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1. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 637

1845 - Halle : Anton
637 Charakter an ihnen war, da bricht er auch wider hervor, gewaltig, ursprünglich, wo es die Rot heischt, fielt die ältesten, einfachsten Grundlagen seines characteristischen Le- bens von neuem her, und begknt das Leben des Volkes gewissermaßen mit der Kraft und Reinheit des ursprüng- lichsten Keimes in neuen Triben. So haben wir in den alten, verschränkten Formen des Reiches, wie in den Glidern eines abgelebten Leibes, die Pulsschläge des algemeinen deutschen Lebens schwächer werden sehen, und unter den Wirkungen des sitlichen Gif- tes, welches die Franzosen in den verschidenen einander folgenden Verträgen mit den deutschen Regirungen in Ba- sel, Leoben, Lunwiler, im Reichsdeputationshauptschluße und in Wien und Pressburg durch moralische Herabwür- digung, durch Verwickelung in rechtsverachtende Handlun- gen ausgegoßen hatten, war dies algemeine deutsche Leben fast erstorben. Wir haben gesehen, wie die sitliche Indignation über das Verhältniss, in welches man gekommen war, Preussen in den Krieg von 1806 trib; — und wie äußerlich un- glüklich dieser auch endete, für deutsches Leben und Wesen war der Fride von Tilsit doch ein Glük, denn er machte Preussen zugleich frri von der Teilname an dem lezten Zugreifen gegen die Mitstäude im Reiche, tilgte fast allen Groll, den man im übrigen Deutschland schon in hohem Grade gefaßt hatten und zugleich wis er auf die eigne, tüchtige, sitliche Kraft des Volkes; knüpfte ein neues sitli- ches Band fest zwischen Regirung und Untertanen. Der Krieg im südlichen Deutschland aber ließ zuerst wider des Volkes eigenste, älteste Art sich kräftig durchkämpfen. So wie Tirol in den Krieg hereingezogen, dann bald von Oestreich seinen eignen Kräften überlaßen war, sahen wir auch sich das Wesen des deutschen Volksheeres, des alten Heerbannes in herlichster, glänzendster Weise entwickeln, und schon oben musten wir der Aenlichkeit mit dem Kampfe im Teutoburger Walde gedenken — mehr als einmal sa- hen wir gewissermaßen die Geister der Ahnen wie aus tausendjährigem Verschlüße in den Bergen Hervordringen

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1. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 498

1845 - Halle : Anton
498 heit Gottes und altkluger Kritik sei — und daß nur da, wo der Glaube hersche, Genügen und Fülle des Lebens zu finden sei — aber er hatte sich auch altklug darein gefun- den, daß er nun einmal mit seinem Leben in ein Zeitalter altkluger Kritik falle, und hat dies Zeitalter in seiner äußer- sten Trostlosigkeit und Leerheit dargestelt in seinem größten Kunstwerke, eben in den Walverwandtschaften, in welchem die Enkel lesen werden mit Bewunderung vor Göthes Mei- schaft und mit Schauder vor der tiefen, geistigen Armut und dem Unglük, in welchem einmal ihre Väter gelebt haben. Manchem meiner Leser wird dieser Ercurs ungehörig erscheinen in einer politischen Geschichte, aber solche Schrift- werke sind auch Taten, Taten die Zeugnis ablcgen von der Zeit und auf diese oft mehr wirken als Schlachten — auch erlösend wirken, denn sie machen klar und zeitigen. Und welch ein Zeugnis, wenn die edelsten reichsten Genien einer Nation sich von der Teilname an dem Schiksale der- selben so zurükziehen wie Göthe tat — und Göthe nicht allein; denn wenn wir von seiner Meisterhand das Bild jenes Lebens am deutlichsten bewart sehen — alle anderen Bilder jener Zeit stellen nur dasselbe geistige Elend dar. Man gehe doch das Leben, wie es in den Jean - Paulschen Romanen dargestelt ist, und die Zeit abspigelt, nach allen Seiten durch, ob es nicht derselbe Moderduft, dieselbe sitliche Verwesung, dieselbe Schwindsucht aller algemeinen Interessen durch Privatempfindsamkeit und durch Privattu- gend und Privatfrömmigkeit ist, die cs iiberal bezeichnete. Allerdings in dem Wirken und Tun des früher in Jena sei- nen Mittelpunct findenden Kreises, den nun teils der Krieg, teils die neuen bayrischen Studienanstalten und die in Folge von deren Einrichtung ergehenden Rufe zerstreut hatten, al- lerdings hier finden sich schon wider Ahnungen dessen, was ein Volk an seinen Erinnerungen, an den früheren Zeugnis- sen seiner sillichen Kraft hat — Ahnungen, die in der Liebe zu Volksliedern, in der neuerwachenden Freude an den Volks, büchern, in der Begeisterung für ältere deutsche Litterarur und Geschichte almälig erstarkten — noch aber war die Aussicht

2. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 402

1845 - Halle : Anton
402 wenig zu bemerken. In bösem, eigennützigem Streite um- stunden sie des Vaters Todbet, und haderten um die Tei- lung der Hinterlaßenschaft. Deutschland hat später herbere Tage — nie hat es eine tiefere sitliche Ernidrigung erlebt als damals. Ja! nach einer Seite kan man sagen, daß sie tiefer war als die sitliche Ernidrigung Frankreichs in der Revolution, denn als jene berüchtigte Augustnacht Frank- reichs Reichsbestand zusammenbrach, waren die zerbrechen- den (wenigstens die die Zertrümmerung vorschlagenden und einleitenden) zugleich selbst die am meisten opfernden — in unserer deutschen Reichszertrümmerung hat niemand ge- opfert, als wer sich bereits im Zustande politischer Ohn- macht und Knebelung befand. Und doch — Ein mächtiger Unterschid — ein Unterschid ist vorhanden, der möglich machte, daß die deutsche Nation sich nach diesem Schlage neu zu sitlicher Würde hat erheben können, wärend es bis- her Frankreich unmöglich geblibcn ist, seine Schuld zu bü- ßen — es ist der, daß selbst die am meisten zugreifenden sich im Notstände, sich in dem Gcfüle, daß eine Zertrüm- merung vorgehe, daß man nach jedem Balken der Rettung, nach jedem Machtzuwachse im Tribe der Selbsterhaltung greifen müße, befanden — daß man sich in einer Wirbel- bewegung, in einem Tumult des Fallens befand, und also im Grunde doch nur passiv sündigte, sündigte indem man sich von Fremden treiben und versüren ließ. Lebenskraft hatte einmal das alte Reich nicht mehr — Lebenskraft würde auch nie ein analoges politisches Gebäude in jener drang- vollen Zeit erhalten haben — da war cs eine Gnade Got- tes, daß die Hälfte der Sünde der Tödtung des Ruches dem Auslande zufiel, die andere Hälfte ein Act einer Art Naturnotwendigkeit, einer Art sitlicher Gebundenheit war — über deren Natur man hintennach Reue und Buße em- pfinden, und in dieser Stimmung sich darüber sitlich er- heben konte, ohne daß es nötig und möglich gewesen wäre, das Gute, was der ganze Act in seinem Geleite flirte, wi- der faren zu laßen. Von dem Friden zu Lunwilcr bis zunl zweiten Pariser Friden — diesen ganzen Zeitraum Fan man dramatisch als Acte der Sünde, Buße und Beßerung

3. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 394

1845 - Halle : Anton
394 lischt Fregatte zwei französische Kauffarer; und Buona- parte erklärte, um eine Repressalie zu ergreifen, alle in Frankreich anwesende Engländer zwischen 18 und 69 Jah- ren für Kriegsgefangene. Bei beiden Nationen war die Stimmung in höchster Erbitterung. Am 24tcn Mai drang General Mortier ron Ba- tavien aus nach dem nördlichen Deutschland vor mit 15,900 Man und eccupirte Hannover. Schon am 5ten Juni zog er nach der Convention von Süllingen in der Stadt Hannover ein. Das ganze Land war in wenigen Tagen in seiner Gewalt; 509 Kanonen, 10,090 Flinten und ansehnliche Kriegskassen sielen ihm in die Hände. Der Herzog von Cambridge schifte sich in aller Eile nach England ein. General Walmoden behauptete Lauenburg noch bis Anfang Juli. Am 5ten erhielt er eine ehrenvolle Capitulation, welche auch diese Landschaft den Feinden überließ. Nie ist die Schwäche, in welcher das deutsche Reich am Ende seiner Tage dastund, schmälicher documen- tirt worden, als da man, auf die Klage des Königes von England als Kurfürsten von Hannover über diese Occupa- tion seiner Reichslande, dieselben als eine Deutschland nicht näher angehende Tatsache behandelte, und sich neutral hielt. Aber wie wäre auch, nach der sitlichen Ernidrigung zu der sich Deutschland in der Behandlung des Entschädigungsge- schäftes verstanden hatte, Widerstand gegen irgend eine Unbill, die dem Reiche widerfur, noch zu erwarten gewe- sen ? — Betrachten wir diese Angelegenheiten etwas nä- her ehe wir weiter dem Gange der algemeinen europäischen Verhältnisse folgen. Als Kaiser Franz den Friden von Lunwiler schloß, war er von der französischen Regirung genötigt worden, ihn zugleich für das Reich zu schließen, ohngeachtet er dazu durchaus nicht vom Reiche Volmacht hatte *). Französi- scher seits bestund man darauf; der Kaiser machte dem Reichstage in Regensburg von dem geschehenen Anzeige am Lltcn Febr. 1801 und erforderte ein Reichsgutachten, ob *) Die folgende Darstellung vornämlich nach Eichhorn und Pfister.

4. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 177

1845 - Halle : Anton
177 mit Yorks Armee vereinigt ward. Die Campagne der Preuffen und Oestreicher hatte für dieses Jahr ein Ende. Indem wir uns nun von der Betrachtung der Kriegs- lauste an der Nord und Ostgrenze, die wir des Zusammen- hanges wegen bis gegen Ende des Jahres verfolgen zu müßen glaubten, zu Betrachtung der inneren Zustande zu- rükwenden, glauben wir einige algemeine Bemerkungen vorausschicken zu müßen. Jedes Gemeinwesen, was nicht durch sitliche Gedan- ken getragen wird und seine Haltung und Gestalt erhält, wird durch mechanische Mächte, durch die äußere Gewalt in irgend einer Art bestimt. Es beruht dann alles darauf, daß die Klassen der Bevölkerung und die Individuen, welche über die größte äußere Gewalt zu verfügen haben, auch als die einflußreichsten, als die bestimmenden anerkant werden. Ist dies nicht der Fal so entsteht durch die Natur der Sache ein Kampf, der diese Anerkennung herbeifürt. Einen sol- chen Kampf haben wir in der französischen Revolution zu betrachten. Wir haben beim Beginne der Revolution Frankreich bereits in sitlicher Verwirrung getroffen; die Formen des öffentlichen Lebens hatten sich zum Teil aus älteren Zeiten her fortgeerbt, indem aber seit Richelieus und Ludwigs Xiv. Wirken der sitliche Geist, der früher diese Formen erfült hatte, aus ihnen hatte weichen müßen, war im Algemeinen auch die Fähigkeit, sich in ihnen sach- gemäß zu bewegen, verschwunden. Weder der König wüste in rechter Weise König; noch der Adel Adel zu sein; die königlichen Diener waren von der Gesinnung, welche sie als solche hätte begleiten müßen, größtenteils entblößt; alle Verhältnisse waren karikirt, und so muste sich des Vol- kes notwendig schon seit längerer Zeit eine arge Verwirrung aller sitlichcn Begriffe, die sich am geistigsten in der Ver- wirrung der Sprache, in der Unzucht des Wortes darstelt, bemächtigen. Wir haben gesehen, wie aller Widerstand gegen die Revolution, der successiv versucht ward, scheiterte, scheitern muste — nicht weil er liberal unmöglich gewesen wäre, sondern weil er für diese Menschen, die alles rechte Maß, die das Wort — vor allen das Wort Gottes, was Leo's Lchrb. d. Universalg. Bd. V.(2tc Auflg.) 12

5. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 642

1845 - Halle : Anton
642 manche Manung an das Ende in den Weg gelegt. Wie scheinbar unbedeutend auch, was damals von Gneisenau und Scharnhorst in Preussen geschah, um das Land werhaft zu machen für künftige Fälle, gehalten werden muste; wie scheinbar teilnamlos diepreussische Regirung zu den nächsten Planen Napoleons und seiner Gegner sich verhalten muste, die Sorge war überal wach; und namentlich war cs der verstorbene Grüner, der auch später, um den Franzosen auszuweichen, Preussen verlaßen und ebenfals nach Böhmen gehen muste, welcher gewissermaßen der Mittelpunct alles dessen war, was man den französischen Spionerien im nörd- lichen Deutschland unter der Hand entgegen sezte. Er spio-- nirte vilfach die französischen Spionerien aus, und mehr- fach verschwanden französische Emissäre spurlos, ohne daß es den französischen Agenten längere Zeit möglich war ihre Gegner fester ins Auge zu faßen. Kurz! in den verschiden- sten Lebenskrcifen fand der Haß gegen die fremden Unter- drücker Anklang, Anklang in Seelen, die in irgend einer Weise noch einen heldenmütigen Funken in sich bewart hatten — und so kam es, daß sich die verschidcnsten Conspirationen bildeten; oft in sehr kleinen vereinzelten Kreisen; zun eilen weiter ausgedent; — die Fäden aller bedeutenderen Ver- ftändnisse liefen in Böhmen, liefen in Prag zusammen. Die Vereinzelung, die Zusammendrückung dieser Eonspira- tionen aber in Norddeutfchland selbst hinderte jedes groß- artige Wirken, vollends alles Gelingen — unser Volk ist kein solches, dem irgend einmal durch geheime Verständnisse zu helfen gewesen wäre, und es ist das (erkennen wir es an!) eine schöne Seite in seinem Leben — es ist zu sehr bei der Sache, zu wenig bei den Personen, und deshalb zu sehr ohne feine geselschaftliche Warnemung; zu sehr ohne jene zu heimlichem Wirken unerläßlichen Geistesgegenwart und auch zu geldarm, um durch Conspirationen bei ihm vil erreichen zu können. Sind deutsche Conspirationen auf kleine Kreise bechränkt, so sind sie durch Mittellosigkeit erbärmlich ■— sind sie in weiten Kreisen, so sind sie jederman ersichtlich. Bei uns kan nichts ohne den offenen, guten, sitlichen Willen des Volkes erreicht werden — aber daß in der Zeit der Not

6. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 442

1845 - Halle : Anton
442 der Achtung, zu welcher später das sitliche Leben der Völ- ker wider in der Wißenschaft gelangte, zeigten sich damals in dem Interesse, mit welchem gebildete Kreise Volkslieder aller Art, mit welchem sie solche Richtungen der dramati- schen Poesie fremder Nationen aufnamen, wie sie ein tüchtiges nationales Bewußtsein abspigeln, also vor allen Shakes- peare's und Calderons Werke — oder solche ernste Poesie, wie sie sich in Dante findet. Aller dieser Tendenzen be- mächtigte sich einstweilen die junge romantische Poesie, die zugleich gegen die Kotzebue-Jfflandische Ueberwäßerung eine kräftige Reaction versuchte. Das Leben dieser auser wälten Kreise der Nation verbreitete in immer weiteren Ringen sein Licht nicht bloß durch Schriften der Einzelnen, sondern besonders auch durch Zeitschriften, zu denen sich mehrere der ausgezeichnetsten vereinigten. Seit 1705 hatte Schiller mit Göthe, Herder, Jakobi und Fichte die Horen herausgegeben; seit 1796 einen Musenalmanach. Die Schlegel unternamen succesflv eine Reihe Zeitschriften. Die algemeine jenaische Litteraturzeitung machte eine wirksame Opposition gegen die seichte deutsche Bibliothek. Am mei- sten aber, am kernhaftesten ward dieser Geist verbreitet durch die, welche damals in Jena studirt hatten. Nach Jena flüchtete man damals aus den Rheinlanden, aus den süd- deutschen Landen seine Söhne, um sie vor den Wechseln des Krieges sicher zu wißen. Aus dem olmehin bisher sicheren Nordosten kamen junge Leute in Menge durch die großen Namen, die sich an Jena und Weimar knüpften, ungezogen — und wie sie wider hinausgieugen durch Deutschland verteilte sich die Begeisterung für höhere wißen- schaftliche Strebungen über das Land, und wekte tausende aus dem Schlafe, wenigstens zur Opposition, die zeither in philiströsen Kreisen sanft geruht hatten. — Wie wenig aber doch die wißeuschaftliche Strebung auf die Dauer trö- sten kan, wo Etat und Kircbe alles tröstende verloren ha- den, wo die sillichen Fundamente, auf denen die mensch- liche Geselschaft ruht, einbrechen, das beweist am Besten Novalis. Er ist der personnisicirle Träger des Unglüks und der sillichen Verwirrung jener Zeit. Keiner hat sie

7. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 443

1845 - Halle : Anton
443 gefült wie er; keiner auch durch sein ganzes Sein so darr gesielt wie er. Man versetze sich nur mit seinem Gemute in die ganze Figuration jener Zeit und lese dann seine Werke: Was sollen wir auf dieser Welt Mit unsrer Lieb und Treue? Das Alte wird hintangestelt: Was soll uns denn das Neue? O einsam steht und tiefbetrübt, Wer heiß und from die Derzeit liebt. Was aber half alle geistige Aufregung, was half alle wis- senschaftliche Widerbelebung der Nation ohne eine sitliche Widerbelebung und Klärung? Sölten wir in der neueren Geschichte das jammervolle Schiksal des alten Griechenlands widerholen? — Die sitliche Widerbelebung hat uns Gott geschenkt, durch das Unglük, was über Preussen herein- brach — dies Unglük und seine Folgen haben Norddeutsch' lands, haben des ganzen Deutschlands innerste Teile um- gekert, baden einen sitlichen Boden bereitet auf dem der Same, welchen Spaniens und Tirols tapfere Söhne ge- streut, fruchtbar keimte, den Boden, auf welchem deut- sches Nationalbewustsein wider zuerst einen festen Fuß der Hofnung setzen konte — ja Preussen ist, es ist gerade in seinem tiefsten Unglük eine feste Säule unserer neuen Volks- ehren geworden, und diese tröstliche Einsicht hier in vor- aus auszusprechen, mochte der Hand vergönt sein, die das folgende Entsezliche niderzuschreiben hatte. Unmittelbar an den Haugwitzischen Vertrag schloß sich die Entwickelung des über Preussen hereinbrechenden Unglüks an. Anfangs zwar schin alles sich vortreflich zu fügen. In Paris ange- langt ward nämlich Haugwitz auf das Freundlichste em- pfangen; und zugleich erfur die Besizname Hannovers ohngeachtet einer Protestation dagegen von Seiten des Grafen Münster nicht die mindeste Schwierigkeit; die nach Hannover gekommenen englischen und die von England in Hannover besoldeten deutschen Truppen schiften sich an- fangs Jan. 1806 wieder ein; nur die schwedischen Trup- pen zauderten das Land zu raumen. Algemach aber wech- selte Napoleon („dieser, dieser, wenn man ihn mit Män-

8. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 493

1845 - Halle : Anton
493 Göthes, ist zugleich für die Nation eine Schmachsäule zu ewigem Andenken. Betrachten wir das Leben, was sich in dieser Dich- tung darstelt, so findet man das treueste Abbild der geistigen Atmosphäre, in der sich in jener Zeit der größte Teil der vornemern deutschen Welt bewegte. Für die Nation kein Herz, für nationale Freiheit und Würde kein Sin und an den Etat so wenig Gedanke als mög- lich. Der Etat hatte in Deutschland seine sitliche Würde verloren. Er erhielt überal die geistige Hauptdirection vom Auslande, hatte keine selbstständigen Ehren und gewärte keinen Trost. Die Folge war, daß ihn diejeni- gen, die die Mittel hatten, sich ihr Privatleben auszu- schmücken, nur ansahen, als einen zimlich gleichgültigen Ramen, an den man sein Herz so wenig als möglich zu hängen habe; der doch gut sei, in wiefern er im Wesentlichen Ruhe und Ordnung erhalle und das auf- recht, was man damals Gesittung zu nennen ansieng, damit die Leute, die täglich ein Desert verzertcn, in Sicherheit ihre Mandeln bei einem Glase Wein knacken könten. Oeffentliches Unglük ward im Allgemeinen so ruhig als möglich, ward als Etwas erfaßt, wobei man Privattugenden ruhiger Reflexion und verständiger Wol- tätigkeit oder Dankbarkeit zeigen könne. Auch zeigte sich die algemeine Statsordnung noch dadurch woltuend, daß es durch sie möglich ward, ausgezeichnetere Stellungen in der Geselschaft zu gewinnen, Geheimerath zu werden oder Oberst In dieser Weise sigurirte etwa noch der Etat in den Rheinbundstaten Deutschlands — es war mit Einem Worte die Satheit des Todes in die öffentlichen Verhältnisse eingekert, und mit dieser Physiog- nomie etwa blicken einen die Beziehungen an, welche je- ner Roman beiläufig auf allgemeinere Verhältnisse nimt. Geistige Lebensmotive sind in der Beziehung zu Volk und Vaterland in jenem Romane gar keine, und das war das Bild im Ganzen der höheren Geselschaft, so weit sie ihre Bildung dem vorigen Jahrhunderte verdankt hatte. Diese höhere Geselschaft hatte vor der französischen Revo-

9. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 640

1845 - Halle : Anton
640 wir gesehen. Auch ist bereits erwä'nt worden, daß der so ohne allen Grund und ohne alle Form des Rechts aus fei* nem Lande vertribene Kurfürst von Heßen ebenso wie der Herzog von Braunschweig von Böhmen und Oels aus fort» wärend mit ihren Erblanden Verbindungen unterhalten hat- ten. Seit dem Beginne der östreichischen Rüstungen für den Krieg, dessen Eräugnisse zulezt dargestelt wurden, er- hielten die Absichten der in Böhmen lebenden norddeutschen Fürsten und Herren festere Zile — und die Art des Kamp- fes in Spanien schin einigermaßen als Vorbild auch für eine Erhebung des nördlichen Deutschlands gelten zu kön- nen. Alle diese Vorbereitungen musten in tiefstes Geheim- nis gehült bleiben, solte irgend ein Erfolg zu erwarten sein; denn die Art des Volkes und Landes begünstigte doch in der Tat Unternemungen dieser Gattung weniger als in den Alpen. Auch war das Verhältnis ein anderes. In Tirol fülle sich das gemeine Landvolk von Alters her stolzer, wer- Hafter; und fülle auch den sitlichen Bruch, der durch die bairische Negierung in sein Leben gekommen war, unmittel- barer, drückender. Baiern und Tiroler hatten schon seit Jahrhunderten als Volksstamme an ihren Grenzen in einem kleinen Kriege gegenseitiger Abneigung gelebt; die Verwal- tungsämter waren bis dahin in Tirol fast alle in den Hän- den des landsaßigen Adels und der einheimischen städtischen Behörden; — über ganz Norddeutschland dagegen, mit Ausname etwa der westfälischen Stiftslande, war die Ver- waltung, und namentlich war sie es in Heßen und Braun- schweig in hohem Grade in den Händen eines Beamteten- standes, der hinsichtlich seiner Subsistenz vornämlich auf seine Besoldung verwisen, schon lange, lange ein von der Regierung völlig abhängiges Leben in einer gewissen Ge- schäftsroutine und bei mediocren, philiströsen Vergnügungen gefürt, in diesen engen Interessen sich an persönliche Be- deutungslosigkeit, zum Teil an eigentliche Bedientengesin- nung gewönt hatte. Diese Leute dankten großen Teils Got, wenn es ihnen gelungen war, bei der neuen westsälingischen Regirung wider ein Aemtchen zu erhalten; sie füllen sich zu selbstständiger Ernärung zu ungeschikt oder zu arm — und

10. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 491

1845 - Halle : Anton
491 in Königsberg am 12len Juli abgeschloßeit, und sagte die Räumung aller nach dem Friden preussisch bleibenden Pro- vinzen zu bis zum Iten October, aber nur wenn bis dahin alle seit dem Isten Nov. 1806 aufgelegten und noch rük- siändigen Contributionen bis dahin abgetragen seien. Allein diese Contributionen, welche preussischer Seits auf 10 Mil- lionen Franken angeschlagen wurden, sezten die Franzosen auf 112 Millionen Franken an, und steigerten den Ansaz nachher am 8ten Sept. 1808 noch auf 140 Millionen; und als von diesen 120 Millionen bezalt waren, wurden den- noch Stettin, Küstrin und Glogau noch in der Art besezt gehalten, daß Preussen die Besatzungen zu verproviantiren hatte. Auch das freie Danzig behielt französische Besatzung. Wie groß auch das Unglük war, was Preussen ge- troffen, und dessen Umfang man nun erst ganz übersehen konte, als der Fride geschloßen war, und man in ihm nur einen kleinen Teil des alten Gebietes und diesen durch den Krieg verwüstet, und noch längere Zeit teilweise von Fein- den militärisch besezt, zurükerhielt — durfte man doch frei anfatmen, wenn man anders in der Nidergeworfenheit durch das eigne Unglük auch noch Gefül behalten hatte für die würdigere sitlichere Stellung in die man gekommen war. Der Verlust des Krieges hatte zugleich die Erwerbungen durch den Neichsdeputationshauptschluß sämtlich und Han nover umfaßt — man war ten Gew in aus den früheren sitlich benachteiligenden Pacten loß, und Deutschland, die politische Basis auf der sich das neue Preussen erheben muste, war nicht nur versöhnt durch die Buße, die es Preussen hatte bringen sehen, sondern war zugleich tatsäch- lich davon überzeugt worden, daß Preussens Macht eine seiner festesten Säulen sei, daß Preussen mächtig auszu- statten, einst seine politische Aufgabe sein müßc, wenn es selbst sicher stehen wolle. Preussen hat nachher jene ver- lornen Territorien und mehr zurükerhalten aber in ganz anderer Stellung und Weise als durch den Rcichsdeputa- tionshauptschluß und durch die Transaction mit den Frem- den — es hat sie zurükerhalten als Sigeslohn gerechten Krieges, als Ausstattung zur mächtigen Waffenwache für

11. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 421

1845 - Halle : Anton
421 L’Europe pendant le consul.it ct l'einpire ilc Kapoicon par M. Capufi- §. 4. gue. tome Ix.-Xviii. Bruxelles. 1840. 1811. zu"är°Rük- Gcfchichre der Kriege i» Europa seit dem Jahre 1792 als Folge der Skatsver- (n 5on ^»6- anderung in Frankreich unter König Ludwig Xvi. Bd. 7 — 9. Berlin. kau. 1831 —1839 8. Geschichte des Prcussischeu States (von Manso) 2ter und 3ter Bd. Frankfurt a. M. 1819. 2». 8. Uistory ok tlit: ie nr in the peninsula and in the South of France from the yenr 1807 to the ycar 1814 by W. F. 1*. Kapier vol. 1 — 3. Paris 1839. 1840. 8. Schwedische Geschichte unter Gustav Iii. vorzüglich oder unter Gustav Iv. Adolf von F. M. Arndt. Leipzig >839. 8. .Hintcrlaßenc Werke des Generals Earl von Elausewip über Krieg und Krieg- sürnng. 7tcr Band (der Feldzug von 1812 in Russland). Berlin 1838. 8. Als Napoleon seine Gewalt in eine kaiserliche ver- wandelt hatte, war Frankreich im Inneren beruhigt; durch eine einfache, militärisch erganisirte Administration mecha- nisch zusammengehalten, zu jeder Bewegung nach außen geschikter als man bis dahin diese Eigenschaft an irgend einem europäischen State gekant hatte. Das Reich war durch eine Reihe Republiken gegen Osten geschüzt. Oeft- reich schin noch von den früheren unglüklichen Feldzügen erschöpft. Der einstige treue Verbündete Oestreichs in den Kämpfen mit Frankreich, Spanien, war nun im Inneren ohne gerechte Ordnung der Administration, ohne sitliche Achtung und Kraft der Regirung, und hinsichtlich seiner äußeren Verhältnisse war das Land Napoleon durch enge Bündnisse untergeordnet. Das deutsche Reich war durch die Anordnungen des Reichsdepntationshauptschlußes aus allen Fugen gerißen, und wenn einige deutsche Staten auch noch sich in gemeßcner Entfernung von Frankreich hielten, hatte französische Bildung und Administration doch den me sten so imponirt, daß sie sie wirklich für das Höhere hiel- ten. Einige knüpfte eigner Vorteil, knüpften namentlich die Interessen der Unterdrückung der Reichsritterschaft und anderer kleiner Reichsstände, in welcher man die fridlichen Eroberungen des Reichsdeputationshauptschlußes fortsezte, und für deren Schuz man eines auswärtigen Anhaltes be- durfte, an des neuen Kaisers Winke. Polen war politisch vernichtet, und was sich in der Nation noch ckräftig regte, sah sehnsüchtig cbensals auf Napoleon, der schon in den italienischen Feldzüge eine polnische Legion errichtek, und

12. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 639

1845 - Halle : Anton
T 636 lichkeit wider zu be wären, zu stärken, in das Recht ihrer herschenden Stellung einzuweisen. Da verblaßen und ver- bleichen alle angelernten Mantren, und der ursprüngliche Character bricht mit neuer Kraft aus den Geburtswehen wie ein neugebornes Kind hervor, damit sich das Leben des Volkes verjünge und einen neuen Anlauf neme zu unver- wüstlichem Dasein. Erkennen wir das Glük, einem Volke anzugehören wie das deutsche ist —- einem Volke was mit tapferem, keuschem Sinne zuerst sein Land in Besiz genommen und es in jeder kommenden Not und Verwirrung so behauptet hat, weil es immer wider flüchten konte zu dem tapferen, keuschen Sinne der Ahnen! — erkennen wir das Glük, einem Volke anzugehören, welches ein warer, ein gebore- ner Adelsman ist unter den Völkern dieser Erde! — erkennen wir dies Glük und benedeien das Andenken der Vorfaren, die das Land mit ihrem Blute getränkt, um es uns und bei seiner alten Art zu erhalten! Möge uns nie etwas entsezlicher erscheinen als das Unglük, das sitliche Unglük und der Fluch, der die Generation treffen wüste, die einmal das reine Erbe der Väter schmachvol im Stiche gelaßen! — Auch die Väter allerdings haben gesündigt, wie ja auch der Gerechte täglich sündigt siebenmal — aber noch hat unser Volk aus jeder schmachvollen Lage sich wider erhoben — und aus der schmacl volsten am glanzvolsten. Haben wir nun in Tirol und in dem Zuge des Her- zog Wilhelm Formen des alten Lebens mit neuer frischer Kraft aus dem südlichen Deutschland hervorbrechen sehen, so glaube darum niemand, daß das nördliche in jenem Jahre ganz ohne die Fähigkeit gewesen wäre, änliches zu erzeugen — äußere Umstände brachen allerdings noch die Entwickelung, die in vollem Glanze wenige Jahre später hervortrat; — aber die verunglükten Ansätze zu änlichen Erscheinungen dür- fen wir auch in dieser Zeit nicht mit Stilschwcigen übergehen. Wie Herr von Stein von Königsberg aus Verbin- dungen im nordwestlichen Deutschland unterhalten, wie er sie zu erweitern gesucht, wie er in Folge dieser Unterne- mungen zur Flucht nach Oestreich genötigt worden, haben

13. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 438

1845 - Halle : Anton
438 allein und schnel über Preußens Stellung entscheiden, und ließ ihm, obwol sich derselbe mit unzureichenden Vermach- ten entschuldigte, gar keine Zeit — sondern nur die Wal zwischen Krieg und Friden. So drängte er ihn leicht da- hin, daß er noch an demselben Tage mit ihm einen Ver- trag abschloß, welcher, wenn man ihn bloß äußerlich be- trachtete, vorteilhaft für Preussen erschin, in der Tat aber diesem State alle sitliche Basis in der öffentlichen Meinung Deutschlands rauben muste. Wie hatte ein Haugwitz auch sitliche Mächte in Anschlag bringen sollen! Preussen solté Anspach an Baiern, den Rest von Cleve mit Wesel und Neufchatel an Frankreich abtreten *), und dafür zur Abrundung des Baireurhischen von Baiern einen Bezirk von 20,000 Seelen erhalten; so wie von Frankreich das Zugeständnis, Hannover und die übrigen fridlich in Besiz genommenen Länder des befreundeten Kö- niges von England in Deutschland, als Eroberung behal- ten zu dürfen. — Von alle dem, was Haugwitz auf diese Weise verhandelte, wüste man in Berlin nichts; dachte anfangs, als der Großfürst Constantin nach der Schlacht von Austerliz nach Berlin kam, und Dolgorucki Namens Alexanders Anerbietungen machte, noch an Krieg; dann wenigstens an eine würdige Stellung als vermittelnde Macht. Als Haugwitz am 25ten December nach Berlin zurükkam, ward sein Vortrag anfangs mit algemeiner In- dignation ausgenommen. Zwar war zwischen den Erwer- bungen, wie man sie durch den Reichsdeputationshaupt- schluß gemacht, und zwischen dieser fridlichen Eroberung Hannovers im Grunde wenig Unterschid; allein die äuße- ren Umstände, unter welchen die leztere zu Stande kom- men solté, erschinen überaus demütigend, und legten nun die Einsicht nahe, daß wenn man so sich von aller Achtung bestehenden Rechtes entferne, bald überhaupt nichts mehr feststehen werde, als die Macht des Stärkeren; daß Treue und Glaube, durch welche auch Schwächere in ihrer Ver- bindung stark sind, bald aufhören müßten eine verbindende ’) Manso Geschichte des prcussischen States, ll. 99.

14. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 437

1845 - Halle : Anton
437 fachen mit ihm unterhandeln, sondern venvis ihn einstwei- len an Talleyrand nach Wien. Hier angekommen hatte Haugwitz die Nachricht von Napoleons Sige, von der Russen Rükzuge und der Geneigtheit Oestreichs zum Friden aus erster Hand; er erhielt sie unter Eindrücken, wie sie da entstehen mußten, wo man sich von den Truppen des sigreichen Imperators umgeben sah. Preussens Politik hatte sich schon die lezten Jahre hindurch nicht mehr durch algemeinere Interessen, sondern durch die Aussichten auf einzelnen Gewin bestimmen laßen. An eine sitliche Begei- sterung, welche Characterfestigkeit und in schwierigen Lagen den richtigen Tact mänlichen Handelns gibt, war bei ei- nem halbvcrbrauchten, weichlichen Manne wie Haugwitz war, nicht zu denken. Er wenigstens wüste sich in dieser Lage nicht anders als durch ein völliges Wechseln der Rolle zu helfen, wie Napoleon ganz richtig vorausgesehen hatte. Als er am 15ten December bei Napoleon, der wider nach Wien gekommen war, Audienz erhielt — an demselben Tage, an welchem Preussen den früheren Planen zu Folge den Krieg beginnen solle, wenn der Kaiser der Franzosen nicht alle Bedingungen der Potsdamer Allianz eingehe, ver- schwig er alle diese Bedingungen und beklagte sich nur Namens Preussens wegen der Rücksichtslosigkeit, mit wel- cher man es, das Frankreich so lange befreundete Land, behandelt habe. Napoleon seinerseits fand auch seine Rech- nung dabei, es nicht zum Bruche kommen zu laßen, denn noch war der Fride mit Oestreich nicht abgeschloßcn; der Erzherzog Karl war mit seiner Armee wirklich angekvm- men; Böhmen war noch so gut wie unberürt; Russland hatte erst einen verhältnismäßig sehr geringen Verlust er- litten. Der Beitrit Preussens hätte weit im Westen seinen Rücken bedroht — kurz! Napoleon sah sich wenn Haug- witz entschiden auftrat, sich durch die doch nur scheinbare Gefahr, welcher Schlesien ausgesezt schin, nicht imponiren ließ, und dem öftreichischen Kabinette neuen Mut zum Kriege cinzuflößen verstund, in gefährdetster Lage — aber er wüste, mit wem er zu tun hatte; er gieng also auf Haugwitzens Bemmen ein, wolte aber möglichst mit ihnr

15. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 572

1845 - Halle : Anton
572 seph wider unterworfenen Ortschaft ward ein Militärge- richt ohne Appellation installirt um über Verräterci zu rich- ten d. h. alle treuen Spanier zu verurteilen. Die Admi- nistration ward durch Decrete auf französischen Fuß herge- stelt, die Geistlichkeit zu Contributionen gezwungen, um den Finanzen ein wenig aufzuhelfen, und dann ward am 16len Februar eine algemeine Eidesleistung befohlen, die nur dazu dienen konte schwache Characrere vollends sitlich zu verwirren. So hielt man nun eine Zeitlang die beiden nördlichen Dritteile des Plateaulandes von Spanien nider, warend ringsum, in Catalonien, in den südlichen Provin- zen und in Portugal der wildeste Volkskrieg dauerte; denn die Spanier sahen, und mit Recht, die Franzosen nicht an- ders als unsere alten deutschen Vorfaren die eingedrungenen Römer nur als Räuber und Mörder an, die unbefugt in ihr Land gefallen, und übten die Moral, die unser schönes Lied singt: Schlagt sie todt! das Weltgericht Fragt euch nach der Ursach nicht! Eine etwas beßere Wendung für die nationale Sache nam der Krieg, als Sir John Cradock, der eine Zeitlang das Obercommando der englischen Armeen in Portugal ge- fürt, aber zuletzt das höchste Mistrauen der Portugisen er- regt hatte, abgerufen ward, und Sir Arthur Wellesley ge- gen Ende April an seine Stelle trat. Schon die bloße Er- scl einung dieses Mannes, zu dem in Portugal das größte Zutrauen herschte, richtete aller Mut auf. Wir können seinen Anordnungen und den Bewegungen seiner Armee nicht ins Einzelne folgen. Zwar in Asturien konte sich Ro- mana, der hier wider mit den Franzosen den Kampf ver- suchte, auch nun nicht halten, aber die Reste des Wider- standes im nordwestlichen Spanien erhielten doch durch die veränderte Haltung des englischen Oberbefelhshabers in Portugal alle einen Stüzpunct. Eine Zeitlang hielt dann Wellesley seine Truppen in dem Lager von Abranles bis Ende Juni hin, ohngeachtet er vor Begirde braute, selbst nach Spanien vorzudringen. Er halte gegen Ende Juni nur 22,000 Man unter seinem Befelhe, denn die Armee hatte sehr durch Krankheiten verloren. Ueberdies feite es an

16. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 417

1845 - Halle : Anton
417 schwigen, weshalb sich Russland einer Sache anneme, zu der es keine Beziehung habe. Buonaparte ward geradezu persönlich beleidigend in dem, was er durch Talleyrand an das russische Kabinet gelangen ließ. Russland verlangte nur um so entschidener die Befreiung Neapels von sranzö- sischen Truppen, die Restitution des Königes von Sardi- nien und volständigere Entschädigung der Nassau - oranischen Familie. Endlich verließ der russische Geschäftsträger Paris, ohne noch das neue Kaisertum aüerkant zu haben. Alle russischen Erklärungen waren an den Chef der französischen Regirung gerichtet gewesen. König Gustav von Schweden verweigerte die Anerkennung geradezu; Oestreich schin die Veränderung in der Regirungsform Frankreichs einfach als Tatsache zu nemen; Preussen erkante die neuen kaiserlichen Ehren an. Die von Frankreich politisch abhängigen Staten musten sie natürlich anerkennen; und daß Ludwig Xviif. dagegen protestirte achtete Napoleon nun so gering, daß er die Protestalien im Moniteur abdrucken ließ. Auch die Opposition alter, abstracter Republikaner, als deren Mu- sterexemplar Carnot angesehen werden konte, hatte nun in Frankreich nur sehr geringe Bedeutung. Sie machte sich fast nur in unbeachteten Raisonnements Luft, wenn man sich auch im Ganzen erst almälig wider an einen Hof und dessen Auftreten gewönte, und von den sitlichen Gedanken die einer Monarchie ihre wäre Stütze gewären so entfernt war, daß man in dem neuen Kaisertume am Ende auch nichts als eine neuausgedachte fornida des Gemeinwe- sens sah. Kurze Zeit nachdem der Senat Napoleon zum Kai- ser ernant hatte, begannen die gerichtlichen Acte zu Been- digung der Angelegenheiten Morcaus's, Cadoudals und ihrer Freunde. Napoleon lag daran, daß Moreau von den Richtern zum Tode verurteilt würde — um einerseits dadurch dessen Freunde in der Armee einzuschüchtern, an- drerseits Gelegenheit zu haben, durch eine Begnadigung als großmütiger Feind aufzutreten. Mit allen Verfürun- gen, Drohungen und Versprechungen ließ er die Beisitzer Leo's Lchrb. d. Univcrsnlg. Bd. V. (2te icufig.) 27

17. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 541

1845 - Halle : Anton
541 das erste Manifest an die Spanier, worin er sich ihnen als König ankündigte. Am 20ten Juli hielt er seinen pracht- vollen Einzug in Madrid. Ein Teil des spanischen Adels, der wenn auch persönlich den Fremden nicht ergeben, doch wärend aller dieser Vorgänge in Bayonne oder Madrid an- wesend gewesen war, befand sich in einer Art Gefangen- schaft und muste gleich den französisch-gesinten den neuen König bei seinein ersten Auftreten umgeben. Cevallos ward Minister der auswärtigen Angelegenheiten, die natürlich ganz von Napoleons Winken abhiengen, und der Herzog del Infantado ward Gardechef. Eine Art Constitution, in welcher altspanische Titel und Namen auf neufranzösische Einrichtungen übertragen wurden, solle die Nation beruhi- gen; die Geistlichkeit schin durch die Erklärungen hinsichtlich der katholischen Kirche zufriden gestellt. Wärend aber die Regirung zuerst unter dem Jnfanten Antonio, dann unter Murat, dann unter Joseph fortgegangen war, hatten die Nachrichten über die Vorgänge in Bayonne bei der Nation den Grund alles gemeinsamen Handelns mit der Regirung zerschlagen. Durch die statgehabtcn Abdankungen sah jeder Spanier sich in seinen guten Rechten verlezt; durch die Art, wie diese Abdankungen stat gehabt, sah sich die Nation in ihrer Ehre gekränkt. Zwischen dem 26ten und 30ten Mai hatte der Kampf in allen Teilen Spaniens durch einzelne Reactionen gegen die neue französische Domination bereits begonnen. Wo die Franzosen oder dann des neuen Königes Beamtete die alten Einrichtungen des Königreiches nicht respectirten, fanden sie allenthalben Widerstand; namen sich sonst dem Volke gcneme Behörden ihrer an, so verloren sie sofort alle sitliche Macht. Einzelne vorneme Spanier, die zu den Franzosen hielten, wurden vielfach ermordet, zuweilen vom Volke zerrißen. Von allen Seiten sagte man der Junta in Madrid den Gehorsam auf. Als Joseph nach seinem Einzuge in Madrid von dem Rate von Castilien den Hut- digungseid verlangte, hatte derselbe die Künheit, ihn zu verweigern. Der Marquese de Solamo y Socoro, Gene- ralcapitan von Cadix, erhielt von einer Localjunta, die sich in Sevilla für Andalusien gebildet, bereits den Krieg gegen

18. Das Neunzehnte Jahrhundert - S. 40

1900 - Hamburg : Boysen
— 4° — ins Gericht ging. Aber dann schilderte er auch kühn und gross die unverwüstliche Kraft und Majestät des deutschen Wesens, und die Gedemütigten riss er wieder mit sich empor. Im gleichen Sinne wie Schleiermacher und Fichte schrieb Arndt (Geist der Zeit). Er zog zu Felde wider unsere Vielherrschaft, die zur Allknechtschaft geworden, wider die unweise Gerechtigkeit der Deutschen, die das Veraltete gewissenhaft verschone, bis die Fremden damit aufräumen, und vor allem wider die übergeistige, überzärtliche Bildung, die da wähne, dass Kriegsruhm wenig, dass Tapferkeit zu kühn, dass Männlichkeit zu trotzig und Festigkeit beschwerlich sei. Nahe bei Berlin, in der Hasenheide, gründete Jahn den ersten öffentlichen Turnplatz, um die verloren gegangene Gleichmässigkeit in der menschlichen Bildung wiederherzustellen. Er fand vielen Zuspruch, und an den grossen Turntagen scharten sich oft gegen 2000 junge Leute um den Turnvater Jahn, der es verstand, die Jugend in Zucht zu nehmen und ihr einen ehrlichen Abscheu gegen alle Schlaffheit und Verzärtelung einzuflössen. Was Scharnhorst einmal gesagt hatte, dass in jener trüben Zeit das Volk wieder mit sich selbst bekannt werden müsse, das geschah jetzt: Künstler und Gelehrte vertieften sich in die Herrlichkeit der alten Dichtung, Sage und Geschichte und suchten emsig, was dem deutschen Volke aus alter Zeit geblieben war, um daraus neue Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Achim von Arnim und Clemens Brentano Hessen eine Sammlung alter Lieder erscheinen, des Knaben Wunderhorn. Da erfuhr die Welt, wie reich das alte Deutschland an dichterischer Kraft gewesen, welche Fülle von Liebe und Sehnsucht, von Mut und Schelmerei in den kunstlosen Liedern der Studenten und Jäger und Wanderburschen niedergelegt war. Dann gab v. d. Hagen in Berlin die Nibelungen heraus, und die mächtigen Gestalten Siegfrieds und Brunhilds und Kriemhilds zeugten davon, dass unser Volk 600 Jahre vor Goethe schon einmal eine grosse Zeit der Dichtung erlebt hatte. Die Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm zogen im Lande umher und sammelten die alten Volksmärchen: Däumling und Hans im Glück, Dornröschen und Sneewittchen; und die Gebrüder Boisseree suchten emsig nach alten deutschen Gemälden und Bildwerken. Dabei fand Sulpiz Boisseree einige der alten Risse des Kölner Domes wieder auf, und frohen Mutes entwarf er die Zeichnungen für sein grosses Domwerk. Goethe fühlte sich von ’dem politischen Treiben der Zeit abgestossen. Er sah in Napoleon nicht den Feind seines Vaterlandes, sondern den grossen Mann. Aber gerade jetzt, mitten im Niedergang der Nation, erschien sein Faust. Zündend schlug das Gedicht ein. Hier war deutsches Leben so schön und wahr dargestellt wie nirgend; jeder Deutsche fühlte sich beglückt, dass dieser Dichter unserem Volke angehöre, und so hat auch Goethe die grosse

19. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 477

1845 - Halle : Anton
] 477 Wkra und trib Barclay de Tolly zurük; Murat drängte General Sacken. Lestocq muste sich nach Neidenburg zu- rükziehen. Am 26ten lagerte Buxhövden, der von Ostro- lenka aufgebrochen war in Makow, Bennigsen bei Pultusk. Lestocq ward nun gemeinschaftlich von Ney, Bernadotte, und Bessiores zuriikgetriben. Davoust und Lannes stunden vor Pultusk; Soult in Ciechanowc; und Murat und Au- gereau rüktcn gegen Golymin vor. Bei Pultusk kam es zu einem harten Treffen. Kamensky, fast 80 Jahre alt, war von dem ersten Unglük, was seine Truppen gehabt hatten, und von körperlichen Schmerzen, die ihn bei vilem Reiten überfielen, so von Sinnen gebracht, daß er am 26ten das Heer verlaßen, und den Befelh zu algemeinem Rükzuge hinterlaßen hatte. Bennigsen folgte der Anordnung nicht, weil man bei weiterem Rükzuge und bei dem eintretenden Tauwetter alle Artillerie eingebüßt haben würde. Er hatte fast alle bisher zurükgedrängten Corps bei Pultusk verei- nigt, und schlug den Angrif, welchen Davoust und Lannes leiteten, zurük. Auch Murat und Augereau wurden bei Golymin von Gallizin nachdrüklich zurükgewisen. Von früh 10 bis Abends 8 Uhr schlug man; aber die Russen vehaup- teten ihre Stellung. Da inzwischen Buxhövden und An- repp widerholten Befelhen Kamcnskys zum Rükzuge nicht in änlicher Weise ungehorsam gebliben waren wie Bennig- sen, und sich ohne diesen weiter zu unterstützen zurükzogen, muste auch Bennigsen um Mitternacht den Abzug seiner Truppen anordnen. Ohne Kamenskys Wansin, wenn Bennigsen und Gallizin gehörig unterstüzt worden wären, wären die Franzosen in eine entschidene Niterlage ver- wickelt worden. Beite feindliche Heere waren durch die Anstrengungen der lezten Tage erschöpft, und es trat eine kurze Zeit der Ruhe ein. Die beiden russischen Heere un- ter Buxhövden und Bennigsen zogen sich an den Ufern des Narew nach der russischen Grenze. Napoleon kerte wider nach Warschau zurük, und ordnete eine neue Rcgirungs- behö'rde für Polen an. Aus Frankreich zogen neue Trup- pen nach; die neuen polnischen Bewafnungen wurden im- mer volstä'ndiger hergestelt. Massena, der den Briganten-

20. Geschichte des deutschen Volkes - S. 318

1867 - Berlin : Vahlen
318 Deutsche Dichtung und Wissenschaft. § 529—530. 11. Deutsche Dichtung und Wissenschaft. § 529. Obwohl, wie oben (§ 513.) gezeigt, in allen Theilen Deutschlands ein neues, geistig frisches Leben begonnen hatte und mancher aufgeklärte, wohl- wollende Fürst seinen Unterthanen, die durch einen langen Frieden beglückt wurden, Bildung und Gedeihen zu stiften bereit war, erschienen doch die gröbsten Mißbräuche oder Rückschritte neben den freudigsten Entwicklungen. So war Oestreich, nach den kurzen übereilten Versuchen Josephs, aus die alten Bahnen zurückverfallen und von Deutschland in seinen politischen Interessen und geistigem Leben abgeschlossener als je. So schien auch Preußen nach kurzem, glanzvollem Aufleuchten wieder in seinen Verfall getreten: kurz— die deutsche Nation schien kaum besser berathen, als zur Zeit der Angriffe Ludwigs Xiv., jetzt, wo aber- mals eine große Probezeit zu bestehen war. Und dennoch war es ganz anders geworden in dem deutschen Volk; dennoch konnte man jetzt wieder, und vielleicht mehr als je zuvor, von einer deutschen Nation reden. Wohl waren es die Glanzthaten Prinz Eugens, des großen Kurfürsten und vor Allem Friedrichs des Großen geìpesen, die diese Wirkung hervorgebracht: aber ihnen an die Seite traten jetzt die Thaten der deutschen Geisteshelden, welche dem deutschen Volke ein neues Bewußtsein seiner Zusammengehörigkeit wie seines Adels unter den Nationen der Welt erschufen. Der deutsche Geist, im Protestantismus zu neuer Innigkeit des Gefühls und zu neuer Kraft des Denkens erwacht, hatte in der Ermattung des 17. Jahrhunderts gleichsam über seinen verborgenen Schätzen träumend ausgeruht; jetzt im 18., als eine große protestantische Macht in Nord- deutschland erblühte, unter dem Nachhall der Thaten Friedrichs, erhob er sich von neuem. Aber obwohl zunächst nur von Preußen dem deutschen National- gefühl diese Anregung kam — dennoch nahmen an dieser neuen deutschen Geistes- entwicklung alle deutschen Stämme Theil, ja es quoll in den kleinen Staaten im Süden und Westen des Vaterlandes eine noch reichere Ader deutschen Geistes- lebens als in Preußen selbst; es nahm selbst die Schweiz, dieses in politischer Hinsicht von Deutschland getrennte Glied, an dieser Gesammtentwicklung den leb- haftesten Antheil. § 530. Von hier ging schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Dichter und Gelehrter aus, der gleichsam die alte Verbindung der Schweiz mit Deutschland neu befestigte. Haller (geb. 1708, gest. 1777), der Dichter der „Alpen", der nach Göttingen berufen, lange Zeit eine Zierde dieser blühen- den Universität war, welche Deutschland der Vorliebe des hannoverisch-englischen Königshauses für das deutsche Stammland verdankte sgegründet 1734). Hallers Zeitgenosse war Hagedorn in Hamburg (geb. 1708, gest. 1754), der zuerst die schwerfällige deutsche Poesie wieder Anmuth lehrte. So regte sich im äußer- sten Norden wie im äußersten Süden die deutsche Poesie zuerst wieder. In Leipzig, der alten Stadt des obersächsisch meissenschen Stammes, dem Luther einst die Bildung eines neuen Hochdeutsch entlehnt hatte (§ 423.), gab seit 1730 Gottsched (1700 —1766) Regeln der Poesie, freilich steif, einseitig und an- maßlich genug, doch läuterte er, besonders durch den Hinweis auf die besseren französischen Dichter, den Geschmack in Deutschland. Gerade als Friedrich der Große den Thron bestieg und die schlesischen Kriege begannen, ließen sich Schweizer Kunstfreunde und Dichter (Bodmer, Breitinger) mit Gottsched. in einen heftigen Schriftenkampf ein, der zur besseren Erkenntniß des Wesens der Poesie führte. Durch und trotz Gottsched ward Leipzig der Sammelplatz der bedeu- tendsten Kräfte dieses Jahrzehnts; von hier aus wirkte Gellert 1715—1769,