Anfrage in Hauptansicht öffnen

Änliche Dokumente zu folgendem Trefferdokument

Basierend auf den Feldern Volltext

Sortiert nach: Ähnlichkeit zu Dokument

1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 89

1884 - Leipzig : Spamer
Trotzendorf. 89 Dorfe dieses Namens, eine Meile von Görlitz (jetzt Troitschendorf), wo er 1490 geboren wurde, gehört in die Reihe der großen Schulmänner des 16. Jahr- Hunderts, wie Sturm in Straßbnrg. Neander in Jlefeld, H. Wolf in Augsburg, Mylins in Görlitz, Fabricius in Meißen, welche alle aus der Schule Melauchthons hervorgegangen sind. Trotzendorf war der Sohn eines ehrbaren Landmannes, der mit Bettelmönchen in Verbindung stand. Als diese die Lernbegierde und Fähig- keit des Knaben wahrnahmen, veranlagten sie den Vater, den kleinen Valentin nach Görlitz auf die Schule zu schicken. Bald aber wurde es dem Vater leid, den Sohn fortgeschickt zu haben; er ließ ihn wieder zurückkommen und verwendete ihn in der Landwirtschaft. Goldberg. Aber die Mutter gefiel sich in dem Gedanken, ihr Söhnchen könne einmal ein Priester werden, und sie wußte es durchzusetzen, daß Valentin in seinem Geburtsorte weiter im Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Als Schreibmaterial dienten dem Knaben Birkenrinde (interior betulae cortex), Gänsekiele und Kaminruß (fuligo infumibuli atramentum suppeditavit). Zwei Jahre dauerte dieser Unterricht Auf unablässiges Betreiben seiner Mutter wurde der Jüugling im Jahre 1508 wieder in die Stadt gebracht, um sich ganz dem Studium zu widmen. Trotzendorf überholte bald alle seine Mitschüler, und als 1513 sein Vater starb (seine Mutter war schon früher an der Pest gestorben), verkaufte er sein Erbgut und begab sich nach Leipzig, wo er sich zwei Jahre lang lateinischen und griechischen Studien widmete.

Ähnliche Ergebnisse

Ähnliche Dokumente basierend auf den Feldern Volltext

1. Görlitzer Heimatkunde - S. 95

1906 - Breslau : Hirt
ij 158. B. Züge des Volkscharakters und Volkslebens. 95 Bei der Eigenart Böhmes war es kein Wunder, daß auch die Sage sich seiner Person bemächtigte, und so ist sein Name mit der Sage vom Schatz auf der uandeskrone verbunden geblieben. Auch der Name des großen Pädagogen Valentin Trotzendorf ist mehrfach mit Görlitz verknüpft. Zn Troüschendorf, anderthalb Wegstuuden von der Stadt, ward Valentin Friedland 1490 geboren; seinen ersten Unterricht genoß der begabte Knabe im Franziskanerkloster zu Görlitz. Als er nach längerer Abwesenheit wieder dahin zurückkehrte, rief ihm seine Mutter als Abschieds- grüß zu: „Balten, bleib ja bei der Schule", und noch später hat sich Trotzeudorf durch diesen Wunsch wie durch einen heiligen Auftrag ans Lehramt gebunden gefühlt. Er besuchte auch die Stadtschule, die damals an der Peters- kirche lag, ging aber, als er die Eltern verloren und sein Erbe verkauft hatte, nach Leipzig, um sich fürs Lehramt weiterzubilden und namentlich das Griechische zu erlernen. Drei Jahre lang wirkte Trotzendorf sodann an der Görlitzer Franziskanerschule, bis er, durch die Reformation begeistert, nach Wittenberg gezogen ward, wo er sich besonders an Melanchthon anschloß. Von hier aus wurde er 1523 nach Golbberg berufen, und nun begann seine vorbildliche, schul- resormatorische Tätigkeit, die ihu weltberühmt gemacht hat. In seinem Heimat- dorf ist ihm 1890 ein einfacher Denkstein errichtet worden, der die Inschrift trägt: Geburtsstätte des Valentin Friedland, genannt Trotzendorf, Rektor zu Goldberg, geboren am 14. Februar 1490, gestorben am 26. April 1556. In Görlitz trügt ihm zu Ehren eine Straße seinen Namen. Außer diesen dm bedeutenden Männern seien wenigstens erwähnt der - S. 6-1 genannte — Astronom Bartholomäus Scultetus (1540—1614), der Begründer der neueren Geologie, Abraham Gottlob Weruer (aus Wehrau) (1749—1817) und der Mathematiker und Philosoph Ehrenfried Walter von Tschirnhaus (aus Kieslingswalde) (1651—1708). Von regem wissenschaftlichen Sinne zeugen auch heute noch die beiden fröhlich blühenden wissenschaftlichen Vereine in Görlitz: die 1811 gegründete Naturforschende Gefellschaft mit ihren reichhaltigen Sammlungen (s. S. 51) und die seit mehr als 125iahren bestehende Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, die den Anspruch machen kaun, der älteste Geschichtsverein von ganz Deutschland zu sein. Die Baukunst weist seit Jahrhunderten sehr beachtenswerte, zum Teil mustergültige Leistungen auf (s. § 159 ff.); besonders bewundert werden die Bauten aus dem 16. Jahrhundert, dem Zeitalter der Renaissance. Weiter gibt es in unserer Stadt einen Knnstverein, der zunächst die Malerei pflegt und manche beachtenswerte, nicht zu unterschätzende Leistung gezeitigt hat, lowie seit 1902 einen Kunstgewerbe - Verein, der durch mehrere Aus- stellungen nicht nur seinen Mitgliedern, sondern auch weiteren Kreisen mannig- fache Anregungen gegeben hat. Musik wird in besonders eifrigem Wettbewerb durch eine ganze Reihe von größeren und kleineren Musikvereinen ange- legentlich gepflegt. Die großen fchlesischen Musikfeste finden nunmehr allein in Görlitz (alle drei Jahre) statt und vereinigen sehr viele Künstler und Kunst- freunde; der Bau einer Stadthalle für diese und ähnliche Veranstaltungen ist beschlossen und wird bald in Angriff genommen werden. Die Volksbücherei und Volkslesehalle, eine Stiftung des Geheimen Kommerzienrats Otto Müller,, Ehrenbürgers von Görlitz, ist im Rohbau vollendet.

2. Kurzgefaßte Geschichte Schlesiens - S. 47

1840 - Schweidnitz : Heege
47 lgubniß noch vor seinem Ende ankommen zu sehen. Sein Tod erfolgte zu Wien am 25. Juli 1564. Kaiser Maximilian Ii.- von 1564 bis 1576. Ferdinand übergab noch bei seinen Lebzeiten Ungarn und Böhmen seinem Sohne Maximilian, welcher 1563 nach Breslau kam. — Er beschützte die protestantische Religion öffentlich; vielleicht fehlte ihm nur längeres Leben, um dieselbe auf den Kaiscrthron zu erheben und dem folgen- den Jahrhunderte einen 30 Jahre langeip, 'blutigen Kampf zu ersparen. Auch Marimilian bedurfte der Hülfe seiner Stände zum ungarischen Kriege gegen die Türken, _ und die Summen, welche Schlesien für diesen Zweck anfbrin- gen mußte, waren sehr groß, doch wurden sie eben so leicht aufgebracht, als gern gegeben, weil das Land durch Den langen Frieden in blühenden Wohlstand gekommen war, und keine Religivnsbedrückungen das Herz des Vol- kes vom Fürsten abwcndeten. Das Rauben und Fehden hörte auch jetzt noch nicht ganz auf, besonders fiel aus Polen dergleichen Raubgesindel oft ins Land, indessen ge- schah cs nicht mehr so häufig als sonst. Maximilian starb den 12. Oktober 1576 zu Rcgcnsbnrg und hinterließ den Ruhm, zwar kein großer, aber ein guter Fürst gewesen zu sein, unter dem das Vaterland einer nachher nie mehr wiederkchrendcn Blüthe genoß. Unter dieser friedlichen Regierung gewann auch der Zustand der Kultur und Gelehrsamkeit Schlesiens bedeu- tend. Es wurden mehrere gelehrte Schulen und Gymna- sien angelegt, von welchen das zu Goldberg, an welchem der berühmte Schulmann Valentin Friedland, zu Trotzendorf, 1'Meile von Görlitz geboren, daher auch Valentin von Trotzendorf genannt, angcstcllt war, zu besonderer Berühmtheit gelangte. Es wurde von Schü- lern aus Deutschland, Böhmen, Polen, Litthauen, Un- garn und Siebenbürgen besucht, und die Anzahl derselben belief sich oft, über Tausend. Doch behielt diese Schule nur 30 Jahre lang ihre Berühmtheit, indem nach dieser Zeit die in Schlesien Angerissene Pest, Lehrer und Schü- ler vertrieb, worauf sic ihr großes Ansehen nie mehr erreichte. Kaiser Rudolph Li.- von 1576 bis 1611. ^^Rndolph, Sohn des Kaisers Marimilian Ii.. kam 4577 nach Schlesien. Mit ihm beginnt -der innerliche Krieg zwischen Protestanten und Katholiken und eine lang dauernde Periode des Unglücks für Schlesien. Er selbst und stirbt den 25. Juli 15(54. Kaiser Maximi- lian Ii. kommt 1563 nach Breslau, beschützt die pro- testantische Re- ligion, und führt eben- falls Krieg gegen die Türken. Das Rauben und Fehden dauert fort. Marimilian stirbt den i2tcn October 1576 zu Regensburg. Kultur und Ge- lehrsamkeit ge. dcihen. — (?s entstanden Schu- len u.gpmnasicn. z. B. zu Gold- berq wo der be- rühmte Valentin Friedland lehrte. Kaiser Ru- dolph ii. kam 1577 nach Schlesien. Gs entsteht ein innerer Krieg zwischen Prote- stanten und Ka- tholiken.

3. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 90

1884 - Leipzig : Spamer
90 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend. Im Jahre 1516 wurde er Lehrer an der Görlitzer Schule; Schüler und Lehrer lernten von ihm, selbst seinen Rektor unterrichtete er im Griechischen. Luthers Auftreten bewog ihn nach Wittenberg zu gehen, wo er fünf Jahre blieb. Dort nahm er auch im Hebräischen Unterricht bei einem getauften Juden. Eng und innig schloß er sich an Melanchthon an, dem er sein ganzes Leben hindurch seine Anhänglichkeit bewahrte. Im Jahre 1523 wurde Helmrich Rektor der Goldberger Schule und bewirkte, daß Trotzendorf als Lehrer an seine Schule berufen wurde. Als Helmrich im folgenden Jahre ein andres Amt erhielt, wurde Trotzendorf an feiner Stelle Rektor; da aber infolge der Reformation die Gemüter sehr in Aufregung waren, gedieh die Schule nicht, und Trotzendorf ging im Jahre 1527 an die in Liegnitz ins Leben zu rufende Universität und kehrte 1529 nach Witten- berg zurück. Auf dringendes Bitten Helmrichs, der inzwischen Bürgermeister geworden war, übernahm Trotzendorf im Jahre 1531 zum zweitenmal das Rek- torat in Goldberg, dem er von da an 25 Jahre mit Ruhm Vorstand. In dem Rosarium, das seine Schüler herausgaben, heißt es von der Goldberger Schule, sie habe so viel Schüler gehabt (es waren gegen tausend), daß der Rektor hätte aus ihnen ein Heer gegen die Türken bilden können (tantum habuit discipulorum numeram, ut justum ex iis exercitum contra Turcos producere posset). Seine Schule, die nicht nur von Schlesiern, sondern auch von Jünglingen aus Steiermark, Kärnten, Ungarn und Polen besucht wurde, glich, so berichtet der Redner Rhavus, einem wohleingerichteten Staate, der durch Gesetze, Unterricht und andre schöne Übungen trefflich geordnet ist zu dem Zwecke, daß die Jugend, von Kindheit an mit der religiösen Wahrheit getränkt, eine Richtung erhalte zur Furcht und Anrufung Gottes, zugleich aber auch die Elemente der Wissenschaften und Künste erlerne, welche notwendig sind für die Kirche und menschliche Gesell- schaft, und in strengerer Zucht herangebildet sanfte Sitten annehme, sich an die ge- meinsame ehrenhafte Pflichterfüllung im öffentlichen und Privatleben gewöhne. Trotzendorf richtete feine Schule eigentümlich ein; sie zerfiel in sechs Klassen, jede Klasse war in Tribus geteilt. Die Schüler selbst zog er ins Regiment, indem er die einen zu Ökonomen, andre zu Ephoreu, noch andre zu Quästoren ernannte. Die Ökonomen mußten für die Ordnung im Haufe sorgen, z. B. daß alle zu rechter Zeit aufstanden und zu Bett gingen, daß Stuben, Kleider u. s. w. in reinlicher Ordnung gehalten wurden. Den Ephoren lag ob, für gute Ordnung bei Tische einzustehen. Jede Tribus hatte ihren Qnästor; über alle Quästoren war ein Oberqnästor gesetzt. Jene wurden wöchentlich, diese monatlich gewählt; sie hielten auch lateinische Reden beim Austritt aus dem Amte. Die Quästoren hatten über den fleißigen Besuch der Lektionen zu wachen, die Faulen anzuzeigen, Themata zu geben, welche während der halben Stunde nach dem Sssen lateinisch besprochen wurden. Außerdem setzte Trotzendorf einen Schüler- Magistrat ein. Dieser bestand aus einem monatlich von ihm gewählten Konsul, zwölf Senatoren und zwei Zensoren. Hatte ein Schüler etwas begangen, so mußte er sich vor diesem Senate verteidigen und kouute sich zur Verteidigung acht Tage vorbereiten. Bei der Verhandlung war Trotzendorf als Diktator zugegen. Reinigte sich der Angeklagte, fo wurde, er freigesprochen, besonders wenn er eine wohlgesetzte Verteidigungsrede hielt; taugte die Rede nichts, so wurde er auch bei leichten Vergehen verurteilt. Mit großem Ernste wiederholte Trotzendorf den Ausspruch des Senates und hielt streng auf desfen Vollziehung. Diese

4. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 91

1884 - Leipzig : Spamer
Die Rabendocke bei Goldberg. 91 seltsamen Einrichtungen sollten die Knaben frühzeitig an die Achtung gegen die Obrigkeiten gewöhnen; denn, meinte der Rektor, diejenigen werden den Gesetzen gemäß regieren, die als Knaben den Gesetzen gehorchen gelernt haben. Den Schulgesetzen waren fünf Grundsätze des Rektors vorangeschickt: 1) Alle Schüler werden gleichmäßig regiert. 2) Alle Schüler müssen sich den Gesetzen fügen; wer Schüler wird, spielt nicht mehr den Adligen. 3) Nach Maß- gäbe der Vergehen werden die Schüler mit der Rute, der Leier oder mit Karzer bestraft. (Die Leier war ein Werkzeug von Holz, welches die Gestalt einer Fidel hatte, und das leichtsinnigen Personen, welche am Pranger stehen mußten, um den Hals und um die Hände gelegt wurde.) Welche sich solcher Strafen schämen, sei es wegen ihrer adligen Herkunft, sei es wegen vorgerückten Alters, mögen entweder recht thun, um nicht in Strafe zu verfallen, oder die Schule verlassen. 4) Jeder Ankommende wird erst unter die Schüler ausgenommen, nachdem er versprochen, die Schulgesetze zu halten. 5) „Die Glieder uusrer Schule sollen auch Glieder unsres Glaubens und unsrer Kirche sein." — Die Schulgesetze handeln im ersten Kapitel von der Frömmigkeit. Die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang. Dann stellt Trotzendorf als Ziel seiner Schule auf, daß die Knaben gerüstet werden, in Theologia, Medicina, Philosophia und Jurisprudentia zu studieren. Besonders viel wurde in Goldberg das Lateinische getrieben; es wurden lateinische Briefe geschrieben, lateinische Verse gemacht, lateinische Reden gehalten; auch im Umgange der Schüler mit Schülern und Lehrern, mit Knechten und Mägden wurde lateinisch gesprochen. Den Religionsunterricht gab Trotzendorf selbst mit heiligem Ernst. An- sangs unterrichtete er in den oberen Klassen allein; erst später wurde er durch Mitlehrer unterstützt. In den unteren Klassen ließ er den Unterricht von älteren Schülern erteilen. Er schied also nicht streng zwischen Lehrern und Schülern, wie er auch nicht zwischen Erziehern und Zöglingen Unterschiede machte; sondern wie die Schüler zum Teil durch ihre Mitschüler erzogen wurden, so wurden auch die jüngeren Schüler von den älteren unterrichtet. Und diese Schuleinrichtung ist nicht etwa aus Not hervorgegangen, sondern es wurde mit ihr ein pädagogischer Grundsatz Trotzendorfs durchgeführt. Die Schule sollte eine akademische Republik sein; alle Schüler, vornehme und geringe, sollten gleichgestellt, den Gesetzen unbedingt unterworfen sein; der Rektor ein Diktator mit unbeschränkter Herrschaft über diese Republik. Seine Herrschaft war da- durch gesichert und überall gegenwärtig wirksam, daß er die regierten Schüler unter seiner obersten Leitung am Regiment teilnehmen ließ und sie zugleich für die gesetzliche Ordnung mit verantwortlich machte. Den würdigen Greis traf in seinen letzten Lebensjahren viel Unglück. Im Jahre 1552 war eine große Hungersnot in Goldberg, im nächsten Jahre wütete die Pest, 1554 brannte ganz Goldberg, auch das Schulgebäude ab. Trotzendorf zog mit seinen Schülern nach Liegnitz und betrieb von dort den Wiederbau der Schule in Goldberg; aber er sollte dorthin nicht mehr zurückkehren. Am 20. April 1556 erklärte er den 23. Psalm. Beim vierten Verse: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Thal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir; dein Stecken und Stab tröstet mich", rührte ihn der Schlag. Er sank zurück, blickte zum Himmel und sprach nur noch die Worte: Ego vero, auditores, nunc avocor in aliam scholam (Ich aber werde jetzt in eine andre Schule abgerufen).

5. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 88

1884 - Leipzig : Spamer
88 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend^ Der Bergbau in Goldberg hörte im 15. Jahrhundert ganz auf, weil derselbe nichts mehr einbrachte. Die Sage berichtet, die Goldberger Bergknappen hätten um diese Zeit einen Mönch erschlagen, welcher noch kurz vor seinem Tode in der größten Lebensgesahr den schleichen Bergbau verflucht und mit einem Banne belegt habe. Zweimal, in den Jahren 1428 und 1431, ist Goldberg durch die furchtbaren Verwüstungen der Hnssiten verheert und fast vertilgt worden. Entsetzlich litt die Stadt im Jahre 1633 durch Wallenstein. Dieser geniale Feldherr hatte es verstanden, die Schweden und Sachsen voneinander zu trennen durch verstellte Märsche, die er mit seinen Truppen machte, und brandschatzte Schlesien. Am 4. Oktober kam er mit seinem Heere in die Nähe von Goldberg. Früh morgens um 6 Uhr fand sich eine starke Ab- teilung Reiter beim Oberthor ein, deren Befehlshaber den Bürgermeister zu sprechen verlangte. Dieser erschien mit einigen Ratsherren und Adligen aus der Umgegend, die vor den Kriegsunruhen in der Stadt Sicherheit gesucht hatten, und erhielt den Befehl, für den General Wallenstein ein Frühstück zu besorgen. Man fragte den Offizier nach seiner schriftlichen Ordre, und da er diese nicht zeigen wollte oder konnte, kam es zu langen Streitereien, während dessen immer mehr Soldaten herankamen, in der Stille die Stadt umringten und von außen die Thore besetzten. Als die Ratsherren in die Stadt zurückkehren wollten, ließ sie der Offizier ergreifen, bis aufs Hemd ausziehen, jämmerlich mißhandeln und binden. Die Bürger, welche diese Grausam- keit sahen, sperrten die Thore und zogen die Brücken in die Höhe. Doch die Soldaten überstiegen die Mauern, öffneten die Thore von innen und gewährten 6000 Kriegern freien Eingang. Die gefangenen Ratsherren mußten die reichsten Hänser nennen, deren Plünderung die Offiziere selbst unternahmen; die übrigen Häuser wurden den Gemeinen preisgegeben. Mit Wut drangen diese in die Häuser der bebenden Bürger ein, verwundeten die Einwohner, legten ihnen Stricke um den Hals, schleppten sie nackt auf die Straßen, steckten ihre Daumen in die Pistolenhähne, rieben die verwundeten Fußsohlen mit Salz ein, schlugen ihnen brennende Kiensplitter unter die Nägel, schnitten ihnen Nasen und Ohren ab, verbrannten einige in Backösen, zertraten andern die Rippen, raubten, was sie fortschaffen konnten, und zerstörten, was nicht fortzubringen war. Diese barbarische Zerstörung dauerte 24 Stunden. Als die Plünderer abzogen, fand man über 100 Leichen und über 300 Verwundete. Bei der Plünderung wurde auf ausdrücklichen Befehl Wallensteins das Haus des Kantors Fechner ver- schont. In seiner Jugend hatte nämlich Wallenstein die Goldberger Schule besucht, und einer seiner Lehrer war der Kantor Fechner gewesen, welcher nie viel von dem mürrischen, in sich gekehrten Knaben gehalten hatte. Als dieser einst träumerisch dasaß, während seine Mitschüler sich dem ausgelassenen Spiele überließen, sagte ihm Fechner: „Wenn aus dir ein großer Mann wird, will ich dein Hosnarr werden." Der ruhmreiche Feldherr gedachte nun dieses Auftrittes in der Schule, ließ den alten Kantor zu sich rufen und erinnerte ihn an seinen Ausspruch. Der zitternde Alte bat um Verzeihung, da er ja die Zukunft nicht habe wissen können, und wurde gnädig entlassen. Die Goldberger Schule erfreute sich in der Zeit, in der Wallenstein ein Knabe war, noch eines bedeutenden Rufes, den Trotzendorf begründet hatte. Valentin Friedland, genannt Trotzendorf (Trocedorfras) nach einem

6. Vom Zeitalter der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen - S. 30

1910 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
( Jesuiten. 30 Kapitel Vi. Tie Wirkung der Reformation auf das deutsche Leben. führung gekommen. Die Schule war bis dahin Lateinschule gewesen und taugte außerdem nicht viel. Dorfschulen gab es überhaupt so gut wie garnicht. Luther forderte in seinem Rundschreiben an die Bürgermeister die allerbesten Schulen, beide für Kuabeu und Mädchen, an allen Orten aufzurichten. Zunächst blieb es aber noch bei der Lateinschule. Auch in den besten Lateinschulen war nicht viel gelernt worden. Der Lehrer sagte vor, die Kinder sprachen nach. So lernte man. Die Kinder lernten die Gebotes Vaterunser, etwas Grammatik (Latein), den Festkalender und einige Gesänge' Fremde Schüler wohnten zusammen in sogenannten Bnrsenschaften*) und mußten sich ihren Unterhalt ersingen. Wenn auch diese alten Zustände nicht sofort beseitigt werden konnten, so wurde doch ein neues Ziel der Schule gesteckt. Dies Ziel ist: Der Mensch soll so erzogen werden, daß er ein freier Christ werden kann. Deshalb fordert Luther 1. eine menschlichere Erziehung der Kinder (der Apfel soll bei der Rute liegen), 2. gute Schulen. In den Schulen sollen die Sprachen gepflegt werden, um christliche Geistliche, Lehrer und Beamte zu bilden. Jeder muß in den heiligen Schriften forschen können. Doch sollte auch die deutsche Sprache recht gepflegt werden. Musik sollte getrieben werde«, weil Musik die Traurigkeit und böse Gedanken vertreibt. Praktisch durchgeführt hat dann Melanchthon diese Forderungen Luthers. Er ordnete die Schulen in 3 Klaffen. In Norddeutschland wirkte der Freund beider, Bngenhagen. Er gründete Jungen- und Mädchenschulen. Die Winkelschnle (Privatschule) sollte abgeschafft werdeu. Bald gab es berühmte Schulen und Lehrer, z. B Goldberg in Schlesien, wo Valentin Trotzendorf lehrte. (Sein Wahlspruch war: Viel, nicht vielerlei.) Johannes Sturm in Straßburg hat 10 Klaffen eingerichtet. Nichts ließ er lernen, was die Kinder nicht verstanden hatten. Valentin Jckelsamer zerlegte m seiner Lautiermethode die Worte in ihre Laute. Als Rechenmeister ist Adam Riese zu nennen. Als die katholische Kirche die großen Fortschritte der Reformation sah, suchte sie sich auch mit besseren geistigen Waffen zu rüsten. Deshalb entstand der Jesuitenorden, der den Zweck hatte, Evangelische wieder umzustimmen und in die katholische Kirche zurückzubringen. Um schon die Jugend zu gewinnen, gründeten die Jesuiten Schulen. Diese Schulen waren anfangs auch nur Lateinschulen. Ihre Vorzüge bestanden 1. in dem klaren Lehrplan; 2. in der Gesundheitspflege (Spiele und eine Art Turnen wurden geübt), auch auf feirte Monieren wurde mehr als anderwärts geachtet; 3. in zweckmäßigen, schönen und gesunden Schnlrünmen. Die Nachteile bestanden besonders in der Erziehung zur Unduldsamkeit und in der Verleitung zum gegenseitigen Mißtrauen. So wurde die Verbesserung der Schule im 16. Jahrhundert energisch angefaßt, aber der Ansbrnch des späteren allgemeinen Krieges unterbrach die Entwicklung. *) Von Bursa — Haus (lat.). Daher noch heute bei den Studenten die Burschenschaften.

7. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten - S. 152

1892 - Breslau : Hirt
Die Neuzeit. 27. Die Reformation. 1) Dr. Martin Luther. (Bis 1517.) a. Kindheit. Vor etwa 400 Jahren lebte in dem Dorfe Möhra bei Eisenach ein armer Bergmann, Hans Luther, mit seiner Ehefrau xob Margareta. Diese frommen Eheleute zogen nach Eisleben, wo der ^ Bergbau damals in Blüte stand, und hier wurde ihnen ein Sohn geboren, der den Namen Martin erhielt. Als der Knabe ein halbes Jahr alt war, zogen die Eltern nach dem Städtchen Mansfeld; auch hier hatten sie zuerst mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Luther sagt darüber: „Meine Eltern sind anfangs arm gewesen; mein Vater war ein armer Hauer (Schieferhauer), und die Mutter hat ihr Holz auf dem Rücken getragen." Allmählich gestalteten sich ihre Verhältnisse günstiger. Der Vater erhielt von dem Grafen von Mansfeld zwei Schmelzöfen in Pacht, erwarb sich ein eigenes, ansehnliches Wohnhaus und wurde in den Rat der Stadt gewählt. Strenge Zucht übten die Eltern an ihren Kindern. Der Sohn schreibt später darüber: ,Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut floß; mein Vater stäupte mich einmal so sehr, daß ich ihn floh und ward ihm gram, bis er mich wieder zu sich gewöhnte." Der kleine Martin wurde schon früh zur Schule angehalten; bei schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen hin. In dieser Schule lernte er die zehn Gebote, den Kinderglauben, das Vaterunser und christliche Gesänge, Lesen, Schreiben und etwas Latein. In seinem vierzehnten Jahre brachten ihn die Eltern auf die lateinische Schule nach Magdeburg, die damals berühmt war. Dort blieb er aber nur ein Jahr und kam dann auf die Schule zu Eisenach. Hier wie in Magdeburg mußte er, wie manches ehrlichen Mannes Kind, vor den Bürgerhäusern um Brot singen, bis ihn die fromme Ehefrau Cotta, die den Knaben seines herzlichen Gebets und seiner schönen Stimme wegen liebgewonnen hatte, an ihren Tisch nahm.

8. Geschichtsbilder - S. 80

1911 - Leipzig : Brandstetter
eva 80 eva noch nicht denken, daß Luther ein böser und ungehorsamer Schüler gewesen sei. In jenen Zeiten wurden die Schulkinder schon bei den geringsten Anlässen geschlagen, und man konnte sich damals einen Lehrer ohne Rute in der Hand kaum denken. Auch im Hause war die Erziehung sehr strenge, und die Mutter ließ es an Ernst und Strenge nicht fehlen, wenn der Vater durch seine Arbeit vom Hause ferngehalten war. Luther schreibt: „Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nutz willen, datz das Blut danach floß." 2. Da Luthers Vater wohl merkte, daß sein Martin in der Mans-felder Schule nicht viel würde lernen können, so brachte er ihn auf die Schule zu Magdeburg. Dort waren aber die Unterhaltungskosten sehr hoch. Darum brachte ihn der Vater schon nach einem Jahre auf die Schule zu Eisenach, weil die Eltern hofften, daß er dort bei Verwandten der Mutter mancherlei Unterstützung werde genießen können. In Eisenach nutzte aber der Knabe seinen Unterhalt dadurch erwerben, datz er in Gemeinschaft mit anderen Schülern vor den Türen der Bürger um Brot sang. Durch das Singen von frommen lateinischen Liedern, die die Knaben bei dem Kantor in der Schule lernten und dann Sonntags im Gottesdienste und bei den wöchentlichen Singumgängen vor den Türen der Bürger sangen, haben sich in jener Zeit und noch lange nachher viele arme Schüler ihren Lebensunterhalt erwerben müssen. Eine reiche Bürgersfrau in Eisenach, Frau Ursula Cotta, hatte, wenn die Schüler vor ihrer Türe sangen, immer ihre besondere Freude an dem kleinen Luther, dessen liebliche, klare Stimme man vor allen heraushörte, und an dessen frommen Mienen man erkannte, wie andächtig er bei dem Singen war. Sie gewann den Knaben so lieb, datz sie ihn ganz in ihr Haus aufnahm und seiner wie eine Mutter pflegte. Luther hat für solche Liebe der Frau Cotta immer ein dankbares Andenken bewahrt. Als er in späterer Zeit Professor in Wittenberg war, vergalt er ihre Wohltat dadurch, datz er ihren Sohn, der in Wittenberg studierte, in sein Haus aufnahm und auch ihm in fremder Stadt ein zweites Elternhaus bereitete. An der Schule zu Eisenach gab es sehr tüchtige Lehrer, und da Luther ein fleitziger und gewissenhafter Schüler war, so machte er bald grotze Fortschritte. Am Schlüsse seiner Schulzeit beherrschte er die lateinische Sprache, die damals der Hauptgegenstand des Unterrichts war, so gut, datz er nicht nur lateinische Aufsätze schreiben, sondern auch lateinische Gedichte machen konnte. 3. Vier Jahre blieb Luther in Eisenach. Dann bezog er, achtzehn Jahre alt, die Universität Erfurt. Nach dem Willen seines Vaters

9. Geschichtsbilder - S. 67

1890 - Leipzig : Richter
— 67 — In der Schule ward Luther, wie sein Vater es wünschte, sehr streng gehalten. Er erzählt selbst, wie er an einem Bormittage fünfzehnmal nacheinander mit der Rute gestrichen worden sei. Deshalb darf man aber noch nicht denken, daß Luther ein böser und ungehorsamer Schüler gewesen sei. In jenen Zeiten wurden die Schulkinder schon bei den geringsten Anlässen geschlagen, und man konnte sich damals einen Lehrer ohne Rute in der Hand kaum denken. Auch im Hause war die Erziehung eine sehr strenge, und die Mntter ließ es an Ernst und Strenge nicht fehlen, wenn der Vater durch seine Arbeit meist vom Hanse ferngehalten war. Luther schreibt: „Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut danach floß." 2. Da Luthers Vater wohl merkte, daß sein Martin in der Mansfelder Schule nicht viel würde lernen sönnen, so brachte er ihn auf die Schule zu Magdeburg. Aber er blieb hier nicht lauge. Schon nach einem Jahre brachte ihn der Vater auf die Schule zu Eisenach, weil die Eltern hofften, daß er dort bei Verwandten der Mutter mancherlei Unterstützung werde genießen können. In Eisenach mußte der Knabe seinen Unterhalt dadurch erwerben, daß er in Gemeinschaft mit anderen Schülern vor den Thüren der Bürger um Brot sang. Durch das Singen von frommen lateinischen Liedern, welche die Knaben bei dem Kantor in der Schnle lernten und dann Sonntags im Gottesdienste und bei den wöchentlichen Singumgängen vor den Thüren der Bürger sangen, haben sich in jener Zeit und noch lange nachher viele arme Schüler ihren Lebensunterhalt erwerben müssen. Eine reiche Bürgersfrau in Eisenach, Frau Ursula Cotta, hatte, wenn die Schüler vor ihrer Thüre sangen, immer ihre besondere Freude an dem kleinen Luther, dessen liebliche, klare Stimme man vor allen heraushörte, und an dessen frommen Mienen man erkannte, wie andächtig er bei dem Singen war. Sie gewann den Knaben fo lieb, daß sie ihn ganz in ihr Hans aufnahm und feiner wie eine Mutter pflegte. Luther hat für solche Liebe Frau Cotla immer ein dankbares Andenken bewahrt, und als er später schon Professor in Wittenberg war, vergalt er ihre Wohlthat dadurch, daß er ihren Sohn, der in Wittenberg studierte, in sein Haus aufnahm und auch ihm in fremder Stadt ein zweites Elternhaus bereitete. An der Schule zu Eisenach gab es sehr tüchtige Lehrer, und da Luther ein fleißiger und gewissenhafter Schüler war, so machte er bald große Fortschritte. Am Schlüsse seiner Schulzeit beherrschte er die lateinische Sprache, die damals der Hauptunterrichtsgegeustand war, so gut, daß ernicht nur lateinische Aufsätze schreiben, sondern auch lateinische Gedichte machen konnte. 3. Vier Jahre blieb Luther in Eisenach. Dann bezog er, achtzehn Jahre alt. die Universität Erfurt. Rach dem Willen seines

10. Bd. 1 - S. 87

1912 - Braunschweig : Appelhans
— 87 — Die Mutter gab ihr aber noch einen scharfen Verweis und sagte: „Da siehst du nun, wie nötig es ist, aufzuräumen, und jeder Sache einen schicklichen Platz anzuweisen. Du bist jetzt für deinen Ungehorsam und für dein unordent- liches Wesen bestraft. Merke dir das Sprüchlein: „Wer nicht auf strenge Ordnung hält, In Schand' und Schaden leicht verfällt." (Christoph von Schmid.) Malendes Zeichnen. (S. auch die Abbildungen in den Lektionen: Tisch, Tür, Stuhl, Ofen, Uhr, Umzug usw.) 4. Die Familie. I. Wohin geht ihr, wenn die Schule aus ist? Nach Hause. Wen trefft ihr denn zu Hause? Vater, Mutter. Wie heißen Vater und Mutter mit einem Worte? Eltern. Und zwar deshalb, weil sie älter sind als ihr. Sprecht: Vater und Mutter sind unsere Eltern. Wie nennt dein Vater dich? — Wie deine Schwester? Wie euch zusammen? Kinder. Wieviel Kinder haben deine Eltern? — Dein Vater sagt zu dir, wenn er deinen Namen nicht nennt: Du bist mein Sohn. Was sagt er zu deiner Schwester? Du bist meine Tochter. Wieviel Söhne und Töchter haben deine Eltern? Zwei Söhne und eine Tochter. Wieviel Söhne und Töchter haben deine Eltern? — Statt Söhne und Töchter sagt >man auch noch: Knaben und Mädchen. Was können wir jetzt noch sagen statt: Mein Vater hat zwei Söhne und eine Tochter? Mein Vater hat zwei Knaben und ein Mädchen. Wer hat einen Bruder? Wie heißt er? — Wer hat eine Schwester? — Wie heißt sie? — Merkt: Brüder und Schwestern nennt man noch anders Geschwister. Wie nennt man Brüder und Schwestern? Sprecht: Brüder und Schwestern sind Geschwister. Wer von euch

11. Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis 1648 - S. 183

1898 - Breslau : Hirt
Die Reformation der Kirche. Dr. Martin Luther. 183 Waldes ansssig war. Ich bin eines Bauern Sohn," so erklrte er selber mit Stolz; mein Vater. Grovater, Ahnherr sind rechte Bauern gewest." Sein Vater, ein Bergmann, zog des Erwerbs wegen nach Eisleben. 10 ^o dort wurde ihm sein ltester Sohn Martin geboren. Ein halbes Jahr spter zogen die Eltern nach Mansfeld. wo der Vater wieder als Berg-mann arbeitete, aber trotz seines Fleies seine bald zahlreiche Familie nur mit Mhe ernhren konnte, so da die Mutter oft das Holz auf dem Rcken heimtragen mute. Doch nach und nach erwarb der Vater zwei Schmelzfen, erbaute sich ein stattliches Wohnhaus und wurde in den Rat der Stadt gewhlt. Beide Eltern waren ehrenhaft, fromm, aber sehr streng, der Vater mitunter so hart, da der Sohn ihn mied. Als Martin eben laufen konnte, ward er schon der Schule bergeben; auch dort war die Zucht streng, wurde Luther doch ohne sein Verschulden an einem Vormittage fnfzehnmal gestrichen! Dazu verbitterte ihm die Furcht vor Hexen, bsen Wasser- und Berggeistern die Jugend. Da der Vater aus seinem Martin einen Gelehrten machen wollte, sandte er ihn (1497) auf die Schule zu Magdeburg, wo die ..Brder vom gemeinsamen Leben" eine Niederlassung hatten, aber schon nach einem Jahre nach Eisenach. wohl in der Hoffnung, da dortige Verwandte sich des Knaben annehmen wrden. Doch Martin mute auch hier mit andern Knaben vor den Husern um Brot singen, bis die fromme Ehefrau des angesehenen Kauf-manns Cotta. Ursula Cotta, die ihn seiner schnen Stimme und seines andchtigen Gebets wegen lieb gewonnen hatte, an ihren Tisch nahm. Auch andere Familien nahmen sich des jungen Luther an; er konnte jetzt ganz seiner Ausbildung leben, verkehrte in wohlhabenden brgerlichen Kreisen und lernte das Leben auch von einer freundlicheren Seite als bisher kennen. Wohl vorbereitet, bezog Luther 1501 die Universitt Erfurt, die damals hoch berhmt war; neben tchtigen Vertretern der Scholastik wirkten auch schon eifrige Vertreter des Humanismus: von beiden hat Luther gelernt. Auch der Musik gab er sich mit Eifer hin; er lernte das Lautenspiel und vertrieb damit nicht selten den in ihm schlummernden Geist der Schwermut. Zu Anfang des Jahres 1505 hatte er die allgemeinen (philosophischen) Studien beendet und die Wrde eines Magisters der Philosophie erlangt, jetzt sollte das Fachstudium und zwar nach dem Wunsche des Vaters das der Rechtswissenschaft beginnen; ein corpus juris, damals noch sehr kostbar, hatte der Vater bereits beschafft. 1). Im Kloster. Da trat der junge Gelehrte in das Augustiner-kloster zu Erfurt. Es war nicht etwa der Druck einer besonderen schweren Verschuldung, die ihn ins Kloster trieb; er hatte vielmehr durch Flei und Begabung die Bewunderung seiner Lehrer auf sich gezogen, und auf seinem sittlichen Leben haftete kein Makel. Aber sein zartes, durch eine harte Zucht eingeschchtertes und verdstertes Gemt litt unter

12. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten - S. 84

1902 - Breslau : Hirt
84 Luthers Kindheit. Luther auf der Universitt. Herren manche Unbill gefallen lassen und wurden von ihnen zu harter Arbeit auf dem Felde und in den Bergwerken gezwungen, welche die Krfte ihres Krpers berstieg. Deshalb gab ein spanischer Bischof den Rat, die weit krftigeren Neger von der Westkste Afrikas herberzuholen und sie statt der Indianer zu benutzen; der menschenfreundliche Vorschlag fhrte aber, ohne die Ausrottung der Indianer aufzuhalten, zu einer nn-glaublichen Ausdehnung des schndlichen Sklavenhandels, der bis in unsere Zeit gewhrt hat. Die Weuzeit. 14. Die Reformation. 1. Dr. Martin Luthers Entwicklung. a. Kindheit. Luther stammt aus einer einfachen, armen Familie. Sein Vater, Hans Luther, war ein armer Hauer" (Schieferhauer), seine io. Nov. Mutter Margarete hat oft ihr Holz auf dem Rcken heimgetragen. Sie 1488 wohnten, als ihnen am 10. November 1483 ihr ltester Sohn Martin geboren wurde, in Eisleben, zogen aber bald darauf nach Mansfeld. Hier gestalteten sich ihre Verhltnisse gnstiger. Der Vater erhielt von dem Grafen von Mansfeld zwei Schmelzfen in Pacht, erwarb sich ein eigenes, ansehnliches Wohnhaus und wurde in den Rat der Stadt ge-whlt. Strenge Zucht bten die Eltern an ihren Kindern. Der Sohn schreibt spter darber: Meine Mutter stupte mich einmal um einer geringen Nu willen, da das Blut flo; mein Vater stupte mich einmal so sehr, da ich ihn floh und ward ihm gram, bis er mich wieder zu sich gewhnte." Der kleine Martin wurde schon frh zur Schule angehalten; bei schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen hin. In dieser Schule lernte er die zehn Gebote, den Kinderglauben, das Vaterunser und christliche Gesnge, Lesen, Schreiben und etwas Latein. In seinem vier-zehnten Jahre brachten ihn die Eltern auf die lateinische Schule nach Magdeburg, die damals berhmt war. Nach einem Jahre kam er auf die Schule zu Eisen ach. Hier wie in Magdeburg ging es ihm nur kmmerlich; er mute oft mit anderen bedrftigen Mitschlern vor den Brgerhusern um Brot singen, bis ihn die fromme Ehefrau Cotta, die den Knaben feines herzlichen Gebets und seiner schnen Stimme wegen liebgewonnen hatte, an ihren Tisch nahm. I). Auf der Universitt. Tchtig vorbereitet, zog Luther in seinem achtzehnten Jahre auf die damals berhmte Universitt zu Erfurt. Hier studierte er mit groem Fleie, sing aber alle Morgen seine Arbeit mit herzlichem Gebete an; denn er war der Meinung: Fleiig gebetet ist

13. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht - S. 202

1899 - Breslau : Hirt
Die Neuzeit. 30. Die Reformation. 1) Dr. Martin Luthers Entwickelung. a. Kindheit. Luther stammt aus einer einfachen, armen Familie. Sein Vater, Hans Luther, war „ein armer Hauer" (Schieferhauer), seine Mutter Margarete hat oft ihr Holz auf dem Rücken heimgetragen. Sie 10.Nov. wohnten, als ihnen am 10. November 1483 ihr ältester Sohn Martin 1483 geboren wurde, in Eisleben, zogen aber bald darauf nach Mansfeld. Hier gestalteten sich ihre Verhältnisse günstiger. Der Vater erhielt von dem Grafen von Mansfeld zwei Schmelzöfen in Pacht, erwarb sich ein eigenes, ansehnliches Wohnhaus und wurde in den Rat der Stadt gewühlt. Strenge Zucht übten die Eltern an ihren Kindern. Der Sohn schreibt später darüber: „Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut floß; mein Vater stäupte mich einmal so sehr, daß ich ihn floh und ward ihm gram, bis er mich wieder zu sich gewöhnte." Der kleine Martin wurde schon früh zur Schule angehalten; bei schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen hin. In dieser Schule lernte er die zehn Gebote, den Kinderglauben, das Vaterunser und christliche Gesäuge, Lesen, Schreiben und etwas Latein. In seinem vierzehnten Jahre brachten ihn die Eltern auf die lateinische Schule nach Magdeburg, die damals berühmt war. Nach einem Jahre kam er auf die Schule zu Eisenach. Hier wie in Magdeburg ging es ihm nur kümmerlich; er mußte oft mit anderen bedürftigen Mitschülern vor den Bürgerhäusern um Brot singen, bis ihn die fromme Ehefrau Cotta, die den Knaben seines herzlichen Gebets und seiner schönen Stimme wegen liebgewonnen hatte, an ihren Tisch nahm. b. Ans der Universität. Tüchtig vorbereitet, zog Luther in seinem achtzehnten Jahre auf die damals berühmte Universität zu Erfurt. Hier studierte er mit großem Fleiße, sing aber alle Morgen seine Arbeit mit herzlichem Gebete an; denn er war der Meinung: „Fleißig gebetet ist über die Hälfte studiert" Auf der Universität fand er auch zum erstenmal

14. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten - S. 183

1896 - Breslau : Hirt
Die Neuzeit. 28. Die Reformation. 1) Br. Martin Luther. (Bis 1517.) a. Kindheit. Vor etwa 400 Jahren lebte in dem Dorfe Möhra bei Eisenach ein armer Bergmann, Hans Luther, mit seiner Ehefrau Margareta. Diese frommen Eheleute zogen nach Eisleben, wo der Berg- 1q ^ bau damals in Blüte stand, und hier wurde ihnen ein Sohn geboren, der den Namen Martin erhielt. Als der Knabe ein halbes Jahr alt war, zogen die Eltern nach dem Städtchen Mansfeld; auch hier hatten sie zuerst mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Luther sagt darüber: „Meine Eltern sind anfangs arm' gewesen; mein Vater war ein armer Hauer (Schieferhauer), und die Mutter hat ihr Holz auf dem Rücken getragen." Allmählich gestalteten sich ihre Verhältnisse günstiger. Der Vater erhielt von dem Grafen von Mansfeld zwei Schmelzöfen in Pacht, erwarb sich ein eigenes, ansehnliches Wohnhaus und wurde in den Rat der Stadt gewählt. Strenge Zucht übten die Eltern an ihren Kindern. Der Sohn schreibt später darüber: „Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut floß; mein Vater stäupte mich einmal so sehr, daß ich ihn floh und ward ihm gram. bis er mich wieder zu sich gewöhnte." Der kleine Martin wurde schon früh zur Schule angehalten; bei schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen hin. In dieser Schule lernte er die zehn Gebote, den Kinderglauben, das Vaterunser und christliche Gesänge, Lesen, Schreiben und etwas Latein. In seinem vierzehnten Jahre brachten ihn die Eltern auf die lateinische Schule nach Magdeburg, die damals berühmt war. Dort blieb er aber nur ein Jahr und kam dann aus die Schule zu Eisenach. Hier wie in Magdeburg mußte er, wie manches ehrlichen Mannes Kind, vor den Bürgerhäusern um Brot singen, bis ihn die fromme Ehefrau Cotta, die den Knaben seines herzlichen Gebets und seiner schönen Stimme wegen liebgewonnen hatte, an ihren Tisch nahm. Tb. Auf der Universität. Tüchtig vorbereitet, zog Luther in seinem achtzehnten Jahre auf die damals berühmte Universität zu Erfurt. Hier studierte er mit großem Fleiße, und ob er wohl von Natur hurtig und fröhlich war, fing er doch alle Morgen sein Lernen mit herzlichem Gebete an, wie denn dies sein Sprüchlein gewesen ist: „Fleißig gebetet

15. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 137

1917 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Ii. Hemmungen und Förderungen der Reformation (1522 — 48'!. 137 In der Umgestaltung des Gottesdienstes ging Luther, der durch seine Verheiratung mit der „ausgelaufenen“ Nonne Katharina von Bora (1525) mit seiner mönchischen Vergangenheit gebrochen hatte und in seiner Häuslichkeit das Vorbild des protestantischen Pfarrhauses gab, sowie seine Mitarbeiter Melanchthon, Justus Jonas, Amsdorf, Bugenhagen, Spalatin, Kaspar Cruciger äußerst behutsam vor. In diesen Jahren entfaltete Luther eine gewaltige Tätigkeit als Seelsorger, Universitätslehrer, Kirchenliederdichter (neben ihm Paul Speratus), als Kirchenorganisator auf Visitationen, vor allem aber auch als Erzieher seines Volkes. Er war überzeugt von der Notwendigkeit des Schulunterrichts für die gesamte Jugend aller Stände; darum schrieb er 1524 „An die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte deutschen Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen.“ Die Erziehung sollte einen sittlich, religiösen und echt nationalen Charakter tragen, auch die Bedürfnisse des praktischen Lebens im Auge behalten. Sie sollte human, aber ohne Weichlichkeit sein. An die Stelle des mechanischen Lehrverfahrens sollte Anschauung und Erziehung zum Denken treten. Als Grundlage für den Religionsunterricht schrieb er 1529 den Großen und Kleinen Katechismus. Ist Luther der Vater der deutschen Volksschule, so ist Melanchthon der Reorganisator des höheren Schulwesens („Prae-ceptor Germaniae“). Sein „sächsischer Schulplan“, das Ergebnis Ton Erfahrungen einer Visitationsreise (1527), wurde die Grundlage vieler Schulordnungen; seine Lehrbücher wurden bis ins 18. Jh. gebraucht. Zu seinen bedeutendsten Schülern gehörten Valentin Trotzendorf, Rektor der Lateinschule in Goldberg (w. von Liegnitz), und Michael Neander, Rektor der Klosterschule zu Ilfeld. Ein bedeutender Schulmann im 16. Jh. war auch Johannes Sturm, Rektor der Gelehrtenschule zu Straßburg. c) Die Gründung der österreichisch-ungarischen Monarchie. § na. Nach der Eroberung von Rhodos (§ 53b Anm.) wandte sich Suleiman Ii. (1520 — 66), im Einverständnis mit Franz I., gegen Ungarn, stürmte Belgrad und siegte 1526 bei Mohäcs (spr. Möhätsch) (an der Donau n. vom Einfluß der Drau), wo König Ludwig ü. (§ 78) den Tod fand. Damit fiel Böhmen und

16. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 137

1912 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Ii. Hemmungen und Förderungen der Reformation (1522—46). 137 In der Umgestaltung des Gottesdienstes ging Luther, der durch seine Verheiratung mit der „ausgelaufenen“ Könne Katharina von Bora (1525) mit seiner mönchischen Vergangenheit gebrochen hatte und in seiner Häuslichkeit das Vorbild des protestantischen Pfarrhauses gab, sowie seine Mitarbeiter Melanchthon, Justus Jonas, Amsdorf, Bugenhagen, Spalatin, Kaspar Cruciger äußerst behutsam vor. In diesen Jahren entfaltete Luther eine gewaltige Tätigkeit als Seelsorger, Universitätslehrer, Kirchenliederdichter (neben ihm Paul Speratus), als Kirchenorganisator auf Visitationen, vor allem aber auch als Erzieher seines Volkes. Br war überzeugt von der Notwendigkeit des Schulunterrichts für die gesamte Jugend aller Stände; darum schrieb er 1524 „An die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte deutschen Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen.“ Die Erziehung sollte einen sittlich religiösen und echt nationalen Charakter tragen, auch die Bedürfnisse des praktischen Lebens im Auge behalten. Sie sollte human, aber ohne Weichlichkeit sein. An die Stelle des mechanischen Lehrverfahrens sollte Anschauung und Erziehung zum Denken treten. Als Grundlage für den Religionsunterricht schrieb „er 1529 den Großen und Kleinen Katechismus. Ist Luther der Vater der deutschen Volksschule, so ist Melanchthon der Reorganisator des höheren Schulwesens („Prae-ceptor Germaniae“). Sein „sächsischer Schulplan“, das Ergebnis von Erfahrungen einer Visitationsreise (1527), wurde die Grundlage vieler Schulordnungen; seine Lehrbücher wurden bis ins 18. Jh. gebraucht. Zu seinen bedeutendsten Schülern gehörten Valentin Trotzendorf, Rektor der Lateinschule in Goldberg (w. von Liegnitz), und Michael Neander, Rektor der Klosterschule zu Ilfeld. Ein bedeutender Schulmann im 16. Jh. war auch Johannes Sturm, Rektor der Gelehrtenschule zu Straßburg. c) Die Gründung der österreichisch-ungarischen Monarchie. 8 11» Nach der Eroberung von Rhodos (§ 53b Anm.) wandte sich Suleiman H. (1520—66), im Einverständnis mit Franz I., gegen Ungarn, stürmte Belgrad und siegte 1526 bei Mohäcs (spr Mohätsch) (an der Donau n. vom Einfluß der Drau), wo König Ludwig H. (§ 78) den Tod fand. Damit fiel Böhmen und

17. Lehr- und Lesebuch für die Schüler in Tirol - S. 73

1808 - Innsbruck : Wagner
zur Beförderung guter Gesinnungen rc. 73 durfte. Noch waren die Körner unversehrt, und zum Kennen geschickt. Von einer schweren Sorge war nun doch der arme bekümmerte Valentin frei. Freudig ver- kündigte er seinen Fund dem Nachbar, der sogleich bereit war, ihm die Saar unterzueggen. Jetzt begab er sich auf seinen Acker, um die Saar auszustreuen. Er that es unter Thränen, .denn wie traurig war noch immer seine Lage! „ Was wird aus dir, aus deiner al- len Mutter, deinen Brüdern und Schwestern werden, dachte er bei sich selbst, wenn die Saat nicht gedeihen sollte! Vielleicht wäre es besser, du dientest bei guten Leuten, als das; du ein Ackergut besitzest, dessen Schul- denlast dich zu Boden drückt!" Auf einmal wurde er heiter, und faßte Muth, denn ihm fiel ein tröstlicher Denkspruch ein, den er in seinen Knabenjahren gelernt hatte. Dieser Spruch hieß: „die mit Thränen säen, werden mit Freuden ernten," oder mit andern Worten: wer mit Sorge und Kummer eine Unternehmung anfangt, wird Freudenthranen weinen, wenn sie gelingt. Valentin fühlte sich getröstet und gestärkt, indem er dachte: auch meine Kummer-Thränen können ja durch Gottes Güte in Freudenthranen ver- wandelt werden, wenn die Ernte kommt; ich will das Beste hoffen, und redlich thun, was ich kann. Täglich dachte er an seinen Trostspruch, und nun wurde er nicht wieder muthlos. Er hatte wirklich das Glück, eine sehr reiche Ernte zu machen, und bald half er sich wieder so weit, daß er ein Pferd anschaffen konnte. Damit bearbeitete er-den kleinen Acker, welcher noch un- verschuldet war, und im Winter that er damit Fuhren für Lohn. Das eine Pferd brachte ihm so viel ein, daß er bald ein zweites, und endlich noch ein drittes anschaffen, eine Schuld nach der andern bezahlen, und sich nach Verlauf einiger Jahre ganz von Schulden frei machen konnte. Noch lebt der brave Valentin in einem hohen Alter, und im Wohlstände, nnb nie spricht er von seinen ehemaligen traurigen Schicksalen, ohne hin- zu zu fügen: „die mit Thränen säen, werden mit Freu- den ernten."

18. Teil 2 - S. 329

1882 - Leipzig : Brandstetter
Verfall der deutschen Bildung im 16. und 17. Jahrhundert. 329 mit seinen unnötigen Snbtilitäten, Skrupeln und Glossen nnverwirret lassen" solle. Überall nur gelehrte Kleinkrämerei, eifriges Aufsammeln von Stoffmassen, nirgends ein Ansatz einheitlicher Bearbeitung und Beseelung. Selbst die deutsche Sprache blieb nicht verschont von diesem Elend. Je weiter sich die Reformation von ihrem volkstümlichen Grunde entfernte, um fo mehr gewann das gelehrte Latein wieder die Oberhand. Schon Melanchthon hatte leider nach Gewohnheit der Humanisten nur lateinisch geschrieben. Flacius Jllyricus, jahrzehntelang das einflußreichste Haupt des kämpfenden Luthertums, hatte vermessen und kurzsichtig erklärt, mit deutschen Büchern sei kein Ruhm zu erwerben. Der anhaltende Streit mit den Katholiken, die großenteils durch fremdländische Gelehrte vertreten waren, sicherte der hergebrachten Gelehrtensprache nur noch mehr die ausschließliche Herrschaft. In Haus und Schule wurde der Knabe von frühester Kindheit auf an das Lateinsprechen gewiesen. Die berühmtesten protestantischen Schulmänner, wie Valentin Trotzendorf in Goldberg und Johannes Sturm in Straßburg, stimmten darin durchaus mit den Jesuiten überein, daß die Muttersprache gänzlich verstumme und das Latein unter Lehrern und Schülern zur täglichen Umgangssprache erhoben werde. Die Folge war, daß die große Errungenschaft der neuhochdeutschen Schriftsprache für das wissenschaftliche Denken völlig wieder verloren ging. Als alle anderen neueren Sprachen bereits die höchste Stufe erreicht hatten, war, wie Leib-niz in seinen „Unvorgreifflichen Bedenken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der teutschen Sprachen" bedeutsam sich ausdrückt, das Deutsche zwar ausgebildet in allem Sinnlichen und Leiblichen, in allen Worten und Wendungen für das gemeine Leben, nicht aber für die Bezeichnung der Gemütsbewegungen und der abgezogenen Begriffe der Sittenlehre und Denkkunst. Merkwürdig war der Gang der Kunst und Dichtung. Das volkstümliche Alte verfiel, und das eindringende Nene konnte nicht volle und triebkräftige Wurzel fassen. Gerade jetzt verbreitete sich von Italien aus durch die ganze gebildete Welt die Macht der Renaissance. Aber während andere Länder im spornenden Glücksgefühl siegreich erstrebter Ziele das Fremde selbständig verarbeiteten und auf der Grundlage der Renaissance eine neue, eigenartig volkstümliche Kunst und Dichtung eroberten, deren Höhepunkte durch Shakespeare, Calderou, Rubens, Rembrandt und Murillo bezeichnet sind, blieb Deutschland, das staatlich und kirchlich verkommene, in der Nachahmung stecken und verlor zuletzt, wie alle wissenschaftliche, fo auch alle dichterische und künstlerische Selbständigkeit und Schöpferkraft. _ Am deutlichsten zeigt dies die Dichtung. Hans Sachs war in seinen künstlerischen Absichten nicht gar so weit von den ersten Vorgängern Shakespeares entfernt gewesen; aber diese Anfänge zu jener Kunsthöhe emporzubilden, zu welcher Shakespeare die Anfänge der englischen Volksbühne emporbildete, erforderte einen Schwung, wie ihn allerdings das goldene Zeitalter der Königin Elisabeth, nicht aber die Zersetzung und Auflösung

19. Handbuch für den Anschauungsunterricht und die Heimatskunde - S. 43

1903 - Braunschweig : Appelhans
— 43 — Morgens wird auch die Stube gefegt, der Staub wird abgewischt. Außerdem wird der Fußboden von Zeit zu Zeit gescheuert, die Fenster werden gewaschen. Rauch und Staub setzen sich an Decke und Wände und machen sie schwarz. Was muß deshalb geschehen? Die Decke muß (jährlich oder nach mehreren Jahren) geweiht (gemalt), die Wände müssen tapeziert und die Türen und Fenster neu gestrichen werden. Weshalb scheuert man die Wohnstube? Weshalb wischt man den Staub ab usw.? — Sprecht: In der Wohnstube muß Reinlichkeit herrschen. Wenn ihr in die Stube geht, kratzt ihr euch vorher die Schuhe ab. Warum? Woraus? — Wo liegt die Strohdecke gewöhn- lich? — Was liegt vor eurer Wohnstube? — In der Wohnstube haben alle Geräte ihren bestimmten Platz. Ordentliche Kinder werfen deshalb auch ihre Kleider oder Spielsachen nicht in der Stube umher, sondern legen alle diese Dinge an den Ort, den die Mutter dazu bestimmt hat. Wohin legst du deine Schulsachen? — Deine Mütze? — Deine Spielsachen? Wie sind die Kinder, die ihre Sachen in der Stube umherwerfen? Unordentlich. Was muß in einer Wohnstube aber herrschen? Sprecht: In einer Wohnstube muß Ordnung herrschen. Z u ] a m mensassung: In einer Wohnung muß Reiulichkeit und Ordnung herrschen. Vi. Welche Geräte müßten aus der Schulstube hinausgetragen werden, wenn wir ans ihr eine Wohnstube machen wollten? — Welche Dinge müßten hineingetan werden, damit es uns besser gefallen könnte? — Wir wollen aus einer Wohnstube eine Schlafstube machen. Was muß da aus der Wohnstube heraus und alsdann hineingebracht werden? — Was bleibt in allen drei Stuben unverändert stehen? — 4. Die Aamitie. Wohin geht ihr, wenn die Schule aus ist? Nach Hause. Wen trefft ihr denn zu Hause? Vater, Mutter. Wie heißen Vater und Mutter mit einem Wort? Eltern. Und zwar deshalb, weil sie älter sind als ihr. Sprecht: Vater und Mutter sind unsere Eltern. Wie nennt dein Vater dich? — Wie deine Schwester? Wie euch zusammen? Kinder. Wieviel Kinder haben deine Eltern? — Dein Vater sagt zu dir, wenn er deinen Namen nicht nennt: Du bist mein Sohn. Was sagt er zu deiuer Schwester? Du bist meine Tochter. Wieviel Söhne und Töchter haben deine Eltern? Zwei Söhne und eine Tochter. Wieviel Söhne und Töchter haben deine Eltern? — Statt Söhne und Töchter sagt man auch noch: Knaben und Mädchen. Was können wir jetzt noch sagen statt: Mein Vater hat zwei Söhne und eine Tochter? Mein Vater hat zwei Knaben und ein Mädchen. Wer hat einen Bruder? Wie heißt er? — Wer hat eine Schwester? — Wie heißt sie? — Merkt: Brüder und Schwestern nennt man noch anders Geschwister. Wie nennt man Brüder und Schwestern? Sprecht: Brüder und Schwester« sind Geschwister. Wer von ench hat auch

20. Deutsches Lesebuch für einfache Schulverhältnisse - S. 78

1876 - Berlin : Wohlgemuth
78 er finden wollte: „Roggen 8 Thaler." Da zitterten ihm die Glieder vor Freude. Er nahm ein Licht, ging aus den Boden und wollte übersehen, wie viel er wohl verfahren könnte, uflj überschlagen, wie groß seine Einnahme wäre. Indem er so durch die Hausen und gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er an einein umgefallnen, füllt selber, das Licht fliegt ihm aus der Hand un? in einen Haufen Stroh, der daneben liegt. Ehe er sich aber aust raffen konnte, steht das Stroh in hellen Flammen. Ehe an Hülse zu deuten ist, hat das Feuer Dachstuhl und Dielen ergriffen. U'n Mitternacht an demselben Tage, da der Scheffel 8 Thaler galt, dn er aus seinen Satz gekommen war, da er seinen Boden geöfsw't hatte, stand er anr Schutthaufen seines ganzen Gutes als ein armer Mann. Ahlfeld. 98. Ein reiner, unbefleckter Gottesdienst. Meister Martin war ein Küper oder Küfner und angesehener Bürger zu Nürnberg. Einmal hatte ihn der Rathsherr Jakobi Paumgartner besucht, und Martin begleitete ihn beim Weggehen- Als sie nun hinaustraten auf den Flur, stand ein junges Weid da mit fünf Knaben, von denen der älteste kaum acht, der jüngst^ kaum ein halbes Jahr alt sein mochte. Das Weib jammerte und schluchzte. Rosa, Martin's Tochter, eilte der Eintretenden entgegen und sprach: „Ach Gott im Himmel! Valentin ist nun doch gestorben, dort steht sein Weib mit den Kindern." — „Was — Valentin gestorben?" rief Meister Martin ganz bestürzt — „ei über dn'- Unglück —- über das llnglück! — Denkt Euch," wandte er sich Paumgartner, „denkt Euch, mein würdiger Herr! Valentin warde> geschickteste Geselle, den ich in Arbeit hatte, und da verwundete sich bei dem Bau eines großen Fasses gefährlich mit dem Lenkbest' die Wunde wurde schlimmer und schlimmer, er verfiel in heftiges Fieber und hat nun gar sterben müssen in seinen blühend sten Jahren." Darauf schritt Meister Martin zu aus das trostle! Weib, die in Thränen gebadet klagte, daß sie nun verderben werd in Noth und Elend. — „Was?" sprach Martin, „was denkt 31’., denn von mir? In meiner Arbeit brachte sich Euer Mann *>l, gefährliche Wunde bei, und ich sollte Euch verlassen in Eure Noth? — Nein, Ihr alle gehört fortan zu meinem Hause. Morge"' oder wenn Ihr wollt, begrabeil wir Euern armen Mann, uü dann zieht Ihr mit Euern Knaben auf meinen Meierhof vor Frauenthor, wo ich meine schöne, offene Werkstatt habe und täfllu mit meinen Gesellen arbeite. Da könnt Ihr dann meiner H^^ wirthschaft vorstehen, und Eure tüchtigen Knaben will ich erzieh.^' als wären es meine eignen Söhne. Und daß Jhr's nun wip« Euren alten Vater nehme ich auch in mein Haus. Das war