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1. Abriss der Geschichte für höhere Knaben- und Mädchenschulen - S. 190

1878 - Mainz : Kunze
— 190 — Gneisenau, welche, obgleich der Frieden Preußen eine Armee von nur 42000 Mann gestattete, durch Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und das sogenannte Krümpersystem es dahin brachten, daß im Falle der Not 150000 wohlgediente Soldaten dem Vaterlande zu Gebote standen. Ein wunder Fleck waren auch die Finanzen. Durch den unglücklichen Krieg, durch fast unerschwingliche Contributionen, durch die anspruchsvolle Verpflegung zahlreicher französischer Truppen selbst während der folgenden Friedensjahre, durch die Sorge um die dielen stellenlosen Beamten, endlich durch die Vernichtung des Handels war das Land an den Rand des Abgrunds gebracht; bessere Zustände zu schaffen, reichte bloße Sparsamkeit, worin die königliche Familie mit nachahmenswerthem Beispiel und rührender Selbstentäußerung vorangieng, nicht aus; es mußte die Steuerfreiheit der sich sträubenden Privilegierten aufgehoben, zum Verkaufe geistlicher Güter und Domainen geschritten, der Kurs des Papiergeldes zwangsweise festgesetzt, die Steuerkraft der Nation im allgemeinen erhöht werden, was diese als Gegenleistung für die gewährte Selbstverwaltung, für die größere Sicherheit des Besitzes und die zugestandene freiere Verfügung der Einzelnen über ihr Vermögen sowie in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft sich willig gefallen ließ. Daß bei allen diesen Nöten die Pflege geistiger Güter nicht versäumt, im Gegentheil eine Universität in der Hauptstadt gegründet wurde (1810), an der ein Fichte und Schleiermacher in nationalem und echt christlichem Geiste wirkten, muß als große That rühmend hervorgehoben werden. Mitten in diese Zeit der Wiedergeburt fiel, wie wenn der Opfer noch nicht genug gebracht wären, der Tod der edeln Königin Luise (19. Juni 1810). Er beugte nicht blos den Gatten, dem sie im Unglück Trost und Rat gespendet, er schmerzte das ganze Volk, und durch das Gefühl, daß das Weh des Vaterlandes ihr Herz frühzeitig gebrochen, entflammte er bei Hoch und Gering den heißen Wunsch die Schmach an dem Urheber desselben zu rächen und die politische Größe, das Erbtheil Friedrichs des Großen, wieder zu erringen.

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1. Neuzeit - S. 279

1912 - Stuttgart : Bonz
279 gltigfeit vernachlssigten Triebe, auf denen die Kraft und Wrde des Men-schen beruht, Liebe zu Gott, König und Vaterland sorgfltig gepflegt, so knnen wir hoffen, ein physisch und moralisch krftiges Geschlecht aufwachsen und eine bessere Zukunft sich erffnen zu sehen. Knigsberg, den 24. November 1808. Stein." An Steins Stelle setzte (1810) Karl August von Hardenberg, kein groer Charakter, aber ein Mann von Geist und ein warmherziger Patriot, als Staatskanzler das Werk fort. Der Zunftzwang wurde aufgehoben (1810) und Gewerbefreiheit eingefhrt, die Befreiung des Bauernstandes in der Weise durchgefhrt, da die greren Bauern ihre Gter (gegen Abtretung eines Drittels oder der Hlfte an die Grundherren) als freies Eigentum erhielten (1811), die Juden emanzipiert (1812). d. Heeresreform. Neben dieser politischen und sozialen Reform ging eine militrische durch den genialen Scharnhorst (Gerhard David, geb. 1756, ein geborener Hannoveraner) und seine Freunde Gneisenau, Grolman, Botyen, Clausewitz. Das Ziel war, ans dem gut gedrillten Sldnerheer ein wirkliches Volksbeer zu schaffen. Die unbrauchbaren Offiziere wurden ausgeschieden; der Zopf und die entehrenden Strafen, ebenfo die Werbung und die Aufnahme von Auslndern abgeschafft, das Vorrcken der Offiziere nur von ihrer Tchtigkeit abhngig gemacht. Schon wurde der Gedanke der allgemeinen Wehrpflicht ins Auge gefat, und da man sich hatte verpflichten mssen, nicht der 42 000 Mann Truppen zu halten, half man sich damit, da man fo viel Rekruten als mglich aushob und dann die leidlich einexerzierten Krmper" (der Name rhrt von den berschssigen Pferden der Kavallerie her) beurlaubte. Durch dieses Krmpersystem bekam Scharnhorst nach und nach 150 000 zur Not ausgebildete Soldaten. c. Geistiger Aufschwung. Eine allgemeine sittlich-reli-gise Erhebung begann in dieser Zeit der geringen Dinge. Die Flachheit und Oberflchlichkeit wich unter dem furchtbaren Druck einem grern Ernst. Fr diese Erneuerung des Volkes wirkten durch Schrift und Wort vor allem der groe Philosoph Fichte (t 1814) durch seine Reden an die deutsche Nation", der groe Theologe Schleiermacher (f 1834) durch seine Predigten, der treff-liehe Ernst Moriz Arndt (f 1860) durch feine kernigen, mannhaften Schriften (Geist der Zeit). Auch der wunderliche Turnvater Jahn arbeitete daran, durch seine Turnbungen Krper und Geist der Jugend fr die Entscheidung vorzubereiten. Trotz der finanziellen Notlage wurde 1810 die Universitt Berlin gegrndet. Der Tugendbund, der (1808) in Knigsberg gegrndet wurde und sich der Deutschland ausbreiten sollte, dem aber weder Stein noch Scharnhorst angehrten, hat feine grere Bedeutung erlangt; er

2. Bilder aus der deutsch-preussischen Geschichte für ein- bis dreiklassige Volksschulen - S. 158

1892 - Osterburg : Danehl
158 Bilder aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Daß unsere Enkel, freie Männer, sterben. Kommt dann der Tag der Freiheit und der Rache, Dann ruft Dein Volk, dann, deutsche Fran, erwache, Ein guter Engel für die gute Sache." Einstweilen wurde die teuere Entschlafene in der Sakristei des Domes zu Berlin beigesetzt; erst am 23. Dez. 1810 fand sie ihre letzte Ruhestätte in dem erhabenen einfachen Mausoleum zu Charlottenburg, das ihr der König hatte erbauen lassen. Dem deutschen Volke aber ist sie nicht gestorben; ihr Bild hat sich mit unauslöschlichen Zügen in das deutsche Herz geprägt. — Wenn auch der Schmerz um das unglückliche Vaterland ihr Herz brach, so hat sie gewiß doch in dunkelster Nacht den rosigen Morgen einer neuen Zukunft geschauet, denn sie wußte, daß der allmächtige Gott das preußische Volk nie verlassen werde. — Die Segensspureu dieses Heldenlebens hat unser Vaterland bis auf deu heutigen Tag geschauet. In allen Fährden und Nöten wird das lichte Bild Luisens dem deutschen Volke in neuem Glauze erstrahle», daß es komme „durch Nacht zum Licht." Es bleibt ewig wahr, was der Dichter sagt: „Nicht darf ein Monument von Stein und Erz Von Dir, o Königin Luise, künden; Ties eingeprägt in jedes Preußen Herz Wird ewig sich Dein hoher Name finden." 3. Neugestaltung des preußischen Staates. Nachdem unser Vaterland durch das Unglück so tief erniedrigt worden war, lernte man begreifen, daß es nur besser werdeu körnte, wenn jeder an seinem Teile an dieser Besserung mitarbeitete. Man raffte sich auf und nahm alle Kräfte zusammen, um die Möglichkeit einer Erhebung des Vaterlandes herbeizuführen. Vor allem mußte das Volk wieder zu opferfreudiger Vaterlandsliebe begeistert werden, und das war nur möglich, wenn es selber thatkräftigen Anteil nahm an all’ den Veranstaltungen, die zur Förderung des Volks- und Staatsrechtes getroffen wurden; denn nur dem gehört mein Herz, welchem ich meine Kräfte weihe. Bisher hatte das Volk die Sorge für feine Wohlfahrt der Obrigkeit allein überlassen und war dadurch gleichgiltig gegen alles das geworden, was zu feinem besten ins Leben gerufen war. Das mußte jetzt anders werden. Noch war die Kraft des Volkes nicht erschöpft; nein, diese Kraft mußte nur in die rechten Bahnen gelenkt werden, damit das Ziel, die Befreiung des Vaterlandes, erreicht werden könne. Es erforderte dies viel Arbeit, denn große Veränderungen im Staats- und Gesellschaftsleben, wie im Heere Mußten vorgenommen werden, aber das preußische Vaterland hatte

3. Hohenzollernfürsten - S. 28

1895 - Hannover : Meyer
28 die mit ihnen verbündeten Sachsen sehr tapfer fochten, erlitten sie infolge mangelhafter Heeresführung eine furchtbare Niederlage. Wenige Tage darauf zog Napoleon in die preußische Hauptstadt ein und schlug sein Quartier im Königlichen Schlosse auf. Der Sieger sparte den Berlinern keine Demütigung. Die Siegesgöttin auf dem Brandenburger Thor wurde herabgenommen und nach Paris gebracht; die königlichen Schlösser und das Zeughaus wurden geplündert. Der König mußte mit seiner Familie erst nach Königsberg und dann nach dem letzten Winkel deutscher Erde, nach Memel, flüchten. Als dann im nächsten Jahre der Frieden von Tilsit geschlossen wurde, verlor Preußen alle Lande links von der Elbe; nnr die Hälfte seiner Provinzen wurde gerettet, und diese waren, wie die drei Blätter eines Kleeblattes, nur durch schmale Streifen mit einander verbunden, so daß her Feind von allen Seiten gegen Berlin losmarschieren und sein Netz über der Hauptstadt zusammenziehen konnte. Trotz aller dieser Trübsal, die über das Haus Hohenzollern und das preußische Volk hereinbrach, verzagte der König nicht. Gerade durch den Druck des schweren Leidens wurde sein Gottvertrauen gestärkt. Als der König auf einem Denkmal im Königsberger Dom die Inschrift las: „Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott", wandte er sich ergriffen zu den Umstehenden und sagte: „Wie paßt doch diese Inschrift fo ganz auf meinen Zustand!" Von da ab wählte er diese Worte zu seinem Wahlspruch. — Treu und tapfer stand dem gebeugten Könige die geliebte Gemahlin zur Seite. Kein Opfer war zu groß, das sie nicht gebracht hätte, um die Not des Vaterlandes zu lindern. Willig gab sie ihre Diamanten und Edelsteine hin, damit die von Frankreich erpreßte Kriegsentschädigung schneller bezahlt werden konnte. Nur einige Perlenschnüre, die sie als einzigen Schmuck trug, behielt sie zurück. Als später einmal eine Dame diese Perlen bewunderte, sagte die Königin: „Ich liebe sie sehr und habe sie zurückbehalten, als ich meine Diamanten hergab. Sie passen besser für mich, denn sie bedeuten Thränen, und ich habe deren so viele vergossen." — Leider sollte die Königin Luise die Zeit der Thränen und des Unglücks nicht überleben, und es ihr nicht vergönnt sein, Preußens siegreiche Erhebung zu schauen. Am 19. Juli 1810 ist sie an einem heftigen Fieber auf dem Schlosse Hohenzieritz im Alter von nur 34 Jahren gestorben. Mit dem unglücklichen Könige trauerte das ganze Land um den Tod der geliebten Königin. Die Befreiungskriege. Zwei Jahre nach dem Tode der Königin Luise traf den nimmersatten Eroberer Napoleon Gottes Gericht. Mit einem Heere von mehr als sechsmalhunderttausend Mann war Napoleon durch Deutschland nach Rußland gezogen, um auch dieses große Reich in seine Gewalt zu bekommen. Er drang auch siegreich bis Moskau, der alten Hauptstadt Rußlands, vor. Hier wollte er zunächst dem Heere einige Zeit der Ruhe und Erholung gönnen. Da ließen die Russen ihre Hauptstadt in Flammen aufgehen und nahmen dadurch

4. Lesebuch für Volksschulen - S. 186

1894 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
186 mit seinen beiden ältesten Söhnen ein. Es war die letzte Freude für die Sterbende. Der König war wie zermalt van Schmerz. Wenige Stunden darauf trat wieder ein heftiger Krampfanfall ein; es war gegen neun Uhr, als die Königin sanft das Haupt zurückbog, die Augen schloß und ausrief: „Herr Jesu, mach' es kurz." Nach einmal atmete sie aus; mit diesem stillen Seufzer endete ihr Leben. Der König drückte seiner Luise die Augen zu — seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunklen Bahn sv treu geleuchtet. Prinz Wilhelm, der nachmalige Kaiser Wilhelm I., küßte die bleichen Lippen seiner Mutter und ging dann weinend in den Garten. Hier pflückte er Eichen- blätter und Rasen und wand einen Kranz daraus. Diesen legte er auf das Sterbe- bett seiner Mutter. Der Kranz ist nachher unter Glas und Rahmen gebracht und hängt noch heute an der Wand des Sterbezimmers im Schlosse Hohen-Zieritz. Der tiefste Schmerz eines ganzen Volkes begleitete den Leichenzug nach Berlin und nach Charlottenburg, wo ihr der edle Gemahl in dem berühmten Mausoleum eine Ruhestätte bereitet hat, wie sie ihrer und seiner würdig ist. Nach dem Tagebuch der Gräfin v. Botz, Eylert u. a. e. Preußens Erneuerung. 1. Das Unglück von Jena und Tilsit ist für Preußen ein großer Segen, ja, der Anfang einer völligen Erneuerung des Staates geworden. Gerade in jener Zeit der Not unternahm es König Friedrich Wilhelm Iii. im festen Vertrauen ans Gott, die Keime einer besseren Zukunft zu pflanzen und zu pflegen. Er hatte dabei vornehmlich zwei Männer als Helfer, den Minister Freiherrn von: Stein und den General Scharnhorst. 2. Zn allererst kam cs darauf an, die Kriegssteuer an Frankreich zu zahlen. Daher galt es vor allem zu sparen. Der König ging selbst voran; er entließ viele seiner Diener und aß nicht besser als ein einfacher Bürger. Das goldene Tafelgeschirr schickte er in die Münze und ließ Geld daraus prägen. So gelang es, noch im Jahre 1808 die Kriegssteuer abzutragen. 3. Aber mehr noch mußte man für die Zukunft sorgen. Es mußte in alle Stände ein ganz neues Leben gebracht werden. Kein Stand hatte dies so nötig als der Bauernstand. Fast alle Bauern in den Ländern östlich von der Elbe waren damals noch unfrei. Sie waren zwar nicht leibeigen, aber sie waren dem Gutsherrn erb unter thänig. Der Bauer war an sein Gut, an die Scholle, auf der er geboren war, gebunden. Seine Kinder durften nicht in fremde Dienste gehen, seine Töchter durften sich nicht verheiraten, wenn es der Gutsherr nicht erlaubte. Der Acker, den der Bauer bearbeitete, gehörte ihm nicht als freies Eigen- tum, sondern er hatte nur den Nießbrauch. Der eigentliche Besitzer war der Guts- herr, und der Bauer mußte demselben für den Nießbrauch seines Ackers schwere Frondienste leisten und Abgaben an Korn und Geld geben. Da beschloß der König, den Bauernstand in Preußen zu einem freien zu machen. Vom 1. Juni 1808 ab sollte auf sämtlichen königlichen Doinünen keine Erbunterthänigkeit mehr statt finden. Allein in der Provinz Preußen wurden dadurch 47 000 Bauern frei. — Vom Martiiütage 1810 ab hörte auch auf allen adeligen Gütern alle und jede Gutsunterthänigkeit ans. 4. Ebenso erhielten die Städte 1808 eine ganz neue Verfassung, die Städte- ordnung. Bis dahin hatten sie in obrigkeitliche Ämter nur ausgediente Militärs wählen dürfen, die den Bürgern fremd waren und nicht wußten, was der Stadt not that. Jetzt durften die Bürger ihren Bürgermeister, ihren Magistrat und die Stadtverordneten nach ihrem Wunsche und aus ihrer eigenen Mitte wählen. Diese

5. Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in mehrklassigen Volksschulen - S. 124

1881 - Merseburg : Steffenhagen
124 um ein Stück Brot, die meisten warfen Gepäck und Waffen weg und suchten nur das nackte Leben zu retten. Dabei wurden die Abziehenden unaufhörlich vou den nachsetzenden Kosaken geängstigt, welche sie bald in der ©eite, bald im Rücken angriffen. So gelangte man Ende November an die Beresina, deren Bett infolge eingetretenen Tauwetters mit Treibeis angefüllt war. Na- : poleoit ließ zwei Brücken schlagen; aber im Gedränge stürzten die Soldaten zu Tausenden in den Strom, und von den Höhen herab richteten die russischen Geschütze in dem dichten Menschenknäuel die furchtbarsten Verheerungen an. Einige Tage später bestieg der Kaiser einen Schlitten und eilte nach Frankreich zurück, um der Schreckenskunde zuvorzukommen. Was von seiner ungeheuren Armee endlich die Grenze erreichte, waren 20000 elende, halb verhungerte, in Lumpen gekleidete Unglückliche. § 75. Preußens Wiedergeburt und Erhebung gegen die Fremdherrschaft. (Preußens Lage nach dem Tilsiter Friedens Schwer lasteten die Folgen des unglücklichen Krieges von 1806 auf Preußen. Der Staat war um die Hälfte verkleinert, die Bevölkerung verarmt, die Mehrzahl der Festungen in den Händen des Siegers und der König durch Verträge an den Ueberwinder gebunden. Millionen seufzten unter dem tyrannischen Drucke des korsischen Gewalthabers, und die edle, allgemein verehrte Königin Luise erlag dem herzbrechenden Gram um die Not des Vaterlandes. Bei Gelegenheit eines Besuches, den sie ihren Eltern abstattete, erkrankte sie auf dem mecklenburgischen Schlosse Hohen- ] zieritz und starb daselbst am 19. Juli 1810. Aber die Tage der herbsten Prüfungen waren auch die Tage heilsamer Selbsterkenntnis, die Tage der Wiedergeburt Preußens, der Erneuerung seines Heeres, Staates und Volkes. (Umgestaltung des Heerwesens.) Die Umgestaltung des Heerwesens beruhte hauptsächlich auf dem General von Scharnhorst, der sich aus niederem Stande bis zu deu Stufen des Thrones emporgeschwungen hatte. Er führte die allgemeine Dienstpflicht ein, ließ die Mannschaften rasch einexercieren und dann durch neue ersetzen und schuf so binnen wenigen Jahren eine schlagfertige Armee von 150000 Mann, ohne daß die vertragsmäßige Zahl von 42000 Mann jemals überschritten worden wäre. Zugleich wurden die das Ehrgefühl verletzenden körperlichen Strafen abgeschafft und die höchsten Offizierstellen jedem durch Bildung und Tapferkeit befähigten Soldaten geöffnet. (Umgestaltung des Staatswesens.) Während Scharnhorst die Umbildung des Heeres vornahm, legte der Minister Freiherr von Stein und nach ihm der Freiherr von Hardenberg den Grund zu einem neuen, besseren Staatswesen. Jede Art von Erb unter-thänigkeit oder Leibeigenschaft wurde aufgehoben, die Bürger und Bauern durften adelige Güter und die Edelleute bäuerliche Wirt-

6. Lese- und Lehrbuch für ländlich-gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 338

1910 - Leipzig [u.a.] : Teubner
338 Vii. Aus der Geschichte des Vaterlandes. dienten Krieger bildeten die Landwehr. Auch den Bürgerlichen sollten die Osfiziersstelleu zugänglich sein. Indem Scharnhorst Preußen für den Kampf militärisch vorbereitete, wurde er „der Waffenschmied der deutschen Freiheit". — Besonders lag dem Könige auch die Erziehung der Jugend am Herzen; denn er erkannte, daß vor allem die Jugend gut erzogen werden müsse, wenn es mit seinem Volke besser werden sollte. — So brachten die Unglückstage dem Vaterlande gute Früchte. Nach A. Büttner. b. Aufhebung der Erbuntertänigkeit der Bauern und Erlaß der Städteordnung. 1. Vor allem aber milßte in allen Kreisen des Volkes neuer Mut und frisches Leben geweckt werden. Friedrich der Große hatte noch eine strenge Sonderung der einzelnen Stände für nötig gehalten. Jeder Untertan sollte in dem Kreise bleiben, in den ihn Geburt und Er- ziehung gesetzt hatten. Der Adel sollte die Offiziere und die höheren Beamten stellen. Der Bürger hatte Gewerbe und Handel zu pflegen, der Bauer Ackerbau und Viehzucht zu treiben. Der große König hatte damit das Beste seines Landes und Volkes im Auge. Unter seiner weisen und kraftvollen Negierung fühlte sich das Volk wohl dabei, wenn auch mancher diese Schranken als hemmend empfinden mochte. Jetzt aber in der Zeit der drückendsten Not mußte der Staat neue, tüchtige Kräfte hernehmen, wo er sie fand. Ohne Unterschied des Standes mußte jeder nach seiner Brauchbarkeit und Begabung mit- wirken zum Wohle des Ganzen. 2. Das sah Friedrich Wilhelm Iii. ein, und darum befolgte er die weisen Ratschläge seiner treuen Diener. Kein Stand bedurfte mehr der Befreiung von drückenden Fesseln als der Bauern- stand. Bis dahin waren die meisten Bauern noch persönlich unfrei; sie waren dem Gutsherrn erbuutertänig. Der Acker, den sie bebauten, gehörte nicht ihnen, sondern war ihnen vom Gutsherrn nur zum Nießbrauch überlassen. Dafür mußten sie Frondienste oder Abgaben an Geld und Getreide leisten. Ohne Erlaubnis des Gutsherrn durften die Bauern nicht verziehen, ihre Kinder sich nicht verheiraten oder in fremde Dienste treten. So fehlte dem Landmanne jede Freude an der Arbeit, den Boden zu verbessern. Friedrich Wilhelm Iii. beseitigte solchen Zwang und Druck und wurde dadurch der Schöpfer eines freien Bauernstandes. Im Jahre 1807 verordnete er, daß vom 1. Juni 1808 an auf seinen Domänen schlechter- dings keine Hörigkeit, Leibeigenschaft, Erbuntertänigkeit, oder Gutspflicht bestehen solle. Dadurch wurden mit einem Schlage 47 000 freie Bauernhöfe geschaffen. Mit dem Martinstage 1810 hörte die Erbuntertänigkeit im ganzen Staat auf. Durch dieselbe Verordnung wurde die Scheidung der Stände aufgehoben. Den Edelleuten wurde das Recht gewährt, die bürgerlichen Gewerbe zu treiben, von denen sie bisher ausgeschlossen waren. Der Bauer durfte forthin auch adlige Güter erwerben oder in den Bürgerstand

7. Teil 2 - S. 252

1910 - Hannover : Helwing
252 wenn sie es für nötig hielt. Sie stellte damit den freien Handwerker neben den zünftigen. Dazu begünstigte sie die Einrichtung von „Manufak- turen", tnbenx sie die Hausindustrie, die für den Verkauf arbeitete, wirk- sam unterstützte und selbst große Betriebe zur Herstellung von gewerblichen Erzeugnissen einrichtete (f. S. 177, 8). Solche Großbetriebe nannte man Fabriken; sie waren vom Zunftzwang völlig frei. Sie arbeiteten nicht mehr unmittelbar für den Verbraucher (Konsumenten), sondern für den Kauf- mann. Ein solcher Großbetrieb erforderte nicht nur ein großes Anlage- kapital und große Betriebsmittel, sondern auch viele Hände für verschieden- artige Arbeiten. Er zerlegt die Arbeit in Teile, und jeder Arbeiter macht seinen Teil, bis schließlich die Einzelteile zum Ganzen zusammengefügt werden. Dadurch wurde die Leistungsfähigkeit der Betriebe bedeutend ge- steigert. Nach und nach wurden immer bessere Maschinen in den Betrieb eingestellt, so daß er noch schneller und besser arbeitete. So wurde die Ge- werbtütigkeit vielfach in ganz neue Bahnen gelenkt. Dem einfachen Hand- werker aber wurde es immer schwerer gemacht, sich redlich durchzuschlagen. i) Die G e w e r b e f r e i h e i t u n d das Handwerk. In der Zeit der französischen Revolution forderte man gänzliche Abschaffung des Zunftzwanges. Jeder solle seine Fähigkeiten so gut entfalten, wie er könne; das kaufende Publikum werde schon selber sorgen, daß gute Ware auf den Markt komme. Man wollte also volle Gewerbefreiheit. Napoleon I. brachte sie dem Rheinlande: Preußen hat sie 1810—1811 eingeführt. Jetzt bedurfte es nur eines Gewerbescheines und der Zahlung der Gewerbesteuer: dann konnte jeder jedes beliebige Gewerbe treiben. Die Zünfte und Innungen blieben noch als freie Genossenschaften bestehen. Seit Errichtung des Deutschen Reiches besteht die Gewerbefreiheit in ganz Deutschland. Zunächst tat die Gewerbefreiheit dem Kleinbetrieb wenig Schaden. Erst als die Dampfmaschine mehr und mehr Arbeitsmaschine und Verkehrs- mittel wurde, fing die Not an. Der kleine Handwerker konnte solche Ma- schinen meist nicht anschaffen; nur einzelnen gelang es, nach und nach zum Großbetrieb überzugehen (Krupp, Borsig); Tausende von kleinen Meistern gingen als Arbeiter in die Fabriken; andere kämpften einen aussichtslosen Kampf mit der Großindustrie, die gewisse Artikel besser und billiger her- stellen konnte, als der Handwerker. Was Wunder, wenn dieser immer lauter nach Hülfe rief! Er forderte Abschaffung der Gewerbefreiheit. Preußen kam ihm mit der „Allgemeinen Gewerbeordnung" von 1845 entgegen und führte die staatliche Konzession wieder ein. Die folgenden Revolutionsjahre fegten diese Errungenschaft wieder weg. Die Gewerbeordnung des Nord- deutschen Bundes stellte die Gewerbefreiheit auch in Preußen wieder her, und das neue Deutsche Reich hat sie festgehalten bis heute. Das deutsche

8. Vaterländische Geschichte - S. 203

1900 - Berlin : Nicolai
203 sondern auch das Ganze schädigt. Fichte, Lehrer an der im Jahre 1810 gegründeten Berliner Universität, sprach in seinen „Reden an die deutsche Nation" eindringlich aus, was das ganze Volk bewegte. Die Rettung des Staates erhoffte er vou einem neuen Geschlechte, das, von der verderblichen Selbstsucht befreit, Gut und Blut zur Rettung des Vaterlandes einsetzt. So begann und vollendete die Wissenschaft — von dem Feinde unbehelligt, weil nicht verstanden — ihr großes Werk. Vereinigungen und Gesellschaften wurden gestiftet, um im Vereine dem gleichen Ziele zuzustreben. Der „Tugendbund" verzweigte sich über das ganze Land. In jeder Stadt entstanden Bildungsvereine, wissenschaftliche Kränzchen und andere Verbindungen. Sie alle verfolgten den gleichen Zweck: das Vaterland von fremder Herrschaft zu befreien, das Volk heranzubilden für den letzten Entscheiduugskampf. Die Vaterlandsfreuude übten sich unablässig im Gebrauch der Schußwaffen und gründeten zu dem Zwecke Vereine (Schützenfeste). Andere arbeiteten für die körperliche Ausbildung der Jugend, allen voran der Turnvater Ludwig Jahn. Alltäglich zog er mit einer Schar gewandter, kräftiger Jünglinge hinaus auf den Turnplatz in der Hasenheide zu Berlin, um sie für den Kampf zu stählen, durch kernige Ansprachen ihren Mut anzuspornen und den Geist der Freiheitsliebe zu festigen. Während das preußische Heer im geheimen auf die dreifache Zahl gebracht wurde, arbeitete man in allen Werkstätten an der Ausrüstung für den neueu Krieg und schmiedete eiserne Waffen zu den geistigen. — Auch die Dichter erhoben begeistert und begeisternd ihre Stimmen. Worte aus den Werken des leider viel zu früh verstorbenen Schiller gingen von Mund zu Mund: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr". „Ans Vaterland, ans teure, schließ' dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft." „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehz-e!" Ernst Moritz Arndt, Schenkendors, Körner, Rückert u.a. regten durch zündende Gedichte die Massen auf und durchdrangen sie mit der Sehnsucht, das fremde Joch abzuschütteln. — Angeregt -durch ein in seine Hände gefallenes Schriftstück von Stein, that Napoleon jetzt einen Schritt, den Geist der Freiheit zu ersticken; er zwang den König, die Wortführer der Bewegung. Stein und Arndt, aus seinem Lande zu treiben. Sie gingen nach Petersburg und setzten bei dem Kaiser Alexander ihr Werk fort. Der Minister v. Hardenberg trat an Steins Stelle.

9. Vaterländische Geschichte - S. 203

1898 - Berlin : Nicolai
sondern auch das Ganze schädigt. Fichte, Lehrer an der im Jahre 1810 gegründeten Berliner Universität, sprach in seinen „Reden an die deutsche Nation" eindringlich aus, was das ganze Volk bewegte. Die Rettung des Staates erhoffte er von einem neuen Geschlechte, das, von der verderblichen Selbstsucht befreit, Gut und Blut zur Rettung des Vaterlandes einsetzt. So begann und vollendete die Wissenschaft — von dem Feinde unbehelligt, weil nicht verstanden — ihr großes Werk. Vereinigungen und Gesellschaften wurden gestiftet, um im Vereine dem gleichen Ziele zuzustreben. Der „Tugendbund" verzweigte sich über das ganze Land. In jeder totadt entstanden Bildungsvereine, wissenschaftliche Kränzchen und andere Verbindungen. Sie alle verfolgten den gleichen Zweck: das Vaterland von fremder Herrschaft zu befreien, das Volk heranzubilden für den letzten Entscheiduugskampf. Die Vaterlaudsfteuude übten sich unablässig im Gebrauch der Schußwaffen und gründeten zu dem Zwecke Vereine (Schützenfeste). Andere arbeiteten für die körperliche Ausbildung der Jugend, allen voran der Turnvater Ludwig Jahn. Alltäglich zog er mit einer Schar gewandter, kräftiger Jünglinge hinaus auf den Turnplatz in der Hasenhaide zu Berlin, um sie für deu Kampf zu stählen, durch kernige Ansprachen ihren Mut anzuspornen und den Geist der Freiheitsliebe zu festigen. Während das preußische Heer im geheimen ans die dreifache Zahl gebracht wurde, arbeitete man in allen Werkstätten an der Ausrüstung für den neueu Krieg und schmiedete eiserne Waffen zu deu geistigen. — Auch die Dichter erhoben begeistert und begeisternd ihre Stimmen. Worte aus den Werken des leider viel zu früh verstorbenen Schiller gingen von Mund zu Mund: „Wir wollen sein ein einzig Bolk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gesahr". „Ans Vaterland, ans teure schließ' dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft." „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt au ihre Ehre!" Ernst Moritz Arndt, Schenkendors, Körner, Rückertu. a. regten durch züudeude Gedichte die Mafseu aus und durchdraugeu sie mit der Sehnsucht, das sremde Joch abzuschütteln. — Angeregt durch ein in seine Hände gefallenes Schriftstück von Stein that Napoleon jetzt einen Schritt, den Geist der Freiheit zu ersticken; er zwang den König, die Wortführer der Bewegung, Stein und Arndt, aus seinem Lande zu treibeu. Sie gingen nach Petersburg und setzten bei dem Kaiser Alexander ihr Werk fort. Der Minister Hardenberg trat an Steins Stelle.

10. Deutsches Lesebuch für Obersekunda - S. 268

1912 - Frankfurt am Main : Diesterweg
268 sollte denn Gesundheit Übles zur Folge haben und Krankheit Gutes? — Sohr. Solche Fälle gibt es in Menge,- denke dir nur einen schimpflichen Feldzug oder eine unglückliche Seereise: ein Teil zieht mit, weil er gerade gesund und stark ist, und ist verloren- andere werden durch Rrankheit zurückgehalten und bleiben am Leben. — Tuth. Du hast recht- aber du siehst, daß Gesundheit auch manchen in den Stand setzt, an vorteilhaften Gelegenheiten teilzunehmen, und Rrankheit manchen davon zurückhält. — Soer. So ist also beides bald nützlich, bald schädlich, und ebensowenig ein Gut als ein Übel? — Tuth. Nach dem bisherigen wenigstens scheint es wahrhaftig so. über Weisheit ist doch unleugbar ein Gut, Sokrates. Denn wo ist ein Geschäft, dem einer nicht besser obläge, wenn er weise ist, als wenn er unwissend ist? — Sokr. Wie? Du hast nichts von Dädalus gehört, wie er, wegen seiner Weisheit von Minos gefangen, bei ihm den Sklaven machen mußte und des Vaterlandes und der Freiheit zugleich beraubt wurde? — Tuth. In der Tat, so erzählt man. — Sokr. hast du ferner nicht gehört, wie es dem Palamedes erging? von ihm heißt es ja allgemein, daß er durch Ddpsseus umgekommen, weil dieser seiner Weis- heit wegen ihn beneidete. — Tuth. ñuch das erzählt man.— Sokr. Und wie viele, meinst du, seien um ihrer Weisheit willen vor den Perserkönig geschleppt worden und haben dort in Sklaverei schmachten müssen? — Tuth. Ts scheint, Sokrates, das unzweideutigste Gut sei die Glückselig- keit. — Sokr. Ja, wenn man sie nicht aus zweideutigen Gütern zusammen- setzt. — Tuth. Was soll denn bei der Glückseligkeit Zweideutiges sein? — Sokr. Gar nichts, solange wir nicht Schönheit, Stärke, Reichtum, Ruhm oder sonst etwas dergleichen damit in Verbindung setzen. — Tuth. Rber dies werden wir tun- denn wie ließe sich ohne diese Dinge eine Glück- seligkeit denken? — Sokr. So werden wir eben Dinge mit ihr in Ver- bindung setzen, die für den Menschen oft sehr traurige Folgen haben. Wie viele werden wegen ihrer Schönheit von solchen verführt, denen der 5ln- blick eines schonen Menschen den Ropf verrückt? Wie viele kommen wegen ihrer Stärke, weil sie an zu große Unternehmungen sich wagen, in keine kleinen Unfälle? Wie mancher wird wegen seines Reichtums durch Schmeiche- leien und Nachstellungen ins verderben gestürzt? Wie manchen anderen hat sein Ansehen und Tinfluß im Staat in große Not gebracht? — Tuth. Nun ja, wenn ich auch darin Unrecht habe, daß ich die Glückseligkeit für ein Gut ansehe, so weiß ich wahrhaftig nicht, was man sich denn über- haupt noch von den Göttern erbitten soll. — Sokr. Nun, du hast viel- leicht über diese Gegenstände noch nicht nachgedacht, weil du glaubtest, du wissest sie aus dem Grunde- aber da du darauf ausgehst, dich an die Spitze eines demokratischen Staates zu stellen, so weißt du doch, was eine Volksherrschaft ist? — Tuth. Allerdings. — Sokr. hältst du es nun für möglich, von Volksherrschaft einen Regriff zu haben, ohne vom Volk einen

11. Die neue Zeit - S. 130

1883 - München : Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
130 Dritter Zeitraum: 17891871. Staatskanzler Hardenberg den Neubau des Staats fort-fuhren konnte. 1 , Reform des Heeres; Scharnhorst. , . Quf *)em Gebiete der Staatsverwaltung das leistete der Kriegsnunister S ch a r n h o r st fr das e e v. (Cr war ebenfalls kein geborener Preuße, sondern ein Bauern-shn aus Hannooer.' Erst in hheren Lebensjahren trat er m preuische Dienst Nach dem Tilsiter Frieden beauftragte chu der Komg, zusammen mit Gncisenan und andern Gene-ralen das Heer zu reformieren. Eine bessere Wahl konnte der Komg nicht treffen Als ein Offizier von denkendem Geiste und hoher militrischer Bildung, in seinem Auftreten eben so besonnen als fest, dabei oon hingebender Vaterlands-bebe, loste Scharnhorst seine Aufgabe glnzend. Durch die Entfernung der Auslnder aus dem Heere, durch den Grund-satz der allgemeinen Wehrpflicht machte er aus der preuischen Armee em Volksheer, das er in unermdlichen Exerzitien auf den Tag der Erhebung vorbereitete. Scharnhorst wurde auch der Schpfer der preuischen Landwehr. Mit Recht feierte man ihn als den Waffenschmied der deutschen Freiheit". Andere deutsche Patrioten. Neben Mnnern wie Stein, Scharnhorst. Gneifenau arbeitete aber eine ganze Phalanx hervorragender deutscher Patrioten an der Wiedergeburt der Nation. In Knigsberg wurde der Tugendbund gestiftet; er machte sich sittliche Krftigung, tmtiges Zusammenhalten in der Not. Belebung ^ratlne'^ 3um Ziele. In Berlin.entflammte der Philosoph Fichte durch seine Reden an die deutsche Nation" seine Zuhrer fr die Ehre des Vaterlandes. Ernst Mori* geboren 1769 auf Rgen, schrte dnrch Schrift Ssf M(Lben Segen Napoleon und das franzmnnische ^e.^n: er Turnvater Jahn forderte, da ein gesunder Geist in einem starken Krper wohne, und sthlte die Jnaend zu mnnlicher Kraft und Tchtigkeit. Als dann der König 1810 die Berlinerjlitui ersitt grndete, wurde diese der getsitge Mittelpunkt der patriotischen Bestrebungen. Rimberte von jungen Mnnern senkten dort den Gedanken an die Be-sreinng des Vaterlandes in ihre Seele und trugen ihn hinaus bis er aller Orten gezndet hatte.

12. Deutsche Geschichte - S. 162

1906 - Leipzig : Teubner
162 Die Neuzeit. Entsagung und im festen Vertrauen auf den endlichen Sieg des Guten gaben der König und die Knigin das schnste Beispiel. Der Philosoph Fichte hielt in Berlin im Winter 18078 seine zndenden, inhaltschweren Reden an die deutsche Nation". Schillers Dichtungen begeisterten die Jugend fr Freiheit, Heldentum und Vaterland. Ludwig Jahn gab dem Turnen eine vaterlndische Bedeutung. Die Regierung grndete an Stelle der eingegangenen Universitt Frankfurt a. O. die Tod der zu Berlin 1810. Das heilige Vermchtnis der hehren Knigin-Luise 1810. n ihr Volk war der unerschtterliche Glaube an den endlichen Sieg des Guten: Gewi wird es besser werden; das verbrgt der Glaube an das vollkommenste Wesen. Aber es kann nur gut werden in der Welt durch die Guten. Deshalb glaube ich auch nicht, da der Kaiser Napoleon Bonaparte fest und sicher auf seinem freilich jetzt glnzenden Thron ist. Fest und ruhig ist nur allein Wahrheit und Gerechtigkeit, und er ist nur politisch, das heit klug, und er richtet sich nicht nach ewigen Ge-setzen, sondern nach Umstnden, wie sie nun eben sind. Dabei befleckt er seine Regierung mit vielen Ungerechtigkeiten. Er meint es nicht redlich mit der guten Sache und mit den Menschen. Er und sein nn-gemessener Ehrgeiz meint nur sich selbst und sein persnliches Interesse. Man mu ihn mehr bewundern, als man ihn lieben kann. Er ist von seinem Glck geblendet, und er meint alles zu vermgen. Dabei ist er ohne alle Migung, und wer nicht Ma halten kann, verliert das Gleichgewicht und fllt. Ich glaube fest an Gott, also auch an eine sittliche Weltordnung. Diese sehe ich in der Herrschaft der Gewalt nicht; deshalb bin ich der Hoffnung, da auf die jetzige bse Zeit eine bessere folgen wird. Diese hoffen, wnschen und erwarten alle bessern Menschen, und durch die Lobredner der jetzigen und ihres groen Helden darf man sich nicht irre machen lassen. Ganz unverkennbar ist alles, was geschehen ist und geschieht, nicht das Letzte und Gute, wie es werden und bleiben soll, sondern nur die Bahnung des Weges zu einem bessern Ziele hin. Dieses Ziel scheint aber in weiter Entfernung zu liegen; wir werden es wahrscheinlich nicht erreicht sehen und darber hinsterben. Wie Gott will! Alles, wie er will! Aber ich finde Trost, Kraft und Mut und Heiterkeit in dieser Hoffnung, die tief in meiner Seele liegt. Ist doch alles in der Welt nur bergang! Doch wir mssen durch! Sorgen wir nur dafr, da wir mit jedem Tage besser und reifer werden."-- Es gelang trotz der Erpressungen Napoleons er hat mehr als eine Milliarde Francs aus Preußen gezogen die Kriegskosten ohne Land-abtretuug zu zahlen und die Mittel fr die gewaltige heimliche Kriegs-rstung aufzubringen. Der stieg 2. Der Krieg gegen sterreich 1809. Ermutigt durch den Helden-mtigen Widerstand der Spanier gegen die ihnen aufgedrungene fran-

13. Grundriß der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 55

1879 - Paderborn : Schöningh
§ 26. Friedrich Wilhelm Hi. bis zu den Freiheitskriegen. 55 durch das Gebot, die Häfen zu sperren und alle Handelsbeziehungen mit England abzubrechen (Kontinentalsystem). Dennoch gelang es der Einsicht hervorragender Männer und dem von ihnen geweckten Patriotismus des Volkes, eine bessere Zeit anzubahnen. 3. Preußens Wiedergeburt 1808—1812. Die Grundbedingungen der Wiedergeburt und der Erstarkung Preußens waren die Verbesserung der Verwaltung und die Reorganisation des Heeres. 1. Die völlige Umgestaltung des Staatswesens wurde durch den Minister Freiherrn von Stein begonnen und da dieser von dem mistrauischen Napoleon geächtet schon 1809 nach Oesterreich entweichen mußte, durch den Staatskanzler Grafen Hardenberg (1810—22) mit Hülfe ausgezeichneter Patrioten weiter geführt. a. Der Bauer wurde bisher als Erbunterthan seines Grundherrn von schweren Lasten und Abgaben, von Zehnten und Frohndiensten gedrückt und stand meist auch unter einer besonderen gutsherrlichen Gerichtsbarkeit. Die Erbunterthänigkeit wurde jetzt aufgehoben; die persönlichen Dienste, die Abgaben an Naturalien oder Geld sollten allmählich abgelöset werden. So wurde der Grund zu einem persönlich freien, selbständigen Bauernstande mit freiem Grundeigentum gelegt. b. Der Bürgerstand erlangte durch die Städteordnung vom Jahre 1808 einen größeren Antheil an der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten : die Bürger wählten Stadtverordnete, diese einen Magistrat; die Regierung hatte nur das Recht, aus 3 ihr präsentierten Kandidaten einen Bürgermeister zu ernennen. Nicht minder wichtig war die 1810 erlassene Gewerbeordnung, welche gegen Erlegung einer niedrigen Steuer Gewerbefreiheit statt des alten Zunftzwanges gewährte. c. Das Finanzwesen wurde verbessert durch eine neue Steuerordnung (1810), welche die Steuerfreiheit adelicher Güter aufhob, die sogenannte Konsumtion?- oder Verbrauchssteuer im ganzen Lande durchführte und gegen die für den Handel sehr wichtige Beseitigung der Binnenzölle den freien Gewerbebetrieb nur mit einer geringen Abgabe belegte. Zur Deckung eines Theiles der Schulden diente die 1810 verfügte Einziehung der geistlichen Güter. d. Auch wissenschaftliche Bildung fand trotz der schweren Noth der Zeit sorgliche Förderung, indem die Regierung 1810 die Universität zu Berlin stiftete, wo tüchtige Lehrer für gründliche Wissenschaft wirkten, zugleich aber auch das Nationalbewußtsein hoben und kräftigten (Fichte's Reden an die deutsche Nation). Die Universität von Frankfurt wurde 1811 mit der katholisch-theologischen Fakultät zu Breslau vereinigt. 2. Die Reorganisation d es Heeres betrieben Scharnhorst und Gneisenan, indem sie 1808 die allgemeine Wehrpflicht einführten und auch den Bürgerlichen das Avancement zu Offizieren ermöglichten. Napoleon, welchem die allgemeine Wehrpflicht Verdacht einflößte, erzwang einen Vertrag, wonach die Preußen nur eine Armee von 42,000 Mann unterhalten sollten. Trotzdem gelang es, die ganze waffenfähige Jugend wehrhaft zu machen, da man die eingeübten Soldaten jedesmal entließ und andere einzog.

14. Bd. 2 - S. 387

1906 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Vi. Bilder aus der Geschichte. 387 mals: „Das wird Kraft erfordern; aber ich richte meine Blicke zum Himmel, von wo alles Gute und Böse kommt, und mein fester Glaube ist, er schickt nicht mehr, als wir ertragen können." Da der König und feine Generale hofften, durch eine Zusammenkunft der Königin mit Napoleon könnten sich die Friedensbedingungen günstiger gestalten, so entschloß sie sich auch zu diesem Opfer. Mit Würde trat sie dem fran- zösischen Gewalthaber in Tilsit gegenüber, ihre Vorstellungen aber blieben fruchtlos. Preußen wurde beim Friedensschlüsse um die Hälfte verkleinert und mußte sich verpflichten, ungeheure Geldsummen an Frank- reich zu zahlen. Das Königspaar fing bei sich selbst an, die größten Er- sparnisse zu machen, und in manchem bürgerlichen Hause wurde besser gegessen als bei ihnen. An allem, was zur Vorbereitung von Preußens Wiedererhebung geschah, nahm die Königin den lebhaftesten Anteil. Besonders war sie eine der ersten, die erkannten, daß des Vaterlandes Erhebung durch die Wiederbelebung des christlichen Glaubens und Lebens vorbereitet werden müsse. „Weil wir abgefallen, darum sind wir gesunken," sprach sie. Erleben sollte sie aber die neue bessere Zeit nicht. Der Gram um des Vaterlandes Not und die Anstrengungen jener Flucht im Winter des Kriegsjahres hatten den Keim zu ernster Krankheit in sie gelegt. Im Jahre 1810 brachte sie den langgehegten Wunsch, ihren Vater in Strelitz zu besuchen, zur Ausführung. Aber dort befiel sie plötzlich ein heftiger Brustkrampf. Durch Eilboten wurde der König an das Krankenlager der geliebten Gemahlin gerufen. Er kam am Morgen des 19. Juli mit den beiden ältesten Prinzen. Das war die letzte Freude für die Sterbende. Wenige Stunden darauf hatte sie ausgelitten. Der König hatte kaum noch die Kraft, ihr die Augen zuzudrücken, „seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunklen Bahn so treu geleuchtet". Der tiefste Schmerz eines ganzen Volkes begleitete den Leichenzug nach Charlottenburg, wo ihr der untröstliche Gemahl in dem berühmten Mausoleum eine würdige Ruhestätte bereitet hat. 313. Die Rückkehr der Franzosen aus Rußland. In den ersten Tagen des Jahres 1813 fielen die Schnee- flocken; weiß wie ein Leichentuch war die Landschaft. Da bewegte sich ein langsamer Zug geräuschlos auf der Landstraße zu den ersten Häusern der Vorstadt. Das waren die rückkehrenden Fran- zosen. Sie waren vor einem Jahre der aufgehenden Sonne zu ge- zogen mit Trompetenklang und Trommelgerassel, in kriegerischem Glanz und mit empörendem Übermut. Endlos waren die Truppen- züge gewesen, lag für Tag ohne Aufhören hatte sich die Masse

15. Geschichte der Neuzeit - S. 426

1897 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
426 Zeitalter der Kmpfe um brgerliche und nationale Freiheit. knnen, dessen Plne mit Preußen in ein mit Recht besorgniserregendes Dunkel gehllt waren, wenn das Glck ihm treu geblieben wre. Diese Ansicht hat mich geleitet. Gebe Gott, da sie zum Heile des Vaterlandes fhre!" c) Die Befreiungskriege (18181815). a) Wiedergeburt Preuens. Kein Land fhlte schwerer den Druck des Siegers als das unglckliche Preußen. Aber die Tage der Schmach und Not wirkten auch luternd. Es vollzog sich eine sittliche und politische Wiedergeburt. Die Heimsuchung machte den Sinn der Gebildeten wieder zugnglich fr die Lehren des Glaubens. Friedrich Daniel Schleiermacher (17681834), der schon 1804 seine Reden an die Gebildeten der die Religion" gerichtet hatte, fesselte durch seine geistreichen Predigten, der Philosoph Johann Gottlieb Fichte durch seine Reden an die deutsche Nation" unter den Augen der franzsischen Wchter die gebildete Welt Berlins (1807/1808). Ernst Moriz Arndt lie in seinem Buche Geist der Zeit" (1806) das deutsche Volk wie in einem Spiegel das Elend des Vaterlandes sehen, mute sich aber der drohenden Rache des Emporkmmlings" durch die Flucht ins Ausland ent-ziehen. Die gleichmige Ausbildung des Krpers und des Geistes frderte Friedrich Ludwig Jahn, seit 1810 Lehrer am Grauen Kloster zu Verlin, indem er die Jugend durch das Turnen krperlich krftigte und mit dem Geiste der Zucht und Ordnung erfllte. Der in Knigsberg gestiftete Tugend-bund, ein sittlich-wissenschastlicher Verein, mute sich freilich trotz seines harmlosen Charakters auflsen. Aber jene hohen geistigen Bestrebungen fanden einen Mittelpunkt an der vornehmlich durch Wilhelm von Humboldts eifriges Bemhen ins Leben gerufenen Universitt Berlin (1810). Knigin Luise, welche die Demtigungen des Vaterlandes und persnliche Krnkungen hatte durchkosten mssen, erlebte nicht mehr das Aufblhen der Saat, sie starb am 19. Juli 1810 und fand ihre Ruhesttte im Mausoleum zu Charlotten-brg; doch war es ihr noch vergnnt, zu schauen, wie das Unkraut aus-gejtet, der Boden umgearbeitet, die neue Frucht geset ward. Die segensreichen Umgestaltungen, welche auf politisch-socialem e= biete vorgenommen wurden, sind namentlich ein Verdienst des Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl vom Stein, den seine Zeit als des Guten Grundstein, des Bsen Eckstein, der Deutschen Edelstein" ehrte. Geboren 1757 zu Nassau an der Lahn, trat er 1780 in den preuischen Staatsdienst. Zu-erst im Bergfach thtig, wurde er 1796 Oberprsident in Westfalen, 1804 Finanzminister, 1807 wegen seiner rcksichtslosen Kritik der Kabinettsregierung in Ungnade entlassen, aber noch im Herbst desselben Jahres wieder berufen und mit der Leitung der ganzen Civilverwaltung betraut. Seine Wirksamkeit

16. Weltgeschichte in Lebensbildern für Mittelschulen, höhere Mädchenschulen und verwandte Anstalten - S. 253

1897 - Leipzig : Baedeker
— 253 — Erstarkung Preußens und auf bessere Gestaltung der deutschen Verhältnisse gerichtet. 1810 ernannte ihn sein König zum Staatskanzler; 1814 wurde er in den Fürstenstand erhoben. 1813 konnte Stein zurückkehren. Nach einem rühm- und arbeitsvollen Leben starb er im Jahre 1831 auf Schloß Kappenberg in Westfalen, das ihm der König in Anerkennung seiner treuen Dienste geschenkt hatte. Sein Andenken wird in Preußen und Deutschland immerdar in Ehren bleiben; er war: Alles Guten Grund-Stein, Alles Bösen Eck-Stein, Aller Deutschen Edel-Stein. 6. Scharnhorst und Gneisenau. a) Scharnhorst. Die Niederlage bei Jena hatte die Schwächen der preußischen Wehrverfassung offenkundig gemacht. Eine Erneuerung des Heerwesens that not. Dieselbe wurde durchgeführt von einem Manne, der gleichen Sinnes wie Stein war, von dem General Scharnhorst, der mit Recht der „deutschen Freiheit Waffenschmied" genannt wird. Er war der Sohn eines Pächters in Hannover. Als Oberstlieutenant trat er in preußische Dienste und zeichnete sich in dem unglücklichen Kriege durch besondere Tüchtigkeit aus. Nach dem Frieden stellte ihn der König an die Spitze des Heerwesens. Das preußische Heer bestand damals zum großen Teil noch aus Söldnern. Scharnhorst stellte nun in Verbindung mit Stein und anderen einsichtigen Männern eine neue Wehrverfassung auf, die im Jahre 1808 am 3. August, dem Geburtstage des Königs, als Gesetz verkündet wurde. Darnach waren alle Preußen zwischen 18 und 25 Jahren zum Kriegsdienst verpflichtet. Alle sollten im Heere gleiche Rechte und Pflichten haben (der Adel sollte nicht bevorzugt werden) und jeder bis zur höchsten Besehlshaberstelle aufsteigen können. So wurde der Soldatenstand ein Ehrenstand, das Heer ein echtes Volksheer, welches mit Begeisterung und Hingebung für König und Vaterland die Waffen führt. Weil Preußen nur 42000 Soldaten halten durfte, ließ Scharnhorst die rasch eingeübten Mannschaften immer nach Jahresfrist nach Hause gehen und dann neue Rekruten einstellen. Dadurch gewann Preußen bald wieder gegen 200 000 Mann geübte Krieger, die bloß einberufen zu werden brauchten, sobald das Vaterland ihrer bedurfte, und die Hoffnung wurde immer stärker, daß dieser Augenblick bald kommen werde. d) Gneisenau. Sehr eifrige Unterstützung bei dem Werke der Heeresumgestaltung erhielt Scharnhorst auch durch den General Gnei-fenau. Dieser hatte sich schon im Kriege 1806 durch große Tapferkeit und durch die standhafte Verteidigung der Festung Kolberg ausgezeichnet. Im Freiheitskriege wurde er Blüchers Schlachtendenker. Deshalb nannte ihn dieser scherzweise feilten „Kopf", und als die Engländer Blücher die Würde eines Doktors verliehen, sagte er: „Dann müssen sie Gneisenau wenigstens zum Apotheker machen."

17. Lebensbilder aus der Vaterländischen Geschichte und Deutsche Sagen - S. 75

1905 - Leipzig : Hirt
Iii. Könige aus dem Hause Hohenzoüern. ______________________75 Franzosen möglichst bald aus dem Lande zu haben, verkaufte die königliche Familie alles, was sie an Gold- und Silbersachen besaß. Die Königin gab ihren ganzen Schmuck hin, sie behielt nur eine Perlenkette. Als sie einmal bei einer festlichen Gelegenheit ohne jeden andern Schmuck erschien, fragte man sie, weshalb sie die Perlen so sehr bevorzuge. Sie antwortete: Perlen bedeuten Tränen, und ich habe deren so viele vergossen. Im Jahre 1809 kehrte die königliche Familie nach Berlin zurück. Mit unbeschreiblichem Jubel wurde sie auf der ganzen Reise und namentlich in der Hauptstadt begrüßt. Im Sommer 1810 besuchte die Königin Grabmal der Königin Luise im Mausoleum zu Lharlottenburg. ihren Vater in Neu-Strelitz. Kaum hatte sie ihre Heimat betreten, da erkrankte sie. Sie wurde auf das Schloß Hohenzieritz gebracht in der Hoss-nung, daß die gesunde Landluft ihre Gesundheit wiederherstellen würde. Diese Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Der König wurde von ihrem Befinden benachrichtigt. Er kam mit seinen beiden Söhnen Friedrich Wilhelm und Wilhelm. Das Wiedersehen war die letzte Freude, die der guten Königin hier auf Erden bereitet wurde. Am 19. Juli 1810 starb sie im Alter von 84 Jahren. Das Unglück, das die Franzosen über ihr Vaterland und über ihre Familie ge- bracht haben, hat zu ihrem stützen Tode beigetragen. Ihre Leiche wurde nach Charlottenburg gebracht. Dort baute der König ihr im Schloßgarten eine schlichte und doch schöne Grabkapelle.

18. Der Regierungsbezirk Lüneburg - S. 14

1895 - Lüneburg : Herold & Wahlstab
- 14 — an, das Land förmlich auszusaugen. Wie knirschte das tüchtige Volk vom alten Sachsenstamme mit den Zähnen und ballte heimlich die Fäuste! Napoleon verschenkte will- kürlich Throne und Länder und gründete das Königreich Westfalen, wozu er 1807 einen Teil, 1. März 1810 auch den Rest vom Lüneburgschen schlug. Jedoch trennte er am 13. Dez. 1810 wieder den nordwestlichen Teil (Grenzscheide eine Linie von Ahlden über Lüneburg nach Artlenburg) von Westfalen und vereinigte ihn direkt mit dem Kaiserreich. Obwohl die Franzosen in unserm Vaterlande furchtbar hausten, so gebührt doch Napoleons Organisationstalent alle Anerkennung. Er gab den Gerichten und der veralteten Landes- Verwaltung eine zeitgemäße Einrichtung und beförderte Handel und Wandel durch Anlegung von Kanälen und Chausseen. So nahm er den alten Plan, den Oberlauf der Aller schiffbar zu machen, wieder auf, brachte ihn aber nicht zur Ausführung. Die Chausseen von Harburg nach Bremen, von ulzen nach Braunschweig und von Ülzen nach Hannover sind sein Werk. (Siehe S. 37.) Eine Änderung that dringend not. Die Poststraßen waren wohl mit Steinen gepflastert; aber diese waren unbehauen und ohne Genauigkeit an- einander gelegt. In kurzer Zeit waren darum die Straßen derartig zerwühlt, daß sich tiefe Geleise bildeten, in welche die Wagenräder der schweren Frachtfuhrwerke bis über die Achsen einsanken. Besser waren die sog. Knüppelstraßen, die durch über den Weg gelegte „Knüppel" gebildet wurden. Aber infolge der Glätte und Rundung der Hölzer stürzten die Pferde leicht, der Wagen flog beim Fahren auf und nieder, und die Insassen des Wagens wurden in ein be- ständiges erschütterndes Hüpfen versetzt. Waren schon die Hauptstraßen so, wieviel schlechter mußten dann die Neben- straßen sein! Viele Ortschaften waren von dem Verkehr völlig abgeschlossen, und die Bewohner lebten stumpfsinnig in den Tag hinein. Erst Napoleons Allgewalt schaffte durch ein gutes Straßennetz Wandel. Doch das rasch erblühte Glück Napoleons verwelkte bald. Durch Rußlands Kälte ward seine Macht gebrochen, und der Ruf des Preußenkönigs Friedrich Wilhelms Iii. verfehlte auch in Hannover seine Wirkung nichl. Leider

19. 1 = 5. Schulj. - S. 105

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
105 56. Mein Vaterland. 1. Treue Liebe bis zum Grabe schwör' ich dir mit Herz und Hand; was ich bin und was ich habe, dank' ich dir, mein Vaterland. 2. Nicht in Worten nur und Liedern ist mein Herz zum Dank bereit, mit der Tat will ich's erwidern dir in Not und Kampf und Streit. 3. In der Freude wie im Leide ruf ich's Freund und Feinden zu: ewig sind vereint wir beide, und mein Trost, mein Glück bist du. 4. Treue Liebe bis zum Grabe schwör' ich dir mit Herz und Hand; was ich bin und was ich habe, dank' ich dir, mein Vaterland. Hoffmann v. F. 57. Das Lied der Deutschen. 1. Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt, wenn es stets zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält, von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis au den Belt — Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt! 2. Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang sollen in der Welt behalten ihren alten, schönen Klang, uns zu edler Tat begeistern unser ganzes Leben lang, — deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang. 3. Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland: danach laßt uns alle streben brüderlich mit Herz und Hand! Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand — blüh' im Glanze dieses Glückes, blühe, deutsches Vaterland! Hoffmann v. F. I 58. Die Erde. Nach dem Augenscheine und nach allgemeinem Glauben wäre die Erde mit allen ihren Bergen und Tälern eine große runde Fläche, gleich einer ungeheuren großen Scheibe. Am Rande derselben weiter hinaus kommt nichts mehr; dort ist gleichsam der Himmel an sie gefügt, der wie eine große, hohle Halbkugel über ihr steht und sie bedeckt. Dort geht am Tage die Sonne auf und unter, bald früher, bald später, bald links an einem gewissen bekannten Berge oder Hanse, bald rechts, und bringt Tag und Nacht, Sommer und Winter hervor; bei Nacht der Mond und die Sterne, und sie scheinen nicht gar entsetzlich hoch über unsern Häuptern zu stehen. Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte; aber die Stern- seher und Kalendermacher wissen's besser. Denn erstlich, wenn einer daheim weggeht und will reisen bis an das Ende der Erde, an den Rand, wo man einen aufgehenden Stern mit der Hand weghaschen und in die Tasche stecken kann, und er geht am ersten April vom Hause aus, so hat er den rechten Tag gewählt. Denn er kann reisen, wohin er will, durch Deutschland, durch Polen und Rußland, nach Asien hinein, durch die Länder der Heiden,

20. Die Stein-Hardenbergischen Reformen - S. 22

1913 - Leipzig [u.a.] : Teubner
22 10. Ldikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer. 2. Nov. 1810 bessere und dah die Dpfer, welche zu dem (Ende gebracht werden, nicht vergeblich sind. So wird sich das Land der Liebe und des Vertrauens zwischen Uns und Unserem Volke immer fester knüpfen. wir hoffen, daß. ein jeder, wes Standes er auch fei, jene zur Rettung jetzt unumgänglich erforderlichen Gpfer mit patriotischem Gemeinsinn gern bringen und dadurch die Gesinnungen erhöhen werde, mit denen wir Unsern getreuen Untertanen ergeben sind, sowie dieses die schönste Belohnung für Unsere Sorgen sein wird. Gegeben Berlin, den 27. Oktober 1810. Friedrich Wilhelm, v. Hardenberg. 10. Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer. 2. November 1810. wir Friedrich Wilhelm rc. rc. tun kund und fügen hiermit zu wissen: - - . Unter den Mitteln [zur Vermehrung der Staatseinnahmen] hat Uns die (Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer für Unsere Untertanen weniger lästig erschienen, besonders da wir damit die Befreiung der Gewerbe von ihren drückendsten Fesseln verbinden, Unseren Untertanen die ihnen beim Anfange der Reorganisation des Staates zugesicherte vollkommene Gewerbefreiheit gewähren und das Gesamtwohl derselben auf eine wirksame weise befördern können, wir verordnen daher und setzen fest: § 1. Lin jeder, welcher in Unseren Staaten . . . sein bisheriges Gewerbe, es bestehe in Handel, Fabriken, Handwerken, es gründe sich auf eine Wissenschaft oder Kunst, fortsetzen oder ein neues unternehmen will, ist verpflichtet, einen Gewerbeschein darüber zu lösen und die . . . angesetzte Steuer zu zahlen. . . . § 2. Der Gewerbeschein gibt demjenigen, auf dessen Hamen er ausgestellt ist, die Befugnis, ein Gewerbe fortzusetzen oder ein neues anzufangen. (Eins und das andere ohne Gewerbeschein ist strafbar, und wer sich dessen schuldig macht, verfällt in eine Geldstrafe, welche dem sechsfachen werte der von ihm jährlich zu bezahlenden Steuer gleich ist. § 16. (Ein Gewerbeschein gibt demjenigen, auf welchen er lautet, das Recht, in dem ganzen Umfange Unserer Staaten, sowohl in den Städten als auf dem platten Lande, das in demselben genannte Gewerbe und auf die bestimmte Zeit zu treiben und von den Behörden dabei geschützt zu werden. § 17. 3m allgemeinen darf niemandem der Gewerbeschein versagt werden, welcher ein Rttest der Polizeibehörde seines (Drtes über seinen rechtlichen Lebenswandel beibringt.