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1. Geschichte des Alterthums - S. 291

1852 - Weimar : Albrecht
291 Liebe zur Musik und Poesie. Gleichzeitig mit Pindar lebten zwei böotische Dichterinnen, Myrtis und Korinna, die mit ihm in der Poesie gewetteifert haben sollen. Auch Pindars eigne Familie war der Kunst zugethan, und nach böotischer Sitte erhielt der Knabe zuerst Unterricht im Flötenspiel. Ec widmete sich ganz der Poesie und Musik, und bald verbreitete sich der Glanz seines Ruhmes durch ganz Griechenland, und Könige und Städte rangen darnach von ihm besungen zu werden. Wenn er auch Geschenke für seine Gedichte empfing, so waren seine Gesänge doch der Ausdruck seiner Herzens- meinung und innigen Ueberzeugung; stets blieb er seinem Grund- sätze treu, daß Geradheit und Aufrichtigkeit überall an ihrer Stelle sei. Er scheint ein einfaches und anspruchsloses Leben geführt zu haben, gefällig gegen alle, die feiner bedurften, fromm gegen die Götter, die er durch Gesänge verherrlichte und durch Weihgeschenke verehrte, und deßhalb geliebt und ausgezeichnet von Göttern und Menschen. Bei vielen Festen, für die er Lieder dichtete, war er persönlich zugegen, besonders zu Olympia und Delphi, wo er wohl m der Regel selbst den Chor einübte. Auf die wiederholte Einla- dung des Hiero von Syrakus lebte er auch einige Zeit in Sieilien. Er soll in hohem Alter zu Argos sanft entschlummert sein. Pindar hat sich in allen Gattungen der Chorpoesie ausgezeich- net, er hat Hymnen auf die Götter, Päane, Dithyramben, Pro- cessionslieder, mimische Tanzlieder, Tischlieder, Trauergesänge und Lobgesänge auf Fürsten gedichtet; besonders berühmt waren seine Siegeshymnen (Epinikien) auf die Sieger in den Nationalspielen der Griechen. Die Siegeshymnen zeichnen sich durch großen Ge- dankenreichthum und kunstvolle Anlage aus; der in denselben herr- schende Stil ist bald strenger und ernster, bald heitrer und leichter. Pindar weiß dem Siege eine höhere Bedeutung für das Leben des Siegers zu geben; der gegenwärtige Ruhm des Siegers erscheint ihm im Zusammenhange mit dem Zustande und der Vergangenheit des Stammes und Staates, aus dem jener hervorgegangen ist. Er ermahnt, das errungene Glück würdig zu ertragen und die bewiesene Tüchtigkeit durch andere Tugenden zu erhöhen. Erhabene, sinnvolle Wahrheiten gehen wie Göttersprüche aus seinem Munde hervor und erschüttern wie mit einer Zauberruthe das Gemüth des Lesers. 3n)i)ci)en Homer und Pindar liegt eine große Periode der Bil- dung des griechischen Geistes; es ist als wenn der eine Dichter einem anderen Weltalter angehörte als der andere. In Homer finden wir jene Jugend des menschlichen Geistes, die noch ganz in der An- schauung und der Phantasie lebt, deren Hauptgenuß in der leben- digen Borstellung von Erscheinungen, Thaten und äußern Ereig- nissen besteht, ohne daß sie dabei sonderlich nach Ursachen und Fol- gen fragt. In Pindar dagegen erscheint der griechische Geist un- endlich reifer und ernster; sein Hauptbestreben rst, die Gesetze einer- sittlichen Weltvrdnung in dem eignen Innern zu finden, und diese Gesetze wendet er dann zu einer scharfen Kritik jener schönen und lebensvollen Gebilde an, welche die Phantasie der früheren Zeitalter erjchaffen hat. Am meisten weicht er von Homer in der Darstel- lung des Schicksals der Gestorbenen ab, die nach der Schilderung f 19 * L. im ° Theologische Poesie

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1. Theil 1 - S. 129

1875 - Leipzig : Brandstetter
129 Von nun an erhob sich die mit Chören vorgetragene dorische Lyrik in vollem rauschenden Strome, mit Musik und mimischen Tänzen begleitet. Es ward diese Chorpoesie allmählich in ganz Griechenland heimisch und fehlte bei keiner Festfeier. Die begleitenden Instrumente waren die Kithara, das Barbiton, die Flöte. Der Tanz mußte seiner religiösen Natur nach ernster Art sein; er bestand in einem taktmäßigen und kunstreich verschlungenen Umwandeln der Altäre, welches sich nach den vorgetragenen Strophen richtete. Simonides aus Keos, der Verfasser der hochberühmten Inschrift bei Thermopylä, und die Dichterin Korinna aus dem böotischen Tanagra gehörten zu den Vorzüglichsten dieser Gattung. Al km an und Stesichoros haben hier den ersten Ton angeschlagen; vor Allen aber Pindar, der Sänger der olympischen und pythischen Siegeshymnen, „der mit Apollon selbst und mit den veilchengelockten Musen die goldene Leier theilte, dessen beim Festesbeginn der Tanzschritt blühender Jugend horchte." Pindar glänzte in allen Gattungen der lyrischen Poesie, vom feierlichen Päan, vom schwärmenden Dithyrambos und vom festlichen Chorgesang bis zu den fröhlichen Tischliedern (Skolien); doch sind die Siegeslieder (Epinikien) zur Verherrlichung der in den großen Nationalspielen zu Olympia und Delphi, im Thäte von Nemea und im Fichtenhain des Jsthmos gekrönten Sieger die Perlen seiner Poesie. Pindar war ein Böotier und in Kynoskephalä im Jahre 522 v. Chr. geboren. Er stammte aus einer musikalischen Familie und seine Jugend ward recht eigentlich von dem Strome der melischen oder dorischen Chorpoesie getragen, der er anfangs als Flötenspieler diente, um später als Schöpfer und höchster Herrscher in ihrem Reiche zu walten. Seine Dichtung trägt den ächt hellenischen Charakter strengen Maßes neben dem kühnen Sturme großartiger Begeisterung. „Erfindungsreich mit Gebühr im Aufschwung der Mufen möcht' ich sein, Mir steh'u zur Seite umfassende Kraft und Kühnheit," sagt er von sich selber in einer olympischen Ode und das Lob, welches er dem von ihm aus Bestellung besungenen Sieger spendet, tritt nie unmittelbar hervor, sondern es erscheint im Rahmen der Verherrlichung von Göttermythen oder historischer Erinnerungen, oder aber es ist geknüpft an Tugend- und Weisheitslehren und nicht selten mit Mahnung und leisem Vorwurs verbunden. Immer jedoch gilt der höchste Preis dem edelsten Geschenk der Götter, der Gabe der Dichtkunst und des Gesanges. „Wenn die Thaten welken," sagt Pindar, „dann besteht und wirkt das Wort, das mit dem Gelingen der Musen die Lippe schöpft aus tiefem Herzen. Was schön gesprochen ist, das wandert dahin über Meere und fruchtreiche Länder als ewig unerloschener, schöner Thaten-stern." Oeser's Weltgeschichte. I. 7. Aufl. 9

2. Für einjährigen Unterricht in höheren Mittelklassen berechnet - S. 34

1869 - Hildburghausen : Nonne
34 Alte Geschichte. stände haben. Es sind dies die Jliade und die Odyssee. Beide Epo- Homer 900. pöen werden Homer, einem blinden Rhapsoden, zugeschrieben. Dieser lebte um das Jahr 900 v. Chr. und stammte aus dem mit Ioniern be- setzten Kleinasien. Sieben Städte machten Anspruch darauf, seine Heimat zu sein *). Soweit die griechische Sprache reichte, ertönte sein Ruhm: in Griechenland und Kleinasien, in Sizilien und Unteritalien pries man seine Gesänge. Bald nach Homer, etwa umö Jahr 850 v. Chr., dichtete in Böo- tien Hesiod. Berühmt ist seine Theogonie, in welcher er die Ent- stehung der Welt und der Götter darstellt. 3. Nach dem Heroenzeitalter verklang allmälig die epische Poesie. An ihre Stelle trat die lyrische Dichtung, welche nicht erlebte Thatsachen erzählt, sondern die Eindrücke der verschiedenen Erscheinungen auf das menschliche Gemüth schildert. Hauptgegenstand des Gesanges ward daher das frische und bewegte Leben der Gegenwart in allen seinen Gestaltungen. Die Dichter ermuntern zum Kriege und zur Tapferkeit, loben die Sieger in den Wettkämpfen und feiern die Unschuld und Tugend. Sie preisen die Schönheit der Natur, die Wonne der Liebe und Freundschaft und be- klagen die Kürze des Erdenlebeuö und die Hinfälligkeit der Jugendblüthe. Diese Dichtungsart, welche mit der Musik innigst verbunden war, wurde vornehmlich von den Doriern und Aeoliern (Thebanern) ausgebildet. Der Pindar. berühmteste Lyriker ist Pin dar (520), von dem wir 45 Siegeshymnen Arion. besitzen. — Bon Arion, einem andern lyrischen Dichter (600 v. Chr.), wird eine liebliche Sage erzählt. Der Sänger ist auf der Rückreise von Sizilien nach Griechenland begriffen. Unterwegs wollen ihn die Schiffer seiner Schätze wegen ermorden. Auf Bitten erhält Arion die Erlaubniß, noch ein Lied zu singen und sich dann ins Merr zu stürzen. In vollem Sängerornate stimmt er das Lied an und als er vollendet hat, wirst er sich in die See. Aber plötzlich erscheint ein Delphin und trägt auf seinem Tyrtäus u. Rücken den Dichter an das Land. — Eben so bekannt ist Tyrtäus und Jbykus. Jbykus. Letzterer wurde auf dem Weg zu den isthmischen Spielen von Mördern erschlagen und rief vorüberfliegcnde Kraniche zur Rache auf. Bei dem Festspiele zu Korinth, womit die Todtenfeier des Dichters verbunden war, flogen Kraniche über das Theater hin. Wie von den Erinnyen ge- trieben, rief einer dem andern zu: „Sieh die Kraniche des Jbykus!" Man ergriff die beiden Männer und erlangte das Geständniß. — Endlich ist noch die Dichterin Sappho zu erwähnen, die wegen einer unglücklichen Liebe sich von einem Felsen ins Meer stürzte. 4. Um das Jahr 600 v. Chr. entwickelte sich aus der Dichtkunst die Philosophie. Doch ist letztere in ältester Gestalt nur eine in Kernsprüchen vorgetragene Lebensweisheit. Dies bestätigen die sieben Weisen, de- ren Namen und Sentenzen (Lebensrcgeln) zu Delphi mit goldenen Buch- staben in die Säulen des Tempels eingegraben waren. Allda stand: Die sieben „Maß zu halten ist gut," so lehrt Kleobulus aus Liudoö ^); „Jegliches Weisen, vorbedacht," heißt Ephyra's Sohn Periander; „Wohl erwäge die Zeit," Diese sieben Städte sind: Smyrna, Rhodos, Kolophon (nördlich von Ephe- sus), Salamin (Salamis), Chios, Argos, Athenä. 2) Lindos, Stadt an der Oftküste von Rhodus.

3. Bd. 1 - S. 154

1883 - Leipzig : Engelmann
154 Geschichte bet alten Welt. §. 85. die bald Kämpfe und Mißgeschicke der Verbannung, bald behagliche Frenden beim Genuß des f.*580? Weins und der Liebe besingen. Sappho aus Mytilene, eine begeisterte Sängerin der Liebe, die mit Unrecht in den Ruf der Wollust und eines sittenlosen Lebens gekommen ist. Die Sage, daß sie aus Liebesgram zu dem schönen Jüngling Phaon sich über die „leukadischen Felsen" ins Meer gestürzt, scheint ihren Ursprung in einem mißverstandenen bildlichen Ausdruck von der seelenreinigeu-den Kraft des leukadischen Apollon zu haben. Von jenem rührt das alkäische, von dieser da-?3bs. sapphische Versmaß her. Jbykos aus Rhegium lebte lange am Hofe des Polykrates von Samos und soll durch Räuberhand umgekommen sein („die Kraniche des Jbycns"); er ahmte in den mythischen Gesängen seinen Landsmann Stesichoros nach und besang dabei der Liebe Leid und «ga-478. Lust mit äolischem Feuer und der Gluth einer ungestümen Leidenschaft. Auch Anakreon aus Teos lebte zuerst an dem glänzenden Hof des Polykrates von Samos, bis er einem Ruf des Peisi-stratideu Hipparchos nach Athen folgte. Er gilt als Muster der erotischen Poesie, da unter seinen zahlreichen Gedichten die Lieder auf die Liebe und die Freuden der Gesellschaft den breitesten Raum einnehmen. Als heiterer Welt- und Lebemann preist er in seinen durch edle Sprache, schöne Form und Mannichfaltigkeit des Versbaues ausgezeichneten Gedichten Lebensgenuß, Frohsinn und Liebe. Anakreons echte Gedichte sind von seinen Nachahmern fast ganz ausgelöst und vernichtet worden, die noch vorhandenen anakreontifchen Lieder, worin ein lebenslustiger Greis im grauen Haar mit jugendlichem Frohsinn für Wein und Liebe schwärmt, sind aus späterer Zeit. Die vollendetsten lyrischen Gedichte sind von Simomdes und Pindar, die mit einander um die Siegespalme der Dichtkunst wetteiferten. Sinionidcs von Keos lebte 556-468. eine Zeitlang zu Athen in dem durch Hipparch versammelten Dichterkreise, begab sich dann nach Thessalien, wo er um Sold die reichen Herrscherhäuser der Aleuaden it. A. feierte und sich den Vorwurf eines Fürstenfchmeichlers und Schmarotzers zuzog, wiewohl er hie und da auf die feinste Weise den Machthabern auch die Wahrheit zu sagen pflegte. Die schwungvolle Zeit der Perserkriege, denen er manches treffliche Gedicht widmete, verlebte er wieder in Athen, im Umgang mit Themistolles, und begab sich dann an den Hof des Tyrannen Hieron von Syrakus, wo er als gekrönter Sieger in vielen poetischen Wettkämpfen fast neunzigjährig starb. So sehr das ganze Alterthum sein Dichtertalent anerkannte und ehrte, so scharf rügte man seine Erwerbsucht und feinen Geiz!; boch tragen seine Gebichte nirgenbs die Spuren der Käuflichkeit. Simonibes war ein gewaubter Weltmann; „auf dem Schauplatz der weitesten griechischen Gesellschaft, bcr ihm eine Fülle der Erfahrung bot, bewegte er sich mit Sicherheit und feinem Takte; feine Lebensllngheit wußte jebes Verhältniß zu beherrschen, und ein Heller Verstaub, durch Witz und scharfsinnige Rebe unterstützt, ließ ihn überall die rechte Mittelstraße gewahr werben." Seine Dichtungen sind rnannichfaltiger Art und durch Glätte, Zartheit der Empfindung und Eleganz ausgezeichnet, auch ftnb sie nicht ohne- Kraft, wenn sie gleich Pin bars erhabenen Schwung nicht erreichen. Sein Reffe Bakchyllbes versuchte sich auf gleicher Bahn, gelangte aber nicht zu dem Ruhme des Oheims-pindar Pindar, der Böotier, aus Kynoskephalä bei Theben, der gepriefenfte lyrische Rationalbichter der -441' Griechen, der von den bemotratifchen Städten nicht mittber gesucht und geehrt ward, als von den Fürstenhöfen und den reichen Adelsfamilien. Der Umstand, daß er die meisten feiner Gedichte auf Bestellung und um Lohn ausarbeitete, schadete seinem Charakter und seiner Ehre keineswegs, da er sich nie zum Schmeichler herabwürdigte und bei feinen Gelegenheitsgedichten immer solche Seiten hervorzukehren wußte, die den wahren Dichter zu begeistern im Stande waren. Pindar glänzte in allen Gattungen der lyrischen Poesie, vom feierlichen Päan und schwärmenden Dithy-ramb bis zu den fröhlichen Tischliedern (Skolien); doch sind seine Siegeslieder (Epinikien), zur Verherrlichung der in den großen Nationalspielen zu Olympia, Delphi u. a. O. gekrönten Sieger, die Perlen seiner Poesie. Die Siegeshymnen „wurden entweder auf dem Kampfplatz beim Festzuge, oder bei dem auf die Wettspiele folgenden Festgelage (Komos), oder bei Einholung eines Siegers, oder beim Einzüge desselben in seine Vaterstadt, oder bei einem deshalb angestellten Dankfeste im Tempel oder bei spätern Erinnerungsfesten von einem Chor gesungen. In diesen Hymnen brachte er immer den Ruhm des Siegers in Zusammenhang mit dem Zustand und der Vergangenheit des Stammes und Staates, aus dem er hervorgegangen, und ermahnte stets, das errungene Glück wilrbig zu tragen und zu nutzen, ober die bewiesene Tüchtigkeit auch durch anbere Tngenben, besonders durch Frömmigkeit, zu erhöhen;" denn „sein innerlichstes Element war Frömmigkeit und religiöse Bildung, worauf die heitere Seelenruhe dieses Melikers, die Festigkeit des Charakters und die Klarheit seines Blickes ruhen".

4. Bd. 1 - S. 119

1854 - Leipzig : Engelmann
Die griechische Welt 119 aufgelöst und vernichtet worden; die noch vorhandenen anakreontischen Lieder, worin ein lebenslustiger Greis im grauen Haar mit jugendlichem Frohsinn für Wein und Liebe schwärmt, sind aus späterer Zeit. Die vollendetsten lyrischen Gedichte sind von Simomdes und Pindar, die mit einander um die Siegespalme in der Dichtkunst wett- eiferten. Simonrdes lebte eine Aeitlang zu Athen in dem um Hipparch versammelten Dichterkreise, begab sich dann nach Thessalien, wo er um Sold die reichen Herrscherhäuser der Alcuaden u. A. feierte und sich den Borwurf eines Fürstenschmeichlers und Schma- rotzers zuzog, wiewohl er hie und da auf die feinste Weise den Machthabern auch die Wahrheit zu sagen pflegte. Die schwungvolle Zeit der Perserkriege, denen er manches treffliche Gedicht widmete, verlebte er wieder in Athen, in Umgang mit Themistokles und begab sich dann an den Hof des Tyrannen Hieron von Syrakus, wo er als gekrönter Sieger in vielen poetischen Wettkämpfen in seinem neunzigsten Lebensjahr starb. So sehr das ganze Alterthum sein Dichtertalent anerkannte und ehrte, so scharf rügte man seine Erwerbsucht und seinen Geiz; doch tragen seine Gedichte nirgends die Spuren der Käuf- lichkeit. Simonides war ein gewandter Weltmann; „auf dem Schauplatz der weitesten griechischen Gesellschaft, der ihm eine Fülle der Erfahrung bot, bewegte er sich mit Sicher- heit und feinem Takt; seine Lebensklugheit wußte jedes Verhältniß zu beherrschen, und ein Heller Verstand, durch Witz und scharfsinnige Rede unterstützt, ließ ihn überall die rechte Mittelstraße gewahr werden." Seine Dichtungen sind mannichfaltiger Art und durch Glätte, Zartheit der Empfindung und Eleganz ausgezeichnet, auch sind sie nicht ohne Kraft, wenn sie gleich Pindars erhabenen Schwung nicht erreichen. Sein Neffe Bakchylides versuchte sich auf gleicher Bahn, gelangte aber nicht zu dem Ruhme des Oheims. Pindar, der Böotier, aus Kynoskephalä bei Theben, der gepriesenste lyrische Nationaldichter der Griechen, der von den demokratischen Städten nicht minder gesucht und geehrt ward, als von den Fürstenhöfen und den reichen Adelsfamilien. Der Umstand, daß er die meisten seiner Gedichte aus Bestellung und um Lohn ausarbeitete, schadete seinem Charakter und seiner Ehre keineswegs, da er sich nie zum Schmeichler herabwürdigte und bei seinen Ge- legenheitsgedichten immer solche Seiten hervorzukehren wußte, die den wahren Dichter zu begeistern im Stande waren. Pindar glänzte in allen Gattungen der lyrischen Poesie, vom feierlichen P äa n und schwärmenden Dithyramb bis zu den fröhlichen Tischlied ern (Skolien); doch sind seine Siegeslieder (Epinikien), zur Verherrlichung der in den großen Nationalspielen zu Olympia, Delphi u. a. O. gekrönten Sieger, die Per- len seiner Poesie. Diese Siegeshymnen „wurden entweder aus dem Kampfplatz beim Fest- zuge, oder bei dem aus die Wettspiele folgenden Festgelage (Komos), oder bei Einholung eines Siegers, oder beim Einzuge desselben in seine Vaterstadt, oder bei einem deshalb an- gestellten Dankseste im Tempel (oder bei später» Erinnerungsfesten) von einem Chor ge- sungen. In diesen Hymnen brachte er immer den Ruhm des Siegers in Zusammenhang mit dem Zustand und der Vergangenheit des Stammes und Staates, aus dem er hervor- gegangen, und ermahnte stets, das errungene Glück würdig zu tragen und zu nutzen oder die bewiesene Tü chtigkeit auch durch andere Tugenden, besonders durch Frömmigkeit zu erhöhen;" denn „sein innerlichstes Element war Frömmigkeit und religiöse Bildung, woraus die heitere Seelenruhe dieses Melikers, die Festigkeit des Charakters und die Klarheit seines Blickes ruhen." Seine schwungvolle Phantasie, die ihn oft zu den kühnsten Bildern und Gleichnissen führt, seine sentenzenreiche, feierliche Sprache, seine raschen, unverhofften Uebergänge machen seine Gedichte oft dunkel und unverständlich, da- her schon im Alterthumc Commentare dazu geschrieben wurden. — Außer Sappho zeich- neten sich noch mehrere Frauen als Dichterinen aus, darunter Korinna aus Tanägra in Böotien (o. 500), eine durch Geist und Schönheit ausgezeichnete Frau, die mit ihrem Landsmann Pindar in Verkehr gestanden. — Die schwungvollste Gattung der Lyrik ist der mit dem Dionysoscult verbundene Dithyrambos, worin eine bis zur Schwärmerei

5. Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte - S. 89

1873 - Frankfurt a.M. : Jaeger
89 -— strebte im Gegensatz zu der ionischen Weichheit nach strenger, genauer Vollendung der Zeichnung und ernstem, kräftigem Kolorit. Begründer dieser Schule ist Enpom-pos von ©ist)011, als ihre vorzüglichsten Meister gelten Parnphilos und Me-lanthios, neben verschiedenen andern. Pausias ist als Dekorations- und namentlich Blumenmaler zu erwähnen; er bildete auch die enkaustische Malerei weiter aus. Der höchste Meister der griechischen Malerei Apclles (356—308) vereinte die Vorzüge beider Schulen. Seinen Stiftungen war die höchste Grazie, sowie eine idealische Aufsaffung eigen. Neben ihm blühten Protogenes von Kannos, Theon von Samos, Nikias von Athen n. s. w. Vom 3. Jahrhundert an sank die griechische Malerei schnell von ihrer glänzenden Höhe herab. Auch die Musik ward von den Griechen gepflegt; doch nicht in dem Maße Musik, und mit dem Erfolge, wie dies von den bildenden Künsten gilt (dorische, phrygische, lydische, äolische, ionische Tonart; siebenfältige Lyra). Die Dichtkunst der Griechen steht in ihren verschiedenen Zweigen als Muster Dichtkunst, da, wonach alle Völker mehr oder weniger sich gebildet haben. Unter den ältesten Epen oder Heldengedichten sind die Werke Homer's (1000 v. Chr.?), die Ilias-worin er Scenen aus der Belagerung von Troja schildert, und die Odyssee, wo- Odyssee, rin er die Irrfahrten des Odysseus erzählt, die gefeiertsten. Sieben' Städte stritten um die Ehre seine Heimath zu sein und wie seine Dichtungen von den Griechen am meisten gelesen und gelernt wurden, so erfreut sich auch die Gegenwart noch immer an der Anmut, Einfalt, Wahrheit und Fülle des „blinden Sängers". Im Lehr« $efiob-qedichte zeichnet sich Hesiod aus Kyme in Aeolis (800) aus; er lebte lange in dem böotischen Flecken Askra und dichtete eine Theogonie, welche eine dichterische Erzäh'ung von dem Ursprung der Welt und der Entstehung der Götter enthält, und die Werke und Tag?, eine Sammlung von Vorschriften über Feldbau, Haus-haltuugskunst, Schifffahrt, Erziehung, Lebensweisheit rc. Als der vorzüglichste Fabeldichter gilt Aesop, der ein Sklave aus Phrygien gewesen sein soll (580); er Abschrieb seine Fabeln nicht nieder, und darum sind die unter seinem Namen vorhandenen äsopischen Fabeln entweder als Nachahmungen oder spätere Aufzeichnungen zu betrachten. Unter den lyrischen Dichtern sind Tyrtäns (680), Arion (620), Alkäns Di- Lyriker, (600), Sappho (600), Anakreon (530) und ganz besonders Pindar (480) her- '"Pindar!" vorzuheben. Die noch vorhandenen 45 Siegeshymnen zur Verherrlichung der Sieger bei den olympischen, nemeischen, isthmischen und pythischen Spielen haben ihm den Nachruhm sür alle Zeiten gesichert. Die dramatische Dichtkunst der Griechen, deren Anfang in die Zeit der Perser- $ic kriege fällt, ging aus den Gesängen des Chors bei den Festen des Bacchos hervor, dramatische» Thespis,*) welcher zur Zeit des Solons zwischen den Gesängen zuerst einen er- ®ic^cl zählenden Schauspieler auftreten ließ, gilt als der Schöpfer des griechischen Dramas. Die drei vorzüglichsten Trauerspieldichter Griechenlands waren Aeschylus, Sophokles und Euripides. Aeschylus focht in der Schlacht bei Salamis mit, Sophokles führte den Jünglingsreigen beim Siegesfeste, Euripides wurde am Tage der Schlacht (480) geboren. Von Aeschylus, welcher mehr als 70 Trauerspiele ge- Aeschylus, schrieben hat, sind 7 Stücke auf uns gekommen, von denen der gefesselte Pro- *) Ganz unverbürgt ist die Nachricht, daß Thespis seine Stücke von einem Wagen herab dargestellt und eine Art wandelnder Bühne gehabt habe, obwohl der sprichwörtliche „Karren des Thespis" sich bis heute erhalten hat.

6. Theil 2 - S. 191

1806 - Leipzig : Hinrichs
Von Alexander bis auf August. 191 das Muster spaterer Zeiten ward. — Später lehrte der große Mechaniker Arch ime des (212 v. C.) -in Syrakus, der diese Stadt durch seine Maschinen gegen den Marcellus vertheidigte und bei der Eroberung derselben sein Leben verlor. Für die Medici»'. geschahen, durch Uebertragung der Zergliederung der Thierkörper auf den menschlichen, -große Fortschritte in Alexandrien durch Herophiinö und Era- sistratus unter den ersten Ptolemäern, deren Schriften aber verloren gegangen sind. Die wissenschaftliche und ästhetische Kultur, die aus dem griechischen Boden einheimisch war, blieb in Rom, wohin sie seit den Siegen der Römer in Griechenland kam, nur ein Wieder sch ein der griechischen, und nahm bei diesem Soidatenvolke nie jenen freien Aufflug, der et« was Selbstständiges und E i g e n t h ü m l i ch e s, erzeugt. Wenn bei dem Griechen Poesie, Musik und Tanz mit sei- nem religiösen Kultus, und dieser wieder mit seiner freien^ Staatsverfassung in engster Verbindung stand; so mußte Rom, nach seiner Stiftung, zuerst sich gegen die dasselbe anfeindenden benachbarten Völkerschaften sichern, und in el- nem auf Krieg gegründeter» Staate werden bürgerliche Kräfte höher geschätzt, als die Kräfte des Geistes. Kein Lied der Dichtkunst erscholl in den srühern Zeiten des römischen Staa- tes; der Ernst des Volkes wehrte die Künste ven seiner Nä- he ab, und verscheuchte die lieblichen Spiele der jugendlichen Phantasie, Und wenn ja eine Siegeshymne zu Ehren dev Götter Roms ertönte; so war sie,- in den altern Zeiten, von den früher knltivirten Hetruskccn entlehnt. So ver- sios-

7. Für den Unterricht in höheren Mittelklassen berechnet - S. 31

1887 - Leipzig : Kesselring
Erste Blte Griechischer Kunst und Wissenschaft. 31 Der Sage nach war Orpheus der lteste der heiligen Snger. Von Orpheus, seinem Gesang zur siebenfltigen Leier wurden Tiere, Felsen und Haine erregt, wie viel mehr nicht die Menschen, denen er in seinen Liedern An-leitung zu Gottesdienst und gesetzlicher Ordnung gab. Als seine Gattin Eurydice an einem Schlangenbi starb, drang er in den Hades und erweichte durch seine Tne das Herz Persephones, so da sie der Eurydice gestattete, dem Gatten zu folgen, wenn er unterwegs nicht nach ihr zu-rckblicke. Aber er sah sich um und ward dadurch auf immer von dem geliebten Weibe getrennt. 2. Die mit den Wanderungen der Griechen beginnende Zeit fhrte die Poesie aus dem heiligen Kreis heraus und dem kriegerischen Leben zu. Vom Priester und Seher trennte sich der Snger, und die Erzhlung der Thaten der Helden ward vorzugsweise Gegenstand der Poesie. Es entstand die Epische Poesie, in der sich die Auffassungsweise, die Klarheit Epische und Besonnenheit der Griechen abspiegelt. Der Dichter bleibt verborgen Poesie, hinter seinem Werke; seine Gefhle treten nirgends hervor; er vergit sich selbst und seine Empfindungen. Nur in der Absicht, die Herzen zu erheben und zu erfreuen, enthllt er ein Gemlde von erlebten oder in Erfahruug gebrachten Begebenheiten, die er nach innerer Wahrheit zusammengestellt und durch den Zauber der Phantasie verklrt. So dichteten die alten Rhapsoden, welche ihre Gesnge in den Palsten der Könige bei den Rhapsoden. Nationalspielen oder in den Volksversammlungen vortrugen. Die Dich-tungen wurden nicht aufgeschrieben, sondern pflanzten sich von Mund zu Mund, von Geschlecht zu Geschlecht fort. Auf uns sind nur die Gesnge gekommen, welche das groe National-unternehmen, die Eroberung von Troja, zum Gegenstand haben, die Jliade und die Odyssee. Beide Epopen werden Homer, einem blinden Rhapsoden, zugeschrieben. Dieser lebte um das Jahr 900 und stammte aus dem mit Joniern besetzten Kleinasien. Sieben Städte mach-ten Anspruch darauf, seine Heimat zu fein 1. Soweit die griechische Sprache reichte, ertnte fein Ruhm: in Griechenland und Kleinasien, in teilten und Unterhalten pries man seine Gesnge. Bald nach Homer, etwa um das Jahr 850, dichtete in Botien Hesiod. Berhmt ist seine Theogonie, in welcher er die Entstehung der Welt und der Götter darstellt. 3. Nach dem Heroenzeitalter verklang allmhlich die Epische Poesie. An ihre Stelle trat die Lyrische Dichtung, welche die Eindrcke der verschiedenen Erscheinungen auf das menschliche Gemt schildert. Haupt-gegenstnd des Gesanges ward daher das Leben der Gegenwart in seinen verschiedenen Gestaltungen. Die Dichter ermuntern zum Kriege und zur Tapferkeit, loben die Sieger in den Wettkmpfen und feiern die Unschuld und Tugend. Sie preisen die Schnheit der Natur, die Wonne der Liebe und Freundschaft und beklagen die Krze des Erdenlebens und die Hinflligkeit der Jugendblte. Diese Dichtungsart, mit der Musik innig verbunden, wurde vornehmlich von den Doriern und oliern (Thebanern) ausgebildet. Tyrtus (um 650) fang begeisternde Kriegslieder und Schlachtge- Tyrtus. snge. Die Dichterin Sappho (um 600) pries in anmutigen Liedern Sappho. 1 Diese sieben Städte sind: Smyrna, Rhodos, Kolophon (nrdlich von Ephesus), Salamin (Salamis), Chios, Argos, Athen. Homer. Hesiod. Lyrische Poesie.

8. Für einjährigen Unterricht in höheren Mittelklassen berechnet - S. 33

1869 - Hildburghausen : Nonne
Erste Blühte griechischer Literatur und Wissenschaft. Zz gung und Einfachheit im Lebensgenuß mit feinerer Bildung und edlerem Geschmack, wie seitdem kein anderes Volk, verbunden, bis ein minder tüch- tiges Geschlecht (nach Perikles) wohl noch den letzteren Ruf sich erhielt, aber mit dem Verlust der erstern Tugenden bald auch der Freiheit ver- lustig ging. 15. Erste Blüthe griechischer Literatur und Wissenschaft. t. Verbindung der Religion mit der Dichtkunst. Orpheus. 2. Epische Poesie. Die alten Rhapsoden. Homer. Hesiod. 3. Lyrische Poesie. Pindar, Arion, Tyrtäus, Jby- kus. 4. Ansänge der Philosophie. Kernsprüche der 7 Weisen. Urstoff der Welt. Thales, Anaximenes, Heraklit, Pythagoras. Leben der Pythagoräer. 1. Die älteste Poesie der Griechen ist in ein mythisches Dunkel ge- hüllt. Sie begann mit der Religion und blieb lange mit ihr in Verbin- dung. Als Heimat der ersten Sänger wird das nördliche Griechenland angesehen; von Thrazien aus soll sich der Gesang (die Poesie) mit den Ansängen der Bildung überhaupt nach Mittclgriechenland verbreitet haben. Dort ist der Götterberg Olymp, hier der Helikon und Parnass ns, wo die Menschen von den Musen zu Lobliedern auf die Götter begeistert wurden. Der Sage nach war Orpheus der älteste der heiligen Sänger. Orpheus. Von seinen Klängen wurden Thiere, Felsen und Haine erregt, wieviel mehr nicht die Menschen, denen er in seinen Gesängen Anleitung zu Gottes- dienst und gesetzlicher Ordnung gab! Als seine Gattin Eurydice an einem Schlangenbiß starb, drang er in die Unterwelt und erweichte durch seine Töne sogar den finstern Hades, so daß dieser verhieß, Eurydice solle dem Gatten zur Oberwelt folgen, wenn er unterwegs nicht nach ihr zurück- blicke. Er konnte aber der Sehnsucht nicht widerstehen, sah sich um und ward dadurch auf immer von dem geliebten Weibe getrennt. Sieben Tage gab er sich dem stummen Schmerze hin, dann irrte er klagend durch das Hämusgebirge, wo er einen gewaltsamen Tod fand. An seinem Grab- hügel nisteten Nachtigallen und sangen da schöner und klagender als an andern Orten. 2. Die mit den Wanderungen und neuen Ansiedelungen der Grie- chen beginnende thatenreiche Zeit führte die Poesie aus dem heiligen Tem- pelkreise heraus und dem wirklichen Leben zu. Vom Priester und Scher trennte sich der Sänger; Erzählung der Thaten der Helden ward vorzugsweise Gegenstand der Poesie. Es entstand die epische Poesie, in der sich die Auffassungsweise, die Klarheit und Besonnenheit der Griechen deutlich abspiegelt. Der Dichter bleibt verborgen hinter seinem Werke; seine Gefühle und Reflexionen treten nirgends hervor; er vergißt sich selbst und seine Empstndungen. Nur in der Absicht, die Herzen zu erhe- den und zu erfreuen, enthüllt er ein Gemälde von erlebten oder in Er- fahrung gebrachten Begebenheiten, die er nach innerer Wahrheit zusammen- gestellt und durch den Zauber der Phantasie verklärt hat. So dichteten die alten Rhapsoden, welche ihre Gesänge in den Palästen der Könige oder in den Volksversammlungen vortrugen. Die Dichtungen wurden nicht ausgeschrieben, sondern pflanzten sich von Mund zu Mund, von Generation zu Generation fort. — Aus uns sind nur die Gesänge gekomnwn, welche das große Na- tionalunternehmen der Hellenen, die Eroberung von Troja, zuul Gegen- Spieß u. Beriet Weltgeschichte Iii. Z

9. Teil 5 - S. 118

1910 - Straßburg : Bull
118 sich wölbt, Welt gebaut ist, Winde brausen und die Wasser zur Ser hinströmen"? Ja, bis in unsere Tage hinein klingen die alliterierenden Formeln wie Eigen und Erbe, Friede und Freundschaft, Herz und Hand, Haus und Hof, Haut und Haar, Land und Leute, Leib und Leben, Nacht und Nebel, See und Sand, Wind und Wetter, als die Reste einer Zeit, in der die Poesie zur Gefährtin des Deutschen wurde, wo irgend er seine Seele erhebt, wo sein Gemüt sich weitet, wo sein Geist einen über- schauenden Flug nimmt. Chorlieder begleiten die großen Momente des Privatlebens und des öffentlichen Lebens. Ein Chorgcsang empfängt die vermählte Braut und führt sie dem Bräutigam zu. In feierlichem Trauerchore wird das Lob der Toten gesungen. Unter Gesang gchts zur Schlacht und zum Opfer. Da besingen sie vor dem Kampfe den helfenden Gott oder die Taten der Vorfahren und schöpfen Mut aus dem Ruhme der Ahnen. Wer hat ihnen die Lieder gedichtet? In unabsehbarer Ferne der Zeiten verliert sich ihr Ursprung, und gleiches Geheimnis deckt die Ent- stehung der alten Heldenlieder wie der Tanzreihen, unter deren Gesang das junge Volk im Dorfe reihenweis sich im Takte hin und her bewegte. Wie sich beim Reihen der Vorsänger allmählich aus der Menge der Tänzer absonderte (noch heute steht in manchem Kinderspiel ein einzelnes der Reihe der andern gegenüber, auch eine Erinnerung aus alter Zeit), so tritt auch aus der großen Menge der sangesfrohen Leute nach und nach der Dichter hervor, dem die Götter die Gabe des Liedes in beson- derem Maße gegeben haben. Noch wagt er es nicht, von den Empfin- dungen der eignen Brust zu reden. Im tiefen Herzen bleibt es verschlossen, was ihn als einzelnen angeht, aber das, was alle bewegt, die Großtaten der Vorfahren, ihr leuchtendes Beispiel, ihr Sieg und Tod in rühmlicher Schlacht, das drängt sich ihm über die Lippen, und so wird die erzählende, die epische Dichtung die älteste Tochter jener urwüchsig schaffenden Volkspoesie. An Stoff fehlte cs ihr nicht. Jeder Stamm hatte seine eignen Helden, seine eignen Sagen, und wenn im Norden das schön geglättete Ruderschiff, das Meerroß, aus dem die Sachsen über die wogende See dahinritten, im Mittelpunkt all der Lieder von Sceranb, von kühnen Plünderzügen, von Wanderfahrten der Helden stand, wenn dort das Leben des ewigen Meeres die schöpferische Phantasie des Sängers befruchtete, so war es im südlichen Binnenlande das Geheimnis des Waldes, über dessen Wipfel Altvater Wodan im brausenden Zuge der Seinen dahinfuhr, aus dem immer ueue Gesänge hervorquollen. Noch lebten die alten Götter. Vielfach verflochten sich ihre Geschicke mit denen der menschlichen Helden, und wie Gottesdienst berührte es die streitbaren Männer, wenn das Lied von der Ahnen hohen Taten sie zurückführte zu dem übermächtigen Walten der Unsichtbaren. So schmiegte sich die epische Dichtung dem epischen Zeitalter der deutschen Völker an, und sie begleitet

10. Hellas - S. 411

1876 - Frankfurt a.M. : Diesterweg
Die Musik. 411 Flte (Willemin). Flg. 133. der Doppelflte oder Clarinette gesteckt wur- den. Die Binde verhinderte das zu starke Athmen und lie leichter sanftetne entstehen. Die Flte war das Instrument der Hirten und Bauern; auch beim heiteren Mahle be-diente man sich ihrer. der die griechische Musik bestehen nur noch Vermuthungen, jedenfalls war sie sehr einfach und dabei groartig in ihrer Wirkung. Die verschiedenen Tonarten. Fr die die Poesie begleitende Musik gab es 5 verschiedene Ha pttonarten, wovon jede einen besonderen Charakter hatte. Dieser Charakter war verschieden in Bezug aus Hhe und Tiefe, und auf Gang und Gestalt der Melodie, und entsprach der Gemthsart des Stammes, von dem die Tonart den Namen trug. Diese Tonarten waren: 1) die dorische, von den Dichtern als vor allen ernst und feierlich gerhmt. Sie zhmte die wilde Leidenschast, weckte und nhrte mnnliche Gesinnung und hielt-den Muth in groer Gefahr und Schreckniss aufrecht. Wegen ihrer Wrde wurde sie im Trauerspiel an schwungvollen Stellen angewendet; auch der Dichter Pindar o\ s- . ~ x wandte sie in seinen Siegesgesng eu an. >te tomfchc -Eonart weich und nachlssig und besonders geeignet fr Trinkgelage. r, ., 3) Die phrygische Tonart, welche das Gemth zu wilder Begeisterung und religiser Schwrmerei erregte. cy-rr \ Die olischeweise heftig und unstt, konnte sich aber zureichstrmender Flle erheben, und wurde auch von Pindar husig angewendet. 5) Die lydische Tonart, welche mannichfaltig und von geflligem Wechsel toaj;- te ivurde tri Trauerspielen neben der dorischen Tonart angewendet, und auch Ptnbar liebte sie in seinen Gesngen. Der Tanz. ^ t der Po esie und Musik war bei den Griechen der Tanz unzertrennlich ermupjt. gr war wie ihre ganze Kunst mimisch b. h. nachahmend. In Attika wrbe die^ugenb eines jeben Stammes besonbers fr Tanz und Gesang, b. h. tur den Vortrag tm Chor gebilbet; und aus jebem Stamme erschien bei den Dionysten em Chor von 50 Knaben zum Wettstreite in der Musenkunde. Mit be-"?e/er r.p"rbell. die Siegesgesnge zu Ehren eines Siegers in den ffentlichen vielen aufgefhrt. Emern solchen Sieger wrbe ein erstes Fest am Abenbe seines r' Mette, glnzenbere sanb statt bei seiner Ankunft in der Heimath, wl J r\fetef^lw eingeholt und in festlichem Zuge unter Siegesgesngen nach ^emve stabtschtrmenben Gottheit geleitet wurde, wo man dann die Feier-Metten des Einzuges mit einem Opfer beschloss. Die Lieber auf den Sieger wrben beim-feierlichen Stegesschmause entweber im Bezirke des Tempels, im Pryta-Iahren wieberht" Siegers gesungen. Diese Feier wrbe oft noch nach langen nthmv.s?* Siegeslieber sinb die Oben und Hymnen zu Ehren von W; s ' ncmejffchcn und isthmischen Siegern von Pindar. Von L i?tefee Dmers sinb allein von biefen 45 erhalten. Es offenbart sich rliftla <,; m"eile und die stille Erhabenheit eines wohlgeorbneten groen Iblrtfr kl Plndar-Gesange wurden von einem Chore vorgetragen, dessen ffbnsrj ^ ?e u t6 n' bald ^ngltnae, bald Männer waren. Diese hatten einen unh >!!, m Ehoragen, welcher die Gnge und Schwenkungen des Chores zu leiten (Sbnrpi^n mila>Iserriufma$en .Wtte. Nach dem Vorspiele der Kitharen fielen die ffv ^an9,e..n _,em und setzten sich zum Reigen in Bewegung. Der in 2 ^f6-rier t^atlbmn0, Der Chor selbst war noch einmal fr ftte r& ' # ,ld) abwechselnd zufangen ober auch einen Einzelnen tur sich sprechen lieen. Gesang und Ton^atz wrben den Choreuten nicht in Ab-

11. Das Altertum, das Mittelalter bis zu Karl dem Großen - S. 37

1911 - Leipzig : Hirt
Dichtung und Wissenschaft. 37 Den bergang zur Lyrik bildete die ebenfalls bei den Jonern Klein-elften entstandene Elegie, betrachtende Dichtungen in Distichen. Der Haupt-Vertreter dieser Gattung war Hesid, der im 8. Jahrhundert lebte. Seine Theogonie" behandelt die Abstammung der Götter und die Entstehung der Welt, seine Werke und Tage" geben auer allgemeinen Lebens-regeln Anweisungen der Landwirtschaft und Hauswesen. Im 7. Jahrhundert sandte Archilchos von Paros seine sechsfigen Jamben nach A. W. v. Schlegels Ausdruck wie rasche Pfeile" gegen seine Feinde. Die oler auf Lesbos bildeten die lyrische Strophe aus. In Mytilene, der Hauptstadt dieser Insel, lebte Sappho, die grte der griechischen Dichterinnen, eine Zeitgenossin Solons. Von ihren Gedichten ist wenig erhalten, von ihrem Leben wissen wir wenig Sicheres. Sie war Vorsteherin einer Musen-schule", in der sich begabte Lesbierinnen durch Poesie und Musik in freier Weise bildeten. Am Hofe des Polykrates in Samos und nach dessen Sturze bei Hipparch in Athen hielt sich Ankreon auf. Der Liebe und dem Wein ist seine Muse gewidmet. Bei den Dorern entstand die lyrische Chorpoesie: Tnze und mimische Bewegungen begleiteten die von einem Chore ge-iungcnen Lieder. Ihren Hhepunkt erreichte diese Gattung um 500 in dem Thebaner Pindar. Von der Poesie unzertrennlich war die Musik (d.h. Musenkunst), die von den Gttern stammende, das Gemt ergreifende Kunst, die einen Haupt-teil der Bildung ausmachte. Kein Gastmahl, keine Festlichkeit gab es ohne Musik. Sogar der Vortrag epischer Dichtungen wurde mit Saitenspiel (auf der siebenfltigen Lyra oder der gleichfalls siebenfltigen, aber greren Kithara) begleitet. Deshalb beruhen die metrischen Gesetze der Griechen auf der musikalischen Tonmessung: eine lange Silbe gilt gleich zwei kurzen. 2. Die vorsokratische Philosophie. Ein tieferes Verstndnis der Natur, als es die Phantasien der Volksreligion und der Dichter zu bieten ver-mochten, und eine auf Vernunft gegrndete Weltanschauung war das Ziel griechischer Denker. Kleinasiatische Joner forschten zuerst nach dem Ursprung der Dinge. Thales von Milet, ein Zeitgenosse Solons, einer der sieben Weisen", der Vater der Philosophie", wurde durch die Beobachtung des Wassers zu der Annahme gefhrt, da dieses der Urstoff sei. Ein anderer nahm einen unbestimmbaren Stoff als den ursprnglichen an, ein dritter hielt die Luft dafr. der die rein materielle Betrachtungsweise der ionischen Naturphilo-sophen gingen die Pythagoreer hinaus. Pythagoras wanderte aus seiner Heimat Samos nach Grogriechenland aus und grndete in Kroton einen Bund, dessen Mitglieder sich zur Ausrechterhaltung von Sitte und Zucht verpflichteten. Wie im praktischen Leben erschien ihnen auch im Weltall Ma und Ordnung als das oberste Gesetz (Harmonie der Sphren"); Ma und Ordnung aber lassen sich ans Zahlenverhltnisse zurckfhren. Diese Erkenntnis fhrte zur Pflege der Mathematik.

12. Geschichte des Altertums - S. 43

1901 - München [u.a.] : Franz
Das Zeitalter der Perikles um 444 v. Chr. 43 auch die Reliefbilder am Fries des Parthenon, welche den Festzug der Panathenaen darstellten, von Phidias (Pheidias). Das Phidias. Meisterwerk dieses grten Bildhauers der Alten besa brigens nicht Athen, sondern die Feststtte von Olympia. Es war dies die Goldelfenbeinstatue des Zeus Olympios, die ihn auf dem Throne sitzend, mit dem Scepter in der einen, der geflgelten Siegesgttin (Nike) in der anderen Hand zeigte. So herrlich schn und erhaben schien den Griechen dieses Bild, da es als Lebenswunsch galt, ein- mal wenigstens das Antlitz des Gottes von Olympia geschaut zu haben/) Whrend Perikles durch die Prachtbauten und Bildwerke, mit Bltezeit der denen er Athen schmckte, ganz besonders den Aufschwung der griechischen bildenden Knste (Baukunst, Bildhauerei und. Malerei) frderte, Dichtung, blhten auch die redenden Knste, Musik und Poesie. Als Sttte fr musikalische Wettkmpfe errichtete Perikles am sdstlichen Ab-hang des Burgfelsens das Odeion. Westlich von ihm erhob sich das Dionysostheater fr dramatische Auffhrungen. Auch die griechische Dichtung erreichte unter Perikles ihre schnste Entfaltung. Als Vater der Dichtkunst und Meister in der epischen oder er-zhlenden Poesie galt den Griechen Homer, der um 900 v. Chr. in Jonien gelebt und die Jlias und Odyssee gedichtet haben soll. Um die Zeit Solons (600) entfaltete die lyrische Dichtung in den Liedern des oliers Alkos aus Lesbos sowie seiner Lands-mnnin und Zeitgenossin Sappho ihre erste Blte. Zur Zeit des Perikles lebte nun nicht nur der erhabenste lyrische Dichter der Griechen, Pin dar in Theben, sondern erreichte auch die griechische Pindar. Poesie im Drama den Gipfel ihrer Vollendung. Und wieder war es Athen, welches die drei grten Tragiker des ganzen Altertums, Afchylos, Sophokles und Enripides, hervorgebracht hat. Sophokles. Es wird erzhlt, der letzte sei am Tage des Sieges von Salamis geboren, während Sophokles sich unter den Jnglingen am Sieges-tanz beteiligt und schylos als Mann in der Schlacht mit-gekmpft habe. Auch die Geschichtschreibung fand damals in Herodot aus Halikarnassos ihren Vater", welcher die Geschichte Herodot. i^er orientalischen Völker und der Perserkriege schrieb und in Thu-kydides einen wrdigen Nachfolger fand. Durch die Berufung des Anaxagoras aus Klazomen verpflanzte Perikles die jonische Anaxagoras. Philosophie aus Kleinasien nach Athen. Nach alledem darf uns das Zeitalter des Perikles als die erste Bltezeit der Knste, der bildenden wie der redenden, besonders der Dichtkunst gelten. An dem reichen geistigen Leben J) Neben der attischen Schule des Phidias blhte auch eine peloponnesische in Argos, deren^ Hauptvertreter/P o ly kl et (Polykleitos) aus Sikyon ein Kolossalbild der Hera zu Argos schus; die Krpermae seines Speertrgers" erlangten geradezu vorbildliches Ansehen.

13. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 590

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Vierter Abschnitt. Literatur- und Kunstgeschichte. 81. Uebersicht der poetischen Ideale» Aus der östlichen Region, von den hohen Himalaya-Bergen, wo die Wiege des Menschen- geschlechtes war, dort herunter steigt auch die Poesie. Sie zeigt sich in China und Indien im Kindergewande. Eine oberflächliche Buntheit und charakterlose Zerflossenheit herrscht hier, der Pinsel vermag noch nicht die Gestalten in wenigen charakteristischen Umrissen zu markiren. Daher ist Weitschweifigkeit und ein Spielen der Phantasie in die Breite hier heimisch, wobei das Allegorische den Platz des mangelnden Charakteristischen ausfüllt. Die Poesie ist hier noch nicht innerlich geworden. Die Phantasie spricht mehr als der Affect, eben wie bei Kin- dern. Die Poesie besteht in einer Menge von Bildern, welche zauberhaft wie ein Gaukel- spiel dem Auge vorüberziehen. Solcher phantastische Zug von Gestalten und Scenen wurde von den Griechen in die strengen Regeln der Grazie und Harmonie eingeschlossen. Die Griechische Poesie ist ein Spiel würdevoller und schöner Gestalten, eine in Worte übersetzte Sculptur im edelsten Stil. Dahingegen sängt in der Psalmen-Poesie der Hebräer ein poe- tischer Quell von ganz entgegengesetzter Natur zu sprudeln an, welcher die Phantasie entweder überflügelt oder vernachlässigt, aber in die innersten Tiefen des Gemüthes eindringt, die Seele erschüttert als eine in Worte übersetzte ergreifende Musik. Die Griechische Poesie steht hier in der Mitte, gleichsam als eine Pforte, durch die man aus dem Indischen Zustande der Dichtung, in welchem sie bloßes reizendes Bilderspiel und sinnliche Glut ist, in ihre gestaltlose Tiefe hinübergehen kann, wo sie unmittelbar das Herz ergreift und erschüttert, ohne Bild, ohne Gleichniß, ohne Sinnenreiz. Denn in der griechischen Statue verwandelt sich das Gebilde der Phantasie in die Innerlichkeit eines bestimm! ausgeprägten Charakters, wird zu einem individuellen Selbstleben, einer innerlichen Person. Die drei Grade der Indischen, Griechischen und Hebräischen Schönheit, welche sich auch aussprechm lassen als phantasiereiche, charaktervolle und herzergreifende Schönheit, finden sich auch ausgebildet in den drei Hauptarten der Poesie, nämlich dem Epos, dem Drama und dem lyrischen Gedichte. Jedes Ideal begünstigt eine dieser Hauptgattungen vorzüglich. Die Poesie der Indier ist durchaus episch und schildernd, auch ihre dramatische wie die Sakontala. Die der Griechen ist durchaus dramatisch, auch die epische, wie Homer. Die der Hebräer ist durchaus lyrisch, auch die dramatische, wie Hiob. Die dramatische Kunst hat immer etwas Plastisches an sich; sie ist ein lebendiges Gemälde, oder eine Statuen- gruppe, bewege sich dieselbe nun wirklich vor unseren Augen oder in unserer Phantasie. Die Lyrik hat immer etwas Musikalisches an sich und läßt immer einen gewissen Gesang mittönen, werde dieser nun wirklich vorgetragen, oder ertöne er nur in uns als eine inner- liche Begleitung, ein Mittönen der Seele zum Liede. Das Epos, als eine fortfließende, ausgebreitete Historie, Märchen, Roman, hat die Spannung seines Interesses in dem Fort- gange der Begebenheiten, dessen Darstellung der Rede eigenthümlich angehört und außer dem Bereich der übrigen Künste liegt.

14. Theil 2 - S. 424

1875 - Leipzig : Brandstetter
424 vollem Rechte: „Humanismus", well er eine milde menschliche Weisheit in sich schloß, die sich, im Gegensatz zu der alten Scholastik, dem vollen Leben zuwandte. . _ .. . Solche Bestrebungen übten ihren Einfluß nicht nur tm Kreise der Gelehrsamkeit und Kunst; der Rückschlag auf Religion und Moral hielt der günstigen Errungenschaft das Gegengewicht. Es ist nicht schwer zu begreifen, wie bei den damaligen religiösen Zuständen die Anhänger der platonischen Weisheit, die Akademiker, und der aristotelischen Philosophie, die Peripatetiker, die zwei feindliche Parteien bildeten, das Evangelmm und die christliche Weltanschauung über den Lehren ihrer Meister vergaßen Man fand in den gebildeten Kreisen der Gesellschaft Gefallen an den heidnischen Vorstellungen und Ansichten und überließ die Lehren des Christenthums dem ungelehrten Theile des Volkes. Aberglauben und Unglauben gingen Hand in Hand und die sttutche Verdorbenheit, deren wir in der Geschichte der letzten Päpste gedacht, konnte Raum finden neben der glänzendsten Geistesbildung und dem gelehrtesten Wissen. Doch wenden wir uns zu einer in ungetrübtem Glanze strahlenden Seite des italienischen Geisteslebens am Schluß des Mittelalters, zu seiner Poesie, in welchem es unbestritten den Gipfel der Kunst und die Krone des Ruhmes errang. Während die deutschen Dichter in dem poetischen Halbdunkel einer märchenliebenden, jugendlichen Phantasie spielten, stand in Italien em Dichter auf, der, „ein Herr des höchsten Gesanges, über den anderen gleich einem Adler fliegend," den Ruhm, welchen er selbst mit diesen Worten dem alten Vater Homer spendet, auf sein eigenes Haupt gesammelt hat und wohl würdig ist, mit dem unsterblichen griechischen Sänger und dem späteren großen Genius der Bnten veremt , das Triumvirat der höchsten Dichterweihe für alle Zeiten und alle Zander darzustellen. Den „göttlichen Dante"*) nennt ihn sem Vaterland; doch erst nach seinem Tode hat es seinen vollen Werth erkannt, und die Nachwelt hat die Krone auf sein Grab gelegt, welche seine Zeitgenossen tm Kampfe wilder Parteizwiste ihm vorenthielten. „Groß und unglücklich zu sein ist der Spruch, der auf der Slirne Derjenigen steht, welche die Vorsehung für ihre höchsten Plane auserwählt" So hat Dante Alighieri den Sturm emes wechselvollen Geschickes in trüber Zeit getragen. Als Ghibellme verbannt, seiner Güter beraubt, stand er fest und ungebeugt ^ edlen Stolze semes Bewußtseins. Wie Homer einst das freie, freundliche Leben der alten hellenischen Welt in ewigen Gesängen verherrlichte, so stellte Dante den tiefen, ernsten Geist der mit Christus beginnenden neuen Welten emer wundersamen Dichtung — der divina comedia — dar. emeti *) Florentiner, geb. 1265, t 1321.

15. Geschichte des Alterthums - S. 150

1850 - Regensburg : Manz
150 Ernste Richtung der Poesie. Bürgerfeste und Bürg erspiele, kurz die schönen Erscheinungen des freien städtischen Lebens, welches in Griechenland nach dem Untergang der Herrschaft der Stammsürsten begonnen hatte. Thrtäus ans Athen oder Milet (um 680), Archilochus aus Paros (um 660), Alkman aus Lydien (um 670), Alcäus aus Mitylene (um 600), Sappho auö Mitylene (um 600), Jbycus aus Rhegium (um 592), Anacreon aus Teos (um 530), Si- monides aus Keos (um 490), Pindaros aus Theben in Böo- tien (um 490) dichteten um bt^fe Zeit. Von allen Werken der griechischen Lyriker, Pindar ausgenommen, sind uns aber nur wenige, theils größere, theils kleinere Bruchstücke übrig. Als der erhabenste Sänger ward Pindaros von den Griechen verehrt. 15. Ernste philosophische Richtung der Poesie. Früh war der Endzweck des Lebens und die Bedeutung der Götter ein Gegenstand des Nachdenkens geworden. Die Ansicht, daß das Erdenleben eine Gefangenschaft der Seele, der Leib ihr Grab trjg Yw/^§) sey, findet sich bereits bei den Orphikern vor, die mit Orpheus an ihrer Spitze Grie- chenland als seine ältesten Dichter ansah. Orientalische An- schauungsweise herrschte offenbar im Anfänge vor, so daß die Lehre von der Seelenwauderung selbst noch von Pindar ausge- sprochen ward. Allein die oft finsteren Lehren der Orientalen gestalteten sich bei den Griechen viel freundlicher und heiterer. Homer läßt noch die Abgeschiedenen als nichtige Schatten den Hades bevölkern. Bei Hesiod erscheinen sie als glückselig, da sie dem irdischen Kummer entrückt sind. Pindar aber erklärt das Geschlecht der Götter und Menschen für Eines, («V ävögwv, «V (ov yevog), obwohl er andrerseits von der Vergänglichkeit alles Irdischen so durchdrungen ist, daß er in dem Menschen nur den Schatten eines Traumes erblickt (cxiag ovag av&gconog). Auch die Ansicht von dem Anfänge der Dinge und dem Riesen- kampfe der Naturkräfte (Titanen) mit den unsterblichen Göttern ward eine andere. Zeus, der den Chronos entthronte, ver- schlingt, nach den sogenannten orphischen Gesängen, die in das Ende dieses Zeitraumes fallen, die, einer besseren Zukunft nicht mehr angemessene Welt, um sie als seine Schöpfung, die er ganz dnrchdringt, wieder an das fröhliche Licht M bringen.

16. Bd. 1 - S. 155

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 86. Die griechische Welt. 155 Seine schwungvolle Phantasie, die ihn oft zu den kühnsten Bilden: und Gleichnissen führt, seine sentenzreiche, feierliche Sprache, seine raschen, unverhofften Uelergänge machen seine Gedichte oft dunkel und unverständlich, daher schon im Alterthume Commentare dazu geschrieben wurden. — Außer Sappho zeichneten sich noch mehrere Frauen als Dichterinnen aus, darunter Korinna K-rin»^ aus Tanagra in Böotien, eine durch Geist und Schönheit hervorragende Frau, die mit ihrem Landsmann Pindar in Verkehr gestanden und mit ihm in öffentlichen Wettkämpfen gestritten hat. — Die schwungvollste Gattung der Lyrik ist der mit dem Dionyscult verbundene Dithyrambos, worin eine bis zur Schwärmerei gesteigerte Begeisterung herrscht. In dieser Gattung zeichnete sich der durch die Sage gefeierte Lesbier Arion, Perianders Freund, aus (§. 82), der diesem bakchi- «•» fchcn Festliede ein tunst- und würdevolles Gepräge verlieh, indem er es durch Chöre, die den brennenden Opferaltar umkreisten, absingen ließ. Die griechische Musik. Als Schöpfer der griechischen Musik wirdterpander auslesbos genannt, der in Sparta und andern griechischen Städten den Preis in den musikalischen Kämpfen davontrug und die vierfaitige Kithara zu einer siebeusaitigen (Heptachord) mit dem Umfang einer Octave umschuf, wodurch er in Stand gesetzt war, den künstlicheren Maßen des Hymnos musikalisch zu folgen und in den Chorgesängen zu mannichfaltigeren Strophen überzugehen. Wahrscheinlich bestimmte er auch das Verhältniß dertonarten oder Harmonien, deren es anfangs drei gab: die ernste, feierliche dorische, die rauschende, inbegeisteruug und Schwärmerei setzende phrygische und die durch ihre Weichheit zur Sanftmuth stimmende lydifche, zu denen später noch die ionische mit einem weichlichen und die äolische mit einem leidenschaftlichen und leb-haften Charakter trat. In Sparta wurde Terpanders ernster Stil durch die Ephoren beim Cnltus stets festgehalten. Auch blieb man dort bei der siebensaitigen Kithara. Als Phrynis von Lesbos, „welcher zuerst die strengen Regeln des alten Tonsatzes verließ, dem Citherspiel neben der Poesie eine unabhängigere Bewegung einräumte, auf glänzende Finger- und Stimmfertigkeit mehr Gewicht legte", mit einer neuusaitigen Cither in Sparta auftrat, schnitten ihm die Ephoren zwei ab. „Was Phrynis begonnen, setzte Timotheos fort, des Thersandros Sohn, ein glänzend Begabter Mann, der von Milet nach Hellas herüberkam, um an Stelle der veralteten Gesangs-kunst die neue Musik mit ihren neuen Instrumenten und Weisen daselbst einzubürgern." Aber auch er stieß bei den conservativen Spartanern auf Widerstand. Die Reinheit der Tonkunst war hier durch Religion, Sitte und Gesetz festgehalten. Erst nach dem peloponnesifchen Krieg erlangte die neue Kunstrichtung die Oberhand. — Als Erfinder derflöte und des enharmonischen Tongeschlechts galt der Phrygier Olympos, von dessen Lebensgeschichte wenig bekannt ist. Einen feierlich-erhabenen, für die „sittigende Beruhigung verstörter Gemüther" geeigneten Cha-rakter erhielt die griechische Musik durch Thaletas von Gortyna aus Kreta, dem Vaterlande des c a620_ Waffentanzes. Sein Ruhm war so verbreitet, daß er zur Herstellung des innern Friedens nach Sparta berufen ward. §. 86. Die älteste Philosophie der Griechen. „Wenn das menschliche Bewußtsein erwacht, so fängt die Seele an, aus dem Zustand ihrer wirr durch einander laufenden Empfindungen und Vorstellungen sich zur Besinnung herauszuarbeiten, und dieses „Sich-Besinnen" ist der Anfang des Philofophirens, durch welches der Mensch sich sowohl über die Dinge und Verhältnisse anßer sich, als auch über die Regungen und Zustände in sich ins Klare setzen will." Bei diesem Erwachen wandte sich der menschliche Gäst zunächst der äußern Welt der Erscheinung zu und erprobte seine jugendliche Kraft an der Erforschung der Matur. Während sich aber dabei der contemplative Morgenländer mit seinem ganzen „Sinnen" in die Natur vertiefte, an die sein Neligionswesen geknüpft war und von der sich sein Geist nicht als Gegensatz zu trennen vermochte, erhob sich der bewegliche Hellene über dieselbe und suchte sie zu durchdringen und zu bewältigen. Dte älteste Philosophie der Griechen ist daher Naturphilosophie, indem ihr Streben darauf hinausging, in der Vielheit der erscheinenden Welt die Einheit und im ewigen Wechsel das Beständige (Stabile) zu ergründen., Dabei machten sich zwei Richtungen geltend: die physische Anschauungsweise derionischenphilosopbie, welche die Welt in ihrer sinnlichen Erscheinung auffaßte und nach dem Urgrund der Dmge forschte, und die ethische der dorisch-pythagoreischen Schule in Unterhalten, die nach,den innern Gründen der Weltentwickelung fragte, „wie Gesetz und Harmonie nach sittlicher

17. Das Altertum - S. 35

1901 - Leipzig : Hirt
17. Anfnge der Litteratur. 35 und anderen Festlichkeiten vorgetragen wurden. Die berufsmigen Snger-berlieferten ihre Gesnge mndlich ihren Schlern. Diese Snger-schulen, welche sich besonders bei den kleinasiatischen Joniern bildeten, pflanzten den reichen Sagenstoff fort. Das feststehende Versma dieser epischen Dichtungen war der Hexameter; auch die Ausdrucksweise erhielt ein festes Geprge. Unter den vielen Sagen vom trojanischen Kriege ge-wannen zwei Sagenkreise das grte Interesse: der vom Zorn des Achilles und der von den Irrfahrten des Odysseus. Aus diesen beiden Sagen- Um kreisen erwuchsen die umfangreichen Epen Jlias und Odyssee, welche von 900? der berlieferung dem sagenhaften blinden Snger Homer zugeschrieben werden. Sie haben auf Religion, Sitte, Kunst, berhaupt auf die gauze Bildung der Hellenen und auf die Gebildeten aller Völker den grten Ein-flu gebt. Den bergang zur lyrischen Poesie bildete die ebenfalls bei den Joniern Kleinasiens entstandene Elegie, betrachtende Dichtungen in Di-stichen. Zugleich kamen die Jamben auf, welche Archilochos wie rasche Pfeile" gegen seine Feinde sandte. Von den oliern wurde die lyrische Strophe erfunden. Besonders auf Lesbos blhte die lyrische Dichtkunst. Um Hier lebte Sappho, die grte der griechischen Dichterinnen, eine Zeit- 600. genossin Solons. Von ihren Gedichten ist wenig erhalten, von ihrem Leben wissen wir wenig Sicheres. Sie war Vorsteherin einer Musenschule", in welcher begabte Lesbierinnen durch Poesie und Musik in freier Weise sich bildeten. Am Hofe des Poly'krates in Samos und nach dessen Tode bei Hipparch in Athen lebte Ankreon. Der Liebe und dem Weine ist seine Muse gewidmet. Bei den Doriern entstand die lyrische Chorpoesie: die von einem Chore gesungenen Lieder wurden durch Tnze und mimische Bewegungen begleitet. Ihren Hhepunkt erreichte diese Gattung in Pindar (um 500 in Theben). Von der Poesie unzertrennlich war die Musik (= Musenkunst), die von den Gt-tern stammende, das Gemt ergreifende Kunst, die einen Hauptteil der Bildung aus-machte. Kein Gastmahl, keine Festlichkeit gab es ohne Musik. Sogar der Vortrag epischer Dichtungen wurde mit Saitenspiel (Lyra Mg. 44] und Kithara) begleitet.*) 2. Die Wissenschaft. Kleinasiatische Jonier forschten zuerst nach dem ^m Ursprung der Dinge. Thales von Milet, ein Zeitgenosse Solons. einer 600. der sieben Weisen", der Vater der Philosophie", wurde durch die Beobachtung des Wassers zu der Annahme gefhrt, da dieses der Urstosf sei. Der Mathematiker Pythgoras (pythagoreischer Lehrsatz) erklrte Ma und Zahl als das Erste und Wesentlichste in allen Dingen. *) Daher beruhen die metrischen Gesetze der Griechen auf der musikalischen Ton-Messung; eine lange Silbe gilt gleich zwei kurzen.

18. Geschichte der Griechen und Römer - S. 456

1858 - Hannover : Hahn
456 vereit Formen der Dichtung mit gleich hoher Kraft sich versuchte, zugeschrieben wird. Der Jambus war die ursprüngliche Form der Spottlieder des Archilochos. An diesen schließt sich zunächst Simonides von Samos (660) als satirischer Jambiker an. Von allen diesen Dichtern sind uns übrigens nur Frag- mente erhalten. 5) Später verallgemeinerte sich der Gebrauch des Jambus, und er ward, als der Prosa am nächsten stehend, die gewöhnliche Form des Drama. §. 239. Die neun kanonischen Lyriker. 1) Die alexandrinisch en Gelehrten nahmen in den Ca- non der Lyriker im engern Sinne, deren Poesie in Hinsicht auf das Metrum strophisch ist, neun Dichter auf. Aber auch von diesen, wie von den vorher genannten, besitzen wir meist nur noch geringe Ueberreste, die Gesänge Pindar's ausgenommen. 2) Jene neun Lyriker, die zwischen 650—450 lebten, sind: A l k m a n aus Sardes (um 640); A lk ä o s von Mytilene; Sappho, ebenfalls aus Mytilene und Zeitgenossin des Alkäos; Stesichoros aus Himera auf Sicilien; Jbikos aus Rhe- gium; Bakchylides aus Keos; Simonides aus Keos; Anakreon aus Teos (um 530), Muster des leichten, scherzen- . den lyrischen^Gesanges, der von ihm den Namen führt. Wir besitzen eine Sammlung von etwa 70 sogenannter anakreonti- scher Lieder, von denen jedoch nur Weniges ächt ist; die meisten Lieder sind aus verschiedenen zum Theil sehr späten Zeiten. — Der größte Lyriker ist Pindaros. §. 240. Pindar. 1) Pindar, 522 v. Chr. im Gebiete von Theben gebo- ren (er starb 81 Jahre alt), gehört mit der Dichterin Korinna, die als seine Nebenbuhlerin auftrat, dem Lande Böotien an, wo sich seit Hesiod Liebe für Poesie und Musik erhalten hatte. Wie Homer in der epischen, so ist Pindar in der lyrischen Poesie nicht nur der größte Dichter des Alterthums, sondern aller Zeiten. 2) Außer Fragmenten sehr verschiedenartiger lyrischer Ge- dichte sind von ihm noch 45 Sieg es Hymnen oder Gesänge, Epinikien (¿irivfoi« aafiaxa), im dorischen Dialekt aus die Sie- ger in den olympischen, pythischen, nemeischen und isthmischen Festspielen erhalten. 3) Die Form und Anlage dieser Gedichte ist eine höchst kunstvolle; sie sind ch orisch aus Strophe, Antistrophe und Epodos

19. Bd. 1 - S. 151

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 85. Die griechische Welt. 151 Zurückführung auf die Solon'schen Einrichtungen den Stempel der Gesetzlichkeit aufdrückte. „Dieses Bewußtsein des athenischen Volkes, daß seine Herrschaft die der Gesetze sei und wesentlich auf der Unverletzlichkeit derselben beruhe, stellte wenigstens den Buchstaben lange vor seiner Willkür sicher; dazu kam seine ängstliche Religiosität, die nichts anzutasten wagte, was Alter und Sage heiligten; und selbst als spater bisweilen die Zügellosigkeit der Gesammtheit jene Schranken verachtete, so ward doch nie der Name der Freiheit mißbraucht, um das Ansehen der Gesetze und ihrer Vertreter der Willkür des Einzelnen preiszugeben." 10. Hellenische Cultur und Literatur. §. 85. Die lyrische Dichtung. Nicht blos im Staatsleben und in den bürgerlichen Verhältnissen, auch in der Dichtkunst schufen die neuen Zustände, das bewegtere Leben, die glänzenderen Religionsfeste neue Formen mit veränderten Zielen und Anschauungen. Das ernste Heldengedicht der heroischen Fürstenzeit mit dem gleichmäßig fortlaufenden breiten Fluß des Hexameters entsprach nicht mehr der aufgeregten Stimmung, die in Folge der Parteikämpfe und bürgerlichen Unruhen in den Gemüthern ihren Wohnsitz nahm, nicht mehr dem beweglichen, raschen Leben, das durch die Handels- und Coloniethätigkeit in Schwung kam. Höchstens an großen Cnltusfesten hatte das Volk Muße genug, den Erzählungen der Wandersänger zuzuhören, daher auch die Vorträge der Rhapsoden auf solche Gelegenheiten verwiesen wurden; für die Anliegen des Tages, für die Kämpfe und Genüsse der Gegenwart bedurfte man Dichter, die in der Mitte des handelnden Lebens standen und praktische Ziele verfolgten, die sich an den Freuden und Sorgen, an den Empfindungen und Bestrebungen, an den Thaten und Interessen der jüngeren Geschlechter, der lebenden Menschheit betheiligten. So entstand die neue lyrische Poesie, die nicht wie die ältere auf religiöse Hymnen, auf die Anrufungen der Götter sich beschränkte, die vielmehr alle Erscheinungen des Tages in ihr Bereich zog, allen Lebenszielen diente, allen Stimmungen und Empfindungen Töne und Worte gab, alle schlummernden Gefühle weckte und anregte, dem ganzen inneren Leben in seiner reichen Mannichsaltigkeit Form und Ausdruck verlieh. Bald war die Lyra Waffe und Kriegsdrommete, die, wie bei Kallsnos undtyrtäos, zu Kampf und Heldenthaten anfeuerte; bald war, wie bei Solon und Theognis, der Dichterfpruch der Träger der Lebensanfchauuugeu, der politischen Meinungen und Parteizwecke. In der Hand des A r ch i l ö ch o s und H i p p ö n a x wurden die lyrischen Jamben zu spitzigen Pfeilen gegen die persönlichen Feinde, während bei Mimnermos und Alkäos der Gesang bald Kriegsmuth und Kampflust, bald, wie auch bei der Dichterin Sappho, feurige Liebe und heiteren Lebensgenuß ausströmte. Anäkreon galt dem gesammten Alterthum als der Sänger der Liebe, des Weines und jeder sinnlichen Lust. Nachdem durch Terpander die Tonkunst ausgebildet worden und zur ernsten, feierlichen Kichara sich die aufregende Flöte gesellt hatte, wurde durch Alkman und Stesichoros der Chorgesang beiden Götterfesten eingeführt, den dann Pindar bei seinen herrlichen Siegesliedern zur Vollkommenheit brachte, indeß fein Zeitgenosse Simonldes durch kunstreiche Überschriften und Epigramme sich den größten Ruhm erwarb. Unter diesen Bestrebungen wurde die dichterische Form und Verskunst, die sich in den elegischen Distichen noch nahe an den heroischen Hexameter gehalten, mannichfaltiger und fchwungreicher ausgebildet, bis sie in den strophischen Chorgefängen mit rhythmischen Bewegungen ihre höchste Vollendung erreichte. Diese Vervollkommnung der lyrischen Poesie führte auch nothwendig zur kunstreichen Ausbildung der Musik und Örchestik, da durch die Sitte der Griechen, die Feste der Götter durch Chorgesäuge und rhythmische Tänze von Jünglingen und Jungfrauen zu verherrlichen, beide Künste aufs Innigste verbunden waren; und wie die lyrischen Formen und Versmaße sich immer mannichfaltiger und kunstvoller gestalteten, so erlangte auch die Örchestik stufenweife eine höhere Ausbildung, vom ernsten, taktmäßigen Umfchreiten des stammenden Opferaltars bis zum mimischen und Waffen-Tanz (Pyrrhiche), worin die Thaten der Helden und Götter dargestellt wurden. Die hohe Bedeutung aber, die das Alterthum der Musik sowohl mit ihrer erhebenden und begeisternden, als mit ihrer sittigenden und bildenden Kraft beilegte (weshalb sie auch von den griechischen Gesetzgebern als Mittel der Veredlung empfohlen ward), berechtigt zu dem Schluß, daß die Hellenen

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1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
294 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. hat kein Dichter so mächtig und vielseitig, wie er, auf seine Nation und mittelbar auf die übrigen gewirkt. Er hat durch den allgemeinen und bleibenden Enthusiasmus, den seine herrlichen Gesänge weckten, der gesummten griechischen Kultur einen poetischen Charakter gegeben, die Religion durch seine Göttergcschichten bestimmt, patriotische Be- geisterung durch Verkündung des Nationalruhmes entflammt, hohe Ge- sinnungen erzeugt, schöne, natürliche Gefühle anfgcnährt und den Griecheir den ersten freien Blick in die Welt und das Leben ertheilt. Wenn wir die nothwendige Beschränkung seines eigenen Gesichtskreises durch Zeit und Umstände bedenken; so werden wir jene Kenntnisse nicht von ihm verlangen, die er nicht haben konnte; wir werden auch über kleine Schwächen eines Sterblichen wegblicken, und dafür über den Rerchthnm seiner Ideen, die Tiefe seiner Gefühle, die Wahr- heit seiner Ansichten, die Treue seiner Gemälde so sehr, als über den Schwung seiner Phantasie und die Musik seiner Worte staunen. Homer kann nie aufhören, erhebend rind lehrreich zu seyn; gleichwohl ist wahr, daß er auch übertrieben — wahrhaft abgöttisch — verehrt worden. Fast um dieselbe Zeit, wie Homer, lebte Hcsiod zu Askra in Böotien, der Vater des Lehrgedichtes unter den Griechen. Seine Theogouie ist neben den homerischen Gesängen das Gcsez derln'c- chischcn Mythologie geworden. Von den näheren Nachfolgern dieser beiden großen Dichter haben wir wenig Kunde. Aber von den Zeiten Solon's (auch er war Dich- ter) hebt eine glänzende Reihe von Sängern in jedem Zweige der Dichtkunst an. Don dem hohen Pin dar, dem zärtlichen Anakreon, den phantasiercichen Bukolikern Theokrit, Bion und Moschus, dann den nachbenannten Dramatikern und einigen Anderen hat das Glück uns Mehreres erhalten. Aber von den Meisten sind nur dürf- tige Fragmente oder gar Nichts vorhanden. Aristoteles schrieb Re- geln der Dichtkunst. Die dramatische Poesie wurde bald die geschäzteste aus allen. Th esp is, um die 53ste Olympiade, bereitete sie vor durch eine freiere Behandlung der alten Satyre und eine regelmäßigere Anordnung der Chöre. Nach ihm theilte sich das Drama in die Tragödie und Komödie. Jene — das ernste Heldcnspi el — war idealisirte Dar- stellung großer Begebenheiten der Vorzeit: diese — wie man sie treffend charakterisirt hat — war Parodie der Gegenwart. In der ersten sind nach der 70sten Olympiade Aeschylus, Sophokles und Euripides — alle Drei gleich groß, doch jeder in seiner Art, der Erste durch genialische Kraft, der Zweite durch tiefes Gefühl, der Dritte durch Kuust ausgezeichnet — die unerreichten Vorbilder für alle