auszuüben?
1910 -
Nürnberg
: Korn
- Autor: Scheiblhuber, Alois Clemens
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 300 —
Der Wirt fuhr nun öfter in die Stadt. Den ganzen Winter danerten die Wahlen. Wie er nun einmal in München übernachtete und im Bette lag, da konnte er lange nicht einschlafen. Denn auch ihn wollten sie zum Abgeordneten wählen. Heute war daheim die Wahl gewesen und er dachte immer daran, ob er wohl gewühlt sei. Spät in der Nacht schlief er erst ein. Am Morgen um vier Uhr trommelte es an der Türe. Der Hausknecht weckte ihn. „Herr Grandauer! Herr Grandauer!" ries er draußen. Herr Grandauer fuhr aus dem Bett und in die Kleider. „Was gibt's?" fragte er. — „Sogleich heim! Ein Eilbote ist da!" — Er lief und öffnete die Türe. Da stand der Eilbote. „Gratuliere Herr Grandauer!" sagte der Eilbote, „Sie sind gewählt. Sie sind Abgeordneter für unsere Gegend. Ja, es ist das eine große Ehre für unfern Ort. Drum sollen Sie gleich heimkommen mit blasender Post. Die ganze Gemeinde erwartet Sie." Er stieg in den Postwagen; zwei Postillone saßen auf dem Bock und bliesen auf der ganzen Heimfahrt. Noch war er eine Stunde entfernt von der Heimat. Wer wartet da vorne beim Wald? Es sind Reiter.. Sechs Bauernburschen zu Pferd waren es. Die ritten als Vorreiter dem Postwagen voran. So suhr er ins Städtchen. Beim Rathaus stand die ganze Gemeinde im Festtagsstaat und wartete auf ihn mit den Musikanten. Der Bürgermeister schüttelte ihm die Hand und gra-titulierte ihm. Da standen auch die Schulkinder, und Mädchen in weißen Kleidern überreichten ihm einen Strauß. Und der Pfarrer hielt eine lange Rede. „Werdet rechtschaffen," sagte er zu den Knaben, „erwerbt euch Kenntnisse! Ihr seht, welche Ehren auf euch warten!"
Eines Tages bekam Grandauer ein Schreiben von der Regierung. Darin stand, er habe sich am 23. Januar sicher in München einzufinden und sich sogleich im Stäudehause selber - zu melden. Da packte er den Reisekoffer und nahm Abschied von Frau und Kindern. „Sorge nun du für das Geschäft," sagte er zu seiner Frau an
der Türe; „ich bleibe vielleicht lange fort; die Sitzungen können viele Monate dauern." Und wie er in München aus dem Postwagen stieg,
da dachte er daran, daß er eine Wohnung haben müsse. Er las
im Wirtshause die Zeitung. Endlich, da auf der letzten Seite stand: „Für einen Herrn Abgeordneten ist ein geräumiges, schön eingerichtetes Zimmer mit Alkoven in der Sendlingergasse 956 im 2. Stock zu vermieten." Er suchte die Wohnung, mietete sie und fing gleich an, feinen Koffer auszupacken. Abends ging er auf die Straße. Es war ein ungemütliches Wetter, es regnete, die Laternen brannten trüb.. Und doch waren eine Menge Leute auf der Straße. Aus
1899 -
Hannover
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Tecklenburg, August, Weigand, Heinrich, Friedrich, Johann
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
110
Ix. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Freiheit.
an den Waldrändern waren umgehauen, um der Infanterie, die hinter denselben stand, als Brustwehren zu dienen. Prinz Friedrich Karl kam mit seinem Heere zuerst in die Schlacht; sie begann morgens um 8 Uhr. Unter dem Schutze der preußischen Kanonen rückte die Infanterie vor. Bald war der Übergang über die Bistritz bei Sadowa erzwungen; aber damit waren die preußischen Truppen auch in das vernichtende Granatfeuer der Östreicher gekommen. Der größte Heldenmut gehörte dazu, hier auszuharren. Schritt für Schritt erneuerte sich der Kampf um die Dörfer und Waldstrecken des Bistritzthales; von Stunde zu Stunde wuchs die Gefahr; aber die Anwesenheit des Königs, der die Gefahren und Anstrengungen seines Heeres teilte, begeisterte die Truppen immer wieder aufs neue. Der Kronprinz war mit seinem Heere am weitesten zurück, er konnte deshalb nicht von Anfang her am Kampfe teilnehmen. Der strömende Regen und der durchweichte Boden erschwerten das Vorrücken; dazu stieg die Straße von Höhe zu Höhe steiler auf. Endlich, um 2 Uhr nachmittags, traf der Kronprinz ein, und nahm sogleich am Kampfe teil. Die Östreicher erkannten nun, daß die Schlacht für sie verloren sei, und gingen fliehend auf die Festung Königgratz zu.
3. Nun verfolgten die Sieger die immer weiter zurückweichende östreichische Armee in der Richtung gegen Wien. In Nikolsburg, 12 Meilen von Wien, nahm der König sein Hauptquartier und erwartete das Ende der Friedensverhandlungen. Auch in Süddeutschland hatten die Preußen über die hessischen und bayerischen Truppen gesiegt und drangen bis nach Würzburg und Nürnberg vor. Der Nikols-burger Waffenstillstand beendete am 2. August die Feindseligkeiten.
111. Der Norddeutsche Kund.
Die Friedensverhandlungen zwischen Preußen und Östreich wurden zu Prag gepflogen. Östreich mußte danach ganz aus dem Deutschen Bunde austreten, auf jede Einmischung in deutsche Angelegenheit verzichten und 60 Millionen Mark Kriegskosten bezahlen. Seitdem ist Östreich ein Kaiserreich für sich und Wien seine Hauptstadt; Berlin aber ist Deutschlands Hauptstadt geworden. Hannover, Kurhessen mit Nassau und Frankfurt a. M., die zu Östreich gehalten hatten, sowie Schleswig-Holstein wurden dem preußischen Staate einverleibt und galten fortan als preußische Provinzen. Im Berliner Frieden mußte Bayern an Preußen 30 Millionen Gulden Kriegsentschädigung entrichten und mehrere Bezirke (Orb, Gersfeld) mit etwa 34000 Einwohnern abtreten. An Stelle des Deutschen Bundes trat nun der Norddeutsche Bund, zu dem sich zweiundzwanzig norddeutsche Staaten unter Preußens Führung vereinigten. Außerdem wurde ein Schutz-uud Trutzbüuduis mit den süddeutschen Staaten abgeschlossen. Beide wurden durch die Mainlinie getrennt; bald sollte auch diese letzte Scheidewand fallen.
1856 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
25
39. Die gute Mutter.
Im Jahre 1796, als die französische Armee nach dem Rückzüge aus
Deutschland jenseits hinab am Rhein lag, sehnte sich eine Mutter in der Schweiz
nach ihrem Kind, das bei der Armee war, und von dem sie lange nichts er-
fahren hatte, und ihr Herz hatte daheim keine Ruhe mehr. „Er muß bei der
Rheinarmee sein," sagte sie, „und der liebe Gott, der ihn mir gegeben hat,
wird mich zu ihm führen." Und als sie auf dem Postwagen zum St. Johannis-
thor in Basel heraus und an den Rebhäusern vorbei in's Sundgau gekommen
war, treuherzig und redselig, wie alle Gemüther sind, die Theilnahme und
Hoffnung bedürfen, und die Schweizer ohnedem, erzählte sie ihren Reisegefähr-
ten bald, was sie auf den Weg getrieben hatte. „Find' ich ihn in Colmar nicht,
so geh' ich nach Straßburg; find' i,ch ihn in Straßburg nicht, so geh' ich nach
Mainz." Die Andern sagten Das dazu und Jenes, und Einer fragte sie:
„Was ist denn euer Sohn bei der Armee? Major?" Da wurde sie fast ver-
schämt in ihrem Inwendigen. Denn sie dachte, er könnte wohl Major sein,
oder so Etwas, weil er immer brav war; aber sie wußte es nicht. „Wenn ich
ihn nur finde," sagte sie, „so darf er auch etwas weniger sein; denn er ist mein
Sohn." Zwei Stunden herwärts Colmar aber, als schon die Sonne sich zu
den Elsässer Bergen neigte — die Hirten trieben heim, die Kamine in den
Dörfern rauchten, die Soldaten in dem Lager nicht weit von der Straße stan-
den partienweise mit dem Gewehr beim Fuß, und die Generäle und Obersten
standen vor dem Lager beisammen, plauderten mit einander, und eine junge
weißgekleidete Person von weiblichem Geschlechte und feiner Bildung stand auch
dabei und wiegte auf ihren Armen ein Kind. Die Frau im Postwagen sagte:
„Das ist auch keine gemeine Person, daß sie nahe bei den Herren steht. Was
gilt's? der mit ihr redet, ist ihr Mann." Der geneigte Leser fängt allbereits
an, Etwas zu merken; aber die Frau im Postwagen merkte noch nichts. Ihr
Mntterherz hatte noch keine Ahnung, so nahe sie an ihm vorbeigefahren war,
sondern bis nach Colmar hinein war sie still und redete nimmer. In der
Stadt, im Wirthshaus, wo schon eine Gesellschaft an der Mahlzeit saß, und
die Reisegefährten setzten sich auch noch, wo Platz war, da war ihr Herz erst
recht zwischen Bangigkeit und Hoffnung eingeengt, daß sie jetzt Etwas von ih-
rem Sohne erfahren könnte, ob ihn Niemand kenne, und ob er noch lebe, und
ob er Etwas sei, und hatte doch den Muth fast nicht, zu frageu. Denn es ge-
hört Herz dazu, eine Frage zu thun, wo man das Ja so gerne hören inöchte,
und das Nein ist doch möglich. Auch meinte sie, Jedermann merke cs, daß es
ihr Sohn sei, nach dem sie frage, und daß sie hoffe, er sei Etwas geworden.
Endlich aber, als ihr der Diener des Wirthö die Suppe brachte, hielt sie ihn
heimlich am Rocke fest und, fragte ihn: „Kennt ihr nicht Einen bei der Armee,
oder habt ihr nicht von Einem gehört, so und so? Der Diener sagt: „Das
ist ja unser General, der im Lager steht. Heute hat er bei uns zu Mittag
gegessen", und zeigte ihr den Platz. Aber die gute Mutter gab ihm wenig
Gehör darauf, sondern meinte, es sei Spaß; der Diener ruft den Wirth. Der
Wirth sagt: „Ja, so heißt der General." Ein Offizier sagte auch: „Ja, so heißt
unser General", und auf ihre Fragen antwortete er: „Ja, so alt kann er sein,
und ja, so sieht er aus und ist von Geburt ein Schweizer." Da konnte sie sich
nicht mehr halten vor inwendiger Bewegung und sagte: „Es ist mein Sohn,
den ich suche"; und ihr ehrliches Schweizergesicht sah fast ein wenig einfältig
aus vor unverhoffter Freude und vor Liebe und Scham. Denn sie schämte
sich, daß sie eines Generals Mutter sein sollte, vor so vielen Leuten, und konnte
es doch nicht verschweigen. Aber der Wirth sagte-. „Wenn das so ist, gute
Frau, so laßt herzhaft eure Sachen von dem Postwagen abladen, und erlaubt
mir, daß ich morgen in aller Frühe ein Kaleschlein anspannen lasse und euch
hinausfahre zu eurem Herrn Sohn in das Lager." Am Morgen, als sie in
das Lager kam und den General sah, ja, so war es ihr Sohn, und die junge
1863 -
Berlin
: Stubenrauch
- Hrsg.: Menzel, J., Richter, Carl, Wetzel, Friedrich, Menges, Heinrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
25
39. Die gute Mutter.
Im Jahre 1796, als die französische Armee nach dem Rückzüge aus
Deutschland jenseits hinab am Rhein lag, sehnte sich eine Mutter in der Schweiz
nach ihrem Kind, das bei der Armee war, und von dem sie lange nichts er-
fahren hatte, und ih.r Herz hatte daheim keine Ruhe mehr. „Er muß bei der
Rheinarmee sein," sagte sie, „und der liebe Gott, der ihn mir gegeben hat,
wirb mich zu ihm führen." Und als sie auf dem Postwagen zum St. Johanniö-
thor in Basel heraus und an den Rebhäusern vorbei in's Sundgau gekommen
war, treuherzig und redselig, wie alle Gemüther' sind, die Theilnahme und
Hoffnung bedürfen, und die Schweizer ohnedem, erzählte sie ihren Reisegefähr-
ten bald, was sie auf den Weg getrieben hatte. „Find' ich ihn in Colmar nicht,
so geh' ich nach Straßburg; find' ich ihn in Straßburg nicht, so geh' ich nach
Mainz." Die Andern sagten Das dazu und Jenes, und Einer fragte sie:
„Was ist denn euer Sohn bei der Armee? Major?" Da wurde sie fast ver-
schämt in ihrem Inwendigen. Denn sie dachte, er könnte wohl Major sein,
oder so Etwas, weil er immer brav war; aber sie wußte es nicht. „Wenn ich
ihn nur finde," sagte sie, „so darf er auch etwas weniger sein; denn er ist mein
Sohn." Zwei Stunden herwärts Colmar aber, als schon die Sonne sich zu
den Elsässer Bergen neigte — die Hirten trieben heim, die Kamine in den
Dörfern rauchten, die Soldaten in dem Lager nicht weit von der Straße stan-
den partienweise mit dem Gewehr beim Fuß, und die Generäle und Obersten
standen vor dem Lager beisammen, plauderten mit einander, und eine junge
weißgekleidete Person von weiblichem Geschlechte und feiner Bildung stand auch
dabei und wiegte auf ihren Armen ein Kind. Die Frau im Postwagen sagte:
„Daö ist auch keine, gemeine Person, daß sie nahe bei den Herren steht. Was
gilt'ö? der mit ihr redet, ist ihr Mann." Der geneigte Leser fängt allbereits
an, Etwas zu merken; aber die Frau im Postwagen merkte noch nichts. Ihr
Mntterherz hatte noch keine Ahnung, so nahe sie an ihm vorbeigefahren war,
sondern bis nach Colmar hinein war sie still und redete nimmer. In der
Stadt, im Wirthshaus, wo schon eine Gesellschaft an der Mahlzeit saß, und
die Reisegefährten setzten sich auch noch, wo Platz war, da war ihr Herz erst
recht zwischen Bangigkeit und Hoffnung eingeengt, daß sie jetzt Etwas von ih-
rem Sohne erfahren könnte, ob ihn Niemand kenne, und ob er noch lebe, und
ob er Etwas sei, und hatte doch den Muth fast nicht, zu fragen. Denn es ge-
hört Herz dazu, eine Frage zu thun, wo man das Ja so gerne hören möchte,
und das Nein ist doch möglich. Auch meinte sie, Jedermann merke es, daß es
ihr Sohn sei, nach dem sie frage, und daß sie hoffe, er sei Etwas geworden.
Endlich aber, als ihr der Diener des Wirths die Suppe brachte, hielt sie ihn
heimlich am Rocke fest und fragte ihn-, „Kennt ihr nicht Einen bei der Armee,
oder habt ihr nicht von Einem gehört, so und so? Der Diener sagt: „Das
ist ja unser General, der im Lager steht. Heute hat er bei uns zu Mittag
gegessen", und zeigte ihr den Platz. Aber die gute Mutter gab ihm wenig
Gehör darauf, sondern meinte, es sei Spaß; der Diener ruft den Wirth. Der
Wirth sagt: „Ja, so heißt der General." Ein Offizier sagte auch: „Ja, so heißt
unser General", und auf ihre Fragen antwortete er: „Ja, so alt kann er sein,
und ja, so sieht er aus und ist von Geburt ein Schweizer." Da konnte sic sich
nicht mehr halten vor inwendiger Bewegung und sagte: „Es ist mein Sohn,
den ich suche"; und ihr ehrliches Schweizergesicht sah fast ein wenig einfältig
aus vor unverhoffter Freude und vor Liebe und Scham. Denn sie schämte
sich, daß sie eines Generals Mutter sein sollte, vor so vielen Leuten, und konnte
es doch nicht verschweigen. Aber der Wirth sagte: „Wenn das so ist, gute
Frau, so laßt herzhaft eure Sachen von dem Postwagen abladen, und erlaubt
mir, daß ich morgen in aller Frühe ein Kaleschlein anspannen lasse und euch
hinausfahre zu eurem Herrn Sohn in das Lager." Am Morgen, als sie i»
das Lager kam und den General sah, ja, so war e§ ihr Sohn, und die junge
1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
148
durchsichtig sind, werfen Schatten. Der Schatten fällt immer nack
der entgegengesetzten Seite von derjenigen Seite, wo die Sonne oder
das Licht sich befindet.
Die Sonne steht nicht den ganzen Tag an derselben Stelle,
sondern sie geht des Morgens am Horizont auf, erhebt sich des
Vormittags bis zum Mittag hoch über die Häuser und Berge, sinkt
dann während des Nachmittags und geht des Abends unter
unsern Gesichtskreis, bis sie wieder aufgeht.
Die Zeit von einer Mitternacht bis zur nächsten nennt man einen
bürgerlichen Tag, und theilt ihn in 24 gleichgroße Zeittheile oder
24 Stunden ein. Nun zählt man jedoch nicht alle 24 Stunden des
Tages von 1 bis 24 hintereinander fort, sondern man zählt von
Anfang eines solchen Tages oder von Mitternacht bis Mittag 12
Stunden, und von Mittag bis Mitternacht wieder 12 Stunden. Man
muß daher z. B. unterscheiden: früh um 8 Uhr und Abends um 8
Uhr. Eine Stunde wird in 2 halbe Stunden, in 4 Viertel-
stunden, auch in 60 Minuten eingetheilt und die Minute in 60
Secunden. Die Uhren zeigen diese Zeittheile genau an, sie messen
sie; sie sind also Werkzeuge zum Zeitmessen oder Zeitmesser.
Sieben Tage bilden eine Woche. Die Wochentage heißen: Sonn-
tag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag
und Samstag.
Welchen Wochentag haben wir heute? — Welche Tageszeit haben wir jetzt?
— In welcher Stunde leben wir jetzt? — Aber wie viel Uhr ist es? —
Die Gegend am Himmelsgewölbe, wo die Sonne aufgeht,
heißt Morgen oder Osten, — die, w-o sie untergeht, heißt Abend
oder Westen, und die, wo sie am höchsten steht, heißt Mittag oder
Süden. Wenn du deine linke Hand nach Osten und deine rechte
nach Westen ausstreckst, so siehst du gerade nach Süden. Dann ist
aber dein Rücken nach einer Gegend hingekehrt, welche Mitternacht
oder Norden heißt. In Norden sehen wir die Sonne niemals. Osten,
Süden, Westen und Norden nennt man die vier Haupt-Himmels-
gegenden oder Himmelsrichtungen. Die Himmelsgegend zwischen
Osten und Süden heißt Süd osten, die zwischen Süden und Westen
heißt Südwesten, die zwischen Westen und Norden heißt Nordwesten,
und die zwischen Norden und Osten heißt Nord osten.
Zeiget mit dem Finger nach Osten! — Nach Westen! — Nach Süden! —
Nach Norden! — Nach Südosten I — Nach Südwesten! — Nach Nordwesten I —
Nach Nordosten! — Nun nenne du einen Schüler, der von dir genau östlich sitzt!
— Westlich! — Südlich! — Nördlich! — Südöstlich! — Südwestlich I— Nord-
westlich! — Nordöstlich I — Jetzt nennt ein Gebäude, welches von der Schule
östlich liegt! — Südlich! — Westlich! — Nördlich! — Nun ein Gebäude, welches
von der Schule südwestlich liegt! — Südöstlich! — U. s. w. In welcher Rich-
tung geht die Straße an der Schule vorbei? — Von — nach —? Morgen soll
mir Jeder sagen: 1. wie sein elterliches Haus von der Schule liegt! — 2. in
welcher Richtung Jeder von Haus zur Schule, und von der Schule nach Hause
geht! — 3. wie der Bach (Fluß) in unserer Gemeinde fließt! — 4. wohin
also seine Quelle und wohin seine Mündung sein muß!
1867 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Greef, Wilhelm, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
148
durchsichtig sind, werfen Schatten. Der Schatten fällt immer nach
der entgegengesetzten Seite von derjenigen Seite, wo die Sonne oder
das Licht sich befindet.
Die Sonne steht nicht den ganzen Tag an derselben Stelle
sondern sie geht des Morgens am Horizont auf, erhebt sich des
Vormittags bis zum Mittag hoch über die Häuser und Berge, sinkt
dann während des Nachmittags und geht des Abends unter
unsern Gesichtskreis, bis sie wieder aufgeht.
Die Zeit von einer Mitternacht bis zur nächsten nennt man einen
bürgerlichen Tag, und theilt ihn in 24 gleichgroße Zeittheile oder
24 Stunden ein. Nun zählt man jedoch nicht alle 24 Stunden des
Tages von 1 bis 24 hintereinander fort, sondern man zählt von
Anfang eines solchen Tages oder von Mitternacht bis Mittag 12
Stunden, und von Mittag bis Mitternacht wieder 12 Stunden. Man
muß daher z. B. unterscheiden: früh um 8 Uhr und Abends um 8
Uhr. Eine Stunde wird in 2 halbe Stunden, in 4 Viertel-
stunden, auch in 60 Minuten eingetheilt und die Minute in 60
Secunden. Die Uhren zeigen diese Zeittheile genau an, sie messen
sie; sie sind also Werkzeuge zum Zeitmessen oder Zeitmesser.
Sieben Tage bilden eine Woche. Die Wochentage heißen: Sonn-
tag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag
und Samstag.
Welchen Wochentag haben wir heute? — Welche Tageszeit haben wir jetzt?
— In welcher Stunde leben wir jetzt? — Aber wie viel Uhr ist cs? —
Die Gegend am Himmelsgewölbe, wo die Sonne aufgeht,
heißt Morgen oder Osten, — die, wo sie untergeht, heißt Abend
oder Westen, und die, wo sie am höchsten steht, heißt Mittag oder
Süden. Wenn du deine linke Hand nach Osten und deine rechte
nach Westen ausstreckst,-so siehst du gerade nach Süden. Dann ist
aber dein Rücken nach einer Gegend hingekehrt, welche Mitternacht
oder Norden heißt. In Norden sehen wir die Sonne niemals. Osten,
Süden, Westen und Norden nennt man die vier Haupt-Himmels-
gegenden oder Himmelsrichtungen. Die Himmelsgegend zwischen
Osten und Süden heißt Süd osten, die zwischen Süden und Westen
heißt Süd westen, die zwischen Westen und Norden heißt Nord westen,
und die zwischen Norden und Osten heißt Nord osten.
Zeiget mit dem Finger nach Osten! — Nach Westen! — Nach Süden! —
Nach Norden I — Nach Südosten! — Nach Südwesten! — Nach Nordwesten I —
Nach Nordostcn! — Nun nenne du einen Schüler, der von dir genau östlich sitzt!
— Westlich! — Südlich! — Nördlich I — Südöstlich! — Südwestlich! — Nord-
westlich! — Nordöstlich! — Jetzt nennt ein Gebäude, welches von der Schule
östlich liegt! — Südlich I — Westlich! — Nördlich! — Nun ein Gebäude, welches
von der Schule südwestlich liegt! — Südöstlich I — U. s. w. In welcher Rich-
tung geht d-ie Straße an der Schule vorbei? — Von— nach — ? Morgen soll
mir Jeder sagen: 1. wie sein elterliches Haus von der Schule liegt! — 2. in
welcher Richtung Jeder von Haus zur Schule, und von der Schule nach Hause
geht! — 3. wie der Bach (Fluß) in unserer Gemeinde fließt! — 4. wohin
also seine Quelle und wohin seine Mündung sein muß!
1831 -
Nürnberg
: Bauer und Raspe
- Autor: Meynier, Johann Heinrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
— «79 —
an, um die sechste Stunde war Mittag, nach der zwölften
Stunde fing der Abend an. Die Nacht war in vier Nacht-
wachen (Vigiliae) jede von drei Stunden eingctheilt. Mit-
ternacht war zu Ende der zweiten Nachtwache um die sechste
Stunde der Nacht. Von Räder - und Schlaguhren wußten
die Römer noch nichts; sie hatten nur Sonnen- und Was-
seruhren, und auch diese nicht vom Anfang an. Darum
mußte ein Gerichtsdiencr dem Prätor, der zu Gericht saß,
die Stunde zurufen, ihm es anzcigcn, wenn cs drei. Mit-
tag, und neun Uhr, oder nach unserer Rechnung neun Uhr
Morgens, zwölf und drei Uhr war.
Oie ersten Stunden des Tages wurden von den Rö-
mern dem Gebete und ihren gottesdienstlichen Gebräuchen
zu Hause und in den Tempeln gewidmet. Dann machten
die Geringen bei den Vornehmen, die Clienten bei ihren
Patronen Höflichkeitsbesuche. Um drei Uhr (neun Uhr nach
unserer Rechnung) begannen die öffentlichen Geschäfte auf
dem Rathhause, bei Gericht und bei den Comitien. Um
Mittag wurde eine kleine Mahlzeit (?ran6ium) eingenom-
men ; das Hauptmahl aber (Co6na) fand erst um die neunte
Stunde (um drei Uhr) statt. Der Nachmittag wurde mit
Zerstreuungen und Ergötzlichkeiten aller Art hingebracht.
Man machte Spaziergänge, man verschaffte sich Bewegung
mit Reiten, Fahren und mancherlei Leibesübungen; man
ging in Gesellschaft und in die Bäder, man besuchte die
Theater und andere öffentliche Spiele, oder man beschäftigte
sich, wenn man kein Freund solcher Zerstreuungen war, mit
Lesen und Studieren.
/
15. Teil 2
- S. 156
1914 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Keller, Ernst, Heydtmann, Johannes
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Oberlyzeum, Studienanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
156
Neue Strömungen
3. An seine Frau.
Blainville (zwischen Luneville und Nancy), den 1. Oktober 1870.
Geliebte Frau.
Meine Karten aus Weißen bürg und Sulz hast Du hoffen tlich erhalten. Ich verließ
Sulz gestern mittag in einem großen Militärzug, 54 Wagen, auf denen sich Ge-
5 heilte und Genesene aller möglichen Regimenter befanden, Garde, Brandenburger,
Schlesier, Sachsen, Hessen, auch ein Unteroffizier aus Rostock.
Die Fahrt war schön, die Abendfahrt von Savern („Ergeben der Gebieterin"),
an der jungfräulichen Pfalzburg vorbei bis Saarburg geradezu entzückend. Der Weg
führt durch die Vogesenberge hindurch; acht Tunnel werden passiert, und am
io Eingang und Ausgang jedes Tunnels lag eine Württembergische Feldwache, sitzend
oder hockend um mächtige Feuer herum, die mit dem Holz der umherstehenden Tannen
unterhalten wurden. Kostbare Salvator Rosas! Die Berge im engsten Zirkel alles
umrahmend, auf den Bergen alte Burgruinen und über den Ruinen der tiefblaue
Himmel mit seinen glitzernden Sternen. Diese Feldwachen haben den Zweck, die
i5 Bahn an dieser wichtigen und gefährlichen Stelle zu schützen.
Die Nacht über lag der Zug in Saarburg fest; wir biwakierten im Coupe, schliefen
bis vier Uhr, wo uns die Reveille weckte, nahmen dann Kaffee und Absinth in einem
Hotel siebenten Ranges und brachen um sechs Uhr aus. Der Weg ging über Lune-
ville, wo wir eine halbe Stunde hielten; jetzt liegen wir bei Blainville und warten
2o den Postzug ab, der uns in einer Stunde nach Nancy führen soll. Neben uns liegt
ein langer Zug bayrischer Artillerie, schweres Feldgeschütz (Zwölfpfünder), die von
Würzburg kommen und direkt bis Paris gehen. Ich habe mit den Bayern hier
Freundschaft geschlossen. Ich finde sie nett, gutmütig, einzelne sogar unterrichtet;
neben mir auf einem krümelbedeckten, etwas eingefetteten Tisch schreiben zwei Ar-
25 tilleristen Briefe in die Heimat, auf Papier, das ich ihnen samt englischen Kuverts
geschenkt habe. Das ließ sich Mr. Marington auch wohl nicht träumen, als er mir
die Kuverts kaufte.
Die ganze Reise, wenn es so fortgeht, ist im höchsten Maße lehrreich, interessant
und geradezu erhebend. Alles hat einen großartigen Charakter. Es ist eine orga-
gonisierte Völkerwanderung. Immer neue Massen überschwemmen das Land,
dessen Bevölkerung staunt und kopfschüttelt, aber in ihrem Dünkel, vielleicht selbst
in ihrer kindischen Hoffnung auf Sieg, ungebrochen ist. Es heißt jetzt, daß eine neu-
sormierte große Armee von Straßburg gegen Lyon vorrücke. Vielleicht ist es ein
Irrtum; bekanntlich weiß man auf dem Kriegsschauplätze selbst am wenigsten, was
35 geschieht.
Grüße alle Freunde, küsse die Kinder! Wie immer Dein
Th. F.
4. An seinen Sohn Theodor.
Berlin, d. 2. November 1889.
Mein lieber Theo.
Morgen ist Hubertustag. Hubertus jagte; da stand plötzlich die Jungfrau
Maria zwischen dem Geweih des Elf-Enders, und Hubertus kniete nieder und betete
1907 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Dageförde, Karl, Tecklenburg, August
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Hannover
- Geschlecht (WdK): Jungen
65. Vom 15.—29. Juni 1866 in Göttingen.
143
material und Pferdegeschirren! Ganze Berge liegen aufeinander getürmt; es fehlt an Pferden, sie fortzuschaffen. Die Pferde vor den Kanonen wollen nicht mehr stehen; sie müssen an einen andern Platz gefahren werden. Kranken-, Munitions-, Pulver-, Trainwagen, hin-und herlaufende Menschen — alles durcheinander! Man ist seines Lebens nicht sicher! Reihenweise liegen die Soldaten hart am Wege und schlafen. Wie groß muß die Ermüdung sein, um in solchem Tumulte schlafen zu sönnen! . . .
Donnerstag morgen. Um 5 Uhr luden sie Getreide auf hier an der Straße. Das Militär ist fort. . . . Der König ist fort. Es soll ein ergreifender Augenblick gewesen sein, als nach vielem Hin- und Herlausen von Offizieren endlich der König in Begleitung des Kronprinzen und einiger Adjutanten auf die Straße gekommen ist, um fortzuziehen. Tiefe Bewegung hat auf seinem
Gesichte gelegen. . . . Mit unsicherer Hand hat er nach seinem
Pferde gefühlt und ist aufgestiegen. Der Kronprinz ist ihm zur Seite gewesen, die übrigen Herren haben sich um ihn geschart, und sie sind hinausgeritten zum Geismartore auf dem Wege nach Heiligenstadt, der Armee auf dem Fuße folgend. Wortlos und niedergeschlagen ist alles vor sich gegangen; wortlos und niedergeschlagen haben die Zuschauer daneben gestanden.
728 Uhr. Die Artillerie und Infanterie, die im Norden stationiert war, zieht ein ohne Sang und Klang, bestaubt, bespritzt, wortlos. ... Da wird „Halt" geboten. Die Truppen lagern sich auf dem Trottoir, zu beiden Seiten der Straße entlang; drüben der Jakobikirchhof ist übersät. Die Geschütze, Pulver-, Trainwagen und alle möglichen Gespanne füllen den Fahrweg. . . .
Der Ausrufer: „In fünfviertel Stunden soll jeder Hauswirt gekochtes Essen für 10 Mann auf die Straße bringen ..."
3alo Uhr. Das Effert wurde auf die Straße gebracht und
verzehrt. Viele konnten vor Müdigkeit nicht essen, die letzten mußten halb zurücklassen, was ihnen gespendet war . . .
Kavallerie zieht durch ohne Sang und Klang. Eine unübersehbare Wagenmasse folgt. . . .
4 Uhr. Das Wogen in der Straße will kein Ende nehmen; jedes Gesicht trägt die Qual der Erwartung. Die Preußen werden stündlich erwartet. . . .
3/46 Uhr. Der Nachtrab der hannoverschen Armee, das Goslarsche Jägerbataillon, rückt ein. Es war bei Northeim zurückgeblieben, um die Eisenbahnschienen aufzunehmen. Nach kurzer Rast folgt es dem Heere. Die Stadt ist wie ausgestorben, der Kontrast gewaltig....
Freitag, 22. Juni. Fünf Minuten vor 11. Welch eine Bewegung! „Die Preußen! die Preußen!" Das ist das Zauberwort, welches die eben noch ausgestorbene Straße plötzlich mit Menschen übersät. Aus allen Häusern, aus allen Nebenstraßen stürzt die Be-
1908 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Paust, J. G., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Steinweller, F.
- Hrsg.: Nowack, Hugo
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
§ 38. Der Deutsche Krieg 1866.
85
Sadowa stehe. Schon am folgenden Tage sollte sie angegriffen werden.
In der Nacht ward dem Kronprinz der Befehl überbracht, so schnell als
möglich auf dem Kampfplatze zu erscheinen.
Die Österreicher hatten eine sehr günstige Stellung; sie waren durch
die Bistritz geschützt und hatten die Höhen, die ostwärts des Flüßchens liegen,
besetzt und auf jede mögliche Art befestigt. Am Morgen des 3. Juli
regnete es in Strömen. Prinz Friedrich Karl griff das Zentrum der Feinde
an, konnte aber trotz der größten Tapferkeit und Ausdauer feiner Soldaten
nur mit Mühe seine Stellung behaupten, an ein Vorrücken war nicht zu
denken, das Feuer von 600 feindlichen Kanonen hielt sie aus. Den schwersten
Stand hatte die Division Fransecky in einem Walde bei Sadowa. Sie
war 14 Bataillone stark und hatte sich gegen 42 feindliche zu wehren; aber
sie hielt stand nach dem Worte Franseckys: „Hier bleiben wir. hier sterben
wir!" Um Mittag stand die Schlacht; noch war der Kronprinz nicht her-
angerückt. Wie einst Wellington nach Blücher, so schauten der König und
feine Generale nach Nordost, nach dem Heere des Kronprinzen aus. Dieser
war frühzeitig aufgebrochen; aber die vom Regen aufgeweichten Wege hatten
ihn aufgehalten. — Endlich, gegen zwei Uhr, erhielt der König die Freuden-
botschaft, daß des Kronprinzen Heer da sei und schon den rechten Flügel
der Feinde angegriffen habe. Nun war Benedeks Geschick entschieden. Die
preußische Garde stürmte und behauptete das Dorf Chlum, den Schlüssel
der feindlichen Stellung. Die Truppen des Prinzen Friedrich Karl gingen
siegreich zum Angriff über, und die Österreicher ergriffen die Flucht. König
Wilhelm hatte sich mutig der größten Gefahr ausgesetzt und dem Grafen
Bismarck, der ihn bat, sich zu schonen, geantwortet: „Wo soll ich hinreiten,
wenn meine Soldaten im Feuer stehen?" Er stellte sich selbst an die Spitze
seiner Reiterei, um den Feind zu verfolgen. Tausende wurden gefangen
genommen, 174 Kanonen und 11 Fahnen fielen in die Hände der Preußen.—
Gegen Abend traf der König mit seinem Sohne auf dem Schlachtfelde zu-
sammen. Er umarmte ihn unter Freudentränen und hing ihm eigenhändig
den hohen Orden pour le ruerits um.
Mit dieser gewaltigen Schlacht war der Krieg entschieden. Ohne nennens-
werten Widerstand zu finden, drangen die Preußen bis in die Nähe von Wien
und Preßburg vor, und nun kam es zunächst zu einem Waffenstillstände.
3. Im Westen waren Preußens Waffen auch siegreich gewesen. Der
König von Hannover zog im Juni mit seiner Armee nach Thüringen, um
sich mit den Bayern zu vereinigen. Da stellte sich ihm ein schwaches preu-
ßisches Heer entgegen, das er bei Langensalza zurückschlug. Aber schon
zwei Tage später war er von den Preußen rings umstellt, so daß er mit
seinem Heere die Waffen strecken mußte. In den ersten Julitagen wurden
die süddeutschen Feinde Preußens in einer Reihe von Gefechten, bei Kis-
singen und Aschaffenburg u. a. von dem preußischen General Vogel von
Falckenstein geschlagen und über den Main zurückgejagt. Frankfurt a. M.
wurde von den Preußen besetzt, bald auch Darmstadt, Würzburg und Nürn-
berg. Nun baten auch die süddeutschen Fürsten um Waffenruhe.
1899 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Auflagennummer (WdK): 7
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
§ 38. Der Deutsche Krieg 1866.
85
Sadowa stehe. Schon am folgenden Tage sollte sie angegriffen werden.
In der Nacht ward dem Kronprinz der Befehl überbracht, so schnell als
möglich auf dem Kampfplatze zu erscheinen.
Die Österreicher hatten eine sehr günstige Stellung; sie waren durch
die Bistritz geschützt und hatten die Höhen, die ostwärts des Flüßchens liegen,
besetzt und auf je-de mögliche Art befestigt. Am Morgen des 3. Juli
regnete es in Strömen. Prinz Friedrich Karl griff das Centrum der Feinde
an, aber konnte trotz der größten Tapferkeit und Ausdauer seiner Soldaten
nur mit Mühe seine Stellung behaupten, an ein Vorrücken war nicht zu
denken, das Feuer von 600 feindlichen Kanonen hielt sie auf. Den schwersten
Stand hatte die Division Fransecky in einem Walde bei Sadowa. Sie
war 14 Bataillone stark und hatte sich gegen 42 feindliche zu wehren; aber
sie hielt stand nach dem Worte Franseckys: „Hier bleiben wir. hier sterben
wir!" Um Mittag stand die Schlacht; noch war der Kronprinz nicht her-
angerückt. Wie einst Wellington nach Blücher, so schauten der König und
seine Generale nach Nordost, nach dem Heere des Kronprinzen aus. Dieser
war frühzeitig aufgebrochen; aber die vom Regen aufgeweichten Wege hatten
ihn aufgehalten. — Endlich, gegen zwei Uhr, erhielt der König die Freuden-
botschaft, daß des Kronprinzen Heer da sei und schon den rechten Flügel
der Feinde angegriffen habe. Nun war Benedeks Geschick entschieden. Die
preußische Garde stürmte und behauptete das Dorf Chlum, den Schlüssel
der feindlichen Stellung. Die Truppen des Prinzen Friedrich Karl gingen
siegreich zum Angriff über, und die Österreicher ergriffen die Flucht. König
Wilhelm hatte sich mutig der größten Gefahr ausgesetzt und dem Grafen
Bismarck, der ihn bat, sich zu schonen, geantwortet: „Wo soll ich hinreiten,
wenn meine Soldaten im Feuer stehen?" Er stellte sich selbst an die Spitze
seiner Reiterei, um den Feind zu verfolgen. Tausende wurden gefangen
genommen, 174 Kanonen und 11 Fahnen fielen in die Hände der Preußen.—
Gegen Abend traf der König mit seinem Sohne auf dem Schlachtfelde zu-
sammen. Er umarmte ihn unter Freudenthrünen und hing ihm eigenhändig
den hohen Orden pour le mérite um.
Mit dieser gewaltigen Schlacht war der Krieg entschieden. Ohne nennens-
werten Widerstand zu finden, drangen die Preußen bis in die Nähe von Wien
und Preßburg vor, und nun kam es zunächst zu einem Waffenstillstände.
3. Im Westen waren Preußens Waffen auch siegreich gewesen. Der
König von Hannover zog im Juni mit seiner Armee nach Thüringen, um
sich mit den Bayern zu vereinigen. Da stellte sich ihm ein schwaches preu-
ßisches Heer entgegen, das er bei Langensalza zurückschlug. Aber schon
zwei Tage später war er von den Preußen rings umstellt, so daß er mit
seinem Heere die Waffen strecken mußte. In den ersten Julitagen wurden
die süddeutschen Feinde Preußens in einer Reihe von Gefechten, bei Kis-
singen und Aschaffenburg u. a. von dem preußischen General Vogel von
Falckenstein geschlagen und über den Main zurückgejagt. Frankfurt a. M.
wurde von den Preußen besetzt, bald auch Darmstadt, Würzburg und Nürn-
berg. Nun baten auch die süddeutschen Fürsten um Waffenruhe.
1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
84
§ 38. Der Deutsche Krieg 1866.
Die Österreicher hatten eine sehr günstige Stellung; sie waren durch
die Bistritz geschützt und hatten die Höhen, die ostwärts des Flüßchens liegen,
besetzt und aus jede mögliche Art befestigt. Am Morgen des 3. Juli
regnete es in Strömen. Prinz Friedrich Karl griff das Zentrum der Feinde
an, konnte aber trotz der größten Tapferkeit und Ausdauer seiner Soldaten
nur mit Mühe seine Stellung behaupten, an ein Vorrücken war nicht zu
denken, das Feuer von 600 feindlichen Kanonen hielt sie auf. Den schwersten
^Ltand hatte die Division Fransecky in einem Walde bei Sadowa. Sie
war 14 Bataillone stark und hatte sich gegen 42 feindliche zu wehren; aber
sie hielt stand nach dem Worte Franseckys: „Hier bleiben wir, hier sterben
wir!" Um Mittag stand die Schlacht; noch war der Kronprinz nicht her-
angerückt. Wie einst Wellington nach Blücher, so schauten der König und
seine Generale nach Nordost, nach dem Heere des Kronprinzen aus. Dieser
war frühzeitig ausgebrochen; aber die vom Regen aufgeweichten Wege hatten
ihn aufgehalten. — Endlich, gegen zwei Uhr, erhielt der König die Freuden-
botschaft, daß des Kronprinzen Heer da sei und schon den rechten Flügel
der Feinde angegriffen habe. Nun war Benedeks Geschick entschieden. Die
preußische Garde stürmte und behauptete das Dorf Chlum, den Schlüssel
der feindlichen Stellung. Die Truppen des Prinzen Friedrich Karl gingen
siegreich zum Angriff über, und die Österreicher ergriffen die Flucht. König
Wilhelm hatte sich mutig der größten Gefahr ausgesetzt und dem Grafen
Bismarck, der ihn bat, sich zu schonen, geantwortet: „Wo soll ich hinreiten,
wenn meine Soldaten im Feuer stehen?" Er stellte sich selbst an die Spitze
seiner Reiterei, um den Feind zu verfolgen. Tausende wurden gefangen
genommen, 174 Kanonen und 11 Fahnen fielen in die Hände der Preußen.—
Gegen Abend traf der König mit seinem Sohne auf dem Schlachtfelde zu-
sammen. Er umarmte ihn unter Freudentrünen und hing ihm eigenhändig
den hohen Orden xour Is mérite um.
Mit dieser gewaltigen Schlacht war der Krieg entschieden. Ohne
nennenswerten Widerstand zu finden, drangen die Preußen bis in die
Nähe von Wien und Preßburg vor, und nun kam es zunächst zu einem
Waffenstillstände.
3. Im Westen waren Preußens Waffen auch siegreich gewesen. Der
König von Hannover zog im Juni mit seiner Armee nach Thüringen, um
sich mit den Bayern zu vereinigen. Da stellte sich ihm ein schwaches preu-
ßisches Heer entgegen, das er bei Langensalza zurückschlug. Aber schon
zwei Tage später war er von den Preußen rings umstellt, so daß er mit
seinem Heere die Waffen strecken mußte. In den ersten Julitagen wurden
die süddeutschen Feinde Preußens in einer Reihe von Gefechten, bei Kis-
singen und Aschaffenburg u. a. von dem preußischen General Vogel von
Falckenstein geschlagen und über den Main zurückgejagt. Frankfurt a. M.
lourde von den Preußen besetzt, bald auch Darmstadt, Würzburg und Nürn-
berg. Nun baten auch die süddeutschen Fürsten um Waffenruhe.
4. Ihr folgte der Friede zu Prag. Österreich schied aus Deutsch-
land aus, verzichtete auf seine Ansprüche ans Schleswig-Holstein und zahlte
1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Nowack, Hugo
- Hrsg.: Steinweller, F., Sieber, Hermann, Paust, J. G., Rohn, R. A.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
84
§ 38. Der Deutsche Krieg 1866.
Die Österreicher hatten eine sehr günstige Stellung; sie waren durch
die Bistritz geschützt und hatten die Höhen, die ostwärts des Flüßchens liegen,
besetzt und auf jede mögliche Art befestigt. Am Morgen des 3. Juli
regnete es in Strömen. Prinz Friedrich Karl griff das Zentrum der Feinde
an, konnte aber trotz der größten Tapferkeit und Ausdauer seiner Soldaten
nur mit Mühe seine Stellung behaupten, an ein Vorrücken war nicht zu
denken, das Feuer von 600 feindlichen Kanonen hielt sie auf. Den schwersten
Dtand hatte die Division Fransecky in einem Walde bei Sadowa. Sie
war 14 Bataillone stark und hatte sich gegen 42 feindliche zu wehren; aber
sie hielt stand nach dem Worte Franseckys: „Hier bleiben wir, hier sterben
wir!" Um Mittag stand die Schlacht; noch war der Kronprinz nicht her-
angerückt. Wie einst Wellington nach Blücher, so schauten der König und
seine Generale nach Nordost, nach dem Heere des Kronprinzen aus. Dieser
war frühzeitig aufgebrochen; aber die vom Regen aufgeweichten Wege hatten
ihn aufgehalten. — Endlich, gegen zwei Uhr, erhielt der König die Freuden-
botschaft, daß des Kronprinzen Heer da sei und schon den rechten Flügel
der Feinde angegriffen habe. Nun war Benedeks Geschick entschieden. Die
preußische Garde stürmte und behauptete das Dorf Chlum, den Schlüssel
der feindlichen Stellung. Die Truppen des Prinzen Friedrich Karl gingen
siegreich zum Angriff über, und die Österreicher ergriffen die Flucht. König
Wilhelm hatte sich mutig der größten Gefahr ausgesetzt und dem Grafen
Bismarck, der ihn bat, sich zu schonen, geantwortet: „Wo soll ich hinreiten,
wenn meine Soldaten im Feuer stehen?" Er stellte sich selbst an die Spitze
seiner Reiterei, um den Feind zu verfolgen. Tausende wurden gefangen
genommen, 174 Kanonen und 11 Fahnen fielen in die Hände der Preußen.—
Gegen Abend traf der König mit feinem Sohne auf dem Schlachtfelde zu-
sammen. Er umarmte ihn unter Freudentränen und hing ihm eigenhändig
den hohen Orden pour le merite um.
Mit dieser gewaltigen Schlacht war der Krieg entschieden. Ohne
nennenswerten Widerstand zu finden, drangen die Preußen bis in die
Nähe von Wien und Preßburg vor, und nun kam es zunächst zu einem
Waffenstillstände.
3. Im Westen waren Preußens Waffen auch siegreich gewesen. Der
König von Hannover zog im Juni mit seiner Armee nach Thüringen, um
sich mit den Bayern zu vereinigen. Da stellte sich ihm ein schwaches preu-
ßisches Heer entgegen, das er bei Langensalza zurückschlug. Aber schon
zwei Tage später war er von den Preußen rings umstellt, so daß er mit
seinem Heere die Waffen strecken mußte. In den ersten Julitagen wurden
die süddeutschen Feinde Preußens in einer Reihe von Gefechten, bei Kis-
singen und Aschaffenburg u. a. von dem preußischen General Vogel von
Falckenstein geschlagen und über den Main zurückgejagt. Frankfurt a. M.
wurde von den Preußen besetzt, bald auch Darmstadt, Würzburg und Nürn-
berg. Nun baten auch die süddeutschen Fürsten um Waffenruhe.
4. Ihr folgte der Friede zu Prag. Österreich schied aus Deutsch-
land aus, verzichtete auf seine Ansprüche auf Schleswig-Holstein und zahlte