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1. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 549

1894 - Gera : Hofmann
Iii. Deutsches Leben zur Zeit der fränk. u. stauf. Kaiser. 7. Eine deutsche Stadt. 549 unserem Maitrank; fremder Würzwein, kunstvoll aus französischem Rotwein verfertigt, wurde als Claret und Hippokras eingeführt; über Maulbeeren abgezogener Wein hieß Moraß; außerdem wurden viele andere Arten von aromatischen Tränken verfertigt, auch mit gekochtem Wein, zum Teil nach Rezepten, die aus dem römischen Altertum stammten; sie galten für medizinisch hilfreich, waren auch von Frauen begehrt, mehr als jetzt die Liköre. Im Süden des Thüringer Waldes machte dem Landwein der Birnmost und Äpfelwein Konkurrenz, er war z. B. der herrschende Trank in Bayern, wo erst später das Bierbrauen überhand nahm, der Bock aus der Stadt Einbeck erlernt wurde. Von ungemischten Weinen waren außer dem deutschen vom Rhein und der Mosel, vom Neckar und dem Würzburger vom Main, noch der von Rivoglio (Reifall genannt) und von Botzen, die ftanzösischen Mnscatel und Malvasier und der Osterwein aus Ungarn wohlbekannt, außerdem viele italienische Sorten, von Ancona, von Tarent u. s. w., endlich griechische Weine, darunter der berühmte Cyprer. Ulm war der große Weinmarkt, von dort gingen die Fässer bis hinauf in das Ordensland Preußen und in die fernsten Handelsstationen der Ostsee. Auf der Straße und in der Trinkstube wurde das Leben genossen. Darum füllten sich die Marktplätze und Straßen der Stadt am Abend, der Handwerksgesell und der junge Schreiber gaffierten und zeigten sich den Mädchen, die an Fenster und Thüre standen, und die Grüße und Scherzreden empfingen. Bei solchem Durcheinander der Männer wurden die Neuigkeiten ausgetauscht, was ein Reisender aus der Ferne zugetragen hatte, daß auf einem Dorfe in der Nähe ein unförmliches Kind geboren war, daß in Bern ein Weib mit einem Mann im Gottesgericht gekämpft, der Mann nach altem Recht mit dem halben Leib in einer Grube, das Weib mit ihrem Schlüsselbund bewaffnet, der Mann sei erschlagen. Und wieder, daß die reitenden Boten des Rates, der Christian und der Gottschalk, ausgeritten waren nach großen Nachbarstädten, um dort Kunde einzuziehen, ob man etwas Neues aus Frankreich wisse oder von dem Anzuge abenteuerlicher Schwärme von singenden Büßern. War ein Fehdebrief am Stadtthore abgegeben, dann war die Aufregung groß, wer einen Verwandten auf der Landstraße hatte, der wurde Mittelpunkt eines Kreises von Teilnehmenden und Neugierigen, ob der Reisende durch den Rat gewarnt sei, ob er gutes Geleit zu erhalten hoffe. Diese große Börse für Neuigkeiten verbreitete auch kleinen Familienklatsch, der in der abgeschlossenen Stadt die größte Bedeutung hatte, daß der alte Ratsherr Muffel von neuem heiraten werde, daß die Stromer und die Nützet sich wegen ihres gleichen Wappens auf der Gesellenstube heftig gezankt hätten. Auch das Regiment der Stadt war in diesen Stunden Gegenstand einen Beurteilung, die nicht immer wohlgeneigt blieb, und in unzufriedener Zeit wurde in den Haufen Empörung gemurmelt, die in den Schenken und Zunftstuben ausbrach und langgetragenem Leid und verstecktem Haß blutige Sühne verschaffte. War einmal etwas Merkwürdiges zu beschauen, dann kam die Stadt in helle Bewegung. Fremde und kunstfertige Tiere wurden gern bewundert.

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1. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 470

1880 - Berlin : Nicolai
470 Vorliebe für starkes Gewürz war übergroß, außer den heimischen Küchenkräutern und dem milden Safran wurden die indischen Baumgewürze in unglaublichen Massen verbraucht, und zu den Geschenken der Stadt an vornehme Gönner gehörten deßhalb auch Pseffer, Zimmt, Nägelein, Muskatnuß. Ob uns die Getränke besser munden würden? Im Norden des Thüringer Waldes herrschte das Bier, fast jede Stadt braute mit besonderen Vortheilen und war auf ihre bessere Sorte stolz. Erst aus dem Ende des nächsten Jahrhunderts sind uns zahlreiche Scherznamen überliefert, mit denen die berühmten Biere bezeichnet wurden, aber die Erfurter wußten wohl, daß ihr öliges schwarzes Bier den greisen König Rudols bei seinem Besuch im deutschen Norden begeistert hatte. Im Norden hatte auch der alte Meth sein Ansehen bewahrt, der Haidehonig dazu wurde durch eine Genossenschaft mit merkwürdigen Bräuchen, die Zeidler, gesammelt, er ward von geistlichen Herren mit wohlverdienter Achtung getrunken, obgleich ihm sehr ungeistliche Tugenden zugeschrieben wurden. Und die Stadt Aachen, welche dem Meth besondere Pflege angedeihen ließ, spendete ihn jährlich als Delicatesse an Kurfürsten, Bischöfe und einige andere Vornehme. Der schlechte inländische Wein wurde oft mit Kräutern, Gewürz und Honig versetzt, er hieß dann Lautertrank, eine Erinnerung daran dauert in unserem Maitrank; fremder Würzwein, kunstvoll aus französischem Rothwein verfertigt, wurde als Claret und Hippokras eingeführt; über Maulbeeren abgezogener Wein hieß Moraß; außerdem wurden viele andere Arten von aromatischen Tränken verfertigt, auch mit gekochtem Wein, zum Theil nach Recepten, die aus dem römischen Alterthum stammten; sie galten für medicinisch hülfreich, waren auch von Frauen begehrt, mehr als jetzt die Liköre. Im Süden des Thüringer Waldes machte dem Landwein der Birnmost und Aepselwein Concurrenz, er war z. B. der herrschende Trank in Baiern, wo erst später das Bierbrauen überhand nahm, der Bock aus der Stadt Eimbeck erlernt wurde. Von ungemischten Weinen waren außer dem deutschen vom Rhein und der Mosel, vom Neckar und dem Würzburger vom Main, noch der von Rivoglio (Reifall genannt) und von Botzen, die französischen Muscatel und Malvasier und der Osterwein aus Ungarn wohlbekannt, außerdem viele italienische Sorten, von Ancona, von Tarent u. s. w., endlich griechische Weine, darunter der berühmte Cyprer. Ulm war der große Weinmarkt, von dort gingen die Fässer bis hinauf in das Ordensland Preußen und in die fernsten Handelsstationen der Ostsee. Auf der Straße und in der Trinkstube wurde das Leben genossen. Darum füllten sich die Marktplätze und Straßen der Stadt am Abend, der Handwerksgesell und der junge Schreiber gafsirten und zeigten sich den Mädchen, die an Fenster und Thüre standen, und die Grüße und Scherzreden empfingen. Bei solchem Durcheinander der Männer wurden die Neuigkeiten ausgetauscht, was ein Reisender aus der Ferne_ zugetragen hatte, daß auf einem Dorfe in der Nähe ein unförmliches Kind geboren war, daß in Bern ein Weib mit einem Mann im Gottesgericht gekämpft, der Mann nach altem Recht mit dem halben Leib in einer Grube, das Weib mit ihrem Schlüsselbund bewaffnet, der Mann sei erschlagen. Und wieder, daß die reitenden Boten des Rathes, der Christian und der Gottschalk, ausgeritten waren nach großen Nachbarstädten, um dort Kunde ein-

2. Kulturbilder aus Deutschlands Vergangenheit - S. 109

1890 - Leipzig : Gräbner
14. Ein Bild aus dem Leben einer deutschen Stadt im Mittelalter. 109 Marktfahne am Rathause abgenommen wird oder ein Glöcklein den Markt ausläutet. Da ziehen auf allen Straßen die Karren und Menschen zu den Thoren hinaus; Stadt und Land haben ihren Bedarf ausgetauscht, die Sonne hat freundlich geschienen, der Handwerksmann hat manches Geldstück in seinen Kasten hinter das kupferne Zahlbrett geschoben. Auch der Rat ist zufrieden: es ist nur einer tödlich verwundet worden, dagegen einige Marktdiebe gefangen, schlechtes Volk, das hier und dort daheim ist; der Nachrichter wird keine große Arbeit haben. In der Stadt aber dauert die Bewegung fort. Wie die Sonne finkt, treibt die heitere Aufregung des Tages die Bürger wieder in die Straßen. Jetzt freuen sie sich geschäftslos des milden Abends, und jetzt erst beginnt ihnen der Genuß des Tages, nicht im Hause und nicht bei Weib und Kind, sondern aus der Straße unter den Genossen. Darum füllten sich die Marktplätze und Straßen der Stadt am Abend; der Haudwerksgesell und der junge Schreiber „gastierten" und zeigten sich den Mädchen, die an Fenster und Thür-stauden und die Grüße und Scherzreden empfingen. Bei solchem Durcheinander der Männer wurden die Neuigkeiten ausgetauscht, was ein Reisender aus der Ferne zugetragen hatte, daß auf einem Dorfe tu der Nähe ein unförmliches Kind geboren war, daß in Bern ein Mann mit einem Weib im Gottesgericht gekämpft, der Mann nach altem Recht mit dem halben Leib in einer Grube, das Weib mit ihrem Schlüffelbund bewaffnet; der Mann fei erschlagen. Und wieder, daß die reitenden Boten des Rates ausgeritten waren nach großen Nachbarstädten, um dort Kunde einzuziehen, ob man etwas Neues aus Frankreich wisse. War ein Fehdebrief am Stadtthore abgegeben, dann war die Aufregung groß; wer einen Verwandten auf der Landstraße hatte, der wurde Mittelpunkt eines Kreifes von Teilnehmenden und Neugierigen, ob der Reisende durch den Rat gewarnt sei und ob er gutes Geleit zu erhalten hoffe. Diese große Börse für Neuigkeiten verbreitete auch kleinen Familienklatsch, der in der abgeschlossenen Stadt die größte Bedeutung hatte, daß der alte Ratsherr vou neuem heiraten werde,

3. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 545

1894 - Gera : Hofmann
Iii. Deutsches Leben zur Zeit der frönt u. stauf. Kaiser. 7. Eine deutsche Stadt. 545 Mann, so erhält er das einfache Trinken, d. i. ein Maß oder zwei Seidel Wein, aber der Ritter, Gelehrte, Prälat, auch die fremde Priorin und Ordensschwester den gewöhnlichen Satz von zwei Trinken, ein Graf in der Regel vier. Kommt aber gar ein geistlicher oder weltlicher Fürst zu mehrtägigem Aufenthalt, dann ist es nicht mit dem Weine abgethan, ihm gebühret auch Hafer für feine Rosse, eine Spende an Fischen und Küchenspeife, Gewürz und vielleicht eine Handwerksarbeit, um welche die Stadt berühmt ist. Erwies gar der Kaiser der Stadt die Ehre, oder hatte sie die Gunst eines großen Herrn zu suchen, dann wurden die Geschenke massenhaft. Der Kaiser erhielt ein Prachtstück der Goldschmiedekunst, einen Becher oder eine Schüssel, gefüllt mit Goldstücken, die Kaiserein ein kleineres Geldgeschenk, außerdem Stücke kostbaren Zeuges, beide viele große irdene Krüge mit Wein; die Königskinder ebenfalls Becher und Stücke Zeug, ihre Amme, die Kammerfrauen, die Hoffrauen, das ganze Gefolge je nach ihren Würden große oder kleine Becher oder Stoffe und immer Wein. Auch wenn angesehene Nachbarn in ihren Höfen irgend ein Familienfest feierten, wenn ein junger Edler zum Ritter geschlagen wurde oder ein Grafenkind heiratete, wurde dies der Stadt angezeigt in Erwartung eines Geschenkes, und der Rat sandte eine Summe Geld oder silbernes Gerät, um feine Achtung zu erweisen. In der Form von Geschenken wurden auch viele Dienste bezahlt, die der Stadt geleistet waren von Fremden und Einheimischen. Wer eine gute Neuigkeit brachte, erhielt fein Botenbrot in Geld und Wein, sogar wer auf häufigen Reifen in der Umgegend Neues zu erfahren pflegte, dem wurde gelohnt, wenn er vor dem Rat feinen Sack aufthat, er empfing ein Trinken oder Badegeld zur Erfrischung. Diese Geschenke waren der Stadtkaffe die größte Last, sie ruinierten mehr als einmal die Finanzen, und gerade sie wurden von den Geschlechtern zu ihrem eigenen Vorteil unmäßig verwandt und machten die Bürgerschaft aufsässig. Wer vom Lande in die Stadt kam, der fand unter den fleißigen Bürgern auch allerlei Lust. In manchen Herbergen war Essen und Trinken rühmlich. Dann waren leider die Frauenhäuser, unter strenger Aufsicht des Rates, welche zuweilen zu einer gemütlichen Vorsorge wurde und fast wie Wohlwollen aussah. Dann waren zahlreiche Badestuben, den Bürgern weit wichtiger als jetzt, mit einfacher Einrichtung, sonst ähnlich den modernen irischen Bädern. Aber sie standen nicht immer in gutem Ruf. Es gab ohne Zweifel ehrbare, wo nur die entkleideten Badergesellen den Dienst versahen, aber es werden auch andere gerühmt, wo hübsche Jungfräulein den Ankommenden badeten und strichen. Trat er ans dem Bade, so kam ein freundlicher Barbier und rasierte, dann legte sich der Gast auf ein Ruhebett, und wieder trat ein hübsches Fräulein ein und kämmte und kräuselte ihm die Haare. Auf der Straße aber zogen sich durch das Gedränge der Bürger und Landleute auch fremde Gesellen, welche mit Kaufmannsgut nicht nach Stadtbrauch, sondern nach Waldesrecht handelten. Ein Ritter aus der Nähe, gefolgt von feinem Knechte, sah spöttisch auf die Bürger, deren Gesichter sich bei seinem Anblick finster zusammenzogen. Er war ein berüchtigter Fehder, mehr als einmal hatte er der Stadt abgesagt, hatte Bürger gefangen und in feinen Turm gelegt, Bauern der Stadt erschlagen und verstümmelt, er Bilder a.b. Gesch. d. deutschen Volkes. Zz

4. Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern - S. 38

1899 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
38 Iii. Die Zeit der Lehensherrschast. und dergleichen. Durch die Kreuzfahrer kam auch der Buchweizen zu uns, und die Deutschen lernten durch sie die Bereitung der Arzneien besser kennen. Die Kreuzzüge haben uns auch Pauke und Trommel, Guitarre und Laute als Musikinstrumente ins Land gebracht. 3. Zum Schutze des heiligen Grabes und zur Ausbreitung des Christentums thaten sich damals fromme Ritter zu Ritterorden zusammen. Solcher Orden waren es drei: die Johanniter, die Tempelherren und die Deutschherren. Die Ordensritter vereinigten Mönchtum und Rittertum in einer Person. Für Deutschland wirkte besonders der Deutschherrenorden sehr segensreich. Er schickte ein Heer gegen Osten, um die Preußen zu bekehren und zu unterwerfen. An der Weichsel legten die Ordensritter feste Burgen und Plätze an, aus denen später die Städte Thorn, Marienberg, Marienwerder u. a. entstanden sind. In den erbitterten Kriegen wurde jedoch die altpreußische Bevölkerung fast gänzlich aufgerieben, so daß ihr Land durch Kolonisten aus dem Westen Deutschlands neu besiedelt werden mußte. Nun wohnten Deutsche bis an die Ufer der Memel. Deutsche Sprache, deutsche Sitte und Art breitete sich durch sie in dem fremden Lande aus. Preußen blieb dreihundert Jahre laug unter der Herrschaft des deutschen Ritterordens und hieß Ordensland Preußen. 37> Die fahrenden Leute. 1. Seit uralten Zeiten wanderten die Sänger als Träger von Neuigkeiten und Verbreiter der alten Heldenlieder von Hos zu Hos, um am Herdfeuer beim Klange der Harfe von Göttern und Helden zu singen und zu sagen. Dann war mit den Römern allerlei fremdes Volk aus dem Süden und dem fernen Asten als Gaukler und Händler, Wahrsager und Kurpfuscher ins Land gezogen. Später gesellten sich Mönche und Schüler und noch später Zigeuner und Soldaten zu ihnen und zogen wie jene bettelnd und stehlend als fahrendes Volk von Ort zu Ort. 2. Wo eine größere Menschenmenge, wie z. B. bei Kirchweihfesten und auf Jahrmärkten, versammelt war, da fehlten auch die Fahrenden nicht. Als wandernde Arzte schlugen sie ihre Buden auf und erteilten Rat und Hilfe dem, der sie suchte. Auf dem Kirchhofe führten sie Schauspiele auf; dabei mußte der.teufel tanzen, Feuer speien und mit dem Schweife wedeln; zum Schluffe erhielt er eine tüchtige Tracht Prügel. Über den Marktplatz wurde ein Seil gespannt, und der Gaukler marschierte in bunter Kleidung darüber. Andere zogen durch die Straßen mit Fiedel und Dudelsack, sangen Lieder vom Wandern und Lieben und erzählten Märchen von alten Helden und fremden Ländern. Die Weiber schlichen unterdessen in die Häuser, bettelten, offenbarten thörichten Menschen die Zukunft und trieben geheime Künste. Mönche, Schüler und Soldaten ließen sich gewöhnlich längere Zeit im Hause nieder, erzählten von ihren Fahrten und den Geschichten, die sie dabei gehört und erlebt hatten.

5. Im späten Mittelalter - S. 99

1913 - Ansbach : Seybold
Gebende Bilder. 99 versagt. Kurz darauf schreiten zwei Beamte des Rats würdig die Ratstreppe herab durch die Menge, von Dienern gefolgt, welche den willkommen tragen, die weinspende, womit die Stadt den fremden begrüßt. 3az diese Gastspenden! Sie sind von der Urväterzeit schönes Zeichen eines freundlichen Herzens und achtungsvoller Gesinnung, aber der Stadt wird das Herz zuweilen schwer bei dem Betrage dieser endlosen Geschenke. Denn jedem vornehmen und ehrbaren Fremden wird geschenkt, jedem, der irgendwie zum Vorteil der Stadt ihre Mauern betritt, und der Vornehmste wie der kleine Bote der Nachbarschaft rechnen sehr genau, ob sich die Stadt mit Schenken auch ehrlich gegen sie gehalten. )st der Fremde ein kleiner Mann, so erhält er das einfache Trinken, d. i. ein Maß oder Zwei Seidel wein, aber der Ritter, Gelehrte, Prälat, auch die fremde Priorin und Ordensschwester den gewöhnlichen Satz von zwei Trinken, ein Gras in der Hegel vier. Kommt aber gar ein geistlicher oder weltlicher Fürst zu mehrtägigem Aufenthalt, dartrt ist es nicht mit dem Weine abgetan, ihm gebührt auch Hafer für seine Hoffe, eine Spende an Fischen und Küchenspeise, Gewürz und vielleicht eine Handwerksarbeit, um welche die Stadt berühmt ist. Erwies gar der Kaiser der Stadt die Ehre oder hatte sie die Gunst eines großen Herrn zu suchen, dann wurden die Geschenke massenhaft. Der Kaiser erhielt ein Prachtstück der Goldschmiedekunst, einen Becher oder eine Schüssel, gefüllt mit Goldstücken, die Kaiserin ein kleineres Geldgeschenk, außerdem Stücke kostbaren Zeuges, beide viele große irdene Krüge mit wein; die Königskinder ebenfalls Becher und Stücke Zeug, ihre Amme, die Kammerfrauen, die Hoffrauen, das ganze Gefolge je nach ihren würden große und kleine Becher oder Stoffe und immer wein. Auch wenn angesehene Nachbarn in ihren Höfen irgend ein Familienfest, wenn ein junger Emer zum Hitter geschlagen wurde oder ein Grafenkind heiratete, wurde dies der Stadt angezeigt in Erwartung eines Geschenkes und der Hat sandte eine Summe Geld oder silbernes Gerät, um seine Achtung zu erweisen. )n der Form von Geschenken wurden auch viele Dienste bezahlt, die der Stadt geleistet waren von Fremden und Einheimischen, wer eine gute Neuigkeit brachte, erhielt sein Botenbrot in Geld und wein, sogar wer auf häufigen Heisen in der Umgegend Neues zu erfahren pflegte, dem wurde gelohnt, wenn er vor dem Hat seinen Sack auftat, er empfing ein Trinken oder Badegeld zur Erfrischung. Diese Geschenke waren der Stadtkasse die größte £ast, sie ruinierten mehr als einmal die Finanzen und gerade sie wurden von den Geschlechtern zu ihrem eigenen Vorteil unmäßig verwandt und machten die Bürgerschaft aufsässig.

6. Die Wiedertäufer in Münster - S. 54

1892 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 54 — sch'öflichen Söldnerscharen hatten sich durch allmählichen Zuzug so verstärkt, daß sie jetzt die Stadt von allen Seiten einschließen konnten, so daß keine Zufuhr mehr hereingelassen wurde; die Folge davon war, daß die Belagerten anfangen mußten, sparsam mit den Lebensmitteln umzugehen, damit nicht eine Hungersnot ansbreche. Da trat ein von Jan van Leyden gedungener Prophet auf und verkündigte, Gott habe befohlen, daß alle diejenigen, welche sich noch ferner weigerten, die Taufe anzunehmen, aus der Stadt auswandern sollten mit Zurücklassung aller ihrer Habe, um Platz zu machen für die Kinder Gottes, die Besitz nehmen sollten von ihren Häusern und von ihren Gütern. Der Rat versuchte noch einmal, Widerstand zu leisten; da aber stürmten die Schwärmer unter Führung Bockholds und Knipperdollings ans das ' Rathaus, vertrieben die Ratsherren von ihren Sitzen und wählten einen neuen Rat aus ihrer Mitte; zum Bürgermeister aber wurde Knipperdolliug eingesetzt. Er gab alsbald den Befehl, daß alle Ungetauften schon am folgenden Tage die Stadt verlassen sollten, denn die Zeit sei gekommen, wo Münster gereinigt werden solle von den Ungläubigen. Dieser grausame, unmenschliche Beschluß wurde wirklich am folgenden Tage ausgeführt. Freilich erklärten viele, nun es zum Äußersten kam, die Taufe annehmen zu wollen, um sich durch den Abfall von ihrem Glauben Schonung zu erkaufen; die meisten aber wählten lieber die Verbannung, als daß sie untreu wurden. Es war ein kalter, unfreundlicher Wintertag, vom Himmel fiel der Schnee in dichten Flocken, trotzdem aber herrschte in den Straßen der unglücklichen Stadt schon in früher Morgenstunde ein reges Leben. Aus ihren Häuftrn traten die zur unfreiwilligen Auswanderung Verurteilten, Männer und Weiber, Greise und Kinder. Da gab es viel Klagens und Weinens in den Häusern und auf den Straßen. Die Unglücklichen sollten scheiden von der Heimat, die ihnen ans Herz gewachsen war, sie sollten ihre Häuser, ihre Güter einem grausamen, hohnlachenden

7. Im späten Mittelalter - S. 102

1913 - Ansbach : Seybold
102 Schutze der Mauern. gierigen, ob der Reisende durch den Rat gewarnt sei, ob er qute^ Geleit zu erhalten hoffe. , P^fc 3rol5c Börse für Neuigkeiten verbreitete auch kleinen Familienklatsch, der in der abgeschlossenen Stadt die größte Be-deutung hatte, daß der alte Ratsherr Muffel von neuern heiraten werde, daß die Stromer und die Nützel sich wegen ihres gleichen Wappens auf der (Sefellenftube heftig gezankt hätten. Auch das Regiment d^r Stadt war in diesen Stunden Gegenstand einer Beurteilung, die nicht immer wohlgeneigt blieb, und in unzufriedener Zeit wurde in den Haufen Empörung gemurmelt, die in den Schenken und Zunftstuben ausbrach und langgetragenem Leid und verstecktem Hajz blutige Sühne verschaffte. Jpar einmal etwas Merkwürdiges zu beschauen, dann kam c>ie Stadt in helle Bewegung, fremde und kunstfertige Tiere wurden gern bewundert. Man lief in den Garten der Prediger-mönche, wo ein Schwein mit Stacheln gezeigt wurde, damit man an ihm Gottes wunderbare Schöpfung schauen könnte. (Ein fahrender Klerikus wies an der Marktecke einen Kasten mit Schlangen, die er angeblich in der Ztähe gefangen hatte, sie gehorchten seinem Befehle, tanzten und hüpften. Und wieder war ein Mann zum Markte gekommen, dem der Rat erlaubt hatte, kleine Vögel zu zeigen, welche lachen konnten, wenn ihr Herr sprach: „Komm Heinrich und lache!" so trat eins dieser vöglein vor, neigte den Kopf zur Er de, erhob ihn wieder und lachte herzlich. Sprach dann der Meister: „Lache doch weiter!" so sprach das vöglein: „Ich tu's nicht!“ vor solchem Wunder vergaßen der reisige Stadtfeind, der Bürger und der Mönch ihren Groll und sahen vergnügt und erstaunt einer den andern an. — Auch ungeheure Tiere aus fremden Ländern waren nicht unerhört1). Die Großeltern erzählten, daß sie in ihrer fugend den Hohenstaufen Kaiser Friedrich Ii. gesehen hatten, wie er — es war im Jahre \235 — mit einer Menge von Kamelen in die Stadt einzog. Der Herr hatte diese Tiere der Morgen-länder — in Italien sogar einen Elefanten — als königlichen Schmuck gepflegt; ach er selbst war den Enkeln bereits zum Märchen-bild geworden, zu einem abenteuerlichen König aus dem Morgen-lande ! Und Rudolf von Habsburg hatte als König dieses Beispiel feines vornehmen Gönners nicht vergessen, auch ihm mußte ein Kamel Gepäck durch fein Heimatland tragen, es war erst dreijährig, aber ungeheuer groß; denn seit ältester Zeit galten die Kamele für einen Hofschmuck vornehmer Herren.... — Bis die Sonne sank, spielten die Kinder vor den Straßentüren und auf den Kirch- i) 5. 156. *

8. Hauptbd. - S. 44

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
2. Das heilige Land glich nun einer europäischen Niederlassung; es siedelte über, wer sein Glück zu machen hoffte, und frommer Sinn wie Lust zu Abenteuern zog manchen Fürsten und Ritter einzeln oder in größerer Begleitung zu einer Fahrt ins gelobte Land. So entstand ein reger Verkehr zwischen dem reichen, kunstfertigen Morgenlande und dem ihm noch weit nachstehenden Abendlande. Köstliche Gewebe, seidene Stoffe, feine Waffen, edle Gewürze und dergleichen bot der Orient. Auch der Buchweizen ist durch die Kreuzfahrer zu uns gekommen. Bald war es Sitte, daß der Ritter seine glänzende Kleiderpracht aus jenen Ländern bezog. Der christliche Ritter lernte die Tapferkeit und Gastfreiheit, oft auch den Edelmut des Sarazenen ehren; er lebte wohl, war er flüchtig oder verbannt, am prächtigen Hofe eines muhamedanischen Fürsten, und so bildete sich das echt ritterliche Verhältnis gegenseitiger Achtung; ja, der stolze Christ begann zu prüfen, worin er dem Heiden vor- und nachstand. Besonders war es Italien, das zuerst an Reichtum und Glanz des Lebens sowie an geistiger Bildung durch den Verkehr mit den Sarazenen gewann; ihm folgten die süddeutschen Städte, die durch den Handel groß und reich wurden. Die Kenntnis der Mathematik und Arzneikunde verdanken wir dem Morgenlande. Seit jener Zeit ist die Bereitung der Arznei mehr bei uns in Brauch gekommen. 35* Die fahrenden Ken1e> 1. Seit uralten Zeiten hatte jeder deutsche Stamm seine wandernden Sänger, die als Träger von Neuigkeiten und Verbreiter der alten Heldenlieder von Hof zu Hof zogen, um am Herbfeuer beim Klang der Harfe von Göttern und Helden zu singen und zu sagen. Mit den Römern war dann allerlei fremdes Volk aus dem Süden und dem fernen Asien als Gaukler und Händler, Wahrsager und Kurpfuscher ins Land gezogen. Später gesellten sich Mönche und Schüler, Zigeuner und Soldaten zu ihnen und zogen wie sie bettelnd und stehlend als fahrendes Volk von Ort zu Ort. -2. Wo eine größere Menschenmenge, wie z. B. bei Kirchweihfesten und auf Jahrmärkten, versammelt war, da fehlten auch die Fahrenden nicht. Als wandernde Ärzte schlugen sie ihre Buden auf und erteilten Rat und Hilfe dem, der sie suchte. Auf dem Kirchhof führten sie Schauspiele auf; dabei mußte der Teufel tanzen, Feuer speien und mit dem Schweife wedeln. Zum Schluß erhielt er eine tüchtige Tracht Prügel. Über den Marktplatz wurde ein Seil gespannt, und der Gaukler marschierte in bunter Kleidung darüber. Andere zogen durch die Straßen mit Fidel und Dudelsack, sangen Lieder vom Wandern und Lieben, erzählten Märchen von alten Helden und fremden Ländern. Die Weiber schlichen unterdessen in die Häuser, bettelten, offenbarten thörichten Menschen die Zukunft und trieben geheime Künste. Mönche und Schüler aber und Soldaten ließen sich länger im Hause nieder, er-

9. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 204

1882 - Kiel : Homann
204 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. Ordnungen waren im ganzen Reiche Muster geworden, nach denen Fürsten und Städte ihr neues Leben einrichteten. Der Hauptmarkt war am Sonntage Lieblingsaufenthalt der Männer. Dort standen nach der Predigt Bürger und Gesellen in ihrem Feststaate, plaudernd, Neuigkeiten austauschend, Geschäfte beredend. In allen Handels- städten hatten die Kaufleute besondere Räume zu ihrem „Konvent", den man schon damals die Börse nannte. Auf dem Ratsturme durfte über der Uhr auch der Gang nicht fehlen, von dem der Türmer seine Rund- schau über die Stadt hielt, wo die Stadtpfeifer mit Posaunen und Zinken bliesen. Die Stadtgemeinde unterhielt für die Bürger Bier- und Weinkeller, worin die Preise des ausgeschenkten Trankes sorglich bestimmt wurden, für die Vornehmen besondere Trinkstuben zu anmutiger Unterhaltung. In den alten Reicksstädten hatten die Partrizier wie die Zünfte häufig ihre be- sonderen Klubhäuser oder Stuben, und der Luxus solcher Geselligkeiten war damals verhältnismäßig größer als jetzt. Auch die Gasthäuser waren zahlreich, sie werden in Leipzig als schön und herrlich eingerichtet gerühmt. Selbst die Apotheken standen unter Aufsicht, hatten besondere Ordnungen und Preise, verkauften noch viele Spezereien, Delikatessen und was sonst dem Gaumen behagte. Mehr Bedürfnis als jetzt waren die Badestuben. Auch auf dem Lande fehlte selten dem Bauernhof ein kleines Badehaus, eine Badestube war in jedem größeren Hause der Stadt. Die ärmeren Bürger gingen zu den Badern, welche auch einigen Chirurgendienst ver- richteten. Außerdem aber unterhielten die Städte auch große öffentliche Bäder, in denen umsonst, oder gegen geringe Bezahlung mit allen Bequemlich- keiten gebadet wurde. Dieser uralte deutsche Brauch ging durch den Krieg fast verloren; noch jetzt ist er nicht in dem alten Umfange wieder- gefunden. In den ansehnlichen Städten waren die Häuser der inneren Stadt um das Jahr 1618 in großer Mehrzahl aus Stein, bis drei und mehr Stock hoch, mit Ziegeln gedeckt. Die Räume des Hauses werden oft als sauber, zierlich und ansehnlich gerühmt, die Wände oft mit gewirkten und gestickten Teppichen, sogar von Sammet, und mit schönem, kostbarem Täfel- werk, auch anderem Zierat geschmückt, nicht nur in den alten großen Handelsstädten, auch in solchen, die in jüngerer Kraft aufblühten. Zierlich und sorgfältig gesammelt war auch der Hausrat. Noch war das Porzellan nicht erfunden, reichliches Silbergeschirr fand sich nur an großen Fürsten- höfen und in wenigen der reichsten Kaufmannsfamilien. An dem einzelnen Stück von edlem Metall erfreute noch mehr die kunstvolle Arbeit des Goldschmieds als die Masse. Die Stelle des Silbers und des Porzellans aber vertrat bei dem wohlhabenden Bürger das Zinn. In großer Menge, hellglänzend aufgestellt, war es der Stolz der Hausfrauen, daneben feine Gläser und Thongefäße aus der Fremde, oft bemalt, mit frommer oder schalkhafter Umschrift versehen. Dagegen waren Kleider und L-chmuck auch der Männer weit bunter und kostbarer als jetzt. Noch war darin der Sinn des Mittelalters lebendig, eine Richtung des Gemüts, der unsern

10. Bd. 1 - S. 131

1885 - Leipzig : Brandstetter
131 aber folgte mit den Dienerinnen dem Wagen bis zum Gebüsch der Athene. Dort blieb er zurück und betete zu seiner Schutzgöttin. Athene erhörte ihn; in der Gestalt eines Mädchens, das zum Wafserschöpfen geht, gesellte sie sich zu ihm, führte ihn in die Stadt, erzählte ihm unterwegs von den Phäaken, die Köcher und Bogen nicht liebten und nicht kriegerisch gesinnt waren, deren Lieb- lingsbeschäftigung vielmehr war, auf der See zu rudern. Dann gab sie ihm noch denselben Rat, den Odysseus bereits von Rau- sikaa empfangen hatte, sich zunächst mit seiner Bitte an die Königin zu wenden, und verschwand. Staunend stand Odysseus vor dem herrlichen Palaste und wagte kaum einzutreten. Mit Erz bekleidet waren Schwellen und Wände, eine goldene Pforte verschloß inwendig die Wohnung, zu beiden Seiten standen aus Silber und Gold gebildete Hunde. Rings um die Wand der Halle reihten sich prächtige Sessel, von schön ge- wirkten Teppichen bedeckt; aus Gold gebildete Jünglingsgestalten hielten mit erhobenen Armen Fackeln empor und leuchteten den Gästen zum nächtlichen Mahle. Fünfzig dienende Frauen waren im Palaste und webten köstliche Gewänder, denn wie die Männer der Phäaken berühmt waren in der Kunst, die Meerschiffe zu lenken, so zeichneten die Weiber im kunstreichen Weben sich aus. Um den Palast breiteten sich fruchtbare Obstgärten, Wein- und Blumen- pslanzungen aus, die von klaren Bächen bewässert wurden. Als Odysseus endlich in den Saal eintrat, fand er die vor- nehmsten der Phäaken beim prächtigen Mahle versammelt. Schnell ging er auf die Königin los, fiel ihr zu Füßen und sprach: „Hohe Königin! Flehend liege ich vor dir und deinem Gemahl! Mögen die Götter euch Heil und Leben schenken, wie ihr mir, dem Ver- irrten, Heimkehr in die Heimat bereitet! Denn lange schon irre ich fern von den Meinen auf den Wogen des Meeres und an fremden Gestaden umher." Darnach setzte sich Odysseus als Schutz- flehender an den Herd in die Asche nieder. Die Phäaken waren erstaunt und schwiegen. Endlich sprach der älteste und weiseste unter ihnen: „Einen Fremdling soll man nicht lange am Herde sitzen lassen. Darum rate ich dir, o König, ihn zum Sessel zu führen, daß er sich neben uns setze, denn vor- nehm scheint er zu sein. Laß auch die Knaben die Becher wieder füllen, daß wir Zeus, der die Fremdlinge beschützt, ein Opfer bringen, dem Gaste aber laß außerdem Speise reichen." Der König that, wie ihm der Alte geraten, und reichlich ward Odysseus mit Speise und Trank gedienet. Da es aber schon spät am Abend geworden war, entließ der König die Phäaken, und nur er und sein Weib unterhielten sich noch eine Weile mit Odyffeus. Da frug die Königin, die schon längst das Gewand des Odyffeus, 9*

11. Bilder aus der deutsch-preussischen Geschichte für ein- bis dreiklassige Volksschulen - S. 58

1892 - Osterburg : Danehl
58 Bilder aus der älteren deutschen Geschichte. so findet man Namen, wie Wollweber-, Gerber-, Bäckerstraße u. s. w. Die Innungen haben auch für die sittliche Hebung des Handwerks eine große Bedeutung gehabt, denn alle Mitglieder waren heilig verpflichtet, ein züchtiges und ehrbares Leben zu führen. Leben in der Stadt. Nahte der Morgen, so ertönte die Glocke vom Turme. Nun zog der Ackerbürger durch die Straßen der Stadt und begann seine Feldarbeit; der Handwerker trat in seine Werkstatt, alles nahm die gewohnte Thätigkeit wieder auf. Ehe man die Turmuhren kannte, zeigte man die einzelnen Stunden des Tages durch den Klang der großen Glocke an. Nahete der Mittag, so läutete wiederum die Glocke, und dieselbe rief auch den Bürger zur Feierabendsruhe. Nach der Tagesarbeit versammelten sich die Bürger in den Wirtshausstuben, um sich über die Neuigkeiten des Tages zu unterhalten. Wenn aber die Dunkelheit anbrach, dann wurde es auf der Straße still; die Rathausglocke ertönte und rief alle in die Häuser zurück. Nach dem zweiten Läuten durfte sich niemand mehr auf der Straße blicken lassen, sonst wurde er auf die Wache geführt. Während der Nacht war es in den Städten stockdunkel, denn Straßenlaternen gab es um diese Zeit noch nicht. Mit Sonnenaufgang wurde es in den Straßen wieder lebendig, und jeder kehrte mit neuer Kraft an sein Werk zurück. 8. Erfindungen zur Zeit des Mittelalters. Schietzpulver. Das Schießpulver kannte man in Deutschland schon im 12. Jahrhundert. Man wandte es an zum Sprengen des Gesteins, dann aber zu Feuerwerk und verschiedenen anderen Spielereien. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts hatte man die Kraft des Pulvers kennen gelernt, durch welche es große Geschosse fortzuschleudern vermag. Das Verdienst, diese Kraft des Pulvers entdeckt zu haben, wird Berthold Schwarz, einem Mönch in Freiburg, zugeschrieben und wird derselbe auch darum für gewöhnlich als der Erfinder des Schießpulvers bezeichnet. — Anfangs wurden nur große Kanonen mit Schießpulver geladen. Diese Geschütze waren sehr groß und nur sehr schwer fortzubewegen. (Die faule Grete.) Man schleuderte aus diesen gewaltigen Donnerbüchsen große Steine, eiserne Kugeln gegen die Mauern der Städte und Burgen, welche erobert werden sollten. — In späterer Zeit kamen die Gewehre auf, diese waren auch in ihren ersten Formen so schwer und unhandlich, daß sie beim Gebrauch auf eine Gabel gelegt werden mußten, aber allmählich traten Verbesserungen ein, durch welche das Kriegswesen mehr und mehr umgestaltet wurde.—Auf diese Weise konnte nun auch der Feigste aus der Ferne den tapferen Mann niederstrecken; mehr und mehr nahm daher die Schlacht den Charakter eines Kampfes aus der Ferne an. Nun nützte dem Ritter

12. Einjährig, enthaltend 36 Geschichtsbilder nebst kulturgeschichtlichen Zusätzen - S. 23

1868 - Berlin : Nicolai
23 über die Deutschen gewinnen. Der Nachfolger des Augustus rief das römische Heer zurück, indem er sagte: Sicherer als durch fremde Waffen wird die Kraft der Deut- schen durch eigene Zwietracht gebrochen. Hermann, der Befreier Deutschlands, wurde von seinen ' Landsleuten aus Neid erschlagen, nachdem sein Weib, die edle Thusnelda, von ihrem eigenen Vater in die römische Ge- fangenschaft überliefert worden war. I. Die alten Deutschen waren Heiden, die die Sonne, den Mond und das Feuer anbeteten als die Wohlthäter der Menschen. Außerdem hatten sie noch viele Götter, ihr oberster Gott war Wodan oder Allfador (Aller Vater), welcher im Himmel regiert. Tempel bauten sie den Göttern nicht, weil die zu klein seien. Unter dem Himmelszelt in heiligen Wäldern beteten sie zu ihren Göttern. Das alte Deutschland war fast durchweg mit ungeheuren Wäldern be- deckt, in denen wilde Thiere haus'ten. Städte und Dörfer gab es nicht, denn jeder Deutsche wohnte einzeln. Ein deutscher Mann war groß, hatte starke Glieder, weiße Haut, blon- des goldgelbes Haar und blaue Augen. Seine Kleidung bestand aus einem enganliegenden Kleid aus grober Leinwand und einem Ueberwurf ohne Aermel, der meist aus Thierfellen gefertigt war. Oft trugen sie als Kopfbedeckung das hohle Haupt eines wilden Thieres, was ihnen ein schreck- liches Aussehen gab. Speise und Trank waren einfach, Wurzeln, Fleisch und Fische. Hafer- brei und Pferdefleisch waren Lieblingsgerichte und Bier aus Gerste sowie Meth aus Honig Lieblingsgetränke. Sich zu berauschen war nicht schimpflich. Am liebsten beschäftigten sich die alten Deutschen mit Krieg und Jagd. Wenn sie zu Hanse waren, lagen sie auf dev Bärenhaut, tranken und würfelten. Den Ackerbau und die häuslichen Geschäfte verrichteten die Frauen und Knechte. Gastfreundschaft galt bei ihnen als hohe Tugend. Außerdem liebten sie die Freiheit und waren treu und wahrheitsliebend. „Ein Mann, ein Mann, ein Wort, ein Wort." Das Volk war in viele Stämme getheilt, und diese waren selten mit einander einig. Die meisten Kriege führten die Deutschen mit ihren Stamm- genossen. Wegen dieser Uneinigkeit war es auch den Römern gelungen, den südlichen und westlichen Theil Deutschlands zu erobern, und zwar hatten dabei einzelne deutsche Stämme selber geholfen. 8. 4. Constantin. 333 n. Ch. 1. Als Constantin zur Regierung kam, herrschten im römischen Reiche im Ganzen sechs Kaiser. Constantin war d'er jüngste unter ihnen, aber er besaß die größte Schlauheit. Er beseitigte einen Mitkaiser nach dem andern, bis er zuletzt Alleinherrscher wurde.

13. Aus der deutschen Geschichte vom Beginne des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart - S. 72

1912 - Langensalza : Beltz
— 72 — Da brachte ein Freund unsers Hauses, anfänglich zwar nur als unverbürgtes Gerücht, die sich bald bestätigende Nachricht von dem schauerlichen Brande Moskaus. Ein Brief, der aus Kurland den Weg zu uns gefunden, erzählte von der Siegeszuversicht, die infolge lenes Brandes ganz Rußland belebe und alle Stände zu jedem Opfer begeistere. ' So durfte man denn wieder hoffen, und diese Hoffnung schien sich denn auch bald in allerlei Gerüchten zu verwirklichen, die sich mit Eintritt des Winters häuften und rasch von Mund zu Mund flogen. Bald wußte man viel zu sagen von ernstlichen Verlegenheiten der großen Armee, _ von Hunger, Frost und Blöße, von schrecklicher Bedrängnis unglücklichen Gefechten, Rückzug und Flucht. Immer lauter und kecker wurden die Gerüchte, obschon die amtlichen Berichte noch längere Zeit zu täuschen suchten. Gewisses war nicht zu erfahren, und die Spannung steigerte sich ins Angeheure. „Was gibt es Neues?" — das war die gangbare Rede, mit der man damals jedermann begrüßte. „Was gibt's Neues, Blanke?" so pflegte mein Vater auch seinen Stiefelputzer anzureden, einen alten, verdrossenen Mann, der, wenn es ihm überhaupt zu antworten beliebte, sich wohl herbeiließ, etwas von den Neuigkeiten mitzuteilen, die er auf feinen Gängen ^ in die Stadt erfuhr. Nun mochte es etwa gegen die Weihnachtszeit sein, als sich der Alte auf obige Frage hinter den Ohren kratzte und gleichgültig erwiderte, er wisse nichts, außer etwa nur daß der Napoleon in der Nacht einpassiert sei. „Wer sagt das?" rief mein Vater, indem er aufsprang und den alten Brummbär bei den Schultern packte. „Nu, nu!" erwiderte der, „wer soll's denn sagen? Die Leute sprechend." Der Vater ließ alles stehen und liegen, eilte in die Stadt und kam bald mit der Bestätigung der großen Neuigkeit zurück. Napoleon war wirklich angekommen, unangemeldet, allein und ohne Alte oder Junge Garde. Ganz überraschend war er halb erfroren bei seinem Gesandten vorgefahren, hatte diesen aus den Federn geschreckt, sich in sein warmes Bett gelegt und war vor Tagesanbruch schon wieder abgereist. Der Hiobspost von dem Untergänge der Armee vorauseilend, hatte er Norddeutschland wie ein Blitz durchzuckt um in ein Dresdner Bett zu schlagen; dann zuckte er weiter bis Paris. Der alte Blanke bekam für seine Nachricht einen Taler, und die zahlreich vorsprechenden Freunde tranken vom besten Rheinwein, den wir im Keller hatten. So freudige Gesichter hatte man lange nicht gesehen; denn wenn Napoleon als sein eigener Kurier die Armee verlassen hatte, so mußte ihm das Wasser reichlich an die Kehle gehen. Nun folgte eine Neuigkeit der andern; die früheren Gerüchte bestätigten sich und wurden von der Wahrheit noch überboten. Wir hörten jetzt auch amtlich von dem grauenhaftesten aller Rückzüge, ja von der völligen Vernichtung der unüberwindlichen Armee. General York ging zu den Russen über; russische Heere drangen unaufhaltsam vor. Das niedergetretene Preußen erhob sich mit jugendlicher Kraft, und immer näher rückte auch uns die langersehnte Befreiung. Wilhelm von Angelgen, Iugenderinnerungen eine? alten Mannes.

14. Bilder aus der Kulturgeschichte unseres sächsischen Vaterlandes - S. 20

1913 - Leipzig : Dieterich
und zum Unterhalte der Straßen die Gleite zu bezahlen. Johann Georg Ii. (1656—80) setzte 1671 fest, daß die Gleite von jedem Pferde, wenn Güter, 2 Groschen, wenn Personen geladen oder die Wagen leer waren, 1 Groschen zu entrichten seien. Später wurde sie nach Taxen erhoben, die in der „Gleitsrolle" jeder Station (Gleitsstätte) verzeichnet waren. Jeder Reiter oder Fuhrmann hatte sich auf der „ordentlichen" Straße zu halten, sich bei der Gleitsstätte zu melden und die Gleite in jedem Amte aufs neue zu erlegen. Fußgänger, „die nichts bei sich führten", hatten außer dem etwa eingeführten Brücken- oder Fährgeld nichts abzugeben. Nur die Juden, die über 10 Jahre alt waren, bildeten eine Ausnahme. Reisten sie zu Fuß, so zahlten sie 6, zu Pferde aber 8 Groschen. Zoll- und gleitsfrei waren alle deutschen Reichsfürsten, fremde Gesandte, der Adel und die Rittergutsbesitzer, die Geistlichen, die im Aufträge der Regierung reisenden Beamten, die Bergbauenden betreffs ihrer Bergwerksbedürfnisse und solche Reisende, die die Postkutsche benutzten. Alle Steuereinnahmen flössen in 3 Kassen: in die Ober-steuer-, Generalhaupt- und Generalkriegskasse. Die Obersteuerkasse beanspruchte die Donativgelder, die Landschock-, Pfennig-, Quatember-, Personen-, Trank- und Mahlgroschensteuer und den Stempelimpost; sie zog auch die Steuerbeiträge der Stifter Merseburg und Naumburg und das Kontingent der Grafen und Herren von Schönburg ein. Dafür bestritt sie die verwiegten Donativ- und Deputatgelder an den Kurfürsten, 1 Million zur Generalkriegskasse für Unterhaltung der Armee, 1100000 Taler zur Tilgung der Landesschulden, gegen 50000 Taler Beitrag zu den Gesandtschaftsspesen, die Auslösungen für die Stände bei Land- und Ausschußtagen und etwaige außerordentliche Ausgaben. Die Kasse war der Aufsicht und Prüfung der Landstände unterworfen. In die Generalhauptkasse flössen die Einnahmen der Land-und der Generalkonsumtions-Akzise, die Zölle und die Gleite, ferner sämtliche Steuern des Fürstentums Quersurt, der Graf-

15. Das Mittelalter - S. 266

1884 - Mainz : Kirchheim
266 Gesellschaftsleben. ist Gesetz in der Schenke, daß kein Fremder einen Trunk bekommt, bevor er das Geld dafür erlegt hat. Beim ersten Läuten mit der Ratsglocke müssen alle Häuser und Schenken geschlossen werden, nach dem letzten Läuten hört man aus den menschenleeren Straßen, die den Abend hindurch das Treiben eines lebenslustigen Geschlechtes zeigten, nur den Schritt der Nachtwächter. Aber die Nachtschwärmer waren doch nicht ganz zu bändigen; trunkene Gesellen zogen trotz allem Verbot umher und fielen an, wen sie trafen, unsichere Leute nächteten in dunkeln Ecken, und es ist eine häufige Klage, daß verwilderte Kleriker mit wildem Toben die nächtliche Ruhe störten. Die Schenken, die Thore, die öffentlichen Plätze waren die große Börse der Weltne ui gkeiten und des Stadtklatsches. Ausgesendete reitende Boten des Rates brachten Kunde aus den Nachbarstädten und der Umgegend, Reisende seltsame Mär aus der Ferne, wie z. B. daß in Bern ein Mann, nach altem Rechte mit dem halben Leibe in der Erde, und ein Weib, mit dem Schlüsselbunde bewaffnet, im Gottesgerichte mit einander gekämpft hätten, und der Mann erschlagen worden wäre. Große Ausregung, Sorge um die Verwandten auf der Landstraße entstand, wenn am Stadtthore ein Fehdebrief eines der Stadt feinblich gesinnten Ritters abgegeben war. In helle Bewegung kam die Stadt, wenn mit Erlaubnis des Rates fremde kunstfertige Tiere gezeigt wurden, lachende Vögel, tanzende Schlangen. Bewundernd umstand Vornehm und Gering die Seltsamkeit; noch lange erzählte man von den Kamelen, welche Kaiser Friedrich Ii., später Rudolf von Habsburg, als Lastträger und Hofschmuck, wie es bei vornehmen Herren schon seit der Merovinger Zeit üblich gewesen, durch's Land geführt hatten; dann reizte wohl ein Mohr, feit den Kreuzzügen öfter im Gefolge von Bischöfen und Fürsten, die Schaulust, ein fahrender Spielmann versammelte Jung und Alt, die jauchzend aus dem Kirchhof den Reigen tanzten. Die Städte des Mittelalters waren erfüllt mit einer Unzahl von Spielleuten, „gehrenden, fahrenden Leuten," die mit Fiedel, Harfe, Pfeife und Zinke, mit Gaukelkünsten, Possenreißen und Bänkelsängerei schon von der Römerzeit her als ein besonderes Völklein ihr Brot verdienten. Da sie keiner ehrbaren privilegierten Genossenschaft angehörten, so waren sie rechtlos und genossen vom Richter keine Genugthuung auch gegen die höchsten Unbilden. Sie trieben es on arg genug und waren eine Plage der bevorrechteten Klaffen, die ihre Künste doch nicht entbehren mochten; sie hingen unter einander sest zusammen, verständigten sich durch eine geheime Zigeunersprache, Rotwelsch, und haben es im Elsaß sogar zu der

16. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 555

1894 - Gera : Hofmann
Ui. Deutsches Leben zur Zeit der fränf. u. [tauf. Kaiser. 8. Haus und Leben. 555 standen hat, dafür sprechen deutliche Zeugnisse: als Labsal bei festlichen Gelegenheiten, bei Hochzeiten und Kindtaufen diente den Frauen Mandelmilch und Mandelmus. Die Männer aber hielten sich an Bier, Met und Wein. Das Mittelalter ist als trinklustiges Zeitalter berühmt. Die schweren Humpen und Zechtische in den alten Ritterburgen, die Kellereien und Speisesäle der Klöster erzählen uns von endlosen Zechgelagen, bei denen die starken Getränke in mächtigen Fluten durch die rauhen Kehlen der Trinker strömten und im Wettkampf gleichsam mit der Manneskraft an den riesigen Kämpen oft lange vergeblich rüttelten. Auch die Bürger verstanden sich auf einen herzhaften Trunk und hatten die volle Kanne gern in nächster Nähe. Vierund Weinmangel war ihnen ebenso, ja noch mehr empfindlich als Brotmangel. Dieser große mittelalterliche Durst hing eng zusammen mit der vorwiegenden Fleischnahrung und ganz besonders damit, daß man das Fleisch übermäßig würzte. Pfeffer war ein sehr bedeutender Handelsartikel. Pfeffer mußten die Kaufleute, welche überseeische Waren einführten, als Zoll entrichten, Pfeffer mußten die Juden ihren Schutzherren steuern; ein Pfund Pfeffer wollte in einer mittelalterlichen Haushaltung nicht weit reichen. Kein Wunder, wenn man viel trank! In jeder Stadt gab es Brauereien in Menge, an vielen Orten hatten die ansässigen Bürger alle die Braugerechtigkeit; die Klöster brauten, auf den Dörfern wurde gebraut, und außerdem wurden noch schwere fremde Biere in Masse eingeführt. Das Brauen selbst, die Zeit, in der es geschehen durfte, der Preis des Bieres, das Biermaß, alles wurde von der Obrigkeit und von der trinkluftigen Bürgerschaft zugleich aufs strengste überwacht. Met, der Honigtrank, an dem sich schon die alten Recken in der nordischen Königshalle berauschten und der jetzt wohl ganz außer Gebrauch gekommen ist, wurde besonders in bienenreichen Gegenden, wie in Schwaben, in Mittelfranken und in den Heiden Norddeutschlands viel gebraut. Der Met behauptete sich immer in einem etwas hohen Preise, er war teurer als Bier und inländischer Wein. Der Metverbrauch blieb immer beschränkter, dem des Bieres und Weines kam er niemals gleich, ja die Metsiederei zog sich nach und nach immer mehr in die Enge, der hohe Preis des Getränkes mag dazu viel beigetragen haben. In hoher Gunst stand der Wein. Nicht allein in den Rhein- und unteren Donaugegenden, überall von den Alpen bis zur Nordsee ward er von Reichen und Armen reichlich genoffen. Die Bürger lagen dem Weinbau mit großem Eifer ob, sie legten Rebengärten an, wo sich nur irgend eine sonnige Hügelwand darbot, und wir hören erstaunt Gegenden als weinreich bezeichnen, wo heute keine Traube mehr wächst, so z. B. Bergabhänge im Tauberthal und in Thüringen, die heute nur Wald bedeckt. Der Weinhandel war in voller Blüte. Sehr beliebt war der Elsässer Wein, den die Straßburger aufkauften und nach allen Gegenden verfuhren; neben ihm wird der Rheinwein häufig genannt. Von den edlen Rheinweinen gingen schwere Ladungen den Strom hinab über Köln ins Ausland, doch litten auch die deutschen Märkte daran nicht Mangel; neben ihm hatten die Neckar- und Frankenweine einen guten Klang. Die fremden Weine waren natürlich nur für die Reicheren. Bei den Ratsgelagen wurde manche seltene Flasche ge-

17. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 466

1880 - Berlin : Nicolai
466 der Bürgerschaft und am Rathhause bemerkbar, und der Kaufmann wird viel beglückwünscht. Denn obgleich dieser Kaufherr seine Feinde hat, und der Handwerker wenig Untugenden christlicher Menschen so sehr haßt als den Hochmuth seiner Geschlechter, so ist glückliches Einbringen einer werth-vollen Ladung in die Stadtthore ein ebenso freudiges Ereigniß, als die Heimkehr eines Schiffes aus dem Nordmeer. Der Rath hatte mehrmals Boten abgefertigt und Briefe darum geschrieben, und die Bürgerschaft dachte, daß gesichertes Gut der ganzen Stadt zur Ehre gereichte, verlorenes Gut aber mit Gefahr jedes Einzelnen gerochen werden mußte. Es gab deßhalb in der Nähe der Rathswage manchen Freudentrunk. Durch die Marktleute und Buden reitet ein edler Herr aus der Umgegend mit seinem Gefolge ein, auch Frauen zu Pferde darunter, er hat einen Reiter vorausgeschickt, dem Rath seine Ankunft zu melden; jetzt steigt er vör ansehnlicher Herberge ab, in welcher die Fremden vom Adel und Ritterstand einzukehren pflegen — sie gilt der Stadt nicht für die beste, und der Wirth, ein reicher Mann, keineswegs für sicher, die Aufnahme in den Rath ist ihm versagt. Kurz daraus schreiten zwei Beamte des Raths würdig die Rathstreppe herab durch die Menge, von Dienern gefolgt, welche den Willkommen tragen, die Weinfpende, womit die Stadt den Fremden begrüßt. Ja, diese Gastfpenden! Sie find von der Urväterzeit schönes Zeichen eines freundlichen Herzens und achtungsvoller Gesinnung, aber der Stadt wird das Herz zuweilen schwer bei dem Betrage dieser endlosen Geschenke. Denn jedem vornehmen und ehrbaren Fremden wird geschenkt, jedem, der irgendwie zum Vortheil der Stadt ihre Mauern betritt, und der Vornehmste wie der kleine Bote der Nachbarschaft rechnen sehr genau, ob sich die Stadt mit Schenken auch ehrlich gegen sie gehalten. Ist der Fremde ein kleiner Mann, so erhält er das einfache Trinken, d. i. ein Maß oder zwei Seidel Wein, aber der Ritter, Gelehrte, Prälat, auch die fremde Priorin und Ordensschwester den gewöhnlichen Satz von zwei Trinken, ein Graf in der Regel vier. Kommt aber gar ein geistlicher oder weltlicher Fürst zu mehrtägigem Aufenthalt, dann ist es nicht mit dem Weine abgethan, ihm gebührt auch Hafer für feine Rosse, eine Spende an Fischen und Küchenspeise, Gewürz und vielleicht eine Handwerksarbeit, um welche die Stadt berühmt ist. Erwies gar der Kaiser der Stadt die Ehre, oder hatte sie die Gunst eines großen Herrn zu suchen, dann wurden die Geschenke massenhaft. Der Kaiser erhielt ein Prachtstück der Goldschmiedekunst, einen Becher oder eine Schüssel, gefüllt mit Goldstücken, die Kaiserin ein kleineres Geldgeschenk, außerdem Stücke kostbaren Zeuges, beide viele große irdene Krüge mit Wein; die Königskinder ebenfalls Becher und Stücke Zeug, ihre Amme, die Kammerfrauen, die Hoffrauen, das ganze Gefolge je nach ihren Würden große oder kleine Becher oder Stoffe und immer Wein. Auch wenn angesehene Nachbarn in ihren Höfen irgend ein Familienfest feierten, wenn ein junger Edler zum Ritter geschlagen wurde oder ein Grafenkind heirathete, wurde dies der Stadt angezeigt in Erwartung eines Geschenkes, und der Rath sandte eine Summe Geld oder silbernes Geräth, um seine Achtung zu erweisen. In der Form von Geschenken wurden auch viele Dienste bezahlt, die der Stadt geleistet waren von Fremden und Einheimischen. Wer eine gute Neuigkeit brachte, erhielt sein Botenbrot in Geld und Wein, sogar wer auf häufigen Reisen in der Umgegend Neues zu erfahren pflegte.

18. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 547

1894 - Gera : Hofmann
Iii. Deutsches Leben zur Zeit der frönf. u. stauf. Kaiser. 7. Eine deutsche Stadt. 547 am Rathause abgenommen wird oder ein Glöcklein den Markt ausläutet. Da ziehen auf allen Staßen die Karren und Menschen zu den Thoren hinaus, Stadt und Land haben ihren Bedarf ausgetauscht, die Sonne hat freundlich geschienen, der Handwerksmann hat manches Geldstück in seinen Kasten hinter das kupferne Zahlbrett geschoben, auch der Rat ist zufrieden, es ist nur einer tödlich verwundet worden, dagegen sind einige Marktdiebe gefangen, schlechtes Volk, das hier und da daheim ist, der Nachrichter wird keine große Arbeit haben. In der Stadt aber dauert die Bewegung; wie die Sonne sinkt, treibt die heitere Aufregung des Tages die Bürger wieder in die Straßen, jetzt freuen sie sich geschäftslos des milden Abends, und jetzt erst beginnt ihnen der Genuß des Tages. Nicht im Hause und nicht bei Weib und Kind, sondern auf der Straße unter den Genoffen. Auch das ist charakteristisch. Dem Leben des deutschen Hauses fehlte damals sicher nicht feste Neigung, große Leidenschaft des Mannes und nicht anmutige Wärme und Innigkeit der Frau, aber wir sehen sie nicht in den alten Berichten. Ein Witwer rühmt feine verlorene Frau als gut und liebevoll. Ein Kaufmannsdiener hat ein armes Mädchen geheiratet gegen den Willen feines und ihres Brotherrn, er verliert darum den Dienst; da beweist das junge Weib den Mut einer wackeren Hausfrau, sie tröstet den Gatten, sie werde ihm wohl durch Wollfpinnen zu Hilfe kommen. Er findet einen gelehrten Pfarrer, der ihm ein Buch zum Abschreiben giebt und einen Gulden, um Papier zu kaufen. „Also kam ich heim zu meiner Hausfrau und sagte ihr, was ich erreicht hatte, da war sie froh. Und ich hub an zu schreiben und schrieb in derselben Woche vier Sextern des großen Papiers Karta regal und brachte sie dem Herrn. Das gefiel ihm wohl. Und mein Weib und ich faßen zusammen und ich schrieb und sie spann, und wir gewannen oft drei Pfund Pfennige (2 Thlr. 10 Sgr.) in einer Woche, doch sind wir oft die ganze Nacht zusammen gesessen." Solch treue Genossenschaft in dem Ernste des Lebens war die Gattenliebe gewiß vielen Millionen, aber die Überlieferungen des vierzehnten Jahrhunderts melden wenig davon. — Die Einrichtung der Wohnung, Gerät und Ausstattung sind im Anfange des Jahrhunderts selbst bei Wohlhabenden dürftig, die Räume schmucklos, wenig Gerät darin, eng das Zusammenleben. Erst während dieses Zeitraumes beginnt in den Häusern der Kaufleute, zumal derer, die mit dem milden Süden verkehren, bessere Ausstattung. Die Stubeuofen, kein häufiges Gerät des alten Bürgerhauses, in älterer Zeit von Ziegeln oder schwärzlich glasierten Kacheln in schmuckloser Kuppelform, der verkleinerte Backofen, wird in wohlhabenden Häusern größer, buntfarbig, mit ehrenvollen Sitzen an der Seite. Er und bunte Glasrauten der Fenster in Blei gefaßt, die zuerst die Muster eines Teppichs nachbilden, dann Wappenbilder in schöner Ausführung zeigen, sind der größte Schmuck eines stattlichen Hauses. Die Stuben werden am Ende des Jahrhunderts wohl schon mit Kalkfarben gemalt, die Möbel sind einfach, Tifch, Holzstühle, Bänke, die Schränke seltener als Truhen und Kästen, das Geschirr ist von zierlich gemaltem und glasiertem Thon oder von Zinn. Im Erdgeschoß ist die Werkstatt oder Arbeitstube, außerdem eine Schlafkammer und eine Hinterstube für die Frauen und zur Gesellschaft, das ist auch in wohlhabendem

19. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 231

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
ihrer Hauptstadt bestanden. Nur einige größere Städte, in denen das deutsche Leben durch feste Mauern und den alten Marktverkehr unter- halten wurde, und geschützte Landstriche, die ausschließlich von Deutschen bewohnt wurden, lebten in erträglichen Zuständen. Andre Städte lagen in Trümmern wie die meisten Höfe des Flachlandes. Bromberg, die deutsche Kolonistenstadt, fanden die Preußen in Schutt und Ruinen; Kulm hatte sich aus alter Zeit seine wohlgefügten Mauern und die. stattlichen Kirchen bewahrt; aber in den Straßen ragten die Hälse der Hauskeller über das morsche Holz und die Ziegelbrocken der zerfallenen Gebäude hervor, ganze Straßen bestanden nur aus solchen Keller- räumen, in denen elende Bewohner hausten. Von den vierzig Häusern des großen Marktplatzes hatten achtundzwanzig keine Türen, keine Dächer, keine Fenster und keine Eigentümer. In ähnlicher Verfassung waren andre Städte. Auch die Mehrzahl des Landvolkes lebte in Zuständen, die den Beamten des Königs jämmerlich schienen. Wer einem Dorfe nahte, der sah graue Hütten und zerrissene Strohdächer auf kahler Fläche, ohne einen Baum, ohne einen Garten — nur die Sauerkirschbäume waren altheimisch. Die Häuser waren aus hölzernen Sprossen gebaut, mit Lehm ausgeklebt; durch die Haustür trat man in die Stube mit großem Herd ohne Schornstein; Stubenöfen waren unbekannt, selten wurde ein Licht angezündet, nur der Kienspan erhellte das Dunkel der langen Winterabende. Das schmutzige und wüste Volk lebte von Brei aus Roggenmehl, oft nur von Kräutern, die sie als Kohl zur Suppe kochten, von Heringen und Branntwein, dem Frauen wie Männer unter- lagen. Brot wurde nur von den Reichsten gebacken. Viele hatten in ihrem Leben noch nie einen solchen Leckerbissen gegessen, in wenig Dörfern stand ein Backofen. Hielten die Leute ja einmal Bienenstöcke, so ver- kauften sie den Honig an die Städter, außerdem geschnitzte Löffel und gestohlene Rinde; dafür erstanden sie auf den Jahrmärkten den groben blauen Tuchrock, die schwarze Pelzmütze und das hellrote Kopftuch für ihre Frauen. Richt häufig war ein Webstuhl, das Spinnrad kannte man gar nicht. Die Preußen hörten dort kein Volkslied, keinen Tanz, keine Musik; stumm und schwerfällig trank das Volk den schlechten Brannt- wein, prügelte sich und taumelte in die Winkel. Auch der Bauernadel unterschied sich kaum von den Bauern; er führte seinen Hakenflug selbst und klapperte in Holzpantoffeln auf dem ungedielten Fußboden seiner Hütte. Schwer wurde es auch dem Preußenkönig, diesem Volke zu nützen.

20. Bd. 3 - S. 348

1838 - Eisleben : Reichardt
348 Amerika. niesen haben. Ihnen sind, außer den Sorgen für das Innere der Hütten, noch die mühsamern zugefallen, die Mauern derselben zu er- bauen, und das Land zu bearbeiten. Sie haben außerdem die Ver- pflichtung, ihren Männern in ihren Kriegsunternehmungen nachzufolgen, Sorge für ihr Pferd zu tragen, es zu satteln und aufzuzäumen und sich hinter ihren Männern zu halten, um die von ihnen eroberte Beute zu sammeln und in Verwahrung zu nehmen. Übrigens aber halten die Weiber sowohl ihren Körper als ihre Wohnungen sehr rein- lich, baden sich öfters und waschen sich täglich drei- bis viermal. Die Araucanen leben meistens von Fleisch, und ihre Vorräthe auf Reisen bestehen aus einer Art von an der Sonne getrocknetem und unter der Form von dünnen, schmalen Riemen gedörrtem Fleisch. Auch genießen sie viele Kartoffeln und Mais, den sie ein wenig grob zerstoßen und rösten. Ein Reisender behauptet, ihre Hautausdünstung habe, sey es nun von der Unreinlichkeit, welche ihre Person bedeckt, oder von der fast ausschließlichen Nahrung aus dem Thierreich, einen sehr widrigen Geruch. Ein Lieblingsgetränk ist Chicha (Tschitscha), wovon sie bei großen Mahlen eine große Quantität zu sich nehmen. Es wird aus Mais bereitet, dem vorzüglichsten Gegenstände ihres Land- baues. Die Weiber machen dieses' berauschende Getränk, indem sie Mais zermalmen und ihn sodann in eine Art von Trog thun; sie fügen hierauf Wasser und Wurzeln bei und lassen das Ganze zusam- men gähren. Ehe zum Mahle geschrittten wird, das nothwendig Trunkenheit zur Folge haben muß, übergeben die Männer freiwillig ihre Waffen den Weibern, die sie in den Wäldern verbergen, weil sie ihre Neigung zum Streite wohl kennen, wenn sie einmal berauscht sind. Zuweilen mischen sie das Blut ihrer Pferde in den Trank und glauben hierdurch übernatürliche Kraft und Behendigkeit zu erlangen. Ihre Waffen sind Lanzen und breite Messer, welche sie unter dem Poncho (Mantel) tragen. Die Feuergewehre lieben sie nicht, ungeachtet sie sich dieselben in ihrem Austausch mit den Einwohnern von Valdivia und la Conception verschaffen können. Ihre Lanzen sind mit einer 4 Zoll breiten und fast 2 F. langen Eisenspitze verse- hen und haben einen (wohl 14 bis 25 F.) langen Schaft, der aus einer in dieser Gegend sehr häufig wachsenden Rohrart verfertigt und sehr dünn aber so stark und elastisch ist, daß sie nicht selten im Ge- fecht einen Reiter aus der Spitze ihrer Lanzen aus dem Sattel heben. Überhaupt besitzen die Araucanen eine große Geschicklichkeit und Ge- ' wandtheit in Handhabung dieser Lanzen, die sie ungeachtet ihrer Länge mit derselben Leichtigkeit führen, wie ein Europäischer Reiter den Säbel, und sie dabei beständig in einer zitternden Bewegung erhalten, damit der Feind nicht sehe, wohin man werfen will. Sie fechten zu Pferde, wie die Kosaken ohne Ordnung, aber mit großer Tapferkeit, und bedienen sich auch des Lasso (Fangschlinge), mit dem sie gleich- sam im Fluge ihren Feind angreifen, und der Bolas (Eisenkugeln),