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1. Der kleine deutsche Jugendfreund - S. 57

1839 - Reutlingen : Fischer
— 57 — Blumenkränze. Wenn man hinein kam, meinte man in den Tempel des Frühlings zu treten. Vvllkräftig rausch- ten die Töne der Orgel daher, und der Gesang der Ge- meinde stieg freudig auf zu Dem, der den Geist des Le- bens über die Natur und über die Menschenherzen aus- gicßt. Zu dem Allen paßte die Predigt, die der würdige Gvtthold hielt, auf das Veste. Er sprach von dem Geiste des Lebens, der von Gott ausgeht und Alles durchdringt; sein Wehen, sagte er, vernehme ein Jeder, der darauf achte. Er verkündige sich in der Natur und in dem Herzen des Menschen, bald leiser, bald stärker. Wer ihm oft lausche, der werde dem Himmel näher ge- bracht, dem heilige sich die Erde. Dann flchete er auf seine geliebte Gemeinde den Geist Gottes mit Inbrunst herab, daß er sie leite zur Wahrheit, alle Irrthümer verscheuchend, daß er sie dem, von welchem er ausgeht, mit jedem Tage näher führe, sie mit ihm immer inniger verbinde, bis daß sie zuletzt ganz eins mit ihm würde. Jedermann verließ das Haus des Herrn erbaut und erhoben. Sv auch unsere Familie. Sie begrüßte ihren Freund und seine Gattin, um Beide mit hinauf in's Forst- haus zu nehmen. Unterwegs erzählte Herr Gvtthold, wie er heute mit der Morgenröthe aufgestanden sey, und an dem Flusse hinab einen Gang nach dem Nachtigallwäldchen gemacht habe. „So alt der Mensch auch wird," sagte er, „für so Vieles er Sinn und Lust verlieren mag: so wird das Herz doch immer gleich innig von der Religion und von der Natur bewegt. Auch als Greis entzückt mich ein schöner Frühlingsmvrgcn, der Gesang der Nachtigall, der Dust der Role noch eben so sehr, als in meinen Jugendtagen, ja vielleicht noch mehr, weil sich mit dem

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1. Lebensspiegel für Landleute - S. 572

1844 - Darmstadt : Ollweiler
572 wenn er stirbt. Zwar an Sterbenden gewahrt man gewöhnlich eine verstärkte Bewegung des Herzens. Es ist, als ob das Herz wider die zunehmende Krankheit und den hereinbrechenden Tod sich wehren wolle, wobei ihm endlich die Kräfte ausgehen, so daß es brechen und erliegen muß. Dabei aber kann eine Herzens- oder Gemüthsruhe, wie wir vorhin meinten , ja ein freudiges Verlangen der Seele, abzuscheiden, sehr wohl bestehen. Ein frommer Mann, der im Sterben lag und von ungefähr hörte, daß ein Umstehender seufzte: Ach, wie klopft ihm das Herz! sagte darauf: Laßt euch das nicht wundern; so wie ein Läufer, — dem, als er endlich dem Ziele sich nahe sieht, der Athem fast ausgeht, — dennoch seine letzten Kräfte um so mehr anstrengt, damit nur ja Niemand ihm noch zuvor komme, jo läuft und eilet auch jetzt mein Herz; es schlägt entgegen dem vorgesteckten Ziele, dem Kleinod, welches vor- hält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu (Phil. 3, 14). Gottlob, daß ich mein Ziel bald erreichen, meinem Herrn Jesu bald in die Arme fallen werde! 627. Von der Ernährung und Verdauung. Der menschliche Leib ist, vor dem der Thiere, zu dem Auf- nehmen und Aneignen der verschiedensten Nahrungsmittel geschickt. Der Mensch nimmt Speise und Getränke, aus allen Reichen der Natur. Aus der unorganischen Natur vor Allem das erguickende Wasser, welches zuweilen (z. B. in den heißen Quellen) von mutter- milchähnlichen Nahrungsstoffen durchdrungen ist. Außer dem Wasser begehrt er des Salzes zum täglichen Genusse; ja der Magen des Menschen beweißt seine verdauende Kraft selbst an einigen Erdarten und Steinen. Die Neger von Guinea essen eine gelbliche Erde, die Bewohner von Neu - Calcedonien einen zerreibbaren Speckstein, die Ottomaken in Südamerika eine Art fetter Thonerde und befin- den sich wohl dabei. Im Pflanzenreiche sind es verschiedene Ge- wächse, deren Saft oder Mark, deren zuckerhaltige Blätter oder Früchte, deren Mehl, Leim und Eiweißstoff ihm Speise und Trank reichen. Doch wird auch hier, und zwar noch mehr als bei der Wahl der Nahrungsmittel im Thierreiche, am gesunden Menschen ein vorherrschender Zug zu gewissen Pflanzen bemerkt. Dieser Zug ist cs, welcher, namentlich beim Genusse von thierischer Speise, unter allen Völkern die Wahl auf das Fleisch und die Milch ge- wisser Thiere lenkt, an deren Spitze die wiederkäuenden Säuge- thiere stehen. Es ist nicht ohne tiefe Bedeutung, daß der Mensch, bewogen von einem seiner Natur tief eingepflanzten Hange, seine meisten Speisen sich durch's Feuer, die Getränke aber, durch die dem Feuer nahe verwandte Gährung zum Genusse zubereitet. Er nimmt auf diese Weise die Elemente des Lichtes, der Wärme, der Elektricität, zur besseren Aneignung seiner Nahrungsmittel zu Hülfe, und fügt so gleichsam den gröberen Speisen und Getränken feinere hinzu. Als sollte es sich auch hierdurch (wenn auch nur vorbildlich) an-

2. Prosalesebuch für Prima - S. 313

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
H. Lettner: Klopstocks literarhistorische Bedeutung. 313 Iii. Jur deutschen Liternturgeschichte. 4!>. Atopl'tocko literarhistorische Medeutung. tllach Hermann Hettner. Im Jahre 1748 erschienen die ersten drei Gesänge der Messiade Klopftocks in den Bremer Beiträgen. Die Wirkung war eine wahr- haft überwältigende. Gottsched und die Gottschedianer höhnten und tobten über diese urplötzlich neue, von allem Hergebrachten und Regelrechten abweichende Erscheinung; um so lauter und freudiger begrüßte Bodmer und dessen Schule dieses wundersame Gedicht, auf welchem Miltons Geist ruhte und durch welches erreicht und erfüllt war, was Bodmer so lange erwünscht und erhofft hatte. Und bald wuchs die begeisterte Teilnahme immer weiter und weiter. In der rührendsten Weise zeigte sich, was Goethe sagt, daß es ein Zeitalter war, in welchem die Gefühlsidealität der Massen noch immer lediglich in der Religion lag. Die Macht der religiösen Stimmung eroberte alle Herzen. Zum ersten Mal seit langen Jahrhunderten war in Deutschland wieder ein Gedicht vorhanden, das, aus tiefinnerster Überzeugung entsprungen, die tiefste Begeisterung des Volkes traf. Rein und unschuldig waren die ersten Gesänge in eine reine und unschuldige Zeit gekommen. Das Gedicht erschien fast wie eine neue Offen- barung; man erquickte sich an ihr um so inniger, je sorglicher das Gemüt der Gläubigen nach Schutz und Trutz gegen die beängstigenden Fortschritte der rationalistischen Neuerung suchte. Die Messiade wurde ein Erbauungsbuch. Derselbe Zug, welchen Goethe im zweiten Buch von Wahrheit und Dichtung erzählt, daß ein Freund seines elterlichen Hauses die bisher erschienenen Gesänge des Messias alle Jahre in der Charwoche las, wiederholte sich in unzähligen Familien; die Briese und Lebensbeschreibungen jenes Geschlechts sind voll vom Lob und Preis des „außerordentlich begnadigten Mannes, welcher würdigere Vorstellungen von Gott lehrte". Wer der hochtönenden und fremdartigen Sprache nicht folgen konnte, fand seine Erhebung in dem feierlichen Gesamteindruck, in dem Dämmerungston der dunklen Empfindung, welcher erhabene Ahnungen weckte. Man betrachtete, wie der Sänger in seiner Ode „Die Stunden der Weihe" erflehte, fortan Gott und den Mittler- ernster, man lebte heiliger. Man stand nicht an, denjenigen für den besten Menschen zu halten, auf welchen die Messiade den tiefsten Ein- druck machte.

3. Lebensspiegel für Landleute - S. 485

1844 - Darmstadt : Ollweiler
435 Bald kommt der Winter herbei. Wünschet indeß dem Lande noch an; Kommt er, so schlägt sie die Flügel, Hüt dich Gott! Hüt dich Gott! und fort Fliehet in Frieden bergan. Eilt sie nach einem weit schöneren Ort'; 529. Der Wachtelruf. Das Gewissen ist die Sprache jenes schaffenden Geistes, der über der Tiefe des Menschenherzens schwebt und seine inneren Wasser bewegt, damit in ihm der künftige Mensch des Jenseits sich bilde und Gestalt gewinne, eines prophetischen Geistes mithin, welcher mitten im Jetzigen daö Künftige sieht und will. Auch über der Natur schwebt und waltet dieser prophetische, das Künftige suchende Geist. Er ist das Seufzen der Creatur, die sich sehnet nach der Freiheit der Kinder Gottes. Das Gewissen im Menschen spricht mithin mit dem „Seufzen der Creatur" dieselbe Sprache und verstehet den Geist, der mit ihm öfters auch aus der Natur spricht. Jener gewesene Soldat wurde durch den Anblick eines vom Winterfrost entlaubten, scheinbar erstorbenen Baumes innerlich er- weckt, jener Raubmörder durch den Anblick einer zerhauenen Otter, ein anderer durch das Geschrei der gegen den Boden fliegenden Raben innerlich erschreckt und aufgescheucht. Ebenso ein Landmann in der Schweiz durch den nächtlichen Ruf einer Wachtel im Korne. Dieser Landmann, in dessen Dorfkirche daö Wort der Buße und Vergebung reichlich durch einen frommen Pfarrer gepredigt wurde, wollte dennoch dieser warnend weckenden Stimme des Geistes entlaufen, und war eines Nachts auf dem Wege zum Verbrechen.— Da hört er im jungen Getreide, auf welches die Sterne so ernst herunterglanzen, den Ruf einer Wachtel: wak de wak. Wache, sagt zu ihm die Stimme in seinem Herzen, wache, spricht der Vogel, wache und bete. Da halt er einen Augenblick inne, im zweiten fällt er auf seine Kniee, im dritten ergießen sich Thränen inniger Reue. Weinend und trauernd, aber Gott dankend, kehrt er um in sein Haus zu den Seinen. Und so oft die böse Lust sich regen wollte, tönte auch der Wachtelruf im Innern: „Wache und bete," und er schrie zu Gott in Jesu Christo um Vergebung und Beistand und dieser half. 530. Das Rebhuhn. Man erzählt von dem heiligen Apostel Johannes, es sey, als er zu Ephesus gewohnt, ein verfolgtes Rebhuhn zu ihm geflüchtet. Er nahm es freundlich bei sich auf, gab ihm zu essen und zu trinken, und beherbergte es, so lang cs wollte. Dafür hat sich das Rebhuhn, sagt die Geschichte, dem Apostel gar zutraulich be- wiesen, hat sich auf seinen Schooß gesetzt, ihn mit den ssöthlichen Augen angeschaut, und von ihm sich streicheln lassen. Als nun Etliche sich gewundert, wie ein Apostel mit einem Vöglein sich er- götze, hat Johannes sich nicht stören lassen, sondern gesagt, daß

4. Die Vaterlands- und Weltkunde - S. 219

1869 - Essen : Bädeker
217 ballon zu einer bedeutenden Höbe aufgestiegen sind, sprechen ein- stimmig von der auffallenden Schwäche des Schalles in den höheren Gegenden des Luftkreises, wo bekanntlich die Luft sehr dünn ist. Die Schallwellen, welche sich nach allen Richtungen ausbreiten, müssen desto schwächer werden, je weiter sie kommen; daher hört man die Rede eines andern um so schwächer, je weiter man von ihm entfernt ist. Wenn man aber durch eine Röhre spricht, so können die Schallwellen sich nicht nach allen Richtungen aus- breiten , werden vielmehr durch die Seitenwände der Röhre be- schränkt, und also sämmtlich in derselben Richtung fortgestossen. Hieraus folgt, dass sie dann in dieser Richtung viel weiter gehen müssen, was auch die Erfahrung bestätigt. Man hat eigens zu diesem Zwecke gemachte Röhren von Blech, die man Sprachrohre nennt, um dadurch mit entfernten Personen zu reden oder ihnen etwas zuzurufen. Man erstaunt bei dem Gedanken an die unendliche Mannig- faltigkeit der Laute, Töne und Klänge, welche durch die Erschütte- rung der Luft hervorgebracht und durch das Ohr vernommen werden; nicht weniger muss man sich wundern über ihre Wirkungen auf den menschlichen Geist. Wir hören den Donner rollen, die Stürme tosen, die Wogen rauschen, und beten in tiefster Ehrfurcht zu Gott, unserm Vater, dem alle Kräfte der Natur Unterthan sind. Wir ver- nehmen das Säuseln des Windes, das Rieseln des Baches, den viel- stimmigen Gesang der Vögel, und werden nicht nur von sanfter Freude, sondern auch von innigem Danke bewegt, dass wir ein- stimmen in die Loblieder, welche zur Verherrlichung des Schöpfers erschallen. Wie mächtig sprechen die Klänge der Glocken zu unserm Herzen! Sie rufen zum Gebet und stimmen zur Andacht; sie erfüllen uns bald mit Freude und bald mit Trauer und Wehmuth. Die Orgel, die unsern Gottesdienst verherrlicht, ist ausserordentlich reich an gewaltigen und lieblichen Tönen, welche das Gemüth erschüttern und zum Himmel emporheben. Am wunderbarsten aber ist es mit der menschlichen Stimme. Ein Laut, der unsichtbar von den Lippen schwebt, vermag die innern Gedanken und Empfindungen auszu- drücken, und in der Seele des Hörenden die nämlichen Gedanken und Empfindungen hervorzurufen. In den Worten liegt eine be- sondere Kraft, je nachdem sie ausgesprochen werden; mit einem Hauch des Mundes kann man das Herz des Menschen erquicken, aber auch inniglich betrüben. 8. Das Wasser. Das Wasser stellt sich in der Natur als Bild einer guten Haus* mutter dar. Ohne dasselbe würde gar bald die ganze. Oberfläche der Erde zu einer Einöde werden; ohne dasselbe würden alle Ge- wächse verdorren, alle Thiere dahinsterben. Aber gleich einer sorg- Haestsrs' Leseb. f. evang. einklassige (Land-) Schulen. Ii. Theil. 10

5. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 597

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Die heiligen Schriften des alten Testaments. 597 gange, oftmals Vorbild und Quelle der Propheten, und es bilden also auch diese drei Glieder mit jenen vier Hauptmassen ein vielfach verknüpftes Ganzes, indem sie den wesent- lichen Stamm der Stiftung, der Geschichte und der Weissagung des auserwählten Volkes mit lener dreifachen Kraft des göttlichen Geistes lebendig umranken. Die christliche Vollkommen- heit und Seligkeit ist in diesen drei heiligen Büchern noch auf erhabene Weise wie in einer Wolke verhüllt; Hiob zeigt uns den Glauben in der heroischen Geduld des Leidens, Salomo verkündigt die Liebe im sinnbildlichen Geheimniß, verhüllt in „das mannigfach geschmückte Gewand", und die Psalmen athmen und schildern die Hoffnung im Kampfe der irdischen Sehnsucht. In diesen letzteren spricht sich Christus, das ewige Wort des Lebens und der Versöhnung, ganz besonders überall auf das deutlichste aus, und darum sind die Psalmen auch von jeher, noch jetzt, und für immer, in der Christenheit als der Grund-Choral aller kirchlichen Gesänge gebraucht und betrachtet worden; und selbst ein göttliches Gebetbuch, bilden sie den Grundton und die reiche Quelle aller christlichen Gebete. Es ist das Wieder- finden des Sohnes und des Vaters, die sehnsüchtige Begierde des vom Vater getrennten und Gott im irdischen Kampfe suchenden Sohnes, und das barmherzige Herabneigen des ewigen Vaters, wie sie sich beide in den Fluten der Schöpfung einander suchen und im Mittel- punkte ihrer Liebe zusammentreffen. Hier ist der Punkt, von welchem aus die eigentliche Idee der göttlichen Eingebung überhaupt ein besonderes Licht erhalten kann: das innere Wesen der Inspiration nämlich, während der geschlossene Cyklus der heiligen Schriften, oder der Canon, der alles umfassen soll, was für die kirchliche Lehre und Verfassung nothwendig und wesentlich ist, nach dieser Regel, durch beglaubigte Ueberlieferung und rechtmäßige Autorität positiv bestimmt und dog- matisch festgestellt wird. Wenn nun der Geist Gottes ein solcher ist, der zugleich vom Vater und vom Sohne ausgeht, so waltet er vor allem da, wo beide, das verborgene Herz des Vaters in seiner schöpferischen Sehnsucht und allmächtigen Liebestiefe, und das geheimnißvolle Wort des ewigen Sohnes, lebendig zusammentreffen und zu einer Flamme der Erleuchtung in einander schlagen. Diese vereinte und volle Kraft des göttlichen Lebens und Wirkens ist das Gepräge, welches die heiligen Schriften in ihrem ganzen Geiste und Gebilde sichtbar und unverkennbar an sich tragen, wenngleich in einigen Theilen das allmächtige Herz des Vaters überwiegend vorwaltet, in anderen das Licht des Sohnes am deutlichsten hervorbricht» Und wenn wir uns nun fragen, was der Bibel auch selbst in ihren dichterischen Theilen die mehr als Pindarische Begeisterung, die mehr als Platonische Erhabenheit in der reinen Anschauung des Göttlichen verleiht: so ist es eben dieses, es ist jener Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht. Wollten wir aber den Charakter und Geist des alten Testaments nach jenen vier heiligen Thiersymbolen näher bestimmen, welche die vier Seiten oder ver- schiedenen Sphären in aller Offenbarung des göttlichen Daseins bezeichnen und bedeuten, so läßt sich wohl sagen, daß die Bücher des alten Bundes am meisten in der Signatur des Löwen stehen, als dem Elemente der im göttlichen Feuer glühenden Willenskraft und des muthigen Kampfes. So wie aber dieser gute und fromme Löwenmuth nur nach außen gerichtet ist, im innersten Herzen aber den sanften, stillen Liebes- und Lammessinn bergen soll, und beide Sinnbilder von Alters her in solcher Weise verbunden und zu Einem ge- knüpft werden: so steigt auch in dem innersten verborgenen Kern und Herzen des heiligen Buches aus der Hülle dieser Löwenkraft schon die christliche Gestalt des Lammes empor, als Sinnbild und Evangelium des ewigen Opfers und der göttlichen Liebe. Friedr. v. Schlegel.

6. Für die dritte Bildungsstufe - S. 248

1855 - Hamburg : Kittler
248 das Wesen, dem ich mein Leben weihen will voll von Unschuld und Reinheit, das ich mir denke als Schöpfer und Erhalter, das ich verehre als Richter und Begnadi- ger, das ich liebe als Vater und Wohlthäter, das ich anbete als heilig und gütig und weise und alles vermögend. Und wie heiter ist meine Seele, wenn mein stilles Gebet mich naher bringt dem großen Geiste und inniger mich verbindet mit dem Urquelle aller Vollkommen- heit; wenn es mich anschauen laßt den Glanz der Heiligkeit Gottes; wenn es mir fromme Pflichten auflegt für die kommenden Stunden und mich aussöhnt mit den Schwachen der Menschheit. Und wenn auch kein Gott wäre, der mich hörte; so forderte doch dieses hohe Gefühl das Dasein des Erhabenen, zu dem sich alles neigt, was höher strebt und den Sinn für das Heilige und Große nährt. Lieber Abbas, laß auch keinen Gott sein: so empfinde ich doch die beseligende Wirkung des Gedankens und des Glaubens an eine Gottheit, und das unaussprech- lich erhabene Bild des vollkommensten Wesens wohnt in mir, und ich höre dessen Stimme im Innern, die sich mit der Stimme meines Herzens vereint. Und es offen- bart sich die Erhörung meines Gebets durch die Wirkung in mir: denn es erhöht sich meine Kraft zum Vollbringen des Guten; es befestigt sich der Entschluß zum Wandeln auf heiligem Pfade; es stärkt sich das Vertrauen, wie die Ananas vom Himmelsthaue; es entfaltet sich die Liebe, wie die Balsamblüthe am Sonnenstrahle; es reinigt sich der Sinn, wie das Silber in des Ofens Gluth; es erhebt sich das Gefühl höherer Ahnungen, wie der Adler, der zur Sonne auffliegt; es verschönert sich vor mir das Leben und die Natur! Siehe, so höre ich Gott, so erhört er mein Gebet — magst du auch läugnen, daß in dem Weltall die Gottheit lebe und wirke! Jetzt sprach Hali zu Omar: Ist doch die Rede so lieblich, wie der Gesang zu den Harfen an den Wafferbächen, wenn überhangende Bäume die Lust kühlen und Hyacinthen ihre Wohlgerüche nebelt den Sängern aushauchen. Ist die Rede von Gott doch so feierlich und erhaben, wie ein rauschendes Meer, indessen tausend Wogen sich der Strahl der ausgehenden Sonne bricht! Da sprach Omar: Der Donner, der von den Gebirgen zurückhallt, und der reizende Ton der Nachtigall sind Stimmen Gottes für den Menschen; aber die feier- lichste Stimme Gottes ist die Sprache des Menschen, wenn er in hoher Atidacht von dem Allliebenden spricht. Sie hallt von Herzen zu Herzen wieder. — Doch in Abbas Herzen hallte sie nicht wieder. Er sprach zu Eben-Assar: Wozu führen doch deine Schwärmereien! Der Rauch, der am Morgen von der Hütte aufsteigt, wird auch vergoldet vom Sonnenstrahle. Verbirgt eine Wolke die Sonne, so ist er nichts als grauer Qualm. Und was ist deine Entzückung, wenn die Wahrheit wegfällt, daß ein Gott sei? Sie ist nichts als der graue Nebel des Rauches, der die Vergol- dung des Sonnenstrahls verlor. Was nützt dir der Gott im Innern, wenn keiner im Weltalte ist? Gleicht er nicht der Tulpe, die das Beet nur ziert, nicht die Lust mit Wohlgerüchen durchwebt? Eben-Assar antwortete: Sei auch kein Gott in dem Weltalle, so ist doch das Gefühl der Gottheit in dem Menschen das höchste Kleinod, mit dem die Natur ihn beschenkte! Ist nicht die edle Frucht milder und süßer als die wilde? Wächst auch atlf unbebautem Boden das schwere Korn des verbesserten Landes? Rühmest du nicht die Süße der Feige, die der Gärtner mit Sorgfalt zog? Und wie ? ein ver- edeltes Herz, ist es etwas so Geringes, daß du sein nicht achtest? Es ist mehr werth als der Diamant in der Krone, als die Perle in dem Schmucke des Halses. Siehe, du veredelst dein Herz, wenn sich dein Geist beschäftigt mit dem Wesen,

7. Theil 3 - S. 7

1861 - Hanover : Rümpler
7 andre Thaten der Menschenseele, bei denen das Walten des Geistes so außerordentlich und unverkennbar ist, daß dieselben in aus- schließenderem Sinne als Thaten des Geistes,' dessen Leben aus Gott ist, erscheinen. Mitten unter den Schmerzen des heran- nahenden Todes dichtete und sang Franciscus von Assisi ein Lob- lied, welches Gott preiset für das Geschenk der lieblich wärmenden Sonne, für die Lichter der Nacht, den Mond und die Sterne, für den erfrischenden Sturmwind und das nährende Wasser, zuletzt aber, vor allem, für den freundlich zur Heimat führenden Bruder, den Tod. So ist es der Geist aus Gott, welcher den Tod, dessen Schrecken die Seele fühlte, in einen lieblichen Boten aus der Hei- mat verwandelt. Dem Menschen die rechte Demuth und zugleich die Helden- kraft zu geben, and) die liebsten, tiefest gewurzelten Neigungen der sinnlichen Natur einer höheren, göttlichen Liebe aufzuopfern, das stehet nicht in der Macht der Seele; das vermögen auch nicht die guten, das Höhere vorbereitenden Engel der Wissenschaft und Kunst. Unverfälschte Liebe zu Gott und den Brüdern, Demuth und Ge- horsam, Zucht und Ordnung sind die unverkennbaren Früchte der Weisheit, welche nicht der Mensch aus eigner Kraft erfand, son- dern welche Gott ins Herz legte. Es spricht das Buch der Bücher von einer Gewau, welche das Himmelreich zu erleiden vermag, und die ihm Gewalt thun, die reißen es an sich. Welch' andre Kraft aber als eine himm- lische selber könnte den Himmel bewältigen, welch' andre Macht als eine göttliche vermöchte Gott zu bewegen? Darum ist es, nach dem Wort der Offenbarung, nicht der Leib, es ist nicht die im athmenden Blute lebende Seele, sondern es ist der Geist aus Gott, welcher die Thaten des Gebetes thut. Wie das Kind zu seinem Vater, so spricht der durch den Geist betende Mensch zu seinem Gott. Dieser aber, der Vater, der des Kindes Flehen ver- nimmt, ist zugleich der Herr über alles Wesen und Sein der sicht- baren wie der unsichtbaren Welt. Darum, wie das Kind den durch Liebe starken Arm des Vaters, so bewegt der im Menschen betende Geist die Macht des Schöpfers lind durch diese die Schöpfung der Dinge. Was die Ordnung und das Band des Staates im Reiche der Seelen, das ist die Religion im Reiche des Geistes. Ja, kein andres Band knüpfet so fest, so tief, so innig Geist an Geist, Seele an Seele, Herz an Herz, als das Band der gemeinsamen Religion. Aber wir wissen noch einen andren, uns näher liegenden Namen für dieses Band, als den ausdrucksvollen, vielsinnigen des Wortes Religion. Uns heißt es Glaube des Christen; in diesem hat jene bindende, ziehende Macht die Gestalt einer lebenden, sanft führenden Hand empfangen. Ja, die Wallfahrt des Christen durch die Nacht des Lebens ist das Wandeln eines Kindes an des Va-

8. Lehr- und Lesebuch für Töchterschulen - S. 230

1826 - Berlin : Dümmler
230 Kirschbaum, und sahen mit froher Seele in die schöne, heilige Natur. Wie schön! wie herrlich! sagte Amalie leise, und schmiegte sich an die verehrte und geliebte Mutter. Wie Alles um uns blühet und duftet! Wie wohl dem Auge das frische Grün der Wiesen und Bäume thut, und wie emsig dort die Felder bestellt werden! O, der Frühling ist eine herr- liche Jahreszeit! Er verkündigt uns Gottes Liebe und Güte! versetzte die fromme Mutter. Amalie stimmte ein Frühlingslied an, und ver- sicherte, da ihr Gesang zu Ende war, dass sie sich so wohl und heiter fühle, wie sich nur immer die Engel im Himmel fühlen könnten. Die Mutter drückte sie an ihr Herz. Meine innigst geliebte Tochter, sprach sie, mochtest du dich doch immer so wohl und heiter fühlen! Die Tage, die du jetzt lebst, sind Tage der Blüthe. Die Jugend gleicht dem schönen, unmuthigen Frühlinge. Sieh, Alles ist jetzt in feiner lebendig- sten Kraft, Alles voll Anmuth und Freude, Alles voll schöner Hoffnung. Und ist es in der Jugend anders? Ach, in den glücklichen Jahren dersel- den regen sich die menschlichen Kräfte am leben- digsten, hofft man das Schönste und Beste. Der Frühling ist die beste Zeit der Aussaat. Was man jetzt säet, wird man im Sommer oder Herbste ernd- ten. Die Jugend gleicht auch hierin dem Lenze. O, meine Tochter, dass diess Gleichniss an dein gutes, empfindsames Herz spräche! Die Ju- gend ist die Zeit der Aussaat. Säen soll der Mensch in derselben für seine spätern Jahre, pflanzen für sein höheres Alter. ' Er soll Kenntnisse sammeln, damit er einst nützen, er soll sich Tugenden er- werben, damit er einst Achtung gemessen und Andere beglücken könne. Meine geliebte Tochter! diess fei ein Wort der Lehre für dich. Nütze deine Jugend. Säe

9. Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen - S. 253

1857 - Köln : DuMont-Schauberg
253 Man erstaunt bei dem Gedanken an die unendliche Mannigfaltig- keit der Laute, Töne und Klänge, welche durch die Erschütterung der Luft hervorgebracht und durch das Ohr vernommen werden; nicht weniger muß man sich wundern über ihre Wirkungen auf den mensch- lichen Geist. Wir hören den Donner rollen, die Stürme tosen, die Wogen rauschen, und beten in tiefster Ehrfurcht zu Gott, unserem Vater, dem alle Kräfte der Natur Unterthan sind. Wir vernehmen das Säuseln des Windes, ~ das Rieseln des Baches, den vielstimmigen Gesang der Vögel, und werden nicht nur von sanfter Freude, sondern auch von innigem Danke bewegt, daß wir einstimmen in die Lob- lieder, welche zur Verherrlichung des Schöpfers erschallen. Wie mächtig sprechen die Klänge der Glocken zu unserem Herzen! Indem sie zum Gebet rufen, und zur Andacht stimmen, erfüllen sie uns bald mit Freude, bald mit Trauer und Wehmuth. Die Kirchenorgel ist außerordentlich reich an gewaltigen und lieblichen Tönen, welche das Gemüth er- schüttern und zum Himmel emporheben, und dadurch nicht wenig zur Verherrlichung unseres Gottesdienstes beitragen. Am wunderbarsten aber ist es mit der menschlichen Stimme. Ein Laut, der unsichtbar von den Lippen schwebt, vermag die inneren Gedanken und Empfin- dungen auszudrücken und in der Seele des Hörenden die nämlichen Gedanken uyd Empfindungen hervorzurufen. In den Zmxten liegt eine besondere Krast, je nachdem sie ausgesprochen, >pe2dörrz^mh Kwem Hauche des Mundes kann man das Herz des Menschey erquicken, aber auch inniglich betrüben. y'- Das Licht. ' * ' T Durch das Licht werden uns die Gegenstände sicher. Bei Tage leuchtet uns die Sonne, in der Nacht scheinen der Mond und die Sterne, deren Licht am Tcege vor der Sonne erbleicht. Das Lampen- oder Kerzenlicht erhellt am Abende unsere Wohnungen und ersetzt uns einiger Maßen, was wir durch die Abwesenheit der Sonne entbehren. Licht und Wärme sind zwar häufig mit einander verbunden, doch nicht immer. Faules Holz und Johanniswürmchen leuchten, ohne zu wärmen, . und eine Säge, die man eben gebraucht hat, wärmt ohne zu leuchten. Die Körper, welche eigenes Licht haben,, wie die Sonne, die Fixsterne, die Feuerflamme u. s. w., heißen leuchtende Körper; alle übrigen werden dunkle Körper genannt. Das Licht verbreitet sich von den leuchtenden Körpern aus nach allen Richtungen, und zwar in geraden Linien, die man Strahlen nennt. Haben wir nun das Gesicht einem solchen leuchtenden Körper zugewandt, so fallen einige von diesen Lichtstrahlen in unser Auge, und wir sehen den Körper. Gegenstände, welche an sich dunkel sind, werden dadurch sichtbar, daß sie die von einem leuchtenden Körper empfangenen Lichtstrahlen nach allen Seiten! hin zurückwerfen. Die Häuser, Thürme, Bäume u. s. w. find dunkle Körper, und doch werden

10. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 484

1888 - Berlin : Hertz
484 Charakteristik Friedrich Wilhelms iv. Matth. 10, 32 gehalten: „Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater." Friedrich Wilhelm Iv. hatte, wie eine treffliche Charakteristik desselben sagt, von seinem Vater den Ernst, die hohenzollernsche Pflichtstrenge und das königliche Bewußtsein, von seiner Mutter den erhabenen begeisterten Aufschwung der Seele. Reinheit, Hoheit und ein Zug nach dem Idealen, das war der Stempel seiner Natur. Ein selten ausgedehntes Wissen, eine Bildung in Politik, Geschichte, Philosophie, Theologie und Kunst, mit der er auf der Höhe der Zeit stand, waren bei ihm getragen von dem Borne der Ursprünglichkeit und Genialität. Dabei hatte er ein Herz voll Wohlwollen und Milde gegen die Menschen, einen tiefen Sinn für Gerechtigkeit, eine Duldung und Werthschätzung für abweichende Ansicht, selbst für Widersetzung gegen seine Lieblingspläne, wenn sie nur aus sittlichem Grunde kam. Dazu ein fürstlicher Anstand verbunden mit Leutseligkeit und einer beschämenden Bescheidenheit, ein treffender Humor, ein reges Allem offenes Interesse, eine tiefe Freudigkeit an dem sittlich geistigen Genusse des Lebens. Das Innerste seiner Seele aber war sein Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und Heiland der Welt, und das war in ihm, bei aller Fülle des Geistes und der Bildung, ein einfacher, kindlicher, demüthiger Glaube. Diesen Glauben hat er bewahrt und bekannt in dem Kämmerlein und auf dem Throne, in guten und in den schlimmsten Tagen, auch durch seine letzte schwere Trübsal. Dieser Glaube erhöhete und verklärte seine natürliche Innigkeit und Treue in dem Bande zur königlichen Gemahlin und zum königlichen Hause, in dem Bande zu Volk und Vaterland, — von diesem Glauben empfing er auch Ziel und Aufgabe für seinen königlichen Beruf. Von der Höhe seines Thrones herab hat er vor seinem Volke und vor allen Völkern der Erde bezeugt: Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen. Er hat eine Kaiserkrone ausgeschlagen, weil Recht und Gerechtigkeit ihm höher stand als Glanz und Hoheit. Er hat das Recht seiner deutschen Mitfürsten geschützt und der Undank und die Verkennung, die er darüber erfuhr, hat ihm wohl wehe gethan, aber ihn nicht erbittert. Nicht leicht ist ein Fürst durch so viel herzzerreißende Erfahrungen, durch so viel niederbeugende Schickungen gegangen; aber unter allen persönlichen Schmerzen, unter allen bitteren Erfahrungen, die gerade seinem Herzen voll Liebe am wehesten thun mußten, ließ er keinen Haß, keinen Argwohn, kein Mißtrauen in sich aufkommen, keine Entfremdung, in der er sich von seinem Volke zurückgezogen hätte. Sein Volk, das von Gott ihm anvertraute Volk blieb seine Sorge, der Gegenstand seiner Gedanken und Gebete. Die Wunden, die seinem Herzen geschlagen, er hatte sie bald vergeben, und wenn er ihrer gedachte, geschah es ohne Bitterkeit. Er hatte das Leid im Glauben siegreich überwunden: ge-demüthigt unter Gottes Hand, aber nicht entmuthigt, widmete er sich unausgesetzt mit ernster und freudiger Hingebung den Arbeiten seines hohen Berufs, und nach und nach wurden seine hohen Gedanken, seine ebcsn Absichten und Gesinnungen immer allgemeiner anerkannt, sein Glaube, seine Treue, seine Liebe in immer weiteren Kreisen verstanden und geehrt. Sein Nachfolger König Wilhelm sagte von ihm in einem bei seiner Thronbesteigung veröffentlichten Erlaß:

11. Lebensspiegel für Landleute - S. 606

1844 - Darmstadt : Ollweiler
606 schnell und unwillkührlich durch dasselbe. Auch der feinste Heuchler findet in einem wenig beachteten Blick seinen Verräther. Be- trachtet den Zornigen — er strahlt gleichsam verzehrendes Feuer aus; — den Schuldbewußten, er kann den Blick nicht fest zu euch erheben; — den Tückischen, er möchte sich vor euch verbergen; — den Redlichen, der nichts zu scheuen, und keine Schuld zu ver- heimlichen hat, er zeigt euch den offenen, hellen, freundlichen Blick der Unschuld, durch welchen ihr in die Tiefen seiner Denkart nieder sehet. Auch in dieser merkwürdigen Einrichtung der Natur liegt ein höherer Zweck Gottes. Daß die Gemüthsart des Sterblichen sich so schnell in seinen Blicken spiegelt, scheint nicht blos zur Absicht zu haben, daß wir uns vor unsers Gleichen hüten können, wenn er gefährlich ist, oder uns an ihn anschließen, wenn er gutartig scheint: nein, die Tugend liebenswürdig, das Laster ekelhaft zu machen, schon durch den bloßen Sinn des Gesichts, ist eines der zahllosen Erziehungsmittel des Menschengeschlechts in der Hand Gottes. Seelenvollkommenheit ist immer das letzte und höchste Ziel. So innig kann kein Blindgeborner die Tugend lieben, das Laster verabscheuen, als derjenige, welcher jene in ihrer Unbefangenheit und schönen Erhabenheit, oder die Sünde in den verzerrten Ge- berden auf jedem Menschenantlitz lebhaft sinnlich dargestellt erblickt. Es begegnet kein Sterblicher einem andern, ohne sogleich ans seinem Gesicht zu lesen: Waö ist dieser in seinem Innern werth? Hat er Edelmuth oder Heimtücke? Ist er redlich oder falsch? freundlich oder abschreckend? Und wie uns Gott auf diese Weise täglich mit sichtbaren Bildern edler und unedler Seelen umringt, legt er den Reiz in uns, selbst edler und besser zu sein, um Gott und Men- schen angenehmer zu erscheinen. — Auch der Verdorben sie versucht es; so groß ist die Gewalt des Sittlich-Schönen auf des Menschen Gemüth. Aber der Bösewicht, der Thierisch-Gesinnte, das Herz mit der Miene verwechselnd, übt nicht jenes, sondern nur diese, und bringt es höchstens bis zum Kunststück der Heuchelei. Das Thierische schimmert ihm überall durch die Larve der Tugend hervor, und sein Antlitz wird eine widrige Verzerrung. 652 Und der Herr wandte sich und sahe Petrus an. Es ist schon eine große Kraft in dem Blick eines Menschen, der Gottes Ernst und Gottes Liebe an seinem Herzen erfahren hat, und der den Segen dieser Erfahrung in seinem Herzen bewahrt; wie groß muß dann erst die Kraft eines Blickes von dem seyn, dessen Augen Seele und Geist in ihren innersten Tiefen dnrchdrin- gen, und vor welchem alle Gedanken und Anschläge des Menschen- herzens bloß und offenkundig daliegen! Zu Berg, bei Stuttgart, lag ein alter, vom Schlagffuß ge- lähmter Mann, Johann Georg Boley, Jahre lang auf dem Krankenbette und wartete mit innigster Sehnsucht, doch ohne Un- geduld, der lieben Stunde, die ihn heimführen sollte zu seinem

12. Für die Oberklassen - S. 90

1857 - Leipzig : Wöller
I 90 tief und hohl in der Ferne. Jetzt geht ein gewaltiges Rauschen und Brausen durch die Lüfte. Einzelne große Regentropfen stürzen hart aufschlagend zur Erve. Da flammt ein mächtiger, schwefelgelber Blitz und urplötzlich folgt ihm der Donner in einer solch' alles bewältigen- den, furchtbaren Starke, als ob Himmel und Erde in Trümmer bersten sollten! Zagenden Blickes und mit demüthig gefalteten Handen überschaut der Mensch den Aufruhr der Elemente, und seine Ohnmacht und Niedrigkeit ganz erkennend, seufzt er bange: „Herr, Herr Gott! gnädig und barmherzig, sei mit uns!" Und immer feuriger flammen die Blitze, und immer mächtiger krachen und prasseln die Donner, und immer hastiger tobt und raset der Sturm, und immer schwärzer färbt sich der Himmel, und immer dunkler wird es auf der Erve. Ein tiefes Weh! durchzuckt des Menschen banges Herz. Da entladen die finstern Wolken ihre Wassermassen. In dichten Strömen gießen sie brausend ihren Inhalt über die geängstigte Erde aus. In wenigen Minuten stehen Wege und Straßen unter Wasser, das in tobenden und polternden Gießbächen zischend und wildfchäu- mend vorüberschießt. Und wieder wenig Minuten — und die sanfter strömenden Winde drängen die schlaffen und zerflossenen Wolkenge- bilde in raschem Zuge weiter; der Himmel fängt an sich zu lichten; die Donner rollen seltner und schwächer; die Blitze zucken vereinzelt und matter. Innig dankend dem Herrn der Wetter für seinen Schutz und seine Gnade blickt der Mensch froh umher und erfreut sich der erfrischenden Kühle und des würzigen Duftes, der über die Natur ausgegossen ist. Bald glänzt die Sonne wieder friedlich und klar vom hohen Himmelsvome, und ein tausendstimmiger Lobgesang wir- belt aus Flur und Wald zum Allgütigen empor! Gg. A. Winter. 91. Der Herbstmorgcn. (Idylle.) 96. Die frühe Morgensonne flimmerte schon hinter dem Berge herauf und verkündigte den schönen Herbsttag, als Mikon an's Gitterfenster seiner Hütte trat. Schon glänzte die Sonne durch das purpurgestreifte, grün-und gelbgemifchterebenlaub, Vas, von sanften Morgenwinden bewegt, am Fenster sich wölbte. Hell war der Himmel; Nebel lag wie ein See im Thäte, und die höchsten Hügel standen, Inseln gleich, daraus empor mit ihren rauchenden Hütten und ihreni bunten herbstlichen Schmucke im Sonnenglanze; gelb lind purpurn, wenige noch grün, standen die Bäume mit reifen Früchten überhangen im schönsten Gemische. Im hohen Entzücken übersah er die weit ausgebreitete Gegend, hörte das frohe Gebrüll der Heerden und die Flöten der Hirten nahe und fern, und den Gesang der muntern Vögel, die bald hoch in heller Luft sich jagten, bald tiefer im Nebel des Thales sich verloren. Staunend stand er lange so; aber in

13. Für die Oberklassen - S. 90

1850 - Leipzig : Wöller
90 tief und hohl in der Ferne. Jetzt geht ein gewaltiges Rauschen und Brausen durch die Lüfte. Einzelne große Regentropfen stürzen hart aufschlagend zur Erde. Da flammt ein mächtiger, schwefelgelber Blitz und urplötzlich folgt ihm der Donner in einer solch' alles bewältigen- den, furchtbaren Stärke, als ob Himmel und Erde in Trümmer bersten sollten! Zagenden Blickes und mit demüthig gefalteten Händen überschaut der Mensch den Aufruhr der Elemente, und seine Ohnmacht und Niedrigkeit ganz erkennend, seufzt er bange: „Herr, Herr Gott! gnädig und barmherzig, sei mit uns!" Und immer feuriger flammen die Blitze, und immer mächtiger krachen und prasseln die Donner, und immer hastiger tobt und raset der Sturm, und immer schwärzer färbt sich der Himmel, und inuner dunkler wird es auf der Erde. Ein tiefes Weh! durchzuckt des Menschen banges Herz. Da entladen die finstern Wolken ihre Wassermassen. In dichten Strömen gießen sie brausend ihren Inhalt über die geängstigte Erde aus. In wenigen Minuten stehen Wege und Straßen unter Wasser, das in tobenden und polternden Gießbächen zischend und wildschäu- mend vorüberschießt. Und wieder wenig Minuten — und die sanfter strömenden Winde drängen die schlaffen und zerflossenen Wolkenge- bilde in raschem Zuge weiter; der Himmel fängt an sich zu lichten; die Donner rollen seltner und schwächer; die Blitze zucken vereinzelt und matter. Innig dankend dem Herrn der Wetter für seinen Schutz und seine Gnade blickt der Mensch froh umher und erfreut sich der erfrischenden Kühle und des würzigen Duftes, der über die Natur ausgegossen ist. Bald glänzt die Sonne wieder friedlich und klar vom hohen Himmelsdome, und ein tausendstimmiger Lobgesang wir- belt aus Flur und Wald zum Allgütigen empor! Gg. A. Winter. 91. Der Herbstmorgen. (Idylle.) 96. Die frühe Morgensonne flimmerte schon hinter dem Berge herauf und verkündigte den schönen Herbsttag, als Mikon an's Gitterfenster seiner Hütte trat. Schon glänzte die Sonne durch das purpurgestreifte, grün-und gelbgemischte Rebenlaub, das, von sanften Morgenwinden bewegt, am Fenster sich wölbte. Hell war der Himmel; Nebel lag wie ein See im Thale, und die höchsten Hügel standen, Inseln gleich, daraus empor mit ihren rauchenden Hütten und ihrem bunten herbstlichen Schmucke im Sonnenglanze; gelb und purpurn, wenige noch grün, standen die Bäume mit reifen Früchten überhangen im schönsten Gemische. Im hohen Entzücken übersah er die weit ausgebreitete Gegend, hörte das frohe Gebrüll der Heerden und die Flöten der Hirten nahe und fern, und den Gesang der muntern Vögel, die bald hoch in heller Luft sich jagten, bald tiefer im Nebel des Thales sich verloren. Staunend stand er lange so; aber in

14. Drittes Lesebuch - S. 108

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
108 mich heute zu sich nähme; — aber ich kann ja noch gehorsam sein. Gott beuge meinen zum Leiden unwilligen Sinn!" — Er verlangte die Gebete für Sterbende. Bald darauf klagte er über heftigen Schmerz und über Beängstigung, und sprach: „Das ist Todeskampf !" — seine Gemahlin sagte ihm hier die Worte Christi: Ich bin die Auferstehung und das Leben," worauf er hinzufügte: „und wer an mich von Herzen glaubt, der stirbt nicht!" — Ein nahestehender Arzt machte die Bemerkung, er glaube nicht, daß es einen Sünder geben könne, der bei dem Anblicke des schon halb Verklärten nicht tief erschüttert würde und sich bekehrte. — Gegen ein Uhr Nachmittags verlangte er, alle die Seinigen zu sehen. Es war ein rührender Anblick, wie alle seine Lieben gedrängt um sein Sterbebett knieten. Erblickte mit zärtlichem Wohlgefallen umher und sprach dann mit matter, aber feierlicher Stimme: „Ich bin hier vor dem Angesichte des allgegenwärtigen Gottes, des f Vaters, des f Sohnes und des f heiligen Geistes, und flehe zu Ihm, den ich immer angebetet habe, er möge uns Alle durch Glauben, Hoffnung und Liebe umschlingen, daß Keines fehle und wir Alle einst vereint werden am Throne des Allerhöchsten. — Alle meine Kinder und Haus- genossen und alle meine Freunde und Bekannten bitte ich herz- lich um Verzeihung wegen meiner Lieblosigkeiten, und bitte Gott, er möge den Schaden von ihren Seelen wegnehmen und die Folgen davon nicht auf sie, sondern auf mich legen. Ich bitte all' meine Kinder, für mich und für uns Alle zu beten. Der Geist des Herrn möge mich und uns Alle mit seiner Liebe er- füllen, damit wir Alle Eins seien, wie der Vater in dem Sohne. Sollte eines meiner theuren Kinder oder einer meiner lieben Verwandten etwa glauben, daß irgend Jemand sich an mir ver- sündigt oder mich beleidigt habe, so beschwöre ich ihn, es nicht zu rügen, sondern nur für diese Person im Stillen zu beten, von der er es glauben möchte. — Nun, meine theuren, innigst geliebten Kinder! wollte ich euch nur noch Eines an das Herz legen. Wir sind Menschen, wir Alle sündigen; aber haltet nur immer denk Heiland euer Herz offen, schämet euch seiner nie. Denn auf wen, ach! auf wen sonst könnten wir unsere Hoffnung setzen, wenn uns des Todes kalte Hand auf dem Sterbebette ergreift!" — Nach einiger Zeit rief er mit In- brunst aus: „Herr Jesu, du Sohn David's, du Heiland der Sünder, erbarme dich meiner!" — Nun überfiel ihn ein Frost. Er ries den Arzt und fragte: „Wann wird es wohl mit mir enden?" — Dieser erwiederte: „Bei ihrem lebendigen Glauben und Verlangen auf Gott darf ich es ihnen sagen: Es wird nicht Mitternacht für sie!" „Gottlob!" sprach er, die beiden

15. Preußen unter der Königskrone - S. 28

1901 - Breslau : Hirt
28 7. Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen. feilere Wurzeln, und die Bewunderung, die man dem ergebenen und würdevollen Königspaare bei seinem Aufenthalt in Königsberg zollte, verbreitete sich im ganzen Lande. Die innige Liebe des ganzen Preußenvolkes geleitete auch die königliche Dulderin auf ihrer Flucht von Königsberg nach Memel. An ihrem erhabenen Beispiel richteten sich die schwer geprüften Landeskinder auf. Und als über allem Jammer und Elend das Herz der edelsten Königin gebrochen war, wirkte die Erinnerung an sie noch'veredelnd auf ihre Zeit-geuossen und die folgenden Geschlechter. Für den König war der Tod seiner Gemahlin der schwerste Schlag, der ihn treffen konnte; aber er richtete sich auf im Glauben an Gott und that feine Pflicht bis in den Tod. In seinem Vermächtnis finden sich die schönen Worte: „Ich vergebe allen Meinen Feinden. Gott wolle Mir ein barmherziger und gnädiger Richter sein und Meinen Geist aufnehmen, den Ich in seine Hände befehle. . . Gott beschütze das teure Vaterland! Gott behüte und beschütze Unser Haus jetzt und immerdar!" Die schlichte Frömmigkeit Friedrich Wilhelms Iii. übertrug sich auch auf seine Söhne. Friedrich Wilhelm Iv. erklärte bald nach seinem Regierungsantritt: „Ich gelobe, mein Regiment in der Furcht Gottes und in der Liebe der Menschen zu führen." „In allen Stücken will ich so regieren, daß man in mir den echten Sohn des unvergeßlichen Vaters, der unvergeßlichen Mutter erkennen soll." „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen." Diese Grundsätze leiteten ihn während seiner ganzen Regierungszeit. Nichts lag ihm mehr am Herzen, als in Staat und Kirche, in Schule und Hans christlichen Glauben zu wecken und zu erhalten. Dasselbe Streben trat auch bei Wilhelm I. jederzeit zu Tage. Schon als achtzehnjähriger Jüngling sagte er in seinem Glaubensbekenntnis, das er bei der Konfirmation in die Hcmd seines Seelsorgers legte: „Ich will dem Glauben der Christen, zu dem ich mich heute bekenne, immer getreu bleiben, ihn jederzeit in Ehren halten und mein Herz immer mehr für ihn zu erwärmen suchen. . . Mein Fürstenstand soll mich nicht verhindern, demütig zu sein vor meinem Gott. . . Ich weiß, daß ich ohne ihn nichts bin und nichts vermag." Diesem Bekenntnis ist er sein ganzes Leben hindurch treu geblieben. Es war ihm Geschieben, Großes zu vollbringen; aber nie rechnete er die Erfolge sich selbst cm. Als er ans dem Gipfel feiner Macht stand, schrieb er nach der Gefangennahme Napoleons an feine Gemahlin: „Es ist Friedrich Wilhelm Iv.

16. Der Bildungsfreund in den Oberclassen deutscher Volksschulen - S. 460

1843 - Altona : Schlüter
460 So wie Grausamkeit gegen Thiere von einem bösen Her- zen zeugt, so die Barmherzigkeit gegen das Vieh von einem guten und zarten Gemüth. Wer jetzt das Thierlein liebt, wird einst auch Menschen lieben, Wer jetzt das Thierlein quält, wird Menschen einst betrüben. Thierquäler — Menschenquäler. Der Christ ist ein Kind der Liebe und Barmherzigkeit, — soll es auch gegen die Thiere sein. 217. Der Mensch. 3. In der Heimath und im Vaterlande und allüberall auf Erden wirket und schaffet gestaltend der Mensch als Herr der Erde. Denn Gott sprach: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei; die da herrschen über die Fische im Meer, und über die Vögel unter dem Himmel, und über das Vieh und die ganze Erde. — Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und er blies ihm ein den leben- digen Odem, lind also ward der Mensch eine lebendige Seele." — Gott machte die Menschen nach seinem Bilde und hat sie von den Thieren ausgezeichnet." Also entstand der Mensch aus Erde und aus Gott. Nicht ein bloß irdisches Wesen ist er, sondern durch den Hauch und Odem Gottes auch zu einem göttlichen erhoben. „ Wir sind göttlichen Geschlechts." Die irdische und göttliche Natur ver- einigten sich auf's Innigste zu einem Gebilde, zu einem irdisch- göttlichen oder sinnlich-geistigen,Wesen, zu einem Dop- pelwesen, in welchem Irdisches und Überirdisches, Fleisch und Geist, Erde und Himmel, Thierisches und Göttliches innig mit einander verbunden ist, kurz: zu einem Menschen. Ohne den Odem Gottes, ohne Geist, wäre der Mensch nicht Mensch, sondern nur das edelste der Thiere; aber »auch ohne^den irdischen Körper nicht, sondern dann Geist und Engel und nicht Bewohner der Erde. Lürch wenn die Bibel nicht sagte,-daß der Körper des Men- schen aus Erde erschaffen sei, so würde doch die Erfahrung leh-

17. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 340

1909 - Regensburg : Manz
I 340 Die Weltgeschichte der immerfort sich vollziehende Proze der Erlsung und Heiligung. Vollstndig das Gebiet zu erkennen, welches Christus dem Herrn Untertan ist, vermag nur Gottes Auge, das die Völker alle berschaut auf ihrem Gange durch die Weltgeschichte vom Ursprung bis zum Schlu der Zeiten, das ganze Menschengeschlecht in seinen unabseh-baren Scharen, die Welt der seligen Geister in ihren wunderbaren Ordnungen. Denn alles das ist ihm untergeben, der da trgt alle Dinge mit dem Worte seiner Kraft und seine Macht der das All erstreckt; denn das All soll in den Dienst seiner Gnade treten, alle Fhrungen des Lebens sollen zu ihm hinleiten, die ganze Weltgeschichte soll nichts anderes sein als der immerfort sich vollziehende Proze der Erlsung und Heiligung des Geschlechtes. Darum wird nur jener das Walten seines kniglichen Amtes vollstndig zu erkennen imstande sein, der hinabblickt bis in die innersten Tiefen des Herzens und dort das geheimnisvolle Ringen seines Geistes und seiner Gnade schaut, die allen gegeben wird, allen zuvorkommt, um sie auf den Weg des Heils zu führen, die mit jedem, der sie ausgenommen, mitwirkt und in allen, die vollendet haben, das Werk vollendet. Wie Ausgangspunkt und Ziel in der Geschichte der Welt, so ist er der Impuls zu jeder guten Tat in der Geschichte der Seele von dem ersten Ausblick zum Gott der Gnade bis zum Martyrium. Er ist Richter der Lebendigen und der Toten"; denn er ist ihr Herr, der sie alle leitet zum ewigen Heile, der König der Welt. Das Weltgericht, das er einst abhalten wird, ist nur der Abschlu und die Vollendung seiner kniglichen Macht und Frsorge, in der er die Welt regiert hat und die Menschheit geleitet durch die verschlungenen Pfade der Ge-schichte. Herr der Menschheit und König der Natur, an welche jene mit unzereibaren Banden geknpft ist, hlt stets sein Auge das Ziel fest, dem alles entgegengeht, waltet sein Arm unsichtbar und doch so sichtbar der den Geschicken der Nationen, greift seine Hand leise und doch so mchtig ein in den Gang des Vlkerlebens; Tod und Leben, Wohlsein und Schmerz, Ehre und Schmach im Leben der Völker wie der einzelnen, es sind nur die Wege, die er bahnt, um zu ihm und zum Heile zu führen, die oft rauhen Pfade, auf denen er heimsucht die Verlornen. Es ist eine unendlich groe und erhabene Idee, die Idee vom Reiche Gottes. Die ganze Schpfung ist Gottes Reich, alle Stufen und Ordnungen von Wesen, alle Arten und Klassen der geschaffenen Dinge, sie sind alle nur Boten seines heiligen Willens. Er kndigt sich an in den Gesetzen, nach denen die Sterne ihre Bahnen gehen, und spricht als Ge-wissen in den Herzen. Er offenbart sich in der leisesten Regung der Seele und kommt nher und nher zu uns in jeder groen Katastrophe der Weltgeschichte. Unvergleichlich und wunderbar ist sein Walten in den Seelen, die er zu seinem Reiche der Herrlichkeit beruft, reich und mchtig die Gnade, durch welche er das Auge erleuchtet, das Herz bewegt, berirdische Klarheit der den Geist ausgiet, bermenschliche Kraft in die Seele legt und Frchte des Heils dem Willen entlockt. Sichtbar und als vollendeter Organismus stellt sich uns das Reich Christi dar in seiner Kirche. Denn die in Gnaden durch die Verdienste Christi wiedergeborne und ihm darum eigene Menschheit ist nicht blo eine zerstreute Masse, eine Vielheit Erlster ohne inneres Band noch uere Form. Er, das gottmenschliche Haupt, hat den Geist gespendet, der von ihm ausgeht, der alle ergreift, die er sich erwhlt hat, und sich innig und real mit ihnen vereinigt. So erbaut er sich aus der Menschheit seinen sichtbaren Leib, ihm organisch geeint wie die Glieder dem Haupte. Hier ist der Tempel, in dem er wohnt mit der Flle seines gottmenschlichen Lebens, errichtet aus lebendigen Steinen, von denen jeder selbst wieder ein Tempel ist; hier ist der Brennpunkt aller Gnaden, der Altar, an dem er immerfort sein von dem kniglichen Amte untrennbares hohepriesterliches Amt verwaltet. So ist der Geist

18. Mit einem Titelkupfer - S. 215

1821 - Stuttgart : Steinkopf
2l5 im Schmerze. 148. Car l Bonnet, Professor in Genf, dem die Phil- osophie und Physik so manche wichtige Entdeckungen und Erweiterungen verdankt, gab einen Beweis von Deelenstärke und ruhiger Ertragung der Leiden, den nur das Christenthum, das er durch Wort und That bekannte, schenkt. Kaum war das erste Jahr der glücklichsten Ehe mit seiner an Geist und Herz vortrefflichen Gattin verflossen, als letztere von einer Krankheit befallen ward, die ihre körperliche Constitution so sehr zerrüttete, daß wit Ausnahme kurzer Unterbrechungen von anscheinender Besserung ganze Jahre voll kraftloser Mattigkeit und Be- ängstigung folgten. Unaussprechlich litt sein Herz bey'm Anblicke ihres schmerzenvollen Zustandes, den er picht Zu lindern vermochte. Der Muth aber und die Fassung, die. Bonnet selbst bewies, «war der Geduld seiner Gat- tin ganz gleich. Ohne zu verzagen, sahen sie ihre Hoff- nungen Wiederaufleben und vernichtet werden, sie wuß- ten der erträglicheren Zwischenräume, welche die Natur ihnen gestattete, zu genießen; ihre gegenseitige Zärtlich- keit wurde durch ihre Leiden noch inniger; eine sanfte, srvhe Heiterkeit verschönerte alle Augenblicke der Erho» lung; ihre Freunde fanden in Bonnets Hause so viele gesellschaftlichen Freuden, die in der Lage gar nicht ge- denkbar schienen, und ungeachtet so vieler und großer Entbehrungen schloß ihre Verbindung, die £7 Jahre dauerte, doch einen so wahren Genuß in sich, daß man ihn irgendwo anders vielleicht vergebens gesucht haben würde. »49- Doktor Kaspar Koch litt unaussprechlich viel an Dtein.schmerzen, Podagra und Kopf-Schmerzen, ertrug ^der all' diese empfindlichen Leiden mit einer Geduld, die so groß war, daß sein Geist immer heiter blieb. — »Sit itur ad astra,“ („so geht es himmelan'.") — sagte er noch am Tage vor seinem Tode —„können die Kauf«

19. Die Geschichte des Alterthums - S. 191

1861 - Köln : DuMont-Schauberg
51. Die älteste Bevölkerung Griechenlands. 191 Darin stimmen jedoch die meisten Ansichten überein, daß in ihnen auch wieder die erzeugenden, befruchtenden und fruchtbringenden Kräfte in der Natur verehrt worden sind, aber dieser Grundgedanke ist durch eine große Mannichfaltigkeit von Combinationcn so verschieden ausgebil- dct worden, daß die Kabiren Einigen als die höchsten, überweltlichen und weltschöpferischen Kräfte, Anderen als untergeordnete Dämonen der Fruchtbarkeit erscheinen. So erblicken wir Alles, was die Pelasger betrifft und von ihnen ausgeht, in einem ungewissen Dämmerlichte. Sie haben unzweifelhafte Spuren ihres Daseins und ihrer Wirksamkeit hinterlassen, aber wegen des hohen Allerthums, aus dem sie stammen, fast unkenntlich gewordene und schwer zu deutende. Wir übergehen die Leleger und einige andere nicht bedeutende Stämme, die neben den Pelasgcrn als Urbewohner Griechenlands ge- nannt werden, haben aber die Thracier zu beachten, da sich an sie ein eigenthümliches Culturelement knüpft. Diese Thracier der mythi- schen Zeit, die in der macedonischen Landschaft Pierien am Nordabhange des Olympus ihre Heimat hatten, von wo aus sie nach verschiedenen Gegenden von Hellas zogen, haben höchst wahrscheinlich mit den bar- barischen Thraciern in dem Lande dieses Namens nichts gemein. Thra- cien scheint den ältesten Griechen das unbestimmt gedachte Land im Norden des ihrigen gewesen zu sein. Pierien wurde damals noch darun- ter begriffen, bei späterer genauerer Kunde wurden die thracischcn Grenzen weiter nach Mitternacht gerückt, und so der Name auf ganz andere Völker übertragen. Die pierischen Thracier waren gewiß ein den Hellenen nahe verwandter Volksstamm, wie die Pelasger, und wur- den, wie diese, später zu Hellenen, daher es auch zu erklären ist, daß sie nur in der mythischen Zeit Vorkommen. Wie die Pelasger als Gründer der Civilisation zu betrachten sind, welche den Menschen an den Boden fesselt und die Bedürfnisse des Lebens befriedigt, so diese Thracier als Urheber der musischen Künste, als Väter der griechischen Poesie. Wir finden sie am Helikon und Parnaß, den Musenbergen, deren Natur, deren Wälder und Quellen zum Gesänge begeistern, wo gleichsam der Gesang der Natur den menschlichen hervorricf. Die ältesten, noch dazu dem Mythus angehörenden Dichter, Sänger, Tonkünstler werden Thra- cier genannt. Hieher gehört vor Allen Orpheus, der entweder ein Sohn des Apollo und der Muse Kalliope heißt, oder, wenn ihm ein anderer Vater gegeben wird, doch von Apollo die von Hermes erfun- dene Laute erhalten hat. Was von den Wirkungen erzählt wird, die er durch die wunderbare Macht ihrer Töne und seiner Stimme her- vorbrachte, gehört zu den bekanntesten griechischen Fabeln. Er entzückt die Menschen und zähmt die wilden Thiere, Bäume und Felsen, ihrer Stelle entrückt, folgen ihm, ja, selbst die unerbittlichen Götter der Un- terwelt werden von diesem unwiderstehlichen Zauber so ergriffen, daß sie ihm gestatten, seine schon gestorbene Gattin Eurydice aus dem Schat- tenreiche in die Oberwelt zurückzuführen. Orpheus ist der rein my- thische Ausdruck für die von den Göttern stammenden und sich in dank-

20. Theil 2, Abth. 2 - S. 33

1822 - München : Lentner
\ — 33 — ren 38'i und 383 berieftheodosius ähnliche Versammlun» gen, und gab sich auf diese Weise alle Mühe, die von der Kirche getrennten Parteyen in ihren Schvoß zurück- zuführen. Unterdessen griff auch G rat i an im Abendlande den Götzendienst bey der Wurzel an, ohne daß jedoch gegen die Personen mit Harte verfahren wurde. Auch war er der erste Kaiser, der sich weigerte, das seit Julius Cä- sars Zeit mit der kaiserlichen Würde verbundene heidnische Oberpriesterthum anzunehmen. Da sagten die Heiden, nach der Erzählung des heidnischen Geschichtschreibers Zo- simus: „Will er nicht Pontifexmaximus seyn, so wer- ^ den wir bald den Maximus als Pontifex sehen." Und alles Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an Einen Herrn Iesnm Christum, den eingebornen Sohn Gottes, vom La- ter geboren vor allen Zeiten, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahren Gott vom wahren Gott; erzeugt, nicht ge- macht, Einer Wesenheit mit dem Vater; durch den alles geschaffen ist; der wegen uns Menschen und wegen unser- Heiles herabgestiegen ist vom Himmel, und Fleisch ange- nommen hat durch den heiligen^ Geist aus Maria der Jungfrau, und Mensch geworden ist; auch gekreuziget ist worden für uns, unter Pontius Pilatus gelitten hat, und begraben worden; und am dritten Tage auferstanden ist, nach der Schrift; aufgefahren ist gen Himmel, sitzet zur Rechten des Vaters, von dannen er wiederkommcn wird in Herrlichkeit, zu richten die Lebendigen und die Tobten, und seines Reiches wird kein Ende scyn. Wir glauben an den heiligen Geist, den Herrn und Lebendigmacher, der vom Vater (und vom Sohne) ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebethet und ver- herrlichet wird, der geredet hat durch die Propheten. Und Eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir be- kennen eine Taufe zur Nachlassung der Sünden. Wir er- warten die Auferstehung der Tob-en, und ein künftige- Leben. Amen" C Wiedemar.» Grschrchtr, n-