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1. Ulrich Flamming - S. 72

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
72 Monate lang so pünktlich nachleben wollen, als wären wir insgesammt ihre Söhne und Töchter. Am folgenden Tage war die Versammlung noch zahlreicher, als an dem vorigen. Alles, was Füße hatte, begab sich an den bestimmten Platz, so daß, als Flammtng erschien, er erst einige Ordnung machen, und Weiber, Kinder und ganz alte Personen von den andern absondern lassen mußte. Fl amming wiederholte seinen Zuhörern nochmals die Absicht, in welcher sie hier versam- melt wären, that nochmals Anfrage, ob jeder unn bereit fty, unbedingten Gehorsam gegen die neue Obrigkeit zu geloben, und wollte eben einige Anstalten zu dem Wahlgcschafte treffen, als sich aus der Menge, wie aus Einem Munde, der Ruf hören ließ: Flamming selbst, Flamming soll unsere Obrigkeit seyn. Bescheiden und bestürzt dankte der brave Mann dem versammelten Volke für das Zutrauen, welches man in ihn setzte. Er lehnte indessen das ihm angetrageue Amt von sich ab. ,,Jhr lieben Leute, sagte er, weder ich, noch einer von meinen europäischen Freunden ist im Stande, eure Obrig- keit zu seyn. Wir leben noch nicht lange unter euch; wir kennen euer Land, eure Sitten und Gebrauche noch nicht hinlänglich, um eure Angele-

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1. Ulrich Flamming - S. 34

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
34 rtmkehren und wie der Blitz davon laufen, das war die Sache Emes Augenblicks. Flamming hatte nämlich, so bald er wahr- nahm, daß man jetzt entdeckt werden könnte, der Gesellschaft geboten, sitzen zu bleiben. — Es war von zwei einzelnen Männern, die keine Waffen als ein paar Prügel hatten, und über die Hälfte nackt waren, nichts zu besorgen. Und Flam- ming hielt für gut, daß die erste Stellung, in welcher er mit seinen Gefährten angetroffen wurde, nicht gerade eine kriegerische wäre, damit, wo möglich, die Vorstellung von Feindseligkeit und Angriff in den Einwohnern unterbliebe. Was, dieser Vorsicht ungeachtet, ans den Mann, der sie gesehen und, wie es schien, gefürchtet hatte, für ein Eindruck gemacht worden wäre, das konnten sie freilich nicht wissen, konnten es aber auch auf keine Weise verhindern, und damit beruhigte sich Flamming. Man zweifelte nicht, daß nunmehr entschei- dende Auftritte nicht lange ausbleiben könnten. Flamming empfahl daher nochmals Vorsicht, friedfertiges Benehmen und Gehorsam gegen seine Befehle. Man nahm hierauf noch etwas Nahrung zu sich, gab sich einer dem andern die Hände, ge- lobte einander bis in den Tod beizustehen, und

2. Ulrich Flamming - S. 104

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
104 Jahren war. Da waren noch wenig Menschen auf der Erde, und sie wohnten in Asien, in einer warmen und fruchtbaren Gegend. Da lebten sie auch von Wurzeln und Baumfrüchten, hatten nur lockere Wetterdächer statt Häuser, nur Baumblätter um den Leib statt Kleidungen, und waren wol noch unwissender und ungeschickter als Flammings gute Freunde. Allmählich aber wurden der Menschen mehrere. Die Nahrungsmittel, die von Natur hervorwuchsen, reichten vielleicht nicht mehr hin, sie alle zu ernähren, an bauen aber, säen und pflanzen konnten die Menschen noch nicht. Da mag cs dann wol zu Diebereien und Todtschlägen gekommen seyn, weil Einer die Erdfrüchte wegnahm, welche der andere sich zugedacht hatte. Da mögen die Menschen also einander so lange geplagt haben, bis es nicht länger auszuhalten war, und bis Ein Th eil, oderein paar Theile wegzogen. Dies half auf einige Zeit. Allmählich ver- mehrten sich nämlich auch diese wieder. Der Platz, auf dem sie sich niedergelassen hatten, wurde Widder zu klein; Diebereien und Schlägereien gingen von neuem an, und es war nichts anderes übrig, als —- entweder wieder auseinander zu gehen, oder, wie Flamming seinen Freunden rieth, eine bürger- liche Ge-sellschaft zu stiften, und sich einer Obrigkeit und öffentlichen Gesetzen zu un- terwerfen.

3. Ulrich Flamming - S. 38

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
38 auf diese Begrüßung die Fremdlinge nicht aufstehen wollten, glaubte man vermuthlich irgend etwas ausserordentliches annehmen zu müssen, und griff zu andern Maaßregeln. Man verbot das Stein- werfen, und berathschlagte von neuem. Diesen Augenblick hielt Flamming für gün- stig, sich mit seiner Gesellschaft den Inselbewoh- nern vorzustellen. Er sähe nun deutlich, daß sie nicht zu Menschenfressern und Wilden, sondern zu einer friedfertigen, vielleicht gar furchtsamen Na- tion gekommen waren, und brannte vor Verlangen, mit ihnen bekannt zu werden. Er brach einen grünen Zweig ab, welcher beinahe bei allen rohen Völkern als ein Zeichen friedfertiger Gesinnung gilt, steckte sein Schwert in die Scheide, umgürtete mit demselben seine Hüften, befahl seinen Gefährten, ihm zu folgen, und man begab sich so ruhig und stille als möglich den Hügel herab. Am Ende des Gebüsches und am Fuße des Hügels machte man aufs neue halt; Flamming vermahnte nochmals zur Güte und Vorsichtigkeck, so lauge sie nicht angegriffen wur- den; zur tapfern Gegenwehr aber, wenn es seyn müßte, und trat nun mir seinem Friedenszweige in der Hand und begleitet von seinen Unglücks- gefährten aus dem Gebüsche hervor.

4. Ulrich Flamming - S. 68

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
68 Die Männer hörten ihm mit steigender Aufmerk- samkeit zu. Solche Anordnungen in Absicht auf vor- fallende Streitigkeiten, die in Europa schon so alt, und so allgemein verbreitet sind, daß man sie fast gar nicht mehr als etwas besonderes und von den Men- schen wirklich erst gestiftetes ansieht, waren ihnen neue und unerhörte Dinge. Sie machten sich zwar ziemlich unvollkommene Vorstellungen davon; aber die Sache gefiel ihnen doch. Sie meinten, es wurde freilich schwer seyn, so etwas auf ihrer Insel einzu- führen, weil nicht alle Leute einsehen würden, daß es zu ihrem Besten wäre. Wenn aber Flamming mit seinen Landsleuten dabei thun wollten, was sie könnten, so versprächen auch sie, diesen Plan aus allen Kräften zu unterstützen, und denen unter ihren Landsleuten, welche vielleicht widerspänstig seyn wür- den, durch Vorstellungen, Ermahnungen und Zurccht- wcisen die Sache annehmlich zu machen. Dies war in der That alles, was Flamming erwartete. Er bat sie, daß sie am folgenden Morgen eine Versammlung von allen erwachsenen und ver- ständigen Mannspersonen an einem dazu bestinrmten Orte auf der Insel veranstalten möchten, weil er ent- schlossen wäre, seine Vorschläge der ganzen Insel kund zu machen.------- Die Versammlung kam am folgenden Morgen glücklich zu Stande. Es strömte Alles, und zwar

5. Ulrich Flamming - S. 82

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
82 Schnell verstrichen, in erwünschter Einigkeit und unter der eifrigsten Betreibung der Kriegsübun- gen, die sechs Monate, für welche die erwähnten obrigkeitlichen Personen als Regenten und G e- setzgeber gewählt worden waren. Am Ende des fünften Monates wurde, auf Flammings Vor- stellung, eine allgemeine Volksversammlung zusam- menberufen, in welcher über die Wahl künftiger Obrigkeiten das Nöthige erinnert werden sollte. Flamming trat, auf ausdrücklichen Befehl der gegenwärtigen Regierung, auf, und hielt eine Rede an die Versammlung. Er sagte in derselben, daß man die Zuletzt durchlebten fünf Monate mit eben so viel vorher verflossenen Monaten vergleichen möchte. Man sollte alsdann erwägen, in welchem von die- sen beiden Zeiträumen, man sich am ruhigsten und glücklichsten gefühlt habe, in welchem die Familien am wenigsten in Trauer und Wehklagen versetzt worden wären, und in welchem am meisten zum gemeinschaftlichen Vorth eil der ganzen Insel geschehen sey. „Bedenkt einmal, meine Freunde, sprach er, wie es nunmehr bei einem Ue- berfall der Feinde hergehen wird? Wie diese erstau- nen werden, statt leer stehender Hütten und wehrlos gelassener Weiber und Kinder und Kranken, tausend wohl geübte Krieger gegen sich anrücken zu sehen, und sagt es euch selbst, ob sie unter solchen Umstän- den ihre Angriffe wiederholen, oder ob sie zurück- kehren, und nach zwei mißrathenen Versuchen, auf

6. Ulrich Flamming - S. 71

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
71 unter sich wählen wollten, denen sie ihre Streitig- keiten vortrügen, und deren Ausspruche sie gehorch- ten. Wenn sie ferner, besonders mit diesen Män- nern, berathschlagten, was sie für gemeinschaftliche Waffenübungen vornehmen, und wie sie sich auf den Empfang ihrer feindseligen Nachbaren vorbe- reiten wollten. Was diese Männer alsdann ihnen rathen würden, das müßten sie ohne alle fernere Einwendungen thun° Flamming hatte kaum aufgehört zu sprechen, so erhoben sich viele laute Stimmen in der Ver- sammlung, und ein freudiges: Wir wollen es; wir wollen es — schallte dem entzückten Eu- ropäer entgegen. Er nahm hierauf wieder das Wort, und sprach: seine Meinung wäre, daß nran diese Einrichtung zuerst nur eine bestimmte Zeit lang, etwa auf sechs Monate versuchen möchte. „In diesen sechs Monaten, sagte er, ist aber alsdann keinem erlaubt, anders zu handeln, als es die Obrigkeit will, sondern jeder muß dieser folgen. Ist dies nicht, so hilft euch die Obrigkeit nichts, und es ist schlimmer als vor- her. Auf Gehorsam also, muß jeder sich ge- faßt machen. Ueberlegt nun die Sache. Mor- gen um diese Zeit wollen wir insgesammr uns abermals hier versammeln, und dann wollen wir diejenigen erwählen, deren Ausspruche wir sechs

7. Ulrich Flamming - S. 40

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
4o der das Werfen mit der Streitaxt verboten hatte. Gegen diesen wandte sich Flamming mit Auver- sicht in der Miene, legte tn der Entfernung von vier Schritten den Zweig zu seinen Füßen nieder, senkte sich auf das linke Knie und drückte die flache rechte Hand langsam und hart auf den Boden nieder. — Dies schien ihm das schicklichste und verständlichste Zeichen der Unterwürfigkeit und friedlichen Gesinnung zu seyn. — Er blieb ungefähr eine Minute lang in dieser Stellung, stand dann von der Erbe auf, thar einige Schritte zurück und stand wie ein Mann La, der jetzt den wichtigsten Augenblick seines Lebens feiert. Von den voranstehenden Inselbewohnern waren einige, als Flamming ihnen so nahe kam, um einen Schritt zurück getreten, und schienen unschlüssig, ob sie ihn naher wollten kommen lassen, oder wie sie ihn zurückwersen sollten. Der Mann hingegen, dein Flainming den Friedenszweig zu Füßen legte, stand unverwandt da. und verrieth in seinen Gesichts- zügen Ueberlegung und Nachdenken. Dennoch gab auch Er keinen Laut von sich, und stand bewegungslos wie die andern. Flamming fiel nun darauf, den Leuten be- greifirch zu machen, daß seine Gesellschafter Unglück- liche waren, die der Gefahr des Ertrinkens entgangen seyn, und gezwungen wurden, auf der Insel

8. Ulrich Flamming - S. 75

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
75 Um dieses Haus vor den übrigen Hütten recht auszuzeichnen, beschloß Flamming, es auf eu- ropäische Art zu bauen, so viel es der Mangel an mehreren Werkzeugen und gelernten Handwer- kern nur immer verstatten wollte. Aber noch während dieser Arbeit rieth Flam- ming den Volksvorstehern, ihre Mitbürger von der Nothwendigkeir einer ordentlichen Kriegszucht zu überzeugen, da sie den Anfällen so grausamer Feinde ausgesetzt wären, und daun ihr ganzes An- sehen zu verwenden, daß die Waffen Übung en mit recht viel Eifer betrieben würden. Auch hier gieng der Anfang nach Herzenswunsch. Gleich am folgenden Tage meldete sich eine Menge von Män, nern und Jünglingen, welche in der Waffenführung geübt seyn wollten. Da die Volksvorsteher in Flamming sehr ernstlich drangen, daß er mit sei- nen europäischen Freunden die Leitung dieser Uebungen übernehme möchte, indem er hievon bessere Kennt- niß haben könnte, als irgend einer von den Ein- gebornen: so willigte er darein, und machte fol- gende Anordnung. Er wählte aus denen, die sich zu den Waffen- übungen gemeldet harten, hundert aus. Die übrigen bat er, sich nur ein paar Wochen zu ge- dulden. Dann nahm er neune von seinen euro- päischen Freunden, und theilte sich mit ihnen m

9. Ulrich Flamming - S. 39

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
39 Ihr Anblick machte die Einwohner aufmerksam, ohne sie in Furcht zu setzen. Die Berathschlagung wurde plötzlich unterbrochen, jeder hielt seine Waf- fen fester in den Händen, und sähe mit unver- wandtem Blicke auf die Fremdlinge hin. Mit Vorbedacht hatte Flamming verordnet, daß die hintersten von seiner Gesellschaft so weit in den Büschen bleiben sollten, daß man nicht sehen könnte, ob sie die letztem waren oder nicht. Er stand, nachdem er einige Schritte vorwärts gethan hatte, still, und hielt mit freundlichem Gesichte seinen Zweig hoch in die Höhe. — Noch war keine Veränderung unter den Inselbewohnern wahrzunch- men. — Flamming gieng nun wieder um einige Schritte vorwärts, und stand wieder still. Als die tiefe Stille in der großen Anzahl der Einwohner noch fortdauerte, und nichts von drohender Miene oder feindseliger Gesinnung wahrzunehmen war, schritt Flamming, muthvoll und mit Würde in seinem ganzen Wesen, langsam vorwärts. Jetzt war er den Vordersten bis auf zehn Schritte nahe gekommen. Er stand nochmals stille, hielt seinen Zweig aufs neue m die Höhe, und als er wieder nichts anders als Staunen und Verwunderung auf den Gesichtern las, von Feindseligkeiten aber durch- aus nichts erblicken konnte, trat er ihnen um noch einige Schutte näher. Es waren etwa zwanzig von den Inselbewohnern, die etwas vor den andern vor- aus standen, und unter denen auch der sich befand,

10. Ulrich Flamming - S. 56

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
56 und suchten sie ihren Nachbarn zu stehlen. Nichts war daher vor den Hütten, ja oft sogar nickt einmal in denselben sicher, Wer etwas liegen sah, der nahm es, als wäre es sein Eigenthum. Hieraus entstanden nun Kampfe und Todtschläge. Es war nicht, wie in Deutschland, wo es Obrigkeiten giebt, bei welcher man Diebe verkla- gen kann, und von denen sie angehalten werden, das Geflohlne wieder herauszngeben, oder sehr harte Strafen deswegen zu erdulden, sondern diese Leute lebten, wie man es nennt, im Naturstande. Jeder mußte selbst versuchen, ob er die ihm gestohlenen Sachen wieder erlangen könnte. Er mußte seine Axt, oder allenfalls einen Prügel in die Hand nehmen, um dem, der ihn bestohlen hatte, die gestohlenen Sachen mit Gewalt wieder abzunehmen. War die- ser nun der Stärkere, so lachte er den Schwächer» nur aus, und fieng dieser dennoch den Streit an, so schickte er ihn noch obendrein mit Schlägen beladen wieder weg. Sehr oft endigten diese Auftritte mit wirklichen Todtschlägen; und daher kam es, daß man so viele Weiber um ihre gebliebenen Männer, und so viele Eltern um ihre erschlagenen Söhne, Weh- klagen führen hörte. Der rechtschaffene Flamming empfand über diese Unordnungen tiefes Mitleiden. Er sann un- aufhörlich auf Mittel, wodurch er denselben abhelfen

11. Ulrich Flamming - S. 67

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
67 fügte hinzu, da6 sie dieses gefährlichen Feindes nur durch tapfern Widerstand los werden könnten. Um diesen aber leisten zu können, sey es nöthig, daß sie sich täglich in den Waffen übten. Alsdann machte er sie auch darauf aufmerksam, daß unter ihnen selbst so wenig Liebe, gegenseitige Zuneigung und Freundschaft herrsche; und daß sie, die nicht Muth genug hätten, sich einem ungerechten, gemeinschaftlichen Feinde entgegenzustellen, sogleich mit Keulen und Spießen bei der Hand wären, wenn es unter zweien von ihnen zu Streitigkeiten käme. Dies müßte ganz aufhören, setzte er hinzu; sie müß- ten ihre Waffen in Angelegenheiten unter einander selbst ganz ruhen lassen, und solche gegen niemand als gegen äussere Feinde gebrauchen. Flamming erzählte ihnen hierauf, wie es bei vorfallenden Streitigkeiten unter einzelnen Personen in den meisten Ländern von Europa, vorzüglich aber in Deutschland, gehalten würde, daß man da Obrigkeiten und Richter hätte, daß niemand sich selbst Recht schaffen dürfe, sondern von der Obrig- keit, welche erst alles untersuchte, sein Recht er- hielte, und zeigte, wie großen Einfluß diese wohl- thatige Einrichtung auf die Ruhe und das Glück der Leute in Europa habe. E 2

12. Ulrich Flamming - S. 70

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
) 7° ihnen so angesehen werden, wie die Hausvater von den Kindern und von den Hausmüttern. Man schlagt und droht in meinem Vaterlande einander nicht, wenn irgend einem Unrecht geschehen ist, son- dern man zeigt die Sache bei der Obrigkeit au. Diese untersucht, wer Recht oder Unrecht hat, und halt, wenn dieses herausgebracht ist, den, der Unrecht hat, an, dem andern Ersatz^für den Schaden zu geben, den er ihm zugefügt hat. So geht alles in Ruhe und Friede aus einander, und äußerst selten hört man, daß jemand einen andern um das Leben gebracht hat." Hierauf erzählte Flamming auch der Ver- sammlung, daß in Europa kein Volk wäre, wel- ches sogleich die Flucht ergriffe, wenn ein Feind angerückt käme; sondern man sey daselbst auch auf diesen Fall in voraus gefaßt; man sey in Waf- fen geübt, und habe Anführer, welche jedem streit- baren Manne angäben, was er bei der Vertheidi- gnng zu thun habe. Nachdem er nun seine Rede geendigt hatte, fragte er die ganze Versammlung, ob sie nicht auch Lust hatten, eine so ordentliche und wohl- thätige Lebensart unter sich einzuführen. Er zeigte ihnen, daß dieses ganz leicht gehen könnte, tzvenn ste einige überlegende und verständige Männer

13. Ulrich Flamming - S. 36

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
36 Europäern bringen mußte, als auf den Hügel, so vcrmuthete Flamming mir Recht, daß er mit seiner Gesellschaft nicht gleich mit den Inselbewoh- nern zusammen kommen werde. — So geschah es auch. Die Voranlaufenden schienen eine Art von Kundschafter zu seyn. Kaum waren sie aus dem Gebüsche heraus, und sahen die vermeintlich bei- sammen sitzenden Fremdlinge, so machten sie halt, stellten sich dicht an einander, erhoben ein Geschrei, und einer von ihnen lief pfeilschnell in das Wäld- chen zurück. Vermuthlich um seinen Landsleuten anzuzeigen, wo die Fremden wären. Kaum hatten die übrigen das Schreien ver- nommen, und den mündlichen Bericht, den der zurückgekommene abgestattet hatte, angehört, so trennte sich der Haufe. Weiber, Kinder und die Furchtsamen blieben zurück und folgten den vor- wärts gehenden nur in einiger Entfernung nach. Unter diesen waren dw meisten bewaffnet, aber mit keinen andern Waffen, als mit Knütteln und Streitäxten. Wenige hatten Schilde; einige waren ganz unbewaffnet. Der Zug gieng übrigens ganz ohne Ordnung auf die Gegend zu, wohin die er- stern noch dann und wann mtt ihrem Geschrcr rie- fen, und wo die tobten Ankömmlinge noch immer in unveränderter Richtung saßen. Jetzt kam der Haufe der streitbaren Männer herangezogen, und verbreitete sich auf der Ebene längs des Ufers und

14. Ulrich Flamming - S. 73

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
73 genheiteri insgesammt gehörig beurtheilen, und euch also gut regieren zu können. Ist es mir aber er- laubt, von dem mir erwiesenen Zutrauen einigen Gebrauch zu machen, so will ich diejenigen aus eurem Volke mit Namen nennen, welche mir zu diesem Amte vorzüglich geschickt Vorkommen. Ich werde ihrer drei nennen, und möchte, daß diese drei euch gemeinschaftlich regierten. Das Regie- ren ist eine so schwere Kunst, daß ich glaube, ein einziger Mann möchte zu derselben zu wenig seyn." Nachdem er dieses gesagt und hierauf gewartet hatte, ob die Versammlung mit seinem Vorschläge zufrieden wäre, gieng er, da von dieser keine Einwendung dagegen geschah, auf drei der ver- ständigsten und überlegendsten, schon ziemlich be- jahrten Männer zu, führte sie, einen nach dem andern, auf den Platz, auf welchem er bisher ge- standen hatte, und hatte das Vergnügen, seine Wahl durch eine laute Beifallsbezeugung aus der Menge gebilligt zu sehen. Die Männer wuß- ten fast nicht, wie ihnen geschah; Flamming selbst aber, mit den übrigen Europäern gieng auf sie zu, und jeder von ihnen legte einen kleinen Büschel Gras, als das Zeichen der Unterwerfung, das man auf dieser Insel hatte, zu den Füßen der erwählten obrigkeitlichen Personen nieder. v

15. Ulrich Flamming - S. 24

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
24 Kästchen, von welchem aber der Schlüssel verloren gegangen war. Pulver, Kompaß und alles andere war ein Nanb der Wellen geworden. Doch lagen noch einige Bretter und Balken, als Trümmer von dem zerrissenen Boote, mit einigem Eisenwerke, Las sich an denselben befand, umher. Die zweite Sorge gieng nun auf Erholung und Wiedererlangung der verlornen Kräfte. An Wasser und Lebensmitteln gebrach es nicht. Freu- dig und wonnetrunken genoß man, jedoch auf Flammings ernstliches Anrathen, nur mäßig und mit Vorsicht, von einigen auf der Erde hernmlie« genden Baumfrüchten, und schöpfte Wasser ans einem in der Nähe fließenden Bache mit hohler Hand. Die Insel sah einem großen Garten ähn- lich, so üppig und frisch stand alles da, und in solchem Ueberflnsse boten sich den Geretteten die Lebensmittel an. Die ansgesendeten Kundschafter, welche erforschen sollten, ob die Insel bewohnt sey oder nicht, kamen jetzt zwar mit der Nachricht zu- rück, daß ihnen nichts von Menschen aufgestoßen wäre, allein demungeachtet zweifelte Flamming, daß die Insel unbewohnt sey. Die Gesträuche schie- nen thm hiezu nicht wild und verwachsen genug, die Vögel zu scheu, und, obgleich an ordentlich eingetheilte Saat- oder Erndtefelder nicht zu denken war, dennoch überhaupt alles zu regelmäßig, als

16. Ulrich Flamming - S. 25

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
25 daß nicht Menschen, wenigstens zuweilen, hieher gekonmren ftyu sollten. Wir müssen, sagte Flamming, auf alle Falle handeln, als wäre die Insel bewohnt. Jeder bewaffne sich, so gut er kann. Keiner aber mache eher von seinen Waffen Gebrauch, als ich ihm die Erlaubnis dazu ertheilen werde. Wer diese ohne meinen Willen nimmt, der findet seinen Tod unter meinen Händen. — Dies sprach er, und schlug an den Sabel, mit welchem er noch seit gestern umgürtet war, und den er an seinem Leibe mit geborgen hatte. Die Gesellschaft war mit Flammings An- ordnung zufrieden. Man versprach, ihm als einem tapferen und einsichtsvollen Manne zu folgen, und begab sich sogleich, auf seinen Vorschlag, mit den geretteten Waffen und einigen Knütteln versehen, auf einen in der Nähe befindlichen Hügel. In kurzer Zeit war man auf der Spitze des- selben angclangt. Die lachendste Gegend stellte sich den Blicken der erstaunten Fremdlinge dar. Wiesen und Wälder, von spiegelnden Flüssen durchschnitten, Blüthen und Früchte an den Baumen, bewachsene Berge und schattige Thaler lagen hier vor ihren Augen. Die Fläche der Insel war, so weit das Gesicht reichte, unabsehbar. Nicht ferne von ihnen,

17. Ulrich Flamming - S. 103

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
103 mer, von den Römern die Deutschen. Daß du jetzt schreiben kannst, das bist du auf diese Art einem Phönizier schuldig, der vor drei- tausend Jahren von Asien weggicng und sich in Griechenland niederließ. Dieser war damals der einzige Mann in ganz Europa, welcher wußte, was ein Buchstabe ist, und welcher einen Buchstaben schreiben konnte. ■- Ich sehe schon, mein Sohn, daß du noch wei- ter fragen willst. Du willst vermuthlich wissen, von welchen Völkern die Phönizier und Aegyp« ter wieder gelernt haben, und ob dies Lernen von Andern denn immer so fort geht? — Da muß ich dir also sagen, daß dieses nicht der Fall ip. Es giebt eine Wissenschaft, welche die All- gemeine Geschichte heißt. Diese Geschichte müßte ich dir vortragen, wenn ich dir einen Begriff davon machen sollte, svie es ungefähr mit den In- selbewohnern mag gegangen seyn. Es wird nämlich nickt viel anders gewesen seyn, als es dem ganzen Menschengeschlecht gegangen ist, und wie es diesem gieng, erfahren wir eben in der allgemeinen Geschichte. Es war eine Zeit, wo auf der ganzen Erde nur ein ganz kleines Stückchen von Menschen bewohnt war, und zwar von Menschen, die unge- fähr eben so mögen gewesen seyn, als die Inselbe- wohner damals, da Flamming zu ihnen kam. Man glaubt, daß dies ungefähr vor sechstausend

18. Ulrich Flamming - S. 69

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
G 69 Jung und Alt, dem verabredeten Orte zu; und Flamming trat, mit Ernst und Würde in seinen Mienen, vor der ansehnlichen Volksmenge auf. Er wiederholte hier, was er schon seinen Lands- leuten und einigen der Inselbewohner von der Wohl- thatigkeit einer bürgerlichen Vereinigung gesagt hatte. Er stellte der versammelten Menge dabei das Beispiel eines Hauswesens vor. „In . einem Hauswesen, sagte er, ist jemand, der allen, die zu der Familie gehören, zu befehlen hat. Haben sie Streitigkeiten unter sich, so müssen sie es dem Hausvater melden. Dieser untersucht, wer Recht oder Unrecht hat, und verweist den letztem zur Ruhe. Ist etwas wichtiges in dem Haushalte vorzunehmen, und weiß man nicht, ob man es auf diese oder auf eine andere Art vornehmen soll; so geht man zu dem Hausvater, und was dieser will, das geschieht. So erhält man nun Friede und Einigkeit in der Familie. Brüder und Schwestern leben ruhig zusammen und schlagen ein- ander nicht, und die Hausmutter lebt ruhig und fröhlich mit ihrem Manne und ihren Kindern." „Auf eine ähnliche Art leben nun in mei- nem Vaterlande auch die Erwachsenen zu- sammen. Es giebt Leute unter ihnen, welche mau Richter, Obrigkeiten, Amtleute, Her- zöge/ Kaiser, Könige, nennt, welche von

19. Ulrich Flamming - S. 74

1799 - Braunschweig : Schulbuchhandlung
74 Diese Männer versicherten hierauf dem ver- sammelten Volke ihre Bereitwilligkeit, für das Beste eines jeden beizutragen, so viel in ihren Kräften stünde, und wandten sich alsdann beson- ders an die Europäer. Sie trugen diesen die Bitte vor, daß sie wenigstens auf ihren Rath rech- nen dürften, als auf den Rath von Leuten, welche von Jugend auf in wohlgeordneten bürgerlichen Gesellschaften gelebt hätten, und also am besten wissen würden, was eine Obrigkeit zu thun habe, wenn ihr das Glück ihrer Mitbür- ger am Herzen liege. Dies versprachen die Eu- ropäer, und die Versammlung gieng aus ein- ander. Das erste, wozu Flamming rieth, und wozu er mit seinen europäischen Freunden auch selbst Hand anlegte, war ein Haus, in welchem sich die obrigkeitlichen Personen versam- meln konnten. Sie sollten sich hier berathschlagen, sie sollten die Klagen der streitenden Partheien an- hören und darüber richten, und was von allge- meinen Gesetzen abgefaßt würde, das sollte von hier aus dem Volke durch lauten Ausruf vor der versammelten Menge mündlich bekannt gemacht werden; denn Schreiben und Lesen kannte man auf der Insel noch nicht.

20. Quellensätze zu den staatlichen Zuständen - S. 361

1904 - Cöthen : Schulze
— 361 — wir es ihnen nicht schenken, sondern ihren Ungehorsam und Widerspenstigkeit exemplarisch und auf gut russisch bestrafen werden. . . Wobei wir nochmals contestiren, daß wir durch die Etablirung dieses General-Direktoriums nichts anders suchen... als unsere und unserer sämmtlichen getreuen Unterthanen Wohlfahrt und Bestes . . . Ebenda, S. 164f. 159 s. (1740. Friedrich der Große schreibt in Cap. I seines „L’Antimachiavel“:) Der Fürst, weit entfernt der unumschränkte Herr der Völker, welche unter seiner Herrschaft stehen, zu sein, ist selber nur ihr erster Diener. Oeuvres de Frederic le Grand Viii, I, 61. Berlin 1846—57. 160a. (1543. Nürnberger Reichsabschied, § 24s:) Und die- Laildeshenr-weil solche Hülff (gegen die Türken) von der Stände (Reichsstände) 3teuml eigen Cammer-Gütern, . . . zu leisten, beschwärlich und unmöglich seyn möcht; Ist geordnet und zugelassen, daß eine jede Obrigkeit alle ihre Unterthanen, die sie vermög der Rechten, und altem be-sitzlichem Herkommen, zu steuren und zu belegen hat, auf den gemeinen Pfennig . . oder sonst durch eine Steuer oder Anlag . .. anlegen und einziehen möge ... — Die Obrigkeiten sollen auch zu diesem Christlichen Werd sich gleicher Massen, wie die Unterthanen selbst angreiften, und Mitleiden tragen, dardurch der gemeine Mann, und alle Unterthanen desto mehr zu solcher Anlag bewegt . . . Neue Sammlg. d. Reichsabschiede, T. Ii, S. 487. 160b. (1557. Regensburger Reichsabschied, § 49:) . . . So soll es derwegen einer jeden Obrigkeit, wie Herkommen und Recht ist, frey stehen und zugelassen seyn. . ihre Unterthanen Geistl. und Weltliche, sie seyen exempt oder nicht exempt, gesreyet oder nicht gesreyet, niemand ausgenommen, derhalben mit Steuer zu belegen (zum Kampf aeaen die Türken). Ebenda, T. Iii, S. 144. 161a. (1664. 29/19. Oktober. Alle drei Reichs-Collegien beschließen:) Sodann ist auf Erinnern verschiedener Stände davor gehalten worden, daß ein jeder Stand von seinen Unterthanen zu Reichs-Deputation und (Sreyß-Conventen die behufige Legations -Kosten erheben möge. — Ebenda, T. Iv, S. 34.