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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 447

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 7. Gottes Bußgericht in Deutschland. 447 Gnade schrieen. Wie es schon 100 Jahre früher in Italien und von dorther auch in Deutschland Sitte geworden war, so vereinigten sich auch jetzt wieder große Schaaren zu schweren Bußübungen nach der Weise der damaligen Zeit. Mit entblößtem Rücken und verhülltem Haupte gingen sie paarweise einher, und schlugen sich selber mit har- ten Riemen dergestalt, daß das Blut auf den Boden herabfloß. Tau- sende zogen so aus einer Stadt in die andere, geführt von Geist- lichen mit Kreuzen und Rauchfässern. Aus den Straßen und in den Kirchen lagerte die Menge, sich geißelnd, ihre Sünden bekennend, Litaneien singend und um Erbarmen schreiend. Und wohl mochten sie Ursache haben, sich also zu demüthigen, denn die Sünden der da- maligen Zeit waren entsetzlich und schrieen gen Himmel. Wie konnte es auch anders sein, da so lange kein Kaiser, kein König, keine allge- mein anerkannte Obrigkeit dagewesen war, welche Recht und Gerech- tigkeit nachdrücklich hätte handhaben können. Die Geistlichkeit, welche der Rohheit und Zuchtlosigkeit unter dem Volke hätte wehren und auf die Verbesserung der sittlichen Zustände hätte hinwirken sollen, war selbst unglaublich tief gesunken. Die meisten Priester konnten kaum lesen, lebten in offenbarer Hurerei, und waren Helden im Zechen. Die Mönchs- und Nonnenklöster waren so voll Liederlichkeit und ge- meiner Wollust, daß ehrbare Eltern anstanden, ihre Söhne oder Töch- ter dahinein zu senden. Die Gottesdienste bestanden aus Nichts als Messelesen und sonstigem tobten äußerlichen Werk. Vom Wort Got- tes und Predigt war keine Rede. Nur die Bettelmönche und unter diesen auch nur die Franciscaner, fuhren auch jetzt noch fort, sich seel- sorgerisch und predigend umherziehend des armen Volkes anzunehmen. Aber auch die Franciscaner waren in einer ärgerlichen Spaltung be- griffen. Der größte Theil suchte sich gleich wie die Dominicaner von dem Joche der Armuth loszumachen und die strengen Regeln des Franciscus durchbrechend, sich die Genüsse des Reichthums wieder zugäng- lich zu machen. Die strengere Partei war sogar von dem Papst in den Bann gethan und in die gleiche Classe gesetzt mit den Brüdern des gemeinsamen Lebens, den Begharden und anderen freien Vereinen, welche nach Möglichkeit ein gottesdienstlich apostolisches Christenleben wiederherstellen wollten und deshalb von der Geistlichkeit der Ketzerei bezüchtigt wurden. Fragen wir nun nach den Erfolgen jener schweren Heimsuchungen Gottes, die jetzt nach 500 Jahren, wenn auch in abgeschwächter Form wiederzukehren schienen, so müssen wir sagen, sie haben damals wie jetzt wenig ausgetragen. Denn auch jene Flagellanten oder Buß-

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1. Bd. 2 - S. 52

1863 - Stuttgart Calw : Vereinsbuchh. [u.a.]
52 Iii. Die Zeit der bedrängten Kirche. Etliche Juden stritten mit Stephano, dem Diakon, über dem Evangelio; und sie konnten seiner Weisheit und Geisteskraft nicht widerstehen. Da bewegten sie das Volk und die Aeltesten und Schriftgelehrten wider ihn, und sie ritzen ihn vor den hohen Rath hin als einen Lästerer Mosis und Gottes. Er verantwortete sich in der Salbung des h. Geistes und sein Angesicht leuchtete dabei als eines Engels Angesicht. Als er ihnen aber zuletzt ihre Halsstarrigkeit vorhielt, da bissen sie im Grimm ihre Zähne über ihm zusammen. Er blickte in die Höhe und sprach: Ich sehe den Himmel offen und des Men- schen Sohn zu der Rechten Gottes stehen! Sie aber schrieen laut vor Wuth, stürmten einmüthig ans ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Er sprach: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf! kniete nieder und rief nach dem Exempel seines gekreuzigten Meisters: Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht! sank di» und entschlief. Stephanus war also der erste Märtyrer oder Blutzeuge Christi. Es erhob sich nunmehr, a. 35, eine große Verfolgung über die ganze Gemeine zu Jerusalem, wodurch ihre Glieder nach allen Seiten hin zerstreut wurden, auch über das h. Land hinaus bis Phönicien und Cypern, bis Damaskus und Antiochia in Syrien. Indessen blieben die Apostel selbst in Jerusalem. Die Verstörten aber trugen das Evangelium überall hin, und so mußten auch die bösen Anschläge der Menschen zur Förderung der Sache Gottes dienen. Doch wurde überall erst noch nur den Kindern Israels das Wort von Christo verkündigt. Aber hat denn Gott der Heiden vergessen? Sind sie nicht auch seine Geschöpfe, noch im Busen seiner Er- barmung getragen? Im folgenden Jahre, 36, erweckte Gott den großen Heidenapostel Saulus oder Paulus. Er war ein sehr gelehrter Jude, ein strenger Pharisäer und einer der heftigsten Eiferer gegen das Christenthum. M>t Wohlgefallen hatte er der Hiumordung

2. Abriß der Kirchengeschichte für Gymnasien - S. 49

1879 - Berlin : Decker
— 49 — Sie ist hervorgegangen aus dem innersten Quellpunct alles religiösen Lebens: aus dem Gewissen und der persönlichen Sorge um der Seelen Seligkeit. Das große Räthsel, an welchem die allgemeinen Concilien, selber noch in den menschlichen Satzungen der Kirche gefangen, vergebens sich versucht hatten, löste der von Gott geschaffene religiöse Genius durch Wiederfindung der Quelle aller Heilserkenntniß, der Offenbarung Gottes in der heiligen Schrift, und aller Heilsursache, der durch den Glauben ergriffenen Gnade Gottes in Jesu Christo. (Das formale und materiale Prinzip.) Nach ihren geschichtlichen und landschaftlichen Ausgangspuncten sind die deutsche und die schweizerische Reformation zu unterscheiden, wornach der gemeinsame Strom des evangelischen Geistes sich in die Form der lutherischen und resor-mitten Kirche ergoß. §.44. Martin Luther, der Sohn eines Bergmanns aus Möra, geboren zu Eisleben am 10. November 1483, wuchs unter strenger Zucht in Armuth und Arbeit auf. Seit seinem vierzehnten Jahre besuchte er die lateinischen Schulen, erst bei den Franciscanern zu Magdeburg. ' dann zu Eisenach, wo sich Frau Cotta des andächtigen Cnrrendeschülers annahm, bezog 1501 die Universität zu Exsuxt, um nach dem Willen des Vaters sich der Rechtskunde zu widmen, und wurde 1505 Magister; trat aber, von schweren Aengsten um sein Seelenheil getrieben, in demselben Jahre in das dortige Augustinerkloster ein, „daß wir unsre Herzen und Gewissen vor Gott zu Ruhe und Frieden finden möchten, aber doch denselbigen Frieden in solcher gräulicher Finsterniß nirgend finden konnten". Der Generalvicar seines Ordens, Johann von Staupitz, lenkte ihn aus unfruchtbaren Bußkämpfen zu dem Trost des Glaubens an die Vergebung der Sünden in Christo, dem Gekreuzigten. In dieser Zeit wurden ihm weit über die Scholastiker, die er einst mit Eifer getrieben, als Zeugen der Gnade unter den Kirchenlehrern, Bernhard und Augustin theuer; vor allem aber versenkte er sich in die heiligen Schriften felber. 1508 wurde er in das Augustinerkloster zu Wittenberg versetzt und zugleich als Professor an die dortige Universität berufen, an welcher er zunächst noch über Aristoteles las. 1510 schickten ihn seine Vor-gesetzten in Ordensangelegenheiten nach Rom. Er sah das Pharisäerthum und den Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte. Auf dem Heimwege schwer erkrankt und r" weren Muthes, ging ihm an dem Wort: „Der Gerechte ib seines Glaubens leben" (Röm. 1, 17), das Verständ- Bäßler, Nbriß b. Kirchengesch. 4 Stifter der deutschen Reformation.

3. Die Geschichte des Mittelalters - S. 254

1862 - Köln : DuMont-Schauberg
254 Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 752—1096. Reife gedieh; dies war der Boden, auf dem die phautasiereichsten Er- scheinungen des Mittelalters erwuchsen: hier war es auch, wo sich da- mals mitten unter dem wilden Getümmel der Waffen mit Begeisterung der Ruf nach einem allgemeinen Gottesfrieden erhob, welcher, weiter und weiter hallend, im ganzen Abendlande Nachklänge erweckte. Eine Reihe trauriger Hungerjahre war zu jener Zeit über fast alle Länder Europa's gekommen und hatte vornehmlich Burgund und die sonst so reich gesegneten Gegenden im Süden Frankreichs schwer be- troffen. Entsetzliche Noth und unerhörte Sterblichkeit traten in Folge der schlechten Ernten ein und erfüllten alles Volk mit Zittern und Zagen. Man sah in diesen Plagen den Zorn Gottes über die Sünden der Menschen, über alle die Gräuel, die im Gefolge der innern Zwie- tracht und der nimmerdar ruhenden Fehden einherschlichen. Als nun im Jahre 1031 endlich eine gesegnete Ernte eiutrat und die Seelen voll des heißesten Dankgefühls gegen den himmlischen Geber waren, tauchte hier der Gedanke auf, einen allgemeinen Frieden zu errichten, um nicht durch Häufung der Sündenschuld die göttlichen Strafen aber- mals hcraufzubeschwörcn; mit freudiger Lebendigkeit wurde der Gedanke ergriffen und sogleich zu seiner Verwirklichung geschritten. An mehreren Orten Aquitaniens wurden Synoden gehalten und von diesen Beschlüsse gefaßt, welche eine allgemeine Waffenruhe geboten. Niemand, hieß es, solle fortan Blutrache oder Gewaltthaten üben, Niemand in Waffen einhergehen, jeder Uebelthäter au den geweihten Stätten eine sichere Zufluchtsstätte finden. Diejenigen, welche den Frieden anzunehmen sich weigerten, bedrohte man mit dem Interdict und den strengsten Kirchen- strafcn. Mit unglaublicher Begeisterung nahm das Volk diese Beschlüsse der Geistlichkeit auf. Man glaubte, nicht Menschenwerk sei dieser Friede, sondern er stamme unmittelbar von Gott. Ein Brief, erzählte man, sei vom Himmel gefallen, in welchem die Bestimmungen des Friedens Gott selbst verzeichnet und deren Beschwörung geboten habe. „Gott will es!" rief man damals, wie später im Beginn der Kreuzzüge. Von Aquitanien aus verbreiteten sich die Bestimmungen dieses Gottesfriedens schnell über ganz Burgund und einen großen Theil des nördlichen Frankreichs. So stürmisch die Begeisterung für den Gottes- frieden war, so wurde er doch selten streng beobachtet, und binnen nicht langer Zeit war er an den meisten Orten vergessen. Die Geistlichkeit selbst überzeugte sich, daß sie, indem sie Alles erreichen wollte, nichts in Wahrheit gewann, daß sie, um nur zu einigen Erfolgen zu gelangen, ihren Plan einer erheblichen Aenderung unterwerfen müsse. Sie ent- schloß sich daher, den allgemeinen Frieden in eine für den größeren Theil der Woche gebotene Waffenruhe zu verwandeln; die Fax Dei gestaltete sie in die Treuga Dei um. Diese bestimmte, daß vom Mitt- woch Abend bis Montag früh überall die Waffen ruhen mußten, daß jeder, der sie annähme und hielt, allgemeine Absolution aller seiner Sünden erhalten, jedes Widerstreben gegen ihre Bestimmungen aber mit Excommunication bestraft werden solle. Auf den Mord während

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 536

1859 - Lübeck : Rohden
536 Xxiv. §. 5. Philipp Ii. und England. rert und zu strafen. Während in Italien, Spanien, Frankreich und den Niederlanden die Scheiterhaufen für die Protestanten loderten, wurden in England die Katholiken öffentlich verbrannt. Selbst die katholische Königin von Schottland, welche Elisabeth in ihre Gewalt bekomnien hatte, ward hingerichtet. Da entschloß sich Phi- lipp Ii. im Bunde mit dem Papst zur Gewalt. Die unüberwind- liche Armada ward ausgerüstet. Mit einem Schlage sollte der englische Protestantismus sammt seiner Königin zertrümmert werden. Aber Gott hatte es anders beschlossen; Winde und Wogen vernichte- ten die Armada, noch ehe eine Landung versucht war (1588). Mit äußerer Gewalt, das sah man wohl, ließ sich das Papstthum in Eng- land eben so wenig wieder einführen, wie durch heimliche Ränke. Schottland war bis zu Elisabeth's Tode ein von England gesondertes Königreich. Schon ehe Maria Stuart den Königsthron bestieg (1560), war die Reformation in Schottland eingedrungen und hatte in Knor (Ver schon S.506 genannt ist) ihren gewaltigsten, hart- näckigsten Vertreter gefunden. Die gewaltsame Art, wie schon vor Knor und mehr noch unter seiner Führung die Reformation gegen die Bestrebungen der starken katholischen Partei, gegen Geistlichkeit und Adel durchgesetzt wurde, hat für unser Gefühl etwas schwer Verletzen- des, und der Herr hat die dabei begangenen Ungerechtigkeiten und Frevel in späterer Zeit mit schweren Strafen heimgesucht und die schot- tische Kirche ein Jahrhundert lang durch eine strenge Blut- und Feuer- taufe reinigen müssen. Maria Stuart, am französischen Hof in französischem Leichtsinn und Sittenlosigkeit erzogen, brachte ihre katho- lischen Neigungen und französischen Lebensgewohnheiten mit nach Schottland zurück, konnte aber durchaus nichts gegen die schon befe- stigte Herrschaft des Protestantismus unter ihren Unterthanen aus- richten, stürzte sich vielmehr durch ihre Leichtfertigkeit in schwere Ver- brechen, die dem Ehebruch und Morde gleich zu achten waren. Das Volk erhob sich gegen sie. In einer unglücklichen Schlacht ward sie geschlagen und mußte nach England zur Elisabeth, ihrer Verwandten, stückten, deren Nachfolgerin auf dem Thron sie zu werden hoffte. Aber Elisabeth wollte sie nicht eher an ihrem Hofe aufnehmen, als bis sie sich von den schweren Anklagen, die auf ihr lasteten, gereinigt hätte. Sie konnte oder wollte sich nicht reinigen und Elisabeth be- hielt sie — die freie Königin des Auslandes — wider alles Recht und Gesetz 20 Jahre lang in Haft. Aber es war für sie eine gefährliche Gefangene. Alle katholisch Gesinnten in ihrem Reich sahen aus die Maria, als auf ihre künftige Königin und Wiederherstellerin des Ka- tholicismuö in England. Die Päpste, die Franzosen, Philipp Ii. standen mit ihr in heimlicher Verbindung. Mordanschläge gegen Eli- sabeth wurden gemacht. Sie glaubte sich am Ende nicht anders retten zu können, als indem sie die Hinrichtung der Gefangenen be- fahl. Maria Stuart litt, was ihre Thaten werth waren, aber Eli-

5. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 55

1867 - Rostock : Hirsch
55 zen wahrnehmen, daß die Sünde den Menschen begleitet in die Wüsten und Einöden hinein und mit ihm geht über Land ltnb Meer. Antonius und «lei* Schuster. Antonius begehrte einst von Gott zu wissen, wie hoch er durch sein heiliges, strenges Leben bei Gott gekommen, und was er ver- dient. Da ward ihm im Traum der Bescheid , er solle in eines Schusters Haus zu Alexandria nahe bei dem Stadtthor gehen; da würde er solches erfahren. Da er nun hinkommt, fragt er den Hausvater, was sein Thun und Leben wäre, dieweil er ein so hei- liger Mann sein solle. Da erzählt ihm der Schuster, was er glaube, und was sein Werk und Thun sei, nämlich, wenn er ausstände, so danke er Gott für alle leiblichen und geistlichen Wohlthaten und sonderlich dafür, dass er seinen Sohn der Welt gegeben und den heiligen Geist in der Gläubigen Herzen sende, sie zu erleuchten und zu heiligen; darnach bitte er auch Gott den Herrn, dass er ihm seine Sünde um seines Sohnes Jesu Christi willen gnädiglich ver- geben und die ganze christliche Gemeinde, auch sein Weib, Kinder und Gesinde schützen und erhalten, ja, dass auch der Sohn Gottes unser Fürbitter bei dem ewigen Vater sein wolle. Wenn er solches gethan, so gebe er sich alsdann in solchem Glauben und Zuversicht zu Gott von wegen des Mittlers zufrieden und ginge darnach fröh- lich an seine Arbeit, zöge auch sein Weib, Kinder und Gesinde, so viel es ihm möglich, zur Gottesfurcht und zu allem Guten. Da sprach Antonius: „Ist das alles ? Führest du denn nicht ein strenger Le- den , denn dieses ?" — „Meinst du denn," sprach der Schuster, „dass dies Leben nicht strenge genug sei , dass ich täglich mit schwerer Arbeit mich, mein Weib, Kind und Gesinde ernähren und vielerlei Kreuz und Noth in meinem Hause, auch viele Beschwerden meiner bürgerlichen Pflicht wegen tragen und leiden muss? alles dies recht zu leiden und durch Glauben, Anrufung Gottes und Ge- duld zu ertragen, meinst du denn, dass dies nicht ein strenges Leben sei?“ — Da ging Antonius von ihm und merkte, dass ihn Gott dadurch ermahnt, dass er hinfort nicht mehr seinen Mönchsstand anderer Leute Leben vorziehen und denken sollte , dass er Gott wohlgefälliger wäre, als sie mit ihrem Thun. Pachomius. Beispiel des Antonius wirkte so gewaltig, daß in kurzer Zeit die ägyptische Wülte mit Einsiedlern bevölkert war. Einige unter ihnen wurden durch die strenge Entbehrung, die sie sich auferlegten, sonderlich berühmt. Um diese sammelten sich dann Jünger, um von ihnen zu lernen und ihr Et

6. Die neue Zeit - S. 240

1877 - Leipzig : Brandstetter
240 änderten. Joseph starb schon im folgenden Jahre (1711) an den Pocken und nun wäre Karl Iii. von Spanien zugleich Kaiser von Deutschland und Erbe der österreichischen Länder geworden, mit einer Macht, die allen europäischen Staaten gefährlich zu werden drohte; Marlborough aber fiel bei seiner Königin Anna in Ungnade und mußte seine Feldherrnwürde niederlegen. Dadurch erhielt Ludwig im Frieden von Utrecht (1713) so günstige Bedingungen, wie er sie nimmer erwartet hatte, denn sein Enkel Philipp V. behielt Spanien unter der Bedingung, daß es nie mit Frankreich vereinigt würde. Die spanischen Niederlande, Mailand und Sardinien erhielt Karl, als deutscher Kaiser der Sechste, der, von seinen Bundesgenossen verlassen, im Frieden zu Rastatt (1714) seine Einwilligung gab. 10. Die Aufhebung des Ediktes zu Nantes. Nachdem Ludwig eine Jugend voll Ausschweifungen und Sünden hinter sich hatte, ergab er sich der Frömmelei; die Frau von Maintenon, mit welcher er heimlich vermählt war, wußte in Gemeinschaft mit den Jesuiten, die durch den Beichtvater La Chaise auf den König wirkten, diesen Hang trefflich zu benutzen. Heinrich Iv., dieser beste der französischen Könige, hatte den Protestanten (Hugenotten) im Edikt von Nantes volle Religionsfreiheit bewilligt und das war seit Langem der streng katholischen, von den Jesuiten geleiteten Partei ein Dorn im Auge gewesen. Nun stellte man dem „großen" Ludwig vor, welche Gnade bei Gott zu erlangen sei, wenn man die verführten Sünder zum wahren Glauben zurückbrächte. Man bewies ihm, daß er so lange kein vollkommener Souverän (unumschränkter Herrscher) sei, so lange noch zwei Millionen seiner Unterthanen einem andern Glauben als dem seinigen huldigten, und man versicherte ihn, daß der weise Heinrich Iv. das Edikt von Nantes nicht gegeben haben würde, wenn er Ludwig's unumschränkte Macht gehabt hätte. Da gab der bethvrte König Befehl, mau solle sogleich das Bekehrungswerk anfangen und in alle Provinzen zugle-ich Dragoner und Priester schicken, denn wer nicht gutwillig seinen Glauben verlassen wollte, den solle man mit Gewalt zwingen. Die Unglücklichen betheuerten, sie wollten mit Freuden ihr Leben für den König lassen, aber ihren Glauben könnten sie nicht wechseln wie ein Kleid. Aber dann rückten die Dragoner heran, setzten ihnen den Degen auf die Brust und schrieen: „Sterbt oder werdet katholisch!" Die unmenschlichen Soldaten wurden bei den reformir-ten Bürgern einquartiert und wirthschafteten mit den Gütern und Weibern derselben als mit ihren eigenen. Was der stille Fleiß einer redlichen, arbeitsamen Familie in vielen Jahren mühsam erworben und sorglich erspart hatte, das verzehrten jetzt rohe Kriegsknechte hohnlachend und trotzend in wenigen Wochen. Die, welche standhaft bei ihrem Glauben verharrten, wurden in die Gefängnisse geworfen, hingerichtet, die Geistlichen sogar gerädert. Frauen, die reformirte Psalmen sangen, schnitt man die Haare ab; den Eltern nahm man ihre Kinder weg und steckte sie in katholische Waisenhäuser, Greise wurden unter Flüchen und Drohungen an die Altäre

7. Geschichte des Mittelalters - S. 210

1861 - Münster : Coppenrath
210 ihr Ohr berührte nichts, was nicht geistig war. An den Mau- ern dieses Asyls des Schweigens brach sich aller Lärm der Außenwelt, erstarken alle eitle Regungen des beweglichen Her- zens. In ihrer stillen Würde schienen die frommen Männer wie Wesen aus einer anderen Welt durch das Leben zu gehen. Einflußreicher und ausgebreiteter waren die Orden der Franciscaner und Dominicaner, welche beide zu Anfange des dreizehnten Jahrhunderts gestiftet wurden. Der Stifter des ersteren war der h. Francislus, der Sohn eines reichen Kauf- mannes, im Jahre 1182 zu Assisi in Umbrien geboren. Sein Vater hatte ihn für den Kaufmannsstand bestimmt, allein der Jüngling hatte keinen Sinn für die zerstreuenden Geschäfte des Lebens. Er zog sich immer mehr von der Welt zurück und hing ernsten Selbstbetrachtungen nach. Einst hörte er in der Kirche das Evangelium von der Verwerfung aller zeitlichen Güter lesen. Sein Gemüth ward hievon tief ergriffen. Er faßte den Entschluß, sein ferneres Leben der geistlichen Selbst- betrachtung und strengen Bußübungen zu widmen. Und alsbald gab er dem Vater seine schönen Kleider zurück, legte einen groß- den Bußsack an, umgürtete sich mit einem härenen Strick und zog von Ort zu Ort, um durch Lehre und Beispiel au Gottes Gebote zu erinnern. Eine so heldenmüthige Entsagung alles Lebensgenusses fand Bewunderer und Nachahmer. So entstand dieser neue Orden, der nach seinem Stifter benannt und vom Papste bestätigt wurde. Seine Mitglieder verbanden sich, wie alle Mönchsgcsellschaftcn, zu den drei Gelübden der Armuth, der Ehelosigkeit und des Gehorsames gegen die Obern. Sie nannten sich aus Demuth geringere Brüder, fratres minore», weshalb sie auch den Namen Minoriten führen. Dieser Or- den der Franciscaner verbreitete sich in mehreren Zweigen nach und nach über alle Länder. Fast zu gleicher Zeit wurde der Dominicaner- oder Prediger-Orden gestiftet. Der Stifter desselben ist der h.

8. Theil 1 - S. 80

1867 - Breslau : Max
80 Alte Geschichte. 1. Periode. Griechen. die Tempel wurden mit Vlut befleckt. Die Vernünftigen wünsch- ten daher, daß wenigstens bestimmte Gesetze gegeben würden. Da fand sich denn auch ein Mann, der das schwierige Geschäft übernahm; aber die neuen Gesetze gefielen nicht, weil sie so streng waren, daß man nicht darauf halten konnte; denn fast auf alle Vergehungen, selbst auf die kleinsten, war die Todesstrafe oder die Verbannung gesetzt, und Hütten die Richter sie befolgen wollen, so wäre Athen bald entvölkert gewesen. Der strenge Mann hieß Drakon, und von seinen Gesetzen sagt man, sie wären mit Blut geschrieben gewesen (624). Bald nach ihm lebte ein anderer Mann, Solon, der zu den großen Geistern gehörte, die von der Vorsehung dazu be- stimmt sind, noch weit über ihr Leben hinaus wohlthätig auf ihr Volk zu wirken. Auch er besaß, wie jener Lykurg in Sparta, das allgemeine Vertrauen seiner Mitbürger. Im Jahre 594 wurde er Archon in der ausgesprochenen Erwartung des Volkes, daß er nun eine neue Gesetzgebung einführen werde. Er that es und hat das Vertrauen gerechtfertigt; seine Gesetze haben lange das Glück Athens ausgemacht. Da ging es aber ihm wie so vielen nützlichen Menschen. Seine Verdienste wurden schnell vergessen, er selbst mit Undank belohnt und erst nach seinem Tode lernte man seine Bemühungen schätzen. Von seinen Gesetzen mag hier nur Einiges stehen. Eine recht schwere Last lag damals in Athen auf der är- mern Classe. Diese armen Leute waren meist sehr verschuldet, und ihre reichen Gläubiger benutzten das, sie auszuplündern, und machten sie zuletzt gar zu Leibeignen. Das Erste, was Solon that, war daher, daß er jenen Erleichterung verschaffte. Er setzte die Schulden herunter und zwang die Gläubiger, mit Wenigerm zufrieden zu sein und die gefangen gesetzten Schuldner loszulaffen. Nun hätte man glauben sollen, er wäre der Ab- gott der ärnieren Familien geworden. Aber keineswegs! Reiche und Arme waren mit ihm unzufrieden; er hatte es Keinem recht gemacht. Jene schrieen, daß er ihnen ihr wohlerworbenes Eigenthum schmälere, und diese meinten, warum er es nicht wie Lykurg gemacht und alle Aecker gleich eingetheilt habe? Besser gefiel den Bürgern eine zweite Einrichtung, die Volks- versammlung. Alle Wochen kam das Volk, das heißt alle Fa- milienväter, ans dem Markte zusammen; da wurden ihm von den Rednern Vorschläge gemacht; es wurde über Krieg und

9. Theil 1 - S. 82

1880 - Stuttgart : Heitz
82 Alte Geschichte. 1. Periode. Griechen. aber die neuen Gesetze gefielen nicht, weil sie so streng waren, daß man nicht darauf halten konnte; denn fast auf alle Vergehungen, selbst auf die kleinsten, war die Todesstrafe oder die Verbannung gesetzt, und hätten die Richter sie befolgen wollen, so wäre Athen bald entvölkert gewesen. Der strenge Mann hieß Drakon, und von seinen Gesetzen sagt man, sie wären mit Blut geschrieben gewesen (624). Bald nach ihm lebte ein anderer Mann, Solon, der zu den großen Geistern gehörte, die von der Vorsehung dazu bestimmt sind, noch weit über ihr Leben hinaus wohlthätig aus ihr Volk zu wirken. Auch er besaß, wie jener Lykurg in Sparta, das allgemeine Vertrauen seiner Mitbürger. Im Jahre 594 wurde er Archon in der ausgesprochenen Erwartung des Volkes, daß er nun eine neue Gesetzgebung einführen werde. Er that es und hat das Vertrauen gerechtfertigt; seine Gesetze haben lange das Glück Athens ausgemacht. Da ging es aber ihm wie so vielen nützlichen Menschen. Seine Verdienste wurden schnell vergessen, er selbst mit Undank belohnt, und erst nach seinem Tode lernte man seine Bemühungen schätzen. Von seinen Gesetzen mag hier nur Einiges stehen. Eine recht schwere Last lag damals in Athen auf der ärmeru Classe. Diese armen Leute waren meist sehr verschuldet, und ihre reichen Gläubiger benutzten das, sie auszuplündern, und machten sie zuletzt gar zu Leibeignen. Das erste, was Solon that, war daher, daß er jenen Erleichterung verschaffte. Er setzte die Schulden herunter und zwang die Gläubiger, mit.weuigerm zufrieden zu sein und die gefangen gesetzten Schuldner loszulassen. Nun hätte man glauben sollen, er wäre der Abgott der ärmeren Familien geworden. Aber keineswegs! Reiche und Arme waren mit ihm unzufrieden; er hatte es Keinem recht gemacht. Jene schrieen, daß er ihnen ihr wohlerworbenes Eigenthum schmälere, und diese meinten, warum er es nicht wre Lykurg gemacht und alle Aecker gleich eingetheilt habe? Besser gefiel den Bürgern eine zweite Einrichtung, die Volksversammlung. Wenigstens viermal im Jahre kam das Volk, das heißt alle athenischen Bürger, welche das 20. Jahr zurückgelegt hatten, auf dem Markte zusammen; da wurden ihm von den Rednern Vorschläge gemacht; es wurde über Krieg' und Frieden berathschlagt, kurz, es wurde das Volk zu den öffentlichen Staats*• geschästen zugezogen. Freilich gab es nachmals Veranlassung zu vielen Unruhen und Parteiungen; denn wie leicht ist nicht das Volk zu bewegen und durch eine lebhafte Darstellung der Sache

10. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 77

1880 - Halle : Anton
sprechet bei Gott — und doch sagt die heilige Schrift: „Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen". So war es Brauch geworden, im Abendmahle den Nichtgeistlichen nur das Brod zu reichen und ihnen also den Kelch zu entziehen — und doch hatte Christus ausdrücklich gesagt: „Trinket alle daraus!" Der schlimmste Mißbrauch jedoch wurde mit dem Ablaß getrieben. Seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche nämlich pflegte dieselbe über diejenigen, welche sich grober Sünden schuldig gemacht hatten, besondere strenge Strafen zu verhängen. Sie wurden von der Theilnahme am Gottesdienste ausgeschlossen und mußten im Bußgewande an den Kirchthüren stehen. Wenn sie sich jedoch in ihren Bußübungen besonders eifrig zeigten, so wurde ihre Strafzeit, die oft mehrere Jahre dauerte, abgekürzt. Diesen Erlaß der Kirchenstrafen nannte man Ablaß. Zur Zeit der Kreuzzüge wurde dieser Ablaß von den Kirchenstrafen von den Päpsten allen denen ertheilt, welche sich an einem Krenzzuge entweder selbst betheiligten oder ihn durch Geldbeiträge unterstützten. Später empfingen ihn auch diejenigen, welche zu irgend einem andern vermeintlich frommen Werke einen solchen Geldbeitrag lieferten. Wenn eine schöne und kostbare Kirche gebaut werden sollte oder wenn es galt, einen Zug gegen die gefährlichen und ungläubigen Türken zu unternehmen, dann schrieben die Päpste einen Ablaß aus. Leider freilich wurde das dadurch geloste Geld nicht immer zu frommen Zwecken verwendet, sondern diente häufig genug den Päpsten und Geistlichen zu einem verschwenderischen, üppigen Leben. Das unwissende Volk aber meinte, durch den erkauften Ablaßzettel werde auch die Schuld vor Gott getilgt, es bedürfe nun keiner Reue über die begangene Sünde und keiner Besserung mehr, und die Ablaßprediger und Ablaßverkäufer bestärkten gar häufig die Leute in diesem verderblichen Wahne, um nur gute Geschäfte zu machen. In Folge aller dieser Irrlehren und Mißbrauche machte sich allgemein der Wunsch nach einer Kirchenreini-gung oder Reformation geltend. 2. Vorläufer der Reformation in Deutschland war Johann Huß, Professor und Prediger in Prag. Voll Unwillen über die Verderbniß der Kirche, trat er als strenger Bußprediger auf und tadelte laut und kühn die Irrlehren und Mißbräuche, besonders den Ablaßhandel. Dadurch zog er sich den Haß der Geistlichkeit zu, und der Papst belegte ihn und feinen gleich-gesinnten Freund Hieronymus mit dem Bann. Damals aber gab es drei Päpste, welche sich feindlich gegenüberstanden und die Kirche in Verwirrung stürzten. Um diesem schmählichen Zustande ein Ende zu machen, wurde zu Costuitz am Bodensee eine allgemeine Kirchenversammlung abgehalten. Alle drei Päpste wurden abgesetzt und ein neuer gewählt, aber eine weitere Reformation wurde nicht vorgenommen. Auch Huß wurde nach Costnitz vorgeladen, denn hier sollte seine Sache entschieden werden. Von dem damaligen deut-

11. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 86

1867 - Rostock : Hirsch
86 Sixtus füllte seine Kasse mit Sünclenlohn; Innocenz Viii war ein ge- wissenloser Wollüstling, Alexander aber ein so frecher, schamloser, scheusslicher Sünder, dass er, wie man sagt, für die Hölle zu schlecht war. Und alle diese Männer wollten als Statthalter Christi angesehen und verehrt werden! Wahrlich, es war hohe Zeit, dass alle, die Christum liebhatten, inbrünstig flehten: „Herr, bleibe bei uns; denn es will Abend werden!“ Wenn Gott einen straken Krill, thut er ihm Zukor die Augen Zu. 13 Wie das Verderben sich über die ganze Kirche aus- breitete. Falsche Lehre. Von dem Papste drang das Verderben unter die Geistlichkeit und von da weiter und weiter in die Gemeinde hinein, daß wiederum Finsterniß das Erdreich bedeckte und Dunkel selbst die Völker, die auf Jesu Namen gekauft waren. Der eigentliche Grund des Verderbens datirte aber nicht von gestern, sondern fd)on von der Zeit her, da man aus den Märtyrern Heilige machte und dadurch dem allgenugsamen Verdienste Christi zur Seligkeit Abbruch that. Durch die „Heiligen" kam ein Riß in die felsenfeste Lehre der Schrift, daß der Sünder nur aus Gnaden gerechtfertigt wird. Und der Riß wurde nicht kleiner, sondern immer größer. Konnte der Mensch durch selbsterwählte, über die zehn Gebote hinausgehende Geistlichkeit fid) ein Verdienst erwerben, so war Christus nicht mehr die einzige Hoffnung im Leben und im Ster- den, so war das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens nicht mehr von Grund aus böse, so konnte ein Mensch eine Sünde wider die zehn Ge- bote durch ein überflüssiges Werk selbst gut machen, ohne daß er Christi son- derlich bedurfte. Also wurde der Heiland in den Hintergrund gedrängt. Vollends wurde er der Gemeinde aus den Augen gerückt, als zwischen ihn und die Seinen sich eine alttestamentliche Priesterschaft stellte, deren sichtbares Oberhaupt, der Papst, der sichtbare Vertreter des unsichtbaren Herrn war. Dies waren die irrigen Lehren, die mehr und mehr die Köpfe der Christen- heit verwirrten und die Wurzeln des Verderbens wurden, das über die Kirche hereinbrach. Alan kann verwundert fragen, woher es denn gekommen ist, daß Leh- ren, welche setzt ein Kind als irrig erkennt, damals in der Christenheit allge- meine Geltung gewannen? Die Antwort ist: weil sie das Wort Gottes nicht gebrauchten. Die Bibel war nur in fremden Sprachen vorhanden und konnte somit von gewöhnlichen Leuten nicht gelesen werden. Und das war dem Papste ganz recht. Denn nun waren wenige im Stande, sich aus der heiligen Schrift selbst zu überzeugen, ob die Lehre, die ihnen gepredigt wurde, Menschenwort oder Gotteswort war. Als daher einige Leute anfingen, die Bibel zu Nutz dem Volke in die Landessprache zu übersetzen, wurde dies vom Papste geradezu verboten. Also steht e» bis zu dieser Stunde bei den Rö- mischen: der gewöhnliche Christ kann die Bibel m der fremden Sprache nicht lesen, in seiner Landessprache darf er sie nidjt haben; damit ist die Bibel ihm so gut als ganz verboten. Nun hätten freilich gelehrte Leute, welche fremde Sprachen verstanden, leicht aus der Schrift nachweisen können, wo irrige Lehre gelehrt wurde.

12. Anfang der Neuern Geschichte - S. 110

1780 - Leipzig : Weidmann und Reich
iio Ii Hauptth. Neuere Gefth. I Buch. gar nicht mehr an ihnen die harte Mäßigkeit der ersten Einsamlebenben fand. Daher wollten nun viele andächtige Christen die alte Armuth und Strenge des Mönchslebens wiederherstellen, und sich blos von den erbetenen Gaben ihrer Mit- christen ernähren. So entstanden die Bettel- mönche; insonderheit um das Jahr 1200 die bey- den ansehnlichsten Orden derselben, die Domini- caner und Franciscaner: jene von einem Spa- nier Dominicas, diese von dem Italiäner Fran- ciscus, errichtet. Ihre Lebensart war freylich viel rauher und schlechter, als bey den bisheri- gen Mönchen; sie erhielten ihren Unterhalt durch Almosen, und bezeigten auch vielen Eifer, dieje- nigen Pflichten zu erfüllen, welche den gewöhn- lichen Lehrern der Christen oblagen. Doch be- kamen sie in kurzer Zeit Einkünfte genug; so daß sie das Vetteln nur züm Scheine beybehalten durf- ten. Und die beiden gedachten Grden sind es ^hauptsächlich gewesen, welche Oie -Herrschaft der Papste und der gesummten Geistlichkeit über die Christen recht befestigt haben. Dleirralau- Xxiv. Wie es damit zugegangen sey, das st m "werden bebt man insonderheit aus dem Verhalten, wel- verfoiat und chcs gegen irrgläubige Christen, die man Re- hingerich- ^ nannte, beobachtet wurde. Da die Men- schen jeden Augenblick der Gefahr zu irren aus. gesetzt sind: so glaubten die ersten Christen nicht, daß solche ihrer Mitbrüder, die ans falsche Reli- gionsmeynungen geriethen, deswegen gehaßt, oder gar gemartert und umgebracht werden müß- ten.

13. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 273

1880 - Berlin : Nicolai
273 auf dessen Befehl enthauptet, Peter von seinem Anhang mit Zustimmung Heinrichs auf den ungarischen Thron, aber als Vasall Deutschlands, erhoben. Zu Stuhlweißenburg übergab er mit einer goldenen Lanze sein Reich an Heinrich. Das war den Ungarn schon verächtlich genug; allein keine Erfahrung vermochte den unbesonnenen Mann vor neuen Uebereilungen zu warnen; er fuhr fort sein Volk durch Bevorzugung der Fremden zu reizen; bald kostete ihm eine neue Verschwörung des Adels den Thron, die Augen, das Leben (1047). Sein erwählter Nachfolger, Andreas, ließ sich als un-betheiligt an diesen Greuelthaten entschuldigen, Tribut und Dienstleistung anbieten. Auch Polen erkannte die Oberhoheit des deutschen Reichs an, nachdem Casimir, des Miesko Sohn, mit Heinrichs oder doch mit deutscher Unterstützung den Thron seiner Väter kämpfend zurück erobert hatte. Eben so sehr, wie für das Ansehn des Reichs unter den benachbarten Völkern, war Heinrich für die innere Ruhe desselben besorgt und betrieb auch diese Angelegenheit mit dem ihm eigenen Schwung des Geistes. Italien, England, Frankreich waren in den Jahren 1028 bis 1030 von großen Leiden heimgesucht; Überschwemmung, Hunger, Pest wütheten und rafften eine große Menge von Menschen dahin. Als im Jahre 1031 bessere Zeiten erschienen, ergriff die Geistlichkeit Aquitaniens diesen Anlaß, um auf die Segnungen des Friedens in feurigen Reden hinzuweisen, den Menschen ihre Sünden und Leidenschaften vorzuhalten und an die Strafen Gottes in dieser und jener Welt zu erinnern. Die Gemüther waren für diese Ermahnungen empfänglich, denn viele Wunden der kaum überstandenen schweren Zeit bluteten noch, und es entstand eine wahre Begeisterung für die Sicherung des Friedens. Da die Sitten der Zeit einer gänzlichen Verbannung des Faustrechtes noch zu große Hindernisse in den Weg legten, gelang es doch endlich, den sogenannten Gottesfrieden (treuga Dei), als Ruhepunkt für die Kämpfe zwischen den Bewohnern desselben Staates festzuhalten. Von Mittwoch bei Sonnenuntergang bis Montag bei Sonnenaufgang, an hohen Festtagen, in der Fastenzeit, sollten die Waffen ruhen; wer in dieser Zeit den Frieden brach, sollte als Feind Gottes betrachtet, im Staate geächtet, von der Kirche gebannt werden. Diese christlich-friedliche Bewegung der Gemüther verbreitete sich aus dem südlichen Frankreich nach Deutschland; der gottesfürchtige, hochstrebende König Heinrich war dafür vollkommen empfänglich, und als im Jahre 1043 in Deutschland eine große Hungersnoth ausbrach, ergriff er die Gelegenheit, um auf dem Reichstag zu Constanz in friedlich- menschenfreundlicher Gesinnung Allen vorauszugehen, durch Milde gegen die Menschen und Demuth gegen Gott ein schönes Beispiel zu geben, seinen Feinden öffentlich zu verzeihen und alle Anwesenden laut zu gleicher Versöhnlichkeit zu ermahnen. Es konnte, um Deutschland und zugleich die Macht des Königs zu heben, kein besseres Mittel geben, als Friede und Gesetzlichkeit, die ersten Bedingungen des Wohlstandes der Bürger. Es war jedoch nicht sowohl Politik, als wirkliches Herzensbedürfniß des Königs, für das Wohl feiner Unterthanen, für das Heil der Christenheit mit allen Kräften zu sorgen. Bald herrschte in dem größten Theil von Deutschland mehr Sicherheit und Friede, als in undenklichen Zeiten zuvor. Um das Überhandnehmen des Fehderechts zu erklären, muß man daraus zurückkommen, welche gewaltsame Zeiten Deutschland seit Karl dem Großen zu ertragen hatte: den Bürgerkrieg der Carolinger, die Normannen, 18

14. Neue Geschichte - S. 2

1859 - Leipzig : Fleischer
Da hatte Papst Bonifacius Vhph d« tick das Jahr 1300 lebte, ein Jubeljahr ausgeschrieben, d. i. vemdne^, daß, wer in diesem Jahre nach Rom wallfahre, und dort die Vergebung seiner Sünden erkaufe, von allen Kirchenstraseu frei sein, oder — wie dm Volk wenigstens glaubte, weil man es ihm nicht widerlegte — von den in' jener Welt zu erwartenden Stra- fen losgesprochen sein solle. Dies sollte alle hundert Jahre wiederholt wer- den. Es fand sich eine so ungeheure Menschenmenge ein, daß die folgenden Päpste dies treffliche Mittel, zu recht vielem Gelde zu kommen, alle 50, hernach alle 33, und zuletzt alle 25 Jahre wiederholten. Aber ein noch einträgliche- res Mittel, das arme Volk um sein Geld zu bringen, war der Ablaß. Es wurden nemlich den Beichtenden oft Kirchenstrafen für ihre Sünden aus- gelegt, als: Fasten, Wallfahrten, Selbstpeinigungen u. a. m. Wer sich die- sen Strafen nicht unterziehen wollte, konnte sich durch Geld davon befreien. Eine Vergebung der Sünden vor Gott war ursprünglich damit nicht gemeint. Aber der Wahn riß bald unter dem Volke ein, daß Geld und Ablaßbriefe auch vor Gott von Sünden erlöse; ein Wahn, der, weil er nicht entschieden bekämpft wurde, die echte, strenge Lebensbesserung hinderte und aufhob. Es wurde mit dem Gelde und dem Seeleuwohl des Volkes durch den Ablaß ein arges Spiel getrieben. Um nun dein Volke den Kauf der Ablaßzettel recht leicht zu machen, schickte der Papst Leute herum, die den Ablaß recht unverschämt anpreisen mußten. Das dafür gelöste Geld kam nach Rom; nur daun und wann ließ der Papst auch diesen oder jenen.fürsten an dem Gewinn Antheil nehmen. So erlaubte der Papst einmal dem Kurfürsten von Sachsen den Verkauf des Ablasses auf zwanzig Jahre, damit von dem Er- trage die abgebrannte Stadt Freiberg wieder aufgebaut würde; den vierten Theil aber behielt sich der Papst vor. Gegen diese und viele andre Mißbräuche hatten sich dann und wann sromnie und verständige Männer aufgelehnt. Die Albigenser, Wickliffe, Huß und Andere sind schon genannt worden. Aber sie drangen nicht durch, und wurden von der Geistlichkeit, die nichts mehr als das Licht der Wahrheit scheute, Ketzer gescholten, und aus dem Wege geräumt. Selbst die Concilien, die deshalb gehalten wurden, hatten keine Verbesserung der Kirche bewirken können. Aber die Sehnsucht nach einer Reformation der Kirche war doch erweckt und es herrschte namentlich in Deutschland eine große Verstimmung darüber, daß die Päpste den lauten Wunsch nach einer Besserung der kirchlichen Zustände sogar nicht beachteten. Dazu kam das aufdämmernde Licht der Wissenschaften und der durch die großen Entdeckungen gesteigerte Lebensverkehr. Seit 1513 saß auf dem päpstlichen Stuhle ein zwar kunstliebender, aber geldgieriger, prachtsüchtiger und um die Religion wenig bekümmerter Papst, Leo X. (1513—1521). Dieser schrieb 1517 einen neuen Ablaß aus, um die uuter seinem Vorgänger angefangene prächtige Peterskirche in Rom ausbauen zu lassen. Damit nun der Ablaß auch in Deutschland recht gekauft werde, so ernannte er zu seinem Obercommissarius im nördlichen Theile desselben den Kurfürsten von Mainz und Erzbischof von Magdeburg, Albrecht von Bran- denburg, einen zwar nicht bösen, aber nur auf seinen Vortheil sehenden Mann. Dieser nahm wieder Untercommissarien an, die herumreisten, und den Ablaß dem Volke recht anpriesen. Dazu wurde ihm besonders Johann Tez el, ein

15. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 261

1883 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
26. Beginn der Reformation. 261 die Hälfte studiert." Einmal, wie er die Bücher in der Universitäts-Biblio- thek fein nach einander besieht, kommt er über die lateinische Bibel. Da ver- merkt er mit großem Verwundern, daß viel mehr darin steht, als man in den gewöhnlichen Postillen und aus den Kanzeln pflegte auszulegen. Wie er sich im A. T. umsieht, kommt er über Samnelis und seiner Mutter Hanna Geschichte, und weil ihm dieses neu war, sängt er an von Grund seines Herzens zu wünschen, unser getreuer Gott wolle ihm einst auch ein solch Buch bescheren. In großer Angst um seiner Seelen Seligkeit, insonderheit, als ihm sein guter Freund erstochen ward und ihn ein großes Wetter und greulicher Donner- schlag hart erschreckte, so daß er zur Erde niederfiel, ging er 1505 in das Kloster, um dort mit Mönchswerken Gott zu dienen und die Seligkeit zu erwerben. Aber obwohl er mit Wachen, Beten, Lesen und anderer Arbeit sich fast zu Tode marterte, war er doch immer traurig; er würde verzweifelt sein, wenn ihm Gott nicht in seiner Not einen alten Klosterbruder zugeschickt hätte. Dieser verwies ihn, als er ihm seine Anfechtungen klagte, ans die Worte: „Ich glaube an eine Vergebung der Sünden." Es sei nicht genug, im allge- meinen zu glauben, daß etlichen vergeben werde, wie auch die Teufel glauben, daß dem David oder Petrus vergeben sei, sondern das sei Gottes Wille, daß jeglicher glaube, daß ihm 'cergeben werde. Im Jahre 1508 kam Luther wegen seiner sonderlichen Geschicklichkeit und ernstlichen Frömmigkeit als Lehrer an die neue Universität nach Witten- berg. Er lehrte so gewaltig, daß sich verständige Männer sehr verwunderten und einer sagte: „Dieser Mönch wird alle Doktoren irre machen und eine neue Lehre aufbringen und die ganze römische Kirche reformieren; denn er legt sich ans der Propheten und der Apostel Schrift und stehet ans Jesu Christi Wort." 1510 wurde er in Klostergeschästen nach Rom geschickt, davon er später oftmals gesagt hat: „Ich wollte nicht 100000 Gulden nehmen, daß ich Rom nicht gesehen hätte." In Andacht war Luther nach Rom gekommen und hoffte dort den Frieden für seine Seele zu sinden. Aber er entsetzte sich über He gotteslästerlichen Reden der Priester bei Tische. „Daneben ekelte mir, daß sie so sicher und fein rips raps konnten Messe halten, als trieben sie ein Gaukel- spiel; denn ehe ich zum Evangelio kam, hatte mein Nebenpfaffe seine Messe ausgerichtet und schrie zu mir: „Immer weg, komm' davon!" Und als er die Stufen der Pilatusstiege hinauf rutschte, um mit solchem Werke Vergebung der Sünden zu verdienen, war ihm nicht anders zu Mute, als riefe ihm eine Donnerstimme zu: „Der Gerechte lebt seines Glaubens." Runkwitz. 26. Beginn der Reformation. "lnt Jahre 1517 kam ein Mönch, der Dominikaner Johann Tetzel, ans ^ seinem Zuge durch Deutschland auch nach Jüterbogk bei Wittenberg, und alles Volk drängte sich zu ihm; denn er verhieß den Erlaß aller Strafen, zeit- licher und ewiger, für vergangene und zukünftige Sünden. Jeder, der ein Geldstück, Groschen oder Gulden oder Dukaten, nach der Schwere der Sünde, in seinen Kasten legte, bekam einen Ablaßbrief, und damit war er seiner Schuld ledig. Nämlich in Rom hatte man eine große Kirche, die Peterskirche, zu bauen angefangen, aber sie zu vollenden, fehlte es an Geld; darum schrieb

16. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 255

1845 - Berlin : Klemann
Ruprecht 1400. Sigismund 1410. — Mißbräuche der Kirche, 255 derbtheit der Kirche, sowohl was die Glaubenslehren, als auch was die Sitten der Geistlichkeit betraf. Schon längst hatte die Geistlichkeit viele neue Begriffe und Lehren, durch welche sie große Macht über die Seelen erlangte, als Glaubens- artikel aufgestellt, obwohl diese nicht in den Grundlehren des Christenthums zu finden 'waren und nicht selten der Absicht Christi selbst widersprachen. So geschah's, daß der göttliche Kern des Christenthums unter einer Menge sinnlicher Borstellungen allmälig fast ganz vergraben und unkenntlich worden war. Statt an echte Gottesverehrung im Geist und in der Wahrheit, hielt sich das Volk an den blendenden Schein eines prachtvollen Gottesdienstes und an die strenge Beobachtung der eingesührten Gebrauche, von denen manche völlig heidnisch, einige sogar ruchlose Berhöhnungen der Religion und der Kirche waren. Die Verehrung der Heiligen war durch den Aber- glauben in eine wahre Abgötterei ausgeartet. Man schrieb der bloßen Wie- derholung mancher Gebete in bestimmter Zahl und gewissen Gebetsformeln übernatürliche Kräfte zu; man glaubte, durch Gebete, vornämlich der Prie- ster, die Seelen Verstorbener aus dem Fegefeuer zu erlösen, und durch An- legung eines Mönchskleides aus dem Todbette vor der ewigen Verdammniß gerettet zu werden. Im Allgemeinen bestimmte nicht sowohl die Liebe zu Gott die Herzen der Menschen, als vielmehr die Furcht vor dem Teufel: und der Betrug machte sich die Dummheit zu Nutze, welche oft aus Schlech- tigkeit entsprang und immer wieder zu Schlechtigkeiten führte. Die Erwerbung irdischer Schätze und das allzueifrige Trachten nach immer mehreren waren die Keime des Sittenverderbnisses der Geistlichkeit gewesen. Der Mammon hatte zur Herrschsucht geführt, diese zur Allgewalt, die Allgewalt zum Uebermuth und zur Sittenlosigkeit. Im Uebermuth aber verschwendete die Geistlichkeit ihre Schätze zur Befriedigung ihrer Pracht- liebe, ihrer Schwelgerei und ihrer sinnlichen Lüste; und da ihre gewöhn- lichen Einkünfte dazu nicht ausreichten, so ersann sie neue außergewöhnliche. Deshalb schrieben die Päpste Jubeljahre aus, daß die Menschen ihr Geld auf Wallfahrten gen Rom brachten. Sie verkauften geistliche Aemter und Würden, selbst die Anwartschaft darauf, für welche letztere sie die Einkünfte des ersten Jahres (die sogenannten „Annalen") erhielten. Für Geld löste man in Rom die für Blutsverwandte angeordneten Eheverbote und der- gleichen. Die ergiebigste Geldquelle für den römischen Hof aber war der „Ablaß"; darunter hatte man früher bloß eine Nachlassung der Kirchen- strafen verstanden; in der Folge aber eine Nachlassung aller Sünden selbst, nicht bloß der begangenen, sondern oft auch der noch begehenden, und zwar für Geld; jede Sünde hatte ihre Tare; eigene Ablaßverkäufer zogen mit Fahnen und den Schlüsseln St. Peters in Deutschland umher, riefen den Ablaß wie eine Waare aus und belegten Diejenigen mit dem Bann, welche sich diesem Mißbrauch widcrsetzten. Die Ungebildeten aber, welche daran glaubten, meinten nun, für ihr Geld ungestraft sündigen zu können. Es ist klar, daß dadurch die Sittlichkeit in tiefen Verfall kam. Indem nun so das Verderbniß aufs alleräußerste getrieben wurde, be- gann es auch bereits zu verwesen, um nach den ewigen Geboten des Sit- tengesetzes, welches das Weltgesetz ist, frischen gesunden neuen Keimen Platz zu machen. Die alte Sehnsucht nach einer durchgreifenden Verbesse- rung (Reformation) der Kirche in Haupt und Gliedern sprach sich lau- ter und allgemeiner als Forderung aus. Der Hauptanstoß der Bewegung ging von England aus. Dort trat in der zweiten Hälfte des vierzehnten

17. Der Freischöffe von Berne - S. 112

1891 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 112 — Fünfzehntes Kapitel: Konrad von Marburg in Greinen. Konrad von Marburg beeilte sich eben nicht, nach Bremen zu kommen. Die Ketzergerichte im deutschen Norden, wo dergleichen bisher noch unbekannt war, nahmen zu viel seiner Zeit in Anspruch, und erst im Frühling des Jahres 1234 kam er in der Bischofsstadt an der Unterweser an. Als die Kunde von seiner Ankunft sich in Bremen verbreitete, zog auch hier der Erzbischof mit der gesamten Geistlichkeit ihm bis nach Brinkum entgegen, und im feierlichen Zuge wurde der so sehnlichst Erwartete in die Stadt geleitet. Auch hier war das Erste, was er that, daß er sich nach der Ketzerei erkundigte, und der Erzbischof zauderte nicht, ihm von der Sünde der Stedinger die schrecklichsten Dinge zu erzählen. Die Bettelmönche fügten hinzu, was der Erzbischof etwa vergessen hatte; sie sagten ihm, daß die Verbannten sich einen eigenen Bischof und einen eigenen Kaiser gewählt hätten, daß sie in der Kirche zu Berne schändliche Abgötterei trieben und im Hause des Freischöffen Bolko von Bardenfleth zusammenkämen, um den greulichsten Lastern zu fröhuen. Mit Ingrimm vernahm Konrad diese Kunde, und kaum war er einige Tage in Bremen, als er sich auch schon anschickte, dem Papst den versprochenen Bericht zu senden. In einer dürftigen Zelle im Kloster der Dominikaner wurde derselbe geschrieben, und er ist es wohl wert, daß wir die wesentlichen Punkte desselben, die uns in einer alten Chronik aufbewahrt sind, hier mitteilen. „Die Stedinger", so lautet es in dem Berichte, „scheuen weder Gott noch Menschen; sie achten nicht die Lehren der heiligen Kirche und suchen dieselbe ihrer Freiheit zu berauben. Sie töten die Priester des Herrn; sie verhöhnen die heiligen Sakramente und ergeben sich der schändlichsten Ketzerei und Zauberei. Wenn jemand

18. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 94

1865 - Göttingen : Deuerlich
94 Stadtthor gehen, da [werbe er solches erfahren. Da er nun hin- kommt, fragt er den Hausvater, was sein Thun und Leben sei, ' dieweil er ein so heiliger Mann sein solle. Da erzählt ihm der Schuster, was er glaube und was sein Werk und Thun sei; näm- lich, wenn er aufstehe, so danke er Gott für alle leiblichen und geistlichen Wohlthaten, und sonderlich dafür, daß er seinen Sohn der Welt gegeben und den heiligen Geist in der Gläubigen Herzen sende, sie zu erleuchten und zu heiligen; daß er auch darnach" Gott den Herrn bitte, daß er ihm seine Sünde um seines Sohnes Jesu Christi Willen gnädiglich vergeben und die ganze christliche Ge- meinde, auch sein Weib, Kind und Gesinde schützen und erhalten, ja, daß auch der Sohn Gottes unser Fürbitter bei dem ewigen Vater sein wolle. Wenn er solches gethan, so gebe er sich alsdann iu solchem Glauben und Zuversicht zu Gott von wegen des Mitt- lers zufrieden und gehe darauf fröhlich an seine Arbeit, ziehe auch sein Weib, Kind und Gesinde, soviel als ihm möglich, zur Gottes- furcht lind jtt allem Guten. Da sprach St. Antonius: „Ist das alles? Führest bu denn nicht ein strenger Leben, beim dieses?" „Meinst bu denn," sprach der Schuster zu St. Antonio, „daß dies Leben nicht strenge genug sei, daß ich täglich mit strenger Arbeit mich, mein Weib', Kind und Gesinde ernähren, und vielerlei Kreuz und Noth in meinem Hanse, auch viele Beschwerden meiner bürger- lichen Pflicht wegen tragen und leiden muß? Meinest du, cs sei nicht ein strenges Leben, dies alles recht zu leiden und durch Glau- den, Anrufung Gottes und Geduld zu ertragen?" — Da ging Antonius von ihm und merkte, daß ihn Gott dadurch ermahnt habe, daß er hinfort nicht mehr seinen Mönchöstand andrer Leute Leben vorziehen solle, und nicht meinen, daß er vor Gott wohlge- fälliger sei, als sic mit ihrem Thun. 148. Dein Reich komme! n. Dit Verbreitung des Wortes Gottes durch die Bibklgkskllschaftttt. „Das Volk, so im Finstern wandelt, siehet ein großes Licht" ■— so sprach in heiliger Vorschau der Evangelist unter den Propheten, Jesaiaö; und als die Zeit erfüllet war, so sandte Gott seinen Sohn, und dieser war das Licht der Welt, und hat ein Reich des Lichts ge- schaffen durch das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. — Das Volk Israel verehrte das Wort Gottes, welches außer dem Ge- setz die herrliche Verheißung von dem Messias enthielt, vor allen seinen Heiligthümern, und den Christen war es, nachdem darin auch die Er- füllung der Verheißung iu der Menschwerdung des Sohnes Gottes sich befand, ein Schatz aller Schätze. Jedoch konnten nur wenige zu diesem Schatz kommen, denn eö kostete viel Geld und Mühe, eine Bibel auf Häuten abzuschreiben; und da neben den Vibelsprachen, der hebräischen im alten und der griechischen im neuen Testamente, noch viele andere Sprachen seit dem babylonischen Turmbau gesprochen wurden, so konn- ten nur wenige Menschen die Bibel lesen, weil sie nicht die Bibelsprüche

19. Mit einem kolorirten Kupfer - S. 108

1809 - Leipzig Dresden : Selbstverl. K. Engelhardt / Barth
io8 Evangelium rc. sie glaubten damit der Zurech- nung des Meineids und andrer Sünden zu ent- schlüpfen, sie machten die Geistlichkeit verhaßt, den öffentlichen Gottesdienst verächtlich, hielten heimliche Zusammenkünfte, in welchen sie einer Gerichtsbarkeit sich anmaseken, die nur der obekn Geistlichkeit zukam, und was der gefährlichen Leh- ren und Einrichtungen mehr waren. Dazu klei- deten sie sich auch und lebten auf eine Art, die fast Geistesabwesenheit vorauszusezen schien. Halbnackend trugen sie, um nicht erkannt zu werden, tief in die Augen gedrückt, ungeheure runde Huche mit rochen Kreuzen, in den Händen Geiseln von Riemen mit eisernen Nägeln. So zogen sie Paar und Paar zu Hunderten, oft zu Taufenden, bei Tage und bei Nacht, iin Som- mer, wie im Winter, durch Städte und Dörfer, sangen, schrieen, seufzten und weinten, daß es einen Stein in der Erde hatte erbarmen mögen, warfen vor Altären, auf Kirchhöfen, oft mitten im Fahrwege,^ sich nieder und geiselten sich dabei bis aufs Blut, gewöhnlich mit Herplarren ver- schiedner Reime, z. B. Ir flacht (schlagt) euch sere Zu Christus Ehre Durch Gott so lat die Sünde mere (künftig.) Oder: Nun tretet her die buffen wöllen, Fliehen wir dann die heisse Hölle, Lucifer ist ein böser Geselle. Oder:

20. Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und preußischen Geschichte - S. 90

1911 - Dresden : Huhle
— 90 — alle Schiffe fertig sein. Gleich seinem erlauchten Großvater hält der Kaiser fest an dem Friebensbünbnisse mit Österreich und Italien. Für den Schutz der deutschen Küsten im Falle eines Krieges ist auch die Vollendung des Nordostseekanals, sowie die Erwerbung der kleinen Felseninsel Helgoland höchst wichtig, denn in Helgoland hat unsere Kriegsflotte einen sicheren Stützpunkt und in dem Kanal einen freien Verbindungsweg zwischen Ost-und Nordsee. Freilich mußte für Helgoland das große Witu in Ostafrika den Engländern geopfert werden. Leider wurde'im Jahre 1900 unser Gesandter in Peking ermordet, weshalb der Kaiser ein Heer von etwa 25 000 Mann und eine Panzerdivision (vier Schlachtschiffe samt den nötigen Kreuzern) nach dem 21 000 km weit entfernten China senden mußte, um in Gemeinschaft mit den andern europäischen Mächten Sühne für das Verbrechen zu erzwingen. 1904 brach in Deutsch-Südwestafrika ein gefährlicher Ausstand aus, dessen Niederwerfung drei Jahre dauerte und viele Opfer an Gut und Blut erforderte. In den Kriegen der letzten Zeit (dem Buren- und Russisch-Japanischen Kriege) blieb Deutschland streng neutral. Ebenso vermied der Kaiser wegen Marokko einen Krieg mit Frankreich. 1908/09 bewahrte er Österreich die Bundestreue, als Rußland mit seinen Freunden wegen der bosnischen Frage mit Krieg drohte. Dadurch ward ein gefährlicher Weltkrieg verhütet. Da aber ans Reich ununterbrochen neue Aufgaben gestellt werden, mußte man auch neue Steuern schaffen und die Zollsätze neu regeln. So zeigt sich Kaiser Wilhelm Ii. stets als Hort des Friedens, als Mehrer der Volkswohlfahrt und Schützer friedlicher Arbeit. Gott schütze und segne Kaiser und Reich! Deutschlands Entwickelung im 19, Jahrhundert, 1. Die staatliche Entwickelung. Am Beginn des 19. Jahrhunderts war Deutschland ein ohnmächtiger Staatenbund, ein Spielball in der Hand des rühm- und machtgierigen Korsen. Es schien damals, als ob Deutschland in eine Provinz des korsischen Weltreiches verwandelt werden sollte. Doch war zum Glück diese Erniedrigung nur der schwere Ansang eines gewaltigen Aufschwunges, dft 1871 m der Einigung und Gründung des Reiches seine glänzende Krönung fand. Seitdem bildet Deutschland einen festgefügten und starken Bundesstaat und ein erbliches Kaisertum. Die traurigen Zeiten der Zersplitterung und ‘Uneinigkeit sind vorüber und alle Fürsten • und Bundesstaaten stehen treu zu Kaiser und Reich. Daher genießt auch das neue Deutsche Reich in der ganzen Welt hohes Ansehen und wird von seinen Freunden geehrt, von seinen Feinben aber gefürchtet. Sein Heer gilt als Muster, und auch feine Kriegsflotte, die feit den Flottengesetzen vom Jahre 1900 und 1906 unablässig vermehrt wirb, erfreut sich des Rufes großer Tüchtigkeit. 2. Wachstum der Bevölkerung. Doch hätte sich Deutschland nicht so rasch zur jetzigen Höhe der Macht und Weltgeltung emporheben können, wenn nicht seine Bevölkerung sich so stark vermehrt hätte. Vor hundert Jahren zählte es bloß 20, 1870 schon 40 und 1910 bereits 65 Millionen Einwohner. Es hat somit seine Bewohnerzahl in 100 Jahren beinahe verdreifacht. Das ist von hoher Bedeutung. Unaufhörlich konnte daher Deutschland sein Heer vergrößern, ohne daß dies drückend wurde. Zwar