Anfrage in Hauptansicht öffnen

Änliche Dokumente zu folgendem Trefferdokument

Basierend auf den Feldern Volltext

Sortiert nach: Ähnlichkeit zu Dokument

1. Geschichte der neuesten Revolution - S. 70

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
70 Versammlung in der Nacht vom 15.—16. Juni das Zeug- haus. Schon in der Abenddämmerung des 15. Juni hatte ein Zusammenstoß mit Blutvergießen begonnen, in- dem eine Kompagnie der Bürgerwehr im Kastanienwäldchen, nahe dem Zeughause, auf einen Arbcitertrupp Feuer gab. Das wurde das Signal zu den grauenvollen Auftritten dieser Nacht. Die Wuth des Volks entflammte sich bei dem Anblick des vergossenen Bluts auf das Aeußerste, die Massen wuchsen auf den Straßen und Platzen, und ein tobender Racheschrei durchbebte die Menge. Die im Dun- keln schleichenden Gestalten der demokratischen Wühler er- schienen plötzlich und feuerten das Volk zu einer entschei- denden That an. Man tauchte Tücher in das frische Blut der Getödteten, befestigte sie an Stangen und trug sie als Fahnen durch die Straßen, um die ganze Stadt zum Auf- stand aufzufordern. Ein solcher Trupp mit rothen Blut- fahnen zog über die Königsbrücke und rief die Republik aus. Allein dieser Ruf fand keinen Anklang und verhallte unter den Schrecknissen dieser Nacht. Vor den andrängen- dcn Massen zog sich die am Zeughause aufgestellte Bürger- wehr in voller Auflösung zurück und ließ dasselbe ohne Schutz. Gegen Io Uhr besetzten zwar der bewaffnete Handwerker- verein und das Studentencorps die Pforten des Zeughau- ses, aber der Andrang war schon so stark, daß die Thüren zu krachen anfingen. Mit wahnsinnigem Geschrei verlangte man den Abzug des Militärs. Gegen 11 Uhr kamen noch Schaaren mit Pechfackeln an, die sie aus den benachbarten Feuerwachen geholt. Endlich wichen die Thüren des Zeug- hauses vor den gewaltigen, mit Balken geführten Stößen, und in einem furchtbaren Knäuel wälzten sich die Massen in die innernräume desselben, dort eine allgemeine Waffenplünderung beginnend, wobei auch die überaus kostbare Sammlung al- ter historischer Waffen genommen und unter das Volk ver- theilt wurde. Die alten Kriegsfahnen und Trophäen Preu- ßens, die mit dem edelsten Blute seiner Kinder erbeutet wor- den waren, wurden von diesen wilden Rotten von den Wänden herabgerissen und mit Füßen getreten. Alle im Zeughause befindlichen Gewehre, Säbel, Büchsen, Pistolen wurden ge- raubt und fortgeschleppt, ingleichen große Mengen von Spitzkugeln, die hier in Kisten aufbewahrt lagen, und jene vortrefflichen Zündnadelgewehre, deren Gebrauch noch ein Geheimniß war. Bis gegen Mitternacht war die Plün- derung des Zeughauses fortgesetzt worden, als es plötzlich

Ähnliche Ergebnisse

Ähnliche Dokumente basierend auf den Feldern Volltext

1. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 181

1874 - Jena : Costenoble
— 181 — auch das Militär auf und besetzte den Markusplatz. Lange blieb es mit Gewehr bei Fuß stehen, umtobt von einer schimpfenden Volksmasse. Endlich verloren die Soldaten die Geduld, gingen dem frechen Pöbel mit dem Bajonet zu Leibe, räumten die Kaffeehäuser von den aufhetzenden Gästen und säuberten in wenig Minuten den Platz. Dies ging nicht ohne Verwundungen ab, ein deutscher Schiffskapitän verlor dabei das Leben. Die Haufen rannten durch die Straßen und riefen: ,,Rache! Waffen!", legten sich dann aber daheim ins Bett. Am 18. Mär; sah es ernster aus. Die Laden waren geschlossen, an den Wänden stand wieder das ,,Tod den Deutschen Militär hielt den Markusplatz besetzt, einzelne Soldaten wurden angegriffen, Pflastersteine aufgerissen, kleine Posten angegriffen, blindes Feuer derselben nicht beachtet, bis die Soldaten scharf feuerten und die Haufen heulend davonliefen, um in der Stadt die sinnlosesten Schreckensberichte zu verbreiten. Um Ruhe zu schaffen, bewilligte Palffy eine Bürgerwehr (Guardia civica). Da gab es plötzlich in mondheller Nacht ungeheuren Lärm am Landungsplatz. Bürgerwehr eilt herbei, hört Schreien und Lärmen, Häuser werden beflaggt und illurninirt, Musik spielt auf, Haufen durchziehen bis früh 3 Uhr die Stadt. Was war geschehen? Der Triester Dampfer hatte die Nachricht von der in Wien bewilligten Konstitution gebracht, und am andern Tage feierte man ein Nationalfest. Menschen, Häuser und Gondeln prangten in Bändern und Fahnen mit den Nationalfarben. ,,Es lebe der Kaiser! Es lebe die Konstitution!" rief ein jubelnder Haufen dem andern zu. Dies war der Revolutionspartei sehr unangenehm, sie wollte das Volk zur Revolution, zur Republik treiben, und suchte Blutvergießen zu veranlassen. Diese Partei verlangte öffentlich die Republik, hetzte die Arbeiter und Soldaten des Arsenals (Zeughauses) gegen den strengen Kommandanten Marinovitsch auf. Als Offiziere ein Kaffeehaus betraten, schrie man über Verrath; Zichy sollte das Militär zurückziehen. Er gehorchte halb. Ein Meuchelmord gegen Marinovitsch mißlang; er rettete sich, erschien aber am andern Tage wieder im Arsenal. Da fiel ihn eine Bande offen an. Er floh auf eine Gondel, um sich nach einem Kriegsschiff zu retten, aber ein Kanalthor war verschlossen. Er fuhr auf dem Kanal auf und ab, Wuthgebrüll begleitete ihn. Endlich floh er in einen Thurm am Kanal. Die Menge erbrach die Thür und verfolgte ihn, der bis auf die Zinne des Thurmes stieg. Als er sich verloren sah, frug er, ob man ihn lebend oder todt haben wolle. ,.Lebend!" riefen, die Meuterer. Er warf den Degen von sich und wollte hinabsteigen. Doch die Kannibalen waren schon oben und stießen ihm einen klasterlangen Schiffsbohrer in den Leib. Dann schleppte i

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 259

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 131. Geschichte. 259 des Schlosses mit Militär besetzt waren, immer heftiger und gebieterischer der Ruf: „Militär fort!" Plötzlich fielen zwei Gewehrschüsse; man wußte nicht von wem. Getroffen wurde niemand. Aber sofort schrie das Volk: „Wir sind verraten! Zu den Waffen!" Und wie ein Lauffeuer durchslog diese Losung die ganze Stadt. Wühler hetzten das Volk auf, und selbst be- sonnene Leute glaubten, die Soldaten hätten unter friedlichen Bürgern ein Blutbad angerichtet. Binnen zwei Stunden waren die Straßen der Stadt durch 200 Barrikaden versperrt, Steine zum Werfen auf den Dächern an- gehäuft und alle Fenster mit Bewaffneten besetzt. Auf des Königs Befehl griff das Militär nachdrücklich ein, um Ruhe und Ordnung zu schaffen. Bis in die Nacht hinein tobte unter schrecklichem Sturmläuten in den Straßen ein blutiger Kampf; als der Morgen des 19. März anbrach, waren die Sol- daten überall Sieger. Da gab der König, tief ergriffen vom Schmerz über das Blutvergießen, gegen den Rat seines Bruders, des Prinzen Wilhelm, den Befehl, die Truppen zurückzuziehen, und vertraute sich einer Bürgerwehr an. Unter dem Hohne der Volkshaufen zogen die treuen Truppen ab. 216 Leichen von Barrikadenkänipsern wurden jetzt mit Blumen geschmückt und nach dem Schloßhof gebracht, wo der König sie entblößten Hauptes grüßen mußte, während die Volksmenge den Choral anstimmte: „Jesus, meine Zuversicht". Drei Tage darauf, am 21. März, durchritt der König, um- geben von den Prinzen und den Ministern und mit dem schwarzrotgoldenen Bande geschmückt, die Straßen Berlins. Die Worte, die er bei diesem Um- ritt zu sprechen Gelegenheit nahm, wie überhaupt sein ganzes Auftreten be- ruhigten vorerst die Massen. Doch gab es in den nächsten Monaten noch Tumulte aller Art, also daß die Treuen im Lande sich immer noch „auf einen ehrlichen Galgen und eine fröhliche Auferstehung" gefaßt machten. So wurde am 15. Juni ungehindert das Zeughaus erstürmt und geplündert; auch Trophäen des großen Fritz blieben von der Zerstörungswut nicht ver- schont. Endlich ermannte sich der König und übertrug dem General Wrangel den Oberbefehl in den Marken. Dieser rückte mit zahlreichen Truppen in Berlin ein und entwaffnete die Bürgerwehr. Alle ruhigen Bürger atmeten jetzt erleichtert auf und waren froh, Leben und Eigentum endlich gegen die Tyrannei des Pöbels wieder gesichert zu wissen. Friedrich Wilhelm Iv gab nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit eine neue Verfassung, in welcher er seinem Volke noch verschiedene Rechte einräumte, und beschwor dieselbe am 6. Februar 1850, nachdem sie zuvor von dem Abgeordnetenhanse durchgesehen und beraten worden war. Durch diese Verfassung, kraft welcher die gesetz- gebende Gewalt gemeinschaftlich durch den König und die beiden Häuser des Landtags, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten, ausgeübt wird, ist Preußen ein konstitutionelles Königreich geworden. 2. Auch Württemberg blieb von den politischen Stürmen des Jahres

3. Bilder aus der deutsch-preussischen Geschichte für ein- bis dreiklassige Volksschulen - S. 179

1892 - Osterburg : Danehl
Bilder aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte. 179 das Volk zur Herrschaft gelangt. Die Kunde von dem Ausbruch der französischen Revolution versetzte auch das preußische Volk in Ausregung. In allen Herzen regte sich der lebhafte Wunsch, auch einen größeren Anteil an der Regierung des Staates zu besitzen, und daher sah sich König Friedrich Wilhelm Iv. genötigt, wiederum den vereinigten Landtag zu berufen, um mit ihm über die Lage der Dinge zu beraten. — Da aber überall das Verlangen des Volkes nach einer freieren Verfassung immer lauter wurde, mußte König Friedrich Wilhelm Iv. endlich dem Drangen des Volkes nachgeben und kündigte in der Nacht auf den 18. März durch einen Erlaß an, daß er eine freiere Verfassung zu gewähren bereit sei. Große Freude herrschte in Berlin. Am Morgen des 18. März zogen große Volkshaufen jubelnd vor des Königs Schloß, um dem König zu danken, daß er ihre Wünsche erfüllen wolle. — Plötzlich fielen zwei Schüsse, und diese versetzten das Volk in eine furchtbare Aufregung. „Wir sind verraten", schrie man jetzt allerorten. „Zu den Waffen", riefen andere, und in kurzer Zeit waren die Straßen in blutige Kampfplätze verwandelt. Auf des Königs Befehl zog das Militär heran, aber das aufgeregte Volk ließ sich nicht beruhigen. Der gräßliche Straßenkampf dauerte bis tief in die Nacht hinein und forderte viel Blut. Endlich war das tobende Volk besiegt. Das Militär zog sich aus Berlin zurück, weil es dem milden Herzen des Königs Schmerz bereitete, daß er gegen seine Unterthanen das Schwert hatte ziehen müssen. Als sich die Menge von dem Militär befreiet sah, loderten die Flammen des Aufruhrs von neuem auf. Obgleich nun das erregte Volk dem König manch' harte Kränkung zufügte, hielt derselbe doch sein gegebenes Wort und berief am 22. März eine preußische Nationalversammlung, um mit ihr über eine neue freiere Verfassung zu beraten. Die Nationalversammlung geriet aber bald unter den Einfluß des zügellosen Pöbels, der jetzt in Berlin die schlimmsten Dinge trieb und am 14. Juni sogar das Zeughaus stürmte. Um eine Änderung der Lage herbeizuführen, berief der König ein neues Ministerium, „das Ministerium der rettenden That." Dasselbe forderte von der Nationalversammlung die Verlegung ihrer Sitzungen nach Brandenburg. Da diese aber die Forderung des Ministeriums unbeachtet ließ, wurde durch Waffengewalt das Schließen der Sitzungssäle der Versammlung bewirkt. Bald darauf löste der König die Nationalversammlung auf und gab nun dem Volke die in Aussicht gestellte freie Verfassung. — Durch dieselbe nimmt das Volk an der Regierung und Gesetzgebung teil, und diese Teilnahme kommt in folgender Weise zum Ausdruck. Das Volk erwählt alle 5 Jahre aus seiner Mitte diejenigen Männer, welche durch ihre Wahl die 12<

4. Quellenlesebuch zur Geschichte der Provinz Hannover - S. 140

1907 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
140 65. Vom 15.—29. Juni 1866 in Göttingen. Dieser Geist der Eintracht ist es, auf den Se. Majestät vertrauen. In diesem Geiste der Eintracht, der kein Opfer scheuen darf, auch nicht dasjenige der eigenen Ansicht und Meinung, sind Se. Majestät Ihren Ständen mit einem leuchtenden Beispiele vorangeschritten. Mögen denn die Stände so erhabener Führung folgen. 65. Kom 15.-29. Juni 1866 in Köttingen. Aus dem Tagebuche einer Göttingerin. Marie Morgenstern, die die aufregende Kriegszeit des Jahres 1866 in Göttingen mit durchlebte, hielt die Eindrücke jener Wochen in ihrem Tagebuche fest. Die lebensvollen Aufzeichnungen geben ein vortreffliches Stimmungsund Zeitbild. Ihnen sind die folgenden Auszüge entnommen. Freitag, 15. Juni, abends. ... Die Bewohner Göttingens waren voll von Befürchtungen für die nächste Zukunft, aber ahnungslos gingen sie der Nacht entgegen, die so inhaltsschwer für sie werden, welche die Truppen und damit die Gefahr des Krieges gerade ihnen bringen sollte. ... Es war kurz vor 10 Uhr, die Straße war hell und friedlich. ... Da tönte plötzlich die Stimme des öffentlichen Ausrufers durch die Nacht. „Hoolah!" Wie auf Zauberschlag öffneten sich Fenster und Türen; Nachtmützen und verwunderte Gesichter kamen zum Borschein. Einquartierung war angekündigt. „Nun gibt es doch Krieg — er kommt nach Göttingen," hieß es. Die Leute gruppierten sich in den Straßen, die Stille war verscheucht, die Nacht zum Tage geworden. . . . Um 11 Uhr kam die erste Abteilung; andere folgten im Laufe der Nacht. Der beginnende Tag fand das 3. Jägerbataillon und das 7. Regiment in unseren Mauern. ... Sonnabend, 16. Juni. Welche Veränderung! Gestern noch die friedliche Universitätsstadt mit ihrer gelehrten Atmosphäre, heute die Militärstadt mit der kriegerischen Vibration. Die Straßen wimmeln von Menschen, die in verstörten Gruppen vor den Häusern stehen. Die Soldaten ziehen ein und aus. Sie sind nicht weniger überrascht als die Einwohner. In der vorhergehenden Nacht haben sie erst den Befehl zum Ausmarsch gegen die preußischen Grenzen bekommen, dann am letzten Morgen die Ordre, sich schleunigst nach Göttingen zu wenden. Was bedeutet das? — Ein Wort geht von Mund zu Mund, mit ungläubiger Sicherheit erst, dann unter zweiselndem Kopfschütteln: „Der König! — Der König ist hier in der „Krone", und der Konprinz auch und viele Offiziere, Adjutanten und Hofleute!" . . . Unmöglich! Stadtgespräch! Doch! doch! Niemand glaubt es, und doch wirb es immer wieder von neuem behauptet. Plötzlich------------- was ist das? „Heil unserm König, Heil!" — Einmarschierenbe

5. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 350

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
350 34. Die Revolutionen in Deutschland im Jahre 1848. in den beiden letzten Wochen laut und öffentlich als höchsten Aus- druck der Volkswünsche bezeichnet hatte, bewilligt worden. Ein frohes Gefühl ging durch die Massen, die sich nach dem Schloßplatze begaben, um dem Könige ihre Dankbarkeit durch ein Lebehoch auszudrücken. Friedrich Wilhelm Iv. erschien zweimal auf dem Balkon des Schlosses, und wurde von einem tausendstimmigen Jubel begrüßt. Da regte sich plötzlich mitten unter den Freudebezeugungen in dem Volke die Erinnerung an die Todten und Verwundeten, die es am 15. und 16. März gehabt hatte. Es hieß: „Militär fort! Militär zurück! Der König vertraue sich seinen Bürgern an!" Denn die Eingänge zu dem Schlosse waren mit Infanterie besetzt, und auf dem Platze vor demselben Dragoner aufgestellt. Der König wies das Verlangen der Menge, das Militär zu entfernen, mit der Bemerkung zurück, daß man ihm einen unehrenhaften Rückzug der Truppen nicht zumuthen könne. Der Ruf: „Militär fort!" nahm, mit Drohungen und Ver- wünschungen gemischt, von Neuem überhand. Da ließ der Comman- deur des Garde-Dragoner-Regiments seine Mannschaft mit gezogener Waffe gegen das Volk vorrücken. In diesem Augenblick fielen in den Reihen der Soldaten zwei Schüsse, die aber Niemand verwun- deten. Eine keineswegs beglaubigte, aber hartnäckig festgehaltene Meinung wollte in diesen beiden Schüssen ein verabredetes Zeichen sehen; die Menge überredete sich, die beiden Schüsse seien das Signal zu einer Niedermetzelung des Volks, und man argwöhnte, die königlichen Verheißungen seien nur eine Lockspeise gewesen, um das- selbe ins Verderben zu stürzen. Unter dem Ruf: „Wir sind ver- rathen! Zu den Waffen! Zu den Waffen!" flog die Menge nach allen Richtungen aus einander. Sogleich ward der Bau von Barri- kaden angefangen, selbst in den entfernteren Theilen der Stadt. Auf den meisten von ihnen wehte die schwarz-roth-goldene oder deutsche Fahne, welche für das Symbol der Freiheit galt, während die preu- ßischen, schwarz-weißen Farben als das Sinnbild des alten Militär- und Polizeistaates angesehen wurden. Bald nach drei Uhr begann der Angriff der Truppen gegen die Barrikaden. Gegen sieben Uhr Abends war der größte Theil der Königstraße von den Truppen ge- nommen, die, wie dies in Bürgerkriegen und bei Straßenkämpfen leider häufig ist, beim Eindringen in die Häuser, aus deren Fenstern geschossen, oder von deren Dächern mit Steinen geworfen worden, keinen Unterschied zwischen Bewaffneten und Unbewaffneten machten, und auch Wehrlose oder Unbeteiligte als Feinde behandelten. Meh- rere Versuche wurden bei dem Könige gemacht, um ihn zur Entfer- nung der Truppen zu bewegen, aber er verlangte, daß vorher die Barrikaden von dem Volke fortgeräumt würden. Während der Nacht erließ er eine Proclamation an die Bevölkerung, die am Morgen veröffentlicht wurde, und in der er die Menge beschwor, von dem Kampfe abzulassen, und Erfüllung aller rechtmäßigen Wünsche versprach. Am Nachmittag erschien die königliche Verordnung, welche die Ent-

6. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 350

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
350 '34. Die Revolutionen in Deutschland im Jahre 1848. in den beiden letzten Wochen laut und öffentlich als höchsten Aus- druck der Volkswünsche bezeichnet hatte, bewilligt worden. Ein frohes Gefühl ging durch die Massen, die sich nach dem Schloßplätze begaben, um dem Könige ihre Dankbarkeit durch ein Lebehoch auszudrücken. Friedrich Wilhelm Iv. erschien zweimal auf dem Balkon des Schlosses, und wurde von einem tausendstimmigen Jubel begrüßt. Da regte sich plötzlich mitten unter den Freudebezeugungen in dem Volke die Erinnerung an die Todten und Verwundeten, die es am 15. und 16. März gehabt hatte. Es hieß: „Militär fort! Militär zurück! Der König vertraue sich seinen Bürgern an!" Denn die Eingänge zu dem Schlosse waren mit Infanterie besetzt, und auf dem Platze vor demselben Dragoner aufgestellt. Der König wies das Verlangen der Menge, das Militär zu entfernen, mit der Bemerkung zurück, daß man ihm einen unehrenhaften Rückzug der Truppen nicht zumuthen könne. Der Ruf: „Militär fort!" nahm, mit Drohungen und Ver- wünschungen gemischt, von Neuem überhand. Da ließ der Comman- deur des Garde-Dragoner-Regiments seine Mannschaft mit gezogener Waffe gegen das Volk vorrücken. In diesem Augenblick fielen in den Reihen der Soldaten zwei Schüsse, die aber Niemand verwun- deten. Eine keineswegs beglaubigte, aber hartnäckig festgehaltene Meinung wollte in diesen beiden Schüssen ein verabredetes Zeichen sehen; die Menge überredete sich, die beiden Schüsse seien das Signal zu einer Niedermetzelung des Volks, und man argwöhnte, die königlichen Verheißungen seien nur eine Lockspeise gewesen, um das- selbe ins Verderben zu sttirzen. Unter dem Ruf: „Wir sind ver- rathen! Zu den Waffen! Zu den Waffen!" flog die Menge nach allen Richtungen aus einander. Sogleich ward der Bau von Barri- kaden angefangen, selbst in den entfernteren Theilen der Stadt. Auf den meisten von ihnen wehte die schwarz-roth-goldene oder deutsche Fahne, welche für das Symbol der Freiheit galt, während die preu- ßischen, schwarz-weißen Farben als das Sinnbild des alten Militär- und Polizeistaates angesehen wurden. Bald nach drei Uhr begann der Angriff der Truppen gegen die Barrikaden. Gegen sieben Uhr Abends war der größte Theil der Königstraße von den Truppen ge- nommen, die, wie dies in Bürgerkriegen und bei Straßenkämpfen leider häufig ist, beim Eindringen in die Häuser, aus deren Fenstern geschossen, oder von deren Dächern mit Steinen geworfen worden, keinen Unterschied zwischen Bewaffneten und Unbewaffneten machten, und auch Wehrlose oder Unbetheiligte als Feinde behandelten. Meh- rere Versuche wurden bei dem Könige gemacht, um ihn zur Entfer- nung der Truppen zu bewegen, aber er verlangte, daß vorher die Barrikaden von dem Volke fortgeräumt würden. Während der Nacht erließ er eine Proclamation an die Bevölkerung, die am Morgen veröffentlicht wurde, und in der er die Menge beschwor, von dem Kampfe abzulassen, und Erfüllung aller rechtmäßigen Wünsche versprach. Am Nachmittag erschien die königliche Verordnung, welche die Ent-

7. Die brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 244

1837 - Leipzig : Crayen
244 111. Abschnitt. Die Könige von Preußen. chen war schon ein Theil des Heeres raschen Schrittes dem Rheine zugeeilt. In den Niederlanden sammelte sich zuerst eine große Macht der Verbündeten. Da stand das preußische Heer unter dem verehrten Blücher, an 115,000 Streiter stark, in vier Haufen, von Ziethen, Pirch, Thielcmann und Bülcw befehligt; neben ihm die Engländer, Niederländer, Hannoveraner, Braunfchweiger und Nassauer unter dem Befehle des englischen Herzogs von Wellington, an 80,000 Mann stark. Am Oberrheine sollten sich die Oestreicher sammeln, und die Russen, welche nicht so schnell- aus der Ferne herankommen konnten, über den Mittelrhein in Frankreich eindringen. So war der Plan. Als Napoleon dies gewahrte, rüstete er sich zum gewaltigen Kam- pfe. Und in kurzer Zeit hatte er ein treffliches Heer. Die Tausende von Kriegsgefangenen, die nach und nach aus Europa nach Frankreich heimgekehrt waren, strömten zu seinen Fahnen, viele Neugeworbene verstärkten die Massen, und die alten Heerhaufen bildeten einen kräfti- gen Stamm. So stellte er an 150,000 Krieger aus, mit 400 Ka- nonen, wohl eingeübt und von ihrem Herrn und Meister begeistert, um die Schmach früherer Niederlagen abzuwaschen und abermals die Er- oberung der Lander und Völker zu beginnen. Die Garden hatten Trommeln, Fahnen und Adler mit Trauerflor umwunden, zum Zeichen, daß nur ein großer Sieg zu dem alten Glanze berechtige, und das Bewußtsein in allen Kriegern lebe, zu siegen, oder zu sterben. In Hast eilten die französischen Heerhaufen den Niederlanden zu, dort den beiden Heeren der Verbündeten zu begegnen. In der Nacht des 11. Juni reis'te Napoleon von Paris ab, und am 13. traf ec bei seinen Schaaren ein. Die ganze Heeresmasse be- wegte sich jetzt den Preußen und Engländern entgegen. Zusammen- genommen waren die beiden verbündeten Armeen dem Feinde überlegen; aber wegen des Unterkommens und des Unterhaltes hatten die Truppen- theile weit auseinander verthcilt werden müssen, und dadurch wurde eine schnelle Vereinigung unmöglich. Napoleon eilte, diese Vereinzelung zu benutzen. Links hatte er Wellington, rechts Blücher vor sich. Nach seiner alten Weise beschloß er, blitzschnell über die Preußen herzufallen, sie zu schlagen und dann es eben so mit dem englischen Feldherrn zu machen. So hoffte er, den Sieg über beide im Fluge zu erjagen. Es war am 15. Juni, als. Napoleon mit seinen Kriegern auf zwei Straßen plötzlich gegen die Preußen anrückte. Die preußischen Vorposten wurden überfallen, fechtend zogen sich die ersten Regimenter zurück, und Blücher suchte so schnell, als möglich, seine Krieger zu ver- einigen. Drei Heerhaufen, zusammen 80,000 Mann, standen bald bereit, den Franzosen entgegen zu treten, und nun zauderte der alte Held nicht, am folgenden Tage den Hauptkampf zu beginnen. Den vierten Haufen unter Bülow, der am weitesten zurückstand, erwartete man im Laufe des Schlachttages, und die Engländer versprachen Un- terstützung.

8. Unsere Kaiser und ihr Haus - S. 507

1894 - Dresden : Jacobi
507 den alten deutschen Bundestag wieder ins Leben zu rufen, nachzugeben. So blieb die gewaltige Bewegung ohne jede Frucht! (l) Die preuische Verfassung. In Preußen hatte König Friedrich Wilhelm Iv. dem Volke fchoit manche Freiheiten gewhrt; dennoch kam es auch hier im Mrz 1848 zu argen Ausschreitungen. Man forderte in Berlin, wie in ganz Deutschland, ein Parlament, Prefreiheit und Schwurgerichte. Endlich bewilligte der König die Wnsche des Volkes. Da beschlo man, am 18. Mrz einen Dankzug vor das knigliche Schlo zu unternehmen. (In Berlin hielten sich damals viele revolutionre, verkommene Gesellen aus Frankreich und Polen auf, von denen lie sich der gleichgesinnte Teil des Pbels schnell zu Gewaltttigkeiten aufstacheln. Ehe man den Zug vor das Schlo unternahm, wurde im stillen schon alles zum Straenkampfe vorbereitet. Als die Volksmenge am Nachmittage vor das Knigsfchlo rckte, erschien der König und geigte sich dem Volke; er wurde mit lautem Jubel und Dankesrufen begrt. Einige Aufwiegler rgerten sich der das Militr, welches das Schlo befetzt hielt, und riefen: Militr zurck"! Da fielen pltzlich zwei Schsse; es ist noch heute unaufgeklrt, von welcher Seite. Niemand wurde dadurch verwundet; trotzdem brach der bethrte und aufgeregte Haufen in den Ruf aus: Wir sind verraten! Zu den Waffen"! Auf dem Schlffe wird sogleich eine Fahne mit der Inschrift Miverstndnis" aufgesteckt; allein alles ist vergeblich. Im Nu sind unter Anleitung des eingewanderten Gesindels in den Straen Barrikaden (Anhufungen von Mbeln, Steinen, Holz und Erde, um die Straen zu sperren) errichtet, die Sturmglocken rufen viele Bewaffnete zur Verteidigung derselben herbei, ein blutiger, erbitterter Straenkampf zwischen Militr und den Volksmassen beginnt, der bis tief in die Nacht hinein dauert. Das Militr hlt sich gut, bleibt dem Könige und der Fahne treu und subert eine Strae nach der andern. Allein um zwei Uhr befiehlt der gutherzige und jetzt schlecht beratene König, dem Blutvergieen ein Ende zu machen und das siegreiche Militr aus der Hauptstadt zu führen. Nun hatte der Pbel die Alleinherrschaft: er begeht viele Gewalttaten und zwingt den König zu bitteren Demtigungen. (Wie hielt sich Prinz Wilhelm in diesen Tagen?) Der König erwhlte sich neue, freisinnige Minister und berief gewhlte Volksvertreter, die Nationalverfammlimg, nach Berlin, um eine Verfassung zu beraten. Da die meisten Abgeordneten viel grere Rechte begehrten, als der König bewilligen konnte, so kam es bald zu Zwistigkeiten. Die Folge der Unsicherheit und Unruhe war Mangel und Not im Lande. Die Unbeschftigten und Unzufriedenen zogen nun in hellen Haufen nach Berlin und begingen hier aufs neue arge Ausschreitungen. So erstrmten sie im Juni das Zeughaus und plnderten es aus. Das Haus des Prinzen Wilhelm konnte nur -dadurch geschtzt werden, da man National-Eigentum" daran schrieb. Die eingerichtete Brgerwehr hatte wenig Ansehen und vermochte nicht die Ordnung und Ruhe ausrecht zu

9. Die Neuzeit - S. 109

1907 - Nürnberg : Korn
— 109 — und ließ sich in einer Sänfte tragen. Nun aber bestieg er sein Pferd und ritt stumm an den Schlachtreihen vorüber. „Stehenden Fußes werde ich den Kampf aufnehmen," sagte er zu seinen Generalen; „vermag ich nur 2 Stunden stand zu halten, so wird gewiß Pappenheim eintreffen." Da flog Pappenheim mit seinen Reitern herbei. „Wo kommandiert der König?" war sein erster Ruf. Als er vernahm, daß Gustav Adolf den rechten Flügel führe, ging er sogleich daraus los. Einen Schuß in den Arm achtete er nicht. Da trafen ihn drei Schüsse in die Brust. Sein Trompeter fiel dem Pferde in die Zügel und wollte ihn aufhalten; der General aber zeigte sich unwillig und wollte verwundet nochmal fortsprengen. Da sank er vom Pferde dem Trompeter in die Arme. Dieser brachte ihn in eine Kutsche, setzte sich zu ihm in den Wagen und hielt ihn am Arme fest. Als der General anfing schwach zu werden, rief er: „Ist denn kein Mensch da, der mir das Blut stillen kann?" Sterbend sagte er zu den Umstehenden: „Meldet dem Herzog, ich sei auf den Tod getroffen. Ich sterbe aber gern, weil mit mir der unversöhnliche Feind meines Glaubens gefallen ist." Man brachte ihn nach Leipzig; dort starb er nach drei Stunden. In der Brusttasche trug er das blutgetränkte Blatt mit dem Befehle Wallensteins. Als Herzog Bernhard von Weimar den Tod des Königs vernahm, führte er das Volk mit solchem Heldenmute an, daß er den Sieg gewann. Da steckte Wallenstein um 9 Uhr abends sein Lager in Brand und räumte das Feld. Die Schweden führten die Leiche des Königs in einer Kutsche mit sich. Noch denselben Abend wurden sehr viele Tote und Verwundete nach Leipzig gebracht. Auch der Herzog von Friedland traf in der Nacht um 12 Uhr ein. Am nächsten Vormittag kamen 40 Fahnen Fußvolk herein, im ganzen nicht über 1500 Mann, auch viele Bagagewagen, Offiziere und Reiterei, so daß alle Häuser und Gassen voll waren und fast niemand sich mehr rühren konnte. Die einquartierten Soldaten fingen an, die Wirte und Bürger über alle Maßen hart zu ängstigen. Plötzlich aber erteilte der Herzog Befehl zum schleunigsten Ausbruch. Abends bald nach 6 Uhr fing der Abmarsch an und dauerte fast die ganze Nacht hindurch ohne Unterlaß. Alle zogen zum Peterstor hinaus nach Böhmen zu in die Winterquartiere und der Herzog folgte ihnen gegen 10 Uhr. Dir Verschwörung ;u Pilsen. (1634.) Die Kommandanten und Obersten kamen auf den bestimmten Tag in Pilsen auf dem Rathause zusammen. Wallenstein ließ ihnen durch

10. Polen - S. 28

1918 - Leipzig [u.a.] : Teubner
28 16. Der galizische klufstand von 1846 Insurgenten von allen Seiten auf Tarnöw losgehen, um das Tttilitar und wahrscheinlich uns alle zu vernichten. Die Regierung und das Militär war sehr wachsam. Patrouillen durchstreiften die Stadt. Um 8 Uhr war alles gesperrt, vedetten waren auf eine viertel Meile um die Stadt gestellt. Die Edelleute, die diesen Fasching in großer Menge da «waren, verloren sich plötzlich am löten und 17ten. Um Z Uhr nachts vom 18ten auf den 19ten hörte man Schüsse fallen auf den Vorposten,' es war Alarm geschlagen; die Einwohner, die ohnehin nicht schliefen, waren in der größten Rngst. Huf einmal wird ruhig; der Feind kommt nicht, wer beschreibt aber die Trauer, als des Morgens am 19ten zwei wagen voll mit Leichen und zwei mit verwundeten unter Eskorte der Bauern, mit Säbel, Bechen, Piken, Gabeln und Dreschflegeln bewaffnet, in die Stadt ziehen. Bis jetzt Samstag abends 10 Uhr den 21ten verging keine Stunde, wo nicht Leichen oder verwundete eingebracht wurden. Man zählt hier aber über 400 verwundete und über 120 Tote. Hun will ich die Sache erklären. 3n Lgfagöra und Partin einerseits, plesna und Rugelcze (Rqglice) anderseits war der Vereinigungspunkt, wo die Insurgenten sich sammelten mit ihren Anhängern. Da fingen sie an die Bauern zu bereden, mit ihnen zu ziehen, um zum Frühstück warme Semmeln zu haben und sich die Tasche mit Dukaten zu füllen. Die Bauern aber sagten: „wir gehen nicht für die Grundherren; wenn's für den Kaiser gilt, gehen wir." Sie wollten die Bauern zwingen, als z.b. Stanislaus Smowski, Johann Görski, Bronislaus Starzqriffi und viele andere. Dazu fam das noch, daß sie auf die Bauern feuerten, und die verstanden keinen Spaß, fielen über sie her und massakrierten alles. Das fand widerklang und alle Gemeinden standen gegen den Adel und alles, was einen tuchenen Rock trägt, wo sie einen erwischten, wird er getötet, oder so mißhandelt, daß er halbtot eingebracht wird. Dann wird alles geplündert; die Frauen und Kinder lassen sie mit einigen ftusnahmen ungeschoren. Der Rdel des Tarnower Kreises ist nicht mehr; heute brachten sie schon autfem Zaslower und Bochnier Kreis. Die Stadt kann nicht helfen, da hier wenig Militär ist. Sie haben eine Menge Waffen, Munition, Fahnen erbeutet und bringen alles im Triumphe nach der Stadt. Sie sind keine Menschen; Hottentotten, Baschkiren, Rnthropophagen, die sind zivilisierte Völker gegen diese Leute, wenn sie einen halbtotgeschlagenen durch die Stadt gebunden führen, prügeln sie ihn mit blutenden Keulen, mit den vom Blute triefenden Säbeln, stecken die Piken und Heugabeln in die Rügen. Haben sie die Rrmen übergeben, dann kehren sie mit blutenden Trophäen durch die Stadt zurück auf den schönstenpferden.den 19tenund20ten war bei Tag und Nacht Rlarm..... Es sind auch viele von den Bauern gefallen. Um 6 Uhr muß alles gesperrt sein. Die verwundeten liegen alle im Militärfpitale, im Stock-haufe; das ganze Kazimirockische Haus ist mit verwundeten belegt.

11. Bd. 7 - S. 269

1845 - Leipzig : Kollmann
— 269 — die Bürger zum Waffendepot der Communalgarde, in dessen In- nern sich Linien-Infanterie und Dragoner befanden, welche be- reits einen Angriff des Volks zurückgewiesen hatten. Sie ließen jedoch die wohlgekleideten Bürger einzeln herein, welche sich sodann mit Waffen versahen und nun, Patrouillen bildend, die Stadt durchzogen; sie wurden aber bald selbst angegriffen, und von den wüthenden Haufen, welche sich ihrer Waffen bemächtigen wollten, um gegen die Soldaten zu kämpfen, wieder zur Kaserne zurück- gedrängt. Die Masse vor derselben wuchs mir jedem Augenblick, und die Truppen erklärten, daß sie das ihnen anvertraute Depot auf das Nachdrücklichste vertheidigen würden. Die hier verfam- melten Bürger legten darauf die Waffen nieder und wollten durch eine Seitenthür das Haus verlassen, sich unter das Volk mischen und so dasselbe zur Ruhe zu bringen suchen; aber sie hatten sich kaum entfernt, als ein Fenster eingeworfen wurde, das Thor auf- fuhr, Schüsse sielen und Blut vergossen ward. Das Volk stürzte wüthend vor; das Haus wurde erstürmt, Waffen und Munition erobert. Glücklicher Weise drangen eine große Anzabl Bürger zugleich mit dem Pöbel hinein, so daß dieser nicht allein sich der Gewehre bemächtigen konnte. Gegen eils Uhr des Morgens erschien eine Proclamation des Magistrats, welche die Aufhebung der dem Volke sehr verhaßten Mahlsteuer ankündigte, und alle Bürger einlud, für die Erhal- tung der 'öffentlichen Sicherheit zu wachen; es war das Verspre- chen hinzugefügt, die Wünsche des Volkes sollten Gegenstand einer ernstlichen Prüfung sein, und die billig befundenen ohne Verzo- gern erfüllt werden. Um Mittag durcheilten immer starker wer- dende Bürgerpatrouillen die Straßen der Stadt, stellten sich fec- tionsweise auf und bemächtigten sich der Posten für die kommende Nacht. Die Truppen zogen sich nach dem königlichen Palast, wo sich die Garde concentrirte, zurück, oder gingen, auf jeden Widerstand verzichtend, in ihre Kasernen. Es sielen nur noch wenige Schüsse. — Gegen drei Uhr Nachmittags wehte die alte brabantische Fahne, roth, orangengelb und schwarz, von dem Rathhause. Die königlichen Wappenschilder mit der Orange- kokarde waren von dem Volke überall weggenommen worden. Der Pöbel beschäftigte sich jetzt mit Zerstörung sammtlicher Ge- rüste, die zu einer großen Illumination für das Geburtsfest des Königs bestimmt waren, und zündete auf den Grasplatzen zwi-

12. Neueste Geschichte - S. 251

1859 - Leipzig : Fleischer
251 die Aufregung steigerten. Das Volk machte Angriffe auf das Zeughaus. Verwüstend und zerstörend zogen daun die Schaaren vor die kaiserliche Burg. Hier versuchten die verschiedensten Deputationen Erfüllung ihrer Forderungen zu verlangen; der Kaiser und die Erzherzoge widerstanden lange dem unge- stümen Andrängen, endlich gab Fürst Metternich nach. Er legte seine Würden nieder; an: 14. März entfloh er aus Wien. Die Volksschaaren jubelten; die betäubende Macht der entfesselten Will- kür begann ihre Herrschaft. Triumphirend wogten die Massen durch die rasch erleuchteten Straßen, in den Vorstädten aber wüthete der Pöbel mit Brand, Verwüstung und Zerstörung. Rasch vollendete sich nun der Umschlag der Dinge in Wien. Es bildete sich eine Nationalgarde; diese und die akademische Legion übten, da die Trup- pen stir jetzt die Hauptstadt verlassen hatten, die bewaffnete Gewalt aus. Am 15. März erließ der Kaiser nach einer Umfahrt durch die Stadt die Gewährung der Preßfreiheit und die Verheißung einer Constitution. Aber die Volksführer, von ihren Erfolgen hingerissen, strebten nach einem über alles Andere in Deutschland hinausragenoen Standpunkte für Oestreich. Als das Preßgesetz am 31. März erschien, befriedigte es nicht; man verbrannte es öffentlich. Eine wilde Zügellosigkeit der Presse griff um sich und reizte die Leidenschaften der Masse; in den unaufhörlichen Volksversammlungen lenkte die stürmische Begeisterung oder die schlaue Kunst der Redner die leicht bewegliche Menge nach ihrem Sinn. So wurde die Verfassung, welche am 26. April erschien, anfänglich vom Volke mit Jubel begrüßt; schnell aber änderte sich die Ansicht. Der constituirende Reichstag sollte nicht aus zwei, sondern nur aus einer Kammer bestehen. Die Unruhe, die Auf- regung der Hauptstadt wuchsen immer drohender. Am 15. Mai besetzten die Nationalgarde und die Legion alle wichtigen Plätze der Stadt, die Masse wälzte sich nach der Burg, Barricaden wurden zahlreich errichtet. Das Ministerium gab nach; der Reichstag sollte nur in einer constituirende:: Kammer zusammentreten. Da verbreitete sich an: 17. Mai die Nachricht, daß der Kaiser die Hauptstadt verlassen habe; er war nach Jnsbruck entslohen. Die Bestürzung darüber war groß, und als nun auch ein Theil des in Wien lebenden Adels und viele Reiche abreisten, da wurde der gewerbliche Verkehr und der Handel, welche in einer Hauptstadt ihren Wohlstand so vielfach aus dem Reichthum und dem Lupus der Großen ziehen, durch diese Vereinsamung der Residenz von schweren Verlusten betroffen. Erschrocken und besorgt suchte der Mittelstand sich von dem politischen Treiben zurückzuziehen. In diesen sturmvollen Tagen beherrschte das Ansehen der akademischen Legion, welche sich auf die zumeist aus Arbeitern bestehende Nationalgarde stützte, die Hauptstadt. Der Versuch der Regierung, dieses Ansehen zu brechen, führte am 26. Mai wiederum einen Aufruhr herbei. An diesem Tage wurde die Auflösung der Legion befohlen; sie sollte fortan einen Theil der National- garde bilden; Militair zur Ausführung des Befehls rückte heran. Aber die Legion, zum Widerstande entschlossen, war in der Universität versammelt, die Lärmtrommel tönte durch die Straßen, von den Thürmen erschallte das Sturmläuten, eine Barricade nach der andern wurde aufgeworfen, auch die Nationalgarde rückte zun: Schutz der Legion herbei. Keiner der vorange-

13. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 551

1852 - Leipzig : Wigand
Specielle Geschichte. 551 entsetzlichen Staatsstreiches beschlossen, von welchem man im Publikum wohl Ahnung, aber keine Gewissheit und sichere Kenntniss hatte. Die ersten unruhigen Gerüchte verbreiteten sich Sonntags den 25. Juli 1830. In der Nacht desselben Tages wurden jene berüchtigten Ordonnanzen in die Druckerei des Moniteurs (einer Zeitschrift der Regierung) gebracht, damit sic am 26. Morgens gedruckt erscheinen könnten. Durch diese Ordonnanzen wurde die Freiheit, welcher die französische Nation seit 42 Jahren Blut und Leben geopfert hatte, mit einem Federstriche vernichtet. Die Freiheit der periodischen Presse wurde aufgehoben, und jeder Druckerei, welche ohne Genehmigung der Behörde eine Schrift drucken würde, droheten diese Ordonnanzen Versiegelung an. — Ferner wurde die Kammer für aufgelöst erklärt und eine neue Wahl vorgeschricben, nach welcher sich die Kammern am 28. September versammeln sollten. Die für diese neue Wahl gegebenen Bestimmungen waren höchst be- schränkend und illiberal. — Der Eindruck, welchen das Erscheinen dieser Ordonnanzen auf die Bevölkerung von Paris machte, ist nicht zu beschreiben. Niemand wollte anfangs seinen Augen trauen und glauben, dass dies wirklich so dastehe. Allmählich erschienen an den Fenstern bürgerlicher Häuser schwarze Fahnen als Zeichen der Trauer. Der Unwille wurde nach und nach laut. Aber die Hofschranzcn, der alte Adel und die Pfaffen jubelten im Vertrauen auf die Bajonette der Garden und der Schweizer. Um 4 Um Nachmittags versammelte sich das Volk am Palais-Royal. Der Minister Peyronnet befahl ohne Weiteres, auf das Volk einzuhauen. Allein die Menge zerstreute sich in verschiedenen Haufen in die benach- barten Straßen. Während dies vorging, hatten sich die Redacteure der vorzüglichsten Blätter vereinigt und eine kraftvolle Protestation gegen die Ordonnanzen eingereicht. — Die folgende Nacht durchstreiften zahl- reiche Patrouillen von der Schweizergarde, von den Gensdarmen und von der Linie die Straßen von Paris. Am Morgen des 27. Juli fan- den die Arbeiter aller Handthierungen ihre Werkstätten noch geschlossen. Sie begaben sich desshalb in Ungeheuern Massen auf die öffentlichen Plätze. Vorzüglich Viele strömten nach dem Hstel des verhassten Po- lignac und stießen daselbst die drohendsten Verwünschungen aus. Allein Polignac hatte sich mit Truppen und Gensdarmen umgeben. Er zog sich unvermerkt in die Tuilerien, wo man sofort beschloss, noch im Laufe des Tages eine nainhaste Menge angesehener Personen verhaften und am folgenden Tage durch ein außerordentliches Prevotalgericht verur- theilen zu lassen. Der Polizei - Präfect Mangin sah das Gefährliche der vorhabenden Verhaftungen ein und rieth, das Volk vorerst durch Kanonen auseinanderzutreiben. Peyronnet ließ nun sofort die Kano- nen aus dem Arsenale aufführen, um durch dieselben, wie er sich aus- drückte, dem Volke eine derbe Lection zu geben.

14. Schumann-Heinzes Leitfaden der preußischen Geschichte - S. 151

1895 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 151 — langten von der Regierung eine bedingungslose Annahme der liberalen Forderungen. Da versprach am 18. März der König durch ein Patentis.mürz eine Verfassung und seine Mitwirkung für Verbesserung des deutschen Bundes. In großen Scharen zog nun die Bevölkerung Berlins auf den Platz vor dem königlichen Schlosse, um unter lautem Jubel dem Könige zu danken, der vom Balkon des Schlosses herab noch einmal seinen wichtigen Entschluß verkündete. Da wurden plötzlich von unbekannter Hand zwei Gewehrschüsse abgefeuert, die das Volk in unbeschreibliche Aufregung versetzten. Die Menge schrie: „Wir sind verraten. Zu den Waffen!" und in wenigen Stunden waren die Straßen versperrt und an Fenstern und Barrikaden Bewaffnete aufgestellt. Vergeblich kamen Boten aus dem Schlosse, welche die Schüsse einem Mißverständnisse zuschrieben: die revolutionären Führer des Volkes schürten durch glühende Reden die Kampflust. Nachmittags 3 Uhr entbrannte ein fürchterlicher Straßenkampf, der bis in die Nacht hinein währte; als aber der Morgen des 19. März anbrach, waren des Königs Truppen überall Sieger. Dem landesväterlichen, weichen Herzen des Königs hatte es großen Kummer bereitet, mit Gewalt der Waffen gegen seine eigenen Unterthanen einschreiten zu müssen, und er ließ, um die Hand zur Versöhnung zu bieten, die Truppen aus Berlin abziehen. Dadurch gewann in Berlin eine zügellose Volksherrschaft die Oberhand. Obgleich aber das entartete Volk dem edlen Könige vielfach Kränkungen zufügte, fo blieb er doch seinem Versprechen treu: er ernannte ein freisinniges Ministerium, das sogenannte „Märzministerium", und berief am 22. März eine preußische Nationalversammlung, um mit ihr eine neue Verfassung zu vereinbaren. Diese trat im Mai zusammen, geriet aber bald unter die Herrschaft des zügellosen Pöbels. Als dieser aber am 14. Juni das Zeughaus stürmte und am 31. Oktober sogar den Sitzungssaal der Nationalversammlung förmlich belagerte, da berief der König am 2. November ein neues Ministerium unter dem Grafen von Brandenburg und dem Freiherrn von Mantenffel. Dieses „Ministerium der rettenden That" verlegte am 9. Nov. die Nationalversammlung nach Brandenburg, und da die Majorität dennoch ihre Sitzungen fortzusetzen beschloß, rückte General Wrangel am 16. Nov. mit 15 000 Mann in Berlin ein, entwaffnete ohne alles Blutvergießen die Bürgerwehr und schloß die Sitzungssäle der Nationalversammlung. Am 5. Dez. sprach der König die Auflösung der Nationalversammlung aus und gab, getreu seinem Worte, eine von ihm selbst aufgestellte (oktroyierte) freisinnige Verfassung. Diese stellte das System der zwei Kammern an die Spitze. Mit dem so gewählten neuen Landtag wurde die oktroyierte Verfassung revidiert und am 31. Januar 1850 als Staatsgrundgesetz verkündet. Am 6. Februar 1850 beschwor Friedrich Wilhelm Iv. diese Verfassung, und damit war Preußen in die Reihe der konstitutionellen Staaten eingetreten. Das Verfassungswerk wurde vollendet, als am 12. Okt. 1854 an Stelle der ersten Kammer das Herrenhaus (269 Mitglieder) trat, welches außer den großjährigen königlichen Prinzen,

15. Theil 2 - S. 223

1867 - Breslau : Max
Der schwarze Tod. Cola di Rienzi. 221 Wartung abging; hier lagen sie zu Tausenden nebeneinander- geschichtet und verpesteten die Lust weit umher. Viele starben auf den Straßen, Andere verlassen in ihren Häusern, und erst der Leichengeruch machte den Nachbarn kund, daß verwesende Leichname da waren. Jeden Morgen fand man eine Menge der- selben, die während der Nacht da ausgesetzt waren, damit die Anverwandten die Kosten und die Gefahr des Beerdigens er- sparten. Dann holten die von der Obrigkeit bestellten Männer Särge herbei, oder auch nur ein Bret, und Ein Sarg umschloß oft Mann und Frau, Vater und Sohn oder mehrere Geschwister. Sah man zwei Priester mit einem Kreuze einem Leichenzug vor- angehen, so öffneten sich alsbald alle Thüren; aus ihnen trug nian einen oder mehrere Särge hervor, die sich dem Trauerzuge anschlossen. Int ganzen Europa starben % der gesammten Be- völkerung, und da man diese Verheerung für eine Strafe Gottes hielt, so zogen zahllose Hausen sogenannter Flagellanten im Lande umher, die sich zur Abbüßung der Sünden der Menschen den Rücken zerfleischten. Dies waren Leute, die entweder aus religiöser Schwärmerei oder aus Arbeitsscheu in einzelnen Haufen im Lande umherzogen, um sich für die Vergehungen des Volkes zu geißeln. Vor ihnen her wurde eine blutrothe Fahne getragen; sie selbst waren in Bußkleider gehüllt und trugen in der Hand eine Geißel aus knotigen Riemen, bereit Enden eiserne Stacheln hatten. Wenn sie unter dem Zulaufe des Volkes inline Stadt einzogen, so warfen sie die Kleider ab, nur den Leib mit einem weißen Tuche umwunden. Unter Absingung trauriger Buß- psalmen geißelten sie sich dann den Rücken so, daß das Blut herablief, und beteten zu Gott, daß er um ihres Blutes willen die verdienten Strafen abwenden möchte. Zuletzt sammelten sie unter dem Volke Geldbeiträge ein. So wurde unsere heilige Religion zu schnödem Gelderwerbe gemißbraucht! — Nachdem der schwarze Tod fast ganz Europa durchzogen hatte, hörte er endlich von selbst aus. Kurz vor und bald nach diesem großen Unglück trug sich in. Rom eine seltsame Regierungsveränderung durch Cola di Rienzi zu. Dieser Mann war der Sohn eines Weinschenken und einer Wäscherin. Er hatte sich von Jugend auf mit den Wissen- schaften beschäftigt, die Werke der Alten gelesen und war, um- geben von den Ueberresten altrömischer Denkmäler, von Bewun- derung für die römische Vorzeit erfüllt. Gerührt durch den An-

16. Erzählungen aus der Geschichte alter und neuer Zeit - S. 305

1846 - Breslau : Graß, Barth
Revolution. 305 durch die Straßen erscholl, in denen die aufgeregten Volksmassen wog- ten, alle Gesetze wurden mit Füßen getreten, des Gehorsams hielt sich Jeder entbunden. König Ludwig vermochte nichts gegen den Ungestüm des Volkes. Die National-Versammlung arbeitete daran, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen; doch vergeblich. Nach kurzer Zeit der Ruhe brachen gewöhnlich um so heftigere Stürme aus. Der König war nicht in Paris, ec war in Versailles. „Nach Versailles!" so ertönte eines Tages (den 5. October) plötzlich das Volksgeschrei, und Tausende von Männern, viel mehrere von Weibern aus dem gemeinen Volke zo- gen unter wildem Geschrei aus der Stadt nach Versailles und forder- ten ungestüm vom Könige Bestätigung der Menschenrechte, forderten Abstellung der Hungersnoth, die in Paris ausgebrochen war und de- ren Entstehen man ihm Schuld gab. Ein Theil der königlichen Leib- wache ging zu den Empörern über, andere wurden niedcrgestoßen, und kaum vermochte die Nacht, dem Wüthen Einhalt zu thun, nachdem sich der König bereits auf jegliche Weise dem Volke willfährig erwiesen hatte. Kaum war der Morgen angebrochen, so ward wiederum wildes Gebrüll im Schlosse vernommen. Eine Rotte Bewaffneter war einge- drungen, hatte die Leibwächter an den innern Gemächern niedergehauen und nur durch eine geheime Thür rettete die Königin, auf deren Er- mordung es abgesehen war, ihr Leben. „Der König nach Paris!" rie- fen stürmisch die Haufen. Ludwig versprach, nach Paris zu kommen; das Volk verlangte, daß dies sogleich geschehe, und der König gab nach; denn er zitterte vor dem Gedanken, gewaltsame Maßregeln zu brauchen gegen den Willen seines Volkes. Um ein Uhr Mittags verließ er Ver- sailles; außer der Königin und seinen beiden Kindern saßen noch einige der nächsten Verwandten mit ihm im Wagen. Die ihn begleiteten mit wildem Ungestüm, deren konnten gegen -10,000 sein. Langsam be- wegte sich die tobende Masse. Unmittelbar vor dem Wagen wurden auf Stangen die Köpfe der Ermordeten getragen; ein langer Kerl mit einem blutigen Beile aus der Schulter schritt zwischen ihnen her und schwenkte von Zeit zu Zeit mit drohender Geberde sein Beil. Unauf- hörlich wurden Verwünschungen und Drohungen gegen die königliche Familie ausgestoßen; die Königin selbst hörte, wie das Volk dicht am Wagen ihren Kops zum Spielball verlangte; bald hier, bald da wur- den Gewehre abgefeuert und mehrmals schlugen Kugeln an den könig- lichen Wagen. Erst am Abend ward Paris erreicht, wo nun Lud- wig Xvi. mit seiner Familie wie ein Gefangener bewacht wurde. Ein späterer Versuch, nach Deutschland zu entfliehen, mißlang (20.Juni 1701). § 207. Wenn gleich in Paris Manches gethan wurde, um ge- waltsamen Mord zu verhindern, so traten doch in der gährenden Masse

17. Bd. 2 - S. 610

1854 - Leipzig : Engelmann
610 Die jüngsten Revolutionsstürme. 30. Ott. Entscheidung beruhte jetzt auf den Waffen; das Schwert der Empörung war so hoch geschwungen, daß die Scheide weggeworfen werden mußte. Von beiden Seiten wurden daher die kriegerischen Kräfte aufs Aeußerste angestrengt. Bern, Messen Hauser und Fenneberg leiteten die Vertheidigungsanstalten; der demokratische Centralausschuß bildete zwei Freicorps, die mobile Garde und das Elitencorps, die auf der äußersten Warte fochten, und worin mehrere Literaten, darunter auch die Frankfurter Parlamentsglieder Robert Blum und Julius Fröbel, Dienste versahen; die Maßregeln des Schreckens, die von Außen gegen die Demokraten angeordnet worden, fanden im Innern ihre Anwendung gegen die Gemäßigten und Reaktionäre. Gefechte und Ausfälle, täglich wieder- holt, steigerten durch den blutigen Ausgang die Wuth und Rache auf beiden Seiten. Die Flammen, die jeden Abend von den brennenden Hausern glühend roth am nächtlichen Himmel emporstiegen, gewahrten den angstvoll in der Ferne Harrenden einen grauenvollen Anblick. Ueber eine Woche wurde der blutige Kampf mit der größten Erbitterung Tag und Nacht fortgeführt. Die akademische Legion, die Arbeiter, die Nationalgarde, die Freicorps machten jeden Fuß breit streitig: Mauern und Barrikaden gewahrten ihnen Ersatz für die mangelnde Kriegskunst. Der Zorn der Soldaten wuchs mit dem Widerstand; besonders brannte das Regiment Latour, das mit umflorten Fahnen einherzog, vor Ver- langen , den Tod des Generals zu rachen. Am 28. und 29. Oktober war der Kampf am heißesten; schon waren die Außenwerke und Vorstädte erobert, den Insurgenten gebrach es an Lebensmitteln und Kriegsvorrath; die Stadt war unhaltbar, fernerer Widerstand drohte das Unglück nur größer zu machen. Der Gemeinderath, nunmehr die einzige gesetzliche Obrigkeit, da der Reichstag durch kaiserliche Botschaft geschloffen und auf den 15. Nov. nach dem mähri- schen Städtchen Kremsier einberufen worden, beschloß die Stadt auf Gnade und Ungnade, wie der Sieger verlangte, zu übergeben. Am Abend begann schon die Abführung der Waffen und am 30. October rückten die Truppen von allen Seiten bis zum Glacis vor. Da sah um 2 Uhr ein Wächter vom Stephans- thurm gegen die ungarische Grenze hin Pulverdampf auffteigen. Wie ein Lauf- feuer verbreitete sich die Nachricht durch die Straßen : „Die Ungarn kommen ! " und weckte von Neuem den Kriegsmuth. Der Vertrag wurde gebrochen; die ab- gelieferten Gewehre den Zeughäusern wieder entnommen; die Kanonen auf die Walle gepflanzt und neue Ausfälle gewagt. Die Stadt war gänzlich in den Hän- den des Proletariats und verzweifelter Rotten von Freischaaren. Aber die Hoff- nung der Insurgenten wurde getauscht. Zwar waren die Ungarn wirklich im Anmarsch; aber ihr großentheils aus einem raschgebildeten Landsturm von jungen Leuten bestehendes Heer wurde von den Kroaten und dem östreichischen Militär an der Schwechat mit großem Verlust zurückgeschlagen und zum schnellen Ab- zug nach Preßburg gezwungen. Mit verdoppelter Wuth wurde nunmehr die Kaiserstadt von den über den Treubruch empörten Soldaten von Neuem bestürmt. Der Widerstand war schwach und von kurzer Dauer. Die Truppen drangen unter Begünstigung der über die Proletarierherrschaft entrüsteten Nationalgarden bis zum Stephansplatz und auf den Hof des Kriegsgebaudes, wo der Laternen- pfahl , an dem Latours Leiche gehangen, unter Geheul umgestürzt und zertrüm- mert wurde. Die Aula war leer, die Kalabreserhüte verschwanden plötzlich. Wien bot einen Anblick des Schreckens und Jammers dar. „In den meisten Straßen Kugelspuren an den Hausern, in den Vorstädten ganze Straßenreihen uiederge- brannt, an tausend Stellen Leichen und Blutlachen, überall Frauen oder Kinder, nach den Männern oder Vätern suchend, dazwischen Kroaten, nur auf Plünde-

18. Geschichte - S. 130

1913 - Berlin : Oehmigke
— 130 — pfeifer jahraus, jahrein ihr luftiges Quartier und tönten des Nachts alle Viertelstunden ins Horn, zum Zeichen, daß sie munter wären und Wache hielten. Bemerkten sie von ihrer Turmhöhe einen Brand in der Stadt, sahen sie irgendwo die Feuerlohe aufgehen, so hatten sie's durch ihr Blasen anzuzeigen und mußten „die Gegend und Ort des Feuers bey Tage mit der ausgesteckten Feuer-Fahne, bey Nachte aber mit ausgehangener brennender Laterne bezeichnen." Waren Gefahr und Not groß, so sollten sie mit der Sturmglocke die Leute zur Hilfe zusammenrufen. — Für ihr Wachen Tag und-Nacht erhielten die Kunstpfeifer und ihre Gesellen aber „fast nichts"; nur zu ihrer „Ergötzlichkeit" mußten die Bewohner der Residenz und der Vorstädte sie zu ihren Hochzeiten und Gelagen laden. Der Ordnung wegen wurden 30 Nachtwächter mit Spießen und Seitengewehren gehalten. Und ein „Nacht-Wachtmeister" kontrollierte wieder, daß diese 30 Nachtwächter im Winter von 9 bis 5 Uhr früh, im Frühjahr und Herbst von 10 bis 3 und im Sommer von 11 Uhr ab die Stunden „mit Blasung des Horns" anzeigten und „an allen Ecken der Strassen in ihren angewiesenen Quartieren" die Stunden vernehmlich abriefen. Er kontrollierte, daß sie durch die Straßen und Quergassen, und zwar „nicht mitten auf der Strasse, sondern an die Häuser heran" patrouillierten^ daß sie an den Türen klinkten, „um zu sehen, ob solche auch vest verschlossen". War eine Tür oder ein Fensterladen offen, so hatte der Wächter den Wirt aufzuwecken „und ihm solches anzuzeigen, auch von demselben zu vernehmen, ob die Thüre mit Fleiß aufgelassen, alsdann dagegen, jedoch durchaus eher nicht als des andern Tages 2 Groschen von ihm abzufordern." Nach einer Stunde mußten die Nachtwächter wieder rufen. Nur bei strenger Winterkälte mochten sie sich eine Viertelstunde auf der Wache wärmen; sie durften aber nicht vergessen, die Stadtbrunnen zu ziehen, „damit solche nicht einfrieren". Das Gesinde wurde angehalten, wenn es „mit blossem Lichte und brennendem Kiehn" über die Straße ging; ganz gewiß, wenn es die Kienspäne an Häusern oder Laternenpfählen abklopfte, daß die glimmenden Funken bei windigem Wetter in die Höhe getrieben wurden. Mit der Nachtwächter Wachsamkeit hing die schnelle Entdeckung eines Brandes ab. Wenn die Kunstpfeifer vom Turme bliesen, hatte-zumeist der Brand schon um sich gegriffen. Also mußten die Nacht-

19. Theil 2 - S. 220

1880 - Stuttgart : Heitz
220 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. Liebe oder ein Diener aus Habgier zur Pflege entschloß. Alle Begleitung zum Grabe fiel weg; Leute aus der niedrigsten Classe trugen für großen Lohn den Sarg eiligst zum Begräbnißplatz. Noch gräßlicher war das Loos der Armen. Man -brachte sie in Lazarethe, wo ihnen aber meist jede Pflege und Wartung abging; hier lagen sie zu Tausenden nebeneinander geschichtet und verpesteten die Luft weit umher. Viele starben aus den Straßen, andere verlassen in ihren Häusern, und erst der Leichengeruch machte den Nachbarn kund, daß verwesende Leichname da wären. Jeden Morgen fand man eine Menge derselben, die während der Nacht da ausgesetzt waren, damit die Anverwandten die Kosten und die Gefahr des Beerdigens ersparten. Dann holten die von der Obrigkeit bestellten Männer Särge herbei, oder auch nur ein Brett, und ein Sarg umschloß oft Mann und Frau, Vater und Sohn oder mehrere Geschwister. Sah man zwei Priester mit einem Kreuze einem Leichenzug vorangehen, so öffneten sich alsbald alle Thüren; aus ihnen trug man einen oder mehrere Särge hervor, die sich dem Trauerzuge anschlossen. Im ganzen Europa starben 2/5 der gestimmten Bevölkerung, und da man diese Verheerung für eine Strafe Gottes hielt, fo zogen zahllose Haufen sogenannter Flagellanten im Lande umher, die sich zur Abbüßung der Sünden der Menschen den Rücken zerfleischten. Dies waren Leute, die entweder aus religiöser Schwärmerei oder aus Arbeitsscheu in einzelnen Haufen im Lande umherzogen, um sich für die Vergehungen des Volkes zu geißeln. Vor ihnen her wurde eine Mut-rothe Fahne getragen; sie selbst waren in Bußkleider gehüllt und trugen in der Hand eine Geißel aus knotigen Riemen, deren Enden eiserne Stacheln hatten. Wenn sie unter dem Zulaufe des Volkes in eine.stadt einzogen, so warfen sie die Kleider ab, nur den Leib mit einem weißen Tuche umwunden. Unter Absingung trauriger Bußspalmen geißelten sie sich dann den Rücken so, daß das Blut herablief, und beteten zu Gott, daß er um ihres Blutes willen die verdienten Strafen abwenden möchte. Zuletzt sammelten sie unter dem Volke Geldbeiträge ein. So wurde unsere heilige Religion zu schnödem Gelderwerbe gemißbraucht! — Nachdem der schwarze Tod fast ganz Europa durchzogen hatte, hörte er endlich von selbst auf. Kurz vor und bald nach diesem großen Unglück trug sich in Rom eine seltsame Regierungsveränderung durch Cola di Rienzi zu. Dieser Mann war der Sohn eines Weinschenken und einer

20. Quellenlesebuch zur Geschichte der Provinz Hannover - S. 145

1907 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
66. Bei Langensalza. 145 peinlichsten Stimmung erwarten wir seit Tagen bestimmte Nachricht über die Entscheibung . . . Abenbs. Der Ausrufer: „Die Bewohner Göttingens sollen Charpie, Binben, Leinenzeug usw. bis 8 Uhr in dem Kaufhause abgeben." — Warum? Zu welchem Zweck? ^ Ganz spät. Zwischen unsern und den preußischen Truppen ist es zu heißem Kampfe gekommen; man spricht von 2000 Ver-wunbeten auf unserer Seite. Sonnabenb, 30. Juni, morgens ^6 Uhr. Der Ausrufer hilft den Leuten aus den Betten. Unsere Armee hat kapituliert und kommt heute in Mühlhausen an. Bis 8 Uhr sollen Beitrüge von Wein, Brot und Berbanbsutensilien auf das Rathaus geschafft werben. Nun traute, Hannoverlanb, beine Söhne haben ihr Blut vergossen ohne Nutzen; blutenb, verstümmelt, bebürftig harren sie beiner Senbungen von Stärkungs-, Linberungs- und Erfrischungsmitteln. . . Die Straßen, die eben noch leer waren, beleben sich, Freunbe, Nachbarn eilen zueinanber. Auf jebem Gesicht steht die Trauerbotschaft. Drei Freitage im Monat Juni 1866 werben im Anbenfen der Göttinger leben: Freitag, den 15., abenbs 11 Uhr, zogen die ersten Hannoveraner ein; Freitag, den 22., mittags 11 Uhr, kamen die ersten Preußen durch die Straßen gesprengt, .und Freitag, den 29., abenbs, gelangte die Trauerkunbe von dem Unglück der Unseren an den Stabtmagistrat! . . . 66. Aei Langensafza. Sturm auf das Karree des Oberstleutnants des Barres. Aus bert Erlebnissen eines hannoverschen Cambribge- Dragoners?) .... Um dem Feinde den Rückweg zu verlegen, suchten wir die Gothaer Straße zu erreichen und sahen plötzlich nörblich vor uns eine starke feinbliche Infanterie-Kolonne heranmarschieren. Der am weiteren Rückzüge behinberte Kommanbeur würde zur Kapitulation aufgeforbert und kam unserm uorreitenben Major von Hammerstein und bessen Abjutanten, Leutnant von Marschalk, entgegen; einige hunbert Schritte von hüben und brüben trafen sie sich. Die Ber- *) Das Regiment Cambridge-Dragoner, das aus dem 3. leichten Dragoner-Regiment der Königl. Deutschen Legion hervorgegangen (25. Nov. 1805), dessen Tradition jetzt das 1. Hannov. Dragoner-Regiment Nr. 9 in Metz fortsetzt, stand beim Ausbruch des Kriegs 1866 in Celle in Garnison. Es war am 14. Juni 1866 gerade beim Regimentsexerzieren, als die Kriegserklärung eintraf. Es hat sich in der Schlacht bei Langensalza besonders ausgezeichnet durch die Attacke auf die Batterie von Blottnitz und auf das Karree des Oberstleutnants des Barres. (2. Schwadron, v. Schnehen, dem auch der Erzähler angehörte.) Tecklenburg u. Dageförde. Quellenlesebuch f. d. Prov. Hannover. 10