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1. Freiburger Lesebuch - S. 74

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 74 — Denn von hier bis zur Spitze ist der ganze Turm hohl; nicht einmal eiserne Zugstangen verbinden die sich gegenüberliegenden Fensterpseiler mit einander. Wir schauen frei in die sich allmählich verengende Höhlung der Pyramide hinein, ein Anblick von äußerster Kühnheit, annähernd wie bei der Peterskuppel in Rom in ihrer freien, weiten Spannung, fast beklemmend waghalsig und doch zum Jauchzen schön. Man sollte öfter dort hinaufsteigen, um sich dieses erhabenen Anblicks zu erfreuen. Nirgends kommt so wie dort oben die feinberechnete Regelmäßigkeit des Turmaufbaues uus zum Bewußtsein. Mit Genuß verfolgt das Auge die einzelnen Rippen der Pyramide bis hinauf zur einigenden Spitze, oder es erquickt sich an den schönen Füuuugeu, die zwischen den Helmrippen eingespannt sind, in jeder Reihe anders gezeichnet. Wie ein Gezelt aus feinsten Spitzen hebt sich der so durchbrochene Helm in die Lüfte, von des Himmels Luft und Duft durchweht, von des Himmels Bläue erfüllt, von den Vögeln des Himmels frei dnrchstattert wie irgend eine der Edeltannen im nahen Gebirge. Alle Schwere des Steins ist überwunden, das luftige Gebilde fpielt gleichsam mit dem Äther. Das wichtigste wohl bei einem Werke der Baukunst ist ein glückliches, gefälliges Verhältnis seiner Teile. Der gotische Stil im besonderen hat darauf von Anfang an ein Hauptgewicht gelegt; die gotischen Meister hielten große Stücke von Zirkel und Maßstab, waren groß in der feinsten Berechnuug. Nicht alle Beschauer kommen zum Bewußtsein der vom Baumeister erstrebten mathematischen Vollkommenheit: aber klare, einfache Maßverhältnisse erfüllen jeden mit eigentümlichem Behagen, auch wenn er den Grnnd seines Gefühls nicht zu ermitteln vermag. Wie klar und -einfach sind die Teile und Verhältnisse bei unserm Münsterturm! Vom Boden bis zur Galerie über dem Zifferblatt reicht das unterste Drittel, das zweite bis zum Beginn der Pyramide, das dritte bildet die Pyramide selbst. Der oberste, unserm Auge fernste Absatz ist mit Recht ein wenig höher gehalten als die beiden anderen. So haben wir die Empfindung, als ob die Teile gar nicht anders sein könnten, als sie in Wirklichkeit sind. Und solche Selbstverständlichkeit ist bekanntlich das sicherste Kennzeichen wirklich vollendeter Kunstwerke. Ganz besondere Schwierigkeiten bereitete bei Turmbauten jederzeit die richtige Verjüngung. Die Ausgabe besteht wie hier meistens darin, aus der gewöhnlich quadratischen Form des Unterbaues allmählich, unmöglich und doch sicher hinaufzuleiten zur feinen Nadel des in eine Spitze zusammenlaufenden Helmes. Der Turm der christlichen Kirche zeigt in den meisten Fällen folgende Anordnung: auf dem quadratischen Sockel folgt meist ein Achteck; ans dem Achteck erhebt sich, wo er überhaupt zur Ausführung kam, der Helm, teils kegelförmig rund, teils wie hier mit acht Dreieckseiten zur Spitze sich zusammenneigend. Nichts scheint natürlicher als das, nichts liegt näher als ein solcher Übergang vom Viereck durch das Achteck zur Spitze — und doch wie

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1. Geschichte des Mittelalters - S. 13

1913 - Münster in Westf. : Aschendorff
Der gotische Kirchenbau. Verbreitung der Gotik. 13 Kreuzblume, Kölner Dom. Kriechblume Krabbe. . (Fensterrose) mit reichem Maßwerk. Darüber baut sich hoch emporstrebend die Turmanlage (ein oder zwei Türme) auf. Die unteren, von mächtigen Strebepfeilern gestützten drei Stockwerke sind meist viereckig, während die oberen in ein Achteck übergehen, darüber erhebt sich der durchbrochene Helm, der aus krabbenbesetzten Rippen und leichtem Maßwerk besteht und in der Kreuzblume endet. Der dicke Turm über der Vierung fällt ganz fort oder wird durch einen schlanken Dachreiter ersetzt. § Y. Verbreitung der Gotik, a) Frühgotik. Die gotische Bauweise wurde zuerst ausgebildet im nördlichen Frankreich (Notre Dame in Paris, Kathedralen von Reims und Amiens), von da gelangte sie nach England (Kathedrale von Lanterbury, Westminster in London), den Niederlanden (Kathedrale von Antwerpen, St. (Budula in Brüssel) und Deutschland. Die Frühgotik Hat meist noch gleichseitige oder gedrückte Spitzbogen, massige oder wenig gegliederte Rundpfeiler, einfaches Maßwerk in den Fenstern, schmucklose Strebepfeiler und -bogen. Hierher gehören der Thor des Domes von Magdeburg (1208 begonnen), die Liebfrauenkirche zu Trier (1227-1243), deren Grundriß ein griechisches Kreuz ist mit Kapellen zwischen den Kreuzbalken, und die Elisabethkirche zu Marburg (1283 vollendet), das erste Beispiel einer Hallenkirche; die in einfachen, strengen Formen gehaltene Fassade mit zwei Türmen ist ein Muster für viele spätere geworden. b) Bochgotik. Im 13. und 14. Jahrhundert erlangte die Gotik ihre höchste Vollendung. Die Wand zwischen den Pfeilern löst sich völlig in Fenster auf, das reich gegliederte Maßwerk zeigt zackige und kantige Formen. Die Gewölberippen und Gurte werden fein gegliedert und alle diese Gliederungen werden durch Dienste in den Pfeilern bis zur Basis Hinab durchgeführt. Der (Thor wird weiter hinausgeschoben, die inneren Seitenschiffe werden als Umgang benutzt, die äußeren zu einem Kranz von Kapellen umgestaltet. So bildet die Chorwand nicht wie die Apsis einen festen Abschluß des Innenraumes. Nach allen Seiten hin, auch nach oben, da die Gewölbe immer höher geführt werden, dringt das Auge in weite Fernen. Auch im Äußern tritt das Bestreben scharf hervor, die Horizontallinie zu beseitigen. Während die Frühgotik noch jedes Stockwerk vom andern durch Horizontallinien trennte, herrscht jetzt die Vertikallinie vor. Die horizontalen Linien teerten durch Wimperge möglichst verdeckt. Die Türme werden höher, sie verjüngen sich nach oben, die abgetrennten Teile lösen sich in Fialen auf, die Spitze krönt ein durchbrochener Turmhelm, der hoch zum Himmel emporweist. An der Fassade des Straßburger Münsters, dessen Thor und Querhaus noch romanisch Gotisches Maßwerk (Wiesenkirche zu Soest). Fischblasen-Matzwerk (Wiesenkirche zu Soest).

2. Geschichte des Mittelalters - S. 302

1888 - Wiesbaden : Kunze
302 Vierte Periode des Mittelalters. artig Strebebogen zu den Strebepfeilern der Umfassungsmauern. Die nach außen sich erweiternden Seitenmauern der Portale sind mit Säulchen oder Stäbchen, die sich ohne Unterbrechung herumziehen, besetzt. Der Eingang ist mit einem flachen Kleeblattbogen gedeckt, der meistens ein Relief trägt. Die Dächer sind hoch und steil; das Wasser aus den Dachrinnen wird durch Wasserspeier in Gestalt von (häufig phantastischen) Tieren weit von den Mauern weggeschleudert. Gewöhnlich stehen zwei Türme an der Westseite, seltener einer über der Fassade. In der Regel von viereckiger Grundform, steigen sie in mehreren Absätzen aus, gehen oben ins Achteck über, dessen Seiten in Giebel auslausen, und sind von einer achtseitigen, oft mit Maßwerk durchbrochenen Pyramide, dem Helm, bekrönt, dessen Spitze eine Kreuzblume bildet, die aus vier, ins Kreuz gestellten Krappen (dem Kohlblatt ähnlichen gezackten Blättern) besteht, über welchen sich eine geschlossene Knospe erhebt. Durch Giebel aus den Strebepfeilern und über den Fenstern, sowie durch Fialen, welche als Schluß aller freien, senkrechten Teile dienen, wird am Äußern die aufstrebende Bewegung des Ganzen vermehrt. Die Spitze der Giebel und die Pyramide der Fialen krönen ebenfalls Kreuzblumen. Krappen zieren auch die Giebelschenkel und die Kanten der Fialen; Bildsäulen mit Baldachinen stehen an den Pfeilern des Innern, sowie an den Strebepfeilern und an den Portalen, bei welchen die Kapitäle der Säulchen als Postamente der Figuren dienen. Bei reichen Anlagen der Portale sind die Hohlkehlen auch im Bogen mit Bildsäulen besetzt. Die übrigen Ornamente sind mannigfache geometrische Figuren (Maß- oder Stabwerk) oder der Pflanzenwelt entnommene Verzierungen (Distel, Epheu, Wein, Rose, Eichblatt). Namentlich das Bogenfeld der großen und hohen fpitzbogigen Fenster, welche durch gegliederte Stäbe mehrfach abgeteilt werden, ist mit Maßwerk ausgefüllt. Das Maßwerk der Rundfenster, die Ende des 13. und 14. Jahrhunderts öfters an der Fassade (nicht selten über dem Hauptportale), zuweilen auch im Chor angebracht wurden, bildet ein Rad oder eine Rosette. Die Glasmalerei schmückte die Fenster mit leuchtender Pracht. Die Elisabethkirche zu Marburg ist die älteste vollendete gotische Kirche; der Grundstein dazu wurde 1245 gelegt und der ganze Bau 1283 vollendet. Der Straßburger Münster, welchen Erwin von Steinbach , der Erbauer des gotischen Münsters von Freiburg im Breisgau, 1277 zu bauen begann und Meister Johann Hiltzen von Köln 1365 bis auf einen Turm vollendete, ferner der Dom zu Köln, der 1248

3. Freiburger Lesebuch - S. 75

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 75 — selten ist er befriedigend ausgefallen! Unser Auge wünscht nämlich, das; die Übergänge vom Viereck zum Achteck, zum Helm nicht schroff und plump in die Erscheinung treten, weil sonst die Einheit des Aufbaus gesprengt wird. Nein, ganz unmerklich soll übergeleitet werden; die Fugen sollen sich nicht aufdrängen, wir wollen an die Schwierigkeiten der Ausführung nicht fortwährend erinnert sein. Wenn nun in irgend einer Hinsicht, so ist in dieser unser Turm eine geradezu klassische Leistung. Etwas oberhalb der Stelle, wo das Achteck aus dem Viereck sich entwickelt, läuft um den Turm die mehr-erwähnte Galerie, die sogenannte Achtecksgalerie. Sie führt nicht einfach um die Seiten des Achtecks, sondern springt über den Ecken des Vierecks in dreieckigen Ausladungen vor. Auf diesen Ausladungen erheben sich nun auf dreieckigem Grundriß prismatische Baukörper, vou Baldachinen mit Statuen bekrönt und in spitze Türmchen, sogenannte Fialen, eudeud. Was wollen diese prismatischen Fialenträger? Sie setzen scheinbar das Viereck des Unterbaus in den Achteckbau hinein fort; sie verstellen von den acht Seiten oben die Hälfte, so daß nur vier von den Achtecksfenstern in ihrer gewaltigen Höhe sich dem Auge darbieten. Klingt solchergestalt das Viereck im Achteck noch weiter, so finden wir andererseits das Achteck im Viereck unten durch mancherlei Ansätze schon vorbereitet. Man beachte nur die Strebepfeiler, die sich paarweise an jedes Eck des Vierecks anlehnen. Durch diese vorspringenden Streben und die Eckvorsprünge zwischen ihnen erhält der viereckige Sockelbau so reich gegliederte Umrisse, daß der Übergang zum Achteck nicht weiter ausfallend wirkt. Man darf also behaupten, daß das Achteck im Viereck schon vorbereitet ist, wie andererseits das Viereckige des Unterbaus im Achteck oben noch ziemlich weit hinauf weiterklingt. Auch die steilen Fialen auf der Höhe der Strebepfeiler, die ziemlich weit in den Achtecksbau hinaufreichen, helfen die Übergangsstelle maskieren. So ist es geradezu interessant zu verfolgen, wie künstlich Unterbau und Mittelstück ineinander verzahnt sind. Einfacher vollzieht sich der Übergang vom Achteck zur starken Verjüngung des Helmes. Dieser Übergang war ja schon an und für sich viel weniger auffallend und hart als jener untere. Wie die Zacken einer köstlichen Krone ragen über den acht Riesenfenstern des Achtecks zierliche sogenannte Wimpergen empor, getrennt an den Ecken des Achtecks durch noch höher strebende Fialen von ungewöhnlich kräftiger Bildung. Und inmitten dieser Zackenkrone, von ihr gedeckt, beginnen die Rippen des Helmes ihre andere, stark nach innen geneigte Richtung einzuschlagen. Was soll man sagen vom Ausbau dieses Helmes? Man vergleiche die Turmhelme anderer Dome, des Kölner, des Regensburger Domes, der Stephanskirche in Wien, und stelle daneben den nnsrigen! Nicht zu steil und nicht zu schräge, nicht zu massig und doch auch nicht zu körperlos baut er sich auf, kurz, wieder einmal so, als könnte es anders garnicht sein.

4. Teil 1 - S. 441

1882 - Leipzig : Brandstetter
Der gotische Stil in Deutschland. 441 aber gehen, gewöhnlich mit dem dritten oder vierten Stockwerk, ins Achteck über und schließen mit einer steilen durchbrochenen und mit Maßwerk ausgesetzten achtkantigen Spitze (Helm). Große Fenster, mit Wimpergen überdacht, Fialen und Baldachine lösen das Maßwerk auch am Turme auf. Die Krönung bildet eine Kreuzblume, aus vier ins Kreuz gestellten Blättern bestehend, aus deren Kelch häufig eine zweite oder auch dritte Blume emporwächst. So unübertroffen großartig der gotische Kirchenbau in Beziehung auf die Technik sowohl als auf die einheitliche Durchführung eines genialen Gedankens dasteht, so offen liegen seine Schwächen zu Tage. Zwar hat die Tüchtigkeit- der Meister und der opferbereite Sinn der Erbauer bei aller Künstlichkeit des Systems dafür zu sorgen verstanden, daß ihre Werke insgemein länger dauerten, als man hätte erwarten können, so daß sie in ihrer Mehrzahl noch heut vor Augen stehen; allein das Übergewicht der vertikalen Richtung, wodurch das Gleichgewicht der Teile, die künstlerische Einheit derselben Abbruch erleidet, die verwirrende Zerklüftung des Außenwerkes gerade an den vollendetsten Bauten, die Zerstörbarkeit desselben, insofern die zahlreichen kleinen Ausläufer den Witterungsverhältnissen nur allzustark ausgesetzt sind, die Spielerei des Turmhelmes, welcher an sich kein Dach abgiebt, sondern ein zweites inneres an seiner Basis verlangt, dies und anderes steht im Wege, der „Wunderblume" des gotischen Domes absoluten Kunstwert zuzusprechen. Die Dauer des gotischen Stiles ist in verschiedenen Ländern verschieden, und ebenso lassen sich für die Untereinteilungen dieser Periode keine Grenzen festsetzen: Die Frühgotik mit ihren noch einfachen, strengen, zum Teil die Verwandtschaft mit dem romanischen Stil verratenden Formen; die Periode des schöngotischen Stiles, in welchem der normale, gleichseitige Spitzbogen vorherrscht, die tragenden Glieder gestreckter und reich profiliert, die emporragenden Teile mit Ziergliedern ausgestattet werden und zwar gegen die Höhe hin immer reicher; und endlich die Spätgotik, welche in allem, in der Schlankheit und Gestrecktheit, dem Zerteilen, Verästeln, Verschnörkeln rc., übertreibt, bis sich endlich Renaissanceformen einmischen. In Deutschland bestand während der Periode des gotischen Stils die größte Bauthätigkeit. Die ältesten gotischen Kirchen werden im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts begonnen, im letzten Drittel desselben hat bereits der schöne Stil die Herrschaft, welche im Süden und Westen Deutschlands bis zur Mitte des 14. währt, um welche Zeit im Nordosten erst die gotische Bauweise auftritt und durch das Material, Backstein, in strengeren Grenzen erhalten wird; insbesondere fehlt hier die krause Steinornamentik, wogegen Flächenverzierung durch verschiedenfarbige Ziegel an Fanden und Fußböden zur Anwendung kommt. Nicht selten sind Kirchen, welche romanisch angelegt und gotisch zu Ende geführt sind, oder solche, an welchen sich alle Wandlungen des gotischen Stiles verfolgen lassen. Sachsen hat das erste gotische Bauwerk in dem 1207—1363 erbauten

5. Die Hauptereignisse der römischen Kaiserzeit, Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges - S. 17

1911 - Breslau : Hirt
Fassadenbau. Paris, Köln. 17 33. Der Dom zu Köln, gegründet 1248, vollendet 1842—1880. Äer Dom zu Köln, von Meister Gerhard entworfen und in seinen alten Teilen erbaut von 1248 — 1322, ist im Thor fast ein genaues Abbild der Kathedrale von Amiens; diese war auch Vorbild für Querschiff und Langhaus. So ist es namentlich die Fassade, welche dem Kölner Dom im Sinne deutscher Kunst selbständigen Wert verleiht. Der dem gotischen Stil innewohnenden Triebkraft gemäß ist hier die Herrschaft der Horizontale völlig gebrochen. Ein unablässiges Auswärtsstreben sämtlicher Linien zieht das Auge nach oben, bis es in den gewaltigen Kreuzblumen der kunstvoll durchbrochenen Turmhelme einen Ruhepunkt findet. Die Fünffensterfront entspricht den fünf Schiffen des Innern; der Giebel des Mittelschiffes kommt zwischen den obeliskenartig aufsteigenden Türmen einigermaßen ins Gedränge. Diese gehen im zweiten Obergeschoß aus dem quadratischen Grundriß in das Achteck, vom Jwei-fenstersystem in das Einfenstersystem über; die aufsprießenden Ecktürme sind zugleich Treppentürme. Die Fülle und Pracht der Zierformen, welche über den ganzen Bau ausgegossen ist, ordnet sich den konstruktiven Linien völlig unter und mildert zugleich die monumentale Wucht dieses majestätischen, einzig in der Welt dastehenden Denkmals der Hochgotik. V. 2

6. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 170

1888 - Habelschwerdt : Franke
170 aus den Basiliken der byzantinische Stil aus, nur eine besondere Form des Basilikenbaues. Die Grundform war ein Achteck oder ein Quadrat. Über der Mitte erhob sich eine Kuppel, an die sich Halbkuppeln anlegten (Sophieeu-kirche tu Konstantinopel). b) Der romanische Stil, vom 10. bis 12. Jahrhundert. Die Eigentümlichkeiten desselben sind: Das Chor (Presbyterium) lag höher, als der Boden des Schiffes, statt der flachen Decke ward das Gewölbe (zuerst Tonnen-, dann Kreuzgewölbe) angewandt; die Säulen wurden durch Pfeiler ersetzt; außen waren Portale angebracht; der ganze Bau erhielt Türme mit Sattel- oder Kreuzdach. c) Der Übergangsstil, in der 2. Halste des 12. Jahr-huuderts. Die Rundbogen der Sänlengänge wurden durch Spitzbogen (gotische Bogen), welche die Kreuzfahrer bei den maurischen Bauten kennen gelernt hatten, ersetzt. Die Fenster wurden in Gruppen angebracht; eigentümlich warm die Rundfenster und die großen Radfenster über den Westportalen. ä) Der gotische (germanische) Baustil. Das erste Merkmal desselben sind die spitzbogig zulaufenden Gewölbe mit Gurtbögen und Diagonalrippen. Da diese den festen Kern des Gewölbes bilden, so kommt letzteres nicht mehr als Masse in Betracht, sondern nur die Struktur seiner Gurte. In diese löst sich gleichsam die aufsteigende Form der Pfeiler auf, und umgekehrt wirkt der Gewölbedruck auf sie zurück. Um diesem Drucke zu begegnen, sind außen Strebepfeiler angebracht, welche, nach oben sich verjüngend und mit Fialen geschmückt, dein Ganzen ein schlankes Aussehen geben. Bei der großen Bedeutung der Pfeiler kouutm die Umfassungsmauern mit großen Fenstern durchbrochen werden, die mit reich gegliedertem Stabwerk und einem Wimpergaufsatz geschmückt sind. Die Helle der Kirche wurde durch buute Glasgemälde gedämpft. Am Eingangs-Portal erheben sich zwei Türme, welche, von Geschoß zu Geschoß sich verjüngend, indem die Pfeiler sich allmählich ablösen und in Fialen auslaufeu, in schlanker, Pyramiden-

7. Theil 2 - S. 320

1875 - Leipzig : Brandstetter
320 Geschlechter hindurch verfolgen. Der künstlerische Charakter der uralten Hieroglyphen ist in fester, gesunder Derbheit und Wahrheit sehr eigen- thümlich ausgesprochen, und sehr bald sowohl von der Blüchezeit der Thutmosis und Sesostriden, als von der Eleganz der Psammetiche zu un- terscheiden. Aus ersterer finden sich hier nur einzelne verlorene Spuren; die große Sphinx, deren Jnschrifttasel wir zum ersten Mal genau haben, ist bekanntlich von einem Thutmosis; aus der Zeit der Psammetiche aber, ungefähr 700 Jahre vor Christus, hat sich eine ganze Gräbergruppe zwischen die vielleicht schon damals sehr zerstörten Bauten der urältesten Zeit eingenistet. Aber keine Karte, keine Worte, keine Bilder können Ihnen den Ein- druck dieser Stätte der Herrschaft des Todes geben. Mit den Pyramiden geht es wie mit dem Colosseum von Rom, das Auge oder die Seele kann den Eindruck ihrer Größe nicht sesthalten, und man wundert sich immer von Neuem darüber, wenn man den Blick wieder daraus richtet. Die ungeheure riesenhafte Masse ist in die einfachsten geometrischen Formen eingegrenzt; sie wirkt ganz als Masse und ist doch auch durch die Form vollkommen beherrscht, darum erdrückt sie nicht mehr; der Geist hat ihr schon sein Siegel ausgeprägt. Interessant ist es mir, bei diesem Anblick unserer germanischen Baukunst zu gedenken, deren vollkommenstes Meister- werk, den Kölner Dom, ich noch vor Kurzem in all seiner Pracht gesehen, und dessen Eindruck mir daher so lebendig vor Augen steht. Da hat der Geist sich in einen Kampf mit der Masse eingelassen und hat sie über- wunden — ähnlich wie sie im Organismus überwunden ist durch das Le- bensprincip, und zuletzt mit freiem heitern Spiel der Willkür über der ursprünglichen Gesetzmäßigkeit schwebend, entfaltet sich dort jene Linie in immer neue Blüthen und Glieder; die einfache, zu Grunde liegende ma- thematische Linie ist wie durch einen reichen Schleier verhüllt, wie mit den freien schwellenden Formen des Lebens umkleidet. Hier dagegen kommt Alles darauf an, daß die einfache mathematische Linie in der Masse selbst sich ganz und klar dem Auge entgegenstelle und sich der Seele un- gestört in ihrer herrschenden Gesetzmäßigkeit aufdränge. Sie bringt da- durch einen Ungeheuern, aber erhebenden Eindruck hervor. Die zweite Pyramide, die Chephren (Schafra der Hieroglyphen) erbaute, liegt etwas höher als die größte; auch ist an der Spitze ein Stück der Bekleidung erhalten, welches sie jetzt über die größere hervorragend macht. Dieser glatten Bekleidung wegen ist aber die höchste Spitze fast unzugänglich; doch sind Lepsius und Bonami oben gewesen; wir Andern drangen nur bis unter die Bekleidung vor, was leicht ist. Ein Panorama von der Spitze, gerade im Mittelpunkt des Ganzen, ist eine der interessantesten unter der Masse von Zeichnungen, die wir von diesem wenig durchforsch- ten Feld mitbringen. Auch eine Anzahl Gypsabgüsse der bedeutendsten Sachen hoffen wir unserm Museum zu gewinnen. In dieser großartigen Umgebung haben wir nun unsere Weihnacht

8. Abt. 8 = Für Prima - S. 317

1908 - Berlin : Grote
Warnecke: Die Baustile. 317 Absätzen; unten sind sie massiger gebildet, oben, wo sie über die Dächer der Seitenschiffe frei in die Höhe steigen, sind sie reicher gegliedert und mit kleinen Türmchen, sogenannten Fialen, bekrönt, die Kreuzblume und Krabben tragen. Dieselbe Verzierung sieht man an den Wimpergen, den zweischenk- ligen Spitzgiebeln, die als Bekrönung der Portale und Oberfenster dienen. Überall wird die senkrechte Linienführung scharf betont, die wagerechte fast verleugnet; je weiter nach oben, desto mehr wird die schwere Masse des Steins durchbrochen und endlich in die zartesten Zacken und Spitzen auf- gelöst. Diese beiden Grundgedanken des Äußeren kommen besonders an dem Turmbau zur Geltung. Außer dem kleineren Dachreiter über der Vierung hat die gotische Kirche zwei Türme (oder nur einen) an der West- seite. Im romanischen Stil erscheinen die Türme als bloße Anbauten; hier sind sie so eins mit der Kirche, daß sie in ihren unteren Geschossen die Fassade bilden, die sich in mächtigen Portalen mit trichterförmig ge- stellten Laibungen einladend öffnet. Mit gewaltigen, vielgegliederten Strebe- pfeilern an den Ecken steigen die Türme empor, fast ganz von Fenstern durchbrochen. In der Höhe des Daches lösen sie sich vom Körper der Kirche und trennen sich voneinander, jeder immer noch viereckig. Dann springen sie in Achteck über, indem die Strebepfeiler an den vier Ecken frei in Fialen auslaufen. Zwischen den Wimpergen der hohen Fenster des Oktogons setzen die Helme ein, ganz aus durchbrochenem Stab- und Maß- werk gebildet. Werfen wir von hier aus noch einmal einen vergleichenden Blick zum griechischen Tempel, so haben wir die vollkommensten Baustile vor uns; bei beiden ist der Bau gleichsam aus einem Gusse entstanden und bis in seine kleinsten Teile wie mit Naturnotwendigkeit aus dem Grundgedanken der Konstruktion erwachsen. Zugleich stehen sie zueinander im geraden Gegen- satz. Der griechische Tempel ist ein Außenbau; die Cella ist nur der Idee nach eine Wohnung. Im Äußeren liegt sein künstlerischer Vorzug; die Säulenhallen öffnen sich weit nach außen auf den Tempelbezirk und das zuschauende Volk und deuten die innige Verbindung zwischen dem öffent- lichen Leben und der Religion der Hellenen an. Der gotische Dom ist ein Jnnenbau, schließt von der Natur und der Alltäglichkeit des Lebens ab, negiert sie gleichsam und reißt den ganzen Menschen, ohne daß er sich zu wehren vermag, in den Zauber der Schönheit und die reine Sphäre des Geistes. Beim griechischen Tempel gibt der Widerstreit zwischen Tragen und Lasten, die harmonische Verbindung der senkrechten mit den wagerechten Gliedern dem Ganzen wie den einzelnen Teilen das Gepräge des festen Be- harrens; eine einfachere und ruhigere Schönheit ist nicht zu denken. Das gotische Bauwerk ist ein Triumph des sinnenden und berechnenden mensch-

9. Das Mittelalter - S. 201

1881 - Paderborn : Schöningh
— 201 — Seiten des regelmässigen Zwölf- oder Achtecks zusammengesetzt wurden. Dem Hauptaltar gegenüber, gewöhnlich im Westen der Kirche, lag das grosse Eingangsportal, an dessen Seiten sich meistens zwei Türme erhoben, welche von Geschoss zu Geschoss sich verjüngend, indem ihre Pfeiler sich allmählich ablösen und in Fialen auslauten, in schlanker pyramidenähnlicher Form aufstreben und oben in dem achtseitigen Steinhelm und der steinernen Kreuzesblume ihren Abschluss finden. Für die horizontale Ausdehnung gelten beim gotischen Bau das Quadrat, das Dreieck, der Kreis und die regelmässigen Vielecke, besonders das Acht- und Zwölfeck als Hauptformen, während der Grundriss mit den Haupt- und Nebenschiffen die Form des Kreuzes darstellt. Für die vertikale Ausdehnung kann man wegen der beständigen Verjüngung aller Teile nach obenhin die Pyramide als Hauptform annehmen. — Der gotische Stil gelangte zuerst im nördlichen Frankreich zu durchgreifender Anwendung, wie dies die Kathredalen von Rheims, Amiens (Vorbild des Kölner Domes) und die Notre-Dame von Paris bezeugen. Aber seine eigentliche Vollendung erhielt er erst in Deutschland, weshalb man ihn auch wohl den deutschen Baustil genannt hat. Herrliche Gotteshäuser, wie der (1248) unter dem Erzbischöfe Konrad von Hochstaden begonnene Dom zu Köln, das Münster von Strassburg mit dem von Erwin von Steinbach (1277) entworfenen Turme und der Stephansdom in Wien geben eben so sehr von der Kunstfertigkeit und dem Ideeenreichtum, als von der tiefen Religiosität und der Opferwilligkeit jener dem Höchsten zustrebenden Zeit Zeugnis und bringen mit ihrer steinernen Schrift, im Gegensatze zu der im Sinnlichen befangenen antiken Kunst, die im Christen-tume wurzelnde Weltverachtung und Himmelssehnsucht zu grossartiger Darstellung. — Die Kunst des Bauens ward zuerst von den Laienbrüdern in den Klöstern nach strengen, sich allmählich entwickelnden Regeln geübt und wurde erst bei dem wachsenden Reiclitume der Städte auch ausserhalb der Klostermauern bekannt. Aber auch jetzt noch schlosset sich die Kenner dieser Kunst zu besonderen Innungen von Bauleuten ab, welche das Kunstgeheimnis in ihren Bauhütten, von denen die zu Strassburg die bedeutendste war, eifersüchtig bewahrten. Auch die arabische Baukunst erlebte in dieser Zeit ihren Höhepunkt und entfaltete sich teils in arkadenförmigen Umfangsmauern, die das in polygoner Form erbaute Heiligtum und den umgebenden Hofraum umschlossen, teils in Moscheeen, welche mit Kuppeln und Minarets geziert waren. Eine besondere Eigentümlichkeit ist der häufig vorkommende hufeisenförmige Bogen.

10. Geschichtliches Hülfsbuch für die oberen Klassen der höheren Mädchenschulen - S. 219

1888 - Leipzig : Teubner
219 schiff der das Dach der Seitenschiffe wie Brcken zu den Strebe-Pfeilern hinberspannen, zwischen den Strebebgen die Fenster des Mittelschiffs, endlich das hohe, spitzgieblige Dach. Fr Turmanlagen bietet die gotische Kirche nur die Westseite (weswegen?). Hier verbindet sich der einfache oder doppelte Turmbau innig mit der Fassade und ihren Portalen. Auerdem erhebt sich der sogenannte Dachreiter der der Vierung. Auch am ueren entsprechen die Formen der Glieder und die Zierate den Gedanken der Konstruktion: 1) Die senkrechte Richtung wird berall scharf betont, die wagerechte Linie berall verleugnet. 2) Die schwere Masse des Steins wird, je weiter nach oben, desto mehr durchbrochen und in die zartesten Spitzen und Zacken aufgelst. Zeige das an den Pfeilern, den dreiseitigen Giebeln, den zwei-schenkligen Wimpergen (Windberg!), den Bekrnungstrmchen oder Fialen, den Kreuzblumen und Krabben. Am schrfsten kommen jene Grundgedanken an dem riesigen Turmpaar des Klner Domes zur Geltung. Die Trme erheben sich auf quadratischer Grundlage, von Strebepfeilern gesttzt, das Mauerwerk von Fenstern durchbrochen. In den unteren Geschossen sind sie mit dem Krper der Kirche zu einer prchtig geschmckten Fassade verbunden. Hier ffnen sich drei Portale, deren schrg gestellte tiefe Leibungen und Bgen mit Statuen besetzt sind. der dem Hauptportal steigt ein mchtiges Fenster in die Hhe. (Andere Turmbauten zeigen hier ein schnes Radfenster, die Rose.) Nun lsen sich die Trme vom Krper der Kirche. Dann springen sie ins Achteck der; Fialen vermitteln den bergang. Hinter den Wimpergen der hohen Fenster des Achtecks setzen endlich die Helme ein, ganz aus durchbrochenem Stab- und Mawerk gebildet, mit Krabben besetzt und mit der Kreuzblume endigend. Das gotische Bauwerk (in seiner hchsten Reinheit) ist ein . 295. Triumph des sinnenden und berechnenden menschlichen Geistes der die rohe Masse des schweren Steins. Der Widerstreit zwischen den sich von der Erde losringenden Krften und Lasten scheint vllig berwunden und macht dem Ausdruck des ungestrten, mhe-losen Emporstrebens Platz. Die senkrechte Linienfhrung ist vor-herrschend. Die Masse der konstruktiven Teile verschwindet im Vergleich zu der gewaltigen Leistung. In diesem Sinne steht der gotische Bau im geraden Gegensatz zum griechischen, wo der Widerstreit zwischen Tragen und Lasten,

11. Freiburger Lesebuch - S. 76

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
Er ist der klassische gotische Turmhelm, von keinem andern an Sicherheit der Umrisse, an Schönheit der Verhältnisse erreicht. Und bei all dieser Mustergiltigkeit ist unser Turm doch frei von jener frostigen Langeweile, die allem Tadellosen so leicht anhaftet. Dafür sorgt schon der weise verteilte plastische Schmuck. Für einen Kirchturm des 13. Jahrhunderts ist er in seinem untersten Drittel auffallend schmucklos gehalten. Nicht als ob der Meister dieses ältesten Teiles reicherem Schmuck grundsätzlich abhold gewesen wäre. Das Gegenteil beweist uns die Vorhalle im Erdgeschoß des Turmes. Wenn unser Turmbaumeister gleichwohl das Erdgeschoß im Äußeren so verhältnismäßig schmucklos ließ, so hatte er dabei offenbar seine künstlerischen Absichten. Der Unterbau des schweren Turmes, zugleich Träger eines wuchtigen Glockenstuhles, sollte möglichst massig und fest erscheinen. Der Kern des Mauerwerks, die es zusammenhaltenden Streben mußten klar in die Erscheinung treten; sogar einige - kräftige Horizontallinien waren hier im Erdgeschoß nicht unerwünscht, um die Zuverlässigkeit der Lagerung recht zu betonen. Vou der Achtecksgaleric au beginnt dann die lastende Masse sich zu lockern: riesige Fensteröffnungen, auch als Schauuken für die Glocken erwünscht, tun sich weit aus. Durchsichtiger, immer durchsichtiger wird nach oben zu der Turm, reicher der ihn umspielende Zierrat. Die Horizontallinien kommen gegen die alles übertönenden Vertikalen nicht mehr zu Wort. Schließlich jubelt der Turm, in Fialen und Spitzengewebe aufgelockert, leicht in die Lüfte. So finden wir dann, daß alles und jedes an unserm Münsterturm wohl überlegt und weise berechnet ist. Ein besonderer Vorzug unseres Turmes ist endlich noch die Farbe des Buntsandsteins, aus dem er errichtet wurde. Dieser Stein besitzt eine wunderbare Fähigkeit, je nach Witterung und Beleuchtung verschieden auszusehen, und diese seine wechselnde Färbung, die bald ernst und feierlich, bald heiter und strahlend wirft, ist gewiß ein Hauptgrund, warum wir so gern nach unserm Turme ausschauen. Wie hebt er sich in seiner düsteren Würde so vornehm aus dem Rauchmeer der abendlichen Stadt! Wie sticht er ein anderes Mal wieder in strahlender Pracht vom Blau des Himmels, vom dunklen Grün der Berge ab! Ob wir ihn wohl so lieben könnten, wenn er aus köstlichem Marmor oder aus graugelbem Kalkstein ausgebaut wäre? Nachdem wir so die Vollkommenheit unseres Turmes unter mancherlei Gesichtspunkten erörtert haben, drängt sich gebieterisch die Frage auf, wer denn dies klassische Werk geschaffen hat. Die Antwort auf diese wahrlich berechtigte Frage bleibt die Forschung uns leider schuldig. In- schriftlich hat der Erbauer sich nirgends am Bau verewigt; es entsprach nicht den Gepflogenheiten der frommen alten Meister, an Werken zu Gottes Ehre für ihre eigene Ehre Vorsorge zu treffen. Bannrknnden ans dem 13. Jahrhundert, die uns den Namen des genialen Architekten über-

12. Deutsche Geschichte bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges - S. 161

1906 - Paderborn : Schöningh
Springer: Die Baukunst gotischen Stils. 161 steigen daher den Seiten eines jeden Dreiecks entlang in die Hhe, so ins-besondere an den Wimpergen (Wimbergen?), den steilen Schmuckgiebeln der Portale und Fenster, die in der Regel von Mawerk durchbrochene Fllungen haben und an der Spitze in eine Kreuzblume auslaufen. Die schrg abfallende, vorn rechtwinklig abgeschnittene Platte der Gesimse ist meist scharf und tief unterschnitten. Diese Bildung untersttzt die Ableitung von Schnee und Regen, auf welche auer den oft phantastisch gebildeten Wasserspeiern auch die sehr hohe und steile Dachanlage Rcksicht nahm, indes die Anordnung der der den Kranzgesimsen hinlaufenden Galerien die Fest-stellung und rasche Behebung von Bauschden erleichterte und einen wirk-samen Abschlu erzielte. Whrend die Seitenansicht eines gotischen Domes das Gerste der Konstruktion fast unverhllt zeigt, drngt sich an der Fassade aller Schmuck, der welchen die Baumeister gebieten, zusammen. Mchtige Portale, meistens in der Dreizahl, das mittlere berdies noch durch einen Pfosten geteilt, durch-brechen und beleben den Unterstock. In den Hohlkehlen der schrgen Seiten-wnde der Portale stehen Statuen; solche fllen das Giebelfeld des Portales und die Bogenleibung aus und werden zuweilen reihenweise auch in den Galerien der dem Portalbau aufgestellt. Mit dem Portale wetteifert im Schmucke die Fensterarchitektur der Fassade. Bald sehen wir der dem mittleren Portale ein Radfenster, eine Fensterrose mit reichem Mawerke, errichtet, bald strebt ein gewaltiges Spitzbogenfenster in die Hhe. Den Abschlu der Fassadenarchitektur bilden die Trme, sei es, da ein Mittel-trm, das Ganze beherrschend, emporsteigt, sei es. da zwei Trme, der den Seitenschiffen sich erhebend, die Fassade begrenzen. Da auch die Arme des stark betonten Querschiffes mit einer hnlichen Fassade wie das Lang-haus und mit Trmen geschmckt wurden und die Vierung des Kreuzes gleichfalls einen Turm trug, so entstand eine frmliche Gruppe von Trmen, welche allerdings an keinem Werke sich vollstndig verkrpert zeigt, bei der Beurteilung der Ziele der gotischen Architektur aber nicht vergessen werden darf. Der gotische Turm wird in der Regel so angelegt, da die unteren Stockwerke viereckig, von Strebepfeilern gesttzt, aufsteigen; das Biereck geht sodann in ein Achteck der, worauf der durchbrochene Helm (krabbenbesetzte Rippen mit leichtem Mawerk als Fllung), an der Spitze in die Kreuz-blume auslaufend, folgt. Verleiht der plastische Schmuck der ueren Architektur den reichsten Glanz, so hilft die Malerei wesentlich zur Erhhung der Wirkung im Innern der Dome. Ohne Glasgemlde kann man sich gotische Dome gar nicht denken. Sie wecken erst die rechte Stimmung und vermitteln harmo-nisch die Gegenstze zwischen den dunkeln Steinmassen und den groen Licht-feldern. Auerdem war man bemht, die Wirkung der einzelnen Glieder, Atzler, Quellenstoffe u. Lesestiicke. I. 11

13. Geschichte des Mittelalters - S. 14

1913 - Münster in Westf. : Aschendorff
14 Die gotische Kunst. ist, hält Meister Erwin (von Steinbach) die Horizontalteilungen und die Statuengalerien der französischen Gotik bei, legt aber ein feines, luftiges, vertikal aufsteigendes Maß- und Stabwerk davor und sucht so die deutsche Bauweise mit der älteren zu verbinden. Don den Türmen ist der nördliche vollendet (ein Achteck, an das sich vier nur aus Stabwerk gebildete Türmchen anlehnen)! später setzte Johann Hültz aus Köln (1439) eine Helmspitze darauf, die sich in acht Stufen nach oben hin verjüngt. Don dem Dome zu Köln, zu dem der Erzbischof Konrad von Hochstaden 1248 den Grundstein legte, wurde zuerst der (Thor durch Gerhard von Rill und seinen Sohn Johannes fertiggestellt; später ging der Bau nur langsam voran und blieb im Ansang des 16. Jahrhunderts völlig liegen. Dem tatkräftigen Eingreifen Friedrich Wilhelms Iv. ist es zu verdanken, daß die Arbeit 1842 wieder aufgenommen wurde; das gewaltige Werk wurde 1880 vollendet. Für den Grundriß diente die Kathedrale von Amiens als Vorbild; die jetzt nach den alten Plänen vollendete Fassade weicht jedoch von den französischen Mustern vollständig ab, die Horizontallinie verschwindet, alles strebt in reichen Formen von vollendeter Schönheit in strenger Harmonie nach oben. Das Münster zu Freiburg im Breisgau, dessen Querschiff aus dem 12. Jahrhundert stammt, an das später das Langhaus und zuletzt der (Thor angebaut wurde, ist besonders ausgezeichnet durch den Turm der Westfassade, der sich allmählich verjüngt und in einen wundervollen, durchbrochenen Turmhelm (den ersten in Deutschland) ausläuft. c) Spätgotik. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts werden die Formen immer zierlicher und willkürlicher. Die Gewölberippen winden sich in kunstvollen Netz- und Sternformen, das Kapitell der Säulen fällt fort, so daß es scheint, als ob die Rippen schon am Erdboden begännen. Kathedrale in Amiens ®a5 Maßwerk setzt sich aus Fischblasen (will- A Gewölberippen. B Kappen, C Dienste, kürllch geschweiften Pässen) zusammen (S. 13). Nell Strebepfeiler,Lstrebebogen. ^Fialen, den dem Fenstermaßwerk erhalten auch die Winter Krabben, s Kreuzblume L'stabwerk, perge, die Rippen und die Pfeilergliederungen reichen L Stafetoerf, M £nformm. s , ' . Lsr , V1 ~ ’ dekorativen Schmuck; an tue Stelle des Spitzbogens tritt oft der Kielbogen. Neben den Pflanzenmotiven verwendet das Ornament geschweifte gezackte Stäbe. Zu hoher Blüte gelangte dieser „style flamboyant“ im nördlichen Frankreich, namentlich in der Normandie. d) Bnckfteinbnu. Im nördlichen und östlichen Deutschland verwandte man in der Regel den Backstein. Form und Größe der Steine verhinderte ein kräftiges Hervortreten der einzelnen Glieder, durch die farbige Glasierung wurden aber oft prächtige malerische Wirkungen erzeugt. Schon bei den romanischen Kirchen führte die Anwendung des Backsteins zu ruhigeren, einfacheren Formen und zu einer Beschränkung des Detailschmuckes. Größer wurde der Unterschied bei der gotischen Bauweise, da es nicht möglich war, die fei cn spitzen Glieder in Backstein wiederzugeben. Das schönste Werk dieser Art ist die Marienkirche zu Lübeck, klar und einfach, von gewaltiger Größe; noch größer ist die Marienkirche zu Danzig; aus dieser Zeit sind auch die Dome von Lübeck und Schwerin, die Marienkirche in Stralsund, Stargart) und Königsberg, sowie die Katharinenkirche in Brandenburg.

14. Freiburger Lesebuch - S. 73

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
73 — binden, konnten so von außen nur eingetrieben werden, so lange bte steinernen Umfassungsmauern noch nicht stauben. Offenbar sollte das mächtige, aus herrlichen Föhren gezimmerte Gestühl während des Baues zunächst als Baugerüste dienen und hat als solches gewiß gute Dienste getan. Schwerlich ist der ganze Turm in einem Anlauf von unten bis oben aufgeführt worben. Das hätte mittelalterlichem Brauche ganz und gar nicht entsprochen. Zuerst baute man offenbar nur bis zum Glockenstuhl, erst später, als die Mittel in der Baukasse es erlaubten, in etwas veränbertem Stil den oberen Teil des Turmes. So erklärt sich am einfachsten die unterschiedliche Behandlung des Schmuckes oben und unten; denn so reich die Gliederung und Ausstattung oben ist, so arm, ja fast armselig ist sie unten. Und daß in der Gegend oberhalb des Zifferblattes ein neuer Baugedanke einsetzt, wird durch die hier umlaufende Galerie doch nur mangelhaft verhüllt. Wir werden uns also zu denken haben, daß eine Zeitlang das hölzerne Gerüst des Glockenstuhls mit seinen Glocken den oberen Abschluß des Turmes bildete. An solchen Anblick unfertiger Werke war das mittelalterliche Auge viel mehr gewöhnt als das unfrige. Glockenstuhl und Glocken zu tragen war aber natürlich nicht die einzige Bestimmung unseres Turmes: dazu brauchte er nicht so hoch emporgetrieben zu werden. Er hatte vielmehr noch Größeres zu leisten: für die ganze Kirche sollte er das schmucke Gesicht abgeben, die Stelle des Haupteingangs sollte er bebeutungsvoll zieren. Als mächtiges Signal an der Gotteshauspforte sollte er die Gläubigen locken, sollte er weithin verkünben, daß hier ein Tempel des Höchsten sei. Alles, was der gotische Kirchbau an ftrebenben Kräften besitzt, der mächtige Drang nach oben, der sein schönster Vorzug ist, im Turm sollte er sich noch einmal in voller Stärke burchfetzen. Wie vortrefflich ist das in unserem Falle gelungen ! Wie jubeln bic Streben und Fialen, die am Schiff der Kirche nur zu mäßiger Höhe sich aufschwingen konnten, hier am Turm wie ein Springquell srei empor! Man denke diesen Turm einen Augenblick hinweg — und der Rest ist ohne Kopf und Krone, ein trostlos verstümmeltes Gebilde. Unser Wohlgefallen an dieser Leistung steigert sich, wenn wir auf die bewundernswerte Sparsamkeit aufmerksam werden, mit der unser Meister feinen 117 m hohen Tnrm ausgebaut hat. Eine massive Stein-masse wäre ja schließlich auch weithin sichtbar gewesen; auch die unter größter Materialverschwendung aufgetürmten Pyramiden entlocken ja dem Beschauer staunende Bewunderung: aber hier ist mehr, hier ist ein Schwereres geleistet. Mit den denkbar geringsten Massen hat der Freiburger Meister die größten Wirkungen erzielt; und dabei machen alle diese setngltedrtgen Pfeiler, alle diese durchbrochenen Gewände dennoch den Eindruck dauerhafter Festigkeit. Von dieser Sparsamkeit in der Materialverwendung bekommt man am besten einen Begriff, wenn man die Plattform über den Glocken besteigt und von hier den Blick nach oben lenkt.

15. Deutschland - S. 82

1886 - Breslau : Hirt
82 ist eben nicht so einfach. Nur so viel sei gesagt, daß die mächtigen Kreuzgewölbe des Innern nicht nur auf den Pseilern inwendig aufruhen, fondern auch von anßen gestützt werden dnrch einen Wald von sogenannten Strebepfeilern. Unter- einander find diese Pfeiler wieder durch Bogen verbunden, und alle diese Massen hat man nicht kahl gelassen, sondern sie sind vielfach durchbrochen ge- arbeitet, mit sogenanntem Maßwerk und Stabwerk wie mit Filigranarbeit über- spönnen, kurz, über und über geschmückt. Der Chor ist von gleicher Höhe wie die Kirche, er schließt rund, und ihm vorgelagert sind sieben niedrigere, viel- eckige Kapellen, daß das Ganze einer Krone mit sieben Spitzen zu vergleichen ist. Schaut man von der Rheinseite her gegen den Chor, dann erscheint er wie ein zerklüftetes Gebirge; beinahe sinnverwirrend kreuzen sich die Linien der Bogen, Giebel und Strebepfeiler, der Fialen und Wimperge, der Krabben und Kreuzesblumen, und doch stellt der ganze Chor eine einzige, fchönge- fchwnngene, deutlich erkennbare Halbkreislinie dar. Eine andere Eigentümlichkeit der reicheren gotischen Kirchen ist die große Zahl der Fenster. Da die Gewölbe, wie angedeutet, von wahrhast riesigen Säulen oder vielmehr Säulenbündeln, die im Innern der Kirche stehen, und außerdem von ebenso mächtigen Strebepfeilern, die außen stehen, getragen und gehalten werden, so dienen die Umfassungsmauern nicht znm Zusammenhalten des Baues, sondern sind bloßer Wandverschluß. So hat man denn die Mauern geradezu durch gewaltige Fenster ersetzt, welche die ganzen Räume zwischen den Strebepfeilern ausfüllen. Sie find in Spitzbogen geschloffen, und ihr oberer Teil zeigt in Steinhauerarbeit wiederum das dieser Bauweise so eigentümliche reiche und reizvolle Linienspiel: da wogen die Kreise und Halbkreise durcheinander wie steinerne Musik. Hohe Spitzgiebel schirmen die einzelnen Fenster. Die Türme endlich zeigen den himmelanstrebenden Zug der Mittelalter- lichen Kunst so stark, wie kein anderes Bauwerk jener Zeit. Sie stehen an den westlichen Pforten, rechts und links, einander völlig gleich gebildet. Ihr Erdgeschoß birgt die drei tiefen, mit Figuren geschmückten Eingangsthüren, welche gleichsam die Arme weit öffnen, die Christenheit zu locken. Mächtige Wimperge (Spitzgiebel) bilden ein schützendes Dach über den Thoren. Fenster von gewaltiger Höhe füllen die folgenden Turmgeschosse; dann fpringt das Viereck in ein Achteck um, an dessen Ecken kleinere Türmchen, Fialen genannt, emporsteigen. Acht Fenster füllen wiederum die einzelnen Seiten des Achtecks. Nun beginnt die Turmspitze oder der Helm. Es ist kein Dach, sondern ein einziger, steinerner Zierat. Sogar das Auge klettert nur mühsam die steilen achtseitigen Helmpyramiden hinan, die mit zahllosen steinernen Kantenblättern (Krabben) wie mit Dornen besetzt sind, und die in ihrer durchbrochenen Arbeit so leicht und schlank und mühelos in das unendliche Himmelsblau hinein- ragen, — bis der Abschluß endlich, 160 in über dem Erdboden, mit der wuch-

16. Landschafts-, Völker- und Städtebilder - S. 100

1892 - Halle a.d.S. : Schroedel
100 Das Äußere des Domes beginnen wir füglich da zu betrachten, wo es am vollendetsten erscheint, nämlich an der Westfa^ade, wo sich die beiden Turmriesen in wunderbarer Harmonie ihrer einzelnen Teile er- heben. Die treibende Kraft ihrer Entwickelung sehen wir unten noch verschlossen in einzelnen mächtigen Bildungen, in den Strebepfeilern, in den mit Reliefs überreich geschmückten Portalen, die, von jenen beengt, in die hohen Spitzgiebel gleichsam ungeduldig emporschießen. Im zweiten Stockwerke entfaltet sie sich zwischen den hohen und schlanken Fenstern üppig, in unzähligen Stäben und Nischen, Spitzgiebeln unv Fialen (über- eckgestellten Pyramiden auf gotischen Strebepfeilern) und blüht dann, wo der Giebel das Mittelschiff schließt und die Türme sich von ihm lösen, wieder gesammelter, den Übergang von dem Viereck in das Achteck vor- bereitend, wie die Blume aus der Knospe hervor. Am zweiten, dritten und vierten achtseitigen Geschoß mit Ecktürmchen werden die Glieder gestreckter und zugleich minder reich als unten, gewinnen aber an zu- nehmender Belebung durch gelöstere Massen, um in der Helmspitze mit dem Zeichen des allbesiegenden Kreuzes abzuschließen. Die krönende Kreuzblume ist etwa 4 m hoch bei einem Durchmesser von 2 m. Nicht genug ist die reiche Architektur der südlichen Langseite und des Chores zu bewundern. Aus den massiven Pfeilern des Unter- geschosses erheben sich zahlreiche Fialen, reich mit Stabwerk umkleivet und mit unzähligen Giebeln und Pyramiden gekrönt. Der reichen Durchführung des südlichen Langhauses entsprechend, prangt der südliche Portalgiebel in reichster Ornamentierung. Am Mittelportal zählt man 9 große und 58 kleinere, an jedem Seitenportal 8 große unv 30 kleinere, ungemein zierliche Baldachine, unter denen Apostel, Heilige und ein Chor von Engeln Platz genommen haben. Im Giebelfelve des Mitlelportals ist die Passions- Geschichte in Hochrelief (nach Schwanthalers Entwürfen mit 72 Figuren durch Bildhauer Mohr) dargestellt. Darüber im Wimperg (Spitzgiebel) des Mittelportals: Die ca. 2 m hohen Figuren Christi und der Evangelisten. Das korrespondierende nördliche Kreuzschiffportal ist einfacher ornamentiert. Das Innere des Domes. Der Grundriß der Kathedrale zeigt klar ausgeprägte Kreuzesform: fünf Längsch iffe, von drei Quer- schiffen durchschnitten, strecken sich weit hinaus; das Chor, durch einen Kranz von sieben Kapellen abgeschlossen, stellt sich in Form eines siebenseitigen Halbkreises dar. Die Pracht des himmelan sich wölbenden Chores hat eine majestätische Einfalt, die alle Vorstellung übertrifft. In ungeheurer Länge stehen die Gruppen schlanker Säulen da, wie die Bäume eines uralten Forstes; nur am höchsten Gipfel sind sie in eine Krone von Ästen gespalten, die sich mit ihren Nachbarn zu spitzen Bogen wölbt und dem Auge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar ist. Der graue Stein des Drachenfels hat sich in der Chorhalle in Bronze verwandelt; die Kapitäler, die Säulen haben die Farben ihrer Blumen angenommen, golden und purpurn strahlen die Kelche im Schmelz prangender Lichter, leuchten uns die Kronen und Laubbüschel der großen Pflanzenpfeiler entgegen. Wenn man die Türme bis auf das Krongesimse des Oktogons an dem Fuße des emporstrebenden Steinhelms bis an den Fuß der

17. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren - S. 126

1905 - Breslau : Hirt
126 Das Mittelalter. Zweite Periode, 843—1254. Mittelschiffs schützt man durch Strebebogen, die auf starken, oft von einer Fiale gekrönten Strebepfeilern der Umfassungsmauern ruhen. Diese Strebebogen fehlen bei den Hallenkirchen, weil deren Seitenschiffe mit dem Mittelschiff gleiche Höhe haben. Die hohen Fenster sind mit schlanken Pfosten und zierlichem Maßwerk aus Fischblasen, Drei- und Vierpässen, oft auch mit herrlicher Glasmalerei geschmückt; den oberen Abschluß derselben bildet die Wimperge, deren obere Kante mit Krabben besetzt ist, und deren Spitze (tote auch die der Fialen und oft auch der Türme) in eine Kreuzblume endigt. Die Kapitale zeigen nicht mehr die phantastischen Gebilde des romanischen Stils, keine Tier- und Menschengestalten, sondern das Blatt heimischer Pflanzen: der Eiche, Rebe, Rose, Distel, Stechpalme und des Efeus (Fig. 16—19). Den reichsten Schmuck zeigt die Fassade (Vorderseite). Die schrägen Seiten (Laibungen) des oft zweiteiligen Hauptportals sind mit Hohlkehlen verziert, in denen auf Postamenten Statuen stehen; auch das Giebelfeld und die Bogenlaibung ist wohl mit Bildwerk verziert. Über dem Portal findet sich bald eine Fensterrose, bald ein hohes Spitzbogenfenster. Ihren Abschluß findet die Fassade in den Türmen; entweder erhebt sich nur ein gewaltiger Mittelturm, oder es steht gleichsam als Begrenzung der Fassade aus jedem der beiden Seitenschiffe ein Turm. Auch das Querschiff wird wohl durch zwei Türme begrenzt, oder es erhebt sich ein Hauptturm über der Vierung. Die unteren Stockwerke der Türme sind meist vierseitig, von Strebepfeilern gestützt, darauf ruht ein Achteck, und hierauf erhebt sich der kühn emporstrebende, in eine Kreuzblume auslaufende Helm, der bei den schönsten gotischen Domen aus acht, mit Krabben besetzten steinernen Rippen und reichem Maßwerk besteht und daher ganz durchbrochen erscheint. So sind die schlank und leicht zu luftiger Höhe emporstrebenden, sich stetig verjüngenden gotischen Dome nicht nur „ein nach oben zeigender Finger", sondern auch ein Denkmal des mächtig aufsteigenden, selbständig und stolz gewordenen Bürgertums. 1). Gotische Baudenkmäler. Unter den außerdeutschen gotischen Domen ragen hervor: ffotre Dame in Paris, die Westminsterabtei in London, der Dom m Antwerpen (eilt st einschiffiger Hallenbau)' sowie die Dome zu Mailand und ^lorem. Zu den ältesten deutschen gotischen Bauten (Fig. 14) gehören die Liebfrauenkirche in Trier (ein zwölfseitiger Zentralbau), die Elisabethkirche in Marburg; aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammen die Dome zu Magdeburg, Halberstadt und Meißen, die St. Lorenz-und St. Sebalduskirche in Nürnberg und der Dom zu Regensburg. Alle aber werden übertroffen von St. Stephan in Wien, St. Veit in Prag, den Münstern in Ulm, Straßburg (Fig. 20) und Freiburg i. B. und von dem Könige aller, dem Cö ln er Dom. Er ist fünfschiffig und wurde 1248 begonnen; nachdem der Bau jahrhundertelang geruht hatte, ward er 1842 fortgesetzt und 1880 vollendet (Fig. 22). — In der norddeutschen Tiefebene, wo der Sandstein fehlt, wandte man Backsteine an, aus denen Fialen, Maßwerk und durchbrochene Helme sich schwer herstellen ließen; man mußte sich daher der größten Einfachheit befleißigen, wenn man auch das Äußere durch glasierte Ziegel und Formsteine zu heben suchte. Gotische Backsteinkirchen sind die Marienkirche in Lübeck (Fig. 21), der Dom in Brandenburg, der Dom, die Elisabeth- und die Magdalenenkirche in Breslau u. a. Unter den weltlichen gotischen Bauten Deutschlands sind vor allem

18. Erläuterungen zu F. Hirts Bilderschatz zur Länder- und Völkerkunde - S. 66

1896 - Leipzig : Hirt
66 2. Österreich-Ungarn. vor unseren Blicken. Im Y. und M. dehnt sich bis an die vordere der beiden weissen Linien, die im H. das Bild abgrenzen, die alte Stadt Wien aus. Das weisse Band stellt den sog. Donaukanal dar. Dieser bildet mit dem auf unserem Bilde nicht sichtbaren Hauptstrom eine Insel, auf der — fern im H. des Bildes — die schöne Leopoldstadt liegt;*) sie ist durch fünf Brücken mit der Altstadt verbunden. L. im H. sind die verschwommenen Umrisse der Ausläufer des Wiener Waldes und der Kahlenberg sichtbar. Nachdem wir uns so einen Gesamteindruck von der grossartigen Welt- stadt verschafft, wollen wir die eigentliche Stadt, das alte Wien, näher ins Auge fassen. Im Y. zeigt unser Bild eine dem unteren Rande ent- lang laufende breite Strasse. Das ist der berühmte „Ring", 3 km lang und 22 m breit. Die Ringstrasse läuft dann um eine herrliche Anlage, den vielbesuchten Yolksgarten, herum. Hinter demselben erhebt sich die altehrwürdige kaiserliche Hofburg. Sie ist selber eine kleine Stadt und besteht aus mehreren, meist vierstöckigen, einfachen Steinbauten. Im Innern schliessen dieselben den geräumigen Burgplatz ein. Die im Y. dargestellte Häusermasse lässt die Eigentümlichkeit vieler Häuser Wiens erkennen. Sie bilden nämlich grosse Häuser-Yierecke mit Hofrämnen. Solche abgeschlossene Häuserblocks stammen aus der Zeit, wo ein grosser Teil von dem Grund und Boden Wiens in dem Besitz der geistlichen Stifter und Klöster war. Diese meist fünfstöckigen Häuser bergen Hunderte und Tausende von Mietern. Die Häuser am Ring sind lauter Paläste mit den grossartigsten Kaufläden. Die Strassen und Gassen im alten Wien sind eng und krumm, aber gut gepflastert. Die Häuser sind turm- hoch, manche achtstöckig, „den Raum, den die Erde versagt, entwendet man dem Himmel". In den Strassen wimmelt es fortwährend von Menschen, Wagen und Karossen, die den Fussgänger nicht selten in Lebensgefahr bringen. Hoch empor aus dem Häusermeer der Altstadt erhebt sich die älteste und ehrwürdigste Kirche Wiens — der St. Stephans-Dom. Er ist im M. r. sichtbar. Ernst und stolz ragt sein altersgrauer Riesenturm gen Himmel. Neben ihm verschwinden die zahlreichen anderen Türme und Kuppeln der Kaiserstadt. Er ist ein herrliches Denkmal altdeutscher gotischer Baukunst. Die dicken, geschwärzten Wände, die riesenhaften, bunten Fenster, die von ungeheueren Säulen getragenen, hohen Gewölbe und das in ihm herrschende Halbdunkel erfüllen den Eintretenden mit Ehrfurcht. Im unterirdischen Teile ist die Fürstengruft. Auf der Süd- seite des Domes erhebt sich weithin sichtbar der hohe, schlanke Stephans- turm, der „grosse Stephan" genannt. Er hat die Gestalt einer durch- brochenen Pyramide. In der Spitze**) zeigt man noch heute den Sitz, von dem aus Rüdiger von Starhemberg während der Belagerung Wiens durch die Türken (1683) das feindliche Lager zu beobachten pflegte. Yom Stephansturm aus erscheint die Stadt als ein Gewirre von Dächern, Giebeln, Schornsteinen, Türmen, die Strassen und Gassen als hineingerissene *) Sie ist eine von den 34 Vorstädten, welche wie ein grosser Halbkreis das alte Wien umgeben. **) Zu ihr führen 753 Stufen.

19. H. 1, Abt. 1 - S. 65

1904 - Leipzig : Wachsmuth
65 ein Bewußtsein von der ganzen ungeheuren Masse des hier ver- wendeten Baumaterials dämmert in nns auf. Wir sehen hinauf in den Wald der Strebepfeiler und in die Menge der kühn geschwungenen Bogenwölbungen, bewundern die Phantasie, die sich in den zu Wasserspeiern gemodelten Ungetümen und sagenhaften Unholden ausspricht, und betrachten staunend das zierliche, mannigfaltige Blattwerk, das die Fialen umzieht, die Blüten und Früchte, die die Gesimse schmücken,1) und die gewaltigen Figuren, die die Aufsätze der Strebepfeiler zieren. Weitere 98 Stufen der Wendeltreppe führen uns auf die am Fuße des Daches liegende oberste Galerie, die in einer Länge von 500 m den Bau umfaßt. Von der Groß- artigkeit der einzelnen Teile, die von unten in den zierlichsten Ver- hältnissen erscheinen, gibt nichts eine klarere Anschauung als der den First des Daches krönende vergoldete Kamm und das die äußerste Spitze des Chores schmückende Kreuz. 94 Stufen geleiten uns zu der etwa 75 m hoch gelegenen offenen Galerie des in Eisen konstruierten Mittelturmes, die dem Auge eine unermeßliche Aussicht darbietet. Nochmals begeben wir uns auf die Wanderung. Im Innern eines Turmes steigen wir auf einer Wendeltreppe empor; ein Kreis reiht sich an den andern, kein Ende dieser Schnecken- windungen ist abzusehen. Manchen überkommt ein Anflug von Schwindel, wenn er sich in der engen Steinröhre dieser Turmtreppe gleichsam emporschraubt. Bei der Galerie unterhalb des Helmes treten wir hinaus, und eine entzückende und zugleich überwäl- tigende Fernsicht öffnet sich uns nun. In der Tiefe ruht die Stadt; wir schauen über die Spitzen der höchsten Türme hinweg. Ueber uns erblicken wir die unten so zierlich erscheinenden Kreuzblumen in stattlicher Größe. Werfen wir noch einen Blick auf den Riesen- bau selbst, der jetzt unter uns liegt, so erkennen wir in den großen Dachrücken des Mittel- und des Querschiffes, die die Dächer der vier Seitenschiffe um das doppelte überragen, deutlich und klar das riesenhafte Kreuz, das die Grundform der ganzen Anlage bildet, und lernen verstehen, ‘wie sich der ganze Bau aus dieser Kreuzesform mit seinen Massen erhebt und dann in immer luftigerem Aufbau emporwächst. Nicht minder großartig als der Anblick von außen ist der, den der Besucher im Innern empfängt. Der gewaltige Raum ist ganz 1) So an der der Sonne zugewendeten Südseite; an der im Schatten liegen- den Nordseite bestehen die Verzierungen in entlaubten Ästen und Zweigen.

20. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 540

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
540 Gewerbliches Rechnen, c) Wieviel cbm Mauerwerk ist erforderlich? d) Wieviel hl Wasser sind im Brunnen, wenn dasselbe 2,50 m hoch steht? 53. Wenn 1000 Normalziegelsteine (25 x 12 x 6,5 cm) 25 Mk. kosten, für Mörtel und Arbeitslohn das cdm mit 5 Mk. in Rechnung gestellt und für die Kalkfuge 1 cm gerechnet wird, wie teuer kommt dann der Aufbau eines runden Turmes, dessen Durchmesser 10,50 und 9,38 m und dessen Höhe bis zum Dache 21 m betragen? 54. Ein Granitblock, der 240 Zentner wiegt, soll zu einer 3 m langen Walze behauen werden. Durch das Behauen verliert derselbe 1896,060 kg. Wie groß ist d er Durchmesser der Walze, wenn das spezifische Gewicht 2,7 ist? 55. In einer Kirche stehen 8 Pfeiler von je 14 m Höhe. Der Querschnitt bildet ein Quadrat von 60 cm Seitenlange mit 4 Halb- kreisen von je 35 cm Durchmesser. Wie groß ist der Inhalt der 8 Pfeiler? 56. Ein 14 m langer Saal hat ein halbkreisförmiges Decken- gewölbe,*) bei deni der äußere Durchmesser 7,28 m, der innere 7 m beträgt. Wie teuer kommen die Ziegelsteine zu dem Mauerwerk, wenn auf 1 cdm 500 Steine zu rechnen sind und 1000 Stück 32 Mk. kosten? 57. Wie groß ist a) der Dachraum eines 13,34 m hohen Turmes, dessen Grundfläche ein Quadrat von 6,24 m Seitenlänge bildet? b) Wie groß ist die Seitenhöhe des Turmes? c) Wieviel kostet die Eindeckung, wenn ein Stein 20x15 cm Fläche deckt, 1000 Steine 36 Mk. kosten und für Eindeckung das gm mit 0,75 Mk. bezahlt wird? 58. Wie groß ist die Höhe eines sechseckigen Daches, wenn eine Seite des Sechsecks 3,51 m und die Seitenkante des Daches 5,85 m mißt? 59. Ein Prellstein aus Granit von 1,20 m Höhe ist zu einer regel- mäßigen achteckigen Pyramide behauen. Wie schwer ist derselbe, wenn eine Seite des Achtecks 24 cm und das spezifische Gewicht 2,7 beträgt? 60. Die größte Pyramide Ägyptens, die des Cheops, hatte als Grundfläche ein Quadrat von 240 m Seitenlänge und eine Höhe von 151 m. Eine wie lange iy2 Stein (38 cm) starke und 2,50 m hohe Mauer ließe sich aus dem Material dieser ganz massiv gedachten Pyramide herstellen? 61. Wie schwer ist eine Pyramide aus Sandstein von iy2 m Höhe, deren Grundfläche ein Quadrat von 0,80 m Seitenlänge bildet, wenn Sandstein 2y2 mal so schwer als Wasser ist? 62. Wieviel cbm Mauerwerk enthält ein 12,80 m hoher quadratischer Fabrikschornstein, wenn der untere Umfang 4,80, der obere 2,60 m und die innere Weite des Schornsteins unten 60 cm, oben 32 cm beträgt? 63. Wie schwer wiegt ein behauener 1,20m hoher Steinblock, dessen Endflächen gleichseitige Dreiecke von 60 und 40 cm Seite sind, wenn 1 cbm 2,5 t wiegt? 64. Eine quadratische 3 m tiefe Baugrube in Form einer umge- kehrten abgestumpften Pyramide soll ausgeschachtet werden. Wieviel cbm Erde sind fortzuschaffen, wenn die Quadrate 12,8 und 9,20 m Seitenlänge haben? ®) Der Querschnitt ist ein halber Kreisring.