Anfrage in Hauptansicht öffnen

Änliche Dokumente zu folgendem Trefferdokument

Basierend auf den Feldern Volltext

Sortiert nach: Ähnlichkeit zu Dokument

1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 607

1859 - Lübeck : Rohden
Xxv. §. 8. Napoleon und die Päpste. 607 Landschaften des Papstes in Italien wurden ihm von dem übermüthigen Herrscher vorenthalten, und in Frankreich verfuhr er trotz Concordar und aller Versprechungen nun vollends, als ob kein Papst und keine Kirche in der Welt wäre. Er richtete die Schulen wieder ein, die in der Revolutionszeit gänzlich verfallen und aufgelöst waren, aber er machte sie zu rein politischen, man könnte sagen, zu rein militärischen Anstalten, in denen die Kinder zwar zu wohlgeschulten Staatsbürgern, zu wohlvorbereiteten Kriegsleuten herangebildet wurden, aber fern blieben nicht bloß von aller geistlichen, sondern von jeder höher» gei- stigen Bildung und Anregung überhaupt. Von Wissenschaft, außer so weit sie zum Kriegswesen gehört, von Kunst und tieferem Studium, war eigentlich gar nicht die Rede. Das Christenthum ward als Ne- bensache verachtet, der Kirche, von der doch früher alle Schulen aus- gegangen waren, ward gar kein Einfluß mehr gestattet, die Jugend ward absichtlich angeleitet, sich um die Kirche so wenig als möglich zu bekümmern. Ein Katechismus ward eingeführt, worin gelehrt wurde, Napoleon als rechtinäßigen Kaiser verehren, das sei der rechte Got- tesdienst. Weiter. Die Kirche verlangte die Wiederherstellung der Klöster, der Orden. Napoleon wies das weit von sich. Was sollten ihm Mönche? Die konnte er ja nicht zu Soldaten machen. Die Kirche verlangte ihren alten Einfluß wieder in den Gerichten, in der Gesetzgebung. Napoleon ließ ein neues Gesetzbuch anfertigen, welches noch immer als die Summe gesetzgeberischer Weisheit gepriesen wird. Aber von Gott, von Christenthum, von Kirche weiß das na- poleonische Gesetzbuch so gut wie gar nichts, die Christenheit ist für dasselbe eigentlich gar nicht da, sondern nur ein Haufe von Staatsbür- gern, die regiert werden sollen; aus dem Boden einer völligen Unkirch- lichkeit, ja Religionslosigkeit ist es hervorgewachsen, alle heiligen Be- ziehungen liegen ihm fern, die heilige Ordnung der Ehe, welche von den Katholiken als Sacrament verehrt wird, faßt es als einen gemein- bürgerlichen Vertrag, der vor obrigkeitlichen Personen abgeschlossen wird. Der Papst hoffte bei alle dem noch immer das Beste. Er meinte, durch persönliche Vorstellungen, durch freundliche Bitten und Belehrungen ließe sich bei Napoleon etwas erreichen. Wie wenig kannte er diesen Menschen ohne Herz, ohne Gemüth, ohne Gefühl, ohne Gewissen, bei dem nie etwas Anderes als der kalte, lauernde, berech- nende Verstand in Thätigkeit war, und der hinter aller seiner Schau- spielerei, hinter allen süßen Locktönen schmeichlerischer Verheißungen doch immer nur den einen Abgott, das nackte, kahle Selbst zu ehren und zu heben gemeint war. Durch die gleißnerischen Versprechungen des Gewalthabers, durch seine eignen gutmüthigen Hoffnungen, für das Wohl der Kirche etwas wirken zu können, ließ sich Pius Vii. (1804) verleiten, selber nach Paris zu reisen, um den neu eingesetzten Kaiser feierlichst zu krönen und zu salben. Aber wie bitter sah er sich ge- täuscht. Welche schmerzliche Demüthigungen mußte er von diesem rück- sichtslosen Anmaßer hinnehmen. Die persönlichen Kränkungen hätte er wohl noch gern ertragen, aber daß er zum Wohl der Kirche nichts, auch gar nichts erreichen konnte, auch in diesem Augenblick nicht, da er

Ähnliche Ergebnisse

Ähnliche Dokumente basierend auf den Feldern Volltext

1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 485

1859 - Lübeck : Rohden
1 Xxiii. §. 3. Der erste Kamps gegen Papst und Kaiser. 483 §. 3. Der erste Kampf gegen Papst und Kaiser. So stark war der Schlag, den Luther gegen das riesige Gewölbe der katholischen Kirchenlehre gethan, daß der ganze gewaltige Bau in seinen Grundfesten erzitterte und aus allen Oeffnungen die Wächter hervorlugten, wer das gethan, und heftig zu schelten anhuben. Da eiferten im Chor Wimpina in Frankfurt, Hoog st raten in Köln, vn. Eck in Ingolstadt, vor Allen Tez el selbst, der Ablaßkrämer, und auch von Rom her ließ sich bereits eine gelehrte Stimme vernehmen, der Dominicaner Silvester Prierio, und schrieb eine Widerlegung der lutherischen Sätze. Schon war in Rom ein Gerichtshof ernannt, um Luther's Sache zu untersuchen. Luther ward nach Rom ge- fordert; wenn nicht in Rom, so sollte er doch in Augsburg vor dem päpstlichen Bevollmächtigten, Cardinal Cajetanus, erscheinen. Er er- schien, in voller Demuth, zu allem Gehorsam gern bereit — aber gegen die Wahrheit, gegen sein Gewissen, gegen seine heiligsten Er- fahrungen konnte er nicht reden, konnte nichts widerrufen. Unter schweren Drohungen ward er entlassen. Roch einmal besann man sich am römischen Hose; man wollte die Sache nicht zum Aeußersten kommen lassen und Luther versprach gern, zu schweigen. Dann aber griff der unbesonnene Kirchenstreiter Eck öffentlich den eben beschwich- tigten Luther auf's Reue an, und trieb ihn durch seine dreisten Be- hauptungen zur Verwerfung aller päpstlichen Decrete, ja auch aller Concilienbeschlüsfe, wenn sie wider die heilige Schrift liefen. Wegen dieser heillosen Ketzerei verschrie Eck den Luther als einen höchst ge- fährlichen Feind der Christenheit, klagte ihn auf's Neue in Rom an, und brachte mit ganz besonderer Genugthuung die päpstliche Bann- bulle wider Luther mit sich über die Alpen zurück. So ward Luther aus der römischen Kirche ausgeftoßen. Nicht er hatte sich zuerst vom Papst los- gesagt, sondern der Papst stieß ihn von sich und verstattete ihm inner- halb der bestehenden Kirche keinen Raum mehr. Da stieß Luther auch den päpstlichen Gehorsam von sich, er verbrannte des Papstes Bullen und Gesetzbücher, nur dem einen Herrn, Christo, und seinem Wort, der heiligen Schrift, wollte er in geistlichen Sachen Gehorsam leisten, Keinem, der dawider stritte. Und nun schritt er selbst von Stufe zu Stufe mit immer entschiedenerm Angriff gegen das päpstliche Unwe- sen vorwärts auf der gleich anfangs eingeschlagenen Bahn der Lehre. Erst mußte er die heiligen Wahrheiten, die ihm aus der heiligen Schrift entgege-traten und in seinem glaubenswarmen Gemüthe reif geworden waren, mit begeisterter Klarheit dem Volke vorgetragen haben, j

2. Umständlichere Erzählung der wichtigeren Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte - S. 305

1806 - Altona : Hammerich
Z05 Ein anderer Heiliger dieser Art, Namens Da- niel, der seine Säule auf einem Berge am schwarze» Meere errichtet hatte, wäre beinahe einmal von einem starken Sturmwinde herabgeworfen worden. Er erhielt sich indessen noch glücklich, erstattete aber vor Kälte, so daß seine Schüler Mühe hatten, ihn mit warmen Schwäm- men wieder aufznthauen. Als der Kaiser Basiliskus in Konstantinopel die Beschlüsse einer Versammlung von Geistlichen nicht bestätigen wollte; empörte sein Patriarch alle Mönche gegen ihn, und unter andern auch den all- verehrten heiligen Daniel. Dieser schrieb auf seiner Säu- le dem Kaiser einen Brief, worin er ihn einen Tyrannen schalt, und ihm mit dem Verlust der Krone drohte. Der Patriarch laßt den heiligen Mann durch eine Gesandt- schaft von Mönchen einladen, persönlich nach der Haupt- stadt zu kommen. Daniel, der nun schon sechszehn Jahre auf seiner Säule gestanden hatte, ließ sich mit Mühe herab, und es fand sich, daß er gar nicht mehr gehen konnte. Er ward daher von fernen Anhängern im Triumph nach der Stadt getragen, und fein Ruf brachte ganz Konstantinopel in Bewegung. Er predigte von seinem Tragsessel herab, schalt den Kaiser öffentlich einen Feind der Kirche, einen Ketzer und Gotteslästerer, und reizte den Pöbel dadurch so sehr auf, daß der Kai- ser genöthigt ward, aus der Stadt auf sein Landschloß zu flüchten — Von dem Aufruhr hört Zeno, ein Gegen- kaiser, den Basiliskus vor zwanzig Jahren verdrängt hatte. Er benutzt die Umstände, kömmt schnell mit ei- nem Heere nach Konstantinopel, und gewinnt alle Em- pörten für sich. Basiliskus, der seine Herschaft wan- ken sieht, erniedriget sich in der Angst bis zu der Demü- thigung, seinen Patriarchen um Verzeihung zu bitten, und ihn um Schutz anzuflehen. In der großen Kirche Konstantinopels stand der Kaiser vor dem Angesicht seiner Unterthanen, und. bat den Priester, der unerbittlich ihn Dredow umst. Er;. d.a.vkg.a.d, «llü. Wettn. U zurück-

3. Bd. 2 - S. 262

1863 - Stuttgart Calw : Vereinsbuchh. [u.a.]
262 Till. Das Papstthum. herunterrissen, sondern auch in ihrer Wuth gegen ihn und alles, was ihm zugehörte, die Kirche in der Harzburg zerstörten, und die darunter befindlichen Gebeine einiger seiner Blutsverwandten heranswühlten und umherstreuten, so empörte solches Verfahren den religiösen Sinn der Deutschen, daß sie sich jetzt Heinrichen zuwandten; und da er es auch an Versprechungen nicht fehlen ließ, ver, mochte er ein zahlreiches Heer zur Rache zusammenzu- bringen. Er fiel mit demselben über die Sachsen her, ehe sie sich wieder gehörig gerüstet hatten, errang bei Hohenburg an der Unstrut, 1075, einen blutigen Sieg über sie, und stellte sofort einen schrecklichen Verwüstungs- zug durch ihr Land an. Darauf geschah es, daß ihren Häuptern gesagt ward — es ist aber ungewiß, ob das von Heinrich selbst ausgieng —, wenn sie persönlich beim Kaiser sich ein- finden und nm Gnade und Friede bitten wollten, so würde er ihnen alles verzeihen und hinfort aufs Schonendste mit ihnen verfahren. Da stellten sich die Sächsischen Fürsten, Grafen, Bischöfe re. miteinander bei Heinrich ein. Aber welche Enttäuschung! Er ließ sie auesammt greifen und durch ganz Deutschland hin an feste Orte in Gewahrsam bringen. Gleich läßt er auch seine Harzbnrg und Burg an Burg im Lande wieder aufbauen und dieses sieht den vorigen Druck und Jammer wiederkehren. Was thun nun die entrüsteten und geängsteten Sach- sen? Sie gehen an den Papst, verklagen den Kaiser bei ihm aufs Härteste und rufen seinen Richterspruch über denselben an. Und — was thut Heinrich? Der Unbedachtsame beruft sich gleichfalls auf den Ausspruch des Papstes; denn er schmeichelt sich, dieser müsse zu seinen Gunsten ausfallen. So aber hat ja Regent und Volk selbst den Papst zum Herrn über sich auch in den weltlichen Angelegenheiten gesetzt! Nichts konnte Hildebranden bei feinem hohen Streben erwünschter und willkommener sein alö diese Berufungen an seine höhere Macht; begierig nahm er sie an.

4. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 131

1861 - Stuttgart : Hallberger
131 gönnen hatte, und mit Karl V. beginnt die Geschichte der neue- ren Zeit. Diese erzählt uns schon auf ihren ersten Blättern ein ungemein folgenreiches Ereigniß, nämlich die Geschichte der Kirchen- trennung oder Reformation, worüber wir hier das Wichtigste anführen. Schon in den ersten Zeiten des Christenthums hatte die Kirche besonders auf solche Sünden, die in der Christengemeinde Aergerniß gaben, gewisse Strafen gesetzt, durch welche solche öffentliche Ver- gehungen auch öffentlich gesühnt und um so eher verhindert werden sollten. Solchen Büßern war z. B. die Theilnahme an dem öffent- lichen Gottesdienste versagt; sie mußten am Eingang der Kirche stehen und flehten, in ein Bußkleid gehüllt, die Hineingehenden um ihre Fürbitte an. Solche Kirchenbußen dauerten oft mehrere Jahre lang, bisweilen wurden sie aber auch von dem Bischöfe nach- gelassen, wenn der Büßende wahre, große Reue zeigte, woher das Wort „Ablaß" entstand, oder die Bußzeit wurde abgekürzt, oder es wurde dafür die Uebung guter Werke, wie Beten, Fasten' oder Almosen geben aufgelegt. Auch denjenigen wurden Ablässe, d. h. Nachlaß zeitlicher Strafen ertheilt, die gottgefällige Werke, wie z. B. die Erbauung von Kirchen und Kapellen durch Beiträge beförderten, und so ließ einst auch Papst Leo X. allen Jenen einen Ablaß verkündigen, die zur Vollendung der herrlichen Peterskirche in Rom einen Beitrag geben würden. Allerdings * gab es in jener Zeit der Unwissenheit gar Viele, die über den »Ablaß eine ganz irrige Ansicht hatten und glaubten, daß durch denselben die Sün- denschuld selbst nachgelassen werde, was die katholische Kirche niemals geglaubt und gelehrt hat. Martin Luther (geboren zu Eisleben 1483), ein Augustiner- mönch und damals Professor zu Wittenberg, schrieb 95 Sätze gegen den Ablaß, sandte sie seinem Erzbischof zu, heftete sie an die Kirch- thüre an und vertheidigte sie in seinen Predigten. Der Papst ließ ihn durch seinen Gesandten zu Augsburg ermahnen, seinen Irr- thümern zu entsagen, was Luther anfangs versprach; da aber seine Lehre immer mehr Anhänger fand, so gieng er auch immer weiter und verwarf endlich gar die heiligen Sakramente der Firmung, Oelung, Priesterweihe-und Ehe. Der Papst erklärte in einer Bulle eine Anzahl Sätze aus Luthers Schriften als Irrthümer und bedrohte ihn mit dem Banne, wenn er während 60 Tagen die- selben nicht widerrufen werde. Luther war aber keineswegs zum Nachgeben bereit; er errichtete vielmehr einen Scheiterhaufen und warf die Bannbulle sammt dem kirchlichen Gesetzbuch in's Feuer. Kaiser Kar! V., der wohl voraussah, daß diese Streitigkeiten für das Wohl der Kirche und des Reiches gefährlich werden könnten,

5. Das Zeitalter der Hohenstaufen und der Kaiser aus verschiedenen Häusern - S. 194

1914 - Berlin : Union Dt. Verl.-Ges.
194 bi§ 1376 residierte. Damit geriet das Papsttum ganz unter die Herrschaft der französischen Könige und wurde gezwungen, französische Politik zu treiben. Zugleich aber ergab sich die hohe Geistlichkeit mit dem Papst an der Spitze in Avignon einem verweltlichten, ja sittenlosen Leben und Treiben, und aus beiden Gründen regte sich bald, besonders im deutschen ^olke, eine immer mehr anschwellende Strömung gegen das Papsttum und seine Ansprüche, namentlich gegen die immer unerträglicher werdenden Geldforderungen. Nicht aber das Volk und nicht die Kaiser vollbrachten das Werk, das Königtum vom Einfluß des Papsttums zu befreien, sondern die Fürsten. Schon Rudolfs Wahl geschah ganz ohne den Einfluß des Papsttums; die Fürsten, die sich allein zur Wahl berechtigt hielten, vollzogen sie ohne Mitwirkung eines päpstlichen Legaten. Wenn so auch der Papst jetzt schon feilten Einfluß mehr auf die eigentliche Wahl geltend machen konnte, so verlangte er für sich doch das Recht, den Gewählten zu approbieren und zu bestätigen. Mit diesem Bestätigungsrecht wollte er eine Aufsicht über das Wahlrecht der Fürsten ausüben und gewissermaßen eine höchste Instanz bilden, von der die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl abhing. Wie werden sich Kaiser und Kurfürsten zu diesem Verlangen stellen? Bedeutete es nicht für die Kurfürsten eine Schmälerung ihres Wahlrechts, für das sie die Ausschließlichkeit und Endgültigkeit verlangten? Rudolf hatte an den Papst eilte Wahlanzeige geschickt, der Papst aber verweigerte so lange die Anerkennung Rudolfs als König, bis Rudolf die vom Papste verlangten Versprechungen gab. Und was er dann gab, war eine Bestätigung, nicht eine einfache Anerkennung. Unter Adolf von Nassau lagen die Verhältnisse günstiger; der päpstliche Stuhl war unbesetzt, so kam sowohl seine Wahl ohne Einfluß des Papstes zustande, als auch eine päpstliche Bestätigung unterblieb, selbst dann, als ein neuer Papst den Stuhl Petri bestieg. Anders war es bei Albrecht I. Wohl war seine Wahl ohne Einguß des Papstes geschehen, doch der Papst erkannte sie nicht an. Als Albrecht ihm eilte Wahlanzeige sandte und n m B e st ä t i g u n g n a ch -suchte, verweigerte ihm Bonifaeins Viii. diese. Der Grund dazu war die Absicht Albrechts, sich mit dem Könige von Frankreich zu verbünden, mit dem der Papst in Streit geraten war. Der Papst sandte an die drei geistlichen Kurfürsten ein Schreiben, dessen Inhalt folgender war:

6. Bd. 2 - S. 524

1883 - Leipzig : Engelmann
524 Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft. §. 927. Da der Papst, den Bitten wie den Drohungen des Kaisers eine unerschütterliche Ergebung entgegensetzend, als unfrei und des Raths der Cardinäle beraubt die Bestätigung aller ernannten Bischöfe verweigerte, so suchte Napoleon in Verbindung mit dem Erzbischof von Paris die freien Einrichtungen der gallicanischen Kirche zurückzuführen und schaltete eigenmächtig über die Bisthümer. Nach dem russischen Feldzug ge-*>•?«"• lang es dem Kaiser, den nach Fontainebleau geführten Pius zu einem Concordat zu bewegen, durch das die Einsetzung der Bischöfe der Willkür des Papstes entzogen san.^u.mtj wurde. Aber der Sturz des Gewaltigen führte die Freilassung des Kirchenfürsten und die Wiederherstellung des Kirchenstaates herbei. „Pius Vii. war von rückgezogener, bescheidungsvoller Natur, auf dem päpstlichen Stuhle wie in der Gefangenschaft zu Savona von der gleichen Einfachheit in allen äußern Dingen, von der gleichen Einfalt der Sitte und, trotz seiner theologischen Schule, selbst der Bildung, fern von dem Prunk seines Vorgängers Pius Vi. und fern, wiewohl seine Verwandten meist in kargen Verhältnissen lebten, von dessen Nepotismus." *) Napoleon verlangte: 1) Einen Patriarchen für Frankreich; 2) Einführung des französischen Gesetzbuches (also Livilehe); 3) freie Uebung jeder Religion im Kirchenstaat; 4) Reformation des Bisthumswesens; 5) und 6) Abschaffung der Mönchsorden und des Cölibats. 4. Napoleons zweiter Krieg wider Oesterreich (1809). §.927. Patriotischer Aufschwung in Oesterreich. Der spanische Volkskrieg, gegen den der französische Kaiser bedeutende Streiikräste wenden mußte, erfüllte das Wiener Kabinet, wo seit dem Preßburger Frieden die schmiegsame, charakterlose Politik eines Thugut und Cobenzl in die verdiente Dunkel-heit zurückgetreten war und der kraftvolle, für Ehre und Vaterland begeisterte Graf Stadion die auswärtigen Angelegenheiten leitete und durch zeitgemäße Reformen kräftigend und veredelnd zu wirken suchte, mit der Hoffnung, durch eine neue Schilderhebung die verlorene Macht wieder zu erlangen. Napoleons Gewaltstreiche in Italien und sein wachsender Einfluß in Deutschland erregten in Oesterreich Neid und Besorgniß; die durch die drückende Handelssperre und die Kriegsnoth hervorgerufene Unzufriedenheit und die tiefe Bewegung der Gemüther in Norddeutsch land ließen hoffen, daß sich das deutsche Volk an dem Kriege gegen die fremde Zwingherrschaft betheiligen werde. Aber noch war der Glaube an die Unüberwindlichkeit der Franzosen und die Furcht vor dem Eroberer zu groß, als daß die Fürsten des Rheinbundes es gewagt hätten, dem Gewaltigen, in dessen Macht es stand, sie zu erhöhen und zu stürzen, entgegenzutreten. Der Zauber des kaiserlichen Namens wirkte noch zu mächtig ; die süddeutschen Soldaten wurden in den Rausch des Ruhms, der die Franzosen begeisterte, hineingerissen. In Oesterreich selbst suchte man durch Errichtung einer Landwehr die Theilnahme des Volks für den neuen Krieg zu erregen und durch pomphafte Aufrufe voll schöner Verheißungen Begeisterung und Vaterlandsliebe zu wecken, während zugleich eine neue Anleihe zur Deckung der Armeebedürfnifse alles baare Metall einforderte, die „todtliegenden Geldvorräthe" sowohl, wie das „entbehrliche Gold- und Sil-bergeräthe". Im Heere ging man darauf aus, durch geistige und sittliche Mittel das Ehrgefühl zu beleben und in Bewaffnung und Einrichtung zweckmäßige Aenderungen einzuführen. Das ganze Land glich einem großen Heerlager; „niemals war dies Reich von einem frischeren Strom patriotischer und kriegerischer Begeisterung durchdrungen gewesen". Die Rüstungen wurden mit verdoppeltem Eifer betrieben, durch National» subscriptionen suchte man die Familien der Landwehrmänner zu unterstützen, reiche patriotische Gaben wurden dargebracht „zum Bedürfniß und zum Schmuck der Vaterlandsvertheidiger" ; aus der Fahnenweihe der Freiwilligen in Wien ward ein kriegerisches Nationalfest. Der Erzherzog Karl, Oesterreichs talentvollster Feldherr, trat an die Spitze der bedeutendsten Heerabtbeiluug. In seinem Hauptquartier verfaßten Gentz

7. Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte - S. 194

1852 - Altona : Hammerich
194 den man jetzt schon den heiligen Vater, Papa, Papst, zu nennen an- fing, Empfehlungsschreiben an die deutschen Fürsten, daß sie ihn un- terstützten, und Vollmachten zu holen, die vorhandenen Kirchen zu ordnen. Denn fast die meisten Schwierigkeiten wurden ihm von den schon angestellten Geistlichen in den Weg gelegt. Diese waren unwis- send, lebten ausschweifend, jagten und fischten und zogen mit in den Krieg; ja sie tauften Christen und opferten Pferdefleisch unter den hei- ligen Eichen, wie es jeder haben wollte. — Der Papst gab Empfeh- lungen und Vollmachten, und Winfried, der jetzt mit dem heiligen Namen Bonifacius aus Italien nach Deutschland zurückkehrte, suchte ganz Deutschland als Einen Kirchsprengel dem römischen Bischöfe zu unterwerfen. In Baiern und Frankreich gelang es. Bonifacius legte Wohnungen für Geistliche an und verschaffte ihnen einiges Gebiet zu ihrer Benutzung; und daraus sind zum Theil reiche Abteien, große Dörfer und volkreiche Städte erwachsen. So ist Würzburg in Fran- ken entstanden; Fulda in Hessen, welches Bonifacius zuerst blos mit englischen Mönchen bevölkerte; die deutschen Herzoge unterstützten ihn thätig, und Bonifacius verdiente es; denn es war ihm ein Ernst da- mit, die Menschen zu belehren über die Wahrheiten, an die er glaubte, und ihre rohen Sitten zu mildern. Und so verdankt ihm Deutschland wirklich vieles Gute. Er gründete eigentlich erst das Christenthum un- ter unseren Vorfahren, gewöhnte sie an feste Wohnsitze, schaffte das Esten des Pferdefleisches ab und machte die Schreibkunst bekannter. Auch war es für die damalige Zeit wohlthätig, daß er die Bischöfe nicht sich selbst überließ, daß sie nicht so gleichgültig gegen die christliche Religion werden konnten, wie er sie vorfand. Er machte sie alle ab- hängig vom Papste; und wäre der Papst wirklich der heiligste Mann in der Christenheit gewesen, so hätte dies für alle Zeiten heilsam sein können. Da aber die folgenden Päpste fast alle nur darauf bedacht waren, sich Macht zu erwerben; so benutzten sie dies fromme Ansehen, das ihnen Bonifacius in Deutschland verschafft hatte, durch die Bischöfe Volk und Fürsten nach ihrem Willen zu regieren, und verlangten, daß auch nicht die unbedeutendste Kleinigkeit in sogenannten Kirchensachen entschieden würde, ohne daß man sie erst um Rath fragte oder ihre Bestätigung einholte. Rom wurde indeß, während die Longobarden in Oberitalien herrsch- ten, noch immer von einem Statthalter des griechischen Kaisers regiert, der in Ravenna wohnte und in Rom seinen Unterstatthalter hielt; der Papst aber hatte an der weltlichen Gerichtsbarkeit gar keinen Antheil. Diese zu erringen war jetzt sein Streben; und ein Zusammentreffen mehrer Umstände unterstützte ihn nur zu glücklich. Man pflegte in den Kirchen die Bildnisse Jesu, der Jungfrau Maria und anderer Heiligen aufzuhängen, und daraus entstand allmä- lig der Mißbrauch, daß das Volk diese Bilder knieend anbetete. Einige verständige griechische Kaiser in Konstantinopel verboten um 720 diese heidnische Bilderverehrung, und mehrere Bischöfe stimmten bei. Dies Verbot kam auch in Rom an; erregte hier aber unter dem Volke einen allgemeinen Aufruhr, den der Papst sehr gerne sah und selbst unter- stützte. Was? ließ er ausbreiten: die Heiligen, die das arme sündhafte Menschengeschlecht bei Gott vertreten, die man nicht genug verehren

8. Erzählungen aus der Geschichte alter und neuer Zeit - S. 203

1846 - Breslau : Graß, Barth
zu Coftnitz. 203 man werde ganz unparteiisch zu Werke gehen und im Bewußtsein sei« nec guten Sache trat er furchtlos die Reise an. Vom Kaiser Sigis- mund erhielt er einen Geleitsbrief, d. h. ein kaiserliches Schreiben, worin allen Ständen des Reichs, allen Obrigkeiten und Unterthanen befohlen war, ihn wohl aufzunehmen, seine Reise und Rückreise zu be- fördern, ihn sogar, falls es die Umstände erforderten, frei zu geleiten. Als er in Coftnitz ankam, wurde er vom Papste wider Erwarten will- fährig ausgenommen. Derselbe löste ihn nicht nur vom Bann, sondern er versicherte ihn auch seines Schutzes und sprach: „Und wenn er mei- nen Bruder ermordet hätte, er soll hier Sicherheit haben." Es währte aber nicht lange, so kamen Feinde aus Prag, die sagten: er ist ein Ketzer und er hat Wiclef'sche Ketzereien verbreitet; sie hatten auch eine Menge ketzerischer Sätze ausgeschrieben, von denen sie behaupteten, daß sie dieselben in den Schriften des Huß gefunden hätten; sie wußten die Kardinäle und den Papst für sich zu gewinnen und bewirkten, daß Huß gefangen gesetzt wurde. Aber hatte er denn nicht sicheres kaiser- liches Geleit? Wohl hatte er das; doch den Kaiser suchte man zu überreden: das Concil müsse völlig frei sein, d. h. es müsse einen Schul- digen bestrafen können, wenn es ihn für strafwürdig erkenne, und selbst der Kaiser dürfe ihn dann nicht in Schutz nehmen wollen. Es verging über ein halbes Jahr, ehe man die Angelegenheit des Huß wieder vor- nahm. Er schmachtete unterdeß im Gefängniß. Dann wurde er mehr- mals vorgefordert, aber nicht zu einem eigentlichen Verhöre, noch weniger, daß er Gelegenheit zu seiner Vertheidigring erhalte; nein, die Anklage- Artikel wurden ihm vorgelesen, und man verlangte von ihm, daß er widerrufe. Einige Mal versuchte er, sich zu vertheidigen, ward aber von der Menge so überschrieen, daß er nicht zu Worte kommen konnte. Vergebens forderte er: man solle ihn aus der heiligen Schrift überfüh- ren, daß er geirrt habe, dann wolle er ja gern seinen Jrcthum beken- nen und widerrufen. Darauf wollte das Concil sich nicht einlassen. Es wurden immer mehr Anklagen gegen ihn vorgebracht und immer ungestümer ward der Widerruf begehrt. An einen Gegner, der ihm eine Widerrufungsformel zusandte, schrieb er aus seinem Kerker: „Ich würde einen Meineid begehen, wenn ich schwören wollte, Jrrthümer gelehrt zu haben, während ich mir doch keines Jrrthums bewußt bin. Weil ich mich auf Jesum Christum, den mächtigsten und gerechtesten Richter, berufen und ihm meine Sache übertragen habe, so beharre ich auf seiner Entscheidung und seinem heiligsten Ausspruch, denn ich weiß, daß ec nach der Wahrheit und nach Verdienst einen jeden Menschen richten wird/< Der Widerruf hätte ihm auch nicht viel geholfen, denn selbst für diesen Fall war sein Urtheil schon gesprochen. Vom Banne

9. Kleine vaterländische Geschichte - S. 16

1883 - Langensalza : Beyer
16 demkönige unterwerfen, der ein strenges Strafgericht über das unglückliche Volk ergehen ließ ^a wandten sich die Sachsen in ihrer Not an den Papst und baten denselben, ein gutes Wort für sie bei Heinrich einzulegen ..Papst Gregor Vii. _§ 28., Wir sahen, daß es die Päpste waren, welche den deutschen Königen die römische Kaiserkrone aussetzten. Natürlich hatte das nur den Sinn, daß der größte weltliche Herrscher der Christenheit von Gott selbst, von dem ja alles kommt, durch die Hand des obersten Priesters die Krone empfing. Später aber legten es die Päpste anders aus, ste behaupteten, weil sie es seien, welche den König krönten, hatten ste auch darüber zu bestimmen, wer Kaiser werden solle und wer nicht, mit andern Worten, sie behaupteten, die geistliche Gewalt stehe hoher als die weltliche, und Könige und Kaiser müßten ihnen Unterthan fc- ba§ glauben zu machen, brachten sie falsche Schriften alter Bischöfe vor m welchen behauptet ward, Christus selbst habe angeordnet, daß die Nachfolger des heiligen Petrus (die Päpste) über alle Welt richten durften. Diese Behauptung mußten die Priester und Bischöfe auf Befehl ui Päpste in allen Ländern unter das Volk verbreiten, und fo dauerte es gar nicht lange, so glaubte dasselbe daran und hielt die pästliche Gewalt für eine höhere als die kaiserliche. Befahl nun der Papst etwas, was der Kaiser verboten hatte, so gehorchte das Volk dann gewöhnlich j.em Papste, und nicht dem Kaiser, sondern siel von demselben ab. So gewannen die Päpste immer mehr Macht. Derjenige aber, der zuerst die vollkommenste Herrschaft über alle Könige und Fürsten sich anmaßte, war Gregor Vii. Dieser Mann war von Geburt ein Italiener und zu uaorta in Tuscien geboren. Sein Vater soll ein Zimmermann gewesen Zueist finden wir ihn als Mönch im Kloster Elugny in Burgund. Von hier kam er als Priester nach Rom, wo er sich bald durch seine Sittenstrenge und Klugheit solches Ansehn zu verschaffen wußte, daß man ihn mit dert wichtigsten Geschäften betraute. Fünf Päpste wurden durch seinen Einfluß gewählt und immer wußte er es so einzurichten, daß man nur solche wählte, welche in seinem Sinne regierten. Endlich erhob man ihn selbst zum Papst, und nun legte er seinen eigentlichen Namen Hildebrand ab und nannte sich Gregor Vii. (1073). Gregors Kirchenregimcnt. §29. Es läßt' sich nicht leugnen, daß damals mannigfache und schwere Mißstände in der Kirche eingerissen waren. Es geschah nämlich häufig, daß geistliche Stellen für Geld versauft wurden. Daher kam es gar oft, daß reiche Männer, wenn sie auch 1°nst nicht einmal lesen und schreiben konnten, Bischofssitze oder andere ieiche Pfründen an sich brachten, nicht aus Liebe zum geistlichen Amte, sondern um die reichen Einkünfte dieser Pfründen zu genießen. Diesen Handel mit geistlichen Stellen nannte man Simonie, weil ein gewisser Simon in Samaria dem Apostel Petrus die Gabe des heiligen Geistes für Geld hatte absausen wollen. Gregor aber verbot diese Unsitte. Ferner war es bis jetzt Sitte gewesen, daß die Fürsten die geistlichen Stellen besetzten. Sie überreichten dabei den Geistlichen einen Stab, ,zum Zeichen, daß sie nun die christliche Herde weiden sollten, und einen Ring als Sinnbild der Verlobung des Geistlichen mit der Kirche. Diese Handlung nannte man Investitur. Auch damit war Gregor nicht aufrieben ] er behauptete, daß nur er das Recht habe, die Geistlichen einzusetzen. Dadurch wollte er einesteils verhindern, daß die geistlichen Stellen

10. Der biographische Unterricht - S. 44

1859 - Berlin : Gaertner
44 waren und sich Stellvertreter Christi nannten, nicht selten die Rath- geber der Könige und Fürsten sein mußten. Dadurch entstand in ihnen der Gedanke, sich allmählich ganz und gar unabhängig zu machen. Das gelang ihnen auch. Sie waren aber damit nicht zufrieden, son- dern wollten noch hoher steigen, als die weltlichen Fürsten; sie wollten herrschen über die ganze Welt; Könige und Kaiser sollten ihnen Unter- than sein. Um ihren Zweck zu erreichen, gingen sie langsam und vor- sichtig zu Werke. Sie sagten nämlich, in den Schriften ihrer ältesten Bischöfe stehe geschrieben, daß die Päpste über alle Welt richten dürf- ten, und daß Christus das so angeordnet habe. Solche Schriften der ältesten Bischöfe gab es aber gar nicht, sondern die Päpste selbst hatten sie versaßt. Allein das abergläubische und in religiösem Wahne befan- gene Bolk glaubte so etwas. Es geschah sogar, daß die Päpste für heilige Personen angesehen wurden. Nun gab es wohl Päpste, die sich durch Reinheit der Sitten und Frömmigkeit sehr auszeichneten. Wenn diese einmal über einen schlechten weltlichen Fürsten richteten, so galt ihr Urtheil für wahr und das Volk fiel von einem solchen Landes- herrn ab. Darum suchten sich die Fürsten gern die Päpste zu ihren Freunden zu machen. Es gab aber auch Päpste, die schamlos, aus- schweifend und schwach waren. Das benutzten dann wieder die Für- sten und setzten sie ab. Allein die Masse des Volkes, welche von dem lasterhaften Leben der Päpste gewöhnlich nichts erfuhr, hielt nun ein- mal das Papstthum für heilig. So wurde die Macht der Päpste im- mer größer, und es war leicht vorauszusehen, daß ein Papst, mit Kraft und Talent ausgerüstet, vollkommene Herrschaft über die weltlichen Fürsten gewinnen würde. Der Papst, dem dies zuerst gelang, war Gregor Vh. 49. Gregors Kirchenregiment. Gregor Vii. war ein Italiener, dessen Herkunft ungewiß ist. Ehe er Papst war, hieß er Hildebrand und lebte als Mönch in dem Kloster Clngny. Dann wurde er Priester in Rom und gewann durch Reinheit und besonders durch Strenge der Sitten einen solchen Einfluß aus die römische Geistlichkeit, daß man ihm die wichtigsten Geschäfte übertrug. Fünf Päpste wurden auf seinen Rath erwählt und er war es eigentlich, der während dieser Zeit die Kirche regierte. Als er nun selbst Papst wurde, nannte er sich Gregor Vii. (1v?L). Er wußte wohl, wie damals die Kirche beschaffen war und was er zu thun habe, wenn die Kirche des größten Ansehens genießen solle. „Die Kirche" — sagte er — „ist jetzt Mündlich, weil sie nicht frei ist; sie muß frei wer- den und dieses durch ihr Haupt, durch den Ersten der Christen- heit, durch die Sonne des Glaubens, durch den Papst. Die Welt

11. Theil 2 - S. uncounted

1800 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
Lz8. Geschverfassung der Deutschen um das Jahr 8oo. d^rls gute Gesetze waren sehr nöthig, denn bisher taug- ten die gesetzlichen Einrichtungen nicht. Alle Strafe für Verbrechen bestand fast immer in Geldbuße/ selbst Mordthaten konnten dadurch gutgemacht werden. Wenn verwickelte Srreithändel vorfielen, so mußten beide Pars telen durch einen Zweikampf oder Duell vor Gerichte selbst ihre Sache ausmachen. Wer die Oberhand behielt, hatte gerechte Sache. Sic hatten noch andere sonderbare Pros den der Unschuld, z. B. Feuerprobe. Der Beklagte steck- te seine Hand in kochendes Wasser, oder berührte ein glühendes Eisen, und war unschuldig, wenn ihm sol- ches nicht schadete. Man nannte solche Proben Orbalien (Urtheil), und sahe sie als Urtheile Gottes an, die er über Recht und Unrecht auf eine sichtbare Art selbst sallete» Lzy. Nelkziouszustand der Deutschen um 800. §^m innern Deutschland gab es noch immer eine Mengeheiden. Ein gewisser Bonifacius (der hernach Bischof zu Mainz Ivurde, und der Apostel der Deutschen hieß) gab sich viele Mühe sie zu bekehren. Es gelang ihm bei vielen. Er legte reichlich beschenkte Klöster, Kirchen, Schulen und Bisthümer an, brach- te aber zugleich die Deutschen unter die Herrschaft der Papste» Unter den eigentlichen Franken war, seit ihrem König Chlod- wig, welcher sich taufen ließ, das Christenthum herrschend. Sie nahmen es so an, wie sie es in Gallien fanden! mit Bi- schöfen und Mönchen, die im Besitz der höchsten Ehrenbezeugun- gen,'Rechte und Reichthümer waren, und die Gottesverehrung in ein prächtiges Kirchenceremoniel, in eine Menge abergläu- bischer Meinungen und Andachtsübungen setzten, und den Wahn ausbreiteten, Schenkungen an die Kirche, die erflehte Für- bitte der Heiligen, und der Papst, machten bei Gott alles gut.

12. Preußischer Kinderfreund - S. 243

1859 - Königsberg : Bon
243 da sie ist durch den Bann ihres Unterthaneneides entbunden waren; sondern auch die verließen den aus der Kirche ausgestoßenen Kaiser, die er mit Wohlthaten überhäuft hatte. Als endlich sogar die Fürsten zusammentraten und ihm droheten, einen andern Kaiser zu wählen, wenn er sich nicht mit dem Papste versöhne; da entschloss sich der Kaiser nach Italien zu reisen. Es war im Winter des Jahres 1077, als er mit seiner Gemahlin, mit seinem Söhnlein und einem kleinen Gefolge die mühsame Pilgerfahrt antrat. Auf einem Umwege entzog er sich den ihm auf- lauernden Feinden und schlug den Weg über die Seealpen nach Italien ein. Hier auf den starren Eisfeldern- und Gletscherrücken war kein Schritt ohne Lebens- gefahr; doch erreichte er endlich die Höhe des Gebirges. Aber noch größere Müh- seligkeiten und Gefahren bot die andere Seite dar. Diese war so abschüssig, dass man keinen festen Fuß fassen konnte. Auf Leben und Tod musste der Versuch gemacht werden. Die Männer krochen auf Händen und Füßen; die Frauen wur- den in Schläuchen von Ochsenhäuten an Seilen hinabgelassen. Mit beispielloser Geduld bestand Heinrich alle Mühseligkeiten und Gefahren der Reise, um sich nur wieder mit dem Papste auszusöhnen. Gregor war bei Heinrichs Ankunft gerade auf seiner Reise zum Reichstage nach Augsburg begriffen. Er erschrak, als er hörte, dev Kaiser sei im Anmarsche und entwich in das feste Schloss Kanossa. Heinrich aber lehnte Hülfe, welche die lombardischen Großen und Bischöfe gegen den herrschsüchtigen Papst ihm an- boten, ab mit den Worten: „Ich bin nicht gekommen, zu kämpfen, sondern Buße zu thun." Sobald Heinrich in Kanossa anlangte, ließ er durch die Markgräfin Mathilde, die Herrin des Schlosses, den Papst bitten, ihn vom Bannspruche zu lösen; er wollte sich jeder Bußübung unterziehen, die der heilige Vater ihm auf- erlegen würde. Seine Bitte ward ihm gewährt. Gregor verlangte, dass Hein- rich im Büßerhemde vor ihm erscheine. Und der König von Deutschland und Italien musste, nur mit einem wollenen Hemde angethan, entblößten Haup- tes und barfuß im Schlosshofe auf des Papstes Entscheidung harren. Drei Tage stand so der Unglückliche, ohne sich durch Speise und Trank zu erquicken. Die Markgräfin und andere Freunde Gregors wurden durch das Weinen Heinrichs so gerührt, dass sse unter Thränen Fürbitte beim Papste einlegten; ja, einige riefen sogar, das sei mehr als apostolische Strenge, das sei tyrannenmäßige Grausamkeit. Endlich am vierten Tage ließ der Papst den Büßenden vor sich kommen und sprach ihn unter der Bedingung frei, dass er ruhig nach Deutschland gehe und sich aller königlichen Gewalt entschlage, bis auf einem Reichstage entschieden sei, ob er König bleiben solle oder nicht. — Einen so harten Bescheid hatte Heinrich doch nicht erwartet. Mit Unwillen und Zorn im Herzen schied er von Gregor und hat nachmals die Waffen gegen ihn nie mehr aus der Hand gelegt. Der Streit über die Einsetzung der Geistlichen wurde aber erst nach fünfzig Jahren des heftigsten Kampfes auf billige Weise beigelegt. 14. Der erste Kreuzzug. Gegen die Mitte des vierten Jahrhunderts erklärte der römische Kaiser Kon- stantin sich öffentlich für das Christenthum und lebte mitten unter Christen in seiner neuen Hauptstadt Konstanunopel. Seit dieser Zeit wallfahrteten fromme Pilger aller christlichen Länder einzeln und in Schaaren ungehindert nach Palästina, um vornehmlich in Jerusalem und am heiligen Grabe zu beten und die Vergebung ihrer Sünden zu erflehen. Auch nach Verdrängung der christlichen Herrschaft durch die Araber störte man sie in ihrer Andacht nicht. Als aber die Türken das heilige Grab in ihre Gewalt bekamen, wurden die Christen gemiss- handelt und die heiligen Oerter beschimpft. Da erschien 1094 Peter von Amiens, ein Einsiedler, der von einer Wall- fahrt zum heiligen Grabe zurückkehrte, und durchzog Italien und Frankreich. Ab- gezehrt von Hunger und langen Mühsalen, barfuß und mit entblößtem Haupte, 16'

13. Der biographische Unterricht - S. 39

1874 - Berlin : Gaertner
— 39 — Pfleger der Gerechtigkeit, voll kluger Rathschläge, von ausnehmender Frömmigkeit, durch eigene Kraft mächtig, von Gott, wie wir feft glauben, geliebt, leutselig, rüstig und im Kriege glücklich." Vi. Italien. Papst Gregor Vii. §. 48. Das Papstthum vor Gregor. Wir haben schon oben erzählt, dass bte Päpste in Rom, weil sie sehr gebildete Männer waren und sich Stellvertreter Christi nannten, nicht selten die Rathgeber der Könige und Fürsten sein mussten. Dadurch entstand in ihnen der Gedanke, sich allmählich ganz und gar unabhängig zu machen. Das gelang ihnen auch. Sie waren aber damit nicht zufrieden, sondern wollten noch höher steigen als die weltlichen Fürsten; sie wollten herrschen über die ganze Welt; Könige und Kaiser sollten ihnen Unterthan sein. Um ihren Zweck zu erreichen, gingen sie langsam und vorsichtig zuwerke. _ Sie sagten nämlich, in den Schriften ihrer ältesten Bischöfe stehe geschrieben, dass die Päpste über alle Welt richten dürften, und dass Christus das so angeorbnet habe. Solche Schriften der ältesten Bischöfe gab es aber gar nicht, sonbern bte Päpste selbst hatten sie verfasst. Allein das abergläubische und in religiösem Wahne befangene Volk glaubte so etwas. Es geschah sogar, bass bte Päpste für heilige Personen angesehen wurden. Nun gab es wohl Päpste, bte sich durch Reinheit der Sitten und Frömmigkeit sehr auszeichneten. Wenn diese einmal über einen schlechten weltlichen Fürsten richteten, so galt ihr Urtheil für wahr, und das Volk siel von einem solchen Landesherrn ab. Darum suchten sich die Fürsten gern die Päpste zu ihren Freunden zu machen. Es gab aber auch Päpste, die schamlos, ausfchweifenb und schwach waren. Das benutzten dann wieber bte Fürsten und setzten sie ab. Allein bte Masse des Volkes, welche von dem unheiligen Leben der Päpste gewöhnlich nichts erfuhr, hielt nun einmal das Papstthum für heilig. So würde die Macht der Päpste immer größer, und es war leicht vorauszusehen, bass ein Papst, mit Kraft und Talent ausgerüstet, vollkommene Herrschaft über die weltlichen Fürsten gewinnen würde. Der Papst, dem bies zuerst gelang, war Gregor Vii. §. 49. Gregors Kirchenregiment. Gregor Vii. war ein Italiener, bessen Herkunft ungewiss ist. Ehe er Papst war, hieß er Hilbebranb und lebte als Mönch in dem Kloster Clugny. Dann würde er Priester in Rom und gewann durch Reinheit und besonders durch Strenge der Sitten einen solchen Einfluss auf die römische Geistlichkeit, dass man ihm die wichtigsten Geschäfte übertrug. Fünf Päpste wurden auf feinen Rath erwählt, und er war es eigentlich, der roährenb dieser Zeit die Kirche regierte. Als er nun selbst Papst würde, nannte er sich Gregor Vii. (1073). Er wusste wohl, wie bamals die Kirche beschaffen war, und was er zu thun habe, wenn die Kirche des größten Anfehns genießen solle. „Die Kirche" — sagte er — „ist jetzt sünblich, weil sie nicht frei ist; sie muss frei werben und dieses durch ihr Haupt, durch den Ersten der Christenheit, durch die Sonne des Glaubens, durch den Papst. Die Welt wirb gelenkt durch zwei Lichter, durch die Sonne, das größere, und den Monb, das kleinere. Die Gewalt der Apostel ist wie die Sonne, die Macht der Könige wie der Monb. Wie der Monb nur leuchtet durch die Sonne, so finb Kaiser, Könige und Fürsten nur durch den Papst. Also ist die Macht des Papstes weit größer als die Macht der Throne, und der König ist dem Papste Unterthan und Gehorsam schuldig." Von dieser Ansicht würde Gregor geleitet, als er den päpstlichen Stuhl bestieg und an

14. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 358

1859 - Lübeck : Rohden
358 Xix. §. 17. Papst Nicolaus I. und die Kirchenspaltung. dem Gott der Christen, und durch seinen Sohn, Boleslav den Mil- den. ward die Gründung der böhmischen Kirche vollendet. Sie er- starkte bald so sehr, daß von ihr aus Missionsversuche in der Nähe und Ferne unternommen wurden, unter den benachbarten Magyaren und unter den heidnischen Preußen an der Ostsee. Der berühmte Bischof Adalbert von Prag stand selber an der Spitze. Doch hatten diese Versuche keinen nennenswerthen Erfolg. Dagegen ward von Böhmen aus das Christenthum nach Polen hinübergepflanzt, freilich nicht sowohl durch Missionare als durch eine politische Verbindung. Der Polen- herzog Miecislav verlangte die böhmische Prinzessin Dambrowka zur Ehe. Aber die christliche Prinzessin wollte nicht anders einwilligen, als wenn ihr Gemahl zum Christenthum überträte. Er that es und alles Volk mußte ihm folgen (966). Der alte heidnische Cultus wurde mit Gewalt unterdrückt, die Polen zur Annahme christlicher Gebräuche gezwungen, und jede heidnische Widersetzlichkeit strenge geahndet. Auch in Polen ward ein römisches Erzbisthum gegründet mit mehreren Bis- thümern, und somit auch diese wichtige Kirchenprovinz dem großen Kirchensystem des Abendlandes eingeordnet. Im Ganzen mögen wir also sagen, daß mit dem Anbeginn des zweiten Jahrtausend nach Christo die Christianisirung des nördlichen und östlichen Europa vollendet war. Denn die damals noch übrigbleibenden heidnischen Länder, nämlich die Ostseeprovinzen Pommern, Preußen, Liefland, Litlhauen, Esthland, Kurland, dazu Finnland und selbst noch ein Theil von Holstein, von Mecklenburg und der brandenburgischen und schlesischen Landen wa- ren so sehr von christlichen Ländern und Fürsten umgrenzt und einge- schlvssen, daß auch sie nothwendig in der Kürze dem allgemeinen Zuge folgen und in die christliche Kirche eintreten mußten. §. 17. Papst Nicolaus I. und die Kirchenspaltung. Während sich die römische Kirche und somit das Gebiet der päpstlichen Herrschaft nach allen Seiten ausbreitete, saßen freilich auf dem päpstlichen Stuhl keine solche Männer, die in Wahrheit als Oberhirten der ganzen lateinischen Christenheit sich erwiesen. In die Streitigkeiten der römischen Großen und der italienischen Fürsten ver- flochten, ohne persönliche Kraft und Würde, ließen sie es ruhig ge- schehen, daß Geistliche und Mönche in der Ferne wie in der Nähe des päpstlichen Hofes verwilderten, in Unwissenheit und Rohheit da- hinlebten, abergläubischen Mißbrauch des Heiligen einführten und be- förderten, und ihre Sprengel auf unverantwortliche Weise verwahr- losten. Inzwischen griffen die Herrscher in allen Theilen des aufge- lösten Frankenreiches zu, rissen das Kirchengut an sich, besetzten die geistlichen Stellen nach ihrem Belieben, größtentheilö mit unwürdigen Leuten, vergewaltigten die Bischöfe, schnitten ihnen die Verbindung mit den Päpsten ab und brachten die Angelegenheiten deö gesammten

15. Bilder aus der Kirchengeschichte - S. 36

1876 - Braunschweig : Bruhn
— 36 — Hier aber empfingen die Einwohner sie mit stumpfer Gleichgültigkeit oder wohl gar mit bitterm Haß; denn ihre Gemüther waren rauh, wie ihr Land^ und aufbrausend, wie das Meer an ihren Küsten. Älles, was die Missionare thun konnten, war, daß sie zu Haddeby (Schleswig), an der Schlei, eine Schule errichteten, worin sie eine Anzahl gekaufter Kinder im Christenthum unterwiesen. Schon nach zwei Jahren sah sich Autbert wegen Kränklichkeit zur Rückkehr gezwungen, und Ansgar, der nun ganz allein stand, mußte ihm bald folgen. 829 wandte er sich nach Schweden, von wo Gesandte den Kaiser um Lehrer ersucht hatten. Unterwegs wurde er durch Seeräuber aller seiner Habe, namentlich auch seiner Bücher, beraubt. /Ansgar aber ließ sich dadurch nicht entmuthigen und gelangte nach mancherlei Mühseligkeiten glücklich an Den Ort seiner Thätigkeit. Sein treues Ausharren sollte nicht unbelohnt bleiben. Während seiner 1 ^jährigen Thätigkeit in Schweden sah er die von ihm gestreute Saat herrlich aufgehen und schöne Fruchte heranreifen. Ein schwedischer Edelmann erbaute aus seinem Landgute die erste Kirche. Um der jungen Kirche des Nordens einen festen Stützpunkt zu geben, errichtete der Kaiser das Erzb is th u m Ham bürg (831) und Ansgar ward der erste Erzbischof daselbst. Als solcher hatte er sich das Feld feiner Thätigkeit erst selbst zu schaffen, denn das neue Erzbiskhum hatte für's Erste noch gar keine Bischöfe und erst vier Kirchen (Hamburg, Melders, Schenefeld und Heiligen siebten), welchen ec drei neue (Bramstedt, K ellinghufen und Faldera ober Wippendorf — Neumünster) hinzufügte. In Hamburg wurde auch ein Kloster gegründet, mit welchem eine Missionsschule verbunden ward. Aber noch war die Zeit der Prüfung für den frommen Jünger nicht vorüber. Im Jahre 845 zerstörte der Dänenkönig Erich oder Horts die neue Schöpfung in Hamburg bis auf den Grund. Ansgar mußte fliehen. Indessen stellte der Kaiser später Alles wieder her und verlieh ihm nun auch das Bisthum Bremen. — Nach längerer Zeit ward endlich auch der wilde Dänenkönig für das Christenthum gewonnen. 850 wurde die erste Kirche in Schleswig erbaut und nun ging die Ausbreitung des Christenthums in diesen Gegenden rasch von Statten. Im Jahre 853 ging Ansgar abermals nach Schweden, wo das Heidenthum wieder triuinphirte, und er hatte die Freude, den König Olaf für das Christenthum gewonnen und sein Volk dem Beispiele feines Fürsten folgen zu sehen. 854 kehrte er zurück und gerade zur rechten Zeit; denn der König Erich war inzwischen gestorben und sein Nachfolger Erich Barn (d. i. das Kind) hatte das Christenthum in feinem Lande förmlich verboten. Indessen genügte Ansgar's Erscheinen bet dem Könige, um denselben völlig umzustimmen. Auch in Ripen durste jetzt eine Kirche erbaut werden.

16. Geschichte des teutschen Volkes - S. 234

1837 - Oldenburg : Schulze
234 Vierter Zeitraum. und nach dem weltlichen Einflüsse gänzlich entzogen, wenn freilich einzelne Störungen auch jetzt noch manchmal geradeldas- Gegentheil bewiesen. Seitdem kam aber die Geistlichkeit über- haupt in eine unabhängigere Stellung. Eine der vorzüglichsten Erwerbungen war die, daß gegenwärtig die rein geistlichen An- gelegenheiten nicht mehr vor die weltliche, sondern ausschließlich vor die geistliche Gerichtsbarkeit gehörten. Freilich erweckte auch hier der päpstliche Einfluß da und dort wieder manche Unzufriedenheit, Zank und Hader, wobei allerdings nicht selten das größere Recht auf der Seite der Bischöfe war, indem die römischen Legaten zu oft Mißbrauch von ihren Aufträgen mach- ten und persönliche Bestrebungen mit unterlaufen ließen. Oft lag die Störung auch darin, daß die Päpste selbst mit ihren Eingriffen in der That zu weit gingen, wie Solches namentlich bei Verleihung der geistlichen Pfründen nicht selten der Fall war, indem manchmal ohne gehörige Rücksicht auf die Wünsche der Orts- und Diöcefan-Geistlichkeir darüber verfügt, mitunter z. B. gar ein Fremder, dem die Kenntniß der Landessprache abging, eingesetzt wurde. Allein in so vielen andern Rücksich- ten kann eine solche Beaufsichtigung jedoch nicht anders, als sehr wohlthätig und nützlich erscheinen. Bei dieser Gelegenheit muß auch der Titular- oder Weih- bischöfe gedacht werden. Ursprünglich hatte die Entstehung dieser neuen kirchlichen Würde in den Verhältnissen des Mor- genlandes ihren Grund. Dort waren in glücklicheren Zeiten Bischöfe angestellt, welche nachmals von den Ungläubigen wie- der vertrieben wurden. Diese mußten, wie billig, von der Kirche anderweitig versorgt werden. Man schickte sie deshalb den Bischöfen anderer Länder als Stellvertreter zu, und indem sie von diesen aus Bequemlichkeit oder Eitelkeit gewöhnlich gern angenommen wurden, vervielfältigte sich der Gebrauch, und auch wenn sie starben, wurden ihnen Nachfolger gesetzt, zum Theile aus dem Grunde, weil man noch immer auf die Wiedereroberung des heiligen Landes hoffte und sie demgemäß von irgend einem dortigen Bereiche titulirte, weshalb sie auch Bischöfe in partibus infidelium d. h. für Landestheile der Un- gläubigen genannt wurden. Der erste Weihbischof war bei dem Erzbischöfe Poppo von Trier (I. 1036). Ein großer Nachtheil, der bei der Herrschaft der Päpste durch eine üble Berechnung herauskam, waren die Exemtionen. Durch dieselben wurden nämlich viele Geistliche, ja ganze Klöster und Stifter von der bischöflichen Gerichtsbarkeit befreit und geradezu unter den Papst gestellt. Diese erlaubten sich dann vielerlei Willkührlichkeiten und Sünden, für welche sie unge- straft blieben, weil bis zu der päpstlichen Gerichtsstätte immer- hin ein langer Weg war. Das trug zu dem allgemeinen Ver-

17. Für die Oberklassen - S. 327

1850 - Leipzig : Wöller
327 Der Kaiser Augustus, der sich sonst wohl zu fassen wußte, verlor dieses Mal alle Besinnung, rannte mit dem Kopfe gegen die Wand und rief immer aus: „Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!" Varus hatte ein ausgesuchtes Heer von mindestens vierzigtausend Mann gehabt, welches nun wie vom Erdboden rein weggetilgt war. Einige Monate ließ der Kaiser aus Trauer Haare und Bart wachsen, gelobte seinem Jupiter (d. i. dem obersten Gotte) große Feste und Opfer, wenn er diese Gefahr abwendete; und seine deutsche Leib- wache — eine solche hielt er aus geworbenen deutschen Leuten, ihrer Treue und Tapferkeit wegen — schickte er weit von Rom weg, aus Furcht, sie möchten sich empören. Fr. Kohlrausch. 17. Karl der Große. (Geb. 742; gest. 814 in Aachen.) 250. Die Franken waren ein deutsches Volk und durch eng- lische Missionäre: Columban, Gallus, Suibertus und Winfried (auch Bonifaciuö, d. i. Wohlthäter), schon früh zum Christenthume bekehrt worden. Selbst ihr König Chlodwig (Ludwig) ward im Jahre 496 nach einem Siege über die Allemannen Christ, und dadurch das Christenthum unter seinem Volke herrschend. Die späteren Könige der Franken ergaben sich aber der Trägheit und ließen ihre Minister für sich regieren. Solch ein Minister war Karl Märtell. Sein Sohn, Pipin der Kleine, war auch wieder ein so mächtiger Minister, begehrte aber noch mehr zu sein, und schrieb deshalb an den Papst: „Wer sollte eigentlich wohl König heißen, der regiert, oder der nicht regiert?" Der Papst antwortete: „Der regiert!" — „Gut," sagte Pipin, „dann will auch ich König heißen!" und ließ seinem Könige Childerich Iii. das Haar abscheeren, ihn in ein Klo- ster sperren und zum Mönche machen. Dieser Pipin der Kleine oder der Kurze hatte einen Sohn mit Namen Karl. Im I. 768 folgte er seinem Vater in der Re- gierung. Man liannte ihn Karl den Großen, weil er im Frieden und im Kriege sich als einen Mann von hohen Fähigkeiten bewies, und seine Völker zu besseren, verständigeren und glücklicheren Men- schen zu machen suchte. Er war von seinem Vater schlecht erzogen worden, und hatte wenig mehr gelernt, als Jagen und Fechten, ja nicht einmal seinen Namen konnte er schreiben; allein was in seiner Jugend versäumt worden war, das suchte er als Mann eifrig nach- zuholen. Er hielt sich einen Schreibmeister, und war bemüht, sich in dem Umgänge der gelehrtesten und geistreichsten Männer möglichst auszubilden, von denen er ungemein viel lernte. Er schämte sich auch nicht, dem Unterrichte, den er seinen Söhnen geben ließ, mit

18. Friedrich II., der Hohenstaufe - S. 105

1877 - Leipzig : Hirt
105 innerlich abhängig von Rom, so daß der Papst auf sie rechnen konnte. Jedoch blieben die Erwartungen auf die Zahl der Besucher der Kirchenversammlung unerfüllt, mehr als 150 kamen nicht zusammen, die Patriarchen von Konstantinopel und Antiochien und der Bischof von Berhtos waren die am weitesten hergekommenen. Deutsche Prälaten waren zum Koncil nicht da, doch hatten die Erzbischöfe von Mainz und von Köln vorher persönlich mit dem Papst verhandelt; die Ungarn waren wegen der Mongolen, welche ihr Land heimsuchten, ausgeblieben. Die Kirche hatte aus früherer Zeit glänzendere Schaustellungen ihrer Macht und Größe aufzuweisen, nie aber war die Entschlossenheit ihres Hauptes, das äußerste durch ein Koncil beschließen zu lassen, größer als diesmal: Lyon sollte „ das Asyl des Hasses, die Werkstätte des Verderbens für Friedrich" werden. Die Exkommunikation war bereits erneuert; die letzten, wohl von beiden Seiten nicht aufrichtig gemeinten Versuche einer Verständigung waren gescheitert. Die erste Sitzung des Koncils wurde eröffnet am Montage nach Johannis des I. 1245. Zuerst kam ein Zank zwischen den Patriarchen, indem der von Aquileja gleiche Ehre mit denen von Konstantinopel und Antiochien verlangte; darauf folgte der Gesang: „Komm heiliger Geist/' Die Verhandlungen begannen, zuerst über einige andere Gegenstände, doch der Papst eilte zu der Hauptsache. Thaddaeus von Suessa, das Haupt der kaiserlichen Gesandtschaft, ergriff namens des angeblich durch Krankheit verhinderten Kaisers das Wort. Die Bürgen, welche er in Vorschlag brachte, damit sie den Kaiser zur Erfüllung der von ihm gemachten Versprechungen anhielten, wurden verworfen. Nach dieser Einleitung wurde am vierten Tage die zweite Sitzung abgehalten. Der Papst hielt eine große Rede: wie Christus von fünf Wunden, wäre auch er von einem fünf-

19. Geschichte des Mittelalters - S. 222

1854 - Weimar : Böhlau
222 6) Kunst, Literatur und Handel. Archen. 33»* Einführung des Christenthums haben die germanischen Basiiica, ' Völker keine Kunst. Der christliche Kultus aber verlangte einen ge- Baptisterim. weihten Ort, die Kirche. Wie die Religion und der Kultus, so kam auch ihre Begleiterin, die Kunst, aus Italien, und die Kir- chen wurden nach römischer Weise gebaut. Die ersten in Rom ge- bauten Kirchen waren nicht nur einzelnen Heiligen und Märtyrern geweihet, sondern sie waren auch deren Grabdenkmale, und man konnte sich keine Kirche ohne ein solches Grab und seine Reliquien denken. Die Verehrung der in den Katakomben ruhenden Märty- rer mochte mehr als die Verfolgungen von Seiten der Kaiser die Christen mit ihrem Gottesdienst zu den unterirdischen Gräbern der Blutzeugen geführt haben. Gewiß ist, daß die Begriffe von Grab und Kirche auch später noch lange verbunden blieben. So ward bei dem zuerst unter Constantin beginnenden Kirchenbau das unter- irdische Grab des Heiligen (die Krypta) ein unerläßlicher Bestand- theil, ja der eigentliche Kern des Gebäudes. Die Scheidung von Klerus und Laien, wie die Feier des Geheimnisses von der leibli- chen Gegenwart Christi (Eucharistie) machten einen gesonderten, er- höhten, die Zahl der Gemeindemitglieder einen weiten, gegen die Witterung geschützten Raum nöthig, von dem aus Auge und Ohr die Feier erreichen konnte. Diesen Erfordernissen entsprach nicht so- wohl der antike Tempel, als die Kauf- und Gerichtshalle (Basi- lica), in welcher eine erhöhte Tribüne für die Richter, darunter ein unterirdischer Raum (angeblich für die Gefangenen), und Säu- lengänge für die Handelsgeschäfte von einem gemeinsamen Dach be- deckt wurden. Diese Form legte man mit wenigen Abänderungen dem für den christlichen Gottesdienst bestimmten Gebäude zu Grunde und behielt sogar den Namen Basilica bei. Die wesentlichen Bestandtheile des neuen kirchlichen Gebäudes sind demnach ein oblonger, und zwar von Osten nach Westen ge- stellter, überdachter Raum für die Gemeinde, in der Regel durch zwei oder vier Reihen Säulen in drei oder fünf Längenabtheilun- gen (Schiffe) getheilt, deren mittleres breiter und höher ist als die Seitenschiffe. An den Mauern der Schiffe sind die Fenster, an der Westseite die Eingänge angebracht. An der Ostseite befindet sich ein halbkreisrunder erhöhter Platz (Tribüne) von der Breite des Mittelschiffs, dessen Umfassungsmauer nach oben in eine Halbkuppel endet, und der bestimmt ist für den Klerus und den Altar zur Feier der Eucharistie. Unter der Tribüne ist das gewölbte Grab des Heili- gen (Krypta), geräumig genug, um darin das Andenken an die Feier in den Katakomben zu begehen. Zwischen der Tribüne und den Schiffen wurde in der Regel noch ein freier Raum von der Breite des Mittelschiffes angelegt, wodurch die Form des un-

20. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 424

1863 - Essen : Bädeker
424 •mit heiligen Bildern zu schmücken, aber nur g Malte waren gestattet. Später kamen auch geschnitzte und gehauene Bilder hinein, wie man sie in den heidnischen Tempeln gehabt hatte, und wie es zur Heiden- zeit gewesen; man schrieb allmählichdiesen Biloern Wunderkräfte zu, als ob sie heilen, helfen könnten, als ob das vor ihnen ausgesprochene Gebet kräftiger und besonders verdienstlich sei. Auch die Reliquien (Überbleibsel heiliger Personen) wurden Gegenstände unchristlicher Ver- ehrung. Schon Muhamed konnte die Christen, und nicht mit Unrecht, der Götzendienerei zeihen. Die Geistlichkeit ließ es geschehen; denn schon hatte das Salz angefangen, dumm zu werden. Verständige Priester wollten dem abergläubischen Unfug steuern; da brachen furcht- bare Empörungen aus; man schrie, als sei das Christenthum in Ge- fahr, die Christen wütheten gegen einander, wie es kaum je die Heiden gegen sie gethan, bis endlich der Bilderdienst den Sieg davon trug, und zu Ehren dieses Sieges ein Fest der „Rcchtgläubigkeit" eingesetzt wurde (842). Das kam daher, weil weder das Volk, noch auch die Geistlichkeit im Allgemeinen ihre Nahrung aus der heiligen Schrift schöpften, und das Volk sich ganz der Leitung der Geistlichkeit überließ, diese aber nur darauf bedacht war, die unwissende Menge durch einen prunkvollen Gottesdienst an sich zu fesseln, und aus ihrem Aberglauben den möglichsten Vortheil zu ziehen. Für die Geistesbildung des Volkes geschah fast gar nichts mehr; wenn es nur treulich die heiligen Cere- monien mitmachte und vor Priestern und Mönchen sich verneigte, so war's genug. Der edle Kaiser Karl der Große wollte es gern anders haben; aber was er für den Volksunterricht that, verschwand wieder nach seinem Tode. Denn nun wurde der Gottesdienst im ganzen Abendlande in lateinischer Sprache gehalten, die selbst manche Geist- liche nicht verstanden, und die Predigt fiel allmählich ganz aus, da man an deren Stelle das sogenannte Meßopfer setzte. Unter den Geistlichen im Abendlande erfreute sich der Bischof von Rom eines vorzüglichen Ansehens. Denn derselbe behauptete, er sei der Nachfolger des Apostels Petrus, und den h. Petrus habe der Herr zum Fürsten der Apostel eingesetzt, und darum sei er der vornehmste unter allen Bischöfen; er nannte sich deshalb Papa (Papst), d. h. Vater (der Christenheit). Das glaubte man leicht, weil man die h. Schrift nicht kannte, die ja solchen Behauptungen geradezu widerspricht (Luc. 9, 46—48). Zudem war der Bischof von Nom von den christlichen Kaisern immer sehr begünstigt worden, weil sein Ansehen ihrer Herrschaft sehr förderlich sein konnte. Als nun Pipin auf des Papstes Rath seinen König des Thrones beraubt und sich zum Könige der Franken gemacht hatte, da ehrten ihn die fränkischen Könige auf alle Weise und schenkten ihm den ganzen Kirchenstaat. Endlich erkannten England, Deutschland und die skandinavischen Reiche ihn als ihren geistlichen Oberherrn an, da sie in seinem Namen be- kehrt worden waren. Anfangs war in jener rohen Zeit dies hohe Ansehen des Papstes der Kirche ein mächtiger Schutz; aber es machte