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1. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 58

1846 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
58 Klöstern die schrecklichsten Greuel verübt wurden. Dem Papste waren sie indessen immer sehr willkommene Leute, weil sie durch keine Familienbande an den Staat gefesselt waren, und daher ganz zu seiner Verfügung standen. Vorzüglich erge- den waren ihm die sogenannten Bettelorden, d. l. diejenigen Mönche, welche außer dem Gelübde der Keuschheit auch noch das der Armuth und des unbedingten Gehorsams lei- steten: die Franziskaner (gestiftet von dem h. Franziskus geb. 1200) und die Dominikaner (von Dominikus 1170 . —1221). Diese Letzteren bildeten das eigentliche streitbare Heer der Päpste, durch welches sie die Ketzer auf eine schreckliche Weise verfolgten. Den Dominikanern war die sogenannte Inquisition, ein Ketzergericht anvertraut, wel- ches Diejenigen schon vor sich forderte, welche auch nur in einem verbotenen Buche gelesen hatten, durch die fürchter- lichsten Martern sie zu jedem beliebigen Geständnisse brachte und dann auf die grausamste Weise hinrichtete. In Spa- nien sollen allein 31000 Menschen durch dieses Gericht ver- brannt worden sein. Zu den von den Päpsten verbotenen Büchern gehörte aber auch die Bibel. Arme Leute waren damals freilich gar nicht einmal im Stande, sich eine Bibel anzuschaffen, denn die kostete wohl 360 Gulden; wenn aber nun Einer mit vielen Kosten eine solche erlangt hatte, so durfte er bei Todesstrafe nicht darin lesen. Und warum nicht? Damit die Leute in der tiefsten Unwissenheit erhalten würden und nicht merkten, daß die Päpste wider Gottes Wort redeten und thaten. Und die Finsterniß wurde denn auch über alle Beschreibung groß. Die Geistlichen konnten selten lesen, viel weniger predigen. Ihr Geschäft in dev Kirche war, daß sie unter unverstandenen lateinischen Gebeten, vielem Bekreu- zen und Kniebeugen vorgeblich den Leib Christi für Leben- dige und Todte opferten (vergl. Hebr. 10, 12 — 11.), was man die Messe nannte. Das Volk zählte dann an dem Rosenkränze, einer Schnur von Kügelchen, die Hunderte von Vater-Unsern ab, die es sprach, rief nicht Christum, sondern die Jungfrau Maria und alle Heiligen, deren Zahl die Päpste täglich vermehrten, in schwärmerischer Andacht an; und schätzte sich selig, wenn es recht viele Reliquien be- kommen konnte, unter denen man z. B. selbst eine Sprosse von der Leiter, die Jakob im Traume gesehen hatte, und einen Strahl von dem Sterne der Weisen aus dem Mor- geulande vorzuweisen sich nicht scheute. Seine Sünden

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1. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 58

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
58 Klöstern die schrecklichsten Greuel verüht wurden. Dem Papste waren sie indessen immer sehr willkommene Leute, weil sie durch keine Familienbande an den Staat gefesselt waren, und daher ganz zu seiner Verfügung standen. Vorzüglich erge- den waren ihm die sogenannten Bettelordcn, d. i. diejenigen Mönche, welche außer dem Gelübde der Keuschheit auch noch das der Armuth und des unbedingten Gehorsams leisteten: die Franziskaner (gestiftet von dem h. Franziskus, geb. 1200) und die Dominikaner (von Dominikus 1170 —1221). Diese Letzteren bildeten das eigentliche streitbare Heer der Päpste, durch welches sie die Ketzer auf eine schreckliche Weise verfolgten. Den Dominikanern war die sogenannte Inquisition, ein Ketzergericht, anvertraut, welches Diejenigen schon vor sich forderte, welche auch nur in einem verbotenen Bucke gelesen hatten, durch die fürchter- lichsten Martern sie zu jedem beliebigen Geständnisse brachte und dann auf die grausamste Weise hinrichtete. In Spa- nien sollen allein 34000 Menschen durch dieses Gericht ver- brannt worden sein. Zu den von den Päpsten verbotenen Büchern gehörte aber auch die Bibel. Arme Leute waren damals freilich gar nicht einmal im Stande, sich eine Bibel anzuschaffen, denn sie kostete wohl 300 Gulden; wenn aber nun Einer mit vielen Kosten eine solche erlangt hatte, so durfte er bei Todesstrafe nicht darin lesen. Und warum nicht? Damit die Leute in der tiefsten Unwissenheit erhalten würden und nicht merkten, daß die Päpste wider Gottes Wort redeten und thaten. Und die Finsterniß wurde denn auch über alle Beschreibung groß. Die Geistlichen konnten selten lesen, viel weniger predigen. Ihr Geschäft in der Kirche war, daß sie unter unverstandenen lateinischen Gebeten, vielem Bekreu- zen und Kniebeugen vorgeblich den Leib Christi für Leben- dige und Tode opferten (vergl. Hebr. 10, 12—14.), was man die Messe nannte. Das Volk zählte dann an dem Rosenkränze, einer Schnur von Kügelchen, die Hunderte von Vater-Unsern ab, die es sprach, rief nicht Christum, sondern die Jungfrau Maria und alle Heiligen, deren Zahl die Päpste täglich vermehrten, in schwärmerischer Andacht an; und schätzte sich selig, wenn es recht viele Reliquien be- kommen konnte, unter denen man z. B. selbst eine Sprosse von der Leiter, die Jakob im Traume gesehen hatte, und einen Strahl von dem Sterne der Weisen aus dem Mor- genlande vorzuweisen sich nicht scheute. Seine Sünden

2. Bilder aus der Kirchengeschichte - S. 44

1876 - Braunschweig : Bruhn
— 44 - Verschlechterung der Sitten. Schrecklich ist das Bild, welches uns die Schriftsteller aus damaliger Zeit von dem allgemeinen Verderben in der Kirche des Mittelalters entwerfen. Dasselbe entstand aber daraus daß die zwei rechten Grundlehren der christlichen Kirche: 1. die von Gott eingegebene Schrift ist die alleinige Quelle der Heilslehre, und 2. der sündige Mensch wird vor Gott gerecht allein aus Gnaden durch den Glauben an Jesnm Christum, abhanden gekommen waren. 1. Neben die heilige Schrift stellte man die sogen. Tradition oder mündliche Ueberlieferung dessen, was die Apostel noch außer ihren Lchriften gelehrt haben sollten. Sie steht in vielen, ja in den wichtigsten Stücken mit der heiligen Schrift in offenbarem Widerspruch und die meisten Irrthümer der katholischen Kirche, die Lehre von dem Papstthum an der Spitze, find aus ihr entsprungen. Für die habsüchtige Geistlichkeit war sie der Born, aus dem sich immer neue Menschensatzungen herleiten ließen, und sie machte davon den weitgehendsten Gebrauch. Aber, fragen wir', warum ließ sich das Volk Lehren aufdringen, die mit dem klaren Schriftwort in offenem Widerspruch stehen? — Wir antworten: Das Volk kannte die Bibel gar nicht! Dies Damals noch äußerst seltene Buch fand sich fast nur in den großem Bibliotheken, denn es war so theuer, daß der gemeine Mann die Kosten der Anschaffung desselben nicht erschwingen konnte. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kostete eine schön geschriebene Bibel 360 Gulden,^ eine Summe, um welche damals ein Tagelöhner 15 Jahre arbeiten mußte. Dennoch mochten die Päpste die Bibel fürchten. Daher verboten sie den Laien (Nichtgeistlichen) das Lesen derselben, zuerst 1129,^und hüteten sich wohl, das Volk mit derselben bekannt zu machen. Schulen gab es nur in den Klöstern; gepredigt wurde in den Kirchen fast gar nicht und wo dieö geschah, blieb dabei die Bibel unbe-rührt. ^Alle gottesdienstlichen Handlungen wurden außerdem in lateinischer Sprache verrichtet, welche das Volk, oft sogar der Geistliche selbst nicht verstand. Der geeignete Boden für alle möglichen Irrlehren und Mißbrauche war da und er wurde benutzt. Wir wollen einige der schlimmsten auszählen : a. Der Marien- und Heiligendienst. Wohl sind die Männer, welche willig Gut und Blut für den Herrn hingegeben, um ihres Glaubens willen die grausamsten Martern erduldet haben, die Märtyrer, werth, man sie ehrt. Aber die Hochachtung, welche man ihnen zollte, ging bald in Verehrung und Anbetung über. Der Papst erklärte sie feierlich für „Heilige." Desgleichen alle Diejenigen, welche besonders tugendhaft gelebt oder sich der Kirche in hervorragender Weise nützlich gemacht hatten. Die Zahl der Heiligen mehrte sich bald so sehr, daß man nicht bloß einen für jeden Tag im Jahr hatte, sondern bisweilen sogar ihrer zehn

3. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 86

1867 - Rostock : Hirsch
86 Sixtus füllte seine Kasse mit Sünclenlohn; Innocenz Viii war ein ge- wissenloser Wollüstling, Alexander aber ein so frecher, schamloser, scheusslicher Sünder, dass er, wie man sagt, für die Hölle zu schlecht war. Und alle diese Männer wollten als Statthalter Christi angesehen und verehrt werden! Wahrlich, es war hohe Zeit, dass alle, die Christum liebhatten, inbrünstig flehten: „Herr, bleibe bei uns; denn es will Abend werden!“ Wenn Gott einen straken Krill, thut er ihm Zukor die Augen Zu. 13 Wie das Verderben sich über die ganze Kirche aus- breitete. Falsche Lehre. Von dem Papste drang das Verderben unter die Geistlichkeit und von da weiter und weiter in die Gemeinde hinein, daß wiederum Finsterniß das Erdreich bedeckte und Dunkel selbst die Völker, die auf Jesu Namen gekauft waren. Der eigentliche Grund des Verderbens datirte aber nicht von gestern, sondern fd)on von der Zeit her, da man aus den Märtyrern Heilige machte und dadurch dem allgenugsamen Verdienste Christi zur Seligkeit Abbruch that. Durch die „Heiligen" kam ein Riß in die felsenfeste Lehre der Schrift, daß der Sünder nur aus Gnaden gerechtfertigt wird. Und der Riß wurde nicht kleiner, sondern immer größer. Konnte der Mensch durch selbsterwählte, über die zehn Gebote hinausgehende Geistlichkeit fid) ein Verdienst erwerben, so war Christus nicht mehr die einzige Hoffnung im Leben und im Ster- den, so war das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens nicht mehr von Grund aus böse, so konnte ein Mensch eine Sünde wider die zehn Ge- bote durch ein überflüssiges Werk selbst gut machen, ohne daß er Christi son- derlich bedurfte. Also wurde der Heiland in den Hintergrund gedrängt. Vollends wurde er der Gemeinde aus den Augen gerückt, als zwischen ihn und die Seinen sich eine alttestamentliche Priesterschaft stellte, deren sichtbares Oberhaupt, der Papst, der sichtbare Vertreter des unsichtbaren Herrn war. Dies waren die irrigen Lehren, die mehr und mehr die Köpfe der Christen- heit verwirrten und die Wurzeln des Verderbens wurden, das über die Kirche hereinbrach. Alan kann verwundert fragen, woher es denn gekommen ist, daß Leh- ren, welche setzt ein Kind als irrig erkennt, damals in der Christenheit allge- meine Geltung gewannen? Die Antwort ist: weil sie das Wort Gottes nicht gebrauchten. Die Bibel war nur in fremden Sprachen vorhanden und konnte somit von gewöhnlichen Leuten nicht gelesen werden. Und das war dem Papste ganz recht. Denn nun waren wenige im Stande, sich aus der heiligen Schrift selbst zu überzeugen, ob die Lehre, die ihnen gepredigt wurde, Menschenwort oder Gotteswort war. Als daher einige Leute anfingen, die Bibel zu Nutz dem Volke in die Landessprache zu übersetzen, wurde dies vom Papste geradezu verboten. Also steht e» bis zu dieser Stunde bei den Rö- mischen: der gewöhnliche Christ kann die Bibel m der fremden Sprache nicht lesen, in seiner Landessprache darf er sie nidjt haben; damit ist die Bibel ihm so gut als ganz verboten. Nun hätten freilich gelehrte Leute, welche fremde Sprachen verstanden, leicht aus der Schrift nachweisen können, wo irrige Lehre gelehrt wurde.

4. Kleine Weltgeschichte oder Geschichten aus der Geschichte - S. 75

1856 - Moers : Rhein. Schulbuchh.
§. 49. Heinrich Viii. -j- 1547; und Elisabeth f 1603. 75 war kein Segen in Allem, was der Mann that, der Gott und sei. nem Evangelium widerstanden hatte. Der reiche Philipp ward am Ende so arm, daß er seinen Bedienten den Lohn nicht ausbezahlen konnte und daß man in den Kirchen eine Kollekte für ihn sammeln mußte. Das war schon eine harte Strafe für den Tyrannen. Sie kam aber noch härter. Philipp ward krank, und siehe! bald er- kannte man mit Grausen: es war Sulla's, es war Herodis Krank- heit! — Der elende, schrecklich gequälte Mann ließ sich in das Es- korial bringen. Das half ihm aber auch nichts. Erst nach den ent- setzlichsten Qualen verließ seine arme Seele den halbverfaultm Leich- nam, und ging an ihren Ort. §. 49. Heinrich Vih. f 1547; und Elisabeth f 1603. Als Karl V. noch lebte, regierte in England sein Vetter Hein- rich Viii. Der dünkte sich, er wäre ein gelehrter Mann, und schrieb in diesem Dünkel ein Buch gegen Luther. Darüber lobte ihn der Papst und nannte ihn „einen Vertheidiger des Glaubens!" — und diesen schönen Titel, aber anders gemeint, führen die Könige von England noch jetzt. Später wollte sich Heinrich gerne von seiner Frau scheiden lassen, weil sie ihm nicht mehr gefiel. Das wollte aber der Papst nicht haben, denn die Ehescheidung ist in der katholischen Kirche verboten. Was that nun König Heinrich? Er hatte einen harten Eigenwillen, und sagte: „Der Papst hat mir nichts zu befehlen. Fortan soll er sich gar nicht mehr um mein Land bekümmern!" und nun sing er an, die Klöster aufzuheben, erlaubte Jedermann, die Bibel zu lesen, und zeigte den Geistlichen an, sie hätten nur ihm, nicht aber dem Papste zu gehorchen. Mit einem Wort: Er führte die Reformation ein. So regiert und wendet Gott auch die bösen Absichten und Werke schlechter Menschen, ' daß Gutes daraus erwachsen muß. Das nützt freilich den bösen Menschen nichts, und wehe denen, die da sagen: Lasset uns Böses thun, da- mit etwas Gutes daraus erwachse. Viele Engländer hatten die erhaltene Erlaubniß, die Bibel zu lesen, treulich benutzt, und das hatte, wie in Deutschland, erst die echte Reformation herbeigeführt, und in ihrem Herzen ein göttliches Leben angefacht. Aber nun kam eine Trübsalszeit über sie. Heinrich des Viii. Tochter, Maria, die einige Jahre nach ihres Vaters Tode zur Regierung kam, hielt streng an der alten Weise, und hätte gern das neu erwachte Leben völlig ausgerottet. Darum verheirathete sie sich mit dem gleichgesinnten Philipp Ii. von Spanien, und that

5. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 425

1863 - Essen : Bädeker
425 ihn auch so hochmüthrg, daß er von Kaisern und Königen als im Namen Gottes forderte, ihm als ihrem göttlichen Herrn und Haupte den Fuß zu küssen, und, wenn er zu Pferde steigen wollte, den Steig- bügel zu halten. Auch haben wir gesehen, wie er die Fürsten, die ihm nicht unbedingt gehorchten, mit dem Banne, und die Völker, welche ihnen den Eid der Treue halten wollten, mit dem Interdikte strafte, und welche traurige Folgen dies insbesondere für unser Vaterland ge- habt hat. Die Macht des Papstes wuchs gewaltig, seitdem Gregor Vii. allen Priestern zu heirathen verbot und den schon Verheiratheten gebot, Weib und Kind zu verstoßen (Cölibat), und seitdem durch den Papst Innocenz Iii. (um 1210) die Orden der Bettelmönche entstanden, die Franziskaner, Dominikaner, Augustiner u. s. w. Die Mönche waren schon seit lange für besonders heilige Personen gehalten worden, und sie haben sich in ihren Klöstern hin und wieder auch große Verdienste um die Wissenschaften, um die Cultur des Geistes und des Bodens, und um die Pflanzung des Christenthums erworben. Für weit heiliger als alle galten die Bettelmönche, weil sie eben bet- telten und was sie erbettelt, zum Theil wieder als Almosen austheilten, wodurch sie des Herrn Wort Luc. 18, 22. zu erfüllen, und damit mehr zu thun wähnten, als Gott in seinen Geboten fordert. So sammelten sie den Schatz überflüssiger guter Werke, woraus den übrigen Christen ein Ersatz für dasjenige, was ihnen an der Voll- kommenheit mangelte, bei gewissen Leistungen zugesagt wurde, — die Grundlage zu dem seelentödtenden, aber für Päpste, Kirchen und Klöster so ungemein einträglichen Ablaß. Die Mönche vermehrten sich über alle Maaßen. Sie waren die getreuesten Diener des Papstes und dessen auf alle Weise ausgezeich- nete Günstlinge. Ungeheure Geschenke stoffen den Klöstern zu, indeß das Volk verarmte. Die Ehelosigkeit der Priester und das sorglose, träge Leben der Mönche erzeugten eine Sittenlosigkeit, die ihre Heilig- keit Lügen strafte, und die Bettelei war durch sie zu einer verdienst- lichen Tugend geworden, die nur zu viele Nachahmer fand. Eine Hauptwaffe des Papstthums war auch die Inquisition, d. h. Ketzergericht. Ketzer pflegte man damals alle diejenigen zu nennen, welche religiöse Ansichten behaupteten, die mit der päpstlichen Lehre im Widerspruch standen. Als solche sind im Mittelalter berühmt geworden die Waldenser. Sie sollen Ursprung und Namen haben von einem reichen und ftommen Kaufmanne zu Lyon, Peter Wal- dus, der um das Jahr 1180 lebte. Derselbe las die Bibel, und die trostreichen Wahrheiten, die er in dieser fand, erfüllten sein Herz mit dem Verlangen, auch Andere derselben theilhaftig zu machen. Er stiftete einen Verein zur Verkündung des reinen Evangeliums unter dem armen Landvolke, und sandte Boten aus, welche den Leuten die heiligen Schriften vorlasen. Tausende erkannten mit Erstaunen die

6. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 425

1864 - Essen : Bädeker
425 ihn auch so hochmüthi'g, daß er von Kaisern und Königen als im Namen Gottes forderte, ihm als ihrem göttlichen Herrn und Haupte den Fuß zu küssen, und, wenn er zu Pferde steigen wollte, den Steig- bügel zu halten. Auch haben wir gesehen, wie er die Fürsten, die ihm nicht unbedingt gehorchten, mit dem Banne, und die Völker, welche ihnen den Eid der Treue halten wollten, mit dem Interdikte strafte, und welche traurige Folgen dies insbesondere für unser Vaterland ge- habt hat. Die Macht des Papstes wuchs gewaltig, seitdem Gregor Vii. allen Priestern zu heirathen verbot und den schon Verheiratheten gebot, Weib und Kind zu verstoßen (Cölibat), und seitdem durch den Papst Innocenz Iii. (um 1210) die Orden der Bettclmönche entstanden, die Franziskaner, Dominikaner, Augustiner u. s. w. Die Mönche waren schon seit lange für besonders heilige Personen gehalten worden, und sie haben sich in ihren Klöstern hin und wieder auch große Verdienste um die Wissenschaften, um die Cultur des Geistes und des Bodens, und um die Pflanzung des Christenthums erworben. Für weit heiliger als alle galten die Bettelmönche, weil sie eben bet- telten und was sie erbettelt, zum Theil wieder als Almosen austheilten, wodurch sie des Herrn Wort Luc. 18, 22. zu erfüllen, und damit mehr zu thun wähnten, als Gott in seinen Geboten fordert. So sammelten sie den Schatz überflüssiger guter Werke, woraus den übrigen Christen ein Ersatz für dasjenige, was ihnen an der Voll- kommenheit mangelte, bei gewissen Leistungen zugesagt wurde, — die Grundlage zu dem seelentödtenden, aber für Papste, Kirchen und Klöster so ungemein einträglichen Ablaß. Die Mönche vermehrten sich über alle Maaßen. Sie waren die getreuesten Diener des Papstes und dessen auf alle Weise ausgezeich- nete Günstlinge. Ungeheure Geschenke flössen den Klöstern zu, indeß das Volk verarmte. Die Ehelosigkeit der Priester und das sorglose, träge Leben der Mönche erzeugten eine Sittenlosigkeit, die ihre Heilig- keit Lügen strafte, und die Bettelei war durch sie zu einer verdienst- lichen Tugend geworden, die nur zu viele Nachahmer faiid. Eine Hauptwaffe des Papstthums war auch die Inquisition, d. h. Ketzergericht. Ketzer pflegte man damals alle diejenigen zu nennen, welche religiöse Ansichten behaupteten, die mit der päpstlichen Lehre im Widerspruch standen. Als solche sind im Mittelalter berühmt geworden die Waldenser. Sie sollen Ursprung und Namen haben von einem reichen und frommen Kaufmanne zu Lyon, Peter Wal- dus, der um das Jahr 1180 lebte. Derselbe las die Bibel, und die trostreichen Wahrheiten, die er in dieser fand, erfüllten sein Herz mit dem Verlangen, auch Andere derselben theilhaftig zu machen. Er stiftete einen Verein zur Verkündung des reinen Evangeliums unter dem armen Landvolke, und sandte Boten aus, welche den Leuten die heiligen Schriften vorlasen. Tausende erkannten mit Erstaunen die

7. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 456

1872 - Essen : Bädeker
456 ihn auch so hochmüthig, daß er von Kaisern und Königen als im Namen Gottes forderte, ihm als ihrem göttlichen Herrn und Haupte den Fuß zu küssen, und, wenn er zu Pferde steigen wollte, den Steig- bügel zu halten. Auch haben wir gesehen, wie er die Fürsten, die ihm nicht unbedingt gehorchten, mit dem Banne, und die Völker, welche ihnen den Eid der Treue halten wollten, mit dem Interdikte strafte, und welche traurige Folgen dies insbesondere für unser Vaterland ae- habt hat. Die Macht des Papstes wuchs gewaltig, seitdem Gregor Vii. allen Priestern zu heirathen verbot und den schon Verheirateten gebot, Weib und Kind zu verstoßen (Cölibat), und seitdem durch den Papst Innocenz Iii. (um 1210) die Orden der Bettelmönche entstanden, die Franziskaner, Dominikaner, Augustiner u. s. w. Die Mönche waren schon seit lange für besonders heilige Personen gehalten worden, und sie haben sich in ihren Klöstern hin und wieder auch große Verdienste um die Wissenschaften, um die Cultur des Geistes und des Bodens, und um die Pflanzung des Christenthums erworben. Für weit heiliger als alle galten die Bettelmönche, weil sie eben bet- telten und was sie erbettelt, zum Theil wieder als Almosen austheilten, wodurch sie des Herrn Wort Luc. 18, 22. zu erfüllen, und damit mehr zu thun wähnten, als Gott in seinen Geboten fordert. So sammelten sie den Schatz überflüssiger guter Werke, woraus den übrigen Christen ein Ersatz für dasjenige, was ihnen an der Voll- kommenheit mangelte, bei gewissem Leistungen zugesagt wurde, — die Grundlage zu dem seelentödtenden, aber für Päpste, Kirchen und Klöster so ungemein einträglichen Ablaß. Die Mönche vermehrten sich über alle Maaßen. Sie waren die getreuesten Diener des Papstes und dessen auf alle Weise ausgezeich- nete Günstlinge. Ungeheure Geschenke flössen den Klöstern zu, indeß das Volk verarmte. Die Ehelosigkeit der Priester und das sorglose, träge Leben der Mönche erzeugten eine Sittenlosigkeit, die ihre Heilig- keit Lügen strafte, und die Bettelei war durch sie zu einer verdienst- lichen Tugeno geworden, die nur zu viele Nachahmer fand. Eine Hauptwaffe des Papstthums war auch die Inquisition, d. h. Ketzergericht. Ketzer pflegte man damals alle diejenigen zu nennen, welche religiöse Ansichten behaupteten, die mit der päpstlichen Lehre im Widerspruch standen. Als solche sind im Mittelalter berühmt geworden die Waldenser.^ Sie sollen Ursprung und Namen haben von einem reichen und frommen Kaufmanne zu Lyon, Peter Wal- dus, der um das Jahr 1180 lebte. Derselbe las die Bibel, und die trostreichen Wahrheiten, die er in dieser fand, erfüllten sein Herz mit dem Verlangen, auch Andere derselben theilhaftig zu machen. Er stiftete einen Verein zur Verkündung des reinen Evangeliums unter dem armen Landvolke, und sandte Boten aus, welche den Leuten die heiligen Schriften vorlasen. Tausende erkannten mit Erstaunen die

8. Geschichtsbilder - S. 64

1890 - Leipzig : Richter
— 64 — meisten Kinder weder lesen noch schreiben lernten, in denen auch gar mancher Fürst und vornehme Mann nicht lesen und schreiben konnte und in denen ein Buch ein wertvollerer Schatz war als ein Schmuck aus Gold und Diamanten. Das war zu der Zeit, da säst nur die Geistlichen und Mönche das Schreiben verstanden. Damals galt eine Büchersammlnng von hundert Bänden, wie sie etwa in einem reichen Kloster vorhanden war, schon als etwas ganz Außerordentliches, und die Bücher waren so teuer, daß eine vollständige Bibel wohl mehr als tausend Gulden kostete. Erst nachdem die Buchdruckerkunst erfunden war, wurden die Bücher häufiger und billiger, und erst dann war es möglich und lohnte es die Mühe, daß mehr Leute das Lesen erlernten. Aber Bücher waren nicht das erste, was man druckte. Wer im Mittelalter gern das Bild des Heiligen, zu dem man betete, vor sich im Zimmer aushängen wollte, der mußte ein solches Bild von den Mönchen erwerben, welche Heiligenbilder mit bunten Farben aus Pergamentblätter malten. Da kam ein kluger Kops aus den Gedanken, den Umriß des Bildes in einer Holztafel auszuschneiden, ihn zu schwärzen und dann aus einer gewissen Anzahl von Blättern abzudrucken. Die Zeichnuug war also durch einen einzigen Druck hergestellt, und es bedurfte nur noch, daß man das Bild mit bunten Farben ausmalte und den Namen des Heiligen oder irgend einen frommen Spruch darunter schrieb. Bald schnitt man aber auch den Namen und den Spruch mit auf der Holztafel aus und druckte beides zugleich mit dem Umrisse des Bildes. Dann kam man auf den Gedanken, so wie die wenigen Worte unter dem Bilde auch ganze Seiten in Holz auszuschneiden, die hervorstehenden Buchstaben mit einer Schwärze zu überziehen, dann ein Blatt Pergament oder Papier darauf zu legen und es mit einem weichen Polster anzudrücken, so daß die geschwärzten Formen der Buchstaben sich auf dem Blatte abzeichneten. Etliche solcher Holztafeldrucke haben sich bis auf unsere Zeit erhalten, z. B. große Blätter, auf denen wie auf unseren Wandkalendern alle Tage eines Jahres verzeichnet waren, oder andere, ans denen alle großen und kleinen Buchstaben des Abc gedruckt waren, damit die Kinder, welche lesen lernen sollten, sie daran lernten. Wollte man ein großes Buch auf solche Weise drucken, so brauchte man dazu freilich so viel Holztafeln, als das Bnch Seiten hatte; man konnte nun zwar mit diesen Taseln eine ganze Menge solcher Bücher drucken, aber viel billiger als die geschriebenen waren sie auch nicht. Ein Buch dieser Art, das sich in mehreren Abdrücken bis auf unsere Zeit erhalten hat, war die sogenannte Armenbibel. Auf vierzig Blättern enthielt es vierzig Bilder aus der biblischen Geschichte, denen einzelne Bibelsprüche beigedruckt waren. Aus diesem Buche lernten viele Leute, die nicht lesen konnten, die biblischen Geschichten kennen.

9. Vom Interregnum bis zum Westfälischen Frieden - S. 154

1911 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
154 eine Bitte vorbringen wollte, kam um so schneller zum Ziel, je mehr er Geld mit offenen Händen ausstreute. Alles war feil gegen Geld. Gestärkt wurde die Macht des Papsttums durch die Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner. Da sie direkt unter dem Papst standen, konnte kein Bischos ihnen entgegentreten. Sie kamen in die Gemeinden, predigten, hörten Beichte und erteilten Absolution, und die Pfarrer, ja die Bischöfe mußten zusehen, wie sie zurückgedrängt und in ihrem Ansehen geschädigt wurden. So trat die Papstgewalt überall in den Vordergrund. Endlich wußten es die Päpste dahin zu bringen, daß alle wichtigen Angelegenheiten durch die Appellation an den Papst in Rom entschieden wurden. Einzelfragen der örtlichen Kirchenverwaltung, die am besten an Ort und Stelle zur Er- ledigung kamen, wurden so in Rom verhandelt, wo man für die jeweiligen Bedürfnisse kein Verständnis haben konnte, sich aber durch Bestechung nicht selten beeinflussen ließ. Natürlich waren dadurch die Geistlichen zu unaufhörlichen Reisen an den päpstlichen Hof veranlaßt, was sie ihrem Amte oft auf lange Zeit entzog. b) Lehre und kirchliches Leben. Die Gewaltherrschaft der Kirche trat auch in der Entwicklung der Lehre hervor. Die Bibel galt nicht mehr als die alleinige Richtschnur des christlichen Glaubens. Lehren berühmter Männer, päpstliche Gesetze, Beschlüsse von Synoden hatten höheren Wert. So war die Kirche von der Wahrheit des Evangeliums eigenmächtig abgewichen und hatte die Lehre teilweise gefälscht. Mit Gewalt forderte sie von allen ihren Gliedern, sich unter die von ihr ver- kündete Lehre zu beugen, und damit die Laien deren Übereinstimmung mit der Bibel nicht nachprüfen sollten, war ihnen das Lesen derselben verboten. Die Zahl der Sakramente war nach langen Schwankungen auf sieben festgesetzt worden. Vom heiligen Abendmahl galt seit 1215, daß sich Brot und Wein tatsächlich in Leib und Blut Christi verwandle und zwar allein durch den Priester. Der Kelch wurde den Laien entzogen, was man damit begründete, daß in dem Brote, sobald es sich in den Leib verwandle, das Blut mit enthalten sei. Die größte Gewalt aber maßte sich die Kirche in der Lehre über das Seelenheil an. Nur die Sünden, verkündete sie, -würden vergeben, die dem Priester gebeichtet würden; wegen der nicht gebeichteten müsse die Seele nach

10. Abriß der allgemeinen Weltgeschichte bis auf die neueste Zeit - S. 206

1802 - Halle Leipzig : Ruff Ruff
2c>6 gilfte Per. Von der Entdeck, d. viert- Crdtheils, Verbreitung und Mittheilung der Kenntnisse; die Päpste und zum Theil die Geistlichkeit trieben ihr ärgerliches Leben und ihre Forderungen b:s aus einen unleidlichen Grad, undj im teutschen Reiche mußten Kaiser Larls V beständige Krie- ge, seine Verhältnisse mit Frankreich, und fein Hang zum uneingeschränkten Regieren, die Gründung der neuen Lehre gar sehr mrt beför- dern. Es sind wenige Wellbcgebenheiten, wo Gottes Finger so unverkennbar wäre, als diese! Die Lehre der Apostel war in der christlichen Kirche durch eine Menge von Menschensatzungen entstellt , und so gar war den Laien die Lesung der heiligen Schrift verboten Vergeblich hat- ten dagegen schon lange einzelne Männer ger klagt. Itzt trieb der Papst Leox unter andern den Ablaß; oder Indulgeuzen- -Handel aufs äu- ßerste. D. Martin Luther von Eisleben in Sachsen, ein Mann, der die Bibel in der Grundsprache lesen konnte, und festen aushar- renden Muth besaß, widersetzt sich dem päpstli- chen Ablaßkrämer dem Dominikaner - Mönche »5»7.Iohann Lezel öffentlich zu Wittenberg. Der Papst, anstatt seine Gründe zu hören, und zu untersuchen, sucht ihn zu schrecken, und weil ixro.er mdbt widerrufen will, erklärt er ihn in den Bann. Nun geht Luther in seinen Untersuchun- gen weiter, greift die usurpirte Oberherrschaft des römischen Patriarchen über die Kirche, das ärgerliche Leben der Mönchsorden, und viele bisher eingeführte irrige Lehren an, die erst spa- ter zu den Lehrsätzen der alten Kirche waren hin- zugesetzt worden Er vertheidigt seine Sätze ijn.mit Standhaftigkeit auf dem Reichstage ;u Worms, und da ihn der Kaiser in die Acht er- klärt, schützt ihn der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise. Die Wahrheit seiner Lehr- irrr.sätze breitet sich bald aus, durch seine teutsche Bibel-

11. Deutsches Lesebuch - S. 154

1844 - Hamburg : Herold
154 Millionen von Menschen verhindert, die Quelle der re- ligiösen Wahrheit, die Bibel, zu lesen, selbst wenn ste die- selbe in ihrer Muttersprache gehabt hätten. Das war auch nicht einmal der Fall, indem es nur eine unvollständige, ver- unstaltete lateinische Uebersehung der Bibel gab; dazu kam endlich das ausdrückliche Verbot des Papstes an die Nicht- geistlichen, die Bibel zu lesen. Auch durch andere Mittel wußte man jede Abweichung von der kirchlichen Lehre mög- lichst zu verhindern. Zu diesem Zwecke war die Ohren- beichte eingeführt, in welcher man jede einzelne Handlung, die man für unrecht hielt, dem .Priester anvertrauen mußte. Dadurch erfuhren diese leicht, was jemand in Hinsicht der kirch- lichen Vorschriften gedacht, oder ob er dagegen gefehlt habe, und da man nun glaubte, die Priester könnten die Sünde vergeben, oder auch die Vergebung versagen, so besaßen diese ein furcht- bares Schreckmittel für jeden, der nicht unbedingt allen herr- schenden Lehren Glauben schenkte. Kam mm jemand in Verdacht, anders zu denken, als ihm in religiöser Hinsicht vorgeschrieben war, so wurde er in manchen Ländern vor ein furchtbares Gericht, die Inquisition, gestellt. Dasselbe war eigends dazu niedergesetzt, alle diejenigen auf das Uner- bittlichste zu verfolgen, und auf das Strengste zu strafen, die von ihrer Vernunft Gebrauch machten, und sich dadurch nicht überzeugen konnten, daß Jesus so viel Unsinn gelehrt, und so viele Laster erlaubt, ja befördert habe. Besonders wüthete dieses Gericht in Spanien, namentlich im fünfzehnten Jahrhundert, und erhielt daselbst eine solche Macht, daß kein Ansehn, kein Stand, keine Verdienste, ja was noch mehr sagen will, auch keine Frömmigkeit noch Tugend davor zu schützen vermochte. Kundschafter verschiedener Art dran- gen selbst bis m, den Kreis der Familie, um verdächtige Reden oder Handlungen zu erforschen, und dieselben anzu- geben; der Beschuldigte ward dann oft heimlich gefangen genommen, und in den Kerker geworfen. Hier schmach- tete er oft lange Zeit, ohne zu erfahren, warum er gefangen gesetzt; nie erfuhr er seine Ankläger, keine Vertheidigung fand statt,' sobald mehrere Zeugen, die ihm aber nie gegenüber gestellt wurden, gegen ihn aussagten. Er selbst sollte sein Verbrechen gestehen; konnte oder wollte er es nicht, so wandte man die unerhörtesten Qualen der Folter an, um ein Ge- ständniß herbeizuführen. Erfolgte dieses, so ward der also Ueberführte entweder zum Tode, zum harten, oft lebens- j

12. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 333

1906 - Leipzig : Brandstetter
— 333 — Was hat es dann auch nicht gegeben? Gedruckte Bücher. Brauchte man denn überhaupt keine Bücher? Ja, in den Schulen. Zwar die alten Deutschen konnten nicht lesen und schreiben; aber welcher Mann sorgte schon für Gründung von Schulen? Bonifatins, Karl der Große. Was für Bücher mögen die Schüler damals gehabt haben? Geschriebene Bücher. Wer mag die Bücher geschrieben haben? Die Mönche. Was für Bücher mögen sie wohl besonders abgeschrieben haben? Bibeln, denn sie waren lange, lange Zeit die einzigen Lesebücher in den Schulen. Nun könnt ihr euch denken, welch lange Zeit ein Mönch brauchte, um die dicke Bibel abzuschreiben, und was für eine Menge Papier dazu gehörte! Das Papier war auch lange nicht so glatt wie das unsrige; es schrieb sich fehr schlecht darauf, und man konnte nur ganz langsam schreiben. Wer hat schon so ganz altes Papier gesehen? Auch hatte man noch keine Stahlfedern, mit denen man sehr schnell schreiben kann, sondern nur Gänsefedern. Auch eure Großväter haben noch mit Gänsefedern geschrieben. Was meint ihr wohl, wie lange ungefähr ein Mönch gebraucht hat, um die Bibel abzuschreiben? (Vermutungen!) Und wenn er nun so lange Zeit und so viele Mühe auf das Abschreiben verwandt hatte, dann wollte er auch etwas Ordentliches für seine Mühe haben. Wie mögen also die Bücher damals gewesen sein? Sehr teuer. Eine einzige geschriebene Bibel kostete damals ungefähr 400—700 Goldgulden, das mögen gegen 3000 Mark sein; ein neues Testament kostete an 200 Mark. Da konnte also nicht jeder Schuljunge eine Bibel haben. Nur die allerreichsten Leute konnten sich solche Bücher kaufen; denn 3000 Mark hatten damals einen viel höheren Wert als heute. Die meisten Menschen haben damals nicht einmal ein Buch gesehen, viel weniger eins besessen. Wenn sich nun ein kluger Mann, z. B. ein Dichter, irgend etwas ausgedacht und es niedergeschrieben hatte, so konnten es doch nur seine guten Freunde in der nächsten Nähe lesen. Warum? Was also in andern Gegenden geschah, das erfuhr man nur durch die Erzählungen derer, die es selbst gesehen hatten. Ihr könnt euch also denken, daß die Leute am Rhein selten etwas von den Ereignissen an der Elbe oder Weichsel erfuhren. Auch von den Kämpfen in Italien hörten die Deutschen erst, wenn die Krieger in ihre Heimat zurückkehrten. Wie viel besser ist es also heutzutage! Wenn sich heute in Amerika etwas Wichtiges ereignet, so können wir es morgen schon in den Zeitungen lesen. Das war im Mittelalter nicht der Fall. Zu Kolumbus Zeiten aber war das schon anders. Die erste Beschreibung der neuen Welt durch Amerigo Vespueci wurde gedruckt und verbreitete daher sehr schnell die Kunde von der überaus wichtigen Entdeckung. Was mußte also inzwischen geschehen sein? Die Buchdruckerkunst mußte erfunden sein. So wichtig das Schießpulver für den Krieg ist, so wichtig ist die Buchdruckerkunst für den Frieden. Wie durch die Erfindung des Kompasses die Schiffahrt in neue

13. Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern - S. 62

1899 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
62 V. Die Zeit der Reformation. krche zu Wittenberg. Diese Sätze wurden viel gelesen, abgeschrieben, gedruckt und in kurzer Zeit durch ganz Deutschland verbreitet. Der Papst schickte einen Kardinal nach Augsburg, der Luther verhören und ihn mahnen sollte, von seinem Thun abzulassen. Derkardinal forderte Widerruf, Luther aber berief sich auf die Bibel. Da ward der Kardinal zornig und rief: „Geh, und komm' mir nicht wieder vor die Augen, es sei denn, daß du widerrufest". Später sandte der Papst einen andern Mann, der redete freundlich mit Luther und bat ihn, die Leute in ihrem Glauben nicht irre zu machen. Luther gelobte zu schweigen, wenn auch seine Gegner schwiegen. Aber dies geschah nicht; denn die Gemüter waren auf beiden Seiten erregt, und der Streit entbrannte aufs neue. Da that der Papst Luther in den Bann, indem er 41 von seinen Sätzen für ketzerisch erklärte. Luther aber verbrannte die Bannbulle und sagte sich damit gänzlich vom Papste los. 3. Nun war er dem kaiserlichen Gerichte verfallen- Kaiser Karl V. berief 1521 einen Reichstag nach Worms, auf dem auch Luthers Sache gerichtet werden sollte. Luther wurde durch einen kaiserlichen Herold eingeladen und begleitet. Gleich am Tage seiner Ankunft mußte er vor der Reichsversammlung erscheinen. Da saßen der Kaiser, sechs Kurfürsten, vierundzwanzig Herzoge, acht Markgrafen, dreißig Bischöfe und Prälaten und viele andere Herren. Aller Angen warteten auf Luther. Als er eingetreten war, fragte ihn der Kanzler Johann von Eck. ob er jene Bücher, die auf einer Bank lagen, für die seinen erkenne, und ob er ihren Inhalt widerrufen wolle. Die erste Frage bejahte er; für die zweite bat er sich Bedenkzeit aus. Am folgenden Tage wollte er sich in einer langem Rede verantworten, aber der Kaiser verlangte eine kurze und entschiedene Erklärung. Da sprach Luther: „Dem Papste und dem Konzile glaube ich nicht; widerrufen mag ich nicht; hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen". Er wurde hinausgeführt. Zu Tausenden drängte sich das Volk aus dem Wege, um ihn zu sehen. 4. Nun wurde die Reichsacht über Luther ausgesprochen; aber er erhielt einundzwanzig Tage freies Geleit zur Heimreise. Alsdann sollte niemand, weder Fürst, noch Stände, noch Unterthanen, den Geächteten Hausen, Höfen, ätzen, tränken, noch ihm Anhang, Beistand oder Fürschub beweisen, und wo man seiner mächtig würde, sollte man ihn wohlbewahrt an Kaiserliche Majestät schicken. Seine Bücher sollte niemand kaufen/ verkaufen, lesen, behalten, abschreiben oder drucken, sondern sie sollten von aller Menschen Gedächtnis abgethan und vertilgt werden. So gebot des Reiches Acht. Als aber Luther auf dem Heimwege in den Wäldern Thüringens dahinfuhr, sprengten plötzlich fünf verkappte Ritter daher, zogen ihn aus dem Wagen und schleppten ihn in das Gebüsch. Hier kleideten sie ihn wie einen Ritter, setzten ihn auf ein Pferd und brachten ihn auf die nahe Wartburg. Das war das Werk des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen. Indes nun niemand wußte, wo Luther geblieben war, saß er aus der Wartburg, übersetzte die Bibel in die deutsche Sprache und legte damit den Grund zu unserer

14. Abth. 3 - S. 429

1841 - Leipzig : Fleischer
429 ter ihrem Anführer Ziska schlugen ihn die Hussiteji an allen Enden, und es kam Schrecken und Angst über seine Soldaten, dass sie flohen. Die Hussiten fielen nun auch in die benachbarten Länder ein, plünderten, und verbreiteten Schrecken weit umher,, selbst in die Mark Brandenburg hinein. Indess wurden sie unter sich selbst uneins; da war ihre Macht gebrochen, sie wurden theils überlistet., theils besiegt, und mussten Frieden machen. In diesen Stürmen aber bildete sieh unter ihnen eine Gemeine, die eine gar schöne und einfache Ordnung unter sich einführen konnte. Das wa- ren die böhmischen Brüder, unter denen sich das reine Evangelium einige hundert Jahre hindurch in Böh- men erhielt. — So weiss Gott es noch gut zu machen, wenn wo die Menschen es nicht gut machen. 6. Die Buchdruckerkunst. Wer vor 500 Jahren gern ein Buch haben wollte, musste es sich, wenn er^s nicht kaufen konnte, selbst abschreiben, oder von Mönchen abschreiben lassen, und das kostete natürlich viel Geld, eine einzige Bibel wohl 400—700 Gulden. Darum hatten damals auch nur ganz reiche Leute Bücher; Arme konnten sich keine kaufen, konnten auch selten lesen. Um das Jahr 14jo kam man aber darauf, die Buchstaben einer Seite im Buch verkehrt auf ein Brett zu schneiden, anzuschwärzen und abzudrucken. Das ging gut. Mit einem solchen Brett voller Buchstabenformen konnte man schnell viele tausend Seiten (derselben Art) drucken, und die Bücher wurden nun schon ein gut Theil wohlfeiler. Besonders druckte Lorenz Coster zu Dariem in Holland viele Bücher auf diese Weise und darum behaupten auch die Holländer, sie seien die Erfinder der Buchdruckerkunst. Ebenso sagen aber auch die Deutschen: „Nein, wir sind es; ein Deutscher hat die Buchdruckerkunst erfunden

15. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 235

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 235 — die guten Werke predigte, die Thesen anschlug, die Schriften schrieb und die päpstliche Bannbulle verbrannte. Er duldete den kühnen Mönch. Als dann die Klage der Ketzerei gegen Luther erhoben wurde, erklärte der Kurfürst dem Papste und dem Kaiser, daß man ihm keine Irrlehre nachweisen könnte. So verteidigte er ihn. Zuletzt verbarg er ihn aus der Wartburg vor den Verfolgungen seiner Feinde. Er beschützte ihn. Friedrich der Weise zeigt sich als ein treuer Freund Luthers und seines Werkes. Ihm ist es hauptsächlich zu danken, daß die große Sache der Kirchenverbesserung nicht spurlos unterging, sondern rüstig vorwärts schritt. Iii. Association. 1. Unsere Geschichte weist daraus hin, wie die H. Schrift durch Luther zu Ehren gekommen ist. Was hielt man denn vorher von der Bibel? Das Volk kannte sie gar nicht. Luther selbst bekam sie erst in die Hände, als er bereits zwanzig Jahre alt war. Vorher hatte er sie kaum gesehen, denn es war den Laien verboten, sie zu lesen. Das Bibelverbot wäre aber gar nicht nötig gewesen, weil die Bibel an sich schon dem Volke unzugänglich war. Sie war in der den meisten Leuten unverständlichen lateinischen Sprache übersetzt und kostete außerdem nahe an die 360 Gulden. Der Preis einer von Mönchen schön geschriebenen Bibel betrug gar 500 Speciesthaler. Aber auch in den gebildeten und gelehrten Kreisen war sie meist unbekannt. Die Universität Erfurt hatte ein einziges verfügbares Exemplar, das, wie berichtet wird, an einer Kette befestigt war, gewiß damit es nicht verloren gehen konnte. Auch im Kloster zu Erfurt war für alle Mönche nur ein einziges Bibelbuch vorhanden. Es war dasselbe, das Luther so fleißig zum Studium benutzte. Die Mönche jener Zeit vernachlässigten das Bibellesen, die Augustiner zu Erfurt eiferten sogar dagegen. Die Bibel galt selbst Doktoren der H. Schrift (Dr. Eck) und Kardinälen (Cajetan) weniger als die von Papst zu Papst fortgepflanzte mündliche Überlieferung. Ihr größter Feind war aber der Papst selbst. Er enthielt sie der Christenheit frevelhaft vor. Wie hat aber Luther der Bibel die ihr gebührende Geltung verschafft? Er hat sich in allen seinen Kämpfen nur allein auf die H. Schrift als auf die einzig zuverlässige Quelle der göttlichen Wahrheit berufen. Die päpstlichen Satzungen verbrannte er, aber von der h. Schrift sagte er in seinen Thesen: „Der rechte wahre Schatz der Kirche ist das aller-heiligste Evangelium Ber Herrlichkeit und ©nabe Gottes", in Leipzig: „Sie allein ist unfehlbar", in Worms: „Es fei benn, daß ich durch Zeugnis der h. Schrift überounben werbe, so kann und mag ich nicht roiberrufen", in feinem Kampfliebe: „Das Wort sie sollen lassen ft ahn —" Er hat den Bann des Bibelverbotes gebrochen. Jebem Laien war

16. Bd. 3 B = Oberstufe d. Mädchen, (7. - 9. Schulj.) - S. 409

1911 - : Crüwell
409 in einem reichen Kloster vorhanden war, schon als etwas ganz Außerordentliches, und die Bücher waren so teuer, daß eine vollständige Bibel wohl mehr als tausend Gulden kostete. Erst nachdem die Buchdruckerkunst erfunden war, wur- den die Bücher häufiger und billiger, und erst dann war es möglich und lohnte es die Mühe, daß mehr Leute das Lesen erlernten. Aber Bücher waren nicht das erste, was man druckte. Wer im Mittelalter gern das Bild eines Heiligen im Zimmer aufhängen wollte, der mußte ein solches Bild von den Mönchen erwerben, welche Heiligenbilder mit bunten Farben auf Pergamentblätter malten. Da kam ein kluger Kopf auf den Gedanken, den Umriß des Bildes in einer Holztafel aus- zuschneiden, ihn zu schwärzen und dann auf einer gewissen Anzahl von Blättern abzudrucken. Die Zeichnung war also durch einen einzigen Druck hergestellt, und es bedurfte nur noch, daß man das Bild mit bunten Farben ausmalte und den Namen des Heiligen oder irgendeinen frommen Spruch dar- unterschrieb. Bald schnitt man aber auch den Namen und den Spruch mit auf der Holztafel aus und druckte beides zu- gleich mit dem Umrisse des Bildes. Dann kam man auf den Gedanken, auch ganze Seiten in Holz auszuschneiden, die her- vorstehenden Buchstaben mit einer Schwärze zu überziehen, dann ein Blatt Pergament oder Papier daraufzulegen und es mit einem weichen Polster anzudrücken, so daß die ge- schwärzten Formen der Buchstaben sich auf dem Blatte ab- zeichneten. Etliche solcher Holztafeldrucke haben sich bis auf unsere Zeit erhalten, z. B. große Blätter, auf denen wie auf unsern Wandkalender7i alle Tage eines Jahres verzeichnet waren, oder andere, auf denen alle großen und kleinen Buchstaben des Abc gedruckt teuren für die Kinder, die lesen leimen sollten. Wollte man ein großes Buch auf solche Weise drucken, so brauchte man dazu freilich so viel Holztafeln, wie das Buch Seiten hatte. Alan konnte nun zwar mit diesen Tafeln eine ganze Menge solcher Bücher drucken, aber viel billiger als die geschriebenen waren sie auch nicht. Ein Buch dieser Art, das sich in mehreren Abdrücken erhalten hat, war die soge- nannte Armenbibel. Auf vierzig Blättern enthielt es vierzig Bilder aus der biblischen Geschichte, denen einzelne Bibel- sprüche beigedruckt waren. Aus diesem Buche lernten viele Leute, die nicht lesen konnten, die biblischen Geschichten kennen.

17. Abth. 3 - S. 16

1841 - Leipzig : Fleischer
16 storben fei; ja allmählig behaupteten die Bischöfe von Nom, Statthalter Christi auf Erden ;u sein; als wenn Christus abwesend wäre und nicht seine Kirche selbst regiere als das alleinige, wahre Oberhaupt, da Er doch bei uns sein will alle Tage bis an der Welt Ende. Da nun die Bischöfe von Rom Stellvertreter Christi auf Erden sein wollten, so nannten sie sich Päpste, das heißt Vater, und jeder Römische Bischof hieß Papst. Sie erlangten auch die Herrschaft fast über die ganze Christenheit und wollten, daß Niemand etwas- Anderes glauben und lehren sollte, als was sie sagten. Weil sie aber Vieles lehreren und geboten, was gegen das Wort Gottes und gegen das Evangelium war, so verboten sie bei schwerer Strafe, daß Niemand in der Bibel lesen solle, damit keiner wüßte, daß sie Falsches lehrten; ja endlich lehrten sie sogar, daß ihre Aussprüche über die der Bibel gingen. Wer in Verdacht kam, daß er da6 nicht glaubte, was der Papst in Nom sagte, wurde ge- martert und gar lebendig verbrannt; wer des Papstes Willen that, der wurde geehrt, wer aber Gott gehorchte, der wurde verfolgt. Weil nun der Papst und die obersten Priester die erwachsenen Christen und ihre Kinder von Gott und unserm Heiland theils irrig und falsch, theils gar nicht belehrten, so waren die Christen auch sehr unwissend über das, was das Auernörhigfte ist, das ist über das, was dem Menschen jenseit des Grabes bevorsteht, und insbesondere über den Weg zur Seligkeit. Da es aber in der ganzen Welt nichts Wichtigeres giebt, als diese Dinge, und die Menschen doch daran denken mußten, so geriethen sie in große Irrthümer, und wollten sich zum Beispiel auf ihre eigene Weise den Himmel ver- dienen; denn sie wußten nicht, daß wir dies nicht kön- nen und daß Jesus Christus ohne unser Zuthun uns den Himmel verdient hat. Deßhalb glaubten nun Viele, sie müßten selig wer- den, wenn sie viel hungerten, d. i. fasteten; Andre, wenn sie sich geißelten, wieder Andre, wenn sie recht

18. Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte - S. 222

1887 - Hannover : Meyer
222 102. Luthers Leben bis zu seinem Eintritt ins Kloster. Werke gethan, als sie nötig gehabt hätten; alle diese überflüssigen guten Werke habe der Papst iu Verwahrung und könne sie denen verkaufen, die Mangel daran hätten. Wer aber weder selbst genug gute Werke gethan, noch Ablaß gekauft habe, der komme trotz feines Glaubens an Christum nach seinem Tode ins Fegefeuer und müsse dort lange brennen, ehe er in den Himmel eingehe. Doch könnten auch da die Hinterbliebenen ihm zu Hilfe kommen und durch Bezahlung von Messen und Ablaß seine Qual abkürzen. 5. Heillgmöerehnmg. Fast noch mehr als das Gebet zu Gott empfahl mau den Christen die Anrufung der Heiligen, die sich dann bei Gott für sie verwenden würden (Heiligendienst). Auch die Gebeine der Heiligen müsse man verehren; in denselben stecke Wunderkraft (Reliquiendienst). Am allerhöchsten aber hielt man die Jungfrau Maria. Man nannte sie „Königin des Himmels" und widmete ihr eine Verehrung, die fast als Götzendienst erscheint (Mariendienst). 6. Verbot bei* Biöel. Damit nun das Christcnvolk nicht erkenne, wie sehr die Kirche vom Worte Gottes abgewichen und in verderbliche Irrlehren und Mißbrauche verstrickt worden sei, verbot der Papst allen Laien, die Bibel zu lesen oder auch nur eine solche zu besitzen. Jeder, bei welchem eine Bibel gesunden wurde, war in Gefahr, wie ein Ketzer mit den ärgsten Strafen belegt zu werden. Luther hatte im Alter von 20 Jahren noch nicht einmal eine Bibel gesehen! Wenn nun dennoch fromme und gelehrte Männer, wie z. B. Johann Huß, ihre Stimme gegen das eingeriffene Verderben erhoben, fo wurden sie als gottlose Ketzer verflucht und durch Bann und Scheiterhaufen unschädlich gemacht-Da konnte es ja nicht ausbleiben, daß Unwissenheit, Aberglaube und Sittenlosig-feit in erschreckender Weise um sich griffen und das arme Volk gefangen hielten. 102. Luthers Leben bis ;u seinem (Eintritt ins Kloster. Die Geschichte unseres Volkes führt manchen Helden des Schwertes wie des Geistes an unserm geistigen Auge vorüber, dessen Leben und Wirken tiefe Spuren zurückgelassen hat; aber alle diese gekrönten und ungekrönten Helden werden überragt von Martin Luther, dem armen Bergmannssohn. Unter den Edelsten der deutschen Nation steht er da, wie Paulus unter den Aposteln: er hat mehr gearbeitet, denn sie alle — durch Gottes Gnade, die mit ihm war. 1. Eisleüm; Mansfeld. Luthers Vater, Hans Luther, war eilt armer, frommer Bergmann in dem thüriugischeudorfe Möhra (3 Meilen südlich von Eisenach). Im Jahre 1483 siedelte Hans Luther mit seiner Frau Margarete nach Eisleben (westlich von Halle) über, wo der Bergbau in größerer Blüte stand. Hier wurde am 10. November 1483 den erfreuten Eltern der erste Sohn geboren, den sie tags darauf nach dem Kalenderheiligen des Tages Martin taufen ließen. Das war der Knabe, welchen Gott zu seinem auserwählten Rüstzeuge ersehen hatte. Schon nach einem halben Jahre verließen Luthers Elteru Eisleben wieder und

19. Im alten Reich - S. 113

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 113 — Buchstaben neue Bücher, und so immer weiter. Das war Denn nun eine ganz großartige Sache. Denn früher mußte jedes einzelne Buch geschrieben werden, und wenn einer z. B. eine Bibel haben wollte, dann mußte sie extra für ihn abgeschrieben werden. Da könnt ihr euch denken, was solch ein Buch kostete. Es war so teuer, daß bloß die ganz reichen Leute sich Bücher halten konnten. Nun aber brauchte dieselbe Arbeit mit dem Setzen nur einmal gemacht zu werden, und konnten gleich tausend oder dreitausend Bücher davon abgedruckt werden, sodaß ein Buch beinah für den tausendsten Teil des Preises zu haben war. Dazu kam noch das billige Papier, wo man früher das Kg4\li c\\jly* Erfindung des Schießpulvers. teure Leder gehabt hatte, und so konnte mit einem Mal jedermann sich Bücher kaufen, und die Wissenschaft und die Klugheit drang in die ganze Welt, auch zu den Bürgern und Landwerkern, d. H. wenn sie lesen konnten. Das konnten freilich noch erst wenige, denn es gab keine Schulen für die armen Leute, und die Fürsten und Ritter und Bischöfe hätten sich ja halb tot gelacht, wertn einer gesagt hätte, ihre Bauernkinder und Arbeiterkinder sollten in die Schule gehen und lesen lernen. Aber wer lesen konnte, der konnte doch nun auch Bücher kaufen, und so kamen viele Bücher in die Welt und Zeitungen, und die Menschen lernten viel mehr von der Welt kennen als früher. Dazu hatte noch ein Mönch, Berthold Schwarz in Freiburg, sich ausgedacht, daß man das schwarze Pulver, Kabisch, Das alle Reich. 8

20. Lebensbilder aus der Geschichte des Altertums, Lebensbilder aus der deutschen Geschichte - S. 68

1910 - Leipzig : Hirt
68 Ii. Lebensbilder aus der Deutschen Geschichte. Mnch glaubte diesem Lehramte nicht gewachsen zu sein. Aber Staupitz kannte ihn besser; er wute, wie grndlich sich sein Schtzling mit einem Buche, das in jener Zeit wenig gekannt und wenig gelesen wurde, mit der Bibel, beschftigt hatte. Im Verkehr mit der Jugend lebte Luther wieder auf; er wurde ein tchtiger Lehrer. Zugleich wirkte er als Prediger an der Schlokirche zu Wittenberg. Wie der Mnch es mit der eigenen Besserung recht ernst genommen hatte, so war es ihm als Seelsorger eine heilige Pflicht, vor Snde und leichtfertigem Wesen zu warnen. Das trieb ihn in einen schweren Kampf hinein. In der Nhe Wittenbergs verkaufte ein ungebildeter Dominikaner-mnch Tetzel Ablazettel und behauptete, was die Kirche aber nicht gelehrt hatte, die Vergebung der Snden knne durch Geld erlangt werden. Freilich handelte Tetzel nicht aus eigener Machtvollkommenheit, sondern war vom Erzbischof von Mainz, dem hchsten Geistlichen in Deutschland, und vom Papste mit dem Verkauf der Ablazettel beauftragt. Ein Teil des Geldes sollte zum Bau der prachtvollen Peterskirche in Rom dienen. Luther fhlte sich in seinem Gewissen gedrungen, seine Beichtkinder darber zu belehren, da ohne wahre Reue und Bue kein Mensch Vergebung der Snden erhoffen drfe. Um diese Lehre zu verbreiten, schlug er am 31. Oktober 1517 an die Tr der Schlokirche 95 kurze Stze (Thesen) an, die so schnell in Deutschland und darber hinaus bekannt wurden, als ob die Engel selbst Botenlufer gewesen wren.*) Dieses war der Anfang der Reformation. Die Kirchenfrsten waren aber erzrnt der den khnen Mnch, der Lehren aufstellte, die nach ihrer Meinung falsch waren. Da aber Luther seine Lehren nicht wider-rufen wollte, wurde er von dem Papste in den Bann getan. Luther hatte immer gehofft, wenn der Papst nur erfhre, wie schlecht viele von den Geistlichen lebten, dann wrde er sie bestrasen, und hatte ihm deshalb ein Buch zugeschickt, worin er von allen Mistnden der Kirche erzhlte. Als er aber gebannt wurde, verbrannte er unter der Zustimmung vieler Studenten die Bannbulle des Papstes. Am liebsten htten ihn dafr die Anhnger des Papstes selbst verbrannt. Aber sein Landesfrst, der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, schtzte den mutigen Bekenner seiner berzeugung. Doch der (1519) zum Deutschen Kaiser gewhlte König Karl von Spanien stellte sich auf die Seite des Papstes und berief Luther nach Worms zu einem Verhr vor Kaiser und Reich. Alle Freunde rieten von der Reise ab; aber Luther, der seines *) Die Verbreitung konnte so schnell erfolgen, weil um das Jahr 1450 von Johann Gutenberg aus Mainz die Buchdruckerkunst erfunden worden war.