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1. Theil 3 - S. 370

1880 - Stuttgart : Heitz
370 Neue Geschichte. 3. Periode. Rußland. an Zahl und Gewicht zunahm, und da das Gerücht ging, daß der Kaiser seine Gemahlin in ein Kloster sperren wollte, so glaubte sie, ihm zuvorkommen zu müssen. Durch ihre Freundin, die Fürstin Daschkow, brachte sie mehrere russische Große: die beiden Orlow, Offiziere in der Garde, den Grafen Panin, die vornehmsten Geistlichen und viele andere auf ihre Seite, und alle versprachen ihr Beistand. Um auf das Volk zu wirken, zeigte sie sich oft mit trauriger Miene und Thränen in den Augen. Endlich war alles verabredet unter ihren Vertrauten; man wartete nur auf die Abreise des Kaisers, der gegen Dänemark zu Felde ziehen wollte — als die unbesonnene Schwatzhaftigkeit eines der Mitwissenden alle in Gefahr brachte. Nur das schleunige Handeln konnte die Kaiserin und die Verschworenen retten. Die letzteren holten am 9. Juli 1752 schnell die Kaiserin aus Peterhof, wo sie sich aufhielt, nach Petersburg. Hier eilte sie gleich nach den Kasernen der Garde, redete zu den Soldaten°. der Kaiser wolle sie und ihren Sohn (Paul) todten lassen; die Mörder wären schon unterwegs; sie werfe sich der Garde in die Arme. Alle schworen sür ihre Vertheidigung zu sterben. Der Haufe wurde immer größer, auch mehrere angesehene Russen eilten herbei; die Soldaten griffen zu den Waffen, und bald sah sich Katharina an der Spitze von 10,000 Soldaten, die ihr zu folgen bereit waren. Alles dies war vollendet binnen wenigen Nachmittagsstunden. Jetzt eilte sie nach dem Schlosse, zeigte ihren Sohn den jauchzenden Soldaten, legte die Uniform der Garde an und setzte sich zu Pferde, um die Regimenter gegen den Kaiser anzuführen. Bald erschien ein Manifest, in welchem sie erklärte, daß sie nach dem Wunsche ihrer Völker und um das Vaterland vom Untergange zu retten, als Kaiserin Katharina Ii. den Thron besteige. v . r, Peter befand sich in Oranienbaum*) und fuhr an demselben Tage nach Peterhof, um da seinen Namenstag zu feiern. Hier fand er schon alles in Bestürzung wegen der Entweichung der Kaiserin nach Petersburg, und bald kamen auch die Nachrichten aus Petersburg, welche den Aufstand der Garden und des Volks dem erschrockenen Kaiser meldeten. Er gab in der größten Bestürzung eine Menge widersprechender Befehle, nicht wissend, welche Maßregeln er ergreifen sollte. Der alte Münnich rieth, der Kaiser solle *) Etwa sechs Stunden von Petersburg liegt am finnischen Meerbusen das Lustschloß Peterhof; zwei Stunden weiter Oranienbaum.

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1. Theil 3 - S. 371

1867 - Breslau : Max
Peter Iii. Katharina Ii. 371 auf ihre Seite, und Alle versprachen ihr Beistand. Um auf das Volk zu wirken, zeigte sie sich oft mit trauriger Miene und Thränen in den Augen. Endlich war Alles verabredet unter ihren Vertrauten; man wartete nur auf die Abreise des Kaisers, der gegen Dänemark zu Felde ziehen wollte — als die unbeson- nene Schwatzhaftigkeit eines der Mitwissenden Alle in Gefahr brachte. Nur das schleunigste Handeln konnte die Kaiserin und die Verschworenen retten. Die letzteren holten am 9. Juli 1762 schnell die Kaiserin aus Peterhof, wo sie sich aushielt, nach Petersburg. Hier eilte sie gleich nach den Kasernen der Garde, redete zu den Soldaten: der Kaiser wolle sie und ihren Sohn (Paul) tödten lassen; die Mörder wären schon unterwegs; sie werfe sich der Garde in die Arme. Alle schworen für ihre Ver- th eidigung zu sterben. Der Haufe wurde immer größer; auch mehrere angesehene Russen eilten herbei; die Soldaten griffen zu den Waffen, und bald sah sich Katharina an der Spitze von 10,000 Soldaten, die ihr zu folgen bereit waren. Alles dies war vollendet binnen wenigen Vormittagsstunden. Jetzt eilte sie nach dem Schlosse, zeigte ihren Sohn den jauchzenden Soldaten, legte die Uniform der Garde an und setzte sich zu Pferde, um die Regimenter gegen den Kaiser anzuführen. Dieser befand sich in Oranienbaum*) und fuhr an dem- selben Tage nach Peterhof, um da seinen Namenstag zu feiern. Hier fand er schon Alles in Bestürzung wegen der Entweichung der Kaiserin nach Petersburg, und bald kamen auch die Nach- richten aus Petersburg, welche den Aufstand der Garden und des Volks dem erschrockenen Kaiser meldeten. Er gab in der größten Bestürzung eine Menge widersprechender Befehle, nicht wissend, welche Maßregeln er ergreifen sollte. Der alte Münnich rieth, der Kaiser solle nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison sich noch nicht ent- schieden hatte, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Wäh- rend Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20,000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. Hier hatte sich indessen Alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, *) Etwa sechs Stunden von Petersburg liegt am finnischen Meerbusen das Lustschloß Petcrhof; zwei Stunden weiter Oranienbaum. 24*

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 392

1906 - Langensalza : Gressler
ft cf) aushielt, nach Petersburg. Sie eilte gleich nach den Kasernen der Garde, redete zu den Soldaten, der Kaiser wolle sie und ihren Lohn Paul töten lassen, die Mörder wären schon unterwegs und sie Werse sich der Garde in die Arme. Alle schwuren, sür ihre Verteidigung zu sterben. Der Haufe wurde immer größer; auch mehrere angesehene Russen eilten herbei; die Soldaten griffen zu den Waffen und bald sah sich Katharina an der Spitze von 10000 Mann, die ihr zu folgen bereit waren. Alles dies war vollendet bt*nen wenigen Stunden. Jetzt eilte sie nach dem Schlosse, zeigte ihren Sohn den jauchzenden Soldaten, legte die Uniform der Garde an und setzte sich zu Pferde, um die Regimenter gegen den Kaiser anzuführen. Dieser befand sich in Oranienbaum*) und fuhr an demselben Tage nach Peterhof, um da seinen Namenstag zu feiern. Hier fand er schon alles in Bestürzung wegen der Entweichung der Kaiserin nach Petersburg, und bald kamen auch die Nachrichten aus Petersburg, welche den Aufstand der Garden und des Volks deni erschrockenen Kaiser meldeten. Er gab in der größten Bestürzung eine Menge widersprechender Befehle, nicht wissend, welche Maßregeln er ergreifen sollte. Der alte Münnich riet, der Kaiser solle nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison noch frei war, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Während Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. vier hatte sich indessen alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schildwache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. — „Es gibt keinen Kaiser mehr!" -- Bei diesem Rufe springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu lassen, und rüst: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Bajonette entgegen und droht Feuer zu geben, wenn er *) Etwa sechs Stunden von Petersburg liegt am filmischen Meerbusen das Lustschloß Peterhof, und zwei Stunden weiter Oranienbaum.

3. Theil 3 - S. 321

1839 - Leipzig : Fleischer
321 Einwilligung. Ihre Freunde leiteten alles ein. Die mächtigen Gar- den wurden heimlich gewonnen, und ihnen vorgespiegelt, Peter denke darauf, seine Frau und seinen Sohn Paul, den er auch nicht leiden konnte, ums Leben bringen zu lassen. „Das werden wir nicht zuge- den," riefen sie; „wir sind bereit für eure Vertheidigung zu sterben." Eines Morgens, als Peter auf dem Schlosse Oranienbaum, 7 Meilen von Petersburg, abwesend war, erschien Katharina auf dem Platze vor den Kasernen der Garde, und als die Soldaten neugierig sich um sie drängten, rief sie: „ich komme, mich in eure Arme zu werfen; die Mörder sind schon unterwegs, die mich und meinen Sohn tödten sol- len!" — „Nimmermehr!" riefen Alle mit einer Stimme; „nimmer- mehr, so lange wir leben!" Alle schwuren ihr den Eid der Treue. Dann warf sie sich in die Uniform der Garde, stieg zu Pferde, und führte die Garden zur Stadt hinaus, auf Oranienbaum zu. Die Nachricht von dem Aufstande erreichte endlich auch Petern, der eben auf dem Wege von Oranienbaum nach Peterhof war, welches zwischen jenem Schlosse und Petersburg liegt. Er stieg in Peterhos aus, und war so bestürzt, daß er nicht wußte, was er machen sollte. Bald gab er Befehle, die benachbarten Regimenter zusammenzuziehen, und die Kaiserin zu ermorden, bald wollte er sie um Gnade anflehen, oder die Flucht ergreifen. Zuletzt folgte er dem Rathe des alten Feldmar- schalls Münnich, nach der Festung Kronstadt zu eilen, wo die Flotte liegt, und die großen Kriegsvorräthe sich befinden, und sich an die Spitze der dort stehenden Soldaten zu stellen. Er warf sich also in ein kleines Schiff, und ließ sich hinüberrudern. Kurz zuvor aber war die Besatzung für die Kaiserin gewonnen worden, und als die Jacht des Kaisers landete, und er auf den Ruf der Wache: „Wer da?" — „der Kaiser!" antwortete, rief man ihm zu: „es giebt keinen Kaiser mehr!" — Peter trat vor, schlug den Mantel auseinander, rief, indem er seinen Ordensstern zeigte: „ich bin es ja! Kennt ihr mich nicht?" — und wollte aussteigen; aber die ganze Wache hielt ihm die Bajo- nette entgegen, und drohte zu schießen, sobald er sich nicht entfernte. „Fort mit der Galeere! fort mit der Galeere!" schrie die Menge. Peter sank seinen Begleitern in die Arme, und gab Befehl zurückzu- rudern. Dies geschah mit äußerster Schnelligkeit, während in der Fe- stung das wilde Geschrei: „es lebe Katharina die Kaiserin!" sich zu den Wolken erhob. „Wehe! wehe!" rief Peter weinend aus; „die Verschwörung ist allgemein. Ach! ich habe sie vom ersten Tage mei- ner Regierung an bemerkt!" Die Nacht brachte er aus dem Schiffe zu. Gegen Morgen ließ er den erfahrenen Münnich in die Cajüte kommen. „Feldmarschall!" sagte er; „Ihr habt ja so viele Gefahren in Eurem Leben gesehen; sagt mit, was soll ich thun?" — „Bis letzt ist nichts verloren," antwortete Münnich. „Segeln Sie schnell Röfs. Weltgcsch. Iii. Th. 21

4. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 617

1858 - Weimar : Böhlau
617 Regierung in Peter Iii. sein besseres Sein die Oberhand gewinnen sollte, als ob er aus der Wollust und Trunkenheit, in welcher er in Oranienbaum verkommen war, zu einer klaren Einsicht seiner Aufgabe geleitet werden könne. Aber bald zeigte sich, daß diese Umwandlung nur eine augenblickliche war, und indem er sich wiederum den Lüsten zügellos hingab, erbitterte er zugleich das Volk und die Großen durch eine aus unbegreiflicher Verblendung hervorgehende Schonungslosigkeit gegen die russische Volksthümlichkeit, gegen die Neigungen des Adels und gegen die Gebote der herrschenden Kirche. Es erregte Unwillen, daß Peter Hi. Deutschen, besonders Preußen, den Vorzug vor den Rus- sen im Heere einräumte, daß er die einst so gefürchteten Garderegimenter seinen nach preußischer Weise eingeübten Holsteinern nachsetzte, den Po- pen einen Theil ihrer Einkünfte entzog, seinen Gottesdienst auf die von ihm in Oranienbaum erbaute lutherische Kirche beschränkte und den festen Entschluß äußerte, dem Könige von Dänemark das Heczogthnm Schles- wig zu entreißen, auf welches Peters Iii. Vater verzichtet hatte. Die Ehe Peters Iii. mit Katharina war nicht glücklich, obgleich die Großfürstin (1754) einen Sohn geboren hatte. Während Peter den Unwillen der Russen erregte, suchte Katharina die Herzen derselben durch erheuchelte Liebe für alles Nationale zu gewinnen. Sie besuchte täglich die Kirchen, nahte sich den Popen mit allen Zeichen äußerer Ehrfurcht und schloß sich den hintangesetzten Großen an. Nach seiner Thronbestei- gung ließ Peter sich merken, daß er seine Gemahlin in ein Kloster sper- ren lasten könnte. Katharina dagegen gewann den Grafen Panin, einen klugen Weltmann, und die Brüder Gregor und Alexis Or- low, zwei Officiere der Garde. Die dumpfe Unzufriedenheit, welche die Maßregeln Peters unter den Truppen, dem Volke und der Geistlichkeit erzeugt hatten, ließ einen glücklichen Ausgang für den Plan der Kaise- rin erwarten, den ihr drohenden Gefahren durch den Sturz des Kaisers zuvorzukommen. Peters Auge war unverwandt auf Schleswig gerichtet. Schon stand ein Theil seines Heeres in Pommern, zwei Flotten, zu Kronstadt und zu Reval, lagen segelfertig, und der Tag war bestimmt, an welchem er sich über Berlin zum Heere begeben und zugleich seine Gemahlin verhaften lasten wollte. Um so mehr beschleunigten die Ver- schwornen die Ausführung ihres Vorhabens. In der zweiten Stunde des 9. Juli eilte Katharina von Peterhos nach Petersburg, während sich Peter von Oranienbaum nach dem Lust- schlosse Peterhof begab. Mit Gregor Orlow erschien Katharina vor den Kasernen und rief die Soldaten zu ihrem Beistände aus. Innerhalb zweier Stunden waren 2000 Soldaten gewonnen, unter deren Jubel Katharina nach der Kirche von Kasan ging, wo der mit ihr einverstan- dene Erzbischof von Nowgorod am Altar ihrer harrte, die Krone auf ihr Haupt setzte, sie als Kaiserin ausrief und das Tedeum anstimmte. Am Abend hatte die kühne Frau 15,000 Gewastnete um sich, und ihr gehörte die Hauptstadt, ohne daß ein Tropfen Bluts vergossen war. Während Katharina mit entblößtem Degen an der Spitze der Tcup. pen erschien, zeigte sich Peter Iii., von den Geschehenen benachrichtigt, keines männlichen Entschlusses fähig. Von weinenden Frauen umringt durchirrte er den Garten von Peterhof. Wäre er den entschlossenen Rathschlägen des greisen Feldmarschalls Münnich gefolgt, sein Schicksal

5. Neue Geschichte - S. 278

1859 - Leipzig : Fleischer
278 ließ dann und wann heimliche Seufzer hören; zuweilen sah man sie verstohlen weinen, Alles Dinge, wodurch das Mitleiden derer, die sie leiden sahen, ans den höchsten Grad gespannt wurde. Eifrig bewarb sie sich um die Gunst der Soldaten, sprach freundlich mit ihnen, und erlaubte ihnen, ihr die Hand zu küssen. Aller Augen wandten sich mitleidsvoll auf sie, wenn sie sich blicken ließ, und immer größer wurde zugleich der Haß gegen den Kaiser, der die arme Frau so mißhandelte. Bald sah sie um sich eine Menge von Anhängern, die in sie drangen, nicht länger die schlechte Behandlung ihres Gemahls zu dulden, und selbst die Regierung zu übernehmen. Nicht lange blieb sie un- schlüssig. Es blieb ihr nur übrig, zwischen zwei Fällen zu wählen: entweder ins Kloster zu wandern, oder den Kaiser zu stürzen; und da sie keine Liebe zu ihm, und keine Achtung vor ihm hatte, selbst nicht ohne Ehrgeiz war, und die Kraft in sich fühlte, ein großes Reich zu regieren, so gab sie ihre Ein- willigung. Ihre Freunde leiteten Alles ein. Die mächtigen Garden wurden heimlich gewonnen, und ihnen vorgespiegelt, Peter denke darauf, seine Frau und seinen Sohn Paul, den er auch nicht leiden konnte, ums Leben bringen zu lassen. „Das werden wir nicht zugeben," riesen sie, „wir sind bereit für eure Vertheidigung zu sterben." Eines Morgens, am 9. Juli 1762, als Peter auf dem Schlosse Oranienbaum, 7 Meilen von Petersburg, abwesend war, erschien Katharina auf dem Platze vor den Kasernen der Garde, und als die Soldaten neugierig sich um sie drängten, rief sie: „Ich komme, mich in eure Arme zu werfen; die Mörder sind schon unterwegs, die mich und meinen Sohn todten sollen!" — „Nimmermehr!" riefen Alle mit einer Stimme, „nimmermehr, so lange wir leben!" Alle schwuren ihr den Eid der Treue. Dann warf sie sich in die Uniform der Garde, stieg zu Pferde, und führte die Garden zur Stadt hinaus, auf Oranienbaum zu. Die Nachricht von dem Aufstande erreichte endlich auch Petern, der eben auf dem Wege von Oranienbaum nach Peterhof war, welches zwischen jenem Schlosse und Peters- burg liegt. Er stieg in Peterhof aus, und war so bestürzt, daß er nicht wußte, was er machen sollte. Bald gab er Befehle, die benachbarten Regi- menter zusammenzuziehen, und die Kaiserin zu ermorden, bald wollte er sie um Gnade anflehen, oder die Flucht ergreifen. Zuletzt folgte er dem Rathe des alten Feldmarschalls Münuich, nach der Festung Kronstadt zu eilen, wo die Flotte liegt, und die großen Kriegsvorräthe sich befinden, und sich an die Spitze der dort stehenden Soldaten zu stellen. Er warf sich also in ein kleines Schiff, und ließ sich hinüberrudern. Kurz zuvor aber war die Be- satzung für die Kaiserin gewonnen worden, und als die Jacht des Kaisers landete, und er auf den Ruf der Wache: „Wer da?" — „der Kaiser!" ant- wortete, rief man ihm zu: „Es giebt keinen Kaiser mehr!" — Peter trat vor, schlug den Mantel auseinander, rief, indem er seinen Ordensstern zeigte: „Ich bin es ja! Kennt ihr mich nicht?" — und wollte aussteigen; aber die ganze.wache hielt ihm die Bajonette entgegen, und drohte zu schießen, sobald er sich nicht entfernte. „Fort mit der Galeere! Fort mit der Galeere!" schrie die Menge. Peter sank seinen Begleitern in die Arme, und gab Be- fehl zurückzurudern. Dies geschah mit äußerster Schnelligkeit, während in der Festung das wilde Geschrei: „Es lebe Katharina, die Kaiserin!" sich zu den Wolken erhob. „Wehe! wehe!" rief Peter weinend aus, „die Verschwö-

6. Mit einem Stahlstich - S. 469

1838 - Stuttgart : Belser
I Siebenjähriger Krieg. 46® feit dem 22. Juni in dem 8 Stunden von Petersburg entfernten Lustschlosse Oranienbaum. Nur die Orlows ließ er beobachten, aber durch den Adjutanten Perfi- livw, der mit ihnen spielte und soff. Am 8. Juli mach- ten ein Gardist und der Gardehauptmann Jsmailow bei der Regimentskanzlei Anzeigen: Jener behauptete, Passek habe im Rausch seltsame Dinge herausgeredet; Jsmailow erzählte, ein Mensch, der sich auf Passek be- rief, habe zu ihm gesagt: „wird der Plan bald executirt werden?" Abends 9 Uhr wurde Passek aus kaiserlichen Befehl arretirt, jedoch mit dem Beifügen: nach dem Peter, und Paulsfeste, welches in Rußland damals auf den 10. Juli neuen Slyls fiel, solle die Untersuchung Statt haben. Hievon in Kenntnis; gesetzt, eilte Fürstin Daschkow zu Pauin: „die Umstände haben sich geändert, die Revolution müsse sogleich beginnen." Panin zögerte: die Fürstin, als Mann gekleidet, begab sich um Mitter- nacht auf den gewöhnlichen Sammelplatz der Verschwor, neu, auf die grüne Brücke beim alten Wintcrpallast, schickte den Gregor ab, um mit Perfiliow zu zechen, den Alexis und Bibikvw, um Katharina zu holen, und gieng nebst einigen Andern zu den Garden. Katharina war mit dem Kaiser bei einem Feste auf dem Landgut Gostilitz gewesen, und vor Einbruch der Nacht in ihr Lustschloß Peterhof unweit Oranienbaum zurückgekommcn. Nach Peterhvf also sprengte Alexis mit Bibikvw, gieng durch die unbewachten und unverriegelten Zimmer der Kaiserin, weckte sie, stog wieder hinunter, und schaffte eine seit Wochen bereit gehaltne Halbchaise herbei. Zit- ternd stieg Katharina ein; ihre Kammerfrau Tschere- kowsky setzte sich neben sie; Alexis kutschierte; Bibi- kow ritt ihnen zur Seite. Die Damen hatten einen Theil des Anzugs vergessen: man wurde munter und lachte. Den 9. Juli, Morgens gegen 7 Uhr, langte Katharina vor den Kasernen der Garde an: Gregor war schon dort: 3 bestochne Compagnien des Regiments Jsmailow, an deren Spitze Fürstin Daschkow, empfiengen die Kaiserin:

7. Theil 3 - S. 372

1867 - Breslau : Max
372 Neue Geschichte. 3. Periode. Rußland. auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schild- wache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. „Es giebt keinen Kaiser mehr!" — Bei diesem Rufe springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu 'lassen, und ruft: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Basonnete entgegen und droht Feuer zu 'geben, wenn er sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Menge. Peter sinkt in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Verschwörung ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht auf der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz rathlos; noch einmal verlangte er Mün- nichs Rath. Dieser meinte, noch sei nichts verloren; er solle nach Preußen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückkehren; aber Peter konnte sich auch nicht dazu entschließen, sondern befahl, ihn bei Oranienbaum ans Land zu setzen, um mit Katharina zu unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlasten. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsacte, die er zu unterzeichnen habe. Er unter- schrieb und wurde zu Wagen nach Peterhof geführt. Hier em- pfing ihn das unaufhörliche Geschrei der Soldaten: „Es lebe die Kaiserin!" Als er ganz verwirrt ausstieg, schrien sie ihm zu: „Entkleide dich!" Er selbst riß sich das Ordensband, den Degen und den Rock ab und sprach: „Nun bin ich in euern Händen." So ließ man ihn einige Zeit im bloßen Hemde und barfuß stehen, bis er ins Schloß in sichere Verwahrung gebracht wurde. Man führte den Unglücklichen daraus nach einem Schlosse, sechs Stunden von Petersburg. Da sich gleich in den ersten Tagen unter den Soldaten, die über die rasche That Ueberlegungen anzustellen anfingen, Bewegungen zeigten, hielten die Verschwo- renen es für nöthig, den Kaiser aus der Welt zu schaffen. Alexei Orlow, ein Bruder des Günstlings der Kaiserin, Gregori Or- low, begab sich mit einem gewissen Teplow nach dem Kerker Peters und kündigte ihm an, daß sie mit ihm speisen würden. Nach der Gewohnheit der Russen wurden vor Tische Gläser mit Branntwein gebracht. Nachdem Peter das seinige, welches Gift enthielt, getrunken hatte, verlangten sie, daß er ein zweites

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 393

1906 - Langensalza : Gressler
393 sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Beenge. Peter finft in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Ver-schwörnng ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht aus der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz ratlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rat. Dieser meinte, noch sei nichts verloren, er solle nach Prenßen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückzukehren; aber Peter konnte sich nicht dazu entschließen und befahl, ihn bei Oranienbaum ans Land zu setzen; denn er wollte mit Katharina unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsakte, die er zu unterzeichnen habe Er unterschrieb und wurde zu Wagen nach Peterhof geführt. Hier empfing ihn das unaufhörliche Geschrei der Soldaten: „Es lebe die Kaiserin!" Als er ganz verwirrt ausstieg, schrien sie ihm zu: „Entkleide dich!" Er selbst riß sich das Ordensband, den Degen und den Rock ab und sprach: „Nun bin ich in euren Händen." So ließ man ihn einige Zeit im bloßen Hemde und barfuß stehen, bis er ins Schloß in sichere Verwahrung gebracht wurde. Man führte den Unglücklichen daraus nach einem Landhause, das in der Nähe lag. Da sich gleich in den ersten Tagen unter den Soldaten, die über die rasche Tat Überlegungen anzustellen au-fingen, Bewegungen zeigten, hielten die Verschworenen es für nötig, den Kaiser aus der Welt zu schaffen. Alexei Dr low, ein Bruder de» Günstlings der Kaiserin, begab sich mit einem gewissen Teplow nach dem Kerker Peters und kündigte ihm an, daß sie mit ihm speisen würden. Nach der Gewohnheit der Russen wurden vor Tische Gläser mit Branntwein gebracht. Nachdem Peter das feinige, welches Gift enthielt, getrunken hatte, verlangten sie, daß er ein zweites trinken sollte. Da er dies aber verweigerte, weil er das Gift schon verspürte, wars ihn Orlow, ein riesenstarker Mensch, zu Boden und erdrosselte ihn mit Hilfe -leplow» und zweier Offiziere.

9. Theil 3 - S. 371

1880 - Stuttgart : Heitz
Peters Iii. Tod. Katharina Ii. 371 nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison sich noch nicht entschieden hatte, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Während Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20,000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. Hier hatte sich indessen alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schildwache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. „Es giebt keinen Kaiser mehr!" —Bei diesem Ruse springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu lassen, und ruft: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Bajonnete entgegen und droht Feuer zu geben, wenn er sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Menge. Peter sinkt in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Verschwörung ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht auf der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz rathlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rath. Dieser meinte, noch fei nichts verloren; er solle nach Preußen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückkehren ; aber Peter konnte sich auch nicht dazu entschließen, sondern befahl, ihn bei Dranienbaum ans Land zu setzen, um mit Katharina zu unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsacte, die er zu unterzeichnen habe. Er unterschrieb ohne Weigerung und wurde zu Wagen nach Peterhof, von hier nach einem Landgute, sechs Stunden von Petersburg, geführt. Aber die Anhänger der Kaiserin hielten den Tod des entthronten Fürsten zur Sicherung ihrer Pläne für nothwendig. Alexei Orlow begab sich mit einigen andern Verschworenen zu dem Gefangenen und unter ihren Händen endete er am 17. Juli sein Leben. Von Katharina ist der Befehl zu dieser schrecklichen That nicht ausgegangen, aber daß sie straflos bleiben würden, haben die Männer, welche sie vollbrachten, wohl gewußt. Am andern Tage wurde bekannt gemacht, daß der gewesene Kaiser an einem Ansalle von Kolik, an welcher er bisweilen litt, gestorben sei.

10. Theil 2 - S. 502

1827 - Leipzig : Fleischer
502 und selbst die Negierung zu übernehmen. Nicht lange blieb sie unschlüssig. Es blieb ihr nur übrig, zwischen zwei Fällen zu wählen: entweder ins Kloster zu wandern, oder den Kaiser zu stürzen; und da sie keine Liebe zu ihm und keine Achtung vor ihm hatte, selbst nicht ohne Ehrgeiz war, und die Kraft in sich fühlte, ein großes Reich zu regieren, so gab sie ihre Einwilli- gung. Ihre Freunde leiteten alles ein. Die mächtigen Garden wurden heimlich gewonnen, und ihnen vorgespiegelt, Peter denke darauf, seine Frau und seinen Sohn Paul, den er auch nicht leiden konnte, ums Leben bringen zu lassen. „Das wer- den wir nicht zugcbcn," riefen sie; „wir sind bereit für eure Vertheidigung zu sterben." Eines Morgens, als Peter auf dem Schlosse Oranicnbaum, 7 Meilen von Petersburg, abwe- send war, erschien Katharina auf dem Platze vor den Kasernen der Garde, und als die Soldaten neugierig sich um sie dräng- ten, rief sie: „ich komme, mich in eure Arme zu werfen; die Mörder sind schon unterwegs, die mich und meinen Sohn töd- ten sollen!" — „Nimmermehr!" riefen Alle mit einer Stimme; „nimmermehr, so lange wir leben!" Alle schwuren ihr den Eid der Treue. Dann warf sie sich in die Uniform der Garde, stieg zu Pferde, und führte die Garden zur Stadt hinaus, auf Oranicnbaum zu. Die Nachricht von dem Auf- stande erreichte endlich auch Petern, der eben auf dem Wege von Oranicnbaum nach Peterhof war, welches zwischen jenem Schlosse und Petersburg liegt. Er stieg in Petershof aus, und war so bestürzt, daß er nicht wußte, was er machen sollte. Bald gab er Befehle, die benachbarten Regimenter zufammen- zuziehen, und die Kaiserin zu ermorden, bald wollte er sie um Gnade anflehcn, oder die Flucht ergreifen. Zuletzt folgte er dem Rathe des alten Feldmarschalls Münnich, nach der Festung Kronstadt zu eilen, wo die Flotte liegt, und die großen Kriegs- vorräthe sich befinden, und sich an die Spitze der dort stehen- den Soldaten zu stellen. Er warf sich also in ein kleines Schiff, und ließ sich hinüberrudern. Kurz zuvor aber war die Besatzung für die Kaiserin gewonnen worden, und als die Jacht des Kaisers landete, und er auf den Ruf der Wache: „Wer da?" — „der Kaiser!" antwortete, rief man ihm zu: >

11. Neue Geschichte - S. 279

1859 - Leipzig : Fleischer
279 rung ist allgemein. Ach! ich habe sie vom ersten Tage meiner Regierung an bemerkt!" Die Nacht brachte er auf dem Schiffe zu. Gegen Morgen ließ er- den erfahrenen Münnich in die Cajüte kommen. „Feldmarschall!" sagte er, „Ihr habt ja so viele Gefahren in Eurem Leben gesehen; sagt mir, was soll ich thun?" — „Bis jetzt ist nichts verloren," antwortete Münnich. „Segeln Sie schnell nach Reval (in Esthland), nehmen Sie dort ein Kriegsschiff, fah- ren Sie nach Preußen, wo Ihr Heer steht, und kehren Sie an der Spitze von 80,000 Mann nach Ihren Staaten zurück. Ich schwöre, ehe sechs Wochen vergehen, sind Sie wieder Herr Ihres Reiches." — So vernünftig dieser Rath auch war, so ließ sich Peter doch durch seine Höflinge bestimmen, ihn zu verwerfen. Er fuhr wieder nach Oranienbaum zurück, und schwankte von einem Entschlüsse zum andern. Bald ließ er sich sein schnellstes Pferd satteln, um allein nach Polen zu entfliehen; bald wollte er sich seiner Ge- mahlin zu Füßen werfen. Endlich beschloß er, ihr den russischen Thron zu überlassen, und sie dafür um die Erlaubniß zu bitten, sich nach Holstein zu- rückziehen zu dürfen. Sogleich ließ er seine ihm nock) getreuen Haustruppen auseinander gehen und die Waffen niederlegen. „Sir!" sprach Münnich, den dieser Anblick mit Unwillen erfüllte, „wissen Sie denn nicht an der Spitze Ihrer Soldaten als Kaiser zu sterben? Wenn Sie sich fürchten, nieder- gehauen zu werden, so nehmen Sie ein Cruzifix in die Hand, und Keiner wird wagen, Hand an Sie zu legen; ich werde das Schwert führen." Aber vergebens! Petern riß sein Verhängniß fort. Er schrieb an Katharinen, und bat demüthig um freien Abzug. Diese war indeß bis Peterhos gekommen, ohne auf Truppen zu stoßen. Statt der Antwort schickte sie ihm eine Ent- sagungs-Acte zu, die er unterschreiben sollte. Sie fing sich an: „Während der kurzen Zeit meiner Regierung habe ich erkannt, daß ich für eine solche Last zu schwach bin und daß es über meine Kräfte geht, das Reich auf irgend eine Art zu regieren" u. s. w. — Und das unterschrieb Peter ohne Umstände. Der Kammerherr, der ihm die Schrift überbracht hatte, nöthigte ihn, in einen Wagen zu steigen, und führte ihn nach Peterhof, wo Katharina war. Als er durch die hier stehenden Regimenter fuhr, brüllten die Soldaten: „Hoch lebe Katharina!" und als er am Schlosse ausstieg, rief man ihm barsch zu: „Entkleide dich!" Er gehorchte, riß seinen Ordensstern ab, zog den Rock aus, gab den Degen weg, und nun, entkleidet dem Gespötte der Soldaten preis- gegeben, die noch zwei Tage vorher vor ihm gezittert hatten, stellte er ein recht bedauernswürdiges Bild der Nichtigkeit menschlicher Größe dar. Jetzt wurde er nach einem 6 Stunden von Petersburg entfernten Hause als Ge- fangener abgeführt, und wäre dort vielleicht viele Jahre geblieben, hätten sich nicht unter den Soldaten, die zum Theil die rasche That zu bereuen ansingen, Bewegungen gezeigt. Katharina willigte endlich in den Rath ihrer Freunde ein, ihn aus der Welt zu schaffen. Alexei Orlow, ein Bruder des Gre- gorei Orlow, Günstlings der Kaiserin, bisher ein gemeiner Edelmann, aber durch die Gunst Katharinens zum Grafen erhoben, übernahm das Bubenstück. Er begab sich mit einem andern verworfenen Menschen, Namens Teplow, zu Peter ins Gefängniß, und erklärte, sie würden mit ihm speisen. Nach Ge- wohnheit der Russen wurde vor Tische Branntwein getrunken, dem Kaiser aber dies Mal ein vergiftetes Glas vorgesetzt. Weil sie indessen besorgten,

12. Theil 3 - S. 252

1827 - Leipzig : Brockhaus
252 rina erschrak über diese armseligen Anstalten und erblaßte. Indessen kamen auch die andern zum Vorschein. Die Kaiserin sagte ihnen in einer Anrede, die sie hielt, sie komme, sich in ihre Arme zu werfen und Schutz und Rettung zu suchen vor ihrem Gemahl, der Befehl ertheilt habe, sie und ihren Sohn zu tödten. Sie sprach nicht vergeblich. Alle schrieen und schwuren, für sie zu sterben. Die Ofsiciere eilten herbei und der Haufe vergrößerte sich mit jeder Minute. Es wurde ein Priester gerufen, der Allen beim Crucisix den Eid der Treue abnahm. Auch sammtliche Häupter der Verschwörung fanden sich ein, und der verhaftete Paffig wurde wieder frei gemacht. Or- loff war zum Artillerieregimcnte geeilt, dessen Schatzmei- ster er war. Bald sah sich die Kaiserin von 10,000 Mann umgeben. Nun zog sie, von den Truppen und einer un- zähligen Menschenmenge begleitet, nach der Hauptkirche der Stadt, um ihre Andacht zu verrichten und ihrem Un- ternehmen den Schein einer heiligen Pflicht zu geben. Don da ging der Zug nach einem großen Palaste, der mit Soldaten umstellt wurde. Schon vorher hatte Orloff die Brücke verrammeln lassen, die von Petersburg nach Oranienbaum führte, damit Peter nichts von dem, was vorgegangen war, er- fahren möchte; allein schon war es zu spat. Ein ehema- liger Haarkräusler, Namens Bressan, der dem Kaiser sein Glück verdankte, hatte einen Knecht, als Bauer ver- kleidet, mit einem Schreiben an ihn abgeschickt, worin er ihm Nachricht von den Ereignissen dieses Tages ertheilte, mnd der Bote kam glücklich über die Brücke, ehe sie ab- gebrochen war. Indessen ließ die Kaiserin ihren Prinzen aus dem Schlafe wecken und zu sich bringen. Von einem Balkon herab stellte sie ihn den Soldaten und der zahllosen Volks-

13. Geschichte der neueren Zeit - S. 391

1906 - Langensalza : Gressler
391 Als beide vor ihm zum erstenmale erschienen, befahl er, drei Gläser Wein zu bringen, reichte jedem eins, nahm selbst das dritte und trank es ihnen zu. In diesem Augenblick wurde er abgerufen. Beide Feinde standen eine Zeitlang mit den Gläsern in der Hand starr und sprachlos einander gegenüber; endlich setzte jeder seiu Glas hin und kehrte dem andern den liefen zu. Peter verstand nicht, sich die Liebe seiner Untertanen zu erwerben. Schon seine deutsche Abkunft, noch mehr der Vorzug, den er seiner holsteinischen Garde vor der russischen gab, seine geringe Achtung vor der Geistlichkeit und den Zeremonien der griechischen Kirche und seine Vorliebe für den damals in Nußland nicht beliebten König von Preußen machten ihn verhaßt. Er liebte Friedrich den Großen so, daß er nicht nur, wie schon gesagt, sogleich Frieden und Bündnis mit ihm schloß, sondern auch dem russischen Militär einen preußischen Zuschnitt geben wollte. Er sprang einmal von der Tafel auf, warf sich, mit dem Weinglase in der Hand, vor dem Bildnisse des Königs nieder und rief: „Mein Bruder, wir werden miteinander die Welt erobern!" und da er außerdem rücksichtslos die russischen Gewohnheiten hintenansetzte und lächerlich machte und eine Menge anderer Torheiten beging, so wandten sich die Russen immer mehr von ihm ab und seiner Gemahlin zu. Katharina bildete sich nun eine Partei, die täglich an Zahl und Gewicht zunahm, und da das Gerücht ging, daß der Kaiser sie in ein Kloster , sperren wollte, glaubte sie, ihm zuvorkommen zu müssen. Durch ihre Freundin, die Fürstin Daschkow, brachte sie mehrere russische Große, die beiden £ rlotr, Offiziere in der Garde, den Grafen Pantn, die vornehmsten Geistlichen und viele andere auf ihre Seite, und alle versprachen ihr Beistand. Um auf das Volk zu wirken, zeigte sie sich oft mit trauriger Miene und Tränen in den Augen. Endlich war alles verabredet unter ihren Vertrauten; man wartete nur auf die Abreise des Kaisers, der gegen Dänemark zu Felde ziehen wollte, als die unbesonnene Schwatzhaftigkeit eines der Mit» wissenden alle in Gefahr brachte. Nur das schleunigste Handeln konnte die Kaiserin und die Verschworenen retten. Die letzteren holten am 9. Juli 1.62 schnell die Kaiserin aus Peterhof, wo sie

14. Mit einem Stahlstich - S. 471

1838 - Stuttgart : Belser
T Siebenjähriger Krieg. 4*71 wackre, khiintnißreiche Jtaliäner noch unmittelbar vor Besetzung der kalinkischen Brücke an seinen Herrn abge- ,andt hatte. Wie ein Donnerschlag wirkte die Nachricht auf den armen Fürsten. Endlich gestattete er, daß Groß- kanzlcr Woronzow mit zwei Andern nach Petersburg gehe. Woronzow trat unangemeldet ein. "Ich komme von der Seite des Kaisers, meines Herrn." „Was wol- len Sie?" schrie Katharina wüthend. „Eure Majestät sprechen.» Als sie schwieg, fuhr er kaltblütig fort: „welches Recht, Madam, haben Sie auf den Thron, den der Kaiser einnimmt, und einst Ihr Sohn besteigen soll?" Katharina führte ihn ans Fenster, deutete auf das Volk und die Garden, welche Hurrah riefen, und sagte: „fra- gen Sie diese; denn ich handle nicht, ich gebe nur nach.-. Der Kanzler erhielt Arrest in seinem Hause. Abends gegen 9 Uhr stellte sich Katharina in Gardeuniform, auf einem weißgrauen Hengste reitend, an die Spitze von 15,000 Mann. Etwa 2 Stunden vor Peterhof über- nachtete sie in der rothen Schenke. Hier war cs, wo sie viele Papiere verbrannt haben soll; hier vielleicht hat sie auch schon die Entdeckung gemacht, daß Friedrich ihren Gemahl, weit entfernt, ihn zu reitzen, vielmehr dringend zum ehlicheu Frieden ermahnt hatte. Jeden- falls gelangte sie bald zu dieser bessern Einsicht, und milderte daher ihre anfänglich gegen Preussen feindselige Gesinnung. Peter hatte inzwischen in sinnloser Bestür- zung tolle Manifeste diktirt, seinen 3000 Soldaten wi- dersprechende Befehle ertheilt, einen Landsturm benach- barter Bauern aufbietcn lassen, manchen vernünftigen Vorschlag des Münnich, Gudowitsch und Götze verwor- fen, und nach Kronstadt den beschränkten Grafen De- viere geschickt, welchen Talysin natürlich überlistete. Nach Mitternacht schiffte er selbst auf Kronstadt zu. Schon wollte man eine Brücke werfen. „Wer da?" rief die Schildwache. „Kennst du mich nicht?" sagte Peter, den Mantel nusreisscnd. Da erscholl das fürchterliche Wort: „wir haben keinen Kaiser mehr, es lebe Katharina die

15. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 531

1864 - Köln : DuMont-Schauberg
80. Katharina Ii. von Rußland. Potemkin. 531 Geburt des Großfürsten Paul (1754) nicht gebessert. Als Soltikow auf einen Gesandtschaftsposten nach Madrid entfernt wurde, weinte Ka- tharina bitterlich über die Trennung, wandte aber bald nachher ihre Gunst dem polnischen Grafen Poniatowsky zu. Kaum war Peter Iii. nach dem Tode der Kaiserin Elisabeth (Ja- nuar 1762) zur Regierung gelangt, so zeigte er einen übermäßigen Eifer, umfassende Reformen auf der Stelle durchzuführeu. Da er vor Allem die russische Geistlichkeit nicht leiden mochte, so verfügte er mit einem Federstriche die Confiscation alles Kirchengutes in dem weiten Reiche, mehr als 40 Millionen Rubel werth. Zugleich änderte er die äußere Politik ins Gegentheil um, indem er mit Friedrich Ii. ein Bündniß schloß (s. S. 515). Gegen Katharina und den jungen Groß- fürsten Paul verhehlte er nirgendwo seinen Haß; er dachte daran, seinen Sohn von der Thronfolge auszuschließen, und da er keine eigenen Nachkommen mehr erwartete, so ließ er einige Vettern aus Holstein kommen, um vielleicht ihnen dereinst die Nachfolge zuzuwendeu. So vereinigten sich verschiedene Elemente zu seinem Sturze. Die Popen wütheten über den Berauber der Kirche, die Garderegimenter knirschten über den Vergötterer der Preußen, eine Menge der bisherigen Macht- haber fürchtete ihren Sturz durch die von Peter gestattete Rückkehr der sibirischen Exilirten. Es wurde Katharina nicht schwer, mit diesen allen anzuknüpfen. Ihr Freund Poniatowsky war damals nach Polen zurückgekehrt, und an seine Stelle ein Artillerie-Ofsicier, Gregor Or- low, getreten, ein schöner, starker und kühner Mann, der mit voller Hingebung Katharinens Sache auf Leben und Tod ergriff. Sein Bru- der Alexei, noch herculischer und trotziger, aber auch roher und gewalt- thätiger als Gregor, warb in den Casernen für die Kaiserin. In der Nacht auf den 9. Juli wurde Katharina aus ihrem Lustschlosse Peter- Hof aus dem Schlaf geweckt; ein Mann stand an ihrem Bette, cs war Alexei Orlow, der ihr hastig zurief: „Einer unserer Freunde ist ver- haftet, eilen Sie, kein Augenblick darf verloren gehen." Sie war an- fangs wie betäubt und zitterte, als sie in den Wagen stieg, um nach Petersburg zu fahren; es war wohl weniger ängstliche Furcht als das Gefühl, daß jetzt die Entscheidung über ihr ganzes Leben da sei. Während der Fahrt verlor sich ihre Verwirrung, und unter fröhli- chem Lachen kam sie in der Hauptstadt bei der Caserne der Garden an. Dort hatte Gregor Orlow die Regimenter vorbereitet; in der Kasan'schen Kirche wartete der Erzbischof von Nowgorod mit dem Cle- rus. Panin, der Erzieher des jungen Paul, versammelte die Senatoren, binnen zwei Stunden war Katharina als Selbstherrschern: aller Reußen ausgerufen, im Palast installirt, von Beamten, Truppen, jubelnden Volkshaufen umgeben. Niemals war eine Revolution leichter, rascher, einmüthiger von Stat- ten gegangen. Am Abende setzte sie sich selbst an die Spitze der Trup- pen, welche gegen das Schloß Oranienbaum, den Aufenthalt Pcter's, geschickt wurden; sie trug die altrussische Uniform der Garde. Die 34*

16. Theil 3 - S. 254

1827 - Leipzig : Brockhaus
2 54 konnte aber sein ganzes Unglück noch nicht glauben. An- gelangt zu Petershof, eilte er auf Katharinens gewöhn- liches Zimmer, suchte sie in dem Bette, unter dem Bette, in den Schranken, hinter der Wand. Umsonst, sie war nirgends. Sagte ichs nicht., schrie er, daß für sie kein Entschluß zu kühn ist? Alle Höflinge schwiegen. Ein jun- ger Franzose aber drängte sich heran und versicherte, man könne ganz ruhig seyn, die Kaiserin sey in Petersburg, wo man das St. - Petersfest ganz glänzend feiere, denn alle Truppen stehen unter den Waffen. In demselben Augenblicke kam auch Bressans abgeschickter Knecht un- ter einer Menge Fußfalle und Kreuze, die er schlug, und überreichte das ihm anvertraute Papier. Peter las darin, daß das Regiment der Leibwache in .vollem Aufruhr und die Kaiserin an seiner Spitze sey. Eiligst ließ nun der Kaiser seine holsteinischen Trup- pen, 3000 Mann an der Zahl, von Oranienbaum herbei- rufen. Er lief unschlüssig hin und her wie ein Mensch, der den Kopf verliert. Der berühmte Marschall Mün- nich, den er aus Sibérien zurückgerufen hatte, und der ihm zur Seite stand, rieth ihm, sich eiligst der Stadt Kronstadt und der Flotte zu versichern; Peter wollte aber nicht wie ein Feigherziger gehen, ohne vorher den Feind gesehen zu haben. Jndeß er so zauderte, eilte ihm ein Abgeordneter der Kaiserin nach Kronstadt zuvor. Bald darauf kam einer von seinen Adjutanten mit der Nachricht angesprengt, es nähere sich Katharina mit einem Heere von 20,000 Mann. Jetzt säumte Peter nicht langer und eilte nach dem Gestade, wo zwei Pachten ihn mit seinem ganzen Gefolge aufnahmen. Abends um zehn Uhr langte er in Kronstadt an. Wer da? rief der Pacht eine Schildwache zu — Der Kai- ser — Es ist kein Kaiser mehr. Wirklich ließ man ihn

17. Bd. 8 - S. 276

1846 - Braunschweig : Westermann
276 Dreizehntes Kap. Der Norden und Osten. Rathe für den König verbindlich seyn. Auch sollte ohne Bewilligung der Stände der König keinen Offensiv-Krieg führen können. Wunberschncll erblühte wieder, nach also gebrochenem Aristokraten-Joche, Schwedens Kraft und Glück. Aber die gedemüthigten Oligarchen brüteten insgeheim über Planen der Rache. §. 4. Rußland. Katharina's El Thronbesteigung. In Rußland war nach dem Tode der Kaiserin Elisabeth ihr Neffe, Karl Peter Ulrich, Herzog von Ho.lftcin-Gottorp, welchen sie schon 1742 zum Thronfolger erklärt hatte, zur Herrschaft gelangt (3. Jänner 1762). Noch während des Lebens der Muhme war eine mächtige Partei gegen ihn aufgestanden, und selbst seine Gemahlin Katharina, Prinzessin von Anhalt-Zerbst, hatte daran Theil genommen. Das Mißverhältniß mit dieser Lcztcn nahm zu nach seiner Thronbesteigung; aber der sorglose Peter, dem Trünke und anderen rohen Leidenschaften ergeben, ckannte die Gefahr nicht, welcher er dadurch sich aussezte. Schon durch die schnelle Veränderung des politischen Systems seiner Vorfahrin gegen Preußen und Dänemark erregte er vieles Mißvergnügen, mehr noch durch unklugen An- griff auf Nationalvorurtheile, durch den der teutschen (holsteinischen) vor der russischen Garde ertheilten Vorzug, durch Verordnungen wider die Bilder und wider die Bärte der Geistlichen, durch Geringschäzung der Großen des Reichs. Also geschah, daß, nachdem er seiner Gemahlin, deren Treue er in nicht unbegründetem Verdachte hielt, Gefangenschaft in einem Kloster, dem Sohne derselben, Paul Petrowitsch, aber Verstoßung drohte, Er Selbst plözlich des Thrones beraubt, in's Gefängniß geworfen, getödtet ward (9—14. Juli 1762)*). Katharina, mit Hilfe der Brüder Orlow, des Kosaken-Ataman R a sumo w ski, des Fürsten Ba rjat in s k i, des Grafen P ani n, der Fürstin Daschkow u. A. brachte diese schnelle Umwälzung zu Stande. Der Kaiser war aus dem Lustschlosse Oranienbaum. In Petersburg brach der Aufstand aus. Katharina wurde von den Garden, von dem Adel *) Vergleiche Geschichte der russischen Revolution im Jahr 1762, von Roulhiöre. Germanien 17s7.

18. Bd. 2 - S. 60

1837 - Eisleben : Reichardt
60 Europa. tagen und andern Festen des kaiserlichen Hauses. Zahllose Lustwand- ler aller Stände, Alter und Geschlechter überströmen dann die Fuß- wege. Mit unabsehlichen Wagenzügen sind dann die Land- und mit Bootenflotten die Wasserwege dahin bedeckt. Ein dichtes Gewühl der Vornehmen und der feinern Mittelstände herrscht überall in den Erfrischungshausern und auf den Spaziergängen. Volksmassen drän- gen sich zu ihren fröhlichen Spielen. Aus Wald und Gebüsch, von Wiesen und vom Strome her erschallen Musik- und Gesangchöre der Regimenter. Schon früh Nachmittags erscheinen die untern Klassen, eilend zu den Rutschbahnen, Schaukeln, Caroussels (Ringelrennen), Rennpfaden, Ball- und Kegelspielen, Seiltänzer-, Pantomim- und Gauklerbuden k., um sich zu erlustigen. Einige Stunden später fol- gen ihnen die Klassen des Mittelstandes, und am Spätabend erscheint die vornehme und elegante Welt. In der Nähe von Petersburg und in einiger Entfernung davon liegen viele der kaiserlichen Familie gehörigen Lustschlösser. Zu dem 4 Meilen von Petersburg entfernten Lustschlosse Peterhof führt eine der schönsten Kunststraßen, an beiden Seiten mit herrlichen Gärten und Landhäusern besetzt. Es verdankt Peter dem Großen seine erste Entstehung, ist aber von seinen Nachfolgern erweitert und zum Theil erneuert worden, so daß-es wenig von seiner ersten Anlage behalten hat, liegt am südlichen Ufer des Finischen Meerbusens, und kann nicht mit Unrecht das Russische Versailles genannt werden, sowohl was die Palläste als die Gärten und die kunstreichen Wasserwerke betrifft, ja in Hinsicht der letztem laßt es das Französische Versailles weit hinter sich. Einen Theil des Sommers hält sich der kaiserliche Hof zu Peterhof auf; aber vorzüglich besucht ist dieses Lustschloß am 29. Junius, dem festlich begangenen Petri-Paulitage, wo sich wohl an 100,000 Personen aller Stände aus der Hauptstadt und den andern benachbarten Orten in den großen Gärten Peterhofs belustigen. An der von Petersburg nach Nowgorod und Moskau führenden Kunsistraße liegt 3ss M. von Petersburg das bekannte und prachtvolle kaiserliche Lustschloß Zarskoje-Selo oder Zarskoe-Selo, das seine Pracht und Größe der Kaiserin Katharina Ii. zu verdanken hat; allein die ursprüngliche Anlage ist das Werk der Kaiserin Katharina 1., welche hier in Abwesenheit ihres Gemahls ein Schloß erbauen ließ, um ihn bei seiner Rückkunft damit zu überraschen. Diese erste Anlage erweiterte und verschönerte sodann die Kaiserin Elisabeth. Das Schloß hat in der Fronte eine Länge von 1200 F. und imponirt von ferne gesehen durch seine Riesengröße, aber in der Nähe betrachtet, verliert es an Eindruck, wegen seiner Überladung von Verzierungen. Dem prachtvollen Äußern entspricht das Innere mit seinen zahllosen Prunk- zimmern und in Orientalischer Art geschmückten Sälen und mit sei- nen kostbaren Verzierungen in Marmor, Mosaik, Jaspis, Agat, Lapis Lazuli, und den feinsten farbigen Holzarten. Dazu kommen die aus-

19. Mit einem Stahlstich - S. 470

1838 - Stuttgart : Belser
470 Sechzehntes Hauptstück. sie gieng zu Fuß bei den Garden umher, sprach von Pe- ters Absicht, ihren Sohn und sie zu beseitigen, schilderte die Gefahr, welche der griechischen Religion, den Zerfall, welcher dem ganzen Reich drohe, und bot jeden Zauber ihrer Gestalt und Beredsamkeit auf. Neugierig, über- rascht , entzückt drängten sich die Soldaten herzu, Dieser in Pantoffeln, Jener im bloßen Hemd. Premier-Major Graf Bruce gewann das semenowsche Garderegiment. Wie ein Schnecball vergrößerte sich der Haufe. Man zerriß die preussischen Montirungsstücke, suchte alte, zum Theil zerlumpte hervor. Um 9 Uhr giengs nach der ka- sanschcn Kirche: während der getäuschte Erzbischofs Se- t sch in von Nowgorod Katharina als Vormünderin ih- res Sohns Paul empfieng, und das Tedeum anstimmte, wurde sie von Alexis ausserhalb der Kirche als Selbst- Herrscherin ausgerufen. Im neuen Pallast bemächtigte sie sich der geheimen Papiere des Kaisers, verfügte sich dann in den alten, und ließ ihn mit Kanonen umgeben. Wachposten schnitten die Wege nach Oranienbaum ab. Viceadmiral Ta.ly sin erbot sich, die Besatzung von Kronstadt zu gewinnen. Ein Truppencorps sollte die Straße nach Lievland sperren, und Narwa schließen. Den Pöbel beschäftigte man durch Gerüchte, die in Um- lauf gesetzt wurden, und durch ein Trauergefolge, das, als ob Peter gestorben wäre, in dumpfer Stille einen Sarg begleitete. In den Kabacken oder Branntweinhäu- fern, die aus kaiserlichen Magazinen gefüllt werden, konnte jeder Soldat trinken, soviel er wollte. Auch die Gesand- ten der gegen Friedrich verbundncn Mächte theilten Brannt. wein in Fülle aus. Unterdessen war der Kaiser um 1 Uhr von Oranienbaum nach Peterhvf aufgebrvchen, wo er die Ab- sicht hatte, mancherlei Vorbereitungen für das Paulsfest zu treffen. Ein Bauer auf einem elenden Karren schrie dem Kutscher und den Vorreitern zu: man hielt ihn für betrunken. In Peterhof wußte Niemand, wo die Kai- serin scy. Bald kam jener Bauer; cs war ein verklei- deter Diener des Staatsraths Bressan, den dieser

20. Neuere Geschichte - S. 247

1848 - Leipzig : Brandstetter
247 Orlow, Günstlinge der Kaiserin, benutzten das Mißverhältniß des Kaiser- paares und beredeten Katharina, sich an die Spitze einer Verschwörung zu stellen, welche den Kaiser entthronen und sie zur Alleinherrscherin erheben sollte. Katharina, der man gesagt hatte, daß ihr Gemahl gedroht habe, sie in ein Kloster sperren zu lassen, willigte ein. Während Peter auf seinem Lustschlosse sich befand, eilte Katharina nach der Hauptstadt und ließ sich von den Soldaten und dem Volke zur Kaiserin ausrufen. Zugleich wurde bekannt gemacht, daß sie die Negierung darum übernehme, weil Peter mit den geschworenen Feinden Rußlands Frieden und Bündniß ge- schlossen habe und die russische Kirche in großer Gefahr schwebe. Als diese Nachricht zu Peter gelangte, rieth man ihm, sich an die Spitze der Hol- steiner Garde nach Petersburg zu begeben und den Aufruhr zu ersticken; er gab aber den Bitten seiner Freundinnen nach und wollte lieber versuchen, sich mit seiner Gemahlin zu versöhnen. Da geschah es, daß er gefangen genommen und in einem entlegenen Dorfe nach kurzer Haft von einigen russischen Offizieren ermordet wurde. Ob die Kaiserin von dieser schwarzen That wußte, ist noch nicht ausgemittelt worden. In Petersburg hieß es: der Kaiser sei plötzlich an Kolik gestorben. Diese Veränderungen am russischen Hofe hatten einen großen Einfluß auf die europäischen Angelegenheiten, denn Kaiser Peter Iii. hatte gleich beim Antritte seiner Regierung dem russischen Heere in Schlesien befehlen lassen, mit den Preußen gemeinsame Sache zu machen. Schon stand Friedrich Ii. bei Neichenbach den Oestreichern gegenüber, als die Nach- richt vom Tode Peter's und zugleich der Befehl an den General Czer- niczew eintraf, mit dem Heere heimzukehren. Da beredete Friedrich Ii. den General, den Befehl nur noch drei Tage lang geheim zu halten; das Treffen erfolgte, und Friedrich siegte. Das russische Heer blieb dabei zwar un- thätig, stand aber doch in Schlachtordnung und entmuthigte den östreichi- schen Feldherren den Kampf fortzusetzen. Anfangs hatte Katharina be- schlossen, den Krieg gegen Friedrich fortzuführen, weil sie meinte, er habe ihren Gemahl gegen sie aufgebracht; als sie aber Briefe in ihre Hände be- kam, aus welchen sie das Eegentheil erfuhr, verzieh sie dem Czcrniczew das Ueberschreiten des erhaltenen Befehles und schloß mit ^Preußen Frieden. Auch in Schweden änderte sich die Politik, hier trat man gleichfalls dem Frieden bei, und so wurde Friedrich von zwei Feinden befreit. Obschon er erschöpft war, kämpfte er doch im Vereine mit dem heldenmüthigen Fer- dinand von Braunschweig noch ein Jahr lang, bis alle kriegführende Mächte ermüdet und ohne Geld den Frieden wünschten, der endlich im I. 1^63 auf dem sächsischen Jagdschlösse Hubertusburg geschlossen wurde. Den Bestimmungen des Friedens gemäß wurde für den Länderbesitz Preu- ßens der Umfang anerkannt, welchen es vor dem Kriege hatte, und so hatte sich Friedrich Ii. sieben Jahre lang gegen einen halben Welttheil ver- theidigt, ohne eine Handbreit Landes zu verlieren. War auch ein großer