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1. Grundzüge der Geschichte des Mittelalters - S. 114

1891 - Dresden : Höckner
— 114 — Iv. Abschnitt. Die Erschütterung des Kaisertums durch den Investiturstreit 1056—1125. 1. Das Aufstreben des Papsttums. 1. Der Tod Heinrichs Hi. und des kaisertreuen Papstes Viktors Ii. setzte der Herrschaft des Kaisertums über das Papsttum ein Ziel und überließ die Weilerführung der kirchlichen Re-sorm dem aufstrebenden Papsttum allein. Bald wurde der Kar-dinal-Archidiakon Hildebrand, der eifrigste Verfechter der cln-niacensischen Ideen, J) die Seele der päpstlichen Politik. Das 1059 von Nikolaus Ii. (1059—1061) berufene Lateranconcil übertrug die Papstwahl, wenn auch unter Vorbehalt der Zustimmung König Heinrichs und seiner Nachfolger, die dieses Recht persönlich erlangt haben würden, den Kardinälen, d. h. den höchsten Geistlichen des bischöflichen Sprengels von Rom und entzog sie dadurch ebensowohl dem römischen Adel wie dem Einflüsse des Kaisertums. 2. Eine Stütze für seine römische Politik fand Hildebrand in Gottfried von Tuscien, sowie in der nationalen Bewegung Italiens und zwar im Norden in der lombardischen „Patatia", einer demokratisch-deutschfeindlichen Erhebung des Volkes gegen den städtischen Adel und die Biscyöfe, im Süden in den Normannenfürsten Richard von Capua und Robert Gniscard (Bruder Drogos) von Apulien, die von der Unterwerfung unter die päpstliche Lehnshoheit die göttliche Bestätigung ihrer Eroberungen erhofften. Nach dem Tode Nikolaus Ii. erhoben Hildebrand und die Reformpartei eigenmächtig nach dem neuen Wahldekret ihren Freund Alexander Ii. (1061—1073); dem Gegen -papst der reformfeindlichen lombardischen und deutschen Bischöfe Honorius Ii. trat erfolgreich Gottfried von Tuscien entgegen. i) Hildebrand war um 1020 auf einem kleinen Landgut im Gebiete der toskanischen Stadt Saona aus niederem Stande geboren, zu Rom in dem Marienkloster auf dem Aventin, das in regen Beziehungen zu Clugny stand, für die Kirche erzogen worden. Als Kaplan Gregors Vi. folgte er diesem in die Verbannung nach Deutschland an den Hof Heinrichs Iii. Aus Clugny, wo er später weilte, nahm ihn Leo Ix. mit sich nach Rom, und hier entfaltete er zunächst als Subdiakon großes Geschick in der Leitung der städtischen und finanziellen Angelegenheiten der Kurie.

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1. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 84

1909 - Breslau : Dülfer
84 Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches bis zur Zeit des Interregnums. kniglichen Grundbesitz durch reiche Schenkungen verschwendeten. Anno lie sich z. B. ein Privileg geben, welches ihm ein Neuntel aller Reichsgeflle bertrug. So ging dem Knigtume ein betrchtlicher Teil seines Grundbesitzes und seiner Einknfte verloren. 2. Dem Papsttume gegenber. a. Die Kaiserin Agnes frderte selbst die Ziele der Klumazenser, indem sie kritiklos der Verwerfung der Wahl Benedikts X. zustimmte und die Einsetzung Nikolaus' Ii. begnstigte. 1). Der Beschlu der Lateransynode von 1059 fand zwar den energischen Widerspruch der deutschen Bischfe auf einer Synode zu Worms; das traurige Regiment der kaiserlichen Frmmlerin" aber wute der ppst-lichen Anmaung nicht zu begegnen. c. Anno von Kln vernachlssigte und schdigte das Interesse des Knigtums dem Papsttume gegenber aufs schwerste. Nach dem Tode Nikolaus' Ii. (1061) whlte die Reformpartei den Bischof Anselm von Lucca, der als Papst Alexander Ii. auch von Gottfried von Tuscien anerkannt wurde. Der rmische Adel whlte dagegen Cadalus von Parma, welchem es gelang, sich in Rom zu halten. Hilde-brand wute jedoch dessen Weihe durch Bestechung zu verzgern. Unterdessen erschien Gottfried vor Rom und wies beide Ppste zur Entscheidung an den deutschen König. Obgleich unzweifelhaft fr den König nur die Wahl des Cadalus gltig sein konnte, da Alexander nach dem Wahlmodus der Lateran-synode von 1059 gewhlt worden war, entschied sich des Knigs Vertreter doch fr Alexander. Beide Ppste muten ihre Angelegenheit der Synode von Augsburg (1062) vorlegen. Diese beschlo unter Annos Einflu, da dessen Neffe Burchard von Halber st adt in Italien selbst als deutscher Kommissar entscheiden sollte. Burchard entschied natrlich fr Alexander. Das Konzil zu Mantua (1064) sollte das letzte Wort sprechen. Statt aber die Wahl beider Ppste zu prfen, begngte sich Anno mit dem Schwre Alexanders, nicht auf simonistischem Wege gewhlt worden zu sein. Annos Entscheidung war um so erstaunlicher, als er sich bis dahin als entschiedener Gegner der Reformpartei gezeigt hatte. Es darf vermutet werden, da diese Schwenkung seiner Politik mit dem Raube des Knigskindes im Zusammen-hange stand: um Gottfried von Tuscien und andere Anhnger der Reform zur Anerkennung seiner vormundschaftlichen Regierung zu bewegen, trat er fr deren Papst ein. So veruntreute er also die Rechte des Knigtums aus egoistischem Interesse. 27. Der Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum unter Heinrich Iv. I. Der Gegenstand des Kampfes. 1. Das Papsttum hatte seit der Karolingerzeit mit kurzen Unterbrechungen unter der Schutzherrschaft des Kaisertums gestanden. Die kaiserliche Ober-hoheit gegenber dem Papsttume hatte sich in dem Wahlrechte des Kaisers und in seinen richterlichen Befugnissen gezeigt. 2. Durch die kluniazensische Reformbewegung aber war die Idee der religisen Weltherrschaft des Papsttums entwickelt und in den Vertretern desselben wirksam geworden. Es lag ein Widerspruch darin, da der Papst

2. Die Weltgeschichte - S. 71

1881 - Heidelberg : Winter
Kap. 24. § 86. Die sal.-fränk. Kaiser. (Heinrich Iv u. Papst Gregor Vii.) 71 entließ der König keinen der dabei gefangenen sächsischen Bischöfe und Fürsten, selbst den Herzog Magnus nicht; nur dem klugen Otto von Nordheim gab er die Freiheit und übertrug ihm sogar, nachdem er den Beweis seiner Sinnesänderung gegeben, die Verwaltung Sachsens mit dem Auftrag, die kaiserlichen Burgen samt der Harzburg wieder aufbauen zulassen. Auch vermochte er die anwesenden Fürsten, seinem zweijährigen Sohne Konrad die Nachfolge im Königtum zuzuerkennen. Und so schien es, als ob die kaiserliche Macht wieder über die Fürstenmacht die Oberhand gewinnen würde. Doch es war noch eine andere Macht vorhanden, mit der sich Heinrich noch nicht ins Reine gesetzt, und auf die er sich doch in seinem Streite mit den Sachsen unvorsichtiger Weise berufen hatte. (88.) Auf dem Stuhle Petri saß damals Gregor Vii, ein kühner und willensstarker Geist, der vom einfachen Mönch, Hildebrand genannt, zum Ratgeber von fünf Päpsten nacheinander emporgestiegen und zuletzt, getragen von der streng-kirchlichen Partei, zum Papst erhoben worden war und 1073 lange vorher sich das Ziel gesetzt hatte, der sowohl durch die Unwürdigkeit 1 vieler Bischöfe als auch durch die Willkür der weltlichen Fürsten in Verfall geratenen Kirche zur Reinigung und Einheit zu verhelfen. Hildebrand, geb. zu Roavacum, einem kleinen Landgute in Tuscien, das sein Vater bebaute, erhielt bei seinem Oheim (mütterlicher Seils), dem Abte eines reichen Marienklosters zu Rom, als begabter Knabe eine sorgfältige Erziehung nach den Reformgrundsätzen der Cluniacenser. In seinem 25. Jahre wurde er der vertraute Kapellan Gregors Vi, und (nach dessen Absetzung) auf die Empfehlung Heinrichs Iii und des Abtes von Clugny Cardinal-Subdiacon des Papstes Leo Ix. Beide unterstützten sich bei ihren Reformbestrebungen zur Reinigung der Kirche gegenseitig. Diese Stellung behielt er auch bei Viktor Ii und Stephan Iii bei und wurde vollends bei Nikolaus Ii und zuletzt bei Alexander Ii die Seele des Pontificats. Schon ehe Hildebrand den päpstlichen Stuhl bestieg, hatte er (es war noch unter Nikolaus Ii) demselben eine veränderte Stellung zum Kaisertum gegeben. Bis zum Tode Heinrichs Iii hatte sich nämlich der päpstliche Stuhl auf die Kaisermacht gestützt; als aber unter der schwachen Regierung der Kaiserin-Witwe verschiedene italienische Mächte anfingen, sich dem Kaisertum entgegenzusetzen und diese Opposition seit dem Regierungsantritt Heinrichs Iv wuchs, ging Hildebrand, diese Stimmung gewahrend, darauf aus, für den päpstlichen Stuhl einen andern Schutz zu suchen und fand ihn darin, daß er den Normannenherzog Robert Guiscard, der bereits über Apulien, Calabrien und einen Teil von Sicilien gebot, zum Vasallen gewann. Und da es ihm auch gelungen war, die stolze mailändische Kirche mit ihren Bistümern wieder dem römischen Stuhl zu unterwerfen, so konnte er auf einer Kirchenversammlung zu Rom (1059) den Beschluß fassen lassen, daß das bis dahin dem Adel, dem Klerus und dem Volke von Rom gemeinschaftlich zugestandene und oft unter blutigen Factions-kämpfen geübte Recht der Papstwahl aus die Kirche übergehen sollte, wodurch zugleich den Kaisern der bisherige Einfluß auf diese Wahl entzogen wurde. So kam es zur Errichtung des Kardirialkouegiums, in welchem die mit dem Namen Kardinäle bezeichneten Bischöfe, Priester und Diaconen Roms das Recht erhielten, aus ihrer Mitte den Papst zu wählen. Diesen zu bestätigen sollte der Kaiser nur dann das Recht haben, wenn es ihm der Papst besonders würde verliehen haben. Gegen Beeinträchtigungen von Seiten der Kaiser sowohl als der römischen Adels- und Volkspartei sollte forthin die normannische Schutzherrschaft dienen. Eine weitere Stütze für den römischen Stuhl waren zwei für das Hildebrandische -Kirchenideal begeisterte Fürstinnen Italiens, nämlich Beatrix, Witwe des Markgrafen Gottfried des Bärtigen von Toscana, und ihre Tochter erster Ehe Mathilde (Gemahlin Gottfrieds des Jüngern), welche beide, was sie an Macht und Reichtum besaßen, dem päpstlichen Stuhle zu Dienst boten. Als nun im I. 1073 Alexander Ii starb und Hildebrand in der Laterankirche Anstalten zur regelmäßigen Wahl traf, brach das Volk in den Ruf aus: Hildebrand

3. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 82

1909 - Breslau : Dülfer
82 Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches bis zur Zeit des Interregnums. 4. Das Besttigungsrecht des Kaisers bei der Papstwahl soll zwar beseitigt werden, wird aber einstweilen noch dazu bentzt, reformgegnerische Ppste fernzuhalten. Als es den Reformgegnern noch einmal gelang, die Wahl eines ihrer Gesinnungsgenossen, Benedikts X., durchzusetzen, rief Hildebrand, der Leiter der ppstlichen Politik, dagegen die Entscheidung der Kaiserin Agnes an, weil die Wahl ohne Mitwirkung des deutschen Knigtums geschehen wre. Die kaiserliche Regentin entschied auch nach Hildebrands Wunsch: Benedikts Wahl wurde fr ungltig erklrt, und die Kaiserin trat fr einen der eifrigsten Reformfreunde, Gerhard von Florenz, ein, der als Nikolaus Ii. den ppstlichen Stuhl bestieg. Trotzdem die ppstliche Politik also darauf ausging, sich vom Kaisertum zu emanzipieren, vor allem dessen Wahlrechte zu leugnen, berief sie sich doch auf die kaiserlichen Hoheitsrechte der das Papsttum, wo es galt, die Erreichung des Endzieles zu frdern. 5. Nikolaus Ii. vollendet die Rstung des Papsttums fr den Kampf gegen das Kaisertum. a. Unter seinem Regiment beschliet die Lateransynode von 1059, da die Papstwahl vor allem durch die Kardinalbischfe zu voll-ziehen fei; Klerus und rmisches Volk behalten nur das Recht einer formellen Zustimmung; eine Mitwirkung des deutschen Knigs war nur in einer Klausel vorgesehen, deren unbestimmt gehaltener Inhalt im Grunde zu nichts ver-pflichtete. Es war ein unerhrter Schritt gegenber den Rechten des deutschen Knigs". (Lamprecht.) b. Nikolaus Ii. weist durch eine symbolische Handlung bereits auf die berordnung des Papsttums der das Kaisertum hin. Tuscht nicht alles, so erschien der Papst auf dieser Synode zum ersten Male, zum grten Erstaunen der meisten Bischfe, mit einer Doppelkrone auf dem Haupte. Bei der auerordentlichen Bedeutung symbolischer Vorgnge im Mittelalter war das eine sehr ernste Handlung. Und der ihren Sinn lieen die Inschriften der beiden Kronreifen keinen Zweifel. Knigskrone von Gottes Hand stand auf der unteren, Kaiserkrone von St. Peters Hand auf der oberen zu lesen: der Papst betrachtete sich als König wie als Kaiser, dazu als erster Empfnger beider Wrden aus berirdischen Hhen; er konnte nicht anders als alle andern Kronen, auch die des weltlichen Kaisers, als von sich abgeleitet ansehen. Es war das einstweilen symbolisch gesetzte Prludium zu den Texten, die Hildebrand spterhin als Gregor Vii. der die Bedeutung irdischer Herrschaft verfat hat." (Lamprecht.) c. Nikolaus strkt die Stellung des Papsttums in Italien, indem er mit allen dem deutschen Knigtume feindlichen Elementen Fhlung nimmt. Kraft der Konstantinischen Schenkung" belehnte Nikolaus Richard von Averse und Robert Guiscard mit ganz Unteritalien. So gewann er in den Normannen, die ihrer Natur und Geschichte nach dem Kaisertume feindlich waren", einen Schutz gegen dasselbe. (Richard von Aversa beseitigte auch den Widerstand Papst Benedikts X.) Mit Gottfried von Tuscien, dem Herrn in Mittelitalien, war es fr den Papst leicht, Freundschaft gegen das Knigtum zu halten; denn Gott-frieds ganzes Leben war ein Kampf gegen dasselbe gewesen".

4. Lehrbuch der mittleren Geschichte - S. 103

1882 - Berlin : Habel
103 c) Papst Gregor Vii. Beginn des Investitur -streites. Hildebrand war bei Soana in Tnscien als der Sohn geringer Leute geboren und in Rom und Clugny gebildet. Mit Bruno von Tonl (Papst Leo Ix.) nach Rom Zurückgekehrt (siehe S. 98) hatte er daselbst großen Emsluß erlangt und war in den Jahren von 1049 10co die rechte Hand von fünf Päpsten gewesen. Besonders hatte er aus den Papst Nikolaus Ii. (1058-1061) den größten Emsluß geübt. Schon damals hatte er sein Ziel sest im Auge, Rom über alle Kirchen und Reiche zu erhöhen; sein Streben war eine Verbindung der priesterlichen Herrschaft des alten Bundes und der kaiserlichen des alten Roms. Dieselbe Unterordnung, wie sie bei der Kongregation der Cluniacenser herrschte, sollte in der ganzen Kirche bestehen. Um aber Rom zur Herrschaft zu erheben, mußte die Kirche zuvor srei, das heißt dem Einfluß der weltlichen Gewalt entzogen werden. Und dies luchte er zu erreichen einesteils dadurch, daß er die Besetzung geistlicher Stellen den weltlichen Gewalten entzog, onderntetls, daß er die Ehelosigkeit der Priester durchsetzte, wodurch er dieselben von byr'stantlichen Gemeinschaft losriß und sie nur dem kirchlichen Vorteil dienstbar machte. Die Unmündigkeit Heinrichs Iv. war der Durchführung solcher Plane günstig. So erließ Nikolaus Ii. auf Hildebrands Betrieb die Bestimmung, daß die einleitenden Schritte zur Papstwahl von den Kardinalen und nur in Übereinstimmung mit dem Könige auszugehen hätten, ein Gesetz, das die kaiserlichen Rechte empfindlich verletzte. Auch der römische Adel war mit dieser Bestimmung unzufrieden, da er von jeher von bedeutendem Einfluß aus die Wahl der Päpste gewesen war. Um sich eine Stütze gegen den Adel zu verschaffen, verband sich Nikolaus mit den Normannen in Unteritalien. Er belehnte Robert Guiscard mit Apulien als Herzogtum, Richard von Aversa mit Eapua und Roger mit (dem erst den Arabern abzunehmenden) Sizilien, ein Schritt, durch den er sich bisher unzweifelhaft kaiserliche Befugnisse anmaßte. Dafür versprachen die Normannen, nie ohne päpstliche Einwilligung das römische Gebiet zu betreten und bei einer Papstwahl die Willensmeinung der Kardinäle zu verfechten. So hatte es endlich Hildebrand so weit gebracht, daß man nach Nikolaus' Ii. Tode (1061) Bischof Anselm von Lucca wählte (Alexander Ii.), ohne sich im geringsten an den König zu kehren, indem Richard von Aversa die Kardinäle bei der Wahl mit seinen Massen schützte Auch unter Alexander Ii. regierte Hildebrand säst ganz allein. Endlich, nach Alexanders Ii. Tode, ward 1073 Hildebrand 1073

5. Ottonen und Salier - S. 108

1910 - Gotha : Thienemann
— 108 Der Kirchenstaat und sein Souverän bedurften militärischen Schutzes gegen ihre Feinde; diesen Schutz zu geben, das war Aufgabe des Patricius Romanorum. Stephan Ii. verlangte ihn 754 von Pippin gegen die Langobarden und Griechen. Ii § 30, 3. Lev Iii. 800 von Karl dem Großen gegen die Römer. Ii § 39, 2. Johann Xii. 962 von Otto I. gegen Berengar. S. 71. Kaisertum und Patriziat waren seit 800 miteinander verbunden. Aber jetzt war das Papsttum gegen das Kaisertum, es wollte ganz frei werden, auch militärisch-politisch. Dazu bedurfte es militärischer Kräfte, und die fand es, geleitet von Hildebrand, in den Normannen Unteritaliens, in den Grafen Robert Gniskard und Richard von Avers a. Vgl. S. 89. Im August 1059 belehnte Nikolaus Ii. Robert Guiskard mit Apulien, Kalabrien und Sizilien, Richard mit Capua. Keine der genannten Provinzen war römischer Besitz; wahrscheinlich gründete Nikolaus sein Recht auf die Konstantinische Schenkung (Ii § 30, 4), und so griff er ohne Bedenken in die Rechte des morgen- und abendländischen Kaisers ein. Der Lehenseid der Normannen verpflichtete diese dreifach: sie sollten der römischen Kirche überall und gegen jedermann nach allem Vermögen Beistand leisten, um die Regalien des heiligen Petrus zu behaupten und zu erlangen; sie sagten insbesondere dem Papst Nikolaus ihre Hilfe zu, daß er sicher und in Ehren das römische Papsttum, das Land und das Fürstentum des heiligen Petrus behalte; sie versprachen, im Falle der Papst sterben sollte, nach der Mahnung der Kardinäle, des Klerus und der Laien ihren Beistand, daß ein Papst gewählt und eingesetzt werde zu Ehren des heiligen Petrus. Das Papsttum versicherte sich der militärischen Kraft der Normannen Unteritaliens, um seine Freiheit vom Kaisertum zu erkämpfen; zum Papstwahldekret trat ergänzend der Lehenseid Roberts und Richards. H a ii cf Iii, 688: „Es gehört zu den bewunderungswürdigsten Leistungen der päpstlichen Politik in diesen Jahren, daß das Papsttum in demselben Momente, in dem es den Anspruch auf Freiheit erhob, als politische Macht auf die Bühne trat. Das wurde erreicht durch die Verbindung mit den Normannen." Sie war ein Werk Hildebrands. Vergleiche Nikolaus Ii. und Stephan Ii. (Ii § 30, 3) in ihrem revolutionären Verhalten gegen den morgenländischen Kaiser. Die uach Freiheit strebende Kirche gewann Herrschaft auch.über die Normannen in England. „Bet dem großen Hoftag zu Winchester Ostern 1070, auf welchem die Eroberung Englands durch Wilhelm ihren Abschluß fand, waren drei päpstliche Legaten zugegen. Sie setzten Herzog Wilhelm die Königskrone aufs Haupt. Es war eine

6. Das Mittelalter - S. 112

1881 - Paderborn : Schöningh
- 112 — und mit allen denen, die sie den Arabern noch entreifsen würden (1054). Die Macht der Normannen wurde besonders gehoben durch Robert Guiscard und Roger, Halbbrüder der Söhne Tancreds. Papst Nicolaus Ii. erteilte Robert Guiscard die Belehnung mit Apulien, Calabrien und mit Sicilien (1057), welches zwar erst 1091 vollständig erobert wurde, und ernannte ihn zum Herzog. Bei Nicolaus’ Tode wählten die Kardinäle Alexander Ii. (1061 — 73), ohne von der Kaiserin Agnes die Bestätigung einzuholen. Diese, darüber entrüstet, liess auf einer Synode zu Basel den Bischof von Parma (Cadalous, als Papst Honorius Ii.) wählen. Aber die beiden Bundesgenossen des päpstlichen Stuhles, die Herzoge Gottfried von Tuscien und Robert Guiscard, zwangen ihn, sich in sein Bistum zurückzuziehen. Alexander wies die Ansprüche des jungen Königs Heinrich auf das Bestätigungsrecht der Papstwahl standhaft zurück, ja er liess ihm durch seine Legaten ernste Vorhaltungen über seinen sündhaften Lebenswandel und seine Gewaltthätigkeiten im Sachsenlande machen und drohte sogar schon mit einer Vorladung nach Rom. Die Seele aller dieser Reformen zur Herstellung der kirchlichen Freiheit war der päpstliche Kanzler Hildebrand. Dieser wurde bei Alexanders Tode als Gregor Vii. auf den päpstlichen Stuhl erhoben. Angeblich eines Zimmermanns Sohn aus Sovana (im südl. Toscana) 0 war er in Rom für den geistlichen Stand erzogen und später in das berühmte Kloster Clugny eingetreten, von welchem schon viele wichtige Reformen des kirchlichen Lebens ihren Ausgang genommen hatten. Gregor Vi. lernte ihn hier kennen und zog ihn nach Rom, wo er seit Leo Ix. unter fünf Päpsten auf die Entscheidungen der Curie den wichtigsten Einfluss übte. Als er bei Alexanders Ii. Tode (1073) das Leichenbegängnis leitete, erscholl aus der Menge des Volks und der Geistlichen der Ruf: Hildebrand soll Papst sein. Er wurde dann durch die Kardinäle in der vorgeschriebenen Ordnung gewählt und von der römischen Geistlichkeit und dem Volke anerkannt. Zu Ehren seines Lehrers Gregors Vi. nannte er sich Gregor Vii. König Heinrich liess durch einen Bevollmächtigten gegen die Wahl, weil sie ohne seine Zustimmung erfolgt sei, Einspruch erheben; als aber Gregor erklärte, er sei zur Übernahme seiner Würde gezwungen und werde sich nicht eher weihen lassen, bis die königliche Bestätigung erfolge, gab er seine Genehmigung. x) Nach der Vita Greg, von Petrus Pisanus: Ildebrandus, natione Tuscus, de oppido Raouaco (— Sovana?).

7. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 140

1888 - Habelschwerdt : Franke
140 begabten, energischen Mönch kennen; er berief ihn nach Rom, und Hildebrand leitete seit Leo Ix. unter 5 Päpsten die Geschäfte der römischen Kurie. Von den unter seinem Einflüsse getroffenen Entscheidungen ist namentlich die der Lateransynode vom Jahre 1059 wichtig, worin das Recht der Papstwahl den Kardinälen gegeben und der Einfluß des Kaisers auf dieselbe ausgeschlossen wurde. Nach dem Tode des Papstes Alexander Ii. wurde Hildebrand gewählt und erhielt die Bestätigung seiner Wahl durch König Heinrich, b) Die Stellung des Papsttums. Seit der engen Verbindung zwischen Kaiser und Papst unter Karl d. Gr. hatte sich die Stellung der Päpste immer einflußreicher gestaltet und wurde namentlich gefördert durch die pseudoifidorischen Dekretalen, eine Summe vou zum Teil unechten Kirchengesetzen (nach dem Bischof Isidor von Sevilla benannt). Dieselben haben Rechtsverhältnisse begründet, die der Kirche eine größere Freiheit und Unabhängigkeit verschafften. Als indes im zehnten Jahrhundert einzelne Päpste durch ein unkirchliches Leben und die Teilnahme an Parteiungen des römischen Adels die Stellung des Papsttums geschädigt hatten und auch die Sitten des niederen Klerus in Verfall geraten waren, bestrebten sich namentlich die frommen Ottonen und Heinrich Iii., würdige Männer als Leiter der Christenheit einzusetzen. Von diesen wurden wohlthätige Reformen in der Kirche angebahnt. Hildebrand setzte dieselben fort und wollte dem Papsttnme eine völlig unabhängige Stellung neben dem Kaisertume wieder verschaffen. Der kaiserliche Hof war aber mit der 1059 getroffenen Änderung der Papstwahl unzufrieden, und daher war es für die Kurie nicht unwichtig, daß sie eine doppelte weltliche Unterstützung fand, 1. an Beatrix, der mächtigen Witwe des Markgrafen von Tuscieu, die sich in zweiter Ehe mit Heinrichs entschlossenstem Feinde, dem Herzoge Gottfried von Lothringen, vermählt hatte, sowie an deren Tochter Mathilde, und 2. an dem Normannenherzog Robert Gniskard. (Die Normannen [s. S. 137] hatten sich in Unteritalien durch neue Scharen verstärkt und den Krieg gegen die Griechen weiter geführt, daun aber ihren jungen Staat unter die päpstliche Autorität gestellt.)

8. Teil 2 - S. 91

1887 - Leipzig : Teubner
— 91 — stützt, der sich in seiner Hoffnung von den Sachsen zum König erhoben zu werden getäuscht sah, warf er durch den blutigen Sieg bei Hohenburg a. d. Unstrut (bei Langensalza Juni 1075) die empörten Bauernschaften nieder und erzwang im Herbst auch die Unterwerfung des aus der Schlacht entronnenen Adels. Es war ein ungeheurer Erfolg. Sachsen und Thüringen lagen gebunden zu den Füfsen des Königs. Über Fürstentum und Kirche hatte er triumphiert, nie war die Herstellung eines unumschränkten Königtums so nahe gewesen. Da schleuderte ein neuer, gewaltiger Feind ihn von der erklommenen Höhe hinab. B. Gregor Vii. und der Kampf mit dem Kaisertum. Heinrich Iii. hatte dem entarteten Papsttum zu neuer Kräftigung verholfen, damit aber auch den Ausbruch des früher oder später unvermeidlichen Kampfs zwischen den beiden höchsten in unklarem Verhältnis zu einander stehenden Gewalten beschleunigt. Die Päpste bedurften zu demselben einer weltlichen Hilfe und diese wurde ihnen teils durch den mächtigen Herzog Gotfrid von Tuscien, den zweiten Gemahl der Markgräfin Beatrix, und später durch deren Tochter Mathilde, teils durch die Normannen in Unteritalien. Weil sie Besitzungen der römischen Kirche genommen hatten, war Leo Ix. 1053 selbst gegen sie ausgezogen, doch geschlagen und gefangen worden. Unter Nikolaus Ii. aber kam durch die Bemühungen Hildebrands 1059 ein Bündnis mit ihnen zu Stande, wonach sie die eroberten Güter der römischen Kirche vom Papst zum Lehn empfingen, also Lehns-träger des römischen Stuhls wurden. Die von allen Edlen ersehnte Kirchenreform erschien ohne eine Befreiung der Kirche von jedem weltlichen Einflufs nicht durchführbar, um aber ihre Unabhängigkeit zu sichern, mochte die Begründung ihrer Herrschaft über die weltliche Macht notwendig scheinen. Diese Gedanken ergriff Niemand lebendiger und energischer, als der Mönch Hildebrand1) (aus Saona in Tuscien, in Cluny gebildet), welcher von Leo Ix. emporgehoben fortan die Schritte der Päpste leitete. Nach Stephans Ix. Tod setzte er gegen die Gegenpartei die Wahl des von ihm völlig beherrschten Nikolaus Ii. durch, welcher 1059 das Gesetz gab, dafs der Papst von den Kardinalen, d. i. den hohem Geistlichen des eigentlichen römischen Sprengels, gewählt werden solle: ein Gesetz, welches die Papstwahl dem Einflufs der *) Näheres über seine Persönlichkeit aus den Quellen, Zeittafeln S. 61.

9. Lehrstoff der Unterprima - S. 94

1914 - Hannover : Manz & Lange
94 § 17: Entwicklungsgeschichte d. Macht d. Papsttums bis auf Gregor Vii. Iii. Die Durchführung der päpstlichen Hierarchie. Die Sätze der Pseudoisidorischen Dekretalen waren ganz nach dem Herzen der Kluniazenser; mit dem Wachsen des Einflusses der letzteren wurde daher zugleich der Verwirklichung der päpstlichen Monarchie in der Kirche, d. h. der Hierarchie, vorgearbeitet. Insofern dann Kaiser wie Otto Hl., Heinrich n. und Heinrich Iii. in dem löblichen Bestreben, für die Besserung der Kirche das Ihrige zu tun, mit den Kluniazensern Hand in Hand gingen, bereiteten auch sie vor, was sich unter Heinrich Iv. erfüllte: die Befreiung des Papsttums von der kaiserlichen Vormundschaft. Ein für alles weitere Vorgehen entscheidender Schritt geschah nach Heinrichs Iii. Tod durch Papst Nikolaus Ii., der seine Erhebung hauptsächlich den Bemühungen des Hauptes der Reformpartei in Rom, des Kardinals Hildebrand, verdankte. Auf der Lateransynode1) des Jahres 1059 ließ Nikolaus den folgenschweren Beschluß fassen, daß künftig die Wahl des Papstes von den Kardinalbischöfen, zu denen später noch die übrigen Kardinalkleriker2) zugelassen wurden, vorgenommen werden sollte. Die Spitze dieses Beschlusses war nicht gegen den Kaiser, dessen Betätigungsrecht erst später aufgehoben ward, gerichtet, sondern gegen den verderblichen Einfluß, den bisher der römische Adel bei der Wahl des Papstes durch Klerus und Volk von Rom ausgeübt hatte. Zugleich wurden aufs neue scharfe Beschlüsse gegen die Priesterehe gefaßt. Im gleichen Jahr gewann das Papsttum einen neuen Zuwachs weltlicher Macht, indem der Normannenfürst Robert Gruiscard und sein Bruder ihr in Unteritalien begründetes Reich vom Papste zu Lehen nahmen. Als zweiter Nachfolger von Nikolaus Ii. kam 1073 der Kardinal Hildebrand auf den päpstlichen Stuhl. Er nannte sich als Papst Gregor Vii. und stellte es sich zur Aufgabe, rücksichtslos die letzten Forderungen der Hierarchie, den noch immer nicht allerorten geltenden Zölibat und das Verbot ') Der Lateran ist ein aus der altrömischen Zeit stammender Palast (mit Kirche) im Südosten der Stadt Rom, der vom vierten bis zum vierzehnten Jahrhundert Fürstensitz der Päpste war. 2) Cardinalis eigentlich = hervorragend; Kardinale waren die ersten Priester an den achtundzwanzig Hauptkirchen Roms, sowie sieben Diakone und sieben Bischöfe in der nächsten Umgebung der Stadt. Auf dem Laterankonzü des Jahres 1179 wurde der Beschluß gefaßt, daß die Wahl des Papstes von der Zustimmung der Zweidrittelmehrheit der Kardinale unter Ausschluß aller fremden Elemente abhijjige. . j ;ü, s* ***** spa'p-n.

10. Das Mittelalter - S. 64

1885 - Heilbronn : Henninger
64 Ii. Periode. d. Während der Regentschaft in Deutschland hatte die kirchliche Reformpartei, an deren Spitze der Kardinal Hildebrand und dei asketische Bischof von Östia, Petrus Damiäni, u. a. standen, einen entscheidenden Schlag geführt: 1059 wurde die Papstwahl, die früher von Adel, Volk und Geistlichkeit Roms vollzogen worden und 1046 an den Kaiser übergegangen war, lediglich der römischen Geistlichkeit, den — damals etlichen 50 — Priestern an den Hauptkirchen Roms, den sog. Kardinalen, übertragen ; der Laieneinflufs war damit so vollständig als möglich beseitigt. Im gleichen Jahr belehnte Papst Nikolaus Xi. die Normannen mit Unteritalien und Sicilien und fesselte sie dadurch an das päpstliche Interesse. Im Juni 1073 wurde Hildebrand als Gregor Vii. zum Papst erhoben und verfolgte nun mit rücksichtsloser Konsequenz die Ideeen seiner Partei. Zuerst wurde auf einer Synode zu Rom 1074 die Simonie verboten und die Ehelosigkeit (Cölibät) aller Priester zum Kirchengesetz erhoben, wodurch dieselben aller weltlichen Rücksichten gänzlich entledigt werden sollten; 1075 trat Gregor mit der Erklärung hervor, „dafs er die Laieninvestitur, d. h. die Einsetzung Geistlicher durch Laien, für unkanonisch (rechtswidrig) halte“. Wenn diese Forderung durchgeführt wurde, so verlor Heinrich I\ . das Recht, die Bischöfe und Äbte zu ernennen; er verlor damit allen Einflufs auf die Besetzung von Stellen, welche auch in weltlicher Hinsicht von höchster Wichtigkeit waren, da ihre Besitzer große Reichslehen inne hatten. Er war entschlossen, diesem Ansturm nicht zu weichen, jetzt weniger denn je; offen trat Gregors Absicht hervor, das Papsttum überhaupt über das Kaisertum zu erheben : auf Gregors Drohungen antwortete er mit dessen Absetzung durch eine Wormser Synode vom Januar 1076 und trieb dadurch den Papst zur Erklärung, dafs Heinrich exkommuniciert (S. 50), dafs er aufserdem abgesetzt und seine Unterthanen ihres Eides ledig seien. Der hohe Laienadel in Deutschland ergriff mit Begier die Gelegenheit das Joch des Königs abzuschütteln, und Heinrich sah sich, um den in Tribur versammelten Fürsten den Vorwand zum Abfall zu ent-reifsen, genötigt nach Italien zu gehen und vor Schlofs Canossa (südlich von Parma), wohin Gregor zu seiner treusten Anhängerin, Markgräfin Mathilde von Tuscien, geflohen war, zu erscheinen und den Papst vom ‘25.—27. Januar 1077 in den demütigsten Formen um Lösung vom Banne zu bitten, was dann am 28. Januar geschah. Politischlag darin ein erfolgreicher Schachzug des Königs; die deutschen Fürsten sahen sich jetzt gezwungen, offen als Abtrünnige sich

11. Teil 2 - S. 91

1887 - Leipzig : Teubner
— 91 — stützt, der sich in seiner Hoffnung von den Sachsen zum König erhoben zu werden getäuscht sah, warf er durch den blutigen Sieg bei Hohenburg a. d. Unstrut (bei Langensalza Juni 1075) die empörten Bauernschaften nieder und erzwang im Herbst auch die Unterwerfung des aus der Schlacht entronnenen Adels. Es war ein ungeheurer Erfolg. Sachsen und Thüringen lagen gebunden zu den Füfsen des Königs. Uber Fürstentum und Kirche hatte er triumphiert, nie war die Herstellung eines unumschränkten Königtums so nahe gewesen. Da schleuderte ein neuer, gewaltiger Feind ihn von der erklommenen Höhe hinab. B. Gregor Vii. und der Kampf mit dem Kaisertum. Heinrich Iii. hatte dem entarteten Papsttum zu neuer Kräftigung verholfen, damit aber auch den Ausbruch des früher oder später unvermeidlichen Kampfs zwischen den beiden höchsten in unklarem Verhältnis zu einander stehenden Gewalten beschleunigt. Die Päpste bedurften zu demselben einer weltlichen Hilfe und diese wurde ihnen teils durch den mächtigen Herzog Gotfrid von Tuscien, den zweiten Gemahl der Markgräfin Beatrix, und später durch deren Tochter Mathilde, teils durch die Normannen in Unteritalien. Weil sie Besitzungen der römischen Kirche genommen hatten, war Leo Ix. 1053 selbst gegen sie ausgezogen, doch geschlagen und gefangen worden. Unter Nikolaus Ii. aber kam durch die Bemühungen Hildebrands 1059 ein Bündnis mit ihnen zu Stande, wonach sie die eroberten Güter der römischen Kirche vom Papst zum Lehn empfingen, also Lehns-träger des römischen Stuhls wurden. Die von allen Edlen ersehnte Kirchenreform erschien ohne eine Befreiung der Kirche von jedem weltlichen Einflufs nicht durchführbar, um aber ihre Unabhängigkeit zu sichern, mochte die Begründung ihrer Herrschaft über die weltliche Macht notwendig scheinen. Diese Gedanken ergriff Niemand lebendiger und energischer, als der Mönch Hildebrand1) (aus Saona in Tuscien, in Cluny gebildet), welcher von Leo Ix. emporgehoben fortan die Schritte der Päpste leitete. Nach Stephans Ix. Tod setzte er gegen die Gegenpartei die Wahl des von ihm völlig beherrschten Nikolaus Il durch, welcher 1059 das Gesetz gab, dafs der Papst von den Kardinalen, d. i. den hohem Geistlichen des eigentlichen römischen Sprengels, gewählt werden solle: ein Gesetz, welches die Papstwahl dem Einflufs der x) Näheres über seine Persönlichkeit aus den Quellen, Zeittafeln s: 6i.

12. Geschichte des Mittelalters - S. 44

1891 - Neubrandenburg : Nahmmacher
— 44 - 1056—1106. Heinrich Iv., zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter Agnes. Nach Viktors Ii. baldigem Tode (zum Unglück für das Reich) Stephan Ix., Bruder Gottfrieds des Bärtigen, Papst, beraten von Hildebrand. Erneuerung des Verbotes der Simonie und Gebot des Coelibats (Ehelosigkeit der Priester). Nach Stephans Tode von dem römischen Adel Benedikt Xv auf Hildebrands Betrieb durch die Kardinäle außerhalb Roms Nikolaus Ii. erhoben. Benedikt mit Waffengewalt aus Rom vertrieben. Papstwahl durch ein Dekret den Kardinalbischöfen zugesprochen. (Vorschlagsrecht des Kaisers, unter Heinrich 111. in Kraft, nicht beachtet.) Verbindung des Papsttums mit den Normannen. Robert Guiscard mit Apulien, Calabrien und dem erst zu erobernden ©teilten belehnt. (Eroberung Sieiliens vollendet durch Roberts Bruder Roger, den „großen Grafen".) Markgräfin Beatrix und ihre Tochter Mathilde (die „große Gräfin") für das päpstliche Interesse gewonnen. Nach Nikolaus' Tode von den Kardinalbischöfen Alexander Ii. gewählt, von den oberitalienischen Bischöfen im Einverständnis mit der kaiserlichen Regierung Cadalus von Parma ausgestellt. Angriffe des Cadalus auf Rom abgeschlagen. Kaiserin Agnes versucht die weltlichen Fürsten für sich zu gewinnen. Gottfried der Bärtige Statthalter in Italien. Schwaben an Rudolf von Rheinfelden, Kärnthen an Berthold von Zähringen, das von den Ungarn bedrängte Bayern an Otto von Nordheim gegeben. Trotzdem Fürstenverschwörung unter Anno von Köln. 1062. Heinrich von der Insel Swiberswerth (jetzt Kaiserswerth) mit List entführt, springt in den Rhein, wird

13. Das Mittelalter - S. 62

1891 - Berlin : Grote
62 Das eigentliche Mittelalter. Gotfrieds von Lothringen (§ 80), als Stephan X. zum Papst erhoben, ein strenger Cluniacenser, aber heftiger Gegner der deutschen Herrschaft, so daß der Gegensatz zwischen Kaisertum und Papsttum verschärft wurde. Deshalb erhob nach Stephans X. Tode die sich wieder regende tusculanische Partei Benedikt X., die Nesormpartei laus ii. Bischof Gebhard von Florenz als Nicolaus Ii. (1058 10£iibe61 ^ 61), der durch Hildebrands rastlose Energie und die Waffen Got-brand frieds von Lothringen obsiegte. Als Archidiakonus der römischen Kirche war Hildebrand hinfort die Seele des Papsttums und wurde der Schöpfer des hierarchischen Systems, welches in Konsequenz der alten hierarchischen Prinzipien (§ 30) die kirchliche Gewalt aller weltlichen überzuordnen und die kaiserliche Weltherrschaft durch die pävstliche zu ersetzen trachtete. Alle Rom gegenüber noch irgendwie selbständigen kirchlichen Gewalten wurden niedergeworfen, wobei der Kampf besonders heftig um das Erzbistum Mailand entbrannte (Petrus Damiani und Anselm von Lncca; Arialb, Landulf, Erlembald Cotta und die „Patciria" *), aber mit deffen Unterwerfung unter die Reformpartei endete. Auf der Laterau-synode 1059 sicherte Nicolaus' Ii. Neuordnung der Pap st-wähl die Unabhängigkeit des Papsttums von dem or^dnungkaisertum dadurch, daß sie die alte, auf einem Zusammenwirken Papst- von Klerus, Adel und Volk von Nom beruhende Wahl, welche infolge 3; der herrschenden Parteiungen den Einflnß der Kaiser befestigte, durch Einführung eines ausschließlich kirchlichen, aristokratischen Wahlsenats, des aus den sieben [Suburbikur-] Bischöfen, den 28 Priestern (der römischen Stadtkirchen) und den 18 Diakonen (der römischen Hospitäler) bestehenden Kardinalkollegiums beseitigte. In seiner weltlichen Stellung in Italien machte er das Papsttum unabhängig vom Kaisertum, indem er die von Leo Ix. unglücklich bekämpften Normannen Unteritaliens zu Lehensleuten und Vorkämpfern desselben gewann und durch die Verbindung mit Gotsried von Lothringen und Beatrix von Tuscien, der dann ihre Tochter Mathilde, „die große Gräfin , folgte, und mit dem aufstrebenden Bürgertum der lombardischen Städte die allmählich erstarkende nationale Partei um das Papsttum sammelte. Aber das neue System stieß noch vielfach auf Wiberstanb: in Rom bekämpfte ein Teil der *) Patari — in Oberitalien die Zünfte der Tuchmacher; vergl. die später im Volksmunde übliche Benennung der Waldenser als „Tisserands" d. i. Weber.

14. Ottonen und Salier - S. 105

1910 - Gotha : Thienemann
105 — die Investitur sei ein göttlicher Akt, Ring und Stab seien die Sinnbilder des Hirtenamtes, durch ihre Übergabe werde das gesamte bischöfliche Amt übertragen, ein Laie habe hierzu nicht Recht noch Macht. So wenig ein Simonist wirklich Bischof sei, so wenig dürfe ein von dem König ernannter Kleriker als Bischof betrachtet werden. Wir erinnern nns dessen, was oben S. 68 ff. über den Episkopat als Stütze des Königtums gesagt wurde. Ausführen, was Kardinal Humbert lehrte, hieß dem Königtum seine Macht nehmen. So mußte ein Kampf kommen zwischen Königtum und Papsttum um die Macht. Wir erkannten früher (S. 93), daß seit der Mitte des 11. Jahrhunderts die asketische Lebensanschauung ein Element für den Fortgang der Geschichte geworden sei. Mit ihr verband sich ein zweites: Herrschaft des Klerus über die Laien, der Kirche über den Staat. Weltflucht und Weltherrschaft wurden die Ideale der katholischen Kirche, und das mußte zu einem schweren Kampf zwischen Kirche und Staat führen. 4. Das Papsttum macht sich vom Kaisertum frei. Frei vom Kaisertum! Das war das Ziel der päpstlichen Politik seit dem Tode Heinrichs Iii. Die Regentschaft der Kaiserin Agnes machte die Erreichung möglich. Am 28. Juli 1057 starb Viktor Iii. Ant 2. August wählten die Römer einen neuen Papst, Stephan Ix., die Regentin Agnes erkannte ihn int Dezember an: das int Jahre 1046 Heinrich Iii. feierlich zugesicherte Recht der Ernennung des Papstes durch den Kaiser war zerrissen, von der Mutter war ein Teil der Macht des Sohnes preisgegeben worden. 1059 gelang Rom ein weiterer Schritt. Als Werkzeug der Reformpartei, namentlich aber Hildebrands, beschloß eine römische Synode 1059 ein Pap st Wahldekret, das von Nikolaus Ii. in Form eines Erlasses an alle Christen bekanntgegeben ward. Es bestimmte, daß nach dem Tode eines Papstes zunächst die Kardinalbischöfe über die Wahl seines Nachfolgers in Beratung zu treten hätten; daß danach die Kardinalbifchöfe in Gemeinschaft mit den übrigen Kardinälen ,bte Wahl vollziehen müßten; daß darauf die Zustimmung von Klerus und Volk in Rom einzuholen und dann der Papst zu inthronisieren sei — dem Könige solle die schuldige Ehre erwiesen werden; aber nicht gesagt war, worin diese bestand. Was half es, daß die Kaiserin den Gesandten des Papstes, der im Frühjahr 1060 erschien, nicht annahm! Das Papstwahldekret blieb.

15. Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden - S. 57

1901 - Leipzig : Teubner
17. Erster Hauptkampf zwischen Kaisertum und Papsttum. Heinrich Iv. 57 2. Die Erhebung des Papsttums durch Gregor Vii. Indes hatte Die strenge die Reformpartei von neuem den ppstlichen Stuhl eingenommen.^) Mit groer Klugheit, Zhigkeit und Khnheit bereitete sie nun den Weg, die W-Reinigung und Besserung der Kirche, die Leo Ix. erfolgreich aufgenommen hatte, weiterzufhren und dem Papsttum die von den geflschten isidorischen -Dekretalen" zugesprochene Macht und Unabhngigkeit zu erringen. Die treibende Kraft hierbei war Hildebrand. Hildebrand. Er war um das Jahr 1025 im Toskanischen geboren; seine Eltern waren einfache, vermgliche Bauersleute. Bestimmend war fr seine Entwicklung der Umstand, da er im Marienkloster am Aventin zu Rom erzogen wurde, das ein Bruder seiner Mutter, ein Anhnger der kluniazensischen Richtung, als Abt leitete. Schon in jungen Jahren wurde er Mnch (?). Gregor Vi., der erste Papst aus der Partei der Kirchenerneuerung, erhob ihn zu seinem Kaplan. Ihn begleitete Hildebrand nach Deutschland in die Verbannung. Hier erlangte er Zutritt an den kaiserlichen Hof, wo er einen Einblick in die politischen Zeitverhltnisse gewann. Mit Bruno von Toul (Leo Ix.) kehrte er nach Rom zurck. Von ihm mit der Leitung des ppstlichen Haushaltes und der stdtischen Angelegenheiten betraut, zeigte er eine groe Gewandtheit in der Abwicklung weltlicher Geschfte. Hildebrand war zum Herrschen und Leiten geboren. In dem kleinen, unansehnlichen Manne glhte eine Feuerseele; groß war seine Macht der die Herzen der Menschen. Mit Begeisterung, brennendem Eifer und khner Folgerichtigkeit, aber auch herrschschtig, rcksichtslos in der Wahl seiner Mittel und unbekmmert um das Unheil, das seine Politik der unzhlige Menschen brachte, ging er auf sein Ziel los. Staatsmnnische Begabung war ihm versagt; er war nicht imstande, seine Handlungen nach den wirklich gegebenen Gren einzurichten. Er ging schlielich der die bisherigen Be-strebungen der Reformpartei hinaus; nicht nur reinigen und bessern wollte Sem Ziel, er die Kirche, nicht nur vom Kaisertum unabhngig machen, nicht lediglich das Papsttum als das andere der Schwerter Gottes" ihm gleich stellen, sondern vielmehr den Stuhl des Apostelfrsten der das Kaisertum erheben und ihm die Herrschaft der alle geistigen und weltlichen Gewalten in der ganzen Christenheit erwirken. Auf seinen Vorschlag wurde Gerhard von Florenz zum Papste er- Nikolaus n. hoben, der den Namen Nikolaus Ii. annahm (1059). Derselbe suchte, ^ von ihm, seinem Archidiakon, beeinflut, dem Papsttum eine kraft-volle Sttze gegen den rmischen Adel und den Kaiser selbst zu schaffen. Diese wurde in den Normannen gewonnen, die Kapna und Kalabrieu Die Normannen erobert hatten. Ihre Fürsten Richard und Robert Guiskard, denen es darauf ankam, fr ihren Besitz eine rechtliche Grundlage zu erlangen, wurden, jener mit Kapna, dieser mit Apulien und Sicilien, belehnt, also Vasallen des ppstlichen Stuhles. Indem nun die Normannen Trennung von Apulien und Kalabrien eben erst dem ostrmischen Kaiser entrissen hatten, Dftront' 1) Viktor Ii. war ein Vertreter der deutschen Reichskirche gewesen.

16. Das Mittelalter - S. 91

1889 - Gotha : Perthes
91 Lehnswesen hatte auch den Staat ergriffen, der zum Lehnsstaat (Feudal-staat)1) wurde. Da nun der Freie bei bernahme eines Lehen dem das Lehen Erteilenden (dem Herren) den Huldigungseid (die Verpflichtung zum Heeresdienst) leistete, so lag fr die Macht des Knigtums die Gefahr nahe, da die Verpflichtung gegen den Lehnsherrn die gegen den König in den Hinter-grund drngte. Als unmittelbare Lehnsleute hatte der König fast nur die Fürsten des Reiches. Auf ihrem Treueid ruhte daher vorzugsweise die Macht des deutschen Knigtums. Groer und starker Persnlichkeilen aber bedurfte es, diese Fürsten in ihrer Treue zu erhalten. 3. Der Kamps des Kaisertums mit dem Papsttum f .'ja (bis zum Untergang der Staufer). A. Die Krheung des Wapsttums durch Kilderand (Gregor Vii.). Mit dem Kampf gegen die Simonie hatte das Kaisertum nur einen Teil der Ideen Clunys aufgenommen; die cluniacensische Richtung verfolgte ein allgemeines sittliches und kirchliches Ideal, das durch gnzliche Losreiung der Geistlichkeit von der Weltlust und durch die volle Freiheit der Kirche von der weltlichen Macht sich erfllen sollte. Der Versuch, die Kirche vom Staat zu lsen, mute in unmittelbaren Gegensatz zu dem deutschen Kaisertum führen, das bisher die oberste Leitung der Kirche gebt und eben erst den Stuhl Petri von sich abhngig gemacht hatte. Bei der Schwche des deutschen Reiches, die nach dem Tode Heinrichs Iii. unter der Vormundschaftsregierung der Kaiserin Agnes eingetreten war, konnte es das Papsttum 2) wagen, unter der Fhrung eines staatsmnnischen Genies, des Mnches Hildebrand 3), jene Loslsung der Kirche vom Kaisertum zu unternehmen. Der erste entscheidende Schritt geschah 1059 auf der groen Kirchenversammluug in Rom, auf der festgesetzt ward, da fortan die Besetzung des apostolischen Stuhles durch die Wahl der Kar-tnnal-Bischfe4) erfolge. Gleichzeitig sah Hildebrand sich nach weltlichen stnde?, eines Handschuhes, dessen man s. bei Eigeuturnsbertraguugen bediente, ob. eines Stabes (bei d. Geistlichen eines Ringes n. Stabes); die Belehnung der weltl. Fürsten geschah durch die Lanze mit der Fahne ob. blo mittels der Fahne. 1) Seit dem 11. Jahrh. hie das beneficiura (Lehen) auch feodum, feudum. 2) Auf Viktor Ii. folgten Stephau Ix. (+ 1058), Nikolaus Ii. (+ 1061), Alexander Ii. (t 1073). 3) Hildebrand war auf einem kleinen Landgut im fbt. Tuscieu geboren; frh kam er nach Rom, um in d. Marienkloster auf b. Aocntin fr das Kloster u. die Kirche erzogen zu werben. Gregor Vi. machte den jungen Mnch zu s. Kapellan; dem abgesetzten Papst folgte er in die Verbannung nach Deutschland, wo er bis zu beffen Tode den Hof Heinrichs Iii. begleitete. Dann ging er nach Cluny u. kehrte in Begleitung Leos Ix., als dieser f. Pontifikat antrat, nach Rom zurck, wo er mit grtem Geschick die Leitung der stdt. Angelegenheiten u. der Geldverhltniffe des ppstl. Stuhles bernahm. Seit dem Tode Viktors Ii. war er die Triebfeder der ppstl. Politik. 4) Die Kardinle waren in altkirchl. Sinne die ordentlichen Geistlichen einer Kirche (incardinati), im 11. Jahrh. in Rom die ersten Geistlichen daselbst, eine Art Kirchen- und Staatsrat des Papstes. Leo Ix. hatte die Kardinle aus den verschiedenen Nationen frei erwhlt, foda das Kardinalskollegium als Vertretung der ganzen Kirche angesehen werden konnte; doch fanden Italiener berwiegende Bercksichtigung.

17. Von der Urzeit bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges - S. 69

1909 - : Schöningh
Z 7. Kaisertum und Papsttum im Kampfe miteinander. 69 Bei Heinrichs Iii. Tode war Heinrich Iv. erst sechs Jahre alt. Unter der vormundschastlichen Regierung der Königin Agnes, die von dem Bischof Heinrich von Augsburg beraten wurde, sollte die straffe Einheit des Reiches, wie sie von Konrad Ii. begründet und von Heinrich Iii. festgehalten worden war, sich.rasch lockern. Schon 1056 gab die Kaiserin Tnscien an Gottfried von Lothringen zurück, Schwaben erhielt Rudolf von Rheinselden (1057), und Bayern kam 1061 an Otto von Northeim. Die Unfähigkeit der Kaiserin Agnes, das Reich zu regieren, war die Ursache zur Bildung einer Gegenpartei, der unter Führung des Erzbischofs Anno von Köln Otto von Northeim, Günther von Bamberg, Eckbert von Braunschweig und Herzog Gottfried von Lothringen angehörten. Erzbischof Anno entführte den jungen König 1062 von Kaiserswerth und riß dadurch die Reichsregieruug an sich. Doch schon im folgenden Jahre setzte es Adalbert von Bremen durch, daß ihm die Reichsregierung übertragen wurde. Gleichzeitig übernahm er auch die Erziehung des jungen Königs, beendete sie aber 1065, indem er Heinrich in Worms mit dem Schwerte umgürten und mündig erklären ließ. Den Sitz des Hoses verlegte er dann nach Goslar; die Regierung lag im wesentlichen in Adalberts Händen. Doch allmählich begann Heinrich selbständig zu herrschen. Er knüpfte an Konrads Ii. und Heinrichs Iii. Regentschaft an und wollte als Absolutist sein Land regieren. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern suchte er seine Stütze bei den Laien — den Reichsministerialen —, und die sichere Basis seiner Macht sollte Sachsen sein; ans diesem Grunde ließ er in Sachsen eine Anzahl fester Burgen erbauen, als deren bedeutendste die Harzburg gilt. Die Sachsen sahen hierin eine Bedrohung ihrer Freiheit; sie erregten einen Ausstand, dessen Seele Otto von Northeim war. Im Vertrage zu Gerstungen versprach Heinrich die Schleifung der sächsischen Burgen; doch die kirchenschänderischen Verwüstungen der Sachsen änderten die Lage zugunsten des Königs. Die Bürger von Worms und Köln — erstere schon 1073 — nahmen Partei für Heinrich, die süddeutschen Herren leisteten ihm Hilfe, und in der Schlacht bei Hohenburg an der Unstrut (1075) wurden die Sachsen völlig bezwungen. Inzwischen aber war unter dem Einfluß der cluniazensischen Reformen das Papsttum bedeutend erstarkt. Ohne Mitwirkung der deutschen Reichsregierung war kurz nach Heinrichs Iii. Tode in Rom Papst Stephan Ix. gewählt worden, der das Papsttum wieder auf eigene Füße zu stellen begann. Der geistige Führer der Resormpartei am päpstlichen Hose war schon damals der Mönch Hildebrand, der bei Saona in Tuscien geboren, in Rom erzogen worden war und sechs

18. Mittelalter - S. 90

1896 - Stuttgart : Neff
90 nützlichen Bund mit dem deutschen Königtum beruhte; Erzbischof Wido von Mailand unterwarf sich dem Papst. Vor allem liess Nikolaus durch die Lateransynode 1059 das Dekret über die Papstwahl fassen, das den Kardinälen1), in erster Linie den sieben Kardinalbischöfen, die eigentliche Wahl des Papstes zuwies, dem niederen Klerus und dem Volk nur das Recht der Zustimmung, dem deutschen König den „debitus honor et reverentia“, d. h. ein Recht der Anerkennung des Gewählten beliess. Diese Reform drang aber zunächst nur in Nebenpunkten durch, namentlich dem, dass die Wahl auch ausserhalb Roms vorgenommen werden durfte. Die thatsächliche Beseitigung des königlichen Einflusses auf die Besetzung des päpstlichen Stuhls, sowie die Anknüpfung mit den Normannen bewirkte, dass die deutsche Regierung 10g1 sich von Nikolaus lossagte und seine Verfügungen verwarf. Als nach dem Tod des Papstes dem von der Reformpartei nach altem Verfahren gewählten und mit Hilfe der Normannen eingesetzten Alexander It. (1061—73) vor allem die lombardischen Bischöfe Cadälus als Gegenpapst (Honorius Ii.) entgegenstellten, musste sich zwar Alexander dem deutschen Schiedsgericht fügen, wurde aber bedingungslos 1064 durch eine Reichssynode in Mantua unter Annos Vorsitz bestätigt; Cadalus wurde gebannt. Zu einem mehrfach angeregten Romzug Heinrichs kam es nicht, und durch den Bund mit der Pataria, das Lehensverhältnis der Normannen, vor allem durch die Ergebenheit der tuscischen Markgräfin Beatrix und ihrer Erbtochter Mathilde war die Stellung des Papsttums in Italien gesichert. Das Jahr 1066 brachte dem Papsttum die Befestigung und Erweiterung seines kirchlichen Einflusses im Norden durch den Zusammenbruch der Stellung Adalberts im deutschen Reich und gegen die Slaven, namentlich aber durch die Begründung der normännischen Herrschaft in England. Gegen den reformfeindlichen König Philipp I. von Frankreich (1060—1108) schloss der Papst einen Bund mit dem französischen Adel, dessen Thatendrang, durch den Gottesfrieden daheim unterbunden, im Kampf gegen die Ungläubigen, zunächst in Spanien, Bethätigung suchte und fand. Auch die deutsche Kirche konnte sich der vollen Anerkennung der päpstlichen Oberherrschaft nicht mehr entziehen: die Erzbischöfe !) Cardinales sacerdotes hiessen eigentlich alle fest an ihrer Kirche („in cardine suo“) angestellten Geistlichen, dann in spezieller Anwendung des Titels die ordentlichen Geistlichen der Stadt Rom und die sieben Bischöfe des römischen Dnkats, die sämtlich als Angestellte der Laterankirche, der bischot-lichen Kathedralkirche von Rom (des „cardo, quo omnia moventur , wie schon Leo Ix. um deutete) betrachtet wurden.

19. Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden - S. 62

1902 - Leipzig : Teubner
62 iy Deutsche Geschichte im Mittelalter. - 3. Die Erhebung des Papsttums. Krepor Vii. (1073—1085). Die Zeit seit dem Heimgänge Heinrichs Iii. hatte das Papsttum wohl auszunutzen gewußt. Unter den Karolingern und seit Otto dem Großen hatte es tatsächlich unter den Kaisern gestanden, die als oberste weltliche Würdenträger in der abendländischen Christenheit zugleich Schirmherren der Kirche waren; die Bestätigung der Papstwahl galt als ihr Recht. Nun aber arbeiteten die Päpste auf die vollständige Unabhängigkeit des apostolischen Stuhles hin, ja, sie forderten Überordnung der Kirche und des „Stellvertreters Gottes und Statthalters Christi auf Erden" über jede andere Gewalt, auch über die Könige und den Kaiser selbst. Träger dieser Gedanken war vor allem Hildebrand, ein Bauernsohn aus Toscana, der die Stellung eines Archidiakons in Rom einnahm und unter Leo Ix. den Haushalt und die Kasse des Papstes verwaltet hatte. Als Kaplan hatte er früher Papst Gregor Vi. nach Deutschland in die Verbannung begleitet. (Vgl. S. 59.) In dem kleinen, unansehnlichen Manne glühte eine Feuerseele. Auf seinen Vorschlag wurde 1059 Gerhard von Florenz zum Papst erhoben (Nikolaus Ii.). Dieser belehnte die Normannenfürsten Richard mit Capua und Robert Guiscard mit Apulien und Sizilien, machte sie also zu Vasallen des päpstlichen Stuhls. Dadurch geriet das Papsttum in Feindschaft mit Byzanz, und die bereits in kirchlichen Fragen bestehende Sonderung vertiefte sich zu einer völligen Spaltung in eine griechische und eine abendländische (katholische) Kirche. Um auch die fast unabhängige, kaisertreue Geistlichkeit Oberitaliens zu beugen, verband sich das Papsttum mit den Führern der Pataria, einer Volkspartei, die sich gegen jene erhoben hatte und sich aus die besitzlosen Klassen stützte. Hildebrand wurde 1073 auf den päpstlichen Thron erhoben, nachdem er schon vorher lange den größten Einfluß besessen hatte, und nahm den Namen Gregor Vii. an. Außer den Normannen diente ihm die Macht der verwitweten Markgräfin Beatrix von Tnseien, die samt ihrer Tochter Mathilde eine ichroannmych^^relni^ für ihn hegte, als Rückhalt. In Frankreich, Böhmen, Ungarn und Polen griffen seine Legaten (Gesandten) in alle kirchlichen und weltlichen Angelegenheiten ein. Mit einer päpstlichen Fahne zog 1066 der Normannenherzog Wilhelm gegen das germanische England. (S. 101.) Bereits 1059 war durch neue Bestimmungen die Papstwahl den Kardinälen, d. h. den höchsten Geistlichen im römischen Bischofssprengel, übergeben und so von dem römischen Adel und Volk unabhängig gemacht und auch der Beeinflussung seitens der Kaiser entzogen worden. Durch eine symbolische Handlung bei der Papstwahl zeigte die Reformpartei, daß sie es auch mit dem Bestätigungsrecht des Kaisers nicht ernst nahm. Hildebrand schmückte nämlich den Papst mit einer Krone aus zwei Reifen, welche die Inschrift trug, daß sie von Gott, die Kaiserkrone aber aus

20. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 169

1903 - Leipzig : Dürr
Der siegreiche Kampf der reformierten Kirche gegen die weltliche Gewalt 169 teilte Idee von dem weltlichen Gottesreich auf Erden beherrscht den Papst Nikolaus Ii. ebenso wie Alexander Ii. Die pseudoisidorischen Dekretalien und die cluuiazensische Reform hatten den Anstoß gegeben zu der gewaltigen Bewegung, die nach dem Tode Heinrichs Iii. in Rom beginnt. Aber noch war nicht die Zeit, den Kampf auszufechten. Die Kirche mußte erst vorsichtig und politisch klug ihre Streitkräfte suchen, ihre Werkzeuge vorbereiten, um den kühnen Plan auszuführen, mit dem Gregor Vii. die Welt überraschte. Und wer wollte es leugnen, daß die Vorbereitungen zielbewußt getroffen wurden? Zuerst mußte man im päpstlichen Lager sicher sein, dann mußte die päpstliche Herrschaft über Italien festgegründet werden, bevor sie auf Europa ausgedehnt werden konnte. Das ungefähr ist das Programm, nach dem die Rüstung zum Streite ins Werk gesetzt wurde. Bald nach Heinrichs Iii. Tode, noch vor 1059, hat der Kardinal Hnmbert seine drei Bücher gegen die Simonisten geschrieben; es ist das erste gewaltige Zeugnis vom Selbstbewußtsein der Kirche. Klar und offen ist das Jnvestiturverbot zum ersten Male ausgesprochen, welches alle Eigentumsrechte, alle Einkünfte, Nutzungen u. s. w. den Laien nimmt und sie der Kirche und ihren Organen überträgt; danach ist auch den Königen die Bestallung der Bischöfe abgesprochen. Die Durchführung dieses Verbotes bedeutete eine völlige Revolution der Verfassung in Deutschland. Aber es galt, die Kirche unabhängig zu machen von allen anderen Mächten, und dieses Ziel konnte nur durch die Befreiung von den Rechten verweltlichen Macht erreicht werden. Solche Gewalten waren aber zunächst in Rom vorhanden, wo bei jeder neuen Papstwahl die einzelnen Parteien ihren Einfluß, oft sogar mit bewaffneter Macht, geltend gemacht hatten. Deshalb wurde von Nikolaus Ii. durch das Papstwahlgesetz 1059 bestimmt, daß nur die Kardinäle den Papst zu wählen hätten, ja sogar der Kaiser dürfe, wie im folgenden Jahre hinzugefügt wurde, umgangen werden. Noch gab es andere Mächte in Italien, über die der Papst die Herrschaft erlangen mußte; denn nur, wenn er im eigenen Hause und Lande völlig unabhängig war, dann konnte er seine Herrschaft weiter ausdehnen und sich auch vorn König srei machen. In Unteritalien waren die Normannen mächtig geworden. Nikolaus Ii. machte sie, die bisher die Feinde des Papsttums gewesen waren und ihre Eroberungen immer weiter nach Norden erstreckt hatten, zu seinen Freunden, indem er Robert Guiscard feierlich als Herrn über Apulien, Kalabrien und Sizilien anerkannte und ihn mit diesen Ländern zum Schutz der Kirche belehnte; ebenso erkannte er die Eroberungen Richards von Aversa an und belehnte ihn mit Capua. In Mittelitalien gelang es Nikolaus Ii., den Herzog ■Gottfried von Lothringen, Gemahl der Beatrix von Tuscien, und so den