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1. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 61

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
Achtes Kapitel. 61 der Städte haben, die sie nur durch Unterstützung der Ritterschaft zu be- schranken hoffen konnten. Mit um so größerer Entschiedenheit handelten die geistlichen Machthaber, gegen Landfriedensbrecher; aber ihr Arm war zu schwach; die Gegner zu sehr verzweigt, häufig voll Zuversicht auf den Schutz ihres Landesherrn. Dagegen übte der geheime Gerichtshof der heiligen Vehme, an deren Spitze mächtige Gebieter zu stehen pflegten, gegen Verbrecher jeder Art eine Gewalt aus, die um so mehr gefürchtet wurde, als man sich ihr, der ver- borgenen , nur schwer entziehen konnte. Dieses Gericht, dessen Beisitzer Vehmgenossen, Wissende genannt wurden, ließ den rasch gefällten Spruch eben so rasch vollziehen; es wurde abwechselnd in den verschieden- sten Gegenden unseres Landes gehegt. Zu rascher Blüthe erhoben sich während dieses Zeitraums die Städte, in denen die vielfach gedrückten unteren Stände sich des Schutzes der Ge- rechtigkeit und eines unbeläftigten Verkehrs zu erfreuen hatten. Nur durch unverrücktes Streben nach dem einigen Ziel der Freiheit ihrer Stadt, welche sie durch erkaufte oder geschenkte Zugeständnisse des Landesherm begründe- ten, konnten die Bürger erstarken. Gerade daß sie sich nimmer einer sorg- losen Ruhe ergeben durften, sondern vor der Feindschaft der Burgherren im- mer auf der Hut sein mußten, verlieh ihnen einen rüstigen, unerschrockenen, ausdauernden Sinn. Weil die errungene Freiheit nur durch Waffen be- hauptet werden konnte, lernten die Bewohner der Städte frühzeitig sich derselben bedienen. In Genossenschaften geordnet, zogen sie in den Streit, an ihrer Spitze gewöhnlich ein kampferfahrener Edler, welcher das Amt ei- nes Stadthauptmanns bekleidete. Außer den Mauern und Thürmen schütz- ten Landwehren die Stadt und deren Weichbild. Auch die kleineren Städte unseres Landes wurden in dieser Zeit mit genügenden Befestigungen ver- sehen. Der durch den Handel erworbene Reichthum ließ nicht allein diese Kosten bestreiten, sondern bot auch die Mittel zum Aufbau prächtiger Kir- chen und geschmackvoll aufgeführter Rathhäuser. Der Bürger war stolz auf den Schutz, welchen ihm ein entweder selbst durchgebildetes, oder von Schwesterstädten entlehntes Recht verhieß. Die Bestimmungen desselben dienten dazu, das Selbstbewußtsein des Einzelnen zu nähren; nur schlechte, feige Handlungen, als Diebstahl und Verläumdung, wurden mit Strenge geahndet; solche, welche mehr aus dem Gefühl ungebändigter Kraft her- vorgingen, oder in der Heftigkeit der Leidenschaften begangen wurden, konn- ten durch Geld gebüßt werden. Die meisten größeren Städte unseres Lan- des kauften sich nach und nach von der Gerichtsbarkeit des fürstlichen Voigts los, so daß selbst der Blutbann in die Hände der selbstgewählten Raths-

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1. Teil 2 - S. 86

1911 - Leipzig : Dürr
— 86 — b) Wie wir heute in unserem Stadtrat besondere „Kommissionen" haben, gab es auch schon damals eine Arbeitsteilung innerhalb des Rates. So standen Kämmerer, Feuerherren, Bauherren, Mühlenherren, Marktherren, Forstherren, Fischherren, Wegeherren an der Spitze der entsprechenden Verwaltungszweige. Alle diese Ämter waren unbesoldet, nur der Stadtschreiber und die unter ihm stehenden Beamten empfingen Gehalt. Die Ausgaben der Städte waren oft ganz bedeutend, denn nicht nur, daß sie ihre Befestigungswerke zu unterhalten, kostspielige Geschütze zu beschaffen, zahlreiche Söldner auszurüsten hatten, errichteten die Städte auch Lagerund Kaufhäuser, Mühlen aller Art, Schlachthäuser, Gewandhäuser, Gerbereien, Webereien, Kranken- und Siechenhäuser usw. Um die Ausgaben bestreiten zu können, zu denen auch noch die Abgaben und außerordentlichen Beiträge kamen, die sie an den König und den Landesherrn zu entrichten hatten, erhoben die Städte von den Bürgern eine Steuer von deren Besitztum, daneben noch eine indirekte Steuer, das Ungeld, die zunächst auf Getränke, später auch auf Lebensmittel gelegt wurde. c) Der Rat der Stadt sorgte für die äußere Sicherheit, für Ruhe und Frieden, für Schutz gegen Feuersgefahr, für gute Herstellung der Bauten, für Schutz in Krankheiten. Ebenso ließ er es sich angelegen sein, daß den Bürgern die Nahrung gut und nicht zu teuer geliefert wurde, die Handwerker und Kaufleute sie ehrlich bedienten und nicht übervorteilten, andrerseits schützte man den Handwerker gegen Verteuerung seiner Rohstoffe, gegen den Wettbewerb durch auswärtige Erzeugnisse, wie sie der Handel mit sich brachte, und den einheimischen Kaufmann gegen den Wettbewerb des fremden. Der Stadtrat sorgte für rechtes Maß und Gewicht sowie für gute Münze. Endlich kümmerte sich die Obrigkeit auch um das Wohl der Bürger, indem sie die Sinnlosigkeit und den allzu großen Lebensgenuß bekämpfte. ch^Der Stadtrat war nicht nur Verwaltungsbehörde, sondern zugleich auch Gerichtsbehörde für die Stadt. Da das in der Stadt geltende Recht schriftlich festgestellt war, so hatte die Rechtsprechung eine sichere und feste - Grundlage. Jeder Bürger mußte sein Recht beim Stadtrat suchen und sich mit dessen Urteil begnügen, wem das nicht behagte, der konnte seiner Wege ziehen. Das heillose Fehderecht, wie es auf dem Lande herrschte, wurde in der Stadt nicht geduldet. Auch nach außen htn, selbst in weite Fernen, vertraten die Städte Rechte und Ansprüche ihrer Bürger. Diese Verhältnisse übten eine große Anziehungskraft auzv deshalb erfolgte ein andauernder Zudrang vom Lande her, wobei allerdings auch manch unsauberer Geselle, der draußen seiner harrenden Gerechtigkeit zu entgehen suchte, in die Stadt kam. e) Die Stadtverwaltungen hatten manche Sorgen, obenan besonders diejenige, die Stadt bei ihren Freiheiten und Vorrechten dem Landesherrn oder dem Kaiser gegenüber zu erhalten. Alle Städte hatten gleichmäßig ihre liebe Not mit dem umwohnenden Adel und Herrentum; nur zu oft

2. Diesterwegs Realienbuch - S. 61

1913 - Frankfurt a.M. : Diesterweg
61 der alle Steuermann mit spitzer Kappe leitet das Fahrzeug durch die wogen,- ein Jüngling am Tauwert weist auf den Leistand von oben. Köln hat als ältestes Wappen den heiligen Petrus, mit den Schlüsseln auf dem Stuhle sitzend,- Magdeburg hat seit uralter Zeit eine Jungfrau über den Zinnen sich erwählt,- Worms zeigte den Lindwurm und deutete damit vielleicht auf den Drachen, den Siegfried erschlug,- Hamburg und vielen anderen Städten behagte das dreifach betürmte Stadttor,- Berlins ältester Lär schritt aufrecht zum Angriff und trug nicht Halsband noch Kette. hinter den düsteren Mauern der Städte wurden Gesang und Saiten- spiel gepflegt. Ruch diese Kunst bildete sich nach der Sitte der Zeit in Zunft und Schule aus und erheiterte das ernste Leben der Bürger. Manche Städte unseres Vaterlandes waren erfüllt mit einer Unzahl von Spielleuten. Fiedel, Harfe, Pfeife und Zinte waren teure Instrumente. Vas Lob alter Heldendegen ließ man in Liedern ertlingen. Auch die Lust an der Natur war in den dumpfen Gassen erwacht. Überall wurde in den deutschen Städten das Frühlings- fest mit Lust und Jubel begangen. Unter allerlei Leibesübungen und Spielen, mit Gesang und Tanz begleitet, verlebte man den Tag. Diese Sitte war aus dem Dorfe mit den eingebürgerten Bauern in die Stadt gezogen, verwandelte sich aber im 14. Jahrhundert in einen Auszug der Schühenbrüder- schaften. Tin bunter Frühlingsoogel wurde nun von der Stange herabgeschossen und der beste Schütze belränzt. Das Kriegswesen lag den Bürgern ob. Jeder zünftige Meister nutzte mit Waffen versehen sein. Diese waren von der verschiedensten Art und den wunderlichsten Namen. Im gewöhnlichen Leben war das Tragen derselben auf Markt und Gasse verboten,- auf Reise und Fahrt ging aber jedermann be- wehrt. Jede Zunft war im Besitz eigener Banner und Zeughäuser,- die Zunft- meister waren die Führer gegen den Feind. Die gebräuchlichste Waffe war die Armbrust, deren Erfindung dem Morgenlande angehört,- die Bürger gebrauchten sie mit grotzer Wirkung von den Zinnen ihrer Städte herab. Nach G. Fregtag. Das Leben der Bauern. Das Grundübel, woran der Bauernstand krankte, war die Leibeigen- schaft. Trotz des dagegen streitenden christlichen Bewußtseins hatte sie sich infolge des germanischen Lehnswesens immer weiter verbreitet. Oie Zahl leib- eigener Bauern wuchs besonders reißend seit dem Rückgänge der königlichen Gewalt. Solange ein starker Regent über den Fürsten und Herren stand, konnte sich das alte Freibauerntum, die freie Markgenossenschaft, behaupten,- als aber die kaiserliche Macht sank, die fürstliche dagegen stieg, entbehrte der Bauer des Rechtsschutzes, namentlich in den unsicheren Zeitläuften. Tr sah sich genötigt, den Schutz des Mächtigsten in seiner Nachbarschaft, eines Feudalherrn, eines Klosters oder einer Stadt, nachzusuchen. Für die Gewährung des Schutzes nutzte er dann gewisse Verpflichtungen übernehmen, meist die Zahlung eines Schutz- oder Schirmgeldes (Geld oder Naturalien) und die Leistung von mancherlei Diensten. Damit war die Freiheit dahin, das bäuerliche Eigentum war zins- pflichtig. Nur im Lande Dithmarschen und in der Schweiz erhielt sich der freie, selbständige Bauernstand. Oie Lasten und Fronden wuchsen sonst überall immer mehr an, der Schutzherr wurde zum Gebieter und Treiber, und der Bauer, ob- wohl er sich freiwillig in den Schutz begeben hatte, zum Knecht und Sklaven. Im Streite der Großen war es der Bauer, der die Zeche bezahlte,- denn um dem Gegner, der hinter festen Mauern satz, Schaden zuzufügen, brannte man der Lauern Dörfer nieder, verwüstete ihre Felder und trieb ihr Vieh weg.

3. Mit einem Stahlstich - S. 12

1837 - Stuttgart : Belser
12 Erstes Hauptstück. wir uns die Gefahren, welche beinah' an jeder Waldecke ihm drohten, und die häßlichen Quartiere, worin er bei Nacht von seinen Mühseligkeiten vergeblich auszuruhen suchte: so empfinden wir gewiß nicht das mindeste Ver- langen nach der Wiederkehr dieser oft schwärmerisch ge- priesnen Zeiten. Was sie am auffallendsten von der Gegenwart unterscheidet, ist ein gewisser Stempel von Rohheit, welcher den Erscheinungen im Großen und Klei- nen dergestalt anklebt, daß selbst die im Schwange gehenden Laster mehr das Gepräge der Brutalität als der Bosheit tragen. Mit Vergnügen nehmen wir daher einzelne Aus- nahmen wahr, die den Beweis liefern, daß man da und dort schon den Weg zur Menschlichkeit und Kultur betre- ten hatte. In Antwerpen und andern Städten der Nie- derlande durfte der Schultheiß keinen Bürger ohne Vor- wissen des Bürgermeisters verhaften, man hätte ihn denn unmittelbar über einer Missethat ergriffen. Ein recht- mäßig verhafteter Bürger mußte spätestens in drei Tagen vor den regierenden Rath gebracht werden, welcher als- dann die Verhaftung bekannt machen ließ. Die Verhöre fanden bei offnen Thüren Statt, so daß Jeder hören und sehen konnte, was vorgieng. Der Schultheiß trug gleich im ersten Verhöre das begangne Verbrechen vor, und for- derte, daß die im Gesetz angeordnete Strafe ausgesprochen werde. Sofort hatte der Beklagte die Freiheit, Anwälde und Beistände zu wählen, welche ihm beliebten. Wurde die Anklage grundlos erfunden, so mußte der Kläger, oder die obrigkeitliche Person, welche den Angeklagten belangt hatte, die Kosten zahlen. War die Anschuldigung von keinem großen Belang, so ließ mau den Verhafteten gegen gestellte Sicherheit sogleich wieder los. Die Folter konnte nur mit Einwilligung der Bürgerschaft verhängt werden, und wenn der Rath und die Bürgerschaft dieselbe nöthig fanden, wurde der Beklagte zuvor seines Bürgerrechtes

4. Das sechste Schuljahr - S. 297

1902 - Langensalza : Schulbuchh.
297 Obwohl die Ungarn versuchten, die Bnrg zu erobern, so waren doch alle ihre Angriff vergebens. Doch gelang es einem säch- sischen Heerhaufen, einen nngarischen Häuptling gefangen zu nehmen und vor den König zu führen. Seine Landslente boten für seine Befreinng ein hohes Lösegeld. Heinrich schlng ihr Gold und Silber ans. Er gab den Häuptling nnr unter der Be- dingnng frei, daß die Ungarn mit ihm einen nennjährigen Waffen st ill st and schließen mnßten. Doch mnßte sich Hein- rich verpflichten, ihnen einen jährlichen Tribnt (Abgabe) zu zahlen. c) Heinrich als Städtegründer.) Die Zeit des Waf- fenstillstandes benntzte Heinrich nnn ans das beste, um sein Volk gegen neue Einfälle der Ungarn zu schützen. Damals hatte Deutschland noch wenig Städte. Die Deutschen wohnten viel lie- der ans ihren offenen Höfen ans dem Lande als in den Städten. Sie sagten: ,,Sollen wir uns lebendig begraben lassen? Die Städte sind nichts anderes als Gräber." Doch der kluge Heinrich wußte Rat. Er ließ im östlichen Sachsen und Thüringen Burgen anlegen und diese mit Mauern und Gräben umgeben. Eine solche ummauerte Stätte wurde Stadt oder Bnrg genannt. Die Bewohner hießen Bürger. Um nnn Bewohner für die Städte zu bekommen, befahl Heinrich, die Leute sollten losen, und je einer aus 9, den das Los träfe, sollte vom Lande in die Stadt ziehen. Die anderen 8 mnßten den Acker bestellen und den drit- ten Teil von ihrer Ernte in die festen Plätze bringen. Dies ge- schah ans dem Grunde, damit das Landvolk, wenn es zur Kriegs- zeit in den festen Städten Schutz suchte, nicht Mangel littt, sondern aus längere Zeit Lebensmittel vorfand. Heinrich ver- legte auch die Märkte und Festlichkeiten in die Städte, um die Deutschen an größeres Zusammenleben zu gewöhnen. Um diese Zeit entstanden Quedlinburg, Merseburg, Goslar, Meißen u. v. a. Städte. Man nennt Heinrich I. deswegen auch den Städte- gründer. Als die Ungarn nach 9 Jahren wiederkamen und die Bauern nun ihr Vieh und ihre sonstigen Habseligkeiten in die ummauerten Städte flüchte:: konnten, da erkannte man den Nutzen der festen Plätze. Jetzt jubelte alles dem Städteerbauer entgegen und frente sich des Königs. ä)' (Heinrich als Gründer des R e i t e r h e e r e s.) Heinrich benntzte die Zeit des Waffenstillstandes aber nicht allein zur Gründung von Städten, sondern auch zur Ausbildung seines

5. Teil 1 - S. 141

1895 - Essen : Bädeker
141 der eine dieses, der andere jenes Gewerbe trieb und sich zunächst ein Tausch- handel entwickelte; wenn dadurch die Fragen über das „Mein und Dein" immer schwieriger wurden; wenn endlich unter den durch ihre Wohnsitze verbundenen Köpfen auch unruhige waren, welche in Schranken gehalten und nötigenfalls durch Strafen von der Wiederholung ihrer Ruhestörungen und Missethaten abgeschreckt werden mußten: so ist leicht einzusehen, daß es fester Gesetze bedurfte, durch welche Handel und Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die andern nicht in ihren Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur mußte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und darüber zu wachen habe, daß es nicht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Volksstämme ist undenkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unterordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel weniger läßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestandteilen bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der wir leben, ohne daß noch eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Diener, dem Unterthanen wie dem Fürsten rc. Ein solches strenggeordnetes, wohl- gegliedertes Ganze aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesem Worte haben wir die vollkommenste Form des gesellschaft- lichen Zusammenlebens ausgesprochen. Wie der Ackerbau die Grundlage für alle höhere Gesittung, so ist der Staat die vollendetste Ausbildung derselben; alle Güter des Kulturlebens finden in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pflege. Was sollte aus uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, was wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unsern nächsten Ange- hörigen niemand mehr um uns bekümmerte; wenn wir Haus und Hof, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willen der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit bewachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden wir in jenen Zu- stand zurücksinken, wo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt unser Leben fördern und uns Sicherheit oder doch, wenn das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hülfe bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, wie Diebstahl, Mord rc., sondern auch gegen feindliche Naturgewalten, wie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, ver- heerende Krankheiten rc. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei." Und wenn wir etwa meinen wollten, dafür sei der Staat, den sich über- haupt fälschlich manche nur als einen unbequemen Gebieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander erreichen: so fragt euch nur, wie

6. Teil 1 - S. 141

1900 - Essen : Bädeker
141 der eine dieses, der andere jenes Gewerbe trieb und sich zunächst ein Tausch- handel entwickelte; wenn dadurch die Fragen über das „Mein und Dein" immer schwieriger wurden; wenn endlich unter den durch ihre Wohnsitze verbundenen Köpfen auch unruhige waren, welche in Schranken gehalten und nötigenfalls durch Strafen von der Wiederholung ihrer Ruhestörungen und Missethaten abgeschreckt werden mußteil: so ist leicht einzusehen, daß es fester Gesetze bedurfte, durch welche Handel und Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die andern nicht in ihren Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur mußte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und darüber zu wachen habe, daß es nicht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Volksstämme ist undenkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unterordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel weniger läßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestandteilen bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der wir leben, ohne daß noch eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, den: Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Diener, dem Unterthanen wie dem Fürsten rc. Ein solches strenggeordnetes, wohl- gegliedertes Ganze aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung Leider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesem Worte haben wir die vollkommenste Form des gesellschaft- lichen Zusammenlebens ausgesprochen. Wie der Ackerbau die Grundlage für alle höhere Gesittung, so ist der Staat die vollendetste Ausbildung derselben; alle Güter des Kulturlebens finden in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pflege. Was sollte aus uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, was wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unsern nächsten Ange- hörigen niemand mehr um uns bekümmerte; wenn wir Haus und Hof, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willen der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit bewachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden wir in jenen Zu- stand zurücksinken, wo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt -unser Leben fördern ttttb uns Sicherheit oder doch, wenn das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hülfe bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, wie Diebstahl, Mord rc., sondern auch gegen feindliche Naturgewalten, wie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, ver- heerende Krankheiten rc. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei." Und wenn wir etwa nieinen wollten, dafür sei der Staat, den sich über- haupt fälschlich manche nur als einen unbequemen Gebieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander erreichen: so fragt euch nur, wie

7. Teil 1 - S. 122

1891 - Essen : Bädeker
r — 122 — der eine dieses, der andere jenes Gewerbe trieb und sich zunächst ein Tausch- handel entwickelte; wenn dadurch die Fragen über das „Mein und Dein" immer schwieriger wurden; wenn endlich unter den durch ihre Wohnsitze verbundenen Köpfen auch unruhige waren, welche in Schranken gehalten und nötigenfalls durch Strafen von der Wiederholung ihrer Ruhestörungen und Missethaten abgeschreckt werden mußten: so ist leicht einzusehen, daß es fester Gesetze bedurfte, durch welche Handel und Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die andern nicht in ihren Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur mußte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und darüber zu wachen habe, daß es nicht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme ist undenkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unterordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel weniger läßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestandteilen bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der wir leben, ohne daß noch eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Diener, dem Unterthanen wie dem Fürsten re. Ein solches strenggeordnetes, wohl- gegliedertes Ganze aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung Leider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesem Worte haben wir die vollkommenste Form des gesellschaft- lichen Zusammenlebens ausgesprochen. Wie der Ackerbau die Grundlage für alle höhere Gesittung, so ist der Staat die vollendetste Ausbildung derselben; alle Güter des Kulturlebens finden in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pstege. Was sollte ans uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, was wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unsern nächsten Ange- hörigen niemand mehr um uns bekümmerte; wenn wir Haus und Hof, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willen der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit bewachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden wir in jenen Zu- stand zurücksinken, wo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt unser Leben fördern und uns Sicherheit oder doch, wenn das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hülfe bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, wie Diebstahl, Mord re., sondern auch gegen feindliche Naturgewalten, wie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, ver- heerende Krankheiten re. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei." Und wenn wir etwa meinen wollten, dafür sei der Staat, den sich über- haupt fälschlich manche nur als einen unbequemen Gebieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander erreichen: so fragt euch nur, wie

8. Theil 2 - S. 157

1821 - Nürnberg : Campe
157 — ren, dre sich eine unermeßliche Beute versprachen, nicht aber nach dem Rach seiner erfahrensten Generale. Zum Glück für die Bewohner hatten die Türken dem Herzog von Lothringen Zeit gelassen^ 12,000 Mann Besatzung in die Stadt zu werfen. Mit Hülfe der Bürger wurde sie in Vertheidigungsstand gesetzt. Was da arbeiten konnte, das mußte arbeiten und arbeitete gern, denn die Angst hatte alle Gemüthcr ergriffen. Bald ertönte der Donner der Kanonen. Die Belagerer hatten aber nicht genug Ortkenntniß, darum griffen sie den Platz gerade an seiner stärksten Seite an, und verloren viel Zeit und Mannschaft mit einigen Außenwerken, deren sie sich bemächtigten und noch mehr mit Ausplünderung der Gegend rings umher. Die Belagerten, deren Ver- mögen, Freiheit und Leben auf dem Spiele stand, ver- theidigten sich unter ihrem tapfer« Anführer, Ernst Rü- diger von Stahrenberg, auf das muthigste. Alle noch so heftige Angriffe der Türken wurden abgeschlagen; keiner von ihnen kam lebendig in das Innere der Stadt. Doch stieg die Gefahr mit jedem Tage. Die Türken ließen am 4ten September eine große Mine unter der Burgbastei springen, wovon die Bastei bis zu einer Lange von fünf Klaftern auseinander gerissen wurde. Die ganze Stadt wurde von dem Stoß erschüttert. Durch eine zweite Mine, die sprang, wurde der Riß so groß, daß mehrere Feinde nebeneinander hindurchdringen konn- ten. Die Gefahr war aufs höchste gestiegen. Der Graf Stahrenberg sandte Boten auf Boten um Hilfe ab. Unterdessen waren bei dem kaiserlichen Heere die er- warteten Hülfstruppen, auch noch mehr Rerchsmann- schaft, angekommen, doch erschien der König von Polen nur einstweilen niit 15,000 Reitern und 3000 Fußgän- gern. Er vereinigte sich mit dem Hauptheere, das nun- mehr ,64,000 Mann stark war, und jetzt wurde das tür-

9. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 340

1910 - Wittenberg : Herrosé
340 Xii. Gesetz und Recht. Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die anderen nicht in ihren Ansprüchen aus die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur mußte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und dar- über zu wachen habe, daß es tticht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme ist un- denkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unter- ordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel weniger läßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestand- teilen bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der wir leben, ohne daß noch eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Diener, dem Untertanen wie dem Fürsten usw. Ein solches streng geordnetes, wohl gegliedertes Ganze aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesem Worte haben wir die vollkommenste Form des gesell- schaftlichen Zusammenlebens bezeichnet. Wie der Ackerbau die Grund- lage für alle höhere Gesittung ist, so ist der Staat die vollendetste Aus- bildung derselben; alle Güter eines gebildeten Volkes finden in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pflege. Was sollte ans uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, was wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unseren nächsten Angehörigen niemand mehr um uns bekümmerte; wenn wir Haus und Hof, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willen der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit be- wachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden wir in jenen Zustand zurücksinken, wo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt unser Leben fördern und uns Sicherheit oder doch, wenn das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hl^e bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, wie Diebstahl, Mord usw.,' sondern auch gegen zerstörende Naturgewalten, wie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, verheerende Krankheiten usw. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei." Und wenn wir etwa meinen wollten, dafür sei der Staat, den sich überhaupt manche fälschlich nur als einen unbequemen Gehieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das Nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander er- reichen: so fragt euch nur, wie lange es mit dem guten Willen aller einzelnen Mitglieder einer solchen Gesellschaft dauern würde, an der jemand nur teilnähme wie etwa an einem Turnvereine oder Sänger-

10. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 340

1903 - Wittenberg : Herrosé
340 Xii. Gesetz und Gesetz. Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die anderen nicht in ihren Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur mußte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und darüber zu wachen habe, daß es nicht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme ist un- denkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unterordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel weniger läßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestandteilen bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der wir leben, ohne daß noch eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Diener, dem Untertanen wie dem Fürsten usw. Ein solches streng geordnetes, wohl gegliedertes Ganze aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesem Worte haben wir die vollkommenste Form des gesell- schaftlichen Zusammenlebens bezeichnet. Wie der Ackerbau die Grundlage für alle höhere Gesittung ist, so ist der Staat die vollendetste Aus- bildung derselben; alle Güter eines gebildeten Volkes finden in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pflege. Was sollte aus uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, was wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unseren nächsten Angehörigen niemand mehr um uns bekümmerte; wenn wir Haus und Hof, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willen der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit be- wachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden wir in jenen Zustand zurücksinken, wo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt unser Leben fördern und uns Sicherheit oder doch, wenn das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hilfe bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, wie Diebstahl, Mord usw., sondern auch gegen zerstörende Naturgewalten, wie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, verheerende Krankheiten usw. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei." Und wenn wir etwa meinen wollten, dafür sei der Staat, den sich überhaupt manche fälschlich nur als einen unbequemen Gebieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das Nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander er- reichen: so fragt euch nur, wie lange es mit dem guten Willen aller einzelnen Mitglieder einer solchen Gesellschaft dauern würde, an der jemand nur teilnähme wie etwa an einem Turnvereine oder Sänger-

11. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 340

1906 - Wittenberg : Herrosé
340 Xii. Gesetz und Recht. Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wurde, damit er die änderet: nicht in ihrer: Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigte. Und nicht nur n:::ßte bestimmt werden, was als Recht gelten sollte, sondern auch, wer es zu verwalten und dar- über zu wachen habe, daß es nicht übertreten würde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme istun- denkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unter- ordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Wieviel tveniger laßt sich eine aus so vielen und so verschiedenartigen Bestand- teilei: bestehende Gemeinschaft denken, wie diejenige, in der tvir leben, ohne daß ::och eine weit genauere Bestimmung dafür getroffen ist, daß jeden: das Seii:e werde: den: Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, den: Herrn wie den: Diener, dem Untertanen wie den: Fürsten usw. Ein solches streng geord::etes, wohl gegliedertes Ganze aber, worin jeden: seine Rechte und Pflichtei: angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Mit diesen: Worte haben tvir die vollkommenste Form des gesell- schaftlichen Zusammenlebens bezeichnet. Wie der Ackerbau die Grund- lage für alle höhere Gesittung ist, so ist der Staat die vollendetste Aus- bildung derselbe::; alle Güter eines gebildeten Volkes findet: in seinem Schoße ihren Schutz und ihre Pflege. Was sollte aus uns werden, wenn plötzlich alles das aufhörte, ivas wir jetzt an staatlicher Fürsorge genießen; wenn sich außer unsere:: nächsten Angehörigen niemand mehr um uns bekümmerte; tveni: wir Haus und Hos, Handel und Wandel und selbst unser Leben und Sterben dem bloßen guten Willei: der Menschen anheimstellen müßten; wenn jeder sich' selbst zu schützen hätte und uns keine Obrigkeit be- wachte! Wie schnell wären alle die Güter vernichtet, deren wir uns jetzt erfreuen, wie rasch würden tvir in jenen Zustand zurücksinken, tvo jeder allein für sich sorgt und nur das Recht des Stärkeren gilt! Was würde aus allen den gemeinnützigen Einrichtungen werden, die jetzt unser Leben fördern und uns Sicherheit oder doch, tveni: das Unglück einmal nicht zu verhüten ist, Hilfe bieten, und zwar nicht nur gegen die Eingriffe der Menschen, tvie Diebstahl, Mord usw., sondern auch gegen zerstörende Naturgewalten, tvie Feuers-, Wassers- und Hungersnot, verheerende Krankheiten usw. Es würde sich das Wort Schillers erfüllen: „Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu; der Gute räumt den Platz dem Bösen, und^alle Laster^waltenarei." Und wenn tvir etwa meinen wollten, dafür sei der Staat, den sich überhaupt manche fälschlich nur als einen unbegüemen Gebieter und Steuerforderer denken, nicht notwendig, das Nämliche ließe sich auch durch eine einfache Verabredung der Bürger untereinander er- reichen: so fragt euch nur, wie lange es mit dem guten Willen aller einzelnen Mitglieder einer solchen Gesellschaft dauern würde, an der jemand nur teilnähme tvie etwa an einem Turnvereine oder Sänger-

12. Geschichte von Göttingen und Umgegend - S. 33

1897 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 33 - zur Jagd nach dem Hagen gingen, führte sie nach Harste und legte sie in Stock und Hast. Erst gegen Zahlung emer Losesumme erhielten die beiden Gefangenen ihre Freiheit. Statt nun den Fnedensbrecher, der die Rechte und Freiheiten der Stadt grob verletzt hatte, zu bestrafen ritt der Herzog eines Tages mit einer Schar bewaffneter Knechte in das Dorf Grone ein. brannte mehrere Hauser auf dem Kirchhofe nieder und umzog diesen mit Graben und Pfahlwert. -Da traten die Göttinger dem Herzoge mit ihrem Freibriefe entgegen und forderten Genugthuung. Herzog Otto ließ sich jedoch aus mchts em. Infolgedessen sandten Rat und Bürgerschaft dem Landesherrn int April 1387 einen offenen Absagebrief; darin hieß es: „Können wir uuö der unrechten Gewalt und unseres Schadens an Euch, au Land, Leuten und Gütern erwehren, so wollen wir es thun, unsere Ehre Jvolsi Euch verwahret haben und Euch da nicht zu antworten; denn das Recht sagt uns frei, ledig und los von aller Treue und Pflicht wegen der unrechten Gewalt, die Ihr an uns gethan habt mü Raub und Brand und Gefängnis, wider Eure besiegelten Briefe". Dann stürmten die Bürger den Bollrnz, nahmen die Knechte, welche m der Burg waren gefangen, brachen Türme, Mauern und Zwinger ab und ließen das Stadtthor neben der Burg, durch welches der Herzog emzurerten pflegte, zumauern. Auch die Burganlage in Grone zerstörten sie und brachten die Besatzung von dreißig Knechten gefangen ins Thor. 3. Nnn rüstete sich der Herzog, die Lrtadt zu züchtigen. Benachbarte Fürsten, die Ritter seines Landes, selbst die Städte Brauu-schweiq und Goslar- standen aus seiner Seite und sandten Mdebnese an Göttingen. Im Sommer 1387 führte der Herzog em großes Heer heran verwüstete, was die Stadt an Feld und Wald, Hosen und Leuten in der Umgegend besaß, sengte und brannte in den Stadtdorfern, daß die Bauern entsetzt davonliefen; dann fing er an, dre Stadt zu belagern. Die Bürger verteidigten sich von ihren Türmen und Mauern aus so tapfer, daß der Herzog nichts ausrichten konnte. Er mußte abziehen; in seinem Zorn äscherte er noch Rosdorf ein und ließ seine Mannen und Knechte auf der Brandstätte zurück. Während der Zelt rüstete sich die Bürgerschaft zu offener Feldschlacht. Am 22 jult 1387 öffnete sich das Gronerthor und heraus zog mit wehendem (Ltadt-banner die gesamte wehrhafte Bürgerschaft, an ihrer Spitze der Stadthauptmann Ernst von Uslar. Zwischen Rosdorf und Grone aus dem Felde, das noch heute den Namen Streitacker führt, stieß das Heer der Bürger aus die Herzoglichen. Mit freudigem Mute kämpften Rat. Gilden und die ganze Gemeinde einen heißen Kampf gegen die Ritterschaft des Landes; mancher Göttinger fiel tot oder verwundet nieder; aber die Stadt trug den Sieg davon. Adelige Männer in großer Zahl wurden gefangen genommen, unter ihnen die Herren von Plesse, Berthes von Adelebsen, Bertholt) von Oldershausen, Günther von Bovenden, Heise und Tile von Kerstlingerode und manche andere. Im Siegeszuge, unter dem Geläute der Glocken, wurden die Gefangenen jubelnd in die Stadtgeführt.

13. Die vorchristliche Zeit - S. 141

1866 - Leipzig : Brandstetter
141 sich den beiden jubelnden Spartanern, zogen ihre Dolche und stießen sie nieder. Zu gleicher Zeit wurden auch die übrigen Anführer der Spar- taner ermordet. Ueber diesen Tumult erwachten die Bürger. Jeder zündete in seinem Hause Licht an. hielt aber die Thür dicht verschlossen. Alle erwarteten ängstlich den Anbruch des Tages. Da erschienen die Befreier, feierlich von den Priestern geleitet, welche Friedenskränze in die Höhe hoben, aus dem Marktplatze, wohin das ganze Volk zusammengeströmt war. Epa- minondas trat aus und schilderte der versammelten Menge in einer er- greifenden Rede die glorreiche That des Pelopidas. „Wer noch ein Herz hat," sprach er, „für sein Vaterland, der ergreife die Waffen zur Ver- theidigung der Freiheit!" Freudig folgte das Volk diesem Rufe. Auch die Athener, welche keine Gelegenheit vorbeigehen ließen, wo sie ihren Erb- feinden schaden konnten, schickten Hülfstruppen. Die Burg wurde hart belagert und schon nach einigen Tagen mußte sich die spartanische Be- satzung ergeben. So wurde Theben wieder frei. 2. Epaminondas. Es war aber vorauszusehen, daß die stolzen Spartaner es nicht ge- duldig ertragen würden, daß man ihnen die köstliche Beute so aus den Händen gerissen hatte. Sie rüsteten ein furchtbares Heer und zogen gegen Theben. Jeder, der den drohenden Zug ansah, hielt die arme Stadt für verloren. Die Thebaner jedoch, durch die gelungene That des Pelopidas ermuthigt, rüsteten sich zur tapferen Vertheidigung ihrer wieder errungenen Freiheit und stellten zwei treffliche Männer an die Spitze ihres Heeres, Pelopidas und Epaminondas. An diesem herrlichen Frenndespaar ist es recht offenbar geworden, wie einzelne große Männer die Kraft und der Segen eines ganzen Volkes sind; mit Pelopidas und Epaminondas sank auch Thebens Ruhm und Größe. Epaminondas stammte aus einer edeln, aber verarmten Familie, die jedoch seine Erziehung nicht vernachlässigt hatte. In den Wissenschaften hatte der Jüngling solche Fortschritte gemacht, daß er bald mit den be- rühmtesten Männern Griechenlands wetteifern konnte. Dazu erwarb ihm sein gerades, biederes, liebevolles Wesen viele Freunde, unter andern auch den Pelopidas. Dieser hätte gern seinen Reichthum mit ihm getheilt; aber nie war er zu bewegen, auch das Geringste anzunehmen, so drückend auch oft seine Lage war. Er hatte nur ein einziges Oberkleid und konnte einst mehrere Tage hindurch gar nicht aus dem Hause gehen, weil dieses gerade in der Wäsche war. Ehrenstetten suchte er nie; sobald aber das Vaterland seine Dienste verlangte, war er bereit. Man mochte ihm einen hohen oder niederen Posten anweisen, er verwaltete ihn stets mit der größ- ten Gewissenhaftigkeit. Sein Grundsatz war, der Mann müsse seinem Amte Ehre machen, nicht aber das Amt dem Manne. Einem persischen Gesandten, der mit Säcken Goldes zu ihm kam, um ihn zu bestechen,

14. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 8

1908 - Schleswig : Bergas
3. Karl bet Große war ein gewaltiger Kriegsmann, der in 42 Kriegen fast immer siegte. Besonders viel zu tun machten ihm die heidnischen Sachsen, die zwischen Rhein und Elbe wohnten. Diese fielen wiederholt in Karls Reich ein und raubten und mordeten. Karl zog mit einem großen Heere gegen sie, um sie zu unterwerfen und zum Christentum zu bekehren. Aber kaum hatte er sie besiegt, so erhoben sie sieh trotzig wieder. 32 Jahre lang dauerte der erbitterte Kampf; denn die Sachsen fochten heldenmütig für ihre Freiheit und für ihre Götzen. Endlich wurden sie gänzlich besiegt und traten zum Christentum über. 4. Karl der Große vergrößerte sein Reich immer mehr und vereinigte zum erstenmal alle deutschen Staaten bis zur Elbe. Sein Reich umfaßte aber nicht nur Deutschland, sondern auch das heutige Frankreich, Spanien bis znm Ebro und den größten Teil Italiens. Dieser Riesenstaat war der größte und mächtigste der ganzen Welt. Karl beherrschte fast die ganze Christenheit, und sein Ruhm erscholl in allen Ländern. Darum erhielt er auch mit Recht den Beinamen „der Große". 5. Im Jahre 800 wohnte Karl der Große am Weihnachtsfest dem Gottesdienst in der Peterskirche zu Rom bei. Da trat plötzlich der Papst an ihn heran, setzte ihm eine goldene Krone aufs Haupt und salbte ihn zum Kaiser über die gesamte Christenheit. 6. Am liebsten weilte Karl wegen der warmen Bäder in Aachen. Hier schloß der große Kaiser als 72jähriger Greis für immer die Augen. Ans ver- goldetem Stuhle sitzend, ruht er im vollen Kaiserschmuck im Dome zu Aachen. 9. Entstehung der Städte, des Handwerks, der Märkte und des Geldes. 1. Da die Deutschen in frühester Zeit ihre Häuser in die Mitte ihrer Felder bauten, lagen sie meist weit auseinander. Kamen nun Räuber oder gar Mörder, so konnte niemand seine Nachbarn um Hilfe anrufen, und die Eindringlinge hatten leichtes Spiel. Kaiser Heinrich 1. aber wußte der Not zu steuern. Er ließ in seinem Lande bald hier bald dort die Häuser eng zusammenbauen und sie mit festen Mauern und tiefen Wassergräben umgeben. In den Mauern ließ er eiserne Tore und vor diesen Zugbrücken anbringen. Ans die Mauern ließ er feste Türme bauen, von denen aus man den Feind schon von ferne kommen sah. In diesen befestigten Orten sollten sich die Leute vor dem Feinde bergen; deshalb nannte man sie Burgen und ihre Bewohner Bürger. Anfangs wollte niemand in die Burgen ziehen. Denn die Deutschen liebten das freie Feld und den schattigen Wald; sie hielten eine Burg für ein großes Grab und sagten: „Sollen wir uns lebendig be- graben lassen?" Doch Heinrich wußte sich zu helfen. Er ließ losen, und jeder neunte Mann wurde gezwungen, in die Burg zu ziehen. Als die Bürger jedoch hernach zur Zeit des Krieges merkten, wie sicher sie wohnten, waren sie ihrem Kaiser dankbar. Aber auch die übrigen Bewohner sollten nicht ohne Schutz sein. Darum befahl Heinrich, die Landbewohner sollten sofort in die Burgen flüchten, wenn der Feind im Anzug sei. — Später wurden die Burgen vergrößert; die mit vielen Häusern bebauten Stätten nannte man Städte.

15. Das Mittelalter und die Neuzeit - S. 71

1897 - Leipzig : Voigtländer
I.stnde. Immer schrfer hatte sich der Unterschied gestaltet zwischen Adel und Nicht-Adeligen oder Gemeinen". Der Adel war abgestuft in den hhern Adel oder Herrenstand, bestehend aus: Fürsten, Grafen und Freiherren, und den niederen Adel, den nun die Rittermigen bildeten. Hatten die Kreuzzge zur hheren Entwickelung des Rittertums erheb-(ich beigetragen, so geriet dasselbe seit dem Milingen dieser Heerfahrten rasch in immer tieferen Verfall. An die Stelle edler Rittersitte trat mehr und mehr rohe Gewaltthtigkeit und wste Fehdesucht. Manche Ritter leb-ten nur von Streit und Fehde; ja, sie schmten sich des Raubes nicht. Aus ihren unzugnglichen, gegen Angriffe wohl verwahrten Burgen fielen die Raubritter mit ihren Reisigen der die vorberkommenden Warenzge der Kaufleute her und plnderten sie aus; an den Ufern der Flsse forderten sie von den Schiffen willkrliche Zollabgaben. Ihre unaufhrlichen Fehden zerrtteten den Wohlstand ganzer Gegenden. Konnten sich die Städte durch Mauern und Grben gegen berflle schtzen, so wurden dagegen die Felder des Landmannes schonungslos verwstet. Bei der Abnahme der kaiserlichen Gewalt seit dem Falle der Hohenstaufen hatte das Gesetz sein Ansehen ver-loren: das blinde Walten des eisernen Speers, die Herrschaft des alle Ord-nung auflsenden Faustrechts trat an seine Stelle. Durch solche Aus-artung, der freilich die krftigeren Kaiser mit Strenge entgegentraten, verlor das Rittertum seinen alten Ruhm. Endlich, als nach der Erfindung^ des Schiepulvers die eherne Waffenrstung und die feste Burg dem ruberischen Wegelagerer und Landbefchdiger keine gesicherte bermacht mehr gewhrten, hrte das Ritterwesen, das im Mittelalter eine so hervorragende Stelle ein-nahm, nach und nach ganz auf. Whrend das Rittertum immer tiefer sank, hob sich derbr gerstand in den Stdten immer mehr. Die Städte blhten durch rege Gewerbthtigkeit und lebhaften Handel empor. Durch zunehmende Reichtmer erwarben sie sich immer grere Rechte und Freiheiten. In Deutschland entstanden etwa 60 Reichsstdte, die, nur dem Kaiser unterthan, durch einen aus Brgen: bestehenden Rat (an dessen Spitze die Brgermeister standen) regiert wurden. Reben den Geschlechtern ober Patriziern, aus denen die Ratsmitglieder gewhlt wurden, schloffen sich die Handwerker in Znften (Gilden, Innungen) zusammen. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bildeten sich Vereinigungen von deutschen Stdten zur Aufrechterhaltung des Landfriedens, zur Erweiterung ihrer Rechte und Freiheiten und zur Be-frderung ihres Handels und Kunstfleies. So entstand (1254) der rheinische Stdtebund, der der 70 Städte (auch vom Rheine ab-

16. Bd. 1 - S. 168

1854 - Leipzig : Engelmann
168 Geschichte der alten Welt. während die ärmem darbten. Der antalkidische Frieden, dessen Hüter und Vollstrecker die Spartaner in Gemeinschaft mit dem Perserkönig waren, be- festigte ihr Uebergewicht aufs Neue, indem sie die Bestimmung, daß alle griechischen Städte frei sein sollten, zur Auflösung aller Staatenvereine und Eidgenossenschaften und zur Schwächung aller Bundeshäupter benutzten, ihre eigene Hegemonie im Peloponnes dagegen mehr ausdehnten und stärk- 386. ten. Sie eroberten und zerstörten Mantineia, das ihnen nicht willfährig genug diente; sie führten in allen Städten ihre aristokratischen Anhänger zu- 380. rück und erhoben sie zu Macht und Ehre; sie lieferten die Stadt Ph l ius an der Nordostgrcnze von Arkadien einer Schaar verbannteroligarchen aus und legten das Schicksal sämmtlicher Bürger in deren Hand, so daß diese über Leben und Tod jedes Einzelnen verfügen konnten; sie übten in ganz Griechen- land eine imperatorische und schiedsrichterliche Gewalt, und nirgends wagte man den Befehlen eines spartanischen Mannes Widerstand zu leisten. Aber der Mißbrauch dieser Uebermacht war das Vorspiel ihres eigenen entsetzlichen Falles. Die griechische Stadt Olynth in Makedonien hatte einige benach- barte hellenische Städte zu einer Eidgenossenschaft vereinigt, über die sie als Vorort eine Art Oberherrschaft übte.. Dies untersagten die Spartaner, weil 382. es dem antalkidischen Frieden zuwider sei und rückten, als die Olynthier den Bund nicht auflös'ten, mit einem Heer in ihrland ein, belagerten ihre Stadt und zwangen sie zur Unterwerfung. — Auf dem Durchzug durch B öotien 380. ließ sich der spartanische Anführer (Phöbidas) von den Häuptern der Aristo- kratenpartei in Theben bereden, ihnen zum Umsturz der demokratischen Ver- fassung und zur Begründung einer oligarchischen Herrschaft behülflich zu sein. Das Unternehmen gelang. Die Leiter der Volkspartei wurden theils hinge- richtet, theils verbannt, theils in Haft gebracht: die Oligarchen bemächtigten sich der Regierung und herrschten, im Vertrauen auf die spartanische Be- satzung in der Burg, übermüthig und gewaltthätig. Die Spartaner straften zum Schein ihren Feldherrn Phöbidas, suchten aber aus der Lage der Dinge Vortheil zu ziehen. tz. 105. Aber die Rache ereilte sie bald. Die flüchtigen Demokraten sam- melten sich in Athen, von wo aus sie mit ihren Meinungsgenossen in Theben Ver- bindungen unterhielten. Von diesen aufgefordert kehrten sie nach einigerzeit in Bauerntracht heimlich aufverschiedenen Wegen zurück, versammelten sich in dem Hause eines Freundes (Charon) und überfielen in später Nacht, als Sängerin- nenverkleidet, die bei einem schwelgerischen Mahle vereinigten Häupter deroli- garchen. Nach ihrer Ermordung riefen sie das Volk zur Freiheit auf, stellten die demokratische Verfassung wieder her und zwangen die spartanische Be- satzung zum Abzug aus der Burg. Dies führte einen Krieg zwischen den Thebanern und Lakedämoniern herbei. Thebens Gemeinwesen wurde damals von zwei durch Freiheitsgefühl, Vaterlandsliebe und Tugend, wie durch kriegerische Talente und Muth ausgezeichneten und durch innige Freundschaft

17. Geschichte der Provinz Hannover - S. 43

1906 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
11. Heinrich der Löwe. 1148—1196. 43 grafen: die Grafen von Hohnstein und Scharzfeld am Südsaume, die Grasen von Blankenburg, Regenstein und Wernigerode am Nordrande des Harzes. In ein ähnliches Verhältnis zu Heinrich traten die Grafen von Wohldenberg, Schladen, Bodenburg, Poppenburg und Waffel, sämtlich im Umkreise der Diözese Hildesheim, ferner die im Mtnbener Sprengel begüterten trafen von Hallermund und von Wölpe, sowie die Grafen von Dannenberg, deren Besitzungen im Verdener Sprengel lagen. 3. Die Anfänge der sächsischen Städte. Später als im übrigen Deutschland finden sich in Sachsen die Anfänge städtischer Entwickelung. Nur die Bischofssitze Hildesheim, Osnabrück, Minden, Bremen und Verden und einige andere Ortschaften, die wie Bardo wiek als Mittelpunkte im Verkehr mit Dänen und Slaven groß geworden waren, oder die wie Goslar als Kaisersitz dienten, zeigten um diese Zeit städtische Anfänge. Das 12. Jahrhundert brachte hierin eine große Wandlung hervor. Auch die weltlichen Großen erkannten allmählich, daß die bisherige Naturalwirtschaft den gesteigerten Lebensansprüchen nicht mehr entsprach. Was jene ihnen versagte, sollten ihnen die wirtschaftlichen Kräfte der unter ihrem Schutze aufblühenden Städte gewähren. Das hatte vor allen Dingen Heinrich der Löwe erkannt. Eifrig war er bemüht, die beginnende Entwickelung des Städtewesens in Sachsen, namentlich deffen Quellen: Handel und Gewerbe, zu fördern; freigebig erteilte er die Privilegien, die für das Gedeihen der Städte notwendig waren. Die Oldesloer Salzquellen ließ er verschütten, damit sie den Absatz des Lüneburger Salzes nicht beeinträchtigten. Lübeck erzwang er sich nach langen Verhandlungen von dem Grafen Adolf von Holstein, der es gegründet hatte. Durch Heinrich wurde dann die eigentliche Blüte der Stadt hervorgerufen, indem er den Reichen und Städten des Nordens, Dänemark, Schweden, Norwegen und Rußland, freien Handelsverkehr mit seiner Stadt Lübeck verkündigen ließ. Zugleich legte er dort eine Münze und einen Zoll an, begabte die Bürger mit Freiheiten,Privilegien und Stadtrecht. Wie Lübeck so hat Heinrich auch den altsächsischen Städten seine Aufmerksamkeit zugewandt. Freilich schmälerte er durch die Bevorzugung Lübecks den Handel Bardowieks; aber er tat dies doch erst, nachdem er eingesehen hatte, daß sich der Handel mit den nordischen Ländern nicht mehr in den alten Bahnen halten ließ. Die Bürger Bardowieks haben ihm allerdings den raschen Verfall ihres Handels nie vergessen. Ganz besonderer Fürsorge hatte sich Braunschweig zu erfreuen. Heinrich machte hier aus mehreren kleineren neben einander liegenden Ortschaften eine geschloffene städtische Niederlassung und umgab sie mit einer Mauer. Einwandernde Niederländer hoben besonders die Wollenweberei. Aus den Rechten, die er der Stadt verlieh, ist das spätere Stadtrecht hervorgegangen. Durch stattliche Bauten, besonders Kirchenbauten, ver-

18. Die deutsche Geschichte - S. 74

1837 - Mannheim : Schwan [u.a.]
74 über 70,000 Mann starke Heer vereinigt war, herrschte immer noch Unschlüssigkeit — Statt den Kaiser rasch an- zugreifen, der erst mit wenigen tausend Mann bei Regens- burg stand, ließ man ihm Zeit, aus Italien Truppen an sich zu ziehen und in einem Lager bei Zngolstadr sich zu befestigen. Nur mit Zögern rückten die Verbündeten vor das kaiserliche Lager, beschossen es 5 Tage erfolglos und machten dann vergeblich Friedensvorschlage, als sie die Ver- einigung des Kaisers mit seinen bedeutenden Verstärkungen aus den Niederlanden nicht verhindern konnten. Mittlerweile ließ der kräftige Herzog Moritz, welcher den schlimmen Ausgang des schmalkaldischen Kriegs ah- nete, sich vom Kaiser gewinnen, und hatte, zur Vollstre- ckung der Reichsacht, seines Vetters Churfürstenthum be- setzt. Johann Friedrich eilte mit dem größten Theile sei- nes Heeres dahin zurück, eroberte sein Sachsen schnell wie- der und vertrieb Moritz nach Böhmen. Der übrige Theil des evangelischen Heeres konnte nun dem Kaiser, der nach Schwaben vorgerückt war, nicht mehr die Spitze bieten. Die Fürsten kehrten in ihre Heimath zurück; die süddeut- schen Städte aber unterwarfen sich dem Kaiser und muß- ten seine Verzeihung mit großen Summen bezahlen. Jetzt ging Karl durch Franken nach Böhmen, vereinigte sich mit seinem Bruder Ferdinand und dem Herzoge Mo- ritz und brach ganz unerwartet im Frühjahr 1547 in Sach- sen ein. Johann Friedrich suchte, so schnell wie möglich, mit seinem Heere die Elbe hinabziehend, seine befestigte Hauptstadt Wittenberg zu erreichen. Die Kaiserlichen folg- ten ihm ain jenseitigen Ufer, und als ihnen ein verräthe- rischer Bauer eine Fuhrt durch den Fluß gezeigt hatte, überraschten sie den Churfürsten bei Mühlberg, wo er eben in der Kirche dem Gottesdienst beiwohnte, so daß er sich kaum noch retten konnte. Auf der Lochauer Haide erreich- ten sie ihn jedoch und versprengten sein Heer. Der Chur- fürst selbst, verwundet und mit Blut bedeckt, nebst dem Herzog von Braunschweig - Lüneburg, wurden als Gefan- gene ins kaiserliche Lager gebracht und von Karl sehr ungnädig aufgenommen. Ja sogar drohte der Kaiser, als Wittenberg seine Thore nicht öffnen wollte, er würde des Churfürsten Haupt in die Stadt schicken, und auch wirk- lich sprach ein Kriegsgericht, unter Vorsitz des Herzogs von Alba, die Reichsrechte verletzend, über Johann Friedrich

19. Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der Volksschule - S. 623

1895 - München : Oldenbourg
136. Sitten und Einrichtungen unserer Vorfahren- 623 die Handwerke und der Handel sich immer mehr vervoll- kommnen konnten. Eberiso hat es auch zur Belebung des Ackerbaues sehr viel beigetragen, daß die Leibeigenen, welche an einem Kreuzzuge anteil nahmen, ihre Freiheit erhielten, oder wenn sie recht sleißig waren, sich Eigentum erwerben und die Freiheit erkaufen konnten. Auch gaben viele Guts- besitzer ihren Leibeigenen ein Stück Land, welches sie für sich anbauen durften, wenn sie ihren Herren nur jährlich eine bestimmte Summe Geldes oder einen Teil der ge- ernteten Früchte verabreichten. Diese jährliche Abgabe mußte jeder nachfolgende Besitzer dieses Grundstückes entrichten; sie wurde Gilde genannt. Daß jetzt die Leute diese Felder besser anbauten als früher, wo sie nur für ihre Herren arbeiteten, läßt sich leicht denken. Die früher von den Kaisern aufgestellten Gaugrafen suchten sich immer unabhängiger zu machen und sahen das ihnen übertragene Gebiet als ihr Eigentum an, welches sic auch ihren Nachkommen vererben konnten. Die Kaiser, be- sonders Heinrich Iv., welche zu sehr mit Krieg beschäftigt waren, konnten dieses nicht hindern. Deswegen wurden die Gaugrafen selbständig regierende Herzöge, und da sie oft mehrere Söhne hinterließen, teilten sie ihr Land unter dieselben, so daß nach und nach Deutschland in unzählig viele kleine Ländchen sich teilte. Auf diese Weise entstanden in der Pfalz die Grafschaft Leiningen mit ihren ver- schiedenen Nebenlinien, die Besitzungen der Rauh-, Wild- und Rh ein grafen, der Grafen von Zweibrücken, Blieskastel, der Herren von Bolanden, Falken- stein, Sickin gen, Hohenecken u. s. w. Sie alle bauten ihre Burgen ans die steilen Anhöhen der Berge, und weil sie ihre Leibeigenen anhielten, ihre Wohnungen um dieselben anzulegen, so entstanden aus diese Weise auch nach und nach viele Dörfer, welche nicht selten durch eine Mauer mit der Burg verbunden und mit Wall und Gräben zum Schutze gegen äußere Feinde umgeben waren. Diese Vorsichtsmaßregel

20. Bd. 2 - S. 377

1906 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Vi. Bilder aus der Geschichte. 377 kühnsten Untersuchungen wurde die Kammer von Breisach bestimmt, aus- zusprechen, daß die sämtlichen im Elsaß angesessenen Reichsunmittelbaren, Fürsten, Ämter, Stände, Ritterschaft als Vasallen des Königs zu erklären seien, so daß allmählich 600 Städte, Flecken, Dörfer, Burgen, Mühlen u. s. w. mit Frankreich verbunden wurden. Mit am härtesten wilrde der Erzbischof von Trier getroffen. Ludwig nahm drei Ortschaften an der Maas in Anspruch, weil König Pipin, der sie dem Stift geschenkt hatte, sich dabei königliche Macht und Schutz darüber vorbehalten habe! Ober- stem, das dem Erzbistum seit fünf Jahrhunderten angehörte, wurde jetzt von französischen Truppen besetzt, ebenso Homburg und Bitsch. — Ein Schauspiel ohne gleichen! Und das deutsche Kaisertum konnte nur macht- los zusehen, wie mitten im Frieden Deutschlands Grenzen auf das scham- loseste beraubt wurden. Und während die zahlreichen Reichsglieder in der trostlosen Versammlung des Reichstags von Regensburg ihre Klagen vorbrachten, legte der Feind bereits Hand an das edelste Reichskleinod, an Straßburg. Am 9. August 1680 fällte die Breisacher Neunionskammer den Ausspruch, daß die Vogteien von Wasselnheim, Barr und Jllkirch zur Krone Frankreich gehörten, und daß der derzeitige Besitzer — die Stadt Straßburg — als Lehnstrüger dem Könige den Huldignngseid zu leisten hätte. Das war der Knopf, an welchen Frankreich den straßburgischcn Rock anzunähen entschlossen war. Die von Frankreich gestellte Forderung wagte der Rat der Stadt nicht zu beantworten, aber man wünschte auch keinen Streit mit Frankreich herbeizuführen. Obwohl die Zusammen- ziehung französischer Truppen im Elsaß doch nur gegen die Freiheit der Stadt gerichtet sein konnte, ließ sich der Rat dennoch, um nur jeden Anstoß aus dem Wege zu räumen, von der französischen Staatskunst nach und nach völlig entwaffnen. Er stellte auf Frankreichs Vorstellungen die Arbeiten zum Wiederaufbau der Rheinschanzen ein, er ließ sich vom französischen Minister das Recht auf den Besitz von 4000 kaiserlichen und Schweizer Soldaten absprechen und entließ seine einzigen, schlag- fertigen Truppen. Die Bürgerschaft redete daher von Bestechung der Ratsherrn; doch steht fest, daß die Stadtbehörde nie um bestimmten Lohn zur Herbeiführung der französischen Herrschaft gewirkt hat. Der Rat tat nur in steigender Angst alles, um den Zusammenstoß zu ver- meiden, und schien keine Ahnung davon zu haben, daß er den Überfall auf diese Weise herbeizog. Endlich faßte der französische König den Entschluß, die schon seit Monaten schwebende Straßburger Frage in einer raschen und militä- rischen Weise zu Ende zu bringen. General Montclar erhielt Befehl, gegen Straßbnrg zu marschieren. In der Nacht vom 27. auf den 28. September 1681 besetzte Oberst Asfeld, den Montclar vorausschickte,