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1888 -
Habelschwerdt
: Franke
- Autor: Kolbe, Konrad
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar, Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
262
Frankreich.
Ludwig Xiv., 1643—1715.
I. Vormundschaftliche Regierung, 1648—1661. Da er bei dem Tode des Vaters erst 5 Jahre alt war, so wurde für ihu eine vormundschaftliche Regierung bestellt, an deren Spitze Mazariu stand, ein Staatsmann, der zwar nicht die Kraft und Größe seines Vorgängers Richelieu hatte, aber doch der gewandteste Diplomat seiner Zeit war. Seine Politik folgte Richeliens Grundsätzen. Daher suchte er, den Krieg in Deutschland zu verlängern und im Innern widerstrebende Parteien zu unterdrücken. Es gelang ihm auch, Spanien durch einen Krieg zu schwächen. Der Widerstand des Parlaments gegen den Steuerdruck und die Opposition des Adels gegen Mazarin führte aber einen Ausstand der Fronde herbei, einer Volkspartei, an deren Spitze der Kardinal von Retz stand. Mazarin mußte aus einige Zeit Frankreich verlassen, kehrte aber nach einem Siege der königlichen Truppen an den Hos zurück. Der Krieg mit Spanien wurde durch den pyrenäifchen Frieden beigelegt, zu dessen Befestigung der unterdes mündig gewordene König die Tochter des spanischen Königs Philipp Iv., Maria Theresia, heiratete. Im Jahre 1661 übernahm Ludwig selbst die Regierung.
Ii. Ludwigs Xiv. Selbstherrschaft, 1661—1715. Im Innern war Ludwigs Streben aus unbeschränkte Selbstherrschaft gerichtet. Seine äußere Politik verfolgte das System Richelieus: die Selbständigkeit der anderen Staaten zu gefährden und Frankreich einen gebietenden Einfluß zu verschaffen. Um diese Ziele zu erreichen, wußte Ludwig alle Kräfte des Landes auss äußerste anzuspannen.
A. Hoslelieii. Der Schauplatz des glänzendsten Hoslebens, das den Übrigen europäischen Fürstenhöfen ein Vorbild wurde, war Versailles, wo Ludwig mit ungeheuren Kosten ein Schloß von prachtvoller Schönheit hatte herstellen lassen. Das am Hose beobachtete Zeremoniell, von Spanien übernommen, war streng vorgeschrieben, verbarg aber nur schlecht die sittlichen Gebrechen. Die Hauptperson war der König selbst, eine stattliche Erscheinung, bei aller Genußsucht ein Mann von angestrengter Thätigkeit. Der Adel wurde durch eine Menge neu geschaffener Ämter in den Kreis des Hoslebens gezogen, dadurch aber der Verwaltung seiner Güter und dem Einflüsse auf die ländliche Bevölkerung entfremdet.
B. Kunst, Litteratur und Missenschast. Von dein Könige und feinern Hofe ging eine lebhafte Anregung für Kunst und Litteratur aus; denn nicht bloß weckten die Bedürfnisse des Hofes die Kunstthätigkeit, sondern die Macht des Königs begeisterte auch Dichter und Künstler. Die französische Litteratur erlebte daher ihr goldenes Zeitalter und beherrschte den Geschmack des gebildeten Europa. In dieser Zeit lebten Moliere, Lustspieldichter, Corneille, Racine, Tragiker, La Fontaine, Fabeldichter, Boileau, Satiriker und Kritiker, Bossuet und Fenelon, Kanzelredner. Der Wissenschaft dienten mehrere Akademieen.
1904 -
Habelschwerdt
: Franke
- Autor: Atzler, Alois, Kolbe, Konrad
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar, Präparandenanstalt
- Regionen (OPAC): Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
234
seines Vorgngers Richelieu hatte, aber doch der gewandteste Diplomat seiner Zeit war. Seine Politik folgte Richeliens Grundstzen. Daher suchte er den Krieg in Deutschland zu verlngern und im Innern Frankreichs die widerstrebenden Parteien zu unterdrcken.
2. Ludwigs Xiy. Selbstherrschaft, 1661 1715. Im Innern war Ludwigs Streben auf unumschrnkte Selbstherrschast gerichtet. Seine uere Politik verfolgte das System Richeliens: die Selb-stndigkeit der anderen Staaten zu gefhrden und Frankreich einen gebietenden Einflu zu verschaffen. Um diese Ziele zu erreichen, wute Ludwig alle Krfte anfs uerste anzuspannen.
a. offccn. Der Schauplatz des glnzenden Hoflebens, das den brigen europischen Frstenhfen ein Vorbild wurde, war Versailles (werdtj), wo Ludwig mit ungeheuren Kosten ein Schlo von groer Schnheit hatte bauen lassen. Das cim Hofe beobachtete strenge Zeremoniell war vou Spanien bernommen worden. Es verbarg aber nur schlecht die sittlichen Gebrechen. Die Hauptperson an? Hofe war der König selbst. Er war eine stattliche Erscheinung und bei aller Genusucht ein Mann von angestrengter Ttigkeit. Der Adel wurde durch eine Menge neu geschaffener mter in den Kreis des Hoflebens gezogen, dadurch aber der Verwaltung seiner Gter und der lndlichen Bevlkerung entfremdet.
b. Kunst, Literatur und Wissenschaft. Von dem Könige und feinem Hofe ging eine lebhafte Anregung fr Kunst und Literatur aus; denu es weckten nicht blo die Bedrfnisse des Hofes die Kunstttigkeit, sondern die Macht des Knigs begeisterte auch Dichter und Knstler. Die franzsische Literatur erlebte daher ihr goldenes Zeitalter und beherrschte den Geschmack des gebildeten Europa. In dieser Zeit lebten der Lustspieldichter Molire (moljhr), die Tragiker Corneille skornj) und Racine(raihn), der Fabeldichter La Fontainesla fongthn), die Kanzelredner Boffuet (bos) und Feuelon (fehnelng).
c. taat8verwaltung. Der Hauptgruudsatz Ludwigs war: Der König ist die Quelle alles Rechts und aller Macht (l'etat c'est moi," d. h. der Staat bin ich). Daher wurden die Reichsstnde nicht mehr berufen, und die Verfgung der die Geldmittel und die Streitkrfte blieb dem Könige vorbehalten. Diesem standen tchtige Ratgeber zur Seite.
Der Kriegsminister Louvois (luwo) vergrerte und verbesserte das Heer; Vaubau (wobug) sicherte das Land durch vortreffliche Festungen, und die Feldherren Conde (kongde), Tu renne (tiimhii) und Villars (willdhr) begrndeten den Ruhm der franzsischen Heere.
Das Finanzwesen und der Handel wurden besonders durch den Minister Eolbert (f 1683) gehoben (S. 232).
. Kirchliche Verhltnisse. In 'beziig aus die kirchlichen Verhltnisse erstrebte Ludwig Xiv. die Unabhngigkeit von Rom und die Einheit des Bekeuutuisfes. Erstere suchte er durch die vier gallikanischen
1817 -
München
: Königl. Schulbücher-Hauptverl.
- Autor: Breyer, Carl Wilhelm Friedrich von
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Studienanstalt
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Studienanstalt
- Regionen (OPAC): Bayern
7ö2 Neu ere Geschichte.
Erstes Kapitel.
Die Zeit L u d w i g s Xiv.
loöi - 1700 (1715).
I.
Frankreich.
1. Ludwig Xiv. (1643-1715) bei dem Antritte
seiner Selbstregierung.
Ludwig Xiv. stand in seinem drei und zwanzigsten Le-
bensjahre, als er (1661) die Selbstregierung Frankreichs
antrat. Gediegene Bildung oder hohe Kraft des Geistes
und Gemüthes zeichneten ihn keineswegs aus, aber er war
nicht ohne Sinn für das Edle und Großartige, und vorzüg-
lich geschickt in der Kunst, den König auf das vollkommen-
ste zu repräsentiren. Durch die stolze Haltung, welche er
nie verlor, festelte er zunächst die Herzen seiner Untertha-
nen, und da sein Waffeirglück und die Blüthe französischer
Kunst und Wissenschaft, welche er förderte, großen Glan;
über ihn und Frankreich verbreiteten, so ward allmalig bei-
nahe ganz Europa, von der, im Grunde doch nur schein-
baren, Größe dieses Königs verblendet.
Am Anfänge seiner Selbstregierung führte ihm das
Glück mehrere vortreffliche Gehülfen und Nathgeber zu.
Unter diesen ragte besonders Colbert hervor. „Ich bin
Ew. Majestät viel schuldig," sagte der sterbende Maza-
rin, „aber einen Theil meiner Schuld glaube ich Ihnen zu
bezahlen, indem ich Ihnen Colbert bekannt mache?' Col-
bert war in vielem Betrachte für Ludwig Xiv., was Sully
für Heinrich Iv. Wie Sully, stellte auch Colbert durch
Ordnung und Sparfanikeit den zerrütteten Staatshaushalt
wieder her. Wie aber Sullys Aufmerksamkeit hauptsäch-
lich auf den Ackerbau gerichtet war, so begünstigte Colbert,
dem Geiste seiner Zeit gemäß, vorzüglich die Gewerbe und
den Kunstfleiß. Auch gab er feinem Vaterlandc See- und
Colonial-Handel. Gleichergestalt suchte er die Geistesbil-
dung der Franzosen durch Unterstützung der Künste und
Wiflenschaften zu fördern und zu heben. Bald wurde Lud^
1902 -
Karlsruhe
: Lang
- Autor: Stehle, Bruno, Berger, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Elsaß-Lothringen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
— 200 —
mehr; sein Werk vollendete sein Nachfolger Mazarin, dessen Gesandte bei den Friedensverhandlungen zu Münster das erste Wort führten und neben der Demütigung des Habsburgischen Kaiserhauses für Frankreich einen ansehnlichen Gebietszuwachs und das Recht der Einmischung in die deutschen Angelegenheiten durchsetzten. Richelieu und Mazarin versäumten nichts, um den Handel und Ackerbau, wie überhaupt die Steuerkraft Frankreichs zu heben.
Ludwig Xiv. nahm die Regierung*) Frankreichs nach dem Tode des Kardinals Mazarin in die Hand und benützte die Machtmittel, welche die beiden größten Minister Frankreichs für das Königtum geschaffen und gesammelt hatten, zur Durchführung seiner ehrgeizigen Pläne. Ihm wurde das Glück zuteil, für alle Zweige der Staatsverwaltung tüchtige Ratgeber und zugleich eine große Zahl von ausgezeichneten Feldherren zu besitzen. Unter seiner Regierung blühten Handel und Gewerbe, Kunst und Literatur; durch seine Kriege wurde Frankreichs Kriegsruhm erhöht, sein Gebiet vermehrt und sein Einfluß über ganz Europa ausgedehnt.
Durch den westfälischen Frieden hatte Frankreich das Elsaß, soweit es österreichisch war, und die Landgrafschaft**) im Elsaß erhalten; das bedeutete nicht etwa, daß Elsaß sorthin französisches Land fein sollte, sondern es sollte beim Deutschen Reiche verbleiben und nur vom französischen Könige im Namen des Deutschen Kaisers und Reiches verwaltet werden. Ludwig Xiv. aber zwang die Elsässer, ihm als ihrem unbeschränkten Herrn und Könige zu huldigen, und nahm 1681 mitten im Frieden gewaltsamerweise die freie Reichsstadt Straßburg in Besitz.
Ludwigs Xiv. Bruder, der Herzog Philipp von Orleans, war mit Elisabeth Charlotte, der Schwester des kinderlosen Kurfürsten Karl von der Pfalz, verheiratet. Als der Kurfürst (1685) starb, erhob Ludwig für feinen Bruder Erbansprüche aus die Pfalz. Der Kaiser und die Reichsfürsten wiesen sie zurück und schlossen zur Abwehr einen Bund mit den Holländern und den Engländern. Ludwig besetzte die Pfalz im Herbste des Jahres 1688 mit einem Heere von 50000 Mann. Nachdem die Bewohner durch Plünderung und Gewalttaten aller Art mißhandelt worden waren, gab Ludwig (1689) den Besehl, Städte und Dörfer niederzubrennen. Es wurden französische Mordbrennerbanden ausgeschickt nicht nur in me Pfalz, sondern auch nach Schwaben, Franken und selbst nach Böhmen. Ludwig wollte sich durch diese Verwüstungen dafür rächen, daß feine Ansprüche
*) Beim Tode seines Vaters (1643) fünf Jahre alt, blieb er nnter der Vormundschaft seiner Mutter und des Kardinals bis 1661.
**) Landgraf — Reichsstatthalter.
1868 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Europa
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
520
A. Europa.
großen Talente unterdrückten nicht nur die unruhigen
Großen, zertrümmerten die Macht der Protestanten
Macht
Macht
sondern
aufs
bedacht
zu brechen, nahm er durch Geld und Truppen
Frankreichs, welches sich
thätigen Antheil an dem 30jährigen Kriege, welcher damals Deutsch
land verwüstete, und legte den ersten Grund zu dem Vergrößerungssystem
udwig Xiv. vollkommen ausbildete. Die
Negierung Ludwigs Xiv. 1643—1715 ist als das Zeitalter des höchsten
Glanzes für Frankreich berühmt, aber nur der geringste Theil des Ver-
dienstes fällt davon auf ihn selbst zurück. Er herrschte unumschränkt und
ohne Widerstand zu finden, aber Richelieu hatte
gründet, und Mazarin, welcher bis 1661
festigt. Seine Armeen erfochten glänzend
jedoch
führte
für Frankreich
Gebäuden und
hinterlassen.
höchst
er zog viele bedeutende Gelehrte
hat Frankreich und besonders Paris mit den schönsten
;rn verziert, aber 3500 Millionen Livres Schulden
Wissenschaften blühten unter ihm, wie nie vorher.
Dichter
sogar ausländischen Gelehrten Pension zahlen; er selbst aber
Hof, ja er ließ
unwissend und daher
höchst
sehr ungeschickt
Wahl
günstigte.
Zeitalter heißt das goldene der französischen
durch schändliche Verfolgung und Grausamkeiten
er selbst war so wenig gebildet, so sehr von Maitressen und Beichtvätern
beherrscht, daß er 1685 das wohlthätige Edict von Nantes aufhob und
000 Familien der
Fleißigsten, Betriebsamsten seiner Unterthanen zur Auswanderung zwang,
welche unter dem Namen Réfugiés in Deutschland, England und den
Niederlanden mit offenen Armen ausgenommen wurden. Er hatte das
Glück, zu einer Zeit zu leben, wo nach den Unruhen langer bürgerlichen
Kriege große Talente jeder Art emporgekommen und sich gebildet hatten;
diesen unendlich mehr als seinen persönlichen Eigenschaften verdankt Frank-
reich den Glanz jener Zeit, und den ausgebreiteten Einfluß, welchen seit-
dem französische Sprache, Ansichten, Gebräuche und Moden über ganz
Europa, leider iiber Deutschland am meisten, ausgeübt haben. Deutschland
war gerade damals durch den 30jährigen Krieg über alle Vorstellung ver-
wüstet und verarmt, seine Einheit und Kraft durch den westfälischen
Frieden ausgelöst und gebrochen; kein Wunder, wenn unter solchen Um-
ständen die übermüthigen Anmaßungen Frankreichs in seiner höchsten Kraft,
schwächlich geduldet, ja dieses selbst als das höchste Muster der Bildung
der Wissenschaft und der Kunst verehrt wurde. Ludwig Xiv. fand, als
er selbst die Regierung 1661 antrat, wo er sich für volljährig erklärte,
nachdem die unbedeutenden Unruhen während seiner Minderjährigkeit, unter
zahlreicheres Heer
Kriegsruhm
Monarch darnals hatte, treffliche Feldherren und einen nach
übrigens ganz unterjochten Adel; für Ordnung
Wohlstand im Innern sorgte der große
Handel
Frankreich
und eitlen Monarchen,
Niederlande, auf welche er einige unbedeutende Ansprüche
spanischen
1900 -
Karlsruhe
: Lang
- Autor: Berger, Wilhelm, Stehle, Bruno
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Baden
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
— 193 —
die besten Karten gefertigt, so von dem Nürnberger Maler Albrecht Dürer und dem Kartenzeichner Gerhard Krem er.*)
Vii. König Ludwig der Vierzehnte von Frankreich.
Zur Zeit, da der 30jährige Krieg begann, regierte in Frankreich König Ludwig Xiii. Er überließ seit dem Jahre 1624 die Regierungsgeschaste seinem ersten Minister, dem Kardinal Richelieu Richelieu war ein Mann von großem Scharfblick und von unbeugsamer Willenskraft; er setzte sich zum Ziele, daß die Gewalt des Königs eine unumschränkte und daß Frankreich der ge--bietende Slaat in Europa sein müsse. Dieses Ziel erreichte er während seiner 18jährigen Verwaltung vollständig; der Adel, die hohe Geistlichkeit und der Bürgerstand verloren ihre politischen Rechte; Gesetz war der Wille des Königs, der nur noch in den hohen Gerichtshöfen**) eine Schranke hatte. Um die Macht des deutschen Kaisers zu vernichten, nahm Frankreich an dem 30jäh-rigen Kriege teil, zuerst dadurch, daß Richelieu dem Könige Gustav Adolf von Schweden Hilfsgelder zahlen ließ, dann durch Aufhetzen der Mitglieder der Liga gegen Wallenstein und den Kaiser, zuletzt durch bewaffneten Einbruch in das deutsche Reichsgebiet. Richelieu erlebte den westfälischen Frieden nicht mehr; sein Werk vollendete fein Nachfolger Mazarin, deffen Gesandte bei den Friedensverhandlungen zu Münster das erste Wort führten und neben der Demütigung des Habsburgischen Kaiserhauses für Frankreich einen ansehnlichen Gebietszuwachs und das Recht der Einmischung in die deutschen Angelegenheiten durchsetzten. Richelieu und Mazarin versäumten nichts, um den Handel und Ackerbau, wie überhaupt die Steuerlast Frankreichs zu heben.
Ludwig Xiv. nahm die Regierung***) Frankreichs nach dem Tode des Kardinals Mazarin in die Hand und benützte die Machtmittel, welche die beiden größten Minister Frankreichs für das Königtum geschaffen und gesammelt hatten, zur Durchführung seiner ehrgeizigen Pläne. Ihm wurde das Glück zuteil, für alle Zweige der Staatsverwaltung tüchtige Ratgeber und zugleich eine große Zahl von ausgezeichneten Feldherren zu besitzen. Unter feiner Regierung blühten Handel und Gewerbe, Kunst und Litteratur; durch seine Kriege wurde Frankreichs Kriegsruhm erhöht, sein Gebiet vermehrt und sein Einfluß über ganz Europa ausgedehnt.
*) Nach der Sitte der Zeit übersetzte er seinen Namen ins Lateinische: Mercator. Von ihm rührt die in jedem Volksschulatlas zu findende Erdkarte „in Mercators Projektion" her. Er starb 1594 zu Duisburg.
**) Sie hießen Parlamente; eine königliche Verordnung hatte nur dann Gesetzeskraft, wenn sie von den Parlamenten registriert, d. h. gebilligt und dem Gesetzbuch einverleibt wurde.
***) Beim Tode seines Vaters (1643) fünf Jahre alt, blieb er unter der Vormundschaft seiner Mutter und des Kardinals bis 1661.
Berger—stehle, Erzählungen aus der Weltgeschichte. B. 13
1899 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Schenk, Karl
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Realanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
54 Die Neuzeit.
Befehl vom dortigen brandenburgischen Gesandten fest genommen, über die Grenze geschafft und in Memel hingerichtet.
Heerwesen. Dem Heerwesen gab Friedrich Wilhelm nach und nach eine andere Derfflinger. Gestalt. Hierbei waren der berühmte Reiterführer Georg von Derff-
linger, der, ein protestantischer Oberösterreicher, erst in schwedischen
Sparr. Diensten gestanden hatte, und Otto Christoph von Sparr, ein Kenner
des Artillerie- und Festungswesens, seine vorzüglichsten Helfer.
3. Ludwig Xiv. und das deutsche Reich (—1668). a. Ludwig Xiv. Während Deutschland durch die Steigerung der Macht der Fürsten seine Einheit und politische Macht einbüßte und durch den dreißigjährigen Krieg arm an Menschen und Hab und Gut geworden war, hatte es in Frankreich Frankreichs das Königtum verstanden, die Großen unter die Krone zu beugen, alle Festigung. Sondergewalten zu unterdrücken und ein einiges, starkes Reich aufzurichten,
das, auf dem Gebiete der Religion nicht zerklüftet und damals das be-Seinübergewicht, völkertfte von ganz Europa, nunmehr in den Stand gesetzt und willens war, die Vorherrschaft im Abendlande an sich zu reißen. Weder das alternde Spanien noch Deutschland und Italien, welches ebenfalls an Zerrissenheit krankte, waren fähig, gegen Frankreichs Vergewaltigung Land und Leute zu sichern. Schon war das Elsaß (bis auf Straßburg), Metz, Toul und Verdun unter der Hand der Welschen, und der Herzog von Lothringen von seinem übermächtigen Nachbar abhängig. Dem gewaltigen Minister Kardinal Unumschränkte Richelieu und seinem Nachfolger Mazarin war es gelungen, dem Königtum Äömg^ertschaft.unum^ränfte Herrschaft im Innern zu verschaffen, so daß es nun ungehindert über die reichen Mittel des Landes gebot. Der letztere leitete Ludwig xiv. vor allem die Regierung in den ersten achtzehn Jahren Ludwigs Xiv. (1643 (1643-1715). —17 1 5), welcher als fünfjähriger Knabe den Thron bestieg.
Nach Mazarins Hingang (1661) ergriff der König die Zügel der Regierung mit eigner Hand und gewann ein solches Maß an Macht, Glanz Zeitalter und Ruhm, daß die bewundernde Mitwelt die Zeit seines Wirkens das Ludwigs xiv. Ze^alter Ludwig s Xiv. nannte. Ein hochbegabter Mann Namens Colbert. Colbert, dem er die Leitung des Schatzwesens und des Handels übertrug, verstand es, Maßnahmen zu treffen, durch die die Gewerbe und der Handel gefördert, also der Wohlstand vermehrt, und die Steuern einträglicher wurden. Ferner gründete er überseeische Ansiedlungen in Amerika und Asien und baute so viel Kriegsschiffe, daß eine Zeit lang die französische Seemacht der englischen gleich kam. Andere treffliche Männer, wie der Kriegsminister Louvois. Lonvois und Vauban, brachten das Heerwesen auf eine hohe Stufe. In zahlreichen Kriegen mehrte sich die Erfahrung und die Tüchtigkeit des Heeres, das Feldherren wie Prinz Conds, Luxemburg und Turenne häufig zum Siege führten. Vom König unterstützt, schlugen die Künste und Wissenschaften ihre Stätte in Frankreich auf. Der alles belebende Mittelpunkt war der Der Hos Hof zu Versailles, wo sich der König ein herrliches Schloß erbauen ließ, das zu Versailles, ^r Gartenkünstler Le Nötre mit ausgedehnten Anlagen umgab. Das Leben am Hofe selbst war durch sorgsam erwogene Regeln, die Etikette, geordnet; samt seiner Pracht, seinen Festen, seiner Verschwendung und Sittenlosigkeit diente er dem hohen Adel Europas als mustergiltiges Vorbild. Dichter wie
1910 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Andrä, Jakob Carl, Seehaußen, Richard
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule, Lehrerinnenseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Lehrerinnenbildungsanstalt
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
128 Die Neuzeit.
Frieden verschaffte er Frankreich die sterreichischen Besitzungen im Elsa ( 82, 5).
2. Ludwigs Xiv. selbstndige Negierung. Nach Mazarins Tode (1661) bernahm Ludwig selbst die Regierung. Mit Klugheit und Tatkraft vollendete er, was Richelieu und Mazarin angebahnt hatten: die Unumschrnktheit der Knigsmacht im Inneren (Sein Russpruch: L'etat, c'est moi!") und Frankreichs bergewicht in Europa. Zu dieser Macht verhalfen dem franzosischen König:
1. die Schwche des deutschen Kaisers Leopold I. und der Habs-burger in Spanien;
Colbert 2. die Klugheit des franzsischen Finanzministers Colbert, der Handel und Gewerbe frderte, Verkehr und Seewesen hob und dadurch die Staatseinnahmen erhhte;
3. die Blte der franzsischen Kunst und Wissenschaft;
4. gewinnreiche Kriege (Raubkriege"), die unter dem Kriegsminister couvvis ouvois von tchtigen Feldherren, wie Turenne, Eonde, vauban
(dem Festungsbaumeister), gefhrt wurden.
Versailles 3. Der t)of zu Versailles. Ludwigs Macht offenbarte sich in feiner glnzenden Hofhaltung zu Versailles bei Paris. Der König schuf sich dort ein groartiges Schlo und ausgedehnte Garten- und Parkanlagen mit Wasserknsten, Grotten und Bildwerken. Zahllose Hf-linge und Diener umgaben hier den Sonnenknig"; prunkvolle Festlichkeiten wurden veranstaltet, und alles vollzog sich nach strenggeregelter Etikette, die man sorgsamer beobachtete als das Sittengesetz.
matntenon ^ne hohe Stellung errang sich an diesem Hofe die Frau von " Ihaintenon. Sie war die Witwe eines Dichters und als (Erzieherin an den Hof gerufen. Durch ihr gewandtes, geistreiches Wesen gewann sie immer greren Einflu auf Ludwig und wurde nach dem Tode seiner ersten Gemahlin sogar seine Frau. Ris solche verschaffte sie ihren Gnstlingen vielfache vorteile.
Ns-lotte Ein Muster von Schlichtheit und Offenheit war dagegen Elisabeth Charlotte von der Pfalz, die Gemahlin von Ludwigs Bruder, des Herzogs Philipp von Orleans. Um der im 30 jhrigen Kriege arg geschdigten Pfalz die Gunst Ludwigs Xiv. zu gewinnen, ward Liselotte" dem franzsischen Prinzen zur Gemahlin gegeben, ein Opferlamm" der Politik. Sie bewahrte sich an dem sittenlosen, heuchlerischen Hofe ihr schlichtes, deutsches Wesen und sprach ihre Liebe zur Heimat in zahllosen dorthin gerichteten Briefen aus; so schreibt sie: Ich halte es fr ein groes Lob, wenn man sagt, da ich ein deutsches herz habe und mein Vaterland liebe; dies werde ich, so Gott will, bis an mein Ende behalten."
1910 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Porger, Gustav, Winter, Hans
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1910
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
- Konfession (WdK): offen für alle
§ 32. Ludwig Xlv. von Frankreich 1643—1715.
81
§ 32.
Ludwig Xiv. bott Frankreich 1643—1715.
I. Die Anfänge seiner Legierung 1643—1666.
1. Wazarins vormundschaftliche Wegierung. Ludwig Xiv. war ein Kind von fünf Jahren, als er 1643 durch den Tod seines Vaters Ludwig Xiii. den Thron Frankreichs erbte. Die Regentschaft führte dem Nameu nach die Königin-Witwe Anna, eine Tochter Philipps Iii. Dem Spauieu; doch überließ sie die Leitung der Staatsgeschäfte dem Kardinal Mazarin, der als erster Minister die Regierung Frankreichs im Geiste seines Vorgängers und Lehrmeisters Richelieu fortsetzte.
Durch das unbedingte Vertrauen der Königin gestützt, führte Mazarin eine streng monarchische Regierung und blieb auch nach der Mündigkeitserklärung des jungen Königs der eigentliche Regent Frankreichs bis zu seinem Tode (1661). Nachdem er den ererbten Krieg gegen Deutschland mit großem Gewinn für Frankreich beendigt hatte, setzte er die Feindseligkeiten gegen Spanien noch weiter fort und erwarb im Friedensschlüsse (1659) die niederländische Grafschaft Artois mit der Hauptstadt Arras. Ein weiteres Ergebnis der Friedensverhandlungen war die Vermählung Ludwigs Xiv. mit der spanischen Infantin Maria Theresia, der älteren Tochter Philipps Iv.
2. Ludwigs Xiv. selbstherrliche Wegierung (seit 1661). Nach dem Tode Mazarius übernahm Ludwig, damals 23 Jahre alt, selber die Regierung seines Landes. Vou glüheuder Ehrbegierde erfüllt, vollendete er im Innern die unumschränkte Machtvollkommenheit des Königtums uach dem Grundsatz: „L’Etat c’est raoi — der Staat bin ich!" Er duldete keinerlei Mitregieruug seitens der Reichsstände und gewöhnte den Adel, seine Ehre in der Verwaltung vou Hos- und Heeresstellen zu suchen. Zngleich aber verstand es Ludwig, mit der Zeit seinen Hof nicht bloß zum politischen sondern auch zum geistigen Mittelpunkt Enropas zu erheben.
H. Ludwigs Xiv. erste Raubkriege 1667 — 1679.
1. Ludwigs wachsende Wbermacht. Um Frankreichs Besitzstand zu vermehren und feiner eigenen Person eine Art Vorherrschaft in Europa Zu erringen, begann Lndwig Xiv. eine Reihe frevelhafter Kriege, die in der Geschichte als Raubkriege bezeichnet zu werden pflegen. Hierbei kam ihm die stärkere Wehrkraft und die größere Wohlhabenheit seines Landes kaum mehr zugut als die Schwäche der Nachbarstaaten.
* Die Gewalttätigkeit und Gewissenlosigkeit der französischen Politik traf nicht selten auf gegnerischer Seite ein allzu williges Entgegenkommen;
Porger, Lehrgang der Vaterland. Geschichte. 2. Tl. 1. Halste. g
10. Bd. 2
- S. 197
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Zeitalter Ludwigs Xiv.
197
ss. Das Zeitalter Ludwigs Uv. und der
unumschränkten Fürstenmacht.
I. Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts.
a. Ludwig X-Iv. und seine Minister und Feldherren.
§. 611. In Ludwig Xiv. erreichte die königliche Allgewalt den höchsten
Gipfel. Das ganze öffentliche Leben drehte sich um den Hof und die Person des
Monarchen. Er ward als Halbgott verehrt und von seinen Unterthanen erhielt
nur der Bedeutung, auf dem die Gnade des Gebieters ruhte. Dies hatte für den
König die Folge, daß Befriedigung seiner Eigenliebe, seines Stol-
zes und seiner Despotenlaune das Hauptziel seines Strebens wurde, für
die Untergebenen, daß sie durch Schmeichelei, Servilismus und Kriecherei die
Hofgunst, die allein zu Glück und Ehre führte, zu erlangen suchten. Daher la-
gerten sich alle böse Geister eines entarteten Hofes, Charakterlosigkeit, Verleum-
dung, Ränkesucht und Neid um den König und verschloffen allmählich der Tu-
gend, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit den Weg. Um die verschiedenen Seiten
der langen glanzvollen Regierung Ludwigs Xiv. zu beurtheilen, muß man die
vier Haupteigenschaften seiner Natur, Herrschsucht, Stolz, Pracht-
liebe und religiöse Devotion ins Auge fasten. Die erste verleitete ihn,
durch vier blutige Kriege ganz Europa in Bewegung zu setzen, sein Stolz
sprach für den Hof von Versailles (wohin die königliche Residenz verlegt
wurde) den ersten Rang an; seine Prachtliebe machte Frankreich zum Muster des
Geschmacks in Kunst, Literatur, Moden und Lebenseinrichtungen, und seine reli-
giöse Devotion, die von Zeit zu Zeit sein sündhaftes Leben durchbrach, trieb ihn
zur Verfolgung der Huguenotten. Alle seine Handlungen hatten übrigens ihren
Grund in dem selbstherrischen (autokratischen) Geiste des Machthabers, der sich
auch darin beurkundete, daß er nach Mazarin's Tode keinen P rem ierm in i-
ster mehr duldete, sondern sich von den verschiedenen Ministern unmittelbar
referiren ließ. Der Oberintendant Fouquet, der unter Mazarin das ganze
Finanzwesen fast unumschränkt geleitet und sich dabei so bereichert hatte, daß er
einen größern Aufwand machen konnte, als der König selbst, wurde seiner Stelle
entsetzt und durch ein willkürliches Gerichtsverfahren zu ewiger Gefangenschaft
verurtheilt. Seitdem verwaltete Co lbert (ff 1683) unter einem bescheidenen
Titel (General-Controleur) die Finanzen des Reiches mit solcher Weisheit, daß
er nicht allein das Geld zu den kostspieligen Kriegen, zu den glänzenden Festen
und Einrichtungen und zu den Bestechungen auswärtiger Minister ohne drückende
Maßregeln herbeischaffte, sondern daß er auch der Betriebsamkeit Frankreichs
einen neuen Schwung gab, Fabriken und Manufakturen (Gobelins-Teppiche),
Handel und Seewesen hob und Künste und Wissenschaften unterstützte. Der
Kanzler Le Tellier besorgte mit Umsicht die inneren, und Lionne mit Klug-
heit und Würde die äußeren Angelegenheiten. Neben ihm machte sich einige
Jahre später Le Telliers ehrgeiziger Sohn, der Kriegsminister Louvois, be-
rühmt und berüchtigt, sowohl durch die neue und treffliche Organisation des
1661.
1666.
1885 -
Nürnberg
: Korn
- Autor: Gutmann, Karl A.
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
2. Periode, 1648-1789. I. Hälfte, 1648-1721. 177
habsüchtige Minister Mazarin (1643—1661). In den Kriegen der Fronde (1648—1653), d. h. den Aufständen des vom Adel geleiteten Volkes gegen Mazarin und den königlichen Hof, behielt Mazarin die Oberhand. Nach dem pyrenäischen Frieden mit Spanien (1659) vermählte sich Ludwig Xiv. mit Maria Theresia, einer Tochter Philipps Iv. von Spanien, die jedoch auf alle Erbansprüche an die spanischen Besitzungen verzichtete.
Die^selbstänbige Regierung Lubwigs Xiv. (nach Ma-zarins Tod 1661) erreichte, was Richelieu und Mazarin vorbereitet hatten: unumschränkte Herrschaft des Königs im Tunern seines Reiches und Frankreichs Vorrang vor den übrigen Staaten Europas.
Nach seinem Regiernngsgrunbsatze „der Staat bin ich"
(1 etat c’est moi) suchte Ludwig Xiv. in seinem Reiche alle Gewalt in seiner eigenen Person zu vereinen. Die Herrschbegier , Genußsucht und Prachtliebe des klugen, aber stolzen und eigenüebigen Königs, sowie die weibliche Günstlingsherrschaft (namentlich der Frau von Maintenon) übten den schlimmsten, entsittlichenden Einfluß auf das ganze Volk, ja auch auf andere europäische Staaten und Fürsten, die Ludwigs Hofleben und die französische Lebensweise nachahmten. — Auch als Beschützer der Künste und Wissenschaften liebte Ludwig Xiv. zu glänzen o? ®rünbung von Akabemien und Bibliotheken und durch Aufführung vieler Prachtbauten (z. B. das Schloß mit den Garten zu Versailles; s. § 90).
In seiner Regierung staub ihm besonbers der Minister Lolbert zur Seite, der sich um die Verbesserung des Finanzwesens, Hebung der Industrie und des Handels verdient machte. Ludwigs Kriege leitete der Kriegsminister Lonvois und viele ausgezeichnete Feldherren, wie Turenne, Conde, Luxem-
Baäan ®aünat Und der Geister der Befestigungskunst
< .2- u”t sem Reich zu vergrößern unternahm Ludwig Xiv.
1 y^obermtgsfriege, die sogenannten Raubkriege.
Erster (spanischer) Raubkrieg, 1666 — 1668. Nach Dem ^ode Philipps Iv. machte Ludwig Xiv., trotz des Ver-
^ Gemahlin, aus Grunb des Devolutions- oberheimsall-Ansprüche aus die spanischen Nieberlanbe. Mar-fchall Turenne besetzte Flanbern und den Hennegau, Conbs
a" rr ?rd&. bte eschen Fortschritte Frankreichs besorgt, schloß Holland mit England und Schweden den Dreimächte- 1668 bmri) (die Tripleallianz). Durch dies Bünbnis sah sich Lub-^:?^ totg genötigt, im Frreben zu Aachen (1668) seine Erobe-Aachen"
Gut mann, Weltgeschichte^ -^2
1913 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Andrä, Jakob Carl, Seehaußen, Richard
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Die Neuzeit.
brandenburgischen Cruppen zum Stege. Daraus erkannte erst Schweden hngigk-it und spter auch Polen die Unabhngigkeit Ostpreuens cm; ftp,r66oens sie wurde im Frieden zu (Dlfoa bei vanzig 1660 endgltig besttigt.
88] 21. Frankreich unter Ludwig Xiv.
Leopold i. während das deutsche Reich unter dem schlaffen Kaiser Leopold I.
1658-1705 1658_1705 nod) tiefer herabsank, erhob sich Frankreich unter der
Ludwigxiv. langen, glanzvollen Regierung Ludwigs Xiv. _lfi43^1z15 zum
1543-1715 .. r r-, j. rr
mchtigsten Staate Europas.
1. Kardinal Mazarin. Ludwig war beim Tode seines Vaters Ludwig Xiii. erst fnf Jahre alt. Deshalb fhrte zunchst 18 Jahre
Mazarin lang der Kardinal mazarin, Richelieus Zgling und Nachfolger, die Staatsgeschfte, und zwar ganz in Richelieus Geiste ( 13, 4). 3m westflischen Frieden verschaffte er Frankreich die sterreichischen Besitzungen im Elsa ( 15, 5).
2. Ludwigs Xiy. selbstndige Negierung, Nach Mazarms Tode (1661) bernahm Ludwig selbst die Regierung. Mit Klugheit und Tatkraft vollendete er, was Richelieu und Mazarin angebahnt hatten: die Unumschrnktheit der Kmgsmacht im Innern (Sein Ausspruch: L'etat, c'est moi!") und Frankreichs bergewicht in Europa. Zu diesem ansehen verhalfen dem franzsischen König:
1. die Schwche des deutschen Kaisers Leopold I. und der Habs-burger in Spanten;
Ulbert 2. die Klugheit des franzsischen Finanzministers (Lauxt^ der Handel und Gewerbe forderte, Verkehr und Seewesen hob und dadurch die Staatseinnahmen erhhte;
3. die Blte der franzsischen Kunst und Wissenschaft;
4. gewinnreiche Kriege (Raubkriege"), die unter dem Kriegsminister couoois Louvois von tchtigen Feldherren, wie Turenne, Tonde, vauban
(dem Festungsbaumeister), gefhrt wurden.
Versailles 3. Der Hof zu Versailles. Ludwigs Macht offenbarte sich in seiner glnzenden Hofhaltung zu Versailles bei Paris. Der König schuf sich dort ein groartiges Schlo und ausgedehnte Garten- und Parkanlagen mit Wasserknsten, (Bretten und Bildwerken. Zahllose Hflinge und Diener umgaben hier den Sonnenknig"; prunkvolle Festlichkeiten wurden veranstaltet, und alles vollzog sich nach strenggeregelter Etikette, die man sorgsamer beobachtete als das Sittengesetz.
1901 -
Halle a.d.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Neubauer, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
14
Das Zeitalter des Emporkommens Preußens. 1648—1786.
Leopold!, sein Sohn I."gewählt wurde, hatte er nicht verhindern
1658—1705. sannen; wohl aber schloß er mit einer Reihe deutscher Reichsstände, unter denen sich die drei geistlichen Kurfürsten, Hessen-Kassel, die Der welfischen Herzöge befanden, den ersten Rheinbund, der zu einem Rheinbund, politischen Werkzeug Frankreichs wurde.
1661. 1661 starb Mazarin; an seiner Stelle übernahm der dreiund*
zwanzigjährige Ludwig Xiv. selbst die Regierung.
Ludwigs Xiv. innere Politik.
Ludwig xiv. § 14. Ludwig Xiv. war ein König von außerordentlichen
^43-i7io. Gaben, großer Klarheit des Geistes., starker Willenskraft und Herrschaft über sich selbstmajestätisch in seinem ganzen Wesen; zugleich
freilich von außergewöhnlichem Selbstbewußtsein, Stolz und Ehrgeiz, prachtliebend, ausschweifend. Er umgab sich mit bedeutenden Talenten, die er selbst herausgefunden hatte: unter ihnen ragten hervor der Kaufmannssohn Colbert, sein rastlos thätiger, kenntnisreicher, allerdings rücksichtslos harter Minister für das Innere, die Finanzen
und den Handel. Louvois. der ebenso hervorragende Organisator des Heeres wie brutale Staatsmann, der berühmte Festungsbaumeister Jßauban, die großen Feldherren Turenne, Conds, Luxemburg. So hat er die Staatseinheit und den Absolutismus vollendet und Frankreich zugleich durch eine herrische, aber glückliche Politik auf Jahrzehnte hinaus an die Spitze Europas gestellt. Andererseits hat Ludwig Xiv., „le Roi.,.Soleilar dem man das Wort zuschreibt: L’Etat c’est moi, indem er die Hilfsmittel seines Landes einer maßlosen Selbstsucht dienstbar machte, die militärischen und wirtschaftlichen Kräfte der Nation erschöpft und durch den furchtbaren Druck seiner Regierung die Anhänglichkeit an das Königtum zerstört, ohne doch schließlich verhindern zu können, daß sich neben Frankreich andere Staaten zu Großmächten entwickelten.
§ 15. Verwaltung und Hccr. Was die innere Politik anlangt, so wurde die Allgewalt des Staates auf dem militärischen Gebiete, auf dem der Verwaltung und auf dem der Volkswirtschaft durchgeführt; ja, sie wurde zuletzt auf das religiöse Gebiet übertragen. Zugleich vereinigten sich Kunst und Wissenschaft, um den Glanz des Königtums zu erhöhen.
Staats- Es galt zunächst die Reste von Selbständigkeit zu brechen, die
Verwaltung. [n Frankreich noch vorhanden waren. Die Reicksstände wurden nicht berufen, die Parlamente durch strenges (Einschreiten pm Schweigen gebracht, den Städten die Selbstv^rwaltuna genommen und königliche Beamte mit ihrer Verwaltung betraut. Ein strenges Polizei-
1911 -
Freiburg im Breisgau [u.a.]
: Herder
- Autor: Mertens, Martin, Bernhard, Wilhelm
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
178 Siebter Zeitraum. Vom Wests. Frieden bis zur Thronbesteigung Friedrichs d. Gr.
Frieden zu Oliva, einem alten Zisterzienserkloster bei Danzig, Preußen endgültig als souveränes Herzogtum anerkannt (1660).
c) Friedrich Wilhelm im Kampfe mit Ludwig Xiv. und den Schweden.
1. Das Aufsteigen Frankreichs unter Ludwig Xiv. In Frankreich regierte zu jener Zeit Ludwig Xiv. (1643—1715). Während dessen Minderjährigkeit leitete der Kardinal Mazarin ganz im Geiste Richelieus den französischen Staat. Auch er war auf eine Schwächung Österreichs Bedacht, um dann leichter Stücke von Deutschland losreißen zu können (vgl. S. 153).
Beim Tode Mazarins übernahm Ludwig Xiv. selbst die Regierung (1661). Er war „der schönste Mann seines Königreiches", genußsüchtig, aber doch sehr tätig, stolz auf seine Würde und voll Ehrgeiz. Getreu den Überlieferungen feines Hauses (S. 153), verfolgte er hauptsächlich zwei Ziele: 1. die Krone unumschränkt zu machen („Der Staat, das bin ich"); 2. Frankreich im Norden und Osten bis an den Rhein auszudehnen und zur ersten Macht Europas zu erheben.
Das erste Ziel erreichte er vollständig. Die Reichsstände (Vertreter der Geistlichkeit, des Adels und des dritten oder Bürgerstandes) wurden nicht mehr berufen, der früher so trotzige Adel an den Hof gezogen und durch die Genüsse des glänzenden und schwelgerischen Hoflebens entnervt. In Versailles (19 km westlich von Paris) erbaute Ludwig ein glänzendes Schloß mit prunkenden Wohnränmen und anmutigen Gärten (Barockstil). Dort fand sich die vornehme Welt des ganzen Landes zusammen, um dem „Sonnenkönig" zu huldigen; Fest reihte sich an Fest; Dichter und Künstler wetteiferten in der Verherrlichung des Monarchen, der seinerseits die Wissenschaften und die Künste auf jede Weise förderte. Damals erlebte die französische Literatur ihr Goldenes Zeitalter (Corneille, Moliere, Racine).
Um das zweite Ziel zu erreichen, schuf Ludwig ein starkes und tüchtiges Heer. Dabei halfen ihm fähige Feldherren, wie der Prinz Conde, Turenne, Louöois und viele andere. Zahlreiche Neuerungen wurden auf dem Gebiete des Heerwesens eingeführt, wie Uniformen, Gleichschritt, Bajonette; auch die Besestigungskunst machte bedeutende Fortschritte.
Die Mittel sür den Unterhalt des Hofes und des Heeres gewann der König hauptsächlich aus der Förderung der Gewerbe und des Handels. Sein Minister Colbert hob den einheimischen Gewerbefleiß durch die Erschwerung oder das gänzliche Verbot der Einfuhr fremdländischer Jndustrieerzeugnisse und durch die Einführung und Begünstigung neuer Fabrikzweige, den Handel durch Anlage von Straßen und Kanälen.
2. Der Einfluß Frankreichs auf das übrige Europa, insbesondere Deutschland. Ludwig Xiv. und sein Hof wurden das Vorbild für die Fürsten Europas, insbesondere Deutschlands. Sie alle strebten nach unumschränkter Regierung, bauten prächtige Schlösser im Stile des Versailler, feierten glänzende Hoffeste, schufen stehende Heere mit den französischen Einrichtungen und Benennungen für die Rangstufen der Offiziere und die einzelnen Abteilungen (Division, Brigade usw.). Fast allgemein wurde die Ansicht herrschend, daß nicht das Wohl des Landes,
1905 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Hoffmeyer, Ludwig, Hering, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
248
Die Neuzeit. Zweite Periode, 1648—1789.
Frankreich aber das Übergewicht über alle Staaten Europas zu verschaffen suchte und deshalb die Macht des Adels brach, den Hugenotten zwar Religionsfreiheit gewährte, ihnen aber ihre Sicherheitsplätze nahm, den Niederländern in ihrem Unabhängigkeitskampfe Hilfe leistete und durch Unterstützung der Evangelischen den Dreißigjährigen Krieg in die Länae Ä. Er starb 1642 und ein Jahr^Ham^Wwig Xiii., der zwei Söhne hinterließ: feinen Nachfolger Ludwig Xiv. (1643—17^ und Philipp, Herzog von Orleans, der Stammvater einer jüngeren bonr-bonifchen Linie wurde. Die Stelle eines ersten Ratgebers der Krone nahm nach Richeliens Tode der Kardinal Mararin ein, der die Staatsgeschäfte ganz im Sinne feines Vorgängers leitete. Im Westfälischen Frieden erlangte er die für Frankreich so günstigen Bedingungen, und im Kampf mit Spanien gewann Frankreich den größten Teil von Artois, ferner Thionville und einige Grenzplätze im Hennegau. Auch vermählte sich Ludwig Xiv. mit Maria Theresia, der Tochter Philipps Iv. von Spanien. Sobald Mazarin die Augen schloß (1661), begann Ludwigs Selbstherrschaft, und in chmlrlcrngtesie königliche Allgewalt den höchsten Gipfel. Er betrachtete sich als den alleinigen Inhaber alles Rechts und aller Gewalt, der ganze Staat schien nur seinetwegen dazusein, weshalb man ihm auch das Wort in den Mund legt: „Der Staat bin ich." Voll Herrschsucht und glühender Ehrbegierde gestattete er den französischen Reichsständen nicht den geringsten Einfluß aus die Regierung. Er besaß die Fähigkeit, die tüchtigsten Männer zu erkennen und sich dienstbar zu machen; Adlige, Künstler und Gelehrte gewöhnte er durch Ehrenstellen und Geldgeschenke daran, in seiner Gunst das höchste Glück zu suchen. Alle Künste und Wissenschaften sollten nur zu seiner Verherrlichung dienen. Der Finanzminister Colbert wußte durch hohe Eingangszölle, durch Verbot der Ausfü^r^lcher Rohstoffe, welche im Lande verarbeitet werden konnten, durch Unterstützung von Handels- und Schiffbangefellfchaften, durch den Bau von Kanälen (Canal du Midi) und Landstraßen Gewerbe und Handel rasch zur Blüte zu bringen und dadurch die Staatseinnahmen aul^das Mnlfache au erhöhen. Der Kriegsminister Lonvois fcfiuf ein großes, tüchtiges Heer; das Gewehr wurde durch Anbringung des Bajonetts. verbessert. Da die Werbung nicht mehr genügte, das Heer ans die vom Könige gewünschte Stärke zu bringen, führte man ^wangsausbebun-flm unter den nichtprivileaierte«..Ständen ein. Die Truppen wurden uniformiert und in Kasernen gelegt. Vauban brachte die Befestigungsund Belagerungskunst auf eine ungeahnte Höhe, und die von Colbert geschaffene französische Kriegsflotte wurde die stärkste der Welt. Wie gefährlich konnte ein solcher Nachbar für Deutschland werben!~
/rn
1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
206
§♦ 5. Ludwig's Xiv. Eroberungskriege.
Sobald Ludwig Xiv. seine Macht und sein Ansehen im Reiche be-
festigt sah, wandte er sein Auge auf die europäischen Angelegenheiten. Er
wollte der mächtigste Monarch von Europa sein, und es gelang ihm auch,
dieses Ziel zu erreichen, weil ihn die ausgezeichnetsten Männer, die er auf-
zufinden und zu benutzen wußte, mit ihren großen Talenten unterstützten.
Die zerrütteten Staatseinkünfte brachte sein Finanzminister Johann Bap-
tist Cvlbert, der Sohn eines Weinhändlers aus Rheims, in Ordnung.
Er versetzte Frankreich durch Umschaffung des Handels und der Schifffahrt
und durch Errichtung aller Art Manufacturen in den blühendsten Zustand,
doch mußte der redliche Mann, um die kostspieligen Kriege und den Auf-
wand des Hofes zu bestreiten, in der Folge manche drückende Auflagen
und Steuern über das Volk bringen, wobei der Ackerbau, den Hein-
rich Iv. und Sully als Grundpfeiler der allgemeinen Wohlfahrt so sehr
begünstigt hatten, am meisten litt. Ludwig's Kriegsminister war Lou-
vois und die Seele aller großen Unternehmungen des Königes, aber auch
der böse Geist, welcher halb Europa in Krieg verwickelte und nie Frieden
aufkommen ließ, um sich seinem Herren unentbehrlich zu machen. Unter
den Feldherren zeichneten sich besonders der große Conde, der nach dem
pyrenäischen Frieden wieder zurückgerufen wurde, Tu renne und Vau-
b an, der berühmte Festungsbaumeister, aus. Nachdem die Kriege im In-
neren beigelegt waren, gelangte Frankreich durch gute Anstalten zum Wohl-
stände, Künste und Wissenschaften kamen empor und Ludwig's Name
wurde in und außerhalb Frankreich gepriesen. Als aber der König der
Herrschbegierde sich hingab und unredlichen Rathgebern folgte, 'brachte er
über sein Land Unglück und Verderben, aus dem späterhin die franzö-
sische Revolution hervorging.
Der Tod Philipp's Iv. von Spanien gab dem Könige Ludwig Xiv.
die erste Veranlassung zum Kriege. Er machte nämlich als Gemahl der
Infantin Maria Theresia Ansprüche auf einen Theil der spanischen
Monarchie, auf Flandern, und eroberte es in wenigen Wochen. Da-
mals retteten die Holländer, denen ein Nachbar wie Ludwig unwillkom-
men war, die spanischen Besitzungen, indem sie sich mit England und
Schweden gegen Frankreich vereinigten, und Ludwig mußte den größten
Theil seiner Eroberungen herausgeben. Um sich an den Holländern zu
rächen, schloß er ein Bündniß mit König Karl von England, brachte er
ein Heer von 200,000 Mann zusammen und führte es selbst nach Flan-
dern. Er fuhr in einem Wagen, begleitet von der Königin, seinen Freun-
dinnen und allen Hofleuten, als ob er zu einem Feste ziehen wollte. In
seinem Lager wohnte der Hof unter prächtigen Zelten; außer den glänzen-
den Wachparaden, Musterungen und dergleichen kriegerischen Aufzügen sah
man hier täglich Theater, Spiel und Ball, ganz wie zu Versailles. Das
1886 -
Berlin
: Hofmann
- Autor: Wychgram, Jakob
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule, Lehrerseminar, Lehrerinnenseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Lehrerinnenseminar
- Geschlecht (WdK): koedukativ
§ 67. Innere Zustände Frankreichs unter Ludwig Xiv. 115
a) Die Einnahmen und Ausgaben des Staates standen in keinem richtigen Verhältnis, und Ludwig lud eine stets wachsende Schuldenlast dem Volke auf.
b) Indem Ludwig ein völlig unumschränktes Regiment übte, schloß er die Nation selbst ganz von der Leitung ihrer eigenen Angelegenheiten aus.
c) Gegenüber der beherrschenden Stellung von Paris wurde das geistige Leben in der Provinz immer mehr verkümmert.
d) Durch die Störung des religiösen Friedens wurde der Entwickelung des Landes ein schwerer Schlag versetzt. Seit dem Jahre 1675 hat Ludwig eine systematische Unterdrückung der Protestanten betrieben. Den Verfügungen über die Beschränkung derselben in politischer und religiöser Beziehung folgten Gewaltthaten (Dragonaden in Bearn) und endlich die Aufhebung des Ediktes vou Nantes 1685, durch welche Tausende von gewerb- 1685 fleißigen Reformierten zum Verlassen des Landes getrieben wurden (Aufnahme derselben in anderen Ländern: Holland, Ostfriesland, Brandenburg!).
e) Nach dem Vorbilde des Hofes und des Adels nahm die Sittenlofigkeit in Frankreich in erschreckendem Maße zu. Schlimmer Einfluß der Frauen (Ninon de l'enclos, Comtesse de Brinvilliers).
Repetition. §§ 65—67. Ludwig Xiv. 1643 — 1715. Richelieu und Mazarin begründen den Absolutismus, d. h. die Unumschräukt-heit der königlichen Gewalt, gegenüber dem Adel, den Parlamenten und den Protestanten' — Ludwigs Raubkriege: I. beendet durch den Frieden zu Aachen 1668; Ii. beendet durch den Frieden zu Nymwegen 1678; Iii. beendet durch den Frieden zu Ryswick 1 697. Erfolge und Ausdehnung der französischen Grenze gegen die Niederlande und gegen Deutschland (Straßburg, geraubt 1681, und ein großer Teil des Elsasses französisch). — Zwischen dem zweiten und dritten Raubkrieg Wirksamkeit der Reunionskammern. — Der spanische Erbfolgekrieg bricht die Vorherrschaft Ludwigs zu Anfang des 18. Jahrhunderts. — Innere Zustände Frankreichs: a) Hebung von Handel und Industrie durch Colbert; Merkantilsystem. Kanalbauten. Fabrikeinrichtungen, b) Hofhaltung in Versailles sehr glänzend und kostspielig, c) Litteratur und Kunst: Trauerspieldichter Corneille und Racine, Lustspieldichter Moliere. — La Fontaine; Boilean; Fenelon; Bossuet; Mme. de Maiuteuon; Mme. de Sevigns. Maler: Ponssin,
Lebrnn, Clau de Lorraiu. — Schattenseiten der Regierung Ludwigs: Übermäßige Belastung des Volkes mit Schulden; Beschränkung der Selbständigkeit der Nation; Beginnende Zentralisation des Landes; Störung des religiösen Friedens: Aufhebung des Ediktes von
Nantes 16 85; zunehmende Sittenverderbnis.
8*
1902 -
Erlangen [u.a.]
: Deichert
- Autor: Griebel, Heinrich
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
§ 82. Ludwig Xiv. Leopold I. 33
fluß auf die Erziehung und Entwicklung des Prinzen. Nach Mazarins Tod (1661) übernahm Ludwig Xiv. die Regierung. Ganz den Grundsätzen entsprechend, welche Mazarin seiner Seele eingepflanzt hatte, steckte er seinem Wirken zwei große Ziele, die er mit aller Energie Zwei Ziele Lud-nnd Ausnutzung aller Mittel zu erreichen suchte. Er wollte erstens die Königsmacht im Innern so befestigen, daß keine Bewegung im Laude an den Grundlagen derselben rütteln könne, alle Gewalt an sich bringen, seinen Willen nach dem Grundsatz „l’Etat c’est moi“ (der Staat bin ich) zum allbeherrschenden, unumschränkten machen; er wollte zweitens Frankreich zum tonangebenden Staat in Europa erheben, die andern Staaten also in größere oder geringere Abhängigkeit von sich bringen.
3. Um das erste Ziel zu erreichen, gestattete er keine Mitregierung Mtttel^zur^Be-seitens der Reichsstände und des Pariser Parlaments, schränkte er die Königtums. Macht der Minister ein und verlieh die obersten Stellen nur an solche Männer, die ihm treu ergeben waren und die sich ohne Widerrede seinem Willen unterwarfen. Dabei war er indes darauf bedacht, für jedes Amt den begabtesten und brauchbarsten Mann zu finden.
Mit viel Sicherheit und großem Scharfblick erkannte er die Fähigkeiten der ihn umgebenden Personen und so kam es, daß er Männer an die Spitze der einzelnen Verwaltungszweige stellte, die sich ihrer Aufgabe in hohem Grade gewachsen zeigten. Die hervorragendsten waren: 1) Colbert, welcher die Finanzen verwaltete, für Verbesserung a. Minister, der Verkehrswege, für Anlage von Straßen und Kanälen (Südkanal: Garonne-Mittelmeer) sorgte, das inländische Gewerbe hob, indem er die Ausfuhr von Rohstoffen und die Einfuhr von Fabrikaten verbot, einen Aufschwung des Ackerbaues und des Handels bewirkte und durch seine gesamte Tätigkeit die Mittel herbeischaffte, welche Ludwig Xiv. zu seinen Kriegen, Festen, Einrichtungen und zu den „Bestechungen auswärtiger Minister" brauchte; 2) der Kriegsminister Lonvois, welcher mit Geschick und Erfolg an der Vermehrung, besseren Organisation und Ausbildung des stehenden Heeres arbeitete, aber durch eine grausame Kriegsweise eine traurige Berühmtheit erlangte; 3) Vanban, der geniale Kriegsingenienr, welcher mit meisterhafter Kunst die eroberten Grenzstädte in uneinnehmbare Festungen umwandelte.
Da Ludwig Xiv. viel Sinn für das Schöne hatte, so begünstigte b. Pflege der er die Pflege und höhere Entwicklung der Künste, namentlich der Baukunst und der Poesie. Prachtbauten erhoben sich in und um Paris, der herrlichste von ihnen das Schloß Versailles, in dessen Spiegelsaal 1871 das Deutsche Reich proklamiert wurde. Die Dichtkunst feierte ihr goldenes Zeitalter. Dichter und Gelehrte (Tragödie:
Corneille und Racine. Komödie: Moliere. — Fenelon, Pascal) wetteiferten darin, den Namen Ludwigs zu verherrlichen. So gelang es
Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 3
1855 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Mürdter, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Bürgerschule, Lateinschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium, Lateinische Schule, Pädagogium, Realschule, Töchteranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
153
§. 144b. Frankreich unter der Regierung Ludwigs Xiv.
Ein Versuch der beiden Königinnen, den ihnen verhaßten Minister zu ent-
fernen , so wie ein Anschlag aus sein Leben, der von einem königlichen Günst-
ling Cinqmars ausgieng, dienten nur zur Befestigung in seiner Stellung.
Die Königin-Mutter wurde verwiesen, Cinqmars und sein Mitschuldiger de
Thou starben auf den Schaffot.
Richelieu starb 1642, und 5 Monate nachher auch Ludwig Xiii.
Da sein Sohn Ludwig Xiv. erst 5 Jahre alt war, wußte sich die
Königin Anna die Vormundschaft zu verschaffen, und überließ die
Zügel der Regierung dem Cardinal M a z a r i n, einem geschäftsge-
wandten, schlauen, schmiegsamen Italiener, der Richelien's Werk fort-
setzte. Er wandte jedoch nur Ränke und Jntriguen an, die ihm zugleich
als Mittel zur Befriedigung seiner Habsucht dienten.
Er war es, der den Abschluß des westfälischen Friedens verzögerte
und denselben so günstig für Frankreich zu machen tvnßte. Er schlug
im Krieg mit der Fronde die Opposition der Großen vollends
danieder, und schloß nach Beendigung des 24jährigen Kriegs mit Spanien 1659
den pyrenäischen Frieden, durch welchen die französische Grenze
an die Pyrenäen gerückt wurde.
Mazarin starb 1661, als Staatsmann bewundert, aber von Niemand be-
trauert, mit Hinterlassung eines Vermögens von 15 Mill. Livres.
Es haben Richelieu und Mazarin allerdings den Ruhm, die Zer-
splitterung Frankreichs gehindert und Einheit in die Verwaltung gebracht zu
haben. Sie giengen aber darin zu weit, und bahnten der Revolution den
Weg, indem sie den Einfluß der Provinzen, der Parlamente, des Adels und
des dritten Standes völlig vernichteten, statt sie bloß zu mäßigen und ihre
frische Lebenskraft für das Ganze zu nützen.
8. Frankreich unter der Selbstregicrung Ludwigs Xiv. bis zum Npmwcger
Frieden.
§. 144 b. Nach Mazarin's. Tod ergriff Ludwig Xiv. selbst 1661
die Zügel der Regierung und wußte den Einfluß Frankreichs fast über
ganz Europa auszudehnen, und französischen Geist und Ton zum Nach-
theil anderer Staaten (namentlich Deutschlands) geltend zu machen.
Ohne Tiefe des Geistes besaß Ludwig Xiv. die Kraft schneller Austas-
tung und Beurtheilung der Personen und Sachen, durchgreifenden Willen,
körperliche Vorzüge, eine anmuthige, würdevolle Haltung, welche ihn zum
Abgott des Hofs und Volks machte A das sich in seinem König wiedergespiegelt
sah, und es ganz in der Ordnung fand, daß Ludwig in unbegrenzter Selbst-
sucht und Eigenliebe den Grundsatz aussprach und darnach handelte: L’état
c’est moi ! (Der Staat bin ich !)
Dabei wußte er sich mit den tüchtigsten Männern in allen Zweigen der
Staatsverwaltung zu umgeben, unter welchen besonders der Finanzminister
Colbert, der alle Hilfsquellen des Landes zu öffnen verstand, und der Kricgs-
minister Louvois hervortreten.
1910 -
Regensburg
: Manz
- Autor: Schöppner, Alexander, König, Leo
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Ii. Zeitalter Ludwigs Xiv.
Ludwig Xiv.
udwig Xiv. und sein Hof galten lange Zeit den Fürstenhäusern Europas als Vorbild. Unter ihm trat Frankreich an die Spitze der europäischen Bildung und behauptete durch Eroberungen, durch die Entwicklung des geistigen Lebens, durch den Glanz des Hofes, am meisten aber durch den Absolutismus der Monarchie und die dadurch vollendete Vereinrguug aller Kräfte auf einen Punkt gebieterisch das Übergewicht. Als der König den Thron bestieg, bedrohten feindliche Heere die Grenzen des Reiches, in dessen Jnnerm Zwietracht waltete. Aber durch seine glorreichen Siege weckte er in den Herzen seiner Untertanen das Gefühl für Nationalruhm, und seit die innere Verwaltung geordnet war, vermochte er alle Kräfte nach außen im Interesse einer Politik zu verwenden, deren Gang er mit klarem und sicherem Blicke verfolgte. Aus der fieberhaften Bewegung, welche durch die Zeiten der Froude hervorgerufen war, keimte, sobald den inneren Unruhen Schranken gesetzt waren, wie aus zahllosen Knospen jene Fülle geistigen Lebens auf, dessen großartigen Mittelpunkt Paris und Versailles bildeten. Aus der Schule eines Richelieu und Mazariu gingen gewandte Staatsmänner hervor, als Schüler Condes und Tnrennes glänzten die kriegslustigen Marschälle Frankreichs. Auf manchen Reisen begleiteten Boileau und der mit Corneille um den Preis rin- König Ludwig xiv. gende Racine den König, der dem mit der Schärfe des Witzes
alles geißelnden Moltete seinen Schutz angedeihen ließ und die berühmten Kanzelredner und Kirchenfürsten Bossuet und Fenelon an den Hof zog. Von Versailles ging der Sinn für Künste und Wissenschaften, der freilich meist nur aus Eitelkeit und Ruhmsucht seine Nahrung • sog, in die Provinzen über. Jeder wollte sein Frankreich verherrlichen, und wenn früher die deutschen Fürstensöhne nach Rom oder zur Zeit des Karnevals nach Venedig zogen, so drängten sie sich jetzt in den Vorsälen des Schlosses von Versailles, um Wort und Bewegung dem gefeierten König abzulauschen, die Bauwerke eines Mansard, die Gärten eines Lenotre zu bewundern.
Als Ludwig Xiv. (1661) selbständig die Regierung übernahm, bildeten der Kanzler Le Tellier, der, durchdrungen von der Allgewalt des königlichen Willens, seinen
ältesten Sohn, den Marquis von Lonvois, zu gleicher Unterschrift Ludwigs xiv.