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1. Teil 2 - S. 462

1882 - Leipzig : Brandstetter
462 Das deutsche Reichsheer. Verteidigungsbündnisse und errichteten 1697 eine „Assoziation", durch welche sie sich verpflichteten, auch in Friedenszeiten stehende Truppen zu unterhalten. Obgleich diese Assoziation mehrfach erneuert wurde, so blieben die uns ihr hervorgehenden Anstalten doch sehr unvollkommen, und die Truppen dieser Kreise sind es vorzugsweise, denen der Begriff der „Reichsarmee" seinen späteren spöttischen Beigeschmack verdankt. Während die Stände noch über die Ausführung der neuen Reichs-Lefensionalverfassung zu Rate gingen, nahm Ludwig Xiv. Straßburg, d. H. <r bemächtigte sich des Schlüssels von Deutschland. Der westfälische Friede hatte zu jener staatsrechtlichen Form geführt, Don der Friedrich der Große erklärte, sie stelle nur noch „eine erlauchte Republik mit selbstgewähltem Oberhaupte" dar. Die Macht dieses Oberhauptes war aufs äußerste beschränkt, und dafür bezeichnend ist der diplomatische Ausdruck „Kaiser und Reich", der darauf hindeutet, daß erst das Zusammenwirken der Stände mit dem Kaiser einen staatsrechtlichen Willen erzeugte und ein völkerrechtliches Handeln ermöglichte. Als Reichsoberhaupt vermochte der Kaiser weder ein Bündnis zu schließen, noch Krieg zu beginnen, wenn nicht ein Reichsschluß vorlag, als Reichsstand vermochte er das alles, wie jeder andere, auch der kleinste Stand. Doch war ihm in der Wahlkapitulation eingeschärft, zu Widerwärtigkeiten gegen das Reich keinen Anlaß zu geben, noch weniger es in fremde Kriege zu verwickeln. Tie Frage, ob ein Reichskrieg zu führen sei, hing, gleichviel ob es ein Angriffs- oder Verteidigungskrieg war, ab von einem förmlichen Reichsschlnsse, den der von 300 stimmberechtigten Reichsständen beschickte Reichstag zu Ziegensbnrg faßte. Zwar gab es in Deutschland auch zur Zeit tiefsten Friedens über 600ouo ausgebildete Soldaten; aber weder Kaiser noch Reich hielten als solche stehende Trnppen. Erst wenn auf dem Reichstage ein Reichskrieg beschlossen war, wurde durch Komitialbefchluß die Stärke der Reichsarmee und später deren etwa notwendige Vermehrung festgestellt. Dann erließ der Kaiser die „Exzitatorieu" an die Kreise zur Stellung und Ausrüstung ihrer Kontingente, und von diesen ward aus den Mitteln der Stände die Reichsarmee zusammengebracht. Die Leistungen der Kreise beruhten durchaus auf dem Reichsschluß von 1681, innerhalb der Kreise aber für jeden einzelnen Stand auf der Matrikel von 1521. Relnitions- (Ablöfnngs-) Verträge waren unerlaubt, doch blieb es jedem Reichsstande gestattet, sein .Kontingent von einem andern stellen zu lassen. Diese reichsgesetzlichen Bestimmungen fanden aber nicht überall rückhaltlose Anerkennung. Unaufhörlich widerstrebten die Kreistage den Beschlüssen des Reichstages, die Stände den Beschlüssen der Kreistage. Die zusammengebrachten Kontingente blieben oft um ein sehr bedeutendes hinter der Zahl der Mannschaften zurück, die sie eigentlich erreichen sollten. Die Reichsritterschaft mit ihren anderthalbtausend kleinen Souveränetäten war Mar ihrer Verpflichtung zum persönlichen Kriegsdienste gesetzlich nicht ent-

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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 7

1909 - Hamburg : Boysen
Unterhalt des Reichskammergerichtes handelte. Man ließ das Gericht Mangel leiden; die Zahl der Arbeiter mußte vermindert werden, die Entscheidung der Rechtsfälle wurde über Gebühr verzögert, und so gelang es den Reichsständen allmählich, das Vertrauen zur Rechtspflege des Reichskammergerichtes zu untergraben. Wehrlosigkeit. Alle Kräfte des Reiches strebten auseinander. Jeder Stand, jede Stadt, jede Landschaft bildeten eine Welt für sich. Der Deutsche fühlte sich nicht mehr als Deutscher, sondern als Bayer oder Preuße oder Sachse. Er war dem angestammten Fürstenhause treu ergeben; das große Vaterland war ihm zu einer dunklen Sage geworden. Ganz besonders zeigte sich der Verfall des Reiches in der Führung der äußeren Staatsangelegenheiten und im Kriegswesen. Der Reichstag in seiner Schwerfälligkeit wollte von allem mit unterrichtet sein, alles mit leiten, und doch vermochte er meistens zu keinem Schlüsse zu gelangen, auch wenn die äußerste Not drängte. Erfolgte endlich ein Beschluß, so stand er nur auf dem Papier. Niemals verfügte man über die vorschriftsmäßige Zahl der Soldaten. Viele Kontingente wurden gar nicht, andere nicht ganz gestellt. Während die kleineren Staaten aus Ohnmacht und Saumseligkeit zuriickblieben, wollten die größeren nicht ihr Landesheer schwächen. Waren die Truppen beisammen, so war eine erfolgreiche Arbeit unmöglich, weil keine gemeinschaftlichen Übungen stattgefunden hatten. Die Truppen des schwäbischen Kreises z. B. wurden von 4 geistlichen und 14 weltlichen Fürsten, von 14 Prälaten, 4 Äbtissinnen, einigen 30 Grafen und Herren und etwa 30 Reichsstädten tropfenweise zusammengebracht. Für eine Kompagnie des schwäbischen Kontingents stellte Gmünd den Hauptmann, Rottweil den ersten Leutnant, die Äbtissin von Rotenmünster den zweiten, der Abt von Gengenbach den Fähnrich. Ganz kläglich war die Ausrüstung. Jedes Kontingent hatte seine eigene Art der Verpflegung, so daß ein Regiment, das vielleicht aus 12 Kontingenten bestand, in 12 verschiedene Orte schicken mußte, um Pferdefutter und Brot zu bekommen. Jede Bewegung war dadurch gehemmt, jedes rasche und heimliche Unternehmen unmöglich gemacht. Ebenso waren die Bezahlung des Soldes, die Kleidung, die Verpflegung der Kranken nicht gleichmäßig. Die Gewehrläufe besaßen eine ganz verschiedene Weite, so daß bei Roßbach von 100 Flinten kaum 20 Feuer gaben. Selbst Johann Jakob Moser, ein berühmter Rechtsgelehrter aus jener Zeit, der sich in die alten Formen eingelebt hatte und dem sie heimisch und lieb geworden, sagte: ,,Die bei einem Reichskriege und der Reichsarmee sich äußernden Gebrechen sind so groß, auch viel und mancherlei, daß man, solange das Deutsche Reich in seiner jetzigen Verfassung bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu führen.“ Nach Freytag, Häusser und Treitschke.

2. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 137

1858 - Weimar : Böhlau
137 andere Geschäfte zugewiesen, namentlich die Aufsicht über das Münz- wesen, die Obhut gegen Erhöhung oder Anlegung neuer Zölle, die Vor- berathung wichtiger Reichstagssachen. Das Reichsheer bestand aus den Contingenten der Reichsstände; der Kaiser als solcher unterhielt keine Truppen. Ueber die Größe des von jedem Reichsstande zu stellenden Contingentes wurden je nach Be- dürfniß wechselnde Anschläge gemacht. Jeder Kreiß hatte seine Kreis- generalität und besondere Operationskafse. Für Sold, Kleidung und Unterhalt hatte auch im Kriege jeder Reichsstand in Beziehung auf sein Comingent zu sorgen. Die Schwäche der Reichsarmee lag in der Zu- sammensetzung aus kleinen Contingenten, die schlecht ausgerüstet, schlecht eingeübt, ohne gemeinsame Verpflegungsanstalten, von unbekannten Oft ficieren befehligt und durch keinen gemeinsamen Geist verbunden waren. Unter diesen Umständen war es ein Vortheil, daß der Kaiser zu einem Reichskrieg insgemein eine besondere Truppenmacht aus seinen Erbstaa- ten stellte. Die Art, wie ein Reichsstand sein Contingent aufbrachte, war die- sem überlassen. Man griff immer mehr zu dem Mittel, sein Contingent durch Söldner zu stellen, vie für eine bestimmte Zeit geworben und dann wieder entlassen wurden. Es bildeten sich für den Fußdienst Schaa- ren von Landsknechten, die gegen Sold für jeden zu haben waren. Die Reiterei aber warb man größtentheils aus Rittersleuten, die aus Kriegslust oder zu ihrem Unterhalt mit einer gewissen Zahl von Knech- ten gegen Sold in Dienst traten. Bald trat das System stehender Heere ein. Zu einem Reichskrieg gehörte ein Beschluß des Reichs- tages; die Kriegserklärung aber erließ der Kaiser in seinem Namen. Die Einkünfte des Reiches waren sehr zusammengeschmolzen. Die Reichsgüter und Regalien waren als Lehen vergeben; die Einlösung der an Reichsstände verpfändeten Reichsgüter war dem Kaiser fast un- möglich gemacht. Als Einkünfte, die der Kaiser bezog, kamen nur noch vor: der jährliche Tribut aus einigen Reichsstädten, der Opferpfennig der frankfurter und wormser Juden, die Subsidien der Reichsritterschaft bei einem Reichskriege, mehrere Einnahmen aus Italien und einiges Andere. Für vorübergehende außerordentliche Bedürfnisse waren jedoch Reichssteuern aufgekommen. Die Erhebung derselben setzte jederzeit eine Bewilligung des Reichstags voraus. Ueber den Schutz des Landfriedens und der Landessicherheit, die besonders durch die Schaaren herrenloser umherziehender Söldner bedroht war, wurde eine ausführliche Verordnung erlassen. Ueber die Ehrbar- keit des Lebens und der Sitten und was sonst das gemeine Wohl an- ging, namentlich über den Luxus der Kleidertracht, über Pfeifer, Schalks- narren, Bettler, Zigeuner, Zutrinker, Gotteslästerer und Schwörer wurden Bestimmungen gegeben. Später kamen Bestimmungen über Duelle, über Handwerksmißbräuche, über eine allgemeine Getraidesperre dazu. Ueber das Bücherwesen und die Censur wurden die ersten Verordnungen durch die Heftigkeit der Religionshändel veranlaßt. Für den Verkehr wurde daß um 1516 unter der Leitung der Herren von Taxis beginnende, zu- nächst nur für die Verbindung zwischen den burgundischen Ländern und Die Reiche- kriegsver- fassung. Diereichsein Fünfte, daß Reichßpolizci wesen.

3. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 339

1910 - Regensburg : Manz
Friede von Hubertusburg. 339 Jahren von 118 auf 271 Millionen Gulden gestiegen war, sah sich auch Maria Theresia genötigt, Friedensunterhandlungen mit Preußen anzuknüpfen, und schon am 15. Februar 1763 wurde der Friede auf dem Jagdschlösse Hubertusburg bei Meißen abgeschlossen. Friedrich behielt alle vor dem Kriege besessenen Länder, auch Schlesien und Glatz; Sachsen wurde an August Iii. zurückgegeben; Maria Theresias Sohn Joseph versprach Friedrich seine Stimme bei der Kaiserwahl. So endete der siebenjährige Krieg, für Deutschland ein Bürgerkrieg, wie es der dreißigjährige gewesen war. Ein Hauptergebnis des Krieges war für Preußen außer der Behauptung seines Besitzstandes ein Kriegsruhm, der es in die Reihe der Großmächte Europas erhob. Mit diesem Kriegsruhme des Staates war der des Königs innig verwachsen. Eine Anzahl äußerer Umstände hatten diesen Ruhm mitbegründet. Die Unterhaltung der Truppen erleichterte außer der Ordnung und Sparsamkeit Friedrichs in der Verwaltung der Umstand, daß er sie meist außerhalb des Landes beschäftigen konnte. Bei seinen Gegnern herrschte nicht die Übereinstimmung in den Unternehmungen, durch welche Friedrich alle Bewegungen seiner Truppen ineinandergreifen ließ. Auch hatte Friedrich schon dadurch, daß sich der König und der Heerführer in seiner Person vereinigten, in Bezug auf Schnelligkeit der Entschließung und Ausführung einen großen Vorteil; denn während die Unternehmungen feines eifrigsten Gegners durch Zwiespalt in den Beratungen der Führer und durch Abwarten der vorn Wiener Hofe kommenden Befehle Verzögerung erlitten, auch die Furcht vor einer zu schweren Verantwortlichkeit Zaudern veranlaßte, konnte Friedrich jeden Augenblick Entschlüsse fassen, Pläne ändern, Entscheidungen treffen. Das Reichskriegswesen im 18. Jahrhundert. Mit dem westfälischen Frieden beginnt der eigentliche Verfall des deutschen Reiches, die Auslösung der Einheit durch die Entwicklung der großen souveränen Reichsstände. Dieser zunehmende Verfall offenbart sich seitdem in allen öffentlichen Verhältnissen, aus den Reichstagen, bei den Reichsgerichten, im Finanzwesen usw., am deutlichsten und augenfälligsten vielleicht im Zustande des Reichskriegswesens. Ein Bild desselben im 18. Jahrhundert möge den Zustand des Heiligen römischen Reiches veranschaulichen. Eine Reichsarmee gab es fast nur aus dem Papier. Zwar waren 1681 die Kontingente der einzelnen Reichsstände neu geregelt und nach den zehn Kreisen verteilt worden. Das „Simplum" oder einfache Reichsaufgebot sollte danach aus 40,000 Mann (28,000 Mann Fußvolk und 12,000 Mann Reiterei) bestehen. Im Jahre 1702 trug der Reichstag darauf an, daß auch in Friedenszeiten immer das doppelte Simplnm oder 80,000 Mann unter den Waffen stehen sollten. Allein der Kaiser gab seine Zustimmung zu diesem Beschlusse nicht. L>o blieb es dabei, daß auch fernerhin das Reichsheer nur bei der Gefahr oder dem Ausbruch eines Reichskrieges zusammenberufen wurde. Aber auch in diesem äußersten Falle wurde einem solchen Aufgebot selten pünktliche Folge geleistet. Die großen Stände zeigten sich wenig eifrig, ihre Kriegsmacht dem Kaiser zur Verfügung zu stellen, der, wie sie zu ihrer Rechtfertigung behaupteten, dieselbe nur für Zwecke seines eigenen Hausinteresses verwende. Für ihr partikularistisches Interesse fanden es natürlich die größeren Staaten besser, wenn sie ihre Kriegsmacht beisammen hielten und ihre Bnndesgenossenschast dem einen oder andern der kriegführenden Teile um hohen Preis zu verkaufen suchten. Die kleinen machten es den großen 22*

4. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 65

1914 - Berlin : Liebel
65 fort, deren Landesherren das privilegium de non appellando (S. 42) verliehen worden war. Eine einheitliche Regelung des Rechts von Reichs wegen ist nur hinsichtlich des Strafrechts und des Strafverfahrens zu- stande gekommen. Das darauf bezügliche Reichsgesetz, das einzige Gesetzbuch des Reiches, ist die peinliche Gerichtsordnung Karls V. (die Carolina). Auf dem Gebiete des Privatrechts hat die Reichsgesetzgebung fast nichts geleistet. (Über dessen Regelung in den Territorien siehe Seite 69). Es können nur genannt werden die Reichsnotariatsordnung von 1512, die Reichspolizei- ordnungen von 1530, 1548 und 1577, die Reichsabschiede von 1498 (Freiburg), 1500 (Augsburg), 1521 (Worms), 1529 (Speier) be- treffend Fragen des Erbrechts, der Reichsschluß von 1731 über Handwerkermißbräuche und einzelne Bestimmungen über Münz- wesen, Wucher, Zession von Forderungen, Wechsel, Juden, Zins- fuß und Rentenkauf. Ein stehendes Reichsheer hat das alte deutsche Reich nicht besessen. Wenn ein Krieg bevorstand, wurde die Aufstellung eines Heeres aus Truppen der Reichsstände und die Bestreitung der Kosten auf einem Reichstag beschlossen. Im übrigen half man sich mit Söldnertruppen. Für die Zahl der von den Reichs- ständen zu stellenden Truppen blieb die Wormser Matrikel von 1521 maßgebend, in der für einen Römerzug Karls V. die Stärke des dem Kaiser bewilligten Heeres angegeben war. (4000 Reiter (Reisige), 20 000 Fußknechte.) Seit 1681 übertrug man die Ver- teilung der Truppenkontingente und deren Zusammenstellung zu Regimentern den (10) Reichskreisen. Die Gesamtstärke wurde auf 12 000 Reiter und 28 000 Fußknechte erhöht. Jede Mann- schaft eines Kreises bildete ein besonderes Korps, das unter einer eigenen Kreisgeneralität stand. Außerdem hatte jeder Kreis einige technische Truppen und das Artilleriematerial zu be- schaffen. An Stelle unserer heutigen Kriegsartikel bestand für die Fußtruppen ein „Artikulbrief" und für die Reisigen die „Reuterbestallung", die gleichfalls zu beschwören waren. Mit den fremden Kriegsvölkern, die Deutschland über- schwemmten, kam auch die fremde Kunstsprache zur Anwendung im Heerwesen. Der Oberstwachtmeister wurde zum Major, der Heerführer zum General usw. Die Einnahmequellen des Reichs waren fast sämtlich ver- siegt, d. h. auf die Reichsstände übergegangen. Zur Unterhaltung des Reichsgerichts wurde eine ordentliche Steuer, die schon er- wähnten „Kammerzieler", erhoben, bei Reichskriegen eine außer- Engelhardt, Deutsches Staatsleben einst und jetzt. 5

5. Neueste vollständige Erdbeschreibung für Bürgerschulen, Seminarien und zum Selbstunterricht - S. 431

1842 - Dresden : Schmidt
Deutschland 431 gewiß nahe kommt. Nach obiger Angabe fallt auf die Ge- viertmeile durchschnittlich eine Seelenzahl von 3,18v. Bundesverfassungund kurze Geschichte der- selben: In den alten Zeiten war Deutschland in Gaue getheilt, deren jedem ein Gaugraf vorstand. Nach und nach gewannen einzelne Fürsten und Herren eigene Besitzungen und waren fast souverain, obgleich sie in einem Reichsver- bande standen und einen Kaiser als ihr Oberhaupt aner, kannten. Alle diese kleinen Staaten, wohl 3vv, lagen in den verschiedenen Kreisen Deutschlands, und man zahlte von 1512 ab zehn solcher Kreise. Das war das soge- nannte heilige römische Reich und sein Kaiser hieß der römisch-deutsche. Den sieben angesehensten Für- sten war durch die Grundverfassung oder die goldene Bulle das Vorrecht zugestanden, sich ihr Oberhaupt selbst zu erwählen. Man nannte sie K ur- oder Wählfürsten, und 4 derselben, nämlich Sachsen, Brandenburg, Böhmen und Pfalz, waren weltliche, und 3 derselben, nämlich Mainz, Trier und Köln, geistliche Kurfürsten. Spä- ter kam auch Baiern und noch später Hannover zu der Kurwürde. Die deutschen Fürsten waren ebenfalls theils geistliche, als Erzbischöfe, Bischöfe, Aebte, theils weltliche, als Erzherzöge, Herzöge, Fürsten, Grafen, Freiherren. Auch manche Städte standen unmittelbar unter dem Kaiser und nahmen an den Reichsversammlungen Antheil; es waren dieß die sogenannten freien Reichsstädte. Die freie Re ichs ritt er schuft erkannte zwar nur den Kaiser als ihren Oberherrn, doch nahm sie an den Reichsversammlun- gen keinen Antheil. Der designirte Nachfolger des Kaisers hieß bis zum Tode desselben (des Kaisers) römischer Kö- nig. Der Kaiser berief anfangs die Reichsversammlung, wenn es ihm gutdünkte, und die Fürsten erschienen sodann in eigner Person; später wurden die gemeinschaftlichen An- gelegenheiten durch Gesandte der betheiligten Staaten auf einem immerwährenden Reichstage zu Regensburg besorgt. Was durch Stimmenmehrheit beschlossen wurde, hieß ein Reichsschluß oder Reichsabschied. Der Religion nach zerfielen die Reichsstände in katholische (eorpus Ca- tholicorum) und in protestantische (eorpu8 tivangelico- nim); alle aber waren verpflichtet, nach gewissen Bestim- inungen, bei einem Reichskriege, eine Anzahl Truppen zu

6. Teil 2 - S. 463

1882 - Leipzig : Brandstetter
Das deutsche Reichshcer. 453 bunden, thatsächlich aber bestand ihre gesamte Leistung für den Reichskrieg in dem sogen. „Charitativsnbsidinm", welches die drei Ritterkreise von den Unterthanen ihrer Kantone und Güter erhoben, und auch zu dieser Leistung verstand sich der Reichsadel nur gegen Revers, „daß es ihm nicht zum Nachteile gereichen solle". Die reichsnnmittelbaren Dorfschasten, deren sich noch einige erhalten hatten, waren infolge besonderen Zugeständnisses von oller Kontingentstellung frei. Ursprünglich wurde das Kontingent eines jeden Reichsstandes ein und demselben Kreise einverleibt, auch wenn seine Besitzungen zerstreut und geographisch weit von einander lagen. Daher die Zersplitterung der Kreise. Erfurt gehörte zum kurrheinischen, die schwäbischen Besitzungen der Habs- burger zum österreichischen Kreise. Nachdem jedoch einzelne Reichsstände durch Erbschaft, Belehnung, Tausch u. s. w. in den Besitz von Gebieten kamen, die in anderen Kreisen lagen, geschah es, daß im 17. und 18. Jahrhundert Reichsfürsten Kontingente zu den Truppenkorps verschiedener Kreise zu stellen hatten. Kurbrandenburg z. B. stellte Truppen für den ober- und niedersächsischen, den fränkischen und westfälischen Kreis, Nassau für den oberrheinischen, kurrheinischen und westfälischen Kreis. ^Am schlimmsten stand es um die Zufammeubringuug der Kontingente in Lchwaben und Franken, wo die Zerstückelung der Territorien am ärgsten war. Die 1321 Reiter und 2707 Fußknechte, welche das Simplum des schwäbischen Kreises ausmachten, wurden aufgebracht von vier geistlichen und 13 weltlichen Fürsten, 19 Prälaten, 26 Grafen und Herren und 31 Reichsstädten, also von 93 Reichsständen, so daß durchschnittlich auf jeden Stand 431/3 Mann kamen. Das Qssizierkorps war ebenso zusammengewürfelt wie die Truppe. Im obersächsischen Kreise stellte Anhalt den Lieutenant und Quartiermeister zu einer Kompagnie, bei der Altenburg den Major und Fähnrich stellte, außerdem stellte es einen Lieutenant zur pommerschen Kompagnie und einen Quartiermeister zu den Dragonern. Die Art der Aufbringung, die Ausrüstung und Unterhaltung süddeutscher Kreistruppen hat ein Offizier derselben sehr anschaulich geschildert. („Schilderung der jetzigen Reichsarmee nach ihrer wahren Gestalt. Köln, 1796.") Wenn der Stand, dem ein Kontingent von S1/», 3v2, 5, 73/4, 8 re. tdtarm abgefordert wurde, fchon Soldaten hatte, fo machten natürlich diese querst das Kontingent aus. Die Stadt Nürnberg, der Bischof von Bamberg, der Fürst von Fürstenberg z. B. hielten in Friedenszeit Militär, um es an den Stadtthoren oder in Höchstdero Schlössern, Zimmern, Gärten ri. s. w. Schildwacht stehen oder wie in Rottweil im Thor und zu Rotten-münster in der Wirtsstube Schildwacht sitzen zu laffeu. Doch von welcher Art war dieser Nachtdienst! In Frankfurt a. M. mußte thatsächlich die ^chlldwache beiseite treten, wenn der Fleischer ein Kalb zum Thor hereinführte, „damit das Tier nicht scheu werde", und that sie es nicht, so Prügelte sie der Fleischer vom Posten weg. Die Mainzer Schildwachen schnitten unter Gewehr Pinnnägel für die Schuster, und zu Gmünd Prä-

7. Das Neunzehnte Jahrhundert - S. 7

1900 - Hamburg : Boysen
diejenige Gerichtsbarkeit, welche für österreichische Landessachen die oberste Entscheidung besass, bisweilen auch über Rechtshändel im übrigen Reiche aburteilen, und obwohl die Stände sich mit Recht dagegen auflehnten, behauptete sich der Kaiser ihnen gegenüber, und es entwickelte sich aus jenem österreichischen Oberlandesgericht der Reichshofrat. Beide, das Reichskammergericht und der Reichshofrat, standen einander unabhängig gegenüber, und streitende Parteien konnten sich sowohl an dieses, als an jenes wenden. Im Laufe der Zeit wurde die Thätigkeit des Reichskammergerichts noch auf andere Weise verkümmert. Den grösseren Reichsständen nämlich, welche in ihren Gebieten eine unbeschränkte Herrschaft anstrebten, wollte das Reichskammergericht durchaus nicht behagen, da es den Landesfürsten übergeordnet sein sollte und den bedrängten Unterthanen Schutz verhiess. Und wenn es überhaupt schwierig war, für Reichsangelegenheiten Geld aufzubringen, so zeigten sich die Stände ganz besonders saumselig, sobald es sich um den Unterhalt des Reichskammergerichtes handelte. Man liess das Gericht Mangel leiden; die Zahl der Arbeiter musste vermindert werden, die Entscheidung der Rechtsfälle wurde über Gebühr verzögert, und so gelang es den Reichsständen allmählich, das Vertrauen zur Rechtspflege des Reichskammergerichtes zu untergraben. Wehrlosigkeit. Alle Kräfte des Reiches strebten auseinander. Jeder Stand, jede Stadt, jede Landschaft bildeten eine Welt für sich. Der Deutsche fühlte sich nicht mehr als Deutscher, sondern als Bayer oder Preusse oder Sachse. Er war dem angestammten Fürstenhause treu ergeben-, das grosse Vaterland war ihm zu einer dunklen Sage geworden. Ganz besonders zeigte sich der Verfall des Reiches in der Führung der äusseren Staatsangelegenheiten und im Kriegswesen. Der Reichstag in seiner Schwerfälligkeit wollte von allem mit unterrichtet sein, alles mit leiten, und doch vermochte er meistens zu keinem Schlüsse zu gelangen, auch wenn die äusserste Not drängte. Erfolgte endlich ein Beschluss, so stand er nur auf dem Papier. Niemals verfugte man über die vorschriftsmässige Zahl der Soldaten. Viele Kontingente wurden gar nicht, andere nicht ganz gestellt. Während die kleineren Staaten aus Ohnmacht und Saumseligkeit zurückblieben, wollten die grösseren nicht ihr Landesheer schwächen. Waren die Truppen beisammen, so war eine erfolgreiche Arbeit unmöglich, weil keine gemeinschaftlichen Übungen stattgefunden hatten. Die Truppen des schwäbischen Kreises z. B. wurden von 4 geistlichen und 14 weltlichen Fürsten, von 14 Prälaten, 4 Äbtissinnen, einigen 30 Grafen und Herren und etwa 30 Reichsstädten tropfenweise zusammengebracht. Für eine Kompagnie des schwäbischen Kontingents stellte Gmünd den Hauptmann, Rottweil den ersten Leutnant, die Äbtissin von Rotenmünster den zweiten, der Abt von Gengenbach den Fähnrich.

8. Neuzeit - S. 111

1913 - Landshut : Hochneder
— 111 — c) Das Reichskriegswesen. Das Reichskriegwesen lag so darnieder, daß man nach einem Worte Mosers dem Reich auf ewig hätte verbieten müssen einen Reichskrieg zu führen, so lange diese Verfassung bestand. Gemeingeist und Vaterlandsliebe waren in Deutschland so fremd geworden, daß nicht einmal mehr jene Kriegsrüstung zustande gebracht werden konnte, die in früheren Reichskriegen keine Anfechtung erlitten hatte. 1792 wurde auf dem Reichstag die Ausstellung eines Reichsheeres nach dem Kriegsfuß von 1681 verfügt. Aber ein Jahr darauf war der größte Teil der Kontingente noch gar nicht versammelt, geschweige denn vollzählig. Hier bat ein Reichsstand den Kaiser flehentlich für die Reichsverteidigung nichts beitragen zu dürfen. Da erklärte ein anderer, den reichstäglichen Beschlüssen keine Folge geben zu können noch zu wollen; ein dritter berief sich auf eilt Gutachten von Göttinger oder Heidelberger Universitätsprofessoren, welches er vorerst über die entscheidende Frage, „ob der gegenwärtige Krieg ein Reichskrieg oder ob er kein Reichskrieg sei", einholen würde. Diesen organisatorischen Mängeln gesellte sich Langsamkeit und Unfähigkeit der militärischen Operationen bei. Der Reichsfeldmarschall Albrecht von Sachsen klagt einmal, man werde mit jedem Schritte irregeführt, aus einer Falle in die andere gelockt, das Wort täglich gegeben und gebrochen und man verschwende seine Zeit mit beständigem, ohnmächtigem Geschwätz und Geschreib. 1763 erlebte die Welt das seltsame Schauspiel, daß das Reich sich gegen sein Oberhaupt neutral erklärte und Kaiser Franz mußte diese Neutralität mit süßsaurer Miene anerkennen. Die Erkenntnis der Unhaltbarkeit des alten Kaisertums brach sich allmählich in immer weiteren Kreisen Bahn. Schon 1766 sagte eine Flugschrift mit Bezug auf das Reich: „Wenn etwas nicht mehr stehen kann, so ist es nicht schade, wenn es in die Grube fällt." Wieland erzählt einmal, es sei ihm in seiner Jugend viel gesagt worden von den Pflichten gegen Gott, den Nächsten und die Obrigkeit, aber von der Pflicht, ein deutscher Patriot zu sein, nichts; deutsch im politischen Sinn sei damals ein unbekanntes Wort gewesen. Ii. Wodurch das Neich in seinen Grundlagen verändert ward. a) Warum an der Selbständigkeit der Reichs st ände gerüttelt wurde. Alle Momente, welche die Auflösung des Reichs und die tiefste Erniedrigung unserer Nation herbeigeführt haben, sind schon in dem Frie- Vertreter der Fürsten sich mit Livreebedienten und silbernen Bestecken begnügen sollten. Jene durften ihre Stühle auf den Teppich setzen, auf dem der Vertreter des Kaisers unter dem Baldachin saß; diese durften sie nur auf den bloßen Boden des Zimmers stellen. Nach langwierigen Streitereien und Verhandlungen wurde es den fürstlichen Gesandten endlich gestattet, ihre Stühle auf die Fransen des Teppichs zu setzen.

9. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 64

1910 - Breslau : Dülfer
64 Kolonisation Ostdeutschlands und Vorgeschichte Brandenburg-Preußens. noch zustehenden Vollstreckungsgewalt eingebüßt; die dem Kaisertume noch erhalten gebliebenen Rechte beschränkten sich in der Hauptsache auf Ver- leihung von Standeserhöhungen und Titeln sowie in einigen administrativen Einwirkungen auf die Frankfurter Messe. 2. War das Reich somit ein „aus kaiserlich-monarchischer Vorzeit heraus- gewachsener, von ihr noch vielfach, doch wesentlich nur äußerlich abhängiger Bund von Fürsten", so fehlte diesem staatlichen Gebilde doch auch wieder das Hauptmerkmal föderativer Einheit: es gab nach den Be- stimmungen der Reichsverfassung keinen Punkt, in welchem sich der Partikula- rismus der Einzelstaaten der höheren Macht einer Zentralgewalt zu unter- werfen hatte. a. Der Reichstag, der als die oberste Bundesbehörde galt, bot in seiner schwerfälligen Organisation (vgl. I. Tl. § 74) und völligen Entschluß- unfähigkeit ein Bild kläglichsten Unvermögens. Bald konnte er nicht einmal mehr als die Versammlung sämtlicher Stände des Reiches gelten; denn schon in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts erschienen die Fürsten nicht mehr persönlich auf den Reichstagen, sondern ließen sich durch ihre meist mit ganz unzulänglichen Vollmachten ausgestatteten Gesandten vertreten: der Reichs- tag war zu einem Kongreß vielfach recht fragwürdiger Diplomaten herabgesunken. d. Bon einer Reichsgesetzgebung konnte unter solchen Umständen kaum noch die Rede sein; die Landesgesetzgebung der Territorien wurde von seiten des Reiches kaum jemals beeinträchtigt, mochte sie dem Interesse des Reiches zuwiderlaufen oder nicht. e. Auf dem Gebiete des Reichsfiuanzweseus war man nach all den mißglückten Reformversuchen früherer Zeiten (vgl. I. Tl. §§ 43. 56. 57. 62) bei einem oft recht drückenden System von Matrikularbeiträgen stehen geblieben. Die vollständigste Leistungsunfähigkeit dieser Organisation offenbarte sich jedoch darin, daß infolge des Mangels einer starken Bollstreckungsgewalt kein Reichsstand — vornehmlich kein größerer — gezwungen werden konnte, eine vom Reichs- tag beschlossene Umlage für sich als bindend anzusehen. „Ein Beschluß des Lüneburger Kreistages vom Jahre 1652 erklärte es »natürlicher Freiheit ganz zuwider, daß einer durch sein Votum verordnen könne, was ein anderer geben solle«, und dieser Anschauung schloß sich, namentlich unter der Einwirkung Brandenburgs, der Reichstag des Jahres 1653 an. . . . Natürlich war es unter diesen Umständen völlig unmöglich, eine kräftige Reichspolitik wie nach außen, so nach innen zu entfalten." (Lamprecht.) Anmerkung. Es war bezeichnend für die Tendenzen des habsburgischen Kaiser- tums, daß Brandenburg doch zum Heile des deutschen Volkes wirkte, indem es dem Kaiser das Recht bestritt, durch Reichstagsbeschluß Steuern auflegen zu lassen (vgl. 8 9). ck. Die Heeresverfassung des Reiches war noch immer nach den Grundsätzen des längst verfallenen Lehnsstaates geordnet. Im Falle eines Reichskrieges wurden die einzelnen Kontingente der Reichsstände durch kaiserlichen Befehl ausgeboten. Ihr Zusammentritt erfolgte niemals ohne wiederholte „kaiserliche Hortatorien und Exzitatorien", und da in bezug auf Bewaffnung, Ausrüstung und Gliederung der Truppen keine allgemein gültigen Bestimmungen existierten, ergab das Ganze dann „den be- trüblichen, noch heute im Gedächtnis der Nation fortlebenden Typ der Reichs- armee", an deren Dasein später die schmachvollen Ergebnisse des Reichskrieges gegen Friedrich den Großen die vernichtendste Kritik üben sollten.

10. Von 1648 bis zur Gegenwart - S. 4

1911 - Leipzig : Quelle & Meyer
Die Kämpfe um die Erweiterung der fürstlichen Macht nach innen und nach außen sowie Kriegserklärung und Mobilmachung der Reichsarmee. Doch suchte der Reichstag dem Kaiser gegenüber den Umfang seiner Rechte zu vergrößern. Eine feste Verhandlungs- und Beschlußordnung fehlte, und das Stimmrecht im einzelnen war vielfach bestritten. Wegen der Schwerfälligkeit der Beratungen, für welche die Gesandten erst immer Weisungen (Instruktionen) einholen mußten, wegen des Gezänkes über Zeremonien und Präzedenz fiel der Reichstag bei den geringen Erfolgen seiner Tätigkeit mehr und mehr dem Spott anheim. Nach der alten Matrikel wurden noch immer die Reichssteuern als Römermonate erhoben, oft aber von der Minderheit nicht bezahlt. Reichskam- Die Justiz des Reichskammergerichts krankte an massen-mergericht haften prozeßverschleppungen infolge des Mangels an Richtern, und infolge der unregelmäßigen Gehaltzahlung durch die Reichsstände. 1689 wurde das Gericht von Speier nach Wetzlar verlegt. Alle Reform versuche waren vergeblich. Seit der Mitte des 17. Jahr-Reichs- hunderts stand daher mit ihm in Wettbewerb der Reichshofrat zu hofrat Wien, eigentlich ein Ratskollegium des Kaisers, das dessen Macht durch die Rechtsprechung zu mehren versuchte. Reich»- Für das Reichskriegswesen galt der Reichsbeschluß von 1654 wesfn (Verpflichtung der Untertanen der Reichsstände zur Geldbewilligung für Festungen und Garnisonen). Später setzte der Kaiser die erste, aber sehr mangelhafte Reichswehrordnung durch, die bis zum Ende des Reiches gegolten hat. Das Heer mit dem Normalbestand (Simplum) von 40000 Mann, der im Kriege vervielfacht werden sollte, setzte sich aus den Kreiskontingenten zusammen. Ohnmacht Die Streitigkeiten der Reichsglieder untereinander, das Über-des Reichs wiegen partikularer und dynastischer Bestrebungen bei den Fürsten und dem Kaiser selbst, hinderten eine wirkliche Reichspolitik. Territorialer und kirchlicher Haß, Geldmangel und Abhängigkeit vom Ausland verschärften die Not Deutschlands. Seine Ohnmacht zeigte sich vielfach nur zu offenkundig. Es war mit seiner altersgrauen Würde voll leerer Ansprüche ein Staatsgebilde höchst außerordentlicher Art, nach Pufendorf ein Monstrum. Die Zukunft Deutschlands lag aber nicht beim Reiche, sondern in den großen Territorien mit ihren Beamten und ihrer Finanz- und Militärmacht. Kreis- § 6. Kreise und Territorien. Das Reich war in zehn Kreise einteiiung eingeteütj zu denen 3i2 Territorien gehörten. Besonders im Süden und Westen blieb die Kreisverfassung lebendig. Sonst suchten sich die Reichsstände, in der Zwickmühle habsburgischer Politik und französischer Übermacht, immer wieder durch Bünde und Assoziationen zu helfen. Von ihnen ward aus Furcht vor Österreich und Rheinbund einem neuen Kriege 1658 der Rheinbund geschlossen; er machte sie schließlich wider ihren Willen zu Dienern der französischen Hege-

11. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 62

1914 - Berlin : Liebel
62 deutschen Reiche war grundverschieden von der des heutigen Reichstages, aber beiden fielen gesetzgeberische Aufgaben zu. Im Jahre 1792, bei Beginn der Kriege gegen Frankreich, betrug die Zahl der Reichsstände 266, nämlich (mit Einschluß der Kurfürsten) 40 weltliche und 32 geistliche Fürsten, 103 Grafen, 40 Prälaten und 51 Reichsstädte. Aber dieser Mitgliederzahl entsprach nicht die Zahl der Stimmen, denn es führten die 72 Fürsten 102 *) Viril- (einzeln gezählte) und die 4 Grafen-, 2 Prälaten- und 2 Städtebänke 8 Kuriat(gesamt)stimmen, zu- sammen 110 Stimmen. Die drei Kollegien berieten besonders, das kurfürstliche unter dem Vorsitz von Kurmainz, das Reichs- fürstenkolleg unter dem Vorsitz von Salzburg, anfangs allein, später mit Österreich abwechselnd, das Kollegium der Reichsstädte unter dem Vorsitz der Stadt, in der der Reichstag abgehalten wurde (von 1663 ab stets in Regensburg). In jedem Kollegium entschied die Stimmenmehrheit. Alle drei Kollegien mußten sich einigen, damit ein Reichsgutachten zustande kam. Sowohl der Kaiser als die Reichsstände hatten das Recht, Gesetzentwürfe ein- zubringen. Kam ein Beschluß zustande, so wurde er dem Kaiser vorgelegt, der ihn bestätigen oder verwerfen, nicht aber ab- ändern konnte. Der schleppende Geschäftsgang bewirkte, daß die Reichs- stände vielfach nicht mehr in Person erschienen. Seit 1663 wurde der Reichstag geradezu ein ständiger Kongreß der mit den nötigen Instruktionen versehenen Gesandten der Reichsstände. Die Reichstagsbeschlüsse nannte man statt wie bisher Reichsabschied (weil sie beim Auseinandergehen den Reichsständen in Abschied mitgegeben wurden) nunmehr Reichsschlüsse. Allmählich kam es auf, selbst wichtige Angelegenheiten einem Ausschuß der Reichs- stände, einer Reichsdeputation zur Beratung zu überweisen, selbst mit der Vollmacht, ihren Beschluß unmittelbar dem Kaiser vor- zulegen. Schon auf Seite 54 war von einem Reichsdeputations- hauptschluß die Rede. Gemäß dem Westfälischen Frieden stand dem Reichstage die Gesetzgebung, die Auslegung der Gesetze, die Beschlußfassung über Krieg, Frieden und Bündnisse, die Auflegung von Steuern sowie das Recht, die Aushebung und Einquartierung von Truppen und die Anlage und Verstärkung von Festungen zu bestimmen, zu, Auf- gaben, wie sie in der Hauptsache heute dem Bundesrat und dem Reichstag zufallen. Bei diesem Vergleich tritt die Größe des i) Wo mehrere Territorien in einer Hand vereinigt waren, führte dies zu einer Häufung von Stimmen auf die Person desselben Stimm- trägers.

12. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 63

1914 - Berlin : Liebel
63 Werkes des Fürsten Bismarck so recht in die Erscheinung, der in Kürze dauernde und lebensfähige Organe für Reichszwecke schuf, wie sie eine jahrhundertelange Entwickelung nicht hatte hervor- bringen können. Mit der Auflösung des Reichs gingen die Reichstage ein. Eine Sammlung und Zusammenstellung der Reichsgesetze ist nicht zustande gekommen. Seit dem 15. Jahrhundert machten sich Bestrebungen nach einer Änderung der Neichsverfassung geltend. Auf dem Wormser Reichstag verlangten die Reichsstände, daß die Verwaltung der Reichssachen einen ständischen Reichsrat von 17 Mitgliedern, bei dem der Kaiser den Vorsitzenden zu stellen habe, übertragen werde. Aber schon Kaiser Maximilian bewirkte 1502 die Auflösung dieses Reichsregiments, das die königliche Gewalt völlig auf- gesogen hätte. Unter Karl V. lebte es wieder auf, sollte aber nur für die Dauer der Abwesenheit des Kaisers seine Wirksam- keit ausüben. Nachdem 1531 Ferdinand I. zum König bestellt worden war, fiel dieser Anlaß und damit das ganze Reichs- regiment fort. Dagegen hat sich die unter Albrecht Ii. begonnene,^ unter Maximilian I. wieder aufgenommene und unter Karl V. zum Abschluß gebrachte Einteilung des Reiches in 10 Kreise für verschiedene Zwecke im wesentlichen bis 1803 erhalten. Ein Reichsschluß von 1512 bestimmte, daß jeder Kreis einen Kreishauptmann (später Oberst) und eine Anzahl von Zu- geordneten (Kreisräten) zu wählen habe. Diese Wahlen fanden aber nicht statt. 1522 wurde vom Reichsregiment ein Aus- schreiben erlassen, in dem die angesehensten Fürsten jedes Kreises aufgefordert wurden, Kreistage zur Wahl des Hauptmanns und der Zugeordneten (4) auszuschreiben. Da diese Funktion ständig wurde, erwuchs aus ihr das Kreisausschreibeamt, die damit be- trauten Fürsten hießen seit 1555 „kreisausschreibende Fürsten".,. In einzelnen Kreisen gelang es ihnen, die Leitung der Kreis-, tage i) an sich zu bringen und sich zu „Kreisdirektoren" aufzu- schwingen. Die in den Kreisen ansässigen Reichsstände waren zugleich die Kreisstände. Zu den Kreisangelegenheiten gehörten die Wahlen zum Reichskammergericht, die Verteilung der dem Kreis auferlegten Truppenkontingente und die Sorge für deren/ Aufbringung, Beschaffung der unmittelbaren Kreismilitärlasten, Wahrung des Landfriedens, Kreispolizei, Aufsicht über das Münzwesen. In den zu voller Weiterentwickelung gelangten Z Nicht zu verwechseln mit den Kreistagen, von denen z. B. auf Seite 70 die Rede ist.

13. Deutsche und preußische Geschichte bis zum Jahre 1740 - S. 73

1899 - Leipzig : Teubner
§ 18. Die inneren Zustände in dem Jahrhundert nach dem westfälischen Frieden. 73 der westpreußischen Glaubensgenossen. Wenn schon er kein Verständnis für die Wissenschaft besaß, so bemühte er sich doch sehr für die Volksbildung. Er führte die allgemeine Schulpflicht ein und gründete sehr viele Schulen. Boiksschulwesen. So hatte Friedrich Wilhelm, der große Staatsordner und Volkswirt, das feste und starke Gefüge geschaffen, das seinen hochbegabten Sohn Friedrich den Großen in den Stand setzte, die Großmachtstellung zu erwerben. § 18. Die inneren Zustände in dem Jahrhundert nach dem westfälischen Frieden. 1. Staatlich. Die Macht des Kaisers war aufs äußerste beschränkt, Der Kaiser, er besaß fast nur noch einige belanglose „Reservatrechte", wie z. B. die Befugnis, Standeserhöhungen vorzunehmen. Auf den Reichstagen erschienen Reichstag, weder er noch die Fürsten persönlich, vielmehr schickten alle Reichsstände Gesandte, welche ihren Aufträgen gemäß die zur Sprache gebrachten Angelegenheiten erledigen sollten. Der Gang der Verhandlungen war sehr schleppend, und es bedurfte vieler Zeit und großer Mühe. ehe es zu einem gemeinsamen Beschlusse der drei Kurien kam. Seit dem Jahre 1663 riefen die einzelnen Regierungen ihre Bevollmächtigten nicht mehr von Regensburg zurück, so daß also hier ein ständiger Bundesrat tagte. Mit der „Reichs- Reichsarmee" sah es, abgesehen von den Truppen, welche die „armierten" Stände kriegswesen. zu stellen hatten, trübe aus, da sie nicht wie die stehenden Heere der mächtigeren Reichsfürsten dauernd gehalten, sondern nur zu bestimmten Zwecken jedesmal von neuem aufgeboten wurde, aus wenig brauchbaren Leuten zusammengesetzt und schlecht ausgerüstet war. Der Hauptmann, die beiden Leutnants und der Fähnrich einer schwäbischen Compagnie wurden von einer Reichsstadt und drei Reichsklöstern ernannt. Auf solche Weise wurde die Reichsarmee ein Spott des Auslandes und der Deutschen selbst. 2. Verwelschmtg der Höfe und des Adels. Die gewaltige Übermacht Ludwigs Xiv., die bis ins achtzehnte Jahrhundert anhielt, machte sich nicht nur auf politischem, sondern auch auf geistigem und wirtschaftlichem Gebiete geltend. Der Hof zu Versailles, wo der bewunderte „große" Versailler Ludwig, den seine Schmeichler den „Sonnenkönig" nannten, Pläne wider Vorbild. Deutschland schmiedete, erschien den meisten Fürsten und Herren als der Mittelpunkt der gesitteten Welt und als Musterstätte feiner Lebensweise. Die französische Sprache und Sitte verbreiteten sich über die Höfe und Französische Edelsitze Europas, und weil es feine Staatsmänner ablehnten, weiterhin, Sprache, wie es bisher üblich gewesen war, in lateinischer Zunge zu verhandeln, wurde die ihrige auch die Sprache der Diplomaten. Wenn die jungen Prinzen und Adligen herangewachsen waren, unternahmen sie die „Kavaliertour" durch Italien und Frankreich; kehrten sie zurück, ohne die französische Sprache völlig zu beherrschen und ohne heimisches Wesen nunmehr völlig zu verachten, so spottete man: „Es flog eine Gans wohl über den Rhein und kam als Gigack wieder heim." Welsche Abenteurer auch der höheren Französische Stände erschienen in den deutschen Hauptstädten und wußten sich bei Abenteurer, den Großen so unentbehrlich zu machen, daß sie Vertrauensstellungen

14. Bd. 1 - S. 381

1795 - Berlin : Voss
Deutschland. . 38* Die Reichsstande haben Sitz und Stimme auf dem beständigen Reichstage zu Regensburg. Hiev werden nämlich von den bevollmächtigten Gesandten der Neichsstände Versammlungen gehalten, in welchen über alle das gemeine Beste Deutschlands betreffende Gegenstände berathschlagt wird. Die Gesandten ger Len ihre Stimmen , den von ihren Herren erhaltnen Aufträgen gemäß, und nach der Mehrheit der Stim- men (in der Regel) wird sodann ein Beschluß (Reichst tagsgutachten) gefaßt, und durch den Kaiser bestätigt und zur Ausführung gebracht (Reichsschluß). Äußert dem ist zur Aufrechchaltung der Gerechtsame jedes Reichst Mitgliedes *■— set) es Regent oder Unterthan — ein höchstes Reichsgericht errichtet, welches zu Wetzlar sei; nen -Sih hat, und das Reichskamvrer-gerichr heißt. 'Es wird von dem Kaiser und den Stauden besetzt, und von letztern allein unterhalten. Zn demselben werden wichtige Streitigkeiten zwischen Reichs ständen und Reichsmitgliedern überhaupt entschieden. Ein ähnli» ches höchstes Reichsgericht ist der 2vclchs'yofrarh zu Wien, der größtentheils vom Kaiser abhängt, und vorzüglich mit Lehnssachen und Privilegien zu thun hat. Der Kaiser hat als Oberhaupt des Reichs keine uneingeschränkte Gewalt, denn bei seiner Wahl werden gewisse Bedingungen (eine Wahlkapitulation.) aufger setzt, die er zu erfüllen bei seiner Krönung eidlich anger loben mnß. Die Wahl geschieht durch Abgeordnete der acht Kurfürsten, zu Frankfurth am Main. Drei dieser Kurfürsten sind zugleich Erzbischöfe (Mainz, Trier» Köln), und heißen deshalb geistlich; die übrigen fünf sind weltlich. Jene verrichten die Krönung des Kai? sers; von diesen vertreten zwei (Pfalz und Sachsen) die Stelle desselben während eines Swischenreichs, d. i. jwi-

15. Geschichte des deutschen Volkes und Landes - S. 10

1869 - Hannover : Hahn
10 gericht sollte an die Stelle des bisherigen kaiserlichen Hofgerichts, das dem Hofe des Kaisers zu folgen Pflegte und von ihm abhängig war, treten, an einem bestimmten Orte im Reiche seinen Sitz nehmen und festgestellte Gerichts- tage halten. Das höchste Reichsgericht sollte von der ober- sten Reichsgewalt unabhängig sein; der König sollte daher nur den Vorsitzenden, den Kammerrichter, ernennen, die 16 Beisitzer aber sollten von den Ständen in Vorschlag gebracht werden. Der Sitz dieses obersten Gerichtshofes, der im Namen des Kaisers selbst die Reichs acht aussprechen konnte, war anfänglich abwechselnd in verschiedenen Reichsstädten, anfangs zu Frankfurt, wo es schon am 31. October 1495 eröffnet wurde, dann zu Worms, Speier, später bleibend in Wetzlar lseit 1689). Um so wichtige Zugeständnisse des Kaisers auf die For- derungen der Stände zu erwiedern, bewilligten diese nun die e. Einführung einer allgemeinen Reichssteuer, des gemeinen Pfennigs, um mit dessen Ertrag das K a m m e r g er i ch t zu erhalten und die Kriegsrüstungen zu bestreiten. Diese Reichsauslage war eine Art Kopfsteuer, die aber nach dem Verhältnisse des Vermögens verschieden war. Jeder Reichs- angehörige sollte von 500 Gulden einen halben, von 1000 einen ganzen Gulden, von minder Besitzenden je 24 Per- sonen zusammen einen Gulden, Reichere dagegen nach ihrem Ermessen mehr bezahlen. 2) Die Verwendung des gemeinen Pfennigs sollte der jährlich zu berufenden Reichsversammlung, ohne deren Zustimmung kein Reichskrieg unternommen werden dürfe, zustehen. Maximilian hatte den Beschlüssen der Reichsstände am 4. August 1495 seine Zustim- mung ertheilt. Aber einem andern Ansinnen der Stände, einen Reichsrath, aus Abgeordneten der Stände bestehend, zu errichten, der als Reichsregiment dem Kaiser zur Seite stehen und ihn im Falle der Verhinderung oder Abwesenheit vertreten solle, zeigte er sich wenig geneigt, da' er hierin einen Eingriff in seine Rechte und Würde erblickte. Darum ist das Reichsregiment, mit dessen Ein- führung man im I. 1500 einen Versuch machte, bald wieder ein- gegangen. 3) Dagegen hatte Maximilian bereits im I. 1501 einen Reichshofrath, dessen Mitglieder er selbst ernannte und der in Wien seinen Sitz hatte, für Gnadensachen und solche Rechtssachen, die an den Kaiser gingen, bestellt. Später (auf dem Reichstage zu Köln 1512) kam die Eintheilung des Reichs in zehn Kreise zu Stande, jeder Kreis mit Kreistagen, auf welchen sich die Kreisstände versammelten, und einem Kr ei so bersten,

16. Teil 2 - S. 466

1882 - Leipzig : Brandstetter
466 Das deutsche Reichsheer. v hatte ein anderes Kaliber als ein Stuttgarter; jedem Kreise, jedem Stande waren Kugeln seines besonderen Kalibers nachzufahren. Überdies hielt man gern mit der Artillerie zurück; sie bestand ja aus Wertstücken. Im siebenjährigen Kriege beschloß der oberrheinische Kreis, seinem Kontingente nicht die ganze Artillerie mitzugeben; denn die Geschütze könnten verloren gehen, und dann seien keine Mittel da, neue anzuschaffen. Der Troß wurde dadurch ungeheuer vermehrt, daß es für die einzelnen Kontingentsteile besonderer Fuhrwerke, besonderer Anstalten und Bedienungsmannschaften zur Verpflegung bedurfte. Jeder Stand hatte feine eigene Bäckerei, sein eigenes Hospital, und darin allein waren sie einig, daß alle nur erreichbaren Bequemlichkeiten mitgenommen werden müßten. Packpferde kannte man bei der Reichsarmee nicht; jeder Offizier hatte feinen Wagen, und ein Korps von 6000 Mann Reichstruppen nahm auf dem Marsche denselben Raum ein, wie ein Korps von 30 000 Preußen. Der Verbrauch an Vorspann für das Überflüssige war so groß, daß das Notwendige niemals rechtzeitig zur Stelle war. Und da jeder Stand im voraus von jeder Bewegung wissen mußte, um seine Verpflegungsmaßregeln zu treffen, fo konnte von Geheimhaltung der Operationen natürlich nicht die Rede fein. Die meist verheirateten Offiziere nahmen, wenn es zum Ausmarsche kam, auch ihre Gattinnen mit ins Feld und mit ihnen ein Gefolge von Kammermädchen n. dgl. Als einmal dem Kommandanten eines Kreiskontingents das schöne Geschlecht im Lager zu zahlreich wurde, erließ er den Befehl, daß die Offiziere „ihre Weiber und Töchter und sonstigen unnötigen Hausrat" nach Hause schicken sollten, „um die Preise der Lebensmittel durch sie nicht zu erhöhen und nicht unnötigen Wirrwarr im Lager anzurichten". Darob entbrannte großer Unwille bei Männern und Frauen, und der Befehl wurde — nicht vollzogen. Freilich hatte der Herr General selbst „feinen ganzen Hofstaat" bei sich. Löhnung sendeten den Truppen die Kontingentsherren nach. Die Auszahlung fand aber so unregelmäßig statt, daß oft in ein und derselben Kompagnie das eine Kontingent hungerte, während das andere schwelgte. Die gesamte Mundverpflegung und die Ausstattung mit Fourage, Holz und Lagerstroh war lediglich ein kaufmännisches Geschäft, bei welchem beide Teile ihren Vorteil suchten: die Kreistage, indem sie die Lieferung zu möglichst billigen Preisen in Accorb gaben, die Lieferanten durch möglichst hohe Preise und möglichst schlechte Lieferung. Obgleich die Lieferung nach Verträgen geschah, die der Kreis abgeschlossen hatte, so erfolgten doch Empfang und Zahlung von den Kontingenten, und die Lieferanten gaben solchen Ständen, welche nicht prompt zahlten, keinen Kredit. Nach der bittern Erfahrung von Roßbach forderte ein kaiserlicher Erlaß den Reichstag auf, bessere Anstalten zu treffen, „inmaßen sich ergeben, daß bei der am 5. huj. vorgefallenen Aktion ein großer Teil der Reichsarmee feit fünf Tagen kein Brot gehabt, mithin also selbsten zum Fechten untüchtig gewesen".

17. Geschichtliches Lesebuch - S. 5

1909 - Hamburg : Boysen
und am Ausgange des Jahrhunderts war der größte Teil der deutschösterreichischen Kronländer der evangelischen Lehre gewonnen. Da veranlaßte der Glaubenseifer des Kaiserhauses eine furchtbare Verfolgung. Unter blutigen Gräueln ward die Herrschaft der römischen Kirche durch die kaiserlichen Seligmacher wieder aufgerichtet. Unzählige sind in Hunger und Kriegsnot umgekommen, unzählige andere haben sich in den Landen der evangelischen Reichsfürsten eine neue Heimat gesucht. Der westfälische Friede gab dem Siege der Gegenreformation die gesetzliche Weihe. Zwar wurde festgesetzt, daß die 3 Bekenntnisse im Reiche gleich berechtigt seien; aber der Kaiser trat dem Frieden nur unter der Bedingung bei, daß seine Erblande der Regel nicht unterliegen sollten. Zu derselben Zeit, da man sich in Deutschland der errungenen Religionsfreiheit erfreute, ließ der Kaiser die päpstliche Bulle, welche den Friedensschluß verdammte, in Wien und Prag, in Graz und Innsbruck an die Kirchentüren anschlagen. Seitdem schied Österreich aus der Gemeinschaft des Deutschen Lebens aus. Der Reichstag. Ebensowenig wie der Kaiser vermochten der Reichstag und das Reichskammergericht eine lebendige Einheit des deutschen Volkes darzustellen. Im Reichstag saßen noch die 3 alten Reichskollegien, das kurfürstliche, das fürstliche und das reichsstädtische; aber es bestand kein lebendiger Zusammenhang zwischen ihnen, und sie bildeten keine wirkliche Vertretung des Reiches mehr. Dem Reichstage stand ein Vertreter des Kaisers aus fürstlichem Stande gegenüber. Er überbrachte dem Reichstage die kaiserlichen Botschaften, und über diese wurde einzeln in den 3 Kollegien beraten. Waren die drei Kollegien für sich ans Ziel gelangt, so mußte aus ihren Sonderbeschlüssen ein Reichsschluß gebildet werden. Es erfolgten Relationen und Korrelationen, zunächst zwischen den beiden höheren Kollegien, den Kurfürsten und Fürsten. Führten sie nicht zum Ziele und war auch die Vermittlung des Kaisers erfolglos, so blieb die Sache auf sich beruhen. Mit den Reichsstädten begann das Geschäft der Relationen und der Korrelationen erst dann, wenn die beiden höheren Kollegien zu einem Einverständnis gelangt waren. War das schwierige Werk gelungen, die Einigung aller 3 Körperschaften herzustellen, so wurde das Ergebnis in einem Reichsgutachten dem Kaiser übergeben, und durch dessen Bestätigung wurde des Reichsgutachten zum Reichsschluß erhoben. Noch lähmender als die weitläufigen Formen wirkte der Umstand, daß der Reichstag längst nicht mehr eine lebendige Vertretung der Reichsstände war. In alten Zeiten hatte das persönliche Zusammensein der Glieder des Reiches anregend und fördernd gewirkt und die Schwerfälligkeit der Formen häufig überwunden. Aber da jetzt der Reichstag in Regensburg beständig tagte, erschienen die Herren nicht mehr selber, sondern schickten ihre Gesandten, und eine solche Versammlung, die von Aufträgen und Unterweisungen abhing, Unterweisungen, die zum Teil erst weither geholt werden mußten, konnte

18. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 197

1910 - Breslau : Dülfer
Die Koalitionskriege. 197 bei Austerlitz (2. Dezember 1805) zu einer @djíadjt verleiten, in der Napoleon seinen glänzendsten Sieg erfocht. 6. Da sich Kaiser Franz zu weiterem keinestvegs aussichtslosen Wider- stande nicht aufzuraffen vermochte, schloß er am 26. Dezember 1805 zu Preßburg Frieden mit Napoleon. Er trat Tirol an das mit Frankreich verbündete Bayern ab, Venetien, Istrien und Dalmatien an Italien und die vorderösterreichischen Lande an Württemberg und erhielt dafür das säkulari- sierte Erzbistum Salzburg. 6. Nur der Krieg gegen England war Napoleon abermals übel be- kommen, am 21. Oktober war die vereinigte französisch-spanische Flotte bei Trafalgar von Nelson, der dabei den Heldentod gefunden hatte, vollständig geschlagen worden. Y. Der Untergang des Deutschen Reiches. Dem Deutschen Reich, dessen innerer Verfall während der Koalitionskriege mit erschreckender Deutlichkeit zutage trat, wurde durch den vaterlandslosen Partikularismus seiner Glieder ein schmachvoller Untergang bereitet. 1. Da die alte feudale Ordnung des Deutschen Reiches durch die Aus- breitung der Ideen der französischen Revolution in noch höherem Grade gefährdet war als die Interessen der beiden deutschen Großmächte, gewann es den Anschein, als ob von seiten des Reiches eine viel energischere Abwehv der französischen Übergriffe im Elsaß zu erwarten gewesen wäre als von Öster- reich oder Preußen. Die drohenden Reden, die gelegentlich der Debatten über die von Frankreich zu leistenden Entschädigungen im Reichstage fielen, erweckten den Eindruck, als ob sich das Reich in ungewöhnlicher Einmütigkeit an dem Kriege der beiden Großmächte gegen das revolutionäre Frankreich beteiligen würde. 2. Allein noch vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten machten sich im Gegensatz zu der bisherigen patriotischen Kampfesfreudigkeit die Anfänge jenes selbstsüchtigen Partikularismus bemerkbar, der sehr bald einen großen Teil der mittleren und kleineren Reichsstände zu Werkzeugen der Bonapartischen Eroberungspolitik herabwürdigte. Als Preußen und Österreich im April 1792 die Erneuerung der Assoziation der sogenannten vorderen Reichskreise in An- regung brachten, überreichte Pfalzbayern dem Reichstage eine Vorstellung, in der es gegen die kriegerische Rüstung dieser von Frankreich zunächst bedrohten Reichskreise allerhand Bedenken geltend machte und zur Neutralität riet. Noch zweideutiger wurde die Haltung der süddeutschen Reichsstände, als die Feinde am Rheine erschienen. Zur Sicherung der linken Flanke der preußischen Auf- stellung sollten die vorderen Reichskreise ein Heer von nur 20000 Mann aufbringen; aber alle Ermahnungen des Kaisers blieben erfolglos, man ent- schuldigte die Verweigerung der Kriegsrüstung mit den „Rücksichten, die man gegen Frankreich zu nehmen habe". Selbst als im März 1793 der Reichs- krieg beschlossen worden war, unterließen zahlreiche Reichsstände überhaupt die Mobilmachung ihrer Kontingente, und Pfalzbayern wollte seine Truppen nur „gegen annehmliche Bedingnisse, worüber vordersamst die nötige Überein- kunft zu treffen sei", dem Kaiser zur Verfügung stellen. Anmerkung. Viel dienstbereiter zeigte man sich den Franzosen gegenüber. Der preußische Oberst Rüche! beschwerte sich bei der pfälzischen Regierung darüber, „daß französische Offiziere ungehindert in der Festung Mannheim ein- und ausgehen, daß ein Adjutant und ein Sekretär Custines sich dort ungescheut als Spione und Emissäre der revolutionären Propaganda herumtreiben. Er fragte an, ob es wirklich wahr sei, daß in

19. Kulturbilder aus Deutschlands Vergangenheit - S. 285

1890 - Leipzig : Gräbner
36. Die Soldaten des 18. Jahrhunderts, 285 zu mildern, da sie klar erkannten, daß eine blühende Entwickelung ^Aeig-n? des Landes nur auf einem freien Bauernstande beruhe. So hob f*aft. der Kaiser Josef Ii. 1781 die Leibeigenschaft in seinen Ländern auf. Die Bauern durfte« nun frei heiraten, fortziehen und ein Handwerk erlernen. Die persönlichen Dienstleistungen und Naturallieferungen blieben zwar bestehen: aber es würde eine billige Summe festgesetzt, für die sie abgelöst werben konnten. Die Versuche Friebrichs des Großen scheiterten an dem Wiberstand des stolzen Adels, der behauptete, es bestehe gar keine Leibeigenschaft mehr, obgleich das thatsächlich der Fall war. So blieb die alte Hörigkeit in Preußen bis in unser Jahrhundert hinein bestehen, nämlich bis der edle Minister v. Stein dieselbe aus der Welt schaffte, um das Vaterland stark zu machen zu dem gewaltigen Kampfe gegen die französische Fremdherrschaft. 30. Die Soldaten des 18. Jahrhunderts. Nach dem dreißigjährigen Krieg vollzog sich, veranlaßt durch das Vorgehen Ludwigs Xiv. von Frankreich, allmählich der Übergang vom Söldnerheer zum stehenden Heer. Nachdem durch den westfälischen Frieden jeder deutsche Fürst Das „R-i-rs eilt selbständiger Landesherr geworden war, suchte man das Beispiel des Versailler Hofes besonders dadurch nachzuahmen, daß man eigene Soldaten unterhielt. Oftmals freilich waren das nur ein paar Dutzend. Zwar bestand noch immer die Verpflichtung für jeden deutschen „Reichsstand", im Fall eines „Reichskrieges" ein durch die Reichstagsbeschlüsse von 1521 und 1681 bestimmtes „Kontingent" von Truppen zu stellen. Doch unterhielt man weniger aus diesem Grunde die Soldaten, als „zur Kurzweil"; nur die größeren deutschen Staaten, so namentlich Preußen, Österreich und Sachsen, richteten allmählich stehende Heere ein, um wirklich die eigenen Landesgrenzen zu schützen. In den kleineren

20. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 52

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
erfolgreiche Arbeit unmöglich, weil feine gemeinschaftlichen Übungen stattgefunden hatten. Die Truppen des schwäbischen Kreises z. B. wurden von 4 geistlichen und 14 weltlichen Fürsten, von 14 Prälaten, 4 Äbtissinnen, einigen 30 Grafen und Herren und etwa 30 Reichsstädten tropfenweise zusammengebracht. Für eine Kompanie des schwäbischen Kontingents stellte Gmünd den Hauptmann, Rottweil den ersten Lieutenant, die Äbtissin von Rotenmünster den zweiten, der Abt von Gengenbach den Fähnrich. Ganz kläglich war die Ausrüstung. Jedes Kontingent hatte seine eigene Art der Verpflegung, so daß ein Regiment, das vielleicht aus 12 Kontingenten bestand, in 12 verschiedene Orte schicken mußte, um Pferdefutter und Brot zu bekommen. Jede Bewegung war dadurch gehemmt, jedes rasche und heimliche Unternehmen unmöglich gemacht. Ebenso waren die Bezahlung des Soldes, die Kleidung, die Verpflegung der Kranken nicht gleichmäßig. Die Gewehrläufe besaßen eine ganz verschiedene Weite, so daß bei Roßbach von 100 Flinten kaum 20 Feuer gaben. Selbst Johann Jakob Moser, ein berühmter Rechtsgelehrter aus jener Zeit, der sich in die alten Formen eingelebt hatte und dem sie heimisch und lieb geworden, sagte: „Die bei einem Reichskriege und der Reichsarmee sich äußernden Gebrechen sind sv groß, auch viel und mancherlei, daß man, solange das Deutsche Reich in seiner jetzigen Verfassung bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu führen." L. Stoll, Das 19. Jahrhundert (nach Freytag, Häußer und Treitschke). Hamburg 1900. Fünfter Abschnitt. Bürger, Bäumt und Soldaten des 16. Jahrhunderts. Das Haus einer wohlangesehenen bürgerlichen Familie in • einer einigermaßen bedeutenden Stadt wurde in der Regel nur von einer Familie bewohnt und die Hausthür stets verschlossen gehalten. Wer Eintritt begehrte, zog an der Klingel. Bald erschien oben im Kerker ein forschendes Gesicht, und die Thür wich, nachdem ein Riegel sich erhoben, leicht dem Drucke der Hand. Man trat in einen geräumigen Hausflur, dessen Fußboden mit unregelmäßigen Steinplatten belegt war, die keineswegs eine ebene Fläche bildeten. Der Hausflur war durch zwei neben der Thür befindliche Fenster erhellt, die außen mit starken Eisen-