Ähnliche Ergebnisse
1888 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes, Schuster, Ignaz
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
303
auf dessen Rand drei oder vier Arbeiter standen, die sich mit einer
Hand am Seile hielten, das sich langsam mit den daranhängenden
Menschen um sich selbst drehte. Die Leute hielten sich scheinbar
ganz nachlässig an dem Seile; sie sprachen zusammen; der eine
nahm seine Mütze ab, der andere sah zu uns herauf, der dritte
trocknete sich die Stirne. Gottlob! jetzt schwebten sie näher und
näher, und bald entlud sich der Eimer friedlich im nächsten Schuppen.
Vier Menschen stiegen vom Rande des Eimers herab und ein fünfter,
der darin gesessen war, kroch heraus. Sie setzten sich auf Bänke
und ließen sich ihr Butterbrot wohl schmecken. Man erzählte mir,
daß einige Wochen vorher mehrere Engländerinnen die Fahrt in
einer Tonne gewagt hätten; das machte mir Mut, und ich beschloß,
auch die Reise in die Tiefe anzutreten. Mein Führer übergab mich
zwei Grubenarbeitern, die mich auf meiner Fahrt begleiten sollten.
Die Eimer oder Tonnen, in welchen man zur Tiefe fährt, hängen
ganz frei über dem Abgrunde. Das Hineinsteigen ist für denjenigen,
der mit Schwindel behaftet ist, nicht ohne Gefahr. Als ich mit
Hilfe meiner Begleiter glücklich in die Tonne gelangt war, ging es
rasch entlang der schroffen Wand in die Tiefe hinab, und nach
fünf Minuten fühlte ich mit großem Behagen festen Boden unter
mir. Da ich nun in dem schauerigen Schlunde stand, kam ein un-
heimliches Gefühl der Verlassenheit über mich. Der mit düsteren
Wolken überzogene Himmel bildete gleichsam die schwarze Decke zu
dem leeren Sarge eines Riesen; in furchtbar schauriger Schönheit
stiegen die schroffen Wände aus der Tiefe empor. Es war eisig
kalt; niemals dringt ja ein erwärmender Sonnenstrahl hierher. Der
Abbau des Erzes kann deshalb auch nur im Sommer betrieben
werden; im Winter werden die während des Sommers gewonnenen
Erze verhüttet. Durch künstliche Hinabführung warmer Luft be-
fördert man im Frühjahr das Schmelzen des Eises.
Die lange Macht und die Mitternachtssonne in Karnrnersest.
Das Mordkap.
Hammerfest ist die nördlichst gelegene Stadt der Erde. Die
lange Nacht, in welche die Stadt im Winter gehüllt ist, bildet auch
1908 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Jungandreas, R., Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
279
188. Die lange Nacht in Hammerfest.
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles
Handelsleben. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der
schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten an:
qualmigen Feuer und warten dort im trägen Winterschlafe, bis der
neue Tag erscheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher
in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Spieltische Tag und Nacht,
halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Theater und sehnen sich
endlich unruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervor-
bricht. In Hammerfest wohnt außer den Kaufleuten kein anderer ge-
bildeter Mensch als ein Pastor und ein Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sie
uns vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Hori-
zont, und vier Wochen lang, von Mitte Dezember bis Mitte Januar,
ist tiefe Finsternis, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indes
ist sie doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der
Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster
eine halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen
dabei glänzend hell am Himmels Nordlichter sind nicht selten. Ist
aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste ununterbrochene Nacht.
Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag nun ein-
mal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den
Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise
um den Himmel, ohne sich jemals vom Horizonte zu entfernen. Der
ganze Unterschied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, daß die
Strahlen etwas bleicher und matter werden, ohne daß sie aufhören,
die belebende Wärme zu spenden. Die Sonne der Nacht scheint oft
so heiß, daß sie lästig werden kann. Ein Bekannter erzählte mir, daß,
als er sich in Hammerfest ans einem Balle befand und gerade um
Mitternacht an den Bord des Schiffes zurückfuhr, die Sonne so mächtig
war, daß er den Rock auszog; das Thermometer zeigte 18 Grad. Dieser
anhaltende Tag und Sonnenschein macht es auch wohl allein möglich,
daß noch Ernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Reiche Handelsherren bringen
ihr ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Klima zu, von denen
manche, wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten. / Wer
hierher kommt, sagte mir einer, tut es natürlich des Gewinne? wegen.
Ist man aber ansässig, so .kommt man nicht wieder fort; denn wer
kauft uns ab. was wir besitzen? Menschen, welche Vermögen besitzen,
1888 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes, Schuster, Ignaz
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
304
die Zeit der Ruhe für alles Handelsleben. Die Fische haben Frieden;
der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten
am qualmenden Feuer und warten dort in trägem Winterschlafe,
bis der neue Tag erscheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen
ihre Bücher in Ordnung, dann sitzen sie die meiste Zeit am Karten-
tische, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Theater und
sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, da im Osten ein Lichtstreif
hervorbricht. Außer den Kaufleuten wohnt in Hammerfest kaum
noch ein anderer gebildeter Mensch als der Pastor und der Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist aber doch nicht ganz so, wie
wir sie uns vorstellen. Die Sonne ist freilich acht Wochen ganz
unter dem Horizont, und vier Wochen lang — von Mitte Dezember
bis Mitte Januar — ist so tiefe Finsternis, daß beständig Licht
gebrannt werden muß. Indes tritt bei hellem Wetter um die Mittags-
stunde eine Art Dämmerung ein, so daß man am Fenster ungefähr
eine halbe Stunde lesen kann. Die Sterne stehen dabei glänzend am
Himmel; nicht selten leuchten auch Nordlichter. Ist trübes Wetter, so
herrscht die finsterste, ununterbrochene Nacht. Mitte Januar wird die
Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst
er auch rasch. Nun gleicht die Natur den Unterschied aus. Von
Mitte Mai bis Ende Juli verschwindet die Sonne nicht mehr unter
dem Horizonte. Der ganze Unterschied zwischen Mittag und Mitter-
nacht ist dann der, daß die Strahlen um die letzte Zeit etwas
bleicher und matter werden, ohne jedoch die belebende Wärme zu
verlieren. Eigentümlich ist, daß während der tageshellen Nachtzeit
der Wind schweigt und eine feierliche Ruhe in der Natur herrscht,
als wolle diese dadurch die Zeit des Schlafes ankündigen. Die
Sonne scheint aber in der Nacht oft so heiß, daß sie lästig wird.
Ein Bekannter erzählte mir, die Sonne habe, als er um Mitter-
nacht von Hammerfest auf das Schiff zurückkehrte, so heiß geschienen,
daß er den Rock auszog; das Thermometer zeigte im Schatten 18 o.
Dieser über zwei Monate währende Sonnenschein macht es wohl
allein möglich, daß bei Hammerfest noch Ernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Es wohnen hier reiche Handels-
Herren, die, wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten.
4. Bd. 2
- S. 223
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
209. Die lauge Nacht in Hammcrfest.
223
pen und Winkel, merkwürdig durch einige Mord- und Unthaten des
heidnischen Herrschers.
Drontheim ist eine Handelsstadt, aber der kaufmännische Geist
waltet nicht vor dem vaterländischen ob. Den Kaufleuten in Bergen
und Christiania wirft man den mehr kosinopolitischen Sinn vor; den
Drontheimern den Stolz auf ihr Alterthum, ihre Gesinnung; sie hiel-
ten sich für die ächten Norweger. Bei Gelegenheit der streitigen Frage,
welche von den drei Handelsstädten zur Hauptstadt ernannt werden
müsse, soll sich diese stolze Ansicht besonders hervorgethan haben. Dront-
heim hat aus jenem Prozeß außer der Königskrönung nur die neu er-
richtete Bank errungen. Sein Handel beschränkt sich auf die Ausfuhr
von Brettern und das Kupfer von Röraas, beide aber ein bedeutender
Artikel, zumal da letzteres aus seiner Grube am Fuß des Kiölen kei-
nen anderen Weg zu Handelsplätzen findet, als über Drontheim.
209. Die lange Nacht in Hammerfest.
(Nach Theodor Mügge, Skizen aus dem Norden.)
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles
Handelsleben, und man möchte sagen: vom Polarkreise setzt die Natur
dadurch dem ruhelosen Menschengeschlecht einen Markstein seiner Thä-
tigkeit. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige
Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen
Feuer und warten dort im trägen Winterschlaf, bis der neue Tag er-
scheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ord-
nung, und dann sitzen sie wohl am Bostontisch Tag oder Nacht, hal-
ten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Komödie, denn sie haben
sich ein kleines Privattheater errichtet, und sehnen sich endlich unruhig
nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht. In Hammer-
fest wohnt außer den Kaufleuten kein anderer gebildeter Mensch, als
ein Arzt; einen Apotheker brachte unser Schiff zum ersten Male jetzt mit.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sic uns
vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont,
und vier Wochen lang, von Mitte December bis Mitte Januar, ist
tiefe Finsterniß, wo beständig Licht gebrannt werden muß. Indeß ist
sie doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der
Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster
auf eine halbe Stunde oder eine Stunde lesen könnte. Die Sterne
stehen dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichte jedoch sind auch hier
seltener, als mehr südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste,
ununterbrochenste Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter,
und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun
gleicht die Natur den Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt
die Sonne Kreise um den Himmel, ohne jemals sich vom Horizont zu
1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
- Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
34
Bilder aus Europa. — Skandinavien und Dänemark.
19. Die lange Nacht in Hammerfest.
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles Handels-
leben., und man möchte sagen: Am Polarkreise setzt die Natur dadurch dem
ruhelosen Menschengeschlechte einen Markstein seiner Thätigkeit. Das
Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der
nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und warten dort
im trägen Winterschlafe, bis der neue Tag erscheint. Die Kaufleute in
Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung und dann sitzen sie wohl am
Kartentische Tag und Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar
Komödie und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif
im Osten hervorbricht. In Hammerfest wohnt außer den Kaufleuten kein
anderer Häildeter Mensch als ein Pastor und ein Arzt.
Wie wir es uns aber wohl vorstellen, ist die Zeit der langen Nacht
nicht. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont, und
vier Wochen lang, von Mitte December bis Mitte Januar, ist tiefe Finster-
niß, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indeß ist sie doch nicht
so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der Mittagsstunde eine
Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster eine halbe Stunde oder
eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen dabei glänzend hell am Himmel;
Nordlichte sind auch liier nicht so selten als mehr südlich. Ist aber trübes
Wetter, so herrscht oie finsterste, ununterbrochene Nacht. Mitte Januar
wird die Dämmerung leichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen, so
wächst er auch rasch. Nun gleicht dre Natur den Unterschied aus, und im
Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise um den Himmel, ohne sich
jemals vom Horizonte zu entfernen. Der ganze Unterschied zwischen Mittag
und Mitternacht ist dann, daß die Strahlen etwas bleicher und matter
werden, ohne daß sie aufhören, die belebende Wärme zu verlieren. Es ist
sehr eigenthümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle Nacht
dauert/ der Wind ganz schweigt und eine, durch nichts gestörte Ruhe in
dcr Natur herrscht, als wolle diese dadurch die Zeit des Schlafes an-
kündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder, und die Wetter
werden losgelassen von den Nebelgeistern und abends eingesangen; die
Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß, daß sie lästig werden kann. Ein
Bekannter erzählte mir, daß, als er in Hammerfest sich aus einem Balle
besand und gerade um Mitternacht an den Bord des Schiffes zurückfuhr,
die Sonne so mächtig war, daß er den Rock auszog. Das Thermometer
zeigte 18 Grad. Dieser anhaltende Tag und Sonnenschein macht es wohl
allein möglich, daß noch Ernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Reiche Handelsherren bringen ihr
ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Kluna zu, von denen manche,
wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten. Wer hierher kommt,
sagte mir einer, thut es natürlich des Gewinnes wegen. Aber wer hier
geboren ist, der liebt diese Einöden ebenso sehnsüchtig, wie der Lappe seine
Rennthieralgen oder der Grönländer seine Eisbuchten. Th. Mügge.
20. Stockholm.
Stockholm liegt am Ausflusse des Mälarsees. Die Stadt breitet sich
auf zwei Halbinseln und mehreren größeren und kleineren Inseln aus.
Dreizehn Brücken verbinden die einzelnen Gewässer. Berge und Thäler,
Felsen, Canäle, Baumgruppen und Terrassen wechseln mannichfach ab, und
ein geräumiger Hafen nimmt den Mastenwald von Schiffen aus.
1895 -
München
: Oldenbourg
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
66. Die lange Nacht in Hammerfest.
487
kreise setzt die Natur dadurch dem ruhelose» Menschengeschlecht
einen Markstein seiner Thätigkeit. Das Wasser ist öde, die
Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der nor-
dische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und
warten dort im trägen Winterschlafe, bis der neue Tag er-
scheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher
in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Spieltische Tag
oder Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar
Komödie und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, wo
der Lichtstreif im Osten hervorbricht. In Hammerfest wohnt
außer den Kaufleuten kein anderer gebildeter Mensch, als
ein Pastor und ein Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie
wir sie uns vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen
unter den Horizont, und vier Wochen lang, von Mitte
Dezember bis Mitte Januar, ist tiefe Finsternis, so daß
beständig Licht gebrannt werden muß. Indes ist sie doch
nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der
Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man
am Fenster eine halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte.
Die Sterne stehen dabei glänzend hell am Himmel; Nord-
lichter sind auch hier seltener als mehr südlich. Ist aber
trübes Wetter, so herrscht die finstere, ununterbrochene Nacht.
Mitte Januar wird die Dämmerung leichter, und ist der
Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun
gleicht die Natur den Unterschied aus, und im Juni und
Juli beschreibt die Sonne Kreise um den Himmel, ohne sich
jemals vom Horizonte zu entfernen. Der ganze Unterschied
zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, daß die Strahlen
etwas bleicher und matter werden, ohne daß sie aufhören,
die belebende Wärme zu verlieren. Es ist sehr eigentümlich,
daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle Nacht dauert,
der Wind ganz schweigt, und eine durch nichts gestörte Ruhe
in der Natur herrscht, als wolle diese gleichsam dadurch die
Zeit des Schlafes ankündigen. Mit dem Morgen erhebt
7. Bd. 2
- S. 111
1875 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
239. Die lange Nacht und die Mitternachtssonne in Hammerfest. Iii
239. Die lange Nacht und die Mitternachtssonne
in Hammerfest.
(Nach Theodor Mügge, Skizzen aus dem Norden.)
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles
Handelsleben, und man möchte sagen: der Polarkreis setzt dem ruhelosen
Menschengeschlecht einen Markstein seiner Thätigkeit. Das Wasser ist öde,
die Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer
liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und warten dort im trägen Winter-
schlaf, bis der neue Tag erscheint. Die Kausleute in Hammerfest bringen
ihre Bücher in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Bostontisch Tag oder
Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Komödie auf einem
kleinen Privattheater und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, wo der
Lichtstreif im Osten hervorbricht. Doch ist die Zeit der langen Nacht nicht
ganz so, wie wir sie uns vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen
unter den Horizont, und vier Wochen lang, von Mitte December bis Mitte
Januar, ist tiefe Finsterniß, so daß beständig Licht gebrannt werden muß.
Indes; ist diese doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit
der Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster
auf eine halbe Stunde oder eine Stuude lesen könnte. Die Sterne stehen
dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichte jedoch sind auch hier seltener,
als mehr südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste, ununter-
brochenste Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der
Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur
den Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise um ✓
den Himmel, ohne jemals sich vom Horizont zu entfernen. Der ganze Unter-
schied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, daß die Strahlen etwas
bleicher und matter werden, ohne die belebende Wärme zu verlieren. Es ist
sehr eigentümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle
Nacht dauert, der Wind ganz schweigt und eine durch nichts gestörte Ruhe
in der Natur herrscht, als wolle diese gleichsam dadurch die Zeit des Schlafes
ankündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder und die Wetter
werden losgelassen von den Nebelgeistern und allabendlich eingefangen; die
Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß (18 °), daß sie lästig werden kann.
Dieser anhaltende Tag und Sonnenschein macht es auch wohl allein möglich,
daß noch Aernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Es wohnen hier reiche Handelsherren,
welche ihr ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Klima zubringen. Manche
von ihnen könnten, wenn sie wollten, im schönen Süden leben, allein sie
bleiben in dieser Wüste und sterben darin. Wer hieher kommt, thut es natür-
1900 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
- Auflagennummer (WdK): 30
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
238
Hammer fest wohnt ausser den Kaufleuten kein anderer gebildeter Mensch
als ein Pastor und ein Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sie uns
vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont,
und vier Wochen lang, von Mitte Dezember bis Mitte Januar, ist tiefe
Finsternis, so dass beständig Licht gebrannt werden muss. Indes ist
Sie doch nicht so schwarz, dass nicht bei hellem Wetter zur Zeit der
Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster
eine halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen
dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichter sind nicht selten. Ist
aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste, ununterbrochene Nacht.
Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal
angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den
Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise um
den Himmel, ohne sich jemals vom Horizonte zu entfernen. Der ganze
Unterschied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, dass die Strahlen
etwas bleicher und matter werden, ohne dass sie aufhören, die belebende
Wärme zu verlieren. Die Sonne der Nacht scheint oft so heiss, dass sie
lästig werden kann. Ein Bekannter erzählte mir, dass, als er sich in
Hammerfest auf einem Balle befand und gerade um Mitternacht an den
Bord des Schiffes zurückfuhr, die Sonne so mächtig war, dass er den Rock
auszog. Das Thermometer zeigte 18 Grad. Dieser anhaltende Tag und
Sonnenschein macht es wohl auch allein möglich, dass noch Ernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Reiche Handelsherren bringen
ihr ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Klima zu, von denen
manche, wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten. Wer hier-
her kommt, sagte mir einer, thut es natürlich des Gewinnes wegen. Ist
man aber ansässig, so kommt man nicht wieder fort; denn wer kauft
uns ab, was wir besitzen? Menschen, welche Vermögen besitzen, wandern
nicht nach Hammerfest; es sind nur solche, die es erwerben wollen. Aber
wer hier geboren ist, der liebt diese Einöden ebenso innig wie der Lappe
seine Renntieralpen oder der Grönländer seine Eisbuchten. Mügge.
140* Der Winter in Petersburg.
In Petersburg ist zwar wegen der Nähe der Ostsee der Winter
im ganzen weniger streng als in dem mitten im Lande liegenden
Moskau; dennoch fällt dort das Thermometer nicht selten bis auf
30 Grad. Bei müßiger Külte geht das Leben seinen alten, gewohn-
ten Gang. Tag für Tag knistern die Birkenbäume im Ofen, einen
Tag wie den andern rutschen die Schlitten in den Straßen umher;
beständig werden die öffentlichen Wärmstnben für die armen Leute
geheizt und regelmäßig die öffentlichen Feuer aus der Straße, in der
Nähe der Theater für die Kutscher und Straßenarbeiter unterhalten.
Wenn es aber heißt: „Das Thermometer ist auf 20 Grad herab-
gesunken", dann spitzt man die Ohren. Bei 23—24 Grad machen
1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Aus dem hohen Norden.
357
Wer Herr einer Herde von 1900 Renntieren ist, gilt für einen reichen
Mann. Wird dem Lappländer ein Kind geboren, so beschenkt er es mit
einem Renntierkalbe; bekommt es den ersten Zahn, so wird es wieder
mit einem solchen Geschenk bedacht.
2.
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Rnhe für alles
Handelsleben, und man möchte sagen: am Polarkreise setzt die Natur
dadurch dem ruhelosen Menschengeschlechts einen Markstein seiner Thätig-
keit. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige
Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen
Feuer und warten dort im trägen Winterschlafe, bis der neue Tag er-
scheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung,
und dann sitzen sie wohl am Spieltische Tag und Nacht, halten Bälle
und Schmausereien, spielen sogar Komödie und sehnen sich endlich uu-
ruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht. In
Hammersest wohnt außer den Kanileuten kein anderer gebildeter Mensch
als ein Pastor und ein Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sie uns
vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont,
und vier Wochen lang, von Mitte Dezember bis Mitte Januar, ist
tiefe Finsternis, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indes
ist sie doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der
Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster
eine halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen
dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichter sind auch hier nicht so
selten als mehr südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste,
ununterbrochene Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter,
und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch.
Nun gleicht die Natur den Unterschied aus, und im Juni und Juli
beschreibt die Sonne Kreise um den Himmel, ohne sich jemals vom
Horizonte zu entfernen. Der ganze Unterschied zwischen Mittag und
Mitternacht ist dann, daß die Strahlen etwas bleicher und matter
werden, ohne daß sie aufhören, die belebende Wärme zu verlieren. Es
ist sehr eigentümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle
Nacht dauert, der Wind ganz schweigt und eine durch nichts gestörte
Ruhe in der Natur herrscht, als wolle diese dadurch die Zeit des
Schlafes ankündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder,
und die Wetter werden losgelassen von den Nebelgeistern und abends
eingefangen; die Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß, daß sie lästig
werden kann. Ein Bekannter erzählte mir, daß, als er sich in Hammer-
fest auf einem Balle befand und gerade um Mitternacht an den Bord
des Schiffes zurückfuhr, die Sonne so mächtig war, daß er den Rock
auszog. Das Thermometer zeigte 18 Grad. Dieser anhaltende Tag
und Sonnenschein macht es wohl auch allein möglich, daß noch Ernten
gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch? Reiche Handelsherren bringen
1892 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
— 431 -
bare Reibung in Flammen gesetzt; im günstigsten Falle wird es aus
dem Wasser gehoben und auf die Seite geworfen. Wochenlang liegt es
wie gefesselt da, bis ein neuer Windstoß die Eismauern zerspaltet und
ihn: eine neue Bahn eröffnet. Aber während dieser Zeit ist vielleicht
der kurze Sommer schon vergangen. Hat man es versäumt, das Schiff
gegen die Schrecken des Winters auszurüsten, so ist es abermals dem
Untergange geweiht.
Die größte Gefahr wird den Seefahrern durch die kleineren Eis-
Massen in der Bewegung des Sturmes bereitet. Denn das Eis ist feit
wie Stein, wie eine Klippe von Granit. Und nun werden diese Felsen
im rasenden Sturme durch die enge Fahrstraße gejagt; sie stürzen mit
donnerähnlichem Krachen übereinander, zertrümmern sich gegenseitig,
indem sie das Meer bis in seine Tiefen aufwühlen und den schäumenden
Gischt hoch emporschleudern. Und in diesem gewaltigen Toben der
Natur ist der Seemann zur peinlichsten Unthätigkeit verurteilt. Kein
Kampf um sein Leben ist ihm vergönnt; alle Menschenkraft ist zur Ohn-
macht geworden. Wohl ihm, wenn er in all dem Gezische und Gebrause
die Besinnung nicht verliert und den Augenblick der Rettung nicht ver-
säumt, der vielleicht nur einmal wiederkehrt! „Zonenbilder."
401. Die nordische lange Nacht.
Hoch oben in Lappland, nicht weit von der Nordspitze Europas
entfernt, liegt die kleine Handelsstadt Hammerfest. Hier ist die lauge
Nacht die Zeit der Ruhe für allen Verkehr; sie setzt dem ruhelosen
Menschengeschlechte einen Markstein für seine Thätigkeit. Auch das
Meer ist öde. Die Fische haben Frieden; denn der schmutzige Seelappe
und der normannische Fischer, sie liegen in Erdhütten am qualmenden
Feuer und warten dort im trägen Winterschlafe, bis der neue Tag er-
scheint. Die Kaufleute des Städtleins bringen ihre Bücher in Ordnung,
dann aber hört aller Unterschied zwischen Tages- und Nachtzeit für sie
auf. Sie setzen sich an die Spieltische, halten Feste und Schmausereien,
führen auch wohl eine Komödie auf, bis sie sich endlich voll Unruhe
wieder nach der Zeit sehnen, wo im Osten ein Lichtstreifen hervorbricht.
Acht Wochen lang steht die Sonne unter dem Horizonte der
Bewohner von Hammerfest. Von Anfang des Dezember bis gegen die
Mitte des Januar herrscht tiefe Finsternis, so daß beständig die Lampe
brennen muß. Nur bei klarem Himmel tritt unl die Mittsagsstunde eine
Art von Dämmerung ein, in welcher ein gutes Auge am Fenster eine
halbe oder ganze Stunde lang zu lesen vermag. Die Sterne funkeln
dabei in hellstem Glanze; auch ist das Nordlicht in dieser Breite schon
nicht mehr so selten, wie in den südlicheren Gegenden. Ist aber das
Wetter trübe, so läßt sich von einer Unterbrechung der Nacht nichts
verspüren. Um Dreikönigstag wird die Dämmerung bei längerer Dauer
immer lichter. Ist aber der Tag einmal angebrochen, so nimmt seine
Länge rasch zu, bis die Sonne endlich, im Juni und Juli, volle Kreise
am Himmel von Hammersest beschreibt, ohne den Horizont zu durch-
schneiden. Dann entschädigt das hehre Tagesgestirn die Menschen dafür,
daß es sich im Winter den eisigen Gefilden des Nordens so lange ent-
1885 -
Halle
: Anton
- Autor: Hummel, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Skandinavien und Dänemark. 203
Hier sitzen, von Tonnen umringt, eine gehörige Anzahl Menschen, meist
alte Frauen, die, mit dein Messer in der Hand, das Werk des Auskehlen^. .
verrichten. Die Karren werden bei ihren Plätzen umgestürzt, so daß sie
halb in Fischbergen begraben sind. Sie ergreifen den einen nach dein andern
und reißen mit einem kunstgerechten Zuge Gedärm und Eingeweide heraus. '
Dann werfen sie ihn in die bereitstehenden Tubben. Sobald die Tubben
gefüllt sind, werden sie von anderen Arbeitern an den Platz des Einsalzen s
gefahren, dort in die Fässer gepackt, mit Salzlake Übergossen, vom Böttcher
verschlossen, und nun, in den Magazinen aufgestapelt, sind sie zur Ausfuhr
fertig und bereit. Nach Vogt und Mügge.
4. Hammerfest.
1. Wie sich die Stadt darstellt. 2. Sommerlebm. 3. Winterleben.
1) In einer Bucht auf der Westseite der kleinen Insel Kbab lie^t Hammen
fest, die letzte Stadt des Nordens. Wenn man den felsigen Berg besteigt, der
sie beherrscht, so bietet sich den Blicken ein großartiger Anblick. Am Fuße
des Berges liegt die Stadt mit ihren hübschen Kausmannshäusern, ihren
roten Magazinen und ihren Fischerhütten, mit ihrem Hasen, der in einen
Kreis von Hügeln eingeschnitten und mit Barken und Handelsfahrzeugen
bedeckt ist. In Hammerfest leben etwa 2500 Menschen, norwegische Beamte, "
Handwerker, Fischer und besonders Kaufleute. Denn der Ort ist Haupt-
Handelsplatz der ganzen Finnmark. — 2) Im Sommer liegen im Hasen
russische und norwegische Schiffe neber der ärmlichen Barke des Finnen.
Die ersteren bringen Mehl, Hanf n. f. w., die letzteren besonders Fische, , t
Thran, Renntierhäute und Eiderdunen. Dann ist der Kaufmann inuner "
auf dem Platze und beschäftigt, die Mütze von Fischotter auf dem Kopfe,
die Feder hinter dem Ohr, von seinem Kontor zur Niederlage und von da
wieder zurücklaufend. Da fertigt er Fahrzeuge nach Spitzbergen und Fisch--
ladungen nach Portugal ab. Aber mitten im schönsten Sommer beginnt
der Frost und ein dunkler Nebel verhüllt das Blau des Himmels. Dann -
verschwinden die fremden Schiffe eins nach dem andern, die Warenhäuser
werden geschlossen, die Geschäfte hören auf, alles wird still. — 3) Während
der Zeit der langen Nacht geht die Sonne acht Wochen lang unter den
Gesichtskreis, und vier Wocheu lang, von Mitte Dezember bis Mitte
Januar, ist Finsternis, wo beständig Licht gebrannt werden muß. Indes ist
die^ Finsternis doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur,
Mittagszeit eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster auf
eine halbe Stunde lesen kann. Die Sterne stehen dabei glänzend hell am
Himmel; nicht selten überstrahlt der blutrote Schein eines Nordlichtes Land
und Meer. Die lange Nacht ist für Hammerfest die Zeit der Ruhe. Das
Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der
nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und warten
dort im trägen Winterschlaf, bis der neue Tag erscheint. Die Kaufleute
aber bringen ihre Bücher in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am
Spieltische Tag und Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar
Komödie und sehnen sich endlich uuruhig nach der Zeit, wo der erste Licht-
streif im Osten wieder hervorbricht.
Nach Marinier und Mügge.
1914 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Franke, Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Ix. Die Königreiche Schweden und Norwegen.
133
allein gegen 40 Mill. Baumstämme im Jahre. Hier finden sich daher auch Holz-
schleifereien, Sägewerke und andere Anlagen, welche Holz verarbeiten.
St a v ang er an der Südwestküste ist ein wichtiger Hafenplatz für die
Heringsausfuhr. Bergen, nördlich von Stavanger, wird das Hamburg
Norwegens genannt, denn es ist eine wichtige Handels- und Hafenstadt. Es ist
rings von Bergen und Wasser umgeben und war zur Zeit der Hansa fast ganz
in den Händen der hansischen Kaufleute. Bergen ist der Haupthafen der Fischer.
Hierher kommen die Fischerflotten, um ihren Fang abzuladen und zu verkaufen.
Da harren denn auch bereits die fremden Schiffe, um Stockfische, Heringe,
Hummern, Rogen, Lebertran usw. aufzunehmen. Die Heringsflotte ist eben
angekommen. Da halten auch schon die Arbeiter mit ihren Karren am Ufer;
sie fahren die Heringe in die weiten Durchgänge der Häuser. Hier sitzen, von
Tonnen umringt, Scharen von Weibern und Männern. Die Arbeiter kippen
die Karren um, denn sie haben keine Zeit zu verlieren. Halb in Fischbergen be-
graben, ergreifen die Arbeiter einen Hering nach dem andern, schneiden ihm
die Kehle ab, reißen mit einem gewandten Ruck Gedärme und Eingeweide
heraus und werfen ihn dann in leere Gefäße. Sind diese voll, fährt sie ein Ar-
beiter nach dem Orte des Einsalzens. Dort packt man sie in Fässer und begießt
sie mit Salzlake. Hierauf kommt ein Böttcher, um die Fässer fest zu verschließen.
Dann schafft man die Heringstonnen in die großen Magazine. Von hier aus
gehen sie nun in alle Welt, vielleicht auch zu unserem Krämer.
Weiter nördlich von Bergen liegt an einem tiefen Fjord D r o n t h e i m,
ehemals die Hauptstadt Norwegens. T r o m s ö nördlich von den Lofoten ist
der Haupthafen der nordischen Fischerei.
H a m m e r f e st ist die nördlichste Stadt Norwegens und Europas. Etwa
2000 Menschen leben hier oben, im Lande der Mitternachtssonne. Viele Fremde
reisen dorthin, um einmal zu sehen, daß die Sonne auch um Mitternacht noch
scheint. Sie geht von Mitte Mai bis gegen Ende Juni (13. Mai bis 29. Juni)
nicht unter und scheint demnach über anderthalb Monate ununterbrochen. Vor
Mitte Mai und nach Ende Juni geht die Sonne nur kurze Zeit unter, so daß
es auch fast noch hell ist wie am Tage. Man rechnet daher den längsten Tag
auf mindestens 10 Wochen. Das ist nun recht angenehm, weil man nie ein Licht
braucht und zu jeder Zeit im Freien sehen kann. Das ist auch vorteilhaft für den
Pflanzenwuchs. Ist der Sommer auch kurz, so scheint die Sonne doch lange.
Dem Südländer erscheint das alles merkwürdig. Kommt er zu Schiff an, so
erblickt er zuerst den Vogelfels. In reinstem Weiß erstrahlt er. Tausende und
Abertausende weißer Seevögel hocken auf ihm und lassen ihn wie beschneit
erscheinen. Jetzt schrillt die Dampfpfeife des Schiffes. Gleich einer Lawine
stürzen sie herab und verfinstern den Himmel. Welch ein Geschrei und Gekreisch
herrscht da in den Lüften! Da erblicken wir die gelbbraunen Häuser von Ham-
merfest. Die breiten Fenster mit den blanken Spiegelscheiben, den wertvollen
Gardinen und den hübschen Blumen verraten uns, daß hier ein wohlhabendes
und kunstsinniges Völkchen wohnt. Wir begeben uns ins Städtchen. Da sehen
wir überall elektrisches Licht. Das ist auch sehr nötig —- im Winter. Von Michaelis
an werden die Nächte immer länger und länger. Es kommen nun die Tage,
wo die Sonne nur auf ein paar Viertelstündchen am Gesichtskreis erscheint,
um dann gleich wieder niederzutauchen. Dann endlich verschwindet auch die
Morgendämmerung, und die tiefe, lange Nacht senkt sich auf Hammerfest. Eine
Woche vor dem ersten Dezember bis anderthalb Woche vor dem ersten Februar
läßt sich die Sonne nicht blicken. Gegen Mittag wird es anfangs am südlichen
1908 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 252 —
wohner, verdient einen Besuch. Es ist ja die nördlichste Stadt Europas!
Hierher kommen viele Fremde nur deshalb, um die Sonne auch einmal
um Mitternacht am Himmel stehen zu sehen, denn hier im hohen Nor-
den ist die Sonne vom 13. Mai bis zum 29. Juni (Wieviel Tage also?)
ununterbrochen über dem Horizont sichtbar. Es ist daselbst um Mitternacht
noch so hell, daß man im Freien bequem lesen kann. — Wie aber Hammer-
fest einige Wochen lang im Jahre ununterbrochen Tag hat, so besitzt es auch
fast zwei Monate hindurch ununterbrochene Nacht. Vom 24. November
bis zum 21. Januar geht nämlich die Sonne hier gar nicht auf, und es
herrscht dann gewöhnlich tiefe Finsternis. Nur bei besonders hellem
Himmel tritt zu Mittag eine Art Dämmerung ein, die es möglich macht,
am Fenster ein halbes Stündchen zu lesen. — Wie sehnt sich in dieser
Zeit der Mensch nach dem Lichte! Wie freut er sich, wenn der Sonnen-
ball wieder glänzt! Es ist ein unendlich erhabenes Schauspiel, wenn
die Sonne wiederkommt. Der Mond scheint, alles mit seinem weißen
Lichte überflutend, neben ihm leuchten die Sterne. Eine majestätische
Stille herrscht ringsum. Allmählich wird der Mond matter. Es ist,
als komme aus der Erde ein Lichtschein hervor; es liegt wie eine fahle
Dämmerung über dem Gebirge. Mit einem Male erglänzt am Himmel
ein roter Streifen, der breiter und breiter werdend den Himmel in rote
Glut taucht. Und hinter den Bergen bricht plötzlich ein Strahl hervor,
grell und hell: der erste Strahl der Wintersonne! Wenige Augenblicke
später ergießt sich ein Lichtmeer über das Land! — Hammerfest hat auch
einige Bedeutung als Handelsstadt. Dampfer und Segler aus England,
Holland und Deutschland bringen der Stadt allerlei Jndustrieerzeugnisse
und nehmen dafür Tran, gedörrte Fische, Renntierfelle, Eiderdaunen
oder Erze mit. Der Aufenthalt dieser Schiffe ist immer nur von
kurzer Dauer. Ehe der kurze Sommer zu Ende ist und der eisige
Hauch des Winters die See mit einem festen Eiswall verschließt,
muß die Rückreise nach der fernen Heimat angetreten werden. Nach
Hammerfest kommen anch die Russen, welche die Halbinsel Kola be-
wohnen, um die Produkte der englischen und deutschen Industrie heim-
zuholen.
Wer einmal Hammerfest besucht, der versäumt auch nicht, von
hier aus das Nordkap zu besuchen. (Zeigen!) Dieses Vorgebirge liegt
aus einer Gestadeinsel (Erkläre!) des Eismeers und fällt 50 m steil zum
Meere hin ab. Wenn der Wanderer auf dem äußersten Vorsprunge
des gewaltigen Felsens steht, so breitet sich vor ihm, soweit das Auge
reicht, das Polarmeer aus. Totenstille herrscht ringsum. Nur die
Meereswogen rollen brandend und tosend gegen das Felsenufer und den
Wall großer, übereinander getürmter Blöcke. Hoch auf sprüht der
schimmernde Gischt, so daß es wie blendend weiße Schleier um die
dunklen Klippen wogt und wallt.
Zusammenfassung und Einprägung.
1895 -
München
: Oldenbourg
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
486
66. Die lange Nacht in Hammerfest.
jeder Masche des Netzes auch ein Fisch. Seine Menge ist
so ungeheuer, daß er zuweilen eine Wand bildet, welche bis
auf den Grund hinabreicht, und von deren Druck nach oben
die Boote dann mehrere Zoll aus dem Wasser gehoben werden.
Sobald die Fahrzeuge gefüllt sind, fahren die Fischer
nach Bergen. Dort nun eröffnet sich ein neues Schauspiel.
Arbeiter karren den Hering aus den Schiffen unter die
weiten Durchgänge der Häuser. Hier sitzen, von Tonnen
umringt, Scharen von Menschen, die mit dem Messer i»
der Hand das Werk des Auskehlens verrichten. Die Karren
werden bei ihren Plätzen umgestürzt. Halb in Fischbergen
begraben, ergreifen die Arbeiter einen Hering nach dem
andern, schneiden ihm die Kehle auf, reißen mit einem kunst-
gemäßen Zuge Gedärme und Eingeweide heraus und werfen
ihn dann in die bereitstehenden Bütten. Sie haben in dieser
Arbeit eine solche Fertigkeit, daß viele tausend Fische täglich
abgethan werden. Sobald die Bütten gefüllt sind, werden
sie von anderen Arbeitern an den Platz des Einsalzens ge-
fahren. Dort werden die Heringe in Fässer gepackt, mit
Salzlacke begossen, die Gefäße vom Böttcher geschlossen, und
nun, in dem Magazine aufgestapelt, sind sie zur Ausfuhr
fertig und bereit. Wenn man bedenkt, daß in den letzten
guten Zeiten von Bergen allein jährlich beinahe 300000 Tonnen
Heringe ausgeführt worden sind, kann man sich wohl einen
Begriff von der Größe und Lebendigkeit dieses Handels
machen. Ohne Zweifel kann man annehmen, daß jährlich an
den Küsten Norwegens, Englands, Hollands und in der
Ostsee weit über tausend Millionen Heringe gefangen und
wohl noch mehr von den Raubtieren verschlungen werden.
Endlich im März senken sich die Scharen in die Tiefen, und
mit dem Ende des Monats verschwinden sie gewöhnlich ganz.
(Mügge.)
66. Die lange Wacht in Kammerfest, f
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe
für alles Handelsleben, und man möchte sagen: am Polar-
1870 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
326
nung, und dann sitzen sie Wohl am Bostontische Tag oder Nacht, hal-
ten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Komödie und sehnen sich
endlich unruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht.
In Hammersest wohnt außer den Kaufleuten kein anderer gebildeter
Mensch, als ein Pastor und ein Arzt.
Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sie uns
vorstellen. Die Sonne geht freilich 8 Wochen unter den Horizont, und
4 Wochen lang, von Mitte December bis Mitte Januar, ist tiefe Fin-
sterniß, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indeß ist sie
doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der Mit-
tagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster eine
halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen dabei
glänzend hell am Himmel; Nordlichte sind auch hier seltner, als mehr
südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste ununterbro-
chenste Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung leichter, und ist
der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht
die Natur den Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die
Sonne Kreise um den Himmel, ohne sich jemals vom Horizonte zu
entfernen. Der ganze Unterschied zwischen Mittag und Mitternacht ist
dann, daß die Strahlen etwas bleicher und matter werden, ohne daß
sie aufhören, die belebende Wärme zu verlieren. Es ist sehr eigen-
thümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle Nacht dauert,
der Wind ganz schweigt und eine durch nichts gestörte Ruhe in der
Natur herrscht, als wolle diese gleichsam dadurch die Zeit des Schlafes
ankündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder, und die
Wetter werden losgelassen von den Nebelgeistern und abendlich einge-
fangen; die Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß, daß sie lästig
werden kann. Ein Bekannter erzählte mir, daß, als er sich in Ham-
merfest auf einem Balle befand und gerade um Mitternacht an den
Bord des Schiffes zurückfuhr, die Sonne so mächtig war, daß er den
Rock auszog; das Thermometer zeigte 18 Grad. Dieser anhaltende
Tag und Sonnenschein macht es auch wohl allein möglich, daß noch
Ernten gedeihen.
Wie seltsam ist aber der Mensch! Reiche Handelsherren bringen
ihr ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Klima zu, von denen
manche, wenn sie wollten, im schönen Süden leben könnten. Wer
hierher kommt, sagte mir einer, thut es natürlich des Gewinnes wegen.
Ist man aber ansässig, so kommt man nicht wieder fort; denn wer
kauft uns ab, was wir besitzen? Menschen, welche Vermögen besitzen,
wandern nicht nach Hammerfest; es sind nur solche, die es sich erwer-
den wollen. Aber wer hier geboren ist, der liebt diese Einöden eben
so sehnsüchtig, wie der Lappe seine Rennthieralpen oder der Grönlän- '
der seine Eisbuchten.
308. Der Geysir auf Island.
Schon aus der Ferne verkündigen sich die warmen Quellen und
Kochbrunnen, deren über 40 auf einem Raume von etwa 30 Morgen
1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
64
2. Die Westküste fällt steil zum Meere ab. Hier finden sich zahlreiche
schmale Meerbusen, „Fjorde" genannt, die 1—200 km weit in das Land ein-
schneiden. Die Küstenstrecken bleiben hier selbst im Winter bis zum Nordkap eisfrei.
(Warum? Golfstrom S. 87.) Der Sommer bringt viel Regen. (Warum? S. 53.)
Daher ist die ganze Westküste sehr fruchtbar und bringt vorzügliches Obst hervor.
An den Ufern dieser Fjorde drängen sich deshalb die Bewohner auch sehr dicht zu-
sammen. Da findet man langgestreckte Dörfer und selbst einige Städte, von denen
Bergen wegen seines Fischhandels am bedeutendsten ist. Vor der Westküste liegen
zahlreiche kahle Felseninseln, „Schären" genannt. Sie sind die Reste des ehemaligen
Küstenlandes. Hier sind die besten Fangplätze für Heringe, Lachse, Dorsche n. s. w.,
die in großen Scharen an die Inseln kommen, um dort zu laichen. Auf einer
solchen Insel liegt Hammerfest.
3. Hammerfest ist die nördlichste Stadt Europas. Im Winter läßt sich die Sonne
hier 10 Wochen lang gar nicht sehen, kaum, daß es um Mittag etwas dämmert. Zwar
wird diese endlose Nacht durch den Schnee, den Mond, die Sterne und das Nordlicht etwas
gemildert. Dennoch muß im Dezember und Januar bei jeder Arbeit in der Wohnung
Licht gebrannt werden. Mitte Januar fängt es an zu dämmern, und dann nimmt der
Tag schnell zu. Im Hochsommer verschwindet die Sonne etwa 10 Wochen gar nicht vom
Horizonte, so daß man selbst um Mitternacht noch, im Freien lesen kann. Die Stadt zählt
etwas über 2000 Bewohner. Die meisten nähren sich als Fischer. Man fängt hier be-
sonders viel Dorsche, deren Leber zu Leberthran verarbeitet wird. Auch der Walfischfang
wird von hieraus stark betrieben. Vor der Stadt sieht man große Gerüste, aus denen Fische
getrocknet werden. Sie heißen, weil auf „Stöcken" getrocknet, Stockfische.
4. Bewohner und Erwerbsquellen. Die Bewohner sind mit Ausnahme
der im hohen Norden wohnenden Lappen gernianischen Ursprungs und ge-
hören zur evangelischen Kirche.
Nur Vio des Landes eignet
sich zum Ackerbau, und da auch
die Industrie (aus Mangel an
Kohlen) gering ist, so erklärt
sich daraus leicht die geringe
Einwohnerzahl. (Vgl. S. 61.)
Am fruchtbarsten ist der Boden
im Süden. Hier gewährt der
Ackerbau den Schweden hin-
reichenden Unterhalt. Im hohen
Norden dagegen, wo das
Klinia keine Feldsrncht mehr
reifen läßt, sind die Lappen
Lappe im Schlitten. 9™* und gar aus ihre oft nach
Tausenden zählenden Renntier-
herden angewiesen. Die Küstenbewohner ernähren sich fast ausschließlich durch
Fischfang. Fische und Bauholz (das in den endlosen Wäldern geschlagen wird)
bilden die wichtigsten Handelsartikel. An Eisenerzen besitzt Schweden einen un-
ermeßlichen Reichtum, ebenso wird viel Kupfer und Silber gewonnen. An Salz
dagegen ist großer Mangel.
5. Die norwegischen Bauern wohnen in den engen Thälern meist auf einzeln
gelegenen Höfen. Geschlossene Dörfer sind sehr selten. Während des langen
Winte s ist der Bauer ganz allein auf sich angewiesen; Eis, Schnee und tiefe
Schluchten sperren ihn von allen seinen Nachbarn ab. Er ist daher gezwungen,
sein eigner Schneider, Schuster, Schmied u. s. w. zu sein. Bis zur Kirche hat mancher
mehr als 15 km zu Pilgern, aber nur selten versäumt der norwegische Bauer
den Gottesdienst. — Im Frühjahre ziehen die Franen und Mädchen mit dem
1902 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 31
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
64
2. Die Westküste fällt steil zum Meere ab. Hier finden sich zahlreiche
schmale Meerbusen, „Fjorde" genannt, die 1—200 km weit in das Land ein-
schneiden. Die Küstenstrecken bleiben hier selbst im Winter bis zum Nordkap eisfrei.
(Warum? Golfstrom S. 87.) Der Sommer bringt viel Regen. (Warum? S. 53.)
Daher ist die ganze Westküste sehr fruchtbar und bringt vorzügliches Obst hervor.
An den Ufern dieser Fjorde drängen sich deshalb die Bewohner auch sehr dicht zu-
sammen. Da findet man langgestreckte Dörfer und selbst einige Städte, von denen
Bergen wegen seines Fischhandels am bedeutendsten ist. Vor der Westküste liegen
zahlreiche kahle Felseninseln, „Schären" genannt. Sie sind die Reste des ehemaligen
Küstenlandes. Hier sind die besten Fangplütze für Heringe, Lachse, Dorsche u. s. w.,
die in großen Scharen an die Inseln kommen, um dort zu laichen. Auf einer
solchen Insel liegt Hammerfest.
3. Hammerfest ist die nördlichste Stadt Europas. Im Winter läßt sich die Sonne
hier 10 Wochen lang gar nicht sehen, kaum, daß es um Mittag etwas dämmert. Zwar
wird diese endlose Nacht durch den Schnee, den Mond, die Sterne und das Nordlicht etwas
gemildert. Dennoch muß im Dezember und Januar bei jeder Arbeit in der Wohnung
Licht gebrannt werden. Mitte Januar fängt es an zu dämmern, und dann nimmt der
Tag schnell zu. Im Hochsommer verschwindet die Sonne etwa 10 Wochen gar nicht vom
Horizonte, so daß man selbst um Mitternacht noch im Freien lesen kann. Die Stadt zählt
etwas über 2000 Bewohner. Die meisten nähren sich als Fischer. Man fängt hier be-
sonders viel Dorsche, deren Leber zu Lebertran verarbeitet wird. Auch der Walfischfang
wird von hieraus stark betrieben. Vor der Stadt sieht man große Gerüste, auf denen Fische
getrocknet werden. Sie heißen, weil auf „Stöcken" getrocknet, Stockfische.
4. Bewohner und Erwerbsquellen. Die Bewohner sind mit Ausnahme
der im hohen Norden wohnenden Lappen germanischen Ursprungs und ge-
hören zur evangelischen Kirche.
Nur Vio des Landes eignet
sich zum Ackerbau, und da auch
die Industrie (ans Mangel an
Kohlen) gering ist, so erklärt
sich daraus leicht die geringe
Einwohnerzahl. (Vgl. S. 61!)
\ Am fruchtbarsten ist der Boden
im Süden. Hier gewährt der
Ackerbau den Schweden hin-
reichenden Unterhalt. Im hohen
Norden dagegen, wo das
Klima keine Feldfrucht mehr
a _ reifen läßt, sind die Lappen
Lappe' im Schlitten. ganz und gar auf ihre Renn-
tierherden angewiesen, von
denen manche mehrere tausend Stück zählt. Die Küstenbewohner ernähren sich
fast ausschließlich durch Fischfang. Fische und Bauholz (das in den endlosen
Wäldern geschlagen wird) bilden die wichtigsten Handelsartikel. An Eisenerzen
besitzt Schweden einen unermeßlichen Reichtum, ebenso wird viel Kupfer und
Silber gewonnen. An Salz dagegen ist großer Mangel.
5. Die norwegischen Bauern wohnen in den engen Tälern meist auf einzeln
gelegenen Höfen. Geschlossene Dörfer sind sehr selten. Während des langen
Winters ist der Bauer ganz allein aus sich angewiesen; Eis, Schnee und tiefe
Schluchten sperren ihn von allen seinen Nachbarn ab. Er ist daher gezwungen,
sein eigener Schneider, Schuster, Schmied u. s. w. zu sein. Bis zur Kirche hat mancher
mehr als 15 km zu pilgern, aber nur selten versäumt der norwegische Bauer
den Gottesdienst. — Im Frühjahre ziehen die Frauen und Mädchen mit dem
1900 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
- Auflagennummer (WdK): 30
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
237
welches der Mensch hier gar nicht leben könnte. Es gehört zu dem
Hirschgeschlecht und hat unter allen Hirscharten die gedrungenste und
kräftigste Gestalt.^ Sein Hals ist kurz und muskulös, sein Huf platt,
seine Beine sind ans starken Knochen znsammengefügt/>Der ganze
Bau dieses Hirsches ist zum Ertragen von Beschwerden, zum Ziehen
von Lasten eingerichtet. Wie kein anderes Tier weiß es sich auf
einem Boden zu ernähren, der acht Monate des Jahres mit Schnee
und Eis bedeckt ist.^Männchen und Weibchen haben Geweihe,
während bei den übrigen Hirscharten nur das Männchen auf diese
Zierde stolz sein kann. Da manche dieser Geweihe fünfzig Pfund
wiegen, so ist daraus schon zu ermessen, wie kräftig das Tier sein
muß. Hunger erträgt es ohne viele Beschwerde; Moos ist fein
Lieblingsgericht, und trotz dieser kärglichen Nahrung überwindet es
viel besser als das Pferd alle Schwierigkeiten, welche Schnee- und
Eisfelder bieten. Unglaubliches vermag es vor dem Schlitten zu
leisten. Wegstrecken, wozu der Lappe im Sommer drei Tage gebraucht,
durchläuft es im Winter in einem Tage. Nur gegen die Wärme ist
es empfindlich. Kommt daher die kurze Sommerszeit, so ist der Lappe
gezwungen, mit seinem Renntier aus den warmen Thälern auf die
Berge zu flüchten, und selbst da sucht es sich gern ein Schneefeld
zum Ruhen ans. So ist der Bewohner des Nordens von Europa
ein Nomade geworden, weil die Renntiere, welche ihm Kleidung und
Nahrung geben, Nomaden sind. Im Winter lebt er in den Thälern;
im Sommer schlügt er seine Wohnung in den Bergen auff/Birken-
stämme bilden das Gerüst, Renntierfelle die Decke des Zeltes, in
welchem nicht nur Weib, Kind und Gesinde, sondern auch die
Hunde wohnen. Diese treiben jeden Tag die Herde zum Melken zu-
sammen, und wie der Lappe keine andere Milch als die seiner ge-
zähmten Hirsche kennt, so kennt er auch kein anderes Bett als das
Fell derselben. Seine Herden sind sein einziger Reichtum, und Glück
und Unglück hängt hier von dem Besitz eines einzigen Tieres ab.
Wer Herr einer Herde von 1000 Renntieren ist, gilt für einen reichen
Mann. Wird dem Lappländer ein Kind geboren, so beschenkt er es
mit einem Renntierkalbe; bekommt es den ersten Zahn, so wird es
wieder mit einem solchen Geschenke bedacht. Gude.
139. Die lange Nacht in Hammerfest.
In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles
Handelslehen. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der
schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am
qualmigen Feuer und warten dort im trägen Winterschlafe, bis der neue
Tag erscheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in
Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Spieltische Tag und Nacht, halten
Bälle und Schmausereien, spielen sogar Theater und sehnen sich endlich
unruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht. In
1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
127
sie streckenweise zum Flößen des Holzes benutzen. — Im Süden Schwedens
finden wir drei große Seen: den Wen er-, Wetter- und Mälarsee. Den Wener-
und Wettersee verbindet der Götakanal, der aus der Nord- in die Ostsee führt.
3. Schweden und Norwegen sind zwei ganz selbständige Königreiche. Jedes
hat ein eignes Ministerium und seinen eignen Reichstag, doch werden beide von
demselben Könige regiert.
4. Das Königreich Norwegen (2 M. E.) nimmt den Westen der Halb-
insel ein. Die Küste steigt hier stellenweise bis zu 700 m ans dem Meere empor.
In die engen Spalten der Küste dringt das Meer überall ein und bildet so die
100—200 üm langen Fjorde. Auffallend ist das milde Klima der Westküste.
Nach der nördlichen Lage des Landes müßte man ein kaltes Klima erwarten. In-
folge des warmen Golfstroms (S. 165) aber, der auch weit in die Fjorde ein-
dringt, bleibt die Küste selbst im Winter bis zum Nordkap eisfrei. Der Sommer
dagegen bringt (infolge der Ausdünstung des Meeres) so häufig Regen, daß die
Stadt Bergen die regenreichste Stadt Europas ist. Aus diesem Klima erklärt
sich die große Fruchtbarkeit der Westküste. In den geschützten Thälern gedeiht
vorzügliches Obst, und stellenweise findet man Kirschbäume, deren Stamm ein
Mann kaum zu umspannen vermag. An den Usern der Fjorde drängen sich daher
die Bewohner dicht zusammen. Da findet man langgestreckte Dörfer und selbst
einige Städte, von denen Bergen (wegen seines großartigen Fischhandels „das
nordische Hamburg" genannt) und Drontheim die bekanntesten sind.
Im hohen Norden liegt Hammerfest, die nördlichste Stadt der Erde. Im
Winter läßt sich die Sonne hier 10 Wochen lang gar nicht sehen, kaum, daß es um
Mittag etwas dämmert. Zwar wird diese endlose Nacht durch den Schnee, den
Mond, die Sterne und das Nordlicht etwas gemildert; dennoch muß im Dezember
und Januar bei jeder Arbeit in der Wohnung Licht gebrannt werden. Mitte Ja-
nuar fängt es an zu dämmern, und dann nimmt der Tag schnell zu. Im Hoch-
sommer verschwindet die Sonne etwa 10 Wochen gar nicht vom Horizonte, so daß
man selbst um Mitternacht noch im Freien lesen kann. — Die Stadt liegt auf
einer öden Felseninsel. Nirgends grünt ein Baum oder Strauch. Die Häuser
sind vielfach aus Holz erbaut. Die Bewohner (etwa 2000) ernähren sich meistens
als Fischer.
Vor der Westküste liegen zahlreiche kahle Felseninseln, „Schären" genannt.
Es sind Reste des ehemaligen Küstenlandes. Hier sind die besten Fangplätze für
Heringe, Dorsche, Lachse, Schellfische u. a., da diese in großen Scharen an die
Inseln kommen, um dort zu laichen. — Die Hauptstadt Norwegens ist Chri-
stiania (148 T.).
5. Die norwegischen Bauern wohnen meist auf einzeln gelegenen Höfen, da
in den engen Thälern für geschlossene Dörfer kein Raum ist. Während des langen
Winters ist der Bauer ganz allein auf sich angewiesen. Eis, Schnee und tiefe
Schluchten sperren ihn von allen seinen Nachbarn ab. Er ist daher gezwungen,
sein eigner Handwerker zu sein. — In den entlegensten Teilen des Landes hatte
man früher meist sogenannte Wanderschulen. Da wanderte der Lehrer von Hof zu
Hof und unterrichtete die Kleinen alljährlich einige Wochen. Während der übrigen
Zeit des Jahres aber setzte die Mutter — so gut sie eben konnte — den Unter-
richt fort. Jetzt aber verschwinden die Wanderschulen mehr und mehr, und fest-
stehende Schulen treten an ihre Stelle.
6. Das Königreich Schweden (5 M. E.) nimmt den Osten und Süden der
Halbinsel ein. Im Süden finden wir viel Tiefland und so fruchtbaren Boden,
daß von hier aus viel Getreide nach dem Norden ausgeführt werden kann. Das
Tiefland ist verhältnismäßig stark bevölkert. Hier finden wir daher auch die
1896 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
127
sie streckenweise zum Flößen des Holzes benutzen. — Im Süden Schwedens
finden wir drei große Seen: den Wen er-, Wetter- und Matarsee. Den Wener-
und Wettersee verbindet der Götakanal, der aus der Nord- in die Ostsee führt.
3. Schweden und Norwegen sind zwei ganz selbständige Königreiche. Jedes
hat ein eignes Ministerium und seinen eignen Reichstag, doch werden beide von
demselben Könige regiert.
4. Das Königreich Norwegen (2 M. E.) nimmt den Westen der Halb-
insel ein. Die Küste steigt hier stellenweise bis zu 700 m aus dem Meere empor.
In die engen Spalten der Küste dringt das Meer überall ein und bildet so die
100—200 km langen Fjorde. Auffallend ist das milde Klima der Westküste.
Nach der nördlichen Lage des Landes müßte man ein kaltes Klima erwarten. In-
folge des warmen Golfstroms (S. 165) aber, der auch weit in die Fjorde ein-
dringt, bleibt die Küste selbst im Winter bis zum Nordkap eisfrei. Der Sommer
dagegen bringt (infolge der Ausdünstung des Meeres) so häufig Regen, daß die
Stadt Bergen die regenreichste Stadt Europas ist. Aus diesem Klima erklärt
sich die große Fruchtbarkeit der Westküste. In den geschützten Thälern gedeiht
vorzügliches Obst, und stellenweise findet man Kirschbäume, deren Stamm ein
Mann kaum zu umspannen vermag. An den Ufern der Fjorde drängen sich daher
die Bewohner dicht zusammen. Da findet man langgestreckte Dörfer und selbst
einige Städte, von denen Bergen (wegen seines großartigen Fischhandels „das
nordische Hamburg" genannt) und Drontheim die bekanntesten sind.
Im hohen Norden liegt Hammerfest, die nördlichste Stadt der Erde. Im
Winter läßt sich die Sonne hier 10 Wochen lang gar nicht sehen, kaum, daß es um
Mittag etwas dämmert. Zwar wird diese endlose Nacht durch den Schnee, den
Mond, die Sterne und das Nordlicht etwas gemildert; dennoch muß im Dezember
und Januar bei jeder Arbeit in der Wohnung Licht gebrannt werden. Mitte Ja-
nuar fängt es an zu dämmern, und dann nimmt der Tag schnell zu. Im Hoch-
sommer verschwindet die Sonne etwa 10 Wochen gar nicht vom Horizonte, so daß
man selbst um Mitternacht noch im Freien lesen kann. — Die Stadt liegt auf
einer öden Felseninsel. Nirgends grünt ein Baum oder Strauch. Die Häuser
sind vielfach aus Holz erbaut. Die Bewohner (etwa 2000) ernähren sich meistens
als Fischer.
Vor der Westküste liegen zahlreiche kahle Felseninseln, „Schären" genannt.
Es sind Reste des ehemaligen Küstenlandes. Hier sind die besten Fangplätze für
Heringe, Dorsche, Lachse, Schellfische u. a., da diese in großen Scharen an die
Inseln kommen, um dort zu laichen. — Die Hauptstadt Norwegens ist Chri-
stiania (148 T.).
5. Die norwegischen Bauern wohnen meist aus einzeln gelegenen Höfen, da
in den engen Thälern für geschlossene Dörfer kein Raum ist. Während des langen
Winters ist der Bauer ganz allein ans sich angewiesen. Eis, Schnee und tiefe
Schluchten sperren ihn von allen seinen Nachbarn ab. Er ist daher gezwungen,
sein eigner Handwerker zu sein. — In den entlegensten Teilen des Landes hatte
man früher meist sogenannte Wanderschulen. Da wanderte der Lehrer von Hof zu
Hof und unterrichtete die Kleinen alljährlich einige Wochen. Während der übrigen
Zeit des Jahres aber setzte die Mutter — so gut sie eben konnte — den Unter-
richt fort. Jetzt aber verschwinden die Wanderschulen mehr und mehr, und fest-
stehende Schulen treten an ihre Stelle.
6. Das Königreich Schweden (5 M. E.) nimmt den Osten und Süden der
Halbinsel ein. Im Süden finden wir viel Tiefland und so fruchtbaren Boden,
daß von hier aus viel Getreide nach dem Norden ausgeführt werden kann. Das
Tiefland ist verhältnismäßig stark bevölkert. Hier finden wir daher auch die