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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 187

1868 - Mainz : Kunze
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 187 in den östreichischen Erblanden Gültigkeit habe, wenn sie nicht vom Kaiser das „Placet" erhalten habe. Durch das berühmte Toleranzgesetz gestattete er (1781) in seinen Staaten freie Religionsübung *). Hier- über gerieth Papst Pins in große Noth und reiste selbst nach Wien Der Papst in (1782), um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte den heiligen Vater mit den größten Ehrenbezeugungen ein und fuhr mit ihm unter dem Jubel der Wiener in die Kaiserstadt. Vier Wochen verweilte Pius in Wien und erhielt von Joseph alle Beweise der Ehr- furcht und Hochachtung, aber eine Aenderung der getroffenen Einrich- tungen erreichte er nicht. Die Bischöfe von Salzburg, Mainz und Würzburg folgten dem Versuch-,-in- Beispiele des Kaisers und benahmen sich milde und edel in Glaubens- ti^nluirch-zu lehren. Ganz besonders that sich in kirchlichen Angelegenheiten damals gründen, der Weihbischof von Trier hervor, Johann Nikolaus von Hontheim, Weite,n- ein grundgelehrter, äußerst frommer und unbescholtener Mann, welcher unter dem Namen Justinus Febronius eine Schrift gegen den römischen Papst geschrieben und den Wunsch rege gemacht hatte, eine von Rom unabhängige deutsche Nationalkirche zu gründen. Wirklich kamen 1785 mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Oberherrschaft des Papstes verwarfen. Ihre Pläne scheiterten aber an dem Widersprüche mehrerer Rom ergebener Bischöfe und an Josephs später erkaltetem Eifer. Auch die Presse wollte Joseph frei haben und hob, damit Jeder- 3°leph sieht mann sich freimüthig äußern könne, die Censur auf. Allein er sah sich ^chelt-rn^ durch das Erscheinen einer Menge frecher, unsittlicher und maßloser Schriften bald genöthigt, diesem Unfug wieder hemmend und zügelnd entgegenzutreten. Die Todesstrafe verwandelte Joseph in Haft und Zwangsarbeit. Einen betrügerischen Obersten stellte er an den Pranger, einen Fürsten, der falsche Banknoten gemacht hatte, ließ er die Straße kehren, viele vornehme Sträflinge mußten die Schiffe ans der Donau ziehen. Im Staate sollte Einheit herrschen; überall sollte ein Gesetz, eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten, und vor dem Gesetze Alle *) Fünfzig Jahre vorher hatte der Fürstbischof Leopold von Firmian zu Salzburg an 20,000 Evangelische, die ihrem Glauben treu blieben und nicht zur katholischen Kirche zurückkehren wollten, aus seinen Landen aus- gewiesen. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen nahm die vertriebenen Salzburger freudig in sein Land auf und erhielt an ihnen treue, arbeit- same Unterthanen. Der traurige Auszug der Salzburger gab Göthe Stoff und Veranlassung zu seinem bekannten, vortrefflichen epischen Ge- dichte Hermann und Dorothea.

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1. Geschichte der Neuzeit - S. 215

1887 - Wiesbaden : Kunze
14. Joseph Il 215 erhielten eine zeitgemäße Umgestaltung. Die Klöster, welche sich nicht mit der Krankenpflege oder dem Jugendunterricht beschäftigten, ließ er aufheben und verwandte die Güter derselben zu gemeinnützigen Zwecken. Die Zahl der aufgehobenen Klöster betrug 700, und 30—35 000 Mönche und Nonnen gab es nun weniger. Ferner verordnete Joseph Ii., daß in Zukunft keine Bulle des Papstes in den östreichischen Erblanden Gültigkeit habe, wenn sie nicht vom Kaiser genehmigt sei. Durch ein Toleranzgefetz gestattete er 1781 in feinen Staaten freie Religionsübung. Hierüber geriet Papst Pius Vi. in große Sorge und reiste 1782 selbst nach Wien, um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte ihn mit den größten Ehrenbezeigungen ein und fuhr mit ihm unter dem Jubel der Wiener in die Kaiserstadt. Vier Wochen verweilte Pius in Wien und erhielt von Joseph alle Beweise der Ehrfurcht und Hochachtung, aber eine Änderung der getroffenen Einrichtungen erreichte er nicht. Die Bischöfe von Salzburg, Mainz und Würzburg folgten dem Beispiele des Kaisers und benahmen sich milde und edel in Glaubenssachen. Besonders that sich in kirchlichen Angelegenheiten damals der Weihbischof Hontheim von Trier hervor, ein gelehrter, frommer und unbescholtener Mann, welcher 1763 eine Schrift gegen den römischen Papst geschrieben und den Wunsch rege gemacht hatte, eine von Rom unabhängige deutsche Nationalkirche zu gründen, welche sowohl Katholiken als Protestanten in ihren Schoß aufnehmen sollte. Wirklich kamen 1786 mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Oberherrschaft des Papstes verwarfen. Ihre Pläne scheiterten aber an dem Widersprüche mehrerer Rom ergebener Bischöfe und an Josephs später erkaltetem Eifer. Auch die Presse wollte Joseph frei haben und hob, damit jedermann sich freimütig äußern könne, die Censur auf. Allein er sah sich durch das Erscheinen einer Menge frecher, unsittlicher und maßloser Schriften bald genötigt, diesem Unfug wieder hemmend und zügelnd entgegenzutreten. Die Todesstrafe verwandelte er in Haft und Zwangsarbeit. Überall sollte ein Gesetz, eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten, und vor dem Gesetze sollten alle gleich sein. Viele verkannten die weisen Absichten des Kaisers; andere wurden unwillig, weil sie sich in ihren bisherigen Rechten verkürzt oder in eigennützigen Plänen gehemmt sahen. Belgien verweigerte die Steuern, lehnte sich auf und erklärte sich für unabhängig; erst Josephs Nachfolger hat es wieder erobert. In Ungarn benutzte der unzufriedene Adel und die höchst erbitterte Geistlichkeit die Ab-

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 186

1876 - Mainz : Kunze
186 Zweite Periode der neueren Geschichte. Josephs Joseph Ii. beseelte der edle Gedanke, in Staat und Kirche Alles meinte, aber &effcr 5u gestalten, als es bisher gewesen sei. Leider dachte er bei Reformen ° vielen Reformen nicht daran, daß das Volk seiner Erblande weder reis noch empfänglich dafür war. Darum scheiterten sie auch. Mit heiliger Begeisterung wollte er das Alte mit einem Schlage verdrängen und durch Besseres ersetzen. Man erkannte seine edlen Absichten, bewunderte den schaffenden Geist des Kaisers und liebte seine Herablassung. Daß er sich um alle Verhältnisse des bürgerlichen Lebens bekümmerte, daß er sich durch eigene Anschauung mit der Lage der Armen bekannt machte, daß er geeignete Mittel zur Abhülfe der Noth und des Elends aufsuchte, machte ihn zum Abgotte des Volkes. Zunächst half er dem vielgeplagten Bauernstande durch Aufhebung der Leibeigenschaft und der Frohnden empor; die Schulen wurden verbessert und erhielten eine zeitgemäße Umgestaltung. Die Klöster, welche sich nicht mit der Krankenpflege oder dem Jugendunterricht beschäftigten, ließ er aufheben und verwandte die Güter derselben zu gemeinnützigen Zwecken. Die Zahl der aufgehobenen Klöster betrug 700, und 30—35,000 Mönche und Nonnen gab es nun weniger. Ferner verordnete Joseph Ii., daß in Zukunft keine Bulle des Papstes in den österreichischen Erblanden Gültigkeit habe, wenn sie nicht vom Kaiser das „Placet" erhalten. Durch das berühmte Toleranzgesetz gestattete er (1781) in seinen Staaten freie Religionsübung.*) Hierüber gerieth Papst Pius in große Noth und reiste selbst nach Wien (1782), um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte den heiligen Vater mit den größten Ehrenbezeigungen ein und suhr mit ihm unter dem Jubel der Wiener in die Kaiserstadt. Vier Wochen verweilte Pius in Wien und erhielt von Joseph alle Beweise der Ehrfurcht und Hochachtung, aber eine Aenderung der getroffenen Einrichtungen erreichte er nicht. Die Bischöfe von Salzburg, Mainz und Würzburg folgten dem *) Fünfzig Jahre vorher hatte der Fürstbischof Leopold von Firmian zu Salzburg an 20,000 Evangelische, die ihrem Glauben treu bleiben und nicht zur katholischen Kirche zurückkehren wollten, aus seinen Landen ausgewiesen. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen nahm die vertriebenen Salzburger freudig in sein Land auf und erhielt an ihnen treue, arbeitsame Unterthanen. Eine Schilderung des traurigen Auszugs der Salzburger gab Goethe Stoff und Veranlassung zu seinem^ bekannten, vortrefflichen epischen Gedichte Hermann und Dorothea.

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 187

1876 - Mainz : Kunze
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 187 Beispiele des Kaisers und benahmen sich milbe und ebel in Glaubens- Versuche ane lehren. Ganz besonbers that sich in kirchlichen Angelegenheiten bamals tiona(fucht der Weihbischof von Trier hervor, Johann Nikolaus von Hontheim, ^gründen, ein grunbgelehrter, äußerst frommer und unbescholtener Mann, welcher unter dem Namen Justinus Febronius eine Schrist gegen den römischen Papst geschrieben und den Wunsch rege gemacht hatte, eine von Rom unabhängige beutsche Nationalkirche zu grünben, welche sowohl Katholiken als Protestanten in ihren Schoß aufnehmen sollte. Wirklich kamen 1 786 mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Oberherrschaft des Papstes verwarfen. Ihre Pläne scheiterten aber an dem Wiberspruche mehrerer Rom ergebener Bischöfe und an Josephs später erkaltetem Eifer. Auch die Presse wollte Joseph frei haben und hob, bamit jeber- Pläne mann sich freimüthig äußern könne, die Censur auf. Allein er sah sich scheitern, durch das Erscheinen einer Menge frecher, unsittlicher und maßloser Schriften balb genöthigt, biesem Unfug wieber hemmenb und zügelnb entgegenzutreten. Die Tobesstrase verwanbelte Joseph in Hast und Zwangsarbeit. Einen betrügerischen Obersten stellte er an den Pranger, einen Fürsten, der falsche Banknoten gemacht hatte, ließ er die Straße kehren, viele vornehme Sträflinge mußten Schiffe auf der Donau ziehen. Im Staate sollte Einheit herrschen; überall sollte ein Gesetz, eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten, und vor dem Gesetze sollten Alle gleich sein. Dies war bamals noch unmöglich. Viele verkannten die weisen Absichten des Kaisers; Anbete würden unwillig, weil sie sich in ihren bisherigen Rechten verkürzt ober in eigennützigen Plänen gehemmt sahen. Belgien verweigerte die Steuern, lehnte sich auf und erklärte sich für unabhängig; erst Josephs Nachfolger hat es wieber erobert. In Ungarn benutzte der unzufriebene Abel und die höchst erbitterte Geistlichkeit die Abneigung des Volkes gegen beutsches Wesen und gegen beutsche Sprache, nahm eine brohenbe Stellung an und ertrotzte die Aushebung aller bisherigen Aenbentngen und die Wieber-Herstellung der alten Verfassung Ungarns. Der Schmerz, welchen Josoph über das Scheitern seiner besten Absichten empfanb, beschleu- Joseph n. nigte seinen Tod (1790). Die Nachwelt hat treulich erfüllt, was Joseph ftir6t 1790, von ihr erwartete; benn kurz vor seinem Ende schrieb er: „Ich kenne mein Herz; ich bin von der Reblichkeit meiner Absichten in meinem Innersten überzeugt und hoffe, daß, wenn ich einstens nicht mehr bin, die Nachwelt billiger, gerechter und unparteiischer Dasjenige untersuchen und prüfen, auch beurtheilen wirb, was ich für mein Volk gethan." Kaiser Franz ließ seinem menschenfreundlichen Vorfahren ein ehernes

4. Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte - S. 354

1873 - Frankfurt a.M. : Jaeger
Joseph« Ii. Joseph Ii. war in allem Guten das Ebenbild seiner vortrefflichen Mutter, im—mo. an Liebe für das Wohl seiner Unterthanen übertraf er sie noch. Bei seiner natürlichen Lebhaftigkeit fehlte es ihm nach Friedrichs des Großen Ausspruch an Ruhe und Umsicht. Er beabsichtigte zuerst den traurigen Zustand des Reichs zu bessern, ward aber durch das Mistrauen der Fürsten daran gehindert. Dies stieg noch bei Gelegenheit des bairischen Erbsolgestreites, ans dem Joseph Vortheil zu erringen sich bemühte. Nach dem Tode des Kurfürsten Maximilian Joseph von Baiern war die bäurische Linie der Wittelsbacher erloschen und die pfälzische trat die Erbfolge an. Karl Theodor von der Pfalz wurde von Joseph bewogen ihm einen Theil Baierns abzutreten. Aber der Herzog von Pfalz-Zweibrücken, der nächste Erbe aus dem wittelsbachischen Hause, erhob Einsprüche; Friedrich der Große machte die Der Ba'e ®a$£ Herzogs zu der seinigen und rückte in Böhmen ein. Der Krieg wurde rische Erb- aber, ohne daß es zu bedeutenden Gefechten kam, durch den Frieden von Teschen 1778—1779 geendet. Oesterreich erhielt einen Theil von Niederbaiern, das Jnnviertel nebst Braunau zwischen Inn, Salzach und Donau. Als aber später Kaiser Joseph Baiern gegen die Niederlande eintauschen wollte, schloß Friedrich Ii. mit Hannover, Kursachsen, Mainz, Mecklenburg rc. 1785 den Fürstenbund und vereitelte auch diesen Plan. Die Kaiser Joseph Ii. unternahm in Staat und Kirche eingreifende Refor- Josem li mcn' ohne zu bedenken, daß für viele das Volk seiner Erblande weder reif, noch ' empfänglich war. Er half dem Bauerustande durch Aufhebung der Leibeigenschaft und Frohnden auf, verbesserte die Schulen und hob alle Klöster, welche sich nicht mit der Krankenpflege und dem Jugendunterricht beschäftigten, auf; die Güter derselben wurden eingezogen und zu gemeinnützigen Zwecken verwandt. Ferner verordnete er, daß keine Bulle des Papstes in Oesterreich ohne das kaiserliche „Piacet" Giltigkeit haben solle. Durch das Toleranzedict (1781) gestattete er freie Religionsübung, nachdem kaum 50 Jahre vorher der Fürstbischof Leopold von Fir-mian zu Salzburg 20,000 Evangelische von Haus und Hof verjagt hatte (1732). Papst Pius reiste selbst nach Wien (1782), um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph behandelte den heiligen Vater mit großer Ehrfurcht, aber eine Aenderung in den neuen Einrichtungen erfolgte nicht. Der Weihbischof von Trier, Johann Nikolaus von Hontheim, welcher unter dem Namen Justinus Febronius gegen den Papst geschrieben hatte, regte den Wunsch an, eine von Rom unabhängige deutsche Nationalkirche zu gründen. Wirklich kamen 1785 mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Kirche von Rom frei machen wollten; allein ihr Plan scheiterte. scheitern aus Auch die Presse wollte Joseph frei haben; allein der nun eintretende Unfug verschiedenen der Presse zwang ihn wieder, einzuschreiten. Die Todesstrafe verwandelte er in ui sachen. un^ Zwangsarbeit; vor dem Gesetze sollten alle gleich sein und im Staate ein Gesetz, eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten. Allein viele verkannten die Absichten des Kaisers, andere fanden sich in ihrem Eigennutz gehemmt und beeinträchtigt. Belgien verweigerte die Steuern und fiel ab; erst Leopold Ii. hat es wieder unterworfen (1790). In Ungarn benutzte der unzufriedene Adel und die Geistlichkeit die Abneigung des Volkes gegen das deutsche Wesen und ertrotzte die Aufhebung aller bisherigen Aenderungen. Der Schmerz, welchen Joseph über das Scheitern seiner besten Absichten empfand, beschleunigte seinen Tod (1790).

5. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 420

1845 - Berlin : Klemann
420 Sechstes Buch. Sechster Abschnitt. nem für heilig gehaltenen Müßiggang gelebt hatten; die Güter der aufge- hobenen Klöster ließ Joseph einziehen und zu gemeinnützigen Stiftungen verwenden, nämlich zur Gründung neuer Volks- und gelehrten Schulen, zur Herstellung von Hospitälern, Waisenhäusern, Findelhäusern und ähnlichen Anstalten. Die Messe mußte in deutscher Sprache gesungen werden, wozu der wackre österreichische Dichter und Gelehrte Michael Denis geistliche Lieder verfaßte; die heilige Schrift wurde in die Landessprache übersetzt; die Wallfahrten, so häufig ein Anlaß zu grober Unsittlichkeit, wurden abge- schafft. Diese und noch mehre andre wichtige Maßregeln Josephs Ii. mach- ten ihm die Geistlichkeit abgeneigt und erregten die größte Besorgniß des römischen Hofes. Da machte sich 1782 der Papst Pius Vi. auf den Weg und fuhr gen Wien, um durch persönliches Ansehn und Ueberredung den Kaiser von seinen Neuerungen zurückzuhalten. Joseph Ii. empfing das Ober- haupt der katholischen Kirche mit der größten Feierlichkeit und Höflichkeit, ließ sich aber auf keine Unterredung über kirchliche Angelegenheiten mit ihm ein, so daß der Papst unverrichteter Dinge Wien verließ. Joseph Ii. be- trieb nun die Lostrennung der katholischen Kirche von der Oberhoheit des römischen Stuhles immer eifriger. Diese Angelegenheit beschäftigte damals die edelsten deutschen Männer der höheren katholischen Geistlichkeit. Der Weihbischof von Trier, Johann Nikolaus von Hontheim, ein grundgelehrter, unbescholtener und frommer Mann, ließ (1765) unter dem Namen Justinus Febronius eine Schrift über den Zustand der Kirche und die rechtmäßige Gewalt des Papstes im Druck ausgehen, worin die Lehre vom Primat des Bischofs zu Rom (d. i. des Papstes) zwar mit großer Mäßigung im Ausdruck, aber dafür mit um so tiefer eindringlicher Beweiskraft in ihrer Haltlosigkeit dargestellt wurde, zum größten Aerger des römischen Hofes, aber zur Freude vieler deutscher Fürsten und so recht aus dem Herzen aller hellerdenkenden unter den katho- lischen deutschen Bischöfen, welche nun den Plan einer von Rom unabhän- gigen^ katholischen Nationalkirche in Deutschland lebhaft auffaßten und ins Werk zu setzen suchten. Zu diesem Zwecke kamen 1785 mehre deutsche Bischöfe im Bad Ems zusammen und entwarfen dreiundzwanzig Artikel, worin sie sich verbanden, die Eingriffe des Papstes in ihre bischöf- lichen Rechte nicht langer zu dulden; statt der päpstlich-römischen Oberherr- schaft -über die ganze katholische Kirche sollte die alte, auf geschichtlichen Rechten begründete Verwaltung derselben durch (einander gleichgestellte) Bischöfe wieder eingesetzt werden. Dies Vorhaben scheiterte jedoch leider an dem Widerspruch mancher anderer Bischöfe, welche an Rom hingen, und auch daran, daß Kaiser Josephs Ii. Eifer für die kirchlichen Angelegenhei- ten allmälig erkaltete. In der Verwaltung des Staats wese ns wollte Kaiser Joseph Ii. eben bloß höchster Verwalter des Staates sein. Deshalb litt er keine Unterhändler und Vermittler zwischen sich und seinem Volk. Vor der Thüre des Kabinets, in welchem er vom frühen Morgen bis spät in die Nacht arbeitete, standen immer zahllose Leute jedes Standes (denn jeder durfte frei zu dem Kaiser kommen und mit ihm reden); da ging Joseph von Stunde zu Stunde hinaus, nahm ihnen ihre Bittschriften ab und führte sie oft in sein Zimmer, daß sie ihm alles sagten, was sie auf dem Herzen trugen. Schon seine edle Mutter hatte große Verbesserungen eingeführt, vornehm- lich die Abschaffung der Folter, der Herenprozesse und der Inquisition. Jo- seph erwarb sich ewigen Ruhm, indem er die so lange unterdrückten Juden

6. Bd. 2 - S. 34

1819 - Leipzig : Hinrichs
34 Europa 22. Oct. i8i4 ist der Gebrauch der hebräischen und sogenann- ten jüdischen Sprache und Schrift in allen öffentlichen gericht- lichen und außergerichtlichen Handlungen aufgehoben, und statt derselben die landesübliche Sprache befohlen); Mu Hä- me da ne r 1ñ00 Seelen. -— An der Spitze der römisch- katholischen (lateinischen) Geistlichkeit stehen i4 Erzbischöfe von Wien und Salzburg für Oestreich, Steiermark und einen Theil von Illyrien; von Prag (beständiger Legat des römi- schen Stuhls und Primas von Böhmen) für Böhmen; von Olmütz (Herzog und Fürst) für Mähren und Schlesien; von Lemberg für Galizien; von Meiland, Venedig (Patriarch und zugleich Primas von Dalmatien) und Udine für das lombar- disch-venezianische Königreich; von Zara, Spalatro und Ra- gusa für Dalmatien; von Gran (Primas von Ungern und geborner Legat des römischen Stuhls), Erlau und Kolocza für die ungerschcn Staaten. Unter ihnen stehen 65 Bischöfe nebst 22 ungrischen Titularbischöfen. Mehrere bischöfliche Diöcescn hangen nach gewissen Gebietscintheilungcn von einem Erzbischof ab, und heißen Suffragane des lctztern; so hat z. V. der Erzbischof von Wien die Bischöfe von <0t. Pölten und Linz; der Erzb. zu Salzburg die B. zu Seggau, Leoben, Gurk und Lavant; der Erzb. zu Prag die B. zu Leutmeriz, Budweis und Königingrätz; der Erzb. zu Olmütz den B. zu Brünn; der Erzb. zu Lemberg den B. zu Przemysl und den krakauer Gcncralvicar zu Sandec, der Erzb. zu Gran die B. zu Neutra, Naab, Waitzen, Fünfkirchen, Veszprim, Zips, Ncusohl, Rosenau, Stuhlweißenburg, Stein am Anger; der Erzb. zu Kolocza, zugleich Bischof von Bätsch, die V. zu Großwardcin, Csonad, Agram, Zeug, Bosnien und Sirmicn (zu Diakovär), Siebenbürgen (zu Carlsburg); der Erzb. zu Erlau die B. zu Kaschau und Szarhmar; der Erzbischof zu Meiland die B. zu Mantua, Brescia, Cremona, Bergamo, Como, Pavia, Lodi, Crema zu Suffraganeen. Die Bischöfe werden alle vom Kaiser ernannt, und üben nun größere Rechte, als vormals. Die Geistlichkeit steht nach Josephs 11. Gesetze, das in einem kais. Kabinetsschreiben vom 19. Sept. i8i4 erneuert wurde, in geringer Abhängigkeit vom Papste; Appel- lationen an die Roía Romana sind ganz verboten, und päpst- liche Bullen und Dekretalen nur dann gültig, wenn sie von dem Monarchen ausdrücklich genehmigt sind. Auch sollen nach der Erklärung des Kaisers Franz vom I. 1816 die Bischöfe seiner Staaten künftig nicht mehr zur Prüfung und Einweihung nach Rom gehen, und für die Einsegnungebulle nur den vier, sen Theil ihrer Einnahme von einem Jahre statt des sonst

7. Das Mittelalter - S. 41

1880 - Berlin : Gaertner
Kulturgeschich tliehes. 41 Auf dem Grunde Jesu und seiner Apostel bildeten die apostolischen Väter die Lehre weiter aus. Durch Hinrichtungen (6 grössere Verfolgungen), Verleumdungen, selbst mit Waffen des Geistes suchte man sie vergeblich zu unterdrücken. Der Versuch der Gnostiker, Heiden- und Christenthum in engern Zusammenhang zu bringen, und andere Irrlehren trübten die Kirche. Die Apologeten verteidigten sie gegen alle Angriffe mit dem Eifer der Wahrheit und mit Geschick. Justin war vor seinem Uebertritte Stoiker, Peripatetiker, Pythagoraeer und Pla-toniker. Origines, der 250 starb, soll 6000 Volumina verfasst haben. Unter den lateinischen Apologeten wird sein Zeitgenosse Tertullian Vater der lateinischen Kirchensprache, Lactantius Firmianus (ein Jahrhundert) später der christliche Cicero genannt. Besonders reich an hervorragenden Männern der Kirche war die Zeit der Völkerwanderung. Bischof Ambrosius von Mailand ist der Vater der Mystik und der Musik, die Papst Gregor der Grosse vervollkommnete. Das Werk des Augustinus „De civitate dei“, nach Platos Schrift „Ueber den Staat“ vom theologischen und hierarchischen Standpunkte geschrieben, lehrte dem Mittelalter die Auffassung des Alterthums und seiner Kultur. Auch seine „Selbstbekenntnisse“ gehörten zu den gelesensten Büchern. Die durch das Christenthum empfohlene Ascese rief das Mönchthum hervor. Es ist auf die Ausbreitung desselben, noch mehr aber auf das gesammte Leben des \ olkes im Mittelalter von nicht zu unterschätzendem Einfluss gewesen. Einsiedler, welche, wie Antonius zur Zeit Diocletians, in der Wüste lebten, sind die Väter desselben. Für den Occident legte Benedikt, 480 zu Nursia geboren, Stifter des Klosters Monte Cassino, den Grund zu dem nach ihm benannten Orden, indem er ausser den Gelübden der Armuth, Keuschheit und des Gehorsams, ausser Gebet und Betrachtung noch die Arbeit verlangte. Bis 1414 gingen 35 Päpste aus dem Benediktiner-Orden hervor. 74. Die Christianisirung der Germanen. Bei den Germanen trat dem Christenthum ein Staats- und Kulturleben in seinem Anfänge, ein fester Glauben an die Götter, grössere Sittlichkeit, reineres Familienleben, Achtung vor den Priestern, der Glaube an Vergeltung und Unsterblichkeit entgegen. Zugleich mit Annahme des Christenthums nahmen sie Theil an der alten Bildung. In den Grenzländem bestanden schon im ersten Jahrhunderte christliche Bisthümer. Einen Beweis von dem Geistesreichthum, der in ihnen schlummerte, lieferte der arianische Bischof Ulfilas (wo erwähnt?), der in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Bibel ins Gothische mit grosser Sprachgewandtheit übersetzte, obgleich nicht nur eine ausreichende Schrift, sondern auch vielfach die Begriffe von ihm neu geschaffen sind. Von politischer Bedeutung war der Uebertritt der Franken vom Arianismus zum Katholicismus. Unter den nicht ausgewanderten Germanen entfaltete zuerst Severin, der Apostel von Wien, den Odoaker auf dem Wege nach Rom besuchte, eine weitreichende und segensvolle Thätigkeit. Erst nach einem Jahrhunderte, als noch der Bürgerkrieg im Frankenreiche tobte, begannen Missionäre, meist aus Irland und England, wo schon das Christenthum tiefe Wurzeln gefasst hatte, bei den Alemannen und Baiern, unter denen nur wenige Spuren des Christenthums sich noch fanden, die \ erbreitung. Columban, wegen seiner Strafpredigten von Brun-liilde vertrieben, predigte um 600 am Bodensee, sein Schüler Gallus schuf in dem nach ihm benannten Kloster eine bedeutende Pflanzstätte für die Kultur des Mittelalters, während Rupert, der Apostel der Baiern, zu Salzburg Bisthum und Kloster (oder ein Jahrhundert später?) auf den Trümmern des alten Juvavium stiftete. Bald erhielten Mastricht in Amandus, Würzburg in Kilian ihre ersten Bischöfe. eis^ dem achten Jahrhundert gewann das Christenthum im ganzen fränkischen Reiche Platz. Die zahlreichen Klöster wurden segensreiche Bildungsstätten. St. Gallen stand bald an Bedeutung das Kloster von Reichenau gleich, das von Pirmin, dem Stifter vieler ändern Klöster, gegründet wurde, da ihm Karl Martell die Insel schenkte. Wie sein Gefährte Wilibrord, der das Bisthum Utrecht grün-

8. Die neue Zeit - S. 289

1877 - Leipzig : Brandstetter
289 sie unabhängig gemacht werden. Keine päpstliche Bulle durfte mehr ohne vorhergegangene Genehmigung des Kaisers verkündigt werden, auf daß der Staat vor den Uebergriffen des römischen Hofes geschützt sei. Von den 1443 Mönchs- und 623 Nonnenklöstern im österreichischen Staate hob Joseph 700 auf und ließ nur solche fortbestehen, die sich mit dem Unterricht der Jugend oder mit der Krankenpflege beschäftigten. Nicht länger sollten dem Staate viele Tausende von Menschen entzogen werden, welche bisher in einem für heilig gehaltenen Müßiggänge gelebt hatten. Die Güter der aufgehobenen Klöster ließ Joseph einziehen und zu gemeinnützigen Anstalten verwenden, nämlich zur Gründung neuer Volks - und gelehrten Schulen, zur Herstellung von Hospitälern, Waisenhäusern, Findelhäusern und ähnlichen Anstalten. Die Messe mußte in deutscher Sprache gesungen werden, wozu der österreichische Dichter und Gelehrte Michael Denis geistliche Lieder verfaßte. Die heilige Schrift wurde in die Landessprache übersetzt; die Wallfahrten, so häufig ein Anlaß zu großer Unsittlichkeit, wurden abgeschafft. Solche durchgreifende Maßregeln des Kaisers erregten die größte Besorgniß bei der Geistlichkeit, besonders des römischen Hofes. Da machte sich 1782 der Papst Pius Vi. auf den Weg und fuhr nach Wien, um durch sein persönliches Ansehen und seine Ueberredungen denkaiser von seinen Neuerungen zurückzuhalten. Joseph Ii. empfing das Oberhaupt der katholischen Kirche mit der größten Feierlichkeit und Höflichkeit, ließ sich aber auf keine Unterhandlungen ein und der Papst mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen. 9. Kaiserliche Worte und Thaten. In der Verwaltung des Staatswesens wollte Kaiser Joseph blos höchster Verwalter des Staates sein. Deshalb litt er keine Unterhändler und Vermittler zwischen sich und dem Volk. Vor der Thür des Kabinets, in welchem er vom frühen Morgen bis spät in die Nacht arbeitete, standen immer viel Leute jedes Standes, denn Jeder durfte frei zu dem Kaiser kommen und mit ihm reden. Da ging Joseph von Stunde zu Stunde hinaus, nahm ihnen ihre Bittschriften ab und führte sie auch wohl in sein Zimmer, daß sie ihm Alles sagten, was sie auf dem Herzen hatten. Schon seine edle Mutter hatte große Verbesserungen eingeführt, vornehmlich die Abschaffung der Folter, der Hexenprozesse und der Inquisition. Joseph erwarb sich ewigen Ruhm, indem er die so lange unterdrückten Juden durch Bildung und Recht den übrigen Staatsangehörigen in Oesterreich gleichzustellen suchte und indem er 1781 die Leibeigenschaft der Bauern aufhob. Dabei sprach er die echt kaiserlichen Worte: „Es ist ein Unsinn, zu glauben, daß die Obrigkeit das Land besessen habe, bevor es noch Unterthanen gab." Zum Beweise, wie hoch er den Bauernstand ehrte, trat er einst auf einer Reise durch Mähren zu einem Bauer, der auf dem Felde pflügte, ergriff den Pflug und ackerte selbst eine Strecke Landes. Die mährischen Stände bewahrten diesen Pflug, den des Kaisers Hand geführt hatte, zum Andenken. Grube, Geschichtsbilder. Hi. 19

9. Neue Geschichte - S. 304

1859 - Leipzig : Fleischer
304 erklärte: „Beurtheilungen, wenn sie keine Schmähschriften sind, sie mögen nun den Landesfürsien oder den Untersten betreffen, sind nicht zu verbieten." Ja, er las alle über ihn und seine Regierung erscheinende Schriften, die zum Theil sehr bittere Urtheile enthielten, und nie hat er die Verfasser im Ge- ringsten bestraft. — Dann verbot er alle Reisen und Geldsendungen der öst- reichischen Geistlichkeit nach Rom; er wollte sie ganz unabhängig vom römi- schen Papste machen, und untersagte darum auch, daß ohne seine besondere Erlaubniß eine Verordnung des Papstes in seinen Staaten bekannt gemacht würde. Er gewährte durch sein berühmtes Toleranz-Ediet den Protestanten, Reformirten und Griechen freie Religionsübung und die Gleichheit bürger- licher Rechte. Er hob alle die Klöster auf, deren Mönche ein unthätiges Leben führten, und sämmtliche Nonnenklöster, die der Elisabethinerinnen und Ursulinerinnen allein ausgenommen, weil jene sich mit Krankenpflege, diese mit Unterricht beschäftigten. Diese kühnen Schritte setzten den Papst in Un- ruhe; er hoffte, durch eine mündliche Unterredung den Kaiser von ferneren ähnlichen Schritten zurückhalten zu können, und kündigte daher seinen Besuch in Wien an, den der Kaiser aus Höflichkeit nicht 4vohl ablehnen konnte. Aber er verbot allen Kloster- und andern Geistlichen, sich wegen einer kirch- lichen Angelegenheit an den Papst zu wenden. Als Pius Vi. 1782 sich Wien näherte, fuhr ihm Joseph entgegen, und zum ersten Male, seitdem es Kaiser und Päpste giebt, sah man einen Kaiser und einen Papst, neben einander in Einem Wagen sitzend, ihren Einzug in Wien halten. Eine ungeheure Volks- menge war herbeigeströmt, welcher der Papst rechts und links reichlich den Segen ertheilte. Seine Wohnung erhielt Pius in der Kaiserburg, und zwar so, daß Niemand zu ihm kommen konnte, ohne von den kaiserlichen Beamten, die ihn nicht aus den Augen ließen, bemerkt zu werden. Mehrmals fing Pius an, mit Joseph über kirchliche Angelegenheiten zu sprechen; aber sogleich brach dieser ab, und bat, sein Begehren schriftlich abzufassen, damit die Theo- logen das Nöthige darauf antworten könnten. So blieb Pius einen ganzen Monat in Wien, ohne das Geringste ausgerichtet zu haben, aber immer war er mit der äußersten Artigkeit behandelt worden. Daß des Papstes Besuch auf Josephs Entschlüsse gar keinen Einfluß gehabt habe, zeigte sich bald. Bei Josephs Regierungsantritt gab es im Oestreichischen ungefähr 2000 Klöster. Er hob 700 davon, meist Klöster der Bettelorden, auf, und entließ damit mehr als 30,000 Mönche und Nonnen mit kleinen Jahrgehalten in das ihnen fremd gewordene Treiben der Welt. Die übrigen 1300 Klöster stellte er unter sehr strenge Aufsicht. Das durch die Einziehung gewonnene Geld wandte er an, neue Pfarrer anzustellen. Ferner verbot er die Todesstrafen, führte dagegen aber Strafarbeiten ein, die oft viel härter als der Tod waren, z. B. das Ziehen der Donauschiffe, und da er bemerkt hatte, daß früherhin oft Leute aus vornehmen Familien ohne Strafe oder mit einer nur gelinden Züchtigung weggekommen waren, so verordnete er, daß künftig jeder Schul- dige ohne allen Unterschied des Standes bestraft werden sollte. Daher kam es mehrmals vor, daß hohe Staatsbeamte, Hofräthe, Stabsoffiziere, Grafen und Barone mit geschorenem Kopfe, in grober Kleidung, und zwei und zwei mit Ketten an einander geschlossen, unter den gemeinen Verbrechern die Straßen kehren mußten, ein freilich sehr hartes Verfahren, welches ihm den

10. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 103

1912 - Leipzig : Hirt
2. Erste Regierungshaudluttgen. 3. Die Kaiserliche Familie. 103 .5 Ich gelobe, da Ich die Verfassung des Knigreiches fest und Un-verbrchlich halten und in bereinstimmung mit derselben und den Gesetzen regieren will, so wahr Mir Gott helfe!" Im weitern Verlaufe seiner Rede erklrte der König, da er die Rechte des Volkes ebenso wie die des Knigs achten und wahren wolle. Dann fuhr er fort: Dem Vorbilde Meiner erhabenen Ahnherren folgend, werde Ich es jederzeit als eine Pflicht erachten, allen religisen Bekenntnissen in Meinem Lande bei der freien Ausbung ihres Glaubens Meinen knig-lichen Schutz angedeihen zu lassen. In bewegter Zeit habe Ich die Pflichten Meines kniglichen Amtes bernommen, aber Ich trete an die Mir nach Gottes Fgung gestellte Aufgabe mit der Zuversicht des Pflichtgefhls heran und halte Mir dabei das Wort des groen Friedrich gegenwrtig, da in Preußen der König des Staates erster Diener istj Die ersten Reisen des Kaisers. Kaiser Wilhelm ist vor allem bestrebt, die Leiden des Krieges von seinem Volke fernzuhalten. Um die Fürsten Europas von seinen friedlichen Absichten persnlich zu berzeugen, hat er gleich nach seiner Thronbesteigung ihnen seinen Besuch gemacht. Zuerst fuhr er zur See nach St. Petersburg zum Kaiser von Rußland. Dann begab er sich nach Stockholm zum Könige Oskar von Schweden. Von Stockholm fuhr der Kaiser nach Kopenhagen zum Könige von Dnemark. Die Reise nach Rußland war eine Tat staatsmnnischer Weisheit, der Besuch in Schweden ein Zeichen treuer Freundschaft, jener in Kopenhagen ein Beweis edler Vershnlichkeit. Spter machte der Kaiser eine Reise nach Wien zum Kaiser Franz Joseph von sterreich und nach Rom zum Könige Humbert von Italien. Durch den Besuch an den beiden Hfen wollte er den Fürsten und Vlkern dieser Lnder seinen Willen zu erkennen geben, das bestehende Friedensbndnis aufrecht zu erhalten. In Rom be-suchte er auch das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Leo Xiii. Die Worte, die der Kaiser bei seinem Regierungsantritt an das Volk und dessen Vertreter richtete, hat er in vollem Umfange aufrecht gehalten; aber eingedenk der bewhrten Worte altrmischer Staatsweisheit: Wenn du den Frieden haben willst, rste fr den Krieg" arbeitet er unausgesetzt an der Vervollkommnung des Heerwesens und der Flotte. Die Friedensstrke des Heeres betrgt 1/2 Million, die Kriegsstrke 5 Millionen; die Bemannung der Kriegsflotte 45 000 Mann. _J_ 3. Die Kaiserliche Familie. Seit dem 27. Februar 1881 ist Kaiser Wilhelm Ii. mit Auguste Viktoria, Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, geboren den 22. Oktober 1858, vermhlt. Glckliche Mutter von sechs

11. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 382

1910 - Regensburg : Manz
382 Heranbildung eines josephinischen Klerus. Pius Vi. in Wien. Plan eines Schismas. gründete man sogenannte General-Seminarien in den Städten Wien, Pest, Pavia und Löwen, deren Leitung man Männern von sehr zweifelhaftem Rufe übertrug; um Priester zu erhalten, die ganz von dem herrschenden Geiste durchdrungen wären, wurde deu Bischöfen zur Pflicht gemacht, nur solche zu weihen, welche die Regierung ihnen zur Erteilung der Weihen zuschicken würde. Vorstellungen, die dem Kaiser gegen sein Verfahren von einzelnen Bischöfen gemacht wurden, fanden nicht die mindeste Beachtung. In schnöder abweisender Form antwortete er sogar auf die Warnungen, die der Kurfürst Clemens Wenzeslans von Trier, der jüngste Bruder des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen, an ihn richtete. Gleich erfolglos waren die Verhandlungen, welche Papst Pius Vi. mit ihm pflog. Als aber im Jahre 1782 der Papst zu persönlicher Besprechung in Wien erschien, mußte er zu der Demütigung, welche er sich durch diesen Schritt selbst auferlegt hatte, auch noch die erfahren, daß er den Kaiser jetzt so wenig als im Verlaufe der späteren Verhandlungen zu irgend einem Nachgeben geneigt fand, ja, sich von ihm in einer förmlichen Staatskonferenz die Worte gefallen lassen mußte: „Belieben Eure Heiligkeit, die Vorstellungen niederzuschreiben, die Sie mir zugedacht, damit ich sie meinen Theologen zur Untersuchung vorlegen kann!" Dazu kam. daß während seiner Anwesenheit in Wien eine Flut von Schriften zur Herabwürdigung und Verspottung des Primats sich ungehindert unter das Volk ergoß. Noch mehr, während der Kaiser seinem erhabenen Gaste wenigstens mit den Formen der Ehrerbietung begegnete, schämte sich der Minister Kaunitz nicht, denselben durch ungeziemendes Benehmen zu kränken. Als der Papst in sein Zimmer trat, hatte er wie in Gedanken vertieft, am Kamin stehend und sich mit zurückgeschlagenen Rockschössen wärmend, den Hut auf dem Kopfe, nahm ihn zwar einige Augenblicke ab, setzte ihn aber dann sogleich mit der sarkastischen Entschuldigung wieder auf, „er habe einen schwachen Kopf." Joseph ging sogar in seinen Neuerungsplänen so weit, daß er sich zu einer förmlichen Losreißuug seiner Staaten vom Oberhaupte der Kirche entschloß. Nur die Vorstellungen des spanischen Geschäftsträgers Azara, den er im Jahre 1783 bei einem Aufenthalte zu Rate zog, und des Kardinals Bernis brachten ihn von dem Gedanken ab, eine österreichische Landeskirche nach dem Muster der englischen Hofkirche zu bilden. Während Joseph als Kaiser-unter dem Einflüsse von Ungläubigen die Kirche zugunsten unbedingter Herrschergewalt zu erniedrigen bestrebt war, konnte er sich dem Wahne hin geben, daß deren Diener in solcher Erniedrigung noch fähig sein würden, den Geist des Gehorsams in dem Volke zu pflegen. Wie wenig Verständnis er für religiöse Dinge hatte, zeigte er auch durch das Ansinnen, die Geistlichen sollten mit Umgehung der Glaubenslehre nur die Sittenlehre predigen und das Volk in der Kirche mit den Regeln der Diät, der Hauswirtschaft usw. bekannt machen. Die Kirche sollte in eine der Polizei dienende Anstalt umgewandelt werden. Den stärksten Widerstand fanden Josephs Neuerungen in den niederländischen Provinzen. Die im Jahre 1786 erfolgte Aufhebung aller von den Bischöfen geleiteten theologischen Lehranstalten, die im Jahre 1787 erlassene Bekanntmachung einer ohne Rücksicht auf Abgrenzung und Verhältnisse der Landschaften neu gebildeten Einteilung und Verwaltung verursachten nicht allein eine tiefe Gärung, sondern auch den Versuch des Widerstandes. Der Herzog Albrecht von Sachsen, ein Bruder des Kurfürsten von Sachsen, sah sich als österreichischer Staathalter außerstande, den Willen des Kaisers im Widersprüche mit der Anhänglichkeit der Niederländer an ihr so lang geachtetes Recht durchzuführen. Der Kaiser berief ihn zurück und ordnete kriegerische Zwangsmaßregeln an. So wurden die Niederländer zu einem Aufstande gereizt zur Zeit, da in dem benachbarten Frankreich die bedenklichste Unruhe als Vorbote einer allgemeinen Umwälzung die Gemüter erregte. Den eigent-

12. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 509

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
81. Kaiser Joseph Ii. 509 Grundsätzen erzogen wurden. Geldsendungen nach Rom durften nicht mehr Statt haben und die Dispensationen nur unentgeltlich angenommen werden. In der Lombardei eignete sich der Kaiser die Verleihung aller geistlichen Pfründen zu. Ein neues Ehe-Patent setzte die Grenzen zwischen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit fest. Alle geistlichen Brüderschaften und über 700 Klöster wurden aufgehoben und an 36,000 Mönche und Nonnen mit Pensionen ausgestattet. Das Vermögen der Klöster ward theils dem Religions-, theils dem Studien-Fonds zugeschlagen. Den päpstlichen Nuntien wurde erklärt, man betrachte sie nur als politische Gesandte an den Höfen, an welchen sie residirten. Gleich im Beginn dieser kirchlichen Anordnungen kündigte Papst Pius Vi. zur großen Ueberraschung des Kaisers an, daß er persönlich nach Wien kommen werde. Dem Kaiser war dies ungelegen, er wollte dem Besuche vorbeugen. Auch mehrere Cardinäle widerriethen die Reise. Pius Vi. aber vertraute auf den Zauber, der in feiner Würde lag, auf feine einnehmende Persönlichkeit, er hoffte die Menge zu begeistern, den Kaiser zu entwaffnen. Die Reise glich wirklich einem Triumphzuge. Joseph selbst, der dem Papste entgegengefahren war, führte ihn tn Wien ein; und während eines vierwöchentlichen Aufenthaltes daselbst waren die Bewohner der Stadt und der Umgegend in unaufhörlicher Bewegung, um seines Segens theilhaftig zu werden. Das Zuströmen der Fremden in Wien war so groß, daß man Mangel an Lebensrnitteln befürchtete. Die Feierlichkeiten des Osterfestes, die Kommunion und das Fußwafchen am Grünen Donnerstage in der Stephanskirche gaben dem Papste Gelegenheit, feine Hohepriester-liche Würde in verschiedenen Stellungen immer gleich Vortheilhaft zu zeigen; er erschien im vollen Ornate, die dreifache Krone auf dem Haupte, drei Cardinäle und zwei Bischöfe zur Seite, auf dem Altan der Jefuitenkirche, vor welcher 50,000 Menschen gedrängt standen, und spendete ihnen den Segen. Die Menge hatte der Papst allerdings begeistert, das katholische Gefühl neu belebt und so einen Zweck feiner Reife erreicht; aber der andere Zweck, den Kaiser umzustimmen, ihn auf dem Wege kirchlicher Reformen aufzuhalten, scheiterte gänzlich. Kaiser Joseph überhäufte den Papst mit Ehrenbezeugungen aller Art; aber auf Verhandlungen ließ er sich nicht ein. Er bat den Papst, feine Erinnerungen schriftlich mitzutheilen, er glaube übrigens, daß feine Verordnungen die katholische Lehre gar nicht beträfen, und er werde sie mit unerschütterlicher Standhaftigkeit festhalten. Als der Papst Wien verließ, um über München nach Rom zurückzukehren, begleitete ihn der Kaiser bis Mariabrunn. Sie trennten sich ohne Rührung; aber noch am selben Tage erschienen kaiserliche Eommiffarien im Kloster Maria-brunn und hoben es auf. Zwischen dem kaiserlichen und dem päpstlichen Hofe hatte ein lebhafter, gereizter Briefwechsel Statt; man befürchtete einen Bruch, als Kaiser Joseph plötzlich unerwartet in Rom erschien. Er verhandelte mit dem Papste persönlich, was er in Wien verweigert hatte, und es

13. Neuzeit - S. 193

1912 - Stuttgart : Bonz
193 Walter des Staates sei," und wute in diesem Dienst trotz zarter Ge-sundheit nichts von Schonung. In ihm fand der aufgeklrte Absolutismus" seinen liebenswrdigsten und rcksichtslosesten Vertreter: er war ein begeisterter Verehrer der Aufklrungsphilosophie, ohne Frei-geist zu sein; vielmehr war ihm, was ihm das Wesentliche am christ-lichen Glauben schien, Herzenssache. Zugleich war er ein Absolutist, der trotz seiner Freiheitsschwrmerei seine Reformen mit rckfichts-loser Gewaltttigkeit durchzusetzen suchte, ungeduldig und doch auch wieder unbestndig. So hat er in der Form eines ganz unbeschrnkten, rein brokratischen Regierungssystems das Gebude seiner Reformen aufgefhrt mit sich berstrzender Hast, ohne Rcksicht auf die Stim-mnng des Volkes, auf das geschichtlich Gewordene, auf die Ver-hltuisse der verschiedenen Reichslnder, darum schlielich auch ohne Bestand. b. Kirchliche Reformen. Auf dem Gebiet der Kirche ging das System des Josephinismus darauf aus, die Landeskirche mglichst von Rom unabhngig zu machen und dafr fest dem Staat unterzuordnen, der es sogar unternahm, in das Innere der Kirche hinein das Licht seiner Aufklrung leuchten zu lassen. 1) So hat Joseph den Verkehr der Bischse und anderer geistlicher Obern mit dem Papst mglichst unterbunden, den Besuch des Collegium Germanicum in Rom den sterreichern ausnahmslos verboten. Da-gegen wurde den Bischfen ein neuer staatlicher Eid auferlegt, die Verffentlichung ppstlicher Bullen wurde von der kniglichen Ein-willigung (placetum regium) abhngig gemacht, die Dispensation von Ehehindernissen den Bischfen bergeben. 2) Besonders war dem Kaiser das Mnchtnm, das ihm als unvernnftig, unntz und staatsgefhrlich erschien, zuwider. Zuerst wurde den Klstern die Verbindung mit Rom, mit den Ordensgeneralen, mit dem Ausland untersagt, dann eine Menge von Klstern, namentlich die der beschaulichen Orden, welche weder Schule halten noch predigen noch den Beichtstuhl versehen noch den Sterbenden beistehen noch sonst in Studien sich hervortun", (im ganzen 738 von 2163) aufgehoben. Aus dem Vermgen der Klster wurde der Religionsfonds gebildet, der fr kirchliche Zwecke verwendet werden sollte. Der Papst Pius Vi. (17751799) unternahm (1782) eine Reise nach Wien, um den Kaiser umzustimmen. Die begeisterte Aufnahme, die der Papst berall auf der Hin- und Rckreise und vor allem in Wien, wo 3050 000, ja 100 000 Menschen sich bestndig vor der Burg drngten, fand, bewies, da auch im Zeitalter der Aufklrung der Papst im katholischen Volk viel mehr zu bedeuten hatte, als die Aufklrer meinten. Aber der Zweck seiner Reise wurde bei Joseph, der dem Papst brigens alle Ehre erwies, nicht erreicht. An demselben Tag, an dem der Kaiser von dem Papst im Kloster Mariabrunn Abschied nahm, hob er eben dieses Kloster auf, drei Tage darauf 150 weitere. Frohnmeyer, Lehrbuch. Ii. Teil. 13

14. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 552

1864 - Köln : DuMont-Schauberg
552 84. Joseph Ii. als politische Gesandte an den Höfen, an welchen sie residirten. Gleich im Beginn dieser kirchlichen Anordnungen kündigte Papst Pins Vi. zur großen Ueberraschung des Kaisers an, daß er persönlich nach Wien kommen werde. Dem Kaiser war dies ungelegen, er wollte dem Besuche Vorbeugen. Auch mehrere Cardinäle widerriethen die Reise. Pius Vi. aber vertraute auf den Zauber, der in seiner Würde lag, auf seine einnehmende Persönlichkeit, er hoffte die Menge zu begeistern, den Kaiser zu entwaffnen. Die Reise glich wirklich einem Triumphzuge. Joseph selbst, der dem Papste entgegengefahren war, führte ihn in Wien ein; und während eines vicrwöchentlichen Aufenthaltes daselbst waren die Bewohner der Stadt und Umgegend in unaufhörlicher Be- wegung, um seines Segens theithaftig zu werden. Das Zuströmen der Fremden in Wien war so groß, daß man Mangel an Lebensmitteln befürchtete. Die Feierlichkeiten des Osterfestes, die Communion und das Fußwaschen am grünen Donnerstage in der Stephanskirche gaben dem Papste Gelegenheit, seine hohepriesterliche Würde in verschiedenen Stellungen immer gleich vortheilhaft zu zeigen; er erschien im vollen Ornate, die dreifache Krone auf dem Haupte, drei Cardinäle und zwei Bischöfe zur Seite, auf dem Altan der Jesuitcnkirche, vor welcher 50,000 Menschen gedrängt standen, setzte sich auf einen dort errichteten Thron und stimmte mit weit hallender Stimme die Absolutionsformel an, welche die Hof-Chorsänger fortsetzten. Als er darauf, nach Ablegung der Krone, an die Brüstung trat, mit andachtverklärtem Auge ein inbrünstiges Gebet sprach, dann aber gegen die zur Erde gesunkenen Tausende die Rechte erhob, um sie im Namen des dreieinigen Gottes zu segnen, da wurden auch solche, die ihn nicht als ihren Oberhirten verehrten, wider ihren Willen von dein Gefühle der gläubigen Menge ergriffen. Die Menge hatte der Papst allerdings begeistert, das ka- tholische Gefühl neu belebt und so einen Zweck seiner Reise erreicht, aber der andere Zweck, den Kaiser umzustimmen, ihn auf dem Wege kirchlicher Reformen aufzuhalten, scheiterte gänzlich. Kaiser Joseph überhäufte den Papst mit Ehrenbezeugungen aller Art; aber auf Verhandlungen ließ er sich nicht ein. Er bat den Papst, seine Erinnerungen schriftlich mitzutheilen, er glaube übrigens, daß seine Verordnungen die katholische Lehre gar nicht beträfen, und er werde sie mit unerschütterlicher Standhaftigkeit fcsthalten. Als der Papst Wien verließ, um über München noch Rom zurückzukehren, begleitete ihn der Kaiser bis Mariabrunn. Sie trennten sich nicht ohne Rüh- rung; aber noch am selben Tage erschienen kaiserliche Commissaricn im Kloster Mariabrunn und hoben es auf. Zwischen dem kaiserlichen und dem päpstlichen Hofe hatte ein lebhafter, gereizter Briefwechsel Statt; man befürchtete einen Bruch, als Kaiser Joseph plötzlich unerwartet in Rom erschien. In einem Gespräch daselbst mit dem spanischen Ge- schäftsträger, Ritter von Azara, traten des Kaisers geheimste Gedanken an das Licht; er theilte dem Spanier mit, daß er das Kirchenwesen seiner Monarchie gänzlich von Rom losreißen, die Oberherrschaft Roms

15. Deutsche Geschichte bis 1648 - S. 158

1918 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
158 selben Wort und Verstand verwerfen und dem Papst folgen, der nicht Glauben noch Geist hat? Wre doch das1) den ganzen Glauben und die christliche Kirche verleug-nen. Item, es mu ja nicht allein der Papst Recht haben, der Artikel recht ist: Ich glaube eine heilige christliche Kirche," oder mssen also beten: Ich glaube in den Papst zu Rom," und also die christliche Kirche ganz in einen Menschen ziehen, welches nicht anderes denn teufelisch und hllisch Irrtum wre........ Die dritte Mauer fllt von ihr selbst, wo diese ersten zwo fallen; denn wo der Papst wider die Schrift handelt, sein wir schuldig, der Schrift beizustehen, ihn strafen und zwingen nach dem Wort Christi Matth. 18, 1517: Sndiget dein Bruder wider dich, so geh hin und sag's ihm zwischen dir und ihm allein; hret er dich nicht, so nimm noch einen oder zween zu dir; hret er die nicht, so sag es der Gemeine; hret er die Gemeine nicht, so halte ihn als einen Heiden......" Sie haben auch keinen Grund der Schrift, da allein dem Papst gebhr, ein Concilium zu berufen oder besttigen, denn allein ihre eigenen Gesetze, die nicht weiter gelten, denn soserne sie nicht schdlich sein der Christenheit und Gottes Gesetzen. Wo nun der Papst strflich ist, hren solch Gesetz schon auf, dieweil es schdlich ist der Christenheit, ihn nicht zu strafen durch ein Concilium. So lesen wir Apostelgeschichte 15, da der Apostel Concilium nicht St. Peter hat be- rufen, sondern alle Apostel und die ltesten...... Darum, wo es die Not fordert und der Papst rgerlich der Christenheit ist, soll dazu tun, wer am ersten kann, als ein treu Glied des ganzen Krpers, da ein recht frei Concilium werde, welches niemand so wohl vermag als das weltliche Schwert. Wre das nicht ein unnatrlich Furnehmen, so ein Feuer in einer Stadt aufginge, und jedermann sollte stille stehen, lassen fr und fr brennen, was da brennen mag, allein darum, da sie nicht die Macht des Burgemeisters htten oder das Feuer vielleicht an des Burgemeisters Haus anhbe? Ist nicht hier ein jeglicher Brger schuldig, die anderen zu bewegen und berufen? Wie viel mehr soll das in der geistlichen Stadt Christi geschehen, so ein Feuer des rgernis sich erhebt, es sei an des Papsts Regiment oder wo es wolle...... W" Denn solch seine vermessene Gewalt ist nichts, er hat sie auch nicht, und wird bald mit einem Spruch der Schrift niedergelegt, denn Paulus zu den Korinthern sagt: Gott hat uns Gewalt geben, nicht zu verderben, sondern zu bessern die Christenheit." Wer will der diesen Spruch hpfen? 96. Luther wird vor den Reichstag geladen. 6. Mrz 1521. Quelle: Karls V. Vorladungsbrief an Luther. Worms, 6. Mrz 1521. Fundort: Deutsche Reichstagsakten, jngere Reihe, Bd. 2. Beerb, von A. Wrede. Gotha 1896. Karl von Gottes Gnaden erwhlter rmischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs usw. Ehrsamer, Lieber, Andchtiger!2) Nachdem wir uns und des heiligen Reichs Stnde, jetzt hier versammelt, vorgenommen und entschlossen, der Lehren und *) Hiee doch das..... 2) Der ppstliche Nuntius entrstete sich der diese ehrende Anrede. Es war jedoch nur die bliche fr einen Mann von Luthers weltlichem und geistlichem Stand. Kurfürst Friedrich begann seinen Geleitbrief vom 11. Mrz weit ehrenvoller: Ehrwrdiger, geistlicher und hochgelehrter, lieber, andchtiger."

16. Mittlere und neue Geschichte - S. 245

1877 - Leipzig : Senf
U. Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt. 245 sehen, seine Mutter, äußerst eifersüchtig aus ihre Macht, ließ ihm keinen Einfluß auf die Negierung ihrer Erbläuder, erst nach ihrem Tvde 1780 übernahm er dieselbe. Der Versuch Josephs, als deutscher Kaiser in die erstarrte Neichsverfassuug einen frischen Geist zu bringen, mißlang; die Revision des Kammergerichts von Wetzlar machte nur den traurigeu Verfall der Reichsjustiz Allen offenbar, ohne wesentliche Verbesserungen herbeizuführen. Seine Versuche aber, der kaiserlichen Macht größern Einfluß zu verschaffe« (z. B. mit dem den Kaisern gehörenden Rechte, einzelnen geistlichen Reichsstäudeu Panisbriefe für begünstigte Personen zuzusenden) scheiterte ganz an dem Widerstreben Preußens und dem Mißtrauen der andern Reichsstände. Seit 1780 Fürst der österreichischen Erbländer, suchte Joseph hier schnell den neuen Zeitgeist in die Regierung der sehr verschiedenartigen Minder einzuführen. «Seine Mutter hatte langsam, aber verständig reformirt. Joseph hatte die edelsten Absichten, aber er beachtete die in der Natur und Geschichte seiner Völker liegenden Hindernisse zu weuig, er wollte einen Staat aus den verschiedenartigen Ländern machen und sie durch die edelste Staatsweisheit beglücken, aber die geistige Vorbildung der Bewohner seiner Länder war erst im Auskeimen und die vielfache Verletzung der durchs Alter lieb gewordenen Vor urtheile erregte zuerst Mißvergnügen und später offnen Aufruhr. Aber nicht zufriedeu mit der Rolle eines Gesetzgebers und - esormators von Oesterreich dürstete sein unruhiger Geist auch nach den Lorbeeren des Krieges und beiden Ausgabe,: zugleich wäre auch die Kraft eines Friedrich nicht gewachsen gewesen. Berühmt und von segensreicher Wirkung war sein Toleranzedikt, durch das endlich die Protestanten, namentlich in Böhmen, wieder die freie Ausübung ihrer Religion erhielten, die Aufhebung von zahlreichen Klöstern folgte und umsonst war die Reise von Papst Pins Vi. nach Wien, um den Kaiser auf andere Gesinnungen zu bringen, 1782. Selbst in die geistlichen Fürsten drang damals der Gedanke, eine freiere Stellung gegen Rom anzunehmen, die vier deutschen Erzbischöfe (außer deu drei geistlichen Kurfürsten der Erzbischof von Salzburg) schlossen 1786 die Gnnser Punktationen, die eine freiere Stellung der deutschen Kirche gegen Rom beabsichtigten, doch blieb dieser Versuch ohne Folgen. Von allen Schöpfungen des edlen Joseph überlebte ihn fast nur das Toleranzedikt; viele Erlasse hatte er zurücknehme» müssen, als er, schon seit 1788 körperlich zerrüttet durch die Beschwerden des unglücklichen Feldzuges im Banat, im Kriege mit der Pforte und deu empörten österreichischen Niederlanden, von den mißvergnügten Ungarn mit einem Ansstaude bedroht, den geistigen und körperlichen Schmerzen 1790 erlag.

17. Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg - S. 42

1895 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 42 — werfen und dem Papst folgen, der nicht Glauben noch Geist hat? Wäre doch das den ganzen Glanben und die christliche Kirche verleugnet. Weiter, es muß ja nicht allein der Papst recht haben, so der Artikel recht ist: „Ich glaube au eint heilige, christliche Kirche," oder sie müssen also beten: „Ich glaube an den Papst zu Nom," und also die christliche Kirche ganz in einen Menschen setzen, welches nichts anderes denn teuflischer und höllischer Irrtum wäre. Überdies so sind wir alle Priester, wie oben gesagt ist, haben alle einen Glauben, ein Evangelium, einerlei Sakrament; wie sollten wir denn nicht auch Macht haben, zu schmecken und zu urteilen, was da recht oder unrecht im Glanben wäre? Aus diesem allen sollen wir mutig und frei werden, frisch hindurch alles, was die Päpste thun oder lassen, nach unserm gläubigen Verstand der Schrift richten nud sie zwingen, dem Bessern zu folgen und nicht ihrem eignen Verstand. Darum gebührt einem jeglichen Christen, daß er sich des Glaubens annehme, ihn zu verstehen und zu verfechten und alle Irrtümer zu verdammen. 3. Die dritte Mauer fällt von selbst, wo diese ersten zwei fallen; denn wo der Papst wider die Schrift handelt, sind wir schuldig, der Schrift beizustehen, ihn zu strafen und zu zwingen nach dem Wort Christi, Matth. 18,15. Hier wird einem jeglichen Glied befohlen, für das andere zu sorgen. Wie viel mehr sollen wir dazuthun, wo ein gemeinsames, regierendes Glied übel handelt, welches durch sein Handeln viel Schaden und Ärgernis den andern giebt! Soll ich ihn denn verklagen vor der Gemeinde, so muß ich sie ja zusammen bringen. cie haben auch feinen Grund der Schrift, daß allein dem Papst gebühre, ein Konzil zu berufen oder bestätigen. So lesen wir Apg. 15, 6, daß der Apostel Konzil nicht St. Peter Berufen hat, sondern alle Apostel und die Ältesten. Auch das berühmteste Konzilium Nizäuum hat der Bischof zu Nom weder berufen nach bestätigt, sondern der Kaiser Konstautinus, und nach ihm Haben viele andere Kaiser desselben gleichen gethan, was doch die aller-christlichsten Konzilien gewesen sind. Aber sollte der Papst allein die Gewalt haben, so müssen sie alle ketzerisch gewesen sein. Darum, wo es die Not fordert, und der Papst der Christenheit ärgerlich ist, soll dazu thun, wer am ersten kann, als ein treues Glied des ganzen Körpers, daß ein rechtes, freies Konzilium werde. Dieses vermag niemand so wohl als das weltliche Schwert, sonderlich weil sie nun auch Mitchristen sind, Mitpriester, und sie sollen ihr Amt und Werk, das sie von Gott über jedermann haben, frei gehen lassen, wo es not und nütze ist. Wäre das nicht ein unnatürliches Vornehmen, so ein Feuer in einer Stadt aufginge, und jedermann sollte still

18. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 195

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 195 — fromme Christen unter uns sind, die den rechten Glauben, Geist, Verstand, Wort und Meinung Christi haben; ja warum sollte man denn derselben Wort und Verstand verwerfen und dem Papste folgen, der nicht Glauben noch Geist hat? Wäre doch das den Glauben und die ganze christliche Kirche verleugnet. Item es muß ja nicht der Papst allein recht haben, so der Artikel recht ist: ich glaube an eine heilige christliche Kirche. Oder wir mußten beten: ich glaube an den Papst zu Rom, und also die christliche Kirche ganz in einen Menschen ziehen, welches nicht anderes denn teuflischer und höllischer Irrtum wäre. „Die dritte Mauer fällt von ihr selbst, wo diese ersten zwei fallen. Denn wo der Papst wider die Schrift handelt, sind wir schuldig, der Schrift beizustehen, ihn zu strafen und zu zwingen nach dem Worte Christi (Matth. 18, 15). Hier wird befohlen einen jeglichem Glied, für das andere zu sorgen; wie vielmehr sollen wir dazu thun, wo ein gemein regierend Glied Übel handelt, welches durch seinen Handel viel Schaden und Ärgernis giebt dem anderen. Darum, wo es die Not fordert und der Papst ärgerlich der Christenheit ist, soll dazu thun, wer am ersten kann, als ein treu Glied des ganzen Körpers, daß ein recht frei Konzilium werde. Welches niemand so wohl vermag als das weltliche Schwert. Wäre das nicht ein unnatürlich Vornehmen, so ein Feuer in einer Stadt aufginge und jedermann sollte stille stehn, lassen für und für brennen, was da brennen mag, allein darum, daß sie nicht die Macht des Bürgermeisters hätten, oder das Feuer vielleicht an des Bürgermeisters Hause anhübe? Ist nicht hier ein jeglicher Bürger schuldig, die andern zu bewegen und berufen? Wie viel mehr soll das in der geistlichen Stadt Christi geschehen, wo ein Feuer des Ärgernisses sich erhebt, es sei an des Papstes Regiment, oder wo es wolle. Desselben gleichen geschieht auch, so die Feinde eine Stadt überfielen: da verdienet der Ehre und Dank, der die andern am ersten ausbringt. Warum sollte denn der nicht Ehre verdienen, der die höllischen Feinde verkündet und die Christen erweckt und beruft?" „Hiemit, hoffe ich, soll das falfche, lügenhaftige Schrecken, damit uns nun lange Zeit die Römer haben schüchtern und blöde Gewissen gemacht, darnieder liegen. Run wollen wir sehen die Stücke, die man billig in den Konzilien so Ilte handeln und damit Papst, Kardinäle, Bischöfe und alle Gelehrten sollten billig Tag und Nacht umgehen, so sie Christum und seine Kirche lieb hätten. Zum ersten ist greulich und erschrecklich zu sehen, daß der Oberste in der Christenheit, der sich Christi Vikarius und St. Peters Nachfolger rühmet, so weltlich und prächtig fähret, daß ihn darinnen kein König, kein Kaiser mag erlanqen und ihm gleich werden, und indem er der Allerheiligste und Christlichste sich lässet nennen, weiteren Wesens ist denn die Welt selber. Gleicht sich das mit dem armen Christo und St. Peter, so ists ein neu Gleichen. Zum andern, wozu ist das Volk nütze in der Christenheit, das da heißt die Kardinäle? Das will ich dir sagen: Welsch- und 'Deutsch? 18*

19. Wege zum Staatsgedanken - S. 206

1912 - Straßburg i.E. : Bull
206 Die Weltmacht des neuen Deutschen Reiches. 7. Die Weltmacht des mittelalterlichen Kaisertums. Nachdem das Reich Karls des Großen auseinandergefallen war, gab es vorerst kein Weltreich mehr. Ein neues haben erst die deutschen Könige wieder gegründet, die wir früher kennen lernten. Der eigentliche Gründer ist Otto I., und das deutsche Reich war Weltreich von dem Augenblicke an, da Otto in Rom (962) die römische Kaiserkrone erhielt. Wir wissen schon, warum er römischer Kaiser wurde. Auch er hat sich aus die Lilfe der Kirche stützen müssen wie Chlodwig und Karl. Was sollte der Kaiser anfangen, um sicher zu sein, daß der Papst nicht eines Tages die Bischöfe gegen ihn selber zum Kampfe führte? (Das Suchen der Kinder leitend, Ergebnis: der Kaiser mußte auch Gewalt bekommen über den Papst. Das Recht, den Papst zu ernennen, mußte er erwerben.) Das hat der Kaiser er- worben. Otto I. ließ das Volk von Rom, das damals den Papst zu wählen hatte, schwören, daß kein Papst geweiht werden dürfe, bevor er dem Kaiser Treue geschworen habe. Das war viel. Nun würde doch der Papst, der dem Kaiser Treue geschworen, nicht gegen den Kaiser aufstehen. Zn der späteren Zeit ist dieses Recht des Kaisers noch sicherer geworden. Heinrich Iii. (1038—1056), der Sohn jenes Konrad Ii., der 1024 aus der Ebene zwischen Worms und Mainz gewählt wurde, hat sich zum unbedingten Herrn des Papstes gemacht. Drei Päpste stritten damals darum, welcher unter ihnen den päpstlichen Stuhl einnehmen dürfe. Einer hatte sogar seine Wahl mit Geld erkauft. Da berief Heinrich, als er auf einem Kriegszuge in Italien weilte, die Bischöfe, Äbte und Mönche, die ihm gefolgt waren, zu- sammen, hielt mit ihnen Gericht über die drei Päpste, setzte sie alle drei ab und ernannte einen der deutschen Bischöfe, der ihm treu er- geben war, zum Papst. Als dieser nach einiger Zeit starb, setzte der Kaiser wieder einen anderen ein. So war der Kaiser der Herr der ganzenchristenheit, der mächtigste Mann in Europa, der erste Herrscher der Welt. Das deutsche Reich, die deutsche Weltherrschaft stand sicher. Aber die Dinge dieser Welt verändern sich oft sehr schnell. 40 Zahre später war alles gerade umgekehrt: Der Kaiser besiegt; der Papst der Herr der Welt. Wie war das möglich? Der Kaiser

20. Viertehalb Jahrhunderte - S. 888

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
888 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätrgen Slaalskunst. gemacht wurden, fanden nicht die mindeste Beachtung, und schnöde ab- weisend antwortete er auch auf die Warnungen, die der Kurfürst Cle- mens Wenceslauö von Trier, der jüngste Bruder des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen, an ihn richtete. Gleich erfolglos waren die Ver- handlungen, welche Papst Pius Vi. mit ihm pflog. Als aber im Jahre 1783 der Papst zu persönlicher Besprechung in Wien erschienen war, mußte er zu der Dcmülhigung, welche er sich durch diesen Schritt selbst auferlegt hatte, auch noch die erfahren, daß er den Kaiser jetzt so wenig, als im Verlaufe der späteren Verhandlungen, zu irgend einem Nachge- den geneigt fand. Dazu kam, daß während seiner Anwesenheit in Wien eine Flut von Schriften zur Herabwürdigung und Verspottung des Pri- mates sich ungehindert über das Volk ergoß. Ja der Minister Kaunitz war, während der Kaiser seinem Gaste wenigstens mit den Formen der Ehrerbietung begegnete, niedrig genug, denselben durch ungeziemendes Benehmen zu kränken. Joseph aber bildete seine Neuerungspläne so weit aus, daß er sich zu einer förmlichen Losreißung der Kirche seiner Staaten von der Leitung des Papstes entschloß und nur durch das bei ihm viel geltende Urtheil Azara's, des spanischen Gesandten zu Rom, den er noch im Jahre 1783 bei einem dortigen Aufenthalte zu Rathe zog, darauf verzichtete, eine östreichische Landeskirche nach dem Muster der englischen Hochkirche zu bilden. Während Joseph, der sich persön- lich nie gegen die Lehren der Kirche erklärte, als Kaiser unter dem Einflüsse von Ungläubigen zu Gunsten unbedingter Herrschergewalt die Kirche so zu erniedrigen bestrebt war, konnte er sich dem Wahne hin- geben, daß deren Diener in solcher Erniedrigung noch fähig sein wür- den, den Geist des Gehorsams in dem Volke zu pflegen. Er sah nicht, daß die Anforderungen, die er in diesem Betracht an die Geistlichen richtete, nur so lange erfüllbar sein würden, als seine Thätigkeit noch nicht ihre vollen Früchte getragen haben würde. Wie wenig er ein Verständniß für das Wesen der Kirche hatte, zeigte sich daran, daß er von den Geistlichen mit Umgehung der Glaubenslehre nur die Sitten- lehre gepredigt haben und außerdem das Volk in der Kirche mit den Regeln der Lebensweise und der Wirthschaft bekannt gemacht sehen wollte. Nach der Ansicht derjenigen, die ihn leiteten, war die Kirche nur darum noch der Erhaltung werth, um in eine zur Unterstützung der Polizei dienende Anstalt umgewandelt zu werden. 35. Den stärksten Widerstand fanden die Neuerungen in den nie- derländischen Provinzen Oestreichs. Die im Jahre 1786 erfolgte Auf- hebung aller von den Bischöfen geleiteten theologischen Lehranstalten, die im Jahre 1787 erlassene Bekanntmachung einer ohne Rücksicht auf Ab- grenzung und Verhältnisse der Landschaften neu gebildete Eintheilung und Verwaltung, verursachten nicht allein Gährung, sondern auch den