Ähnliche Ergebnisse
1873 -
Hildburghausen
: Gadow
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Hoch rollten die Wogen entlang ihr G'leis
Und rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Auf Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke drüber her,
Und mitten stand ein Häuschen drauf, ff.j
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind,
„O Zöllner, o Zöllner! entfleuch geschwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Sturm und Wog' ins Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!
Verloren! verloren! wer rettet mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß,
Von beiden Ufern hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort:
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß,
An beiden Enden hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort:
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich,
„Barmherziger Himmel! Erbarme dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
Und Jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte Niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.
Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! so nenn' ihn, nenn' ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich:
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
1915 -
Leipzig [u.a.]
: B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
- Autor: Götze, G., Hellmuth, E., Dietlein, Rudolf, Dietlein, Woldemar, Schrader, Hermann
- Hrsg.: Jenetzky, F. W.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Paritätische Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
102
4. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
aus Quaderstein von unten auf,
lag eine Brücke drüber her,
und mitten stand ein Häuschen drauf;
hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind.
„O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!"
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
laut heulten Sturm und Wog' ums Haus
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
und blickt' in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren, verloren! Wer rettet mich?"
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß;
von beiden Ufern, hier und dort,
von beiden Ufern riß der Fluß
die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
er heulte noch lauter als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß;
an beiden Enden, hier und dort,
zerborsten und zertrümmert schoß
ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
und jeder schrie und rang die Hand;
doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.
9. Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn ihn, nenn ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
1883 -
Regensburg
: Pustet
- Autor: Schätz, Joseph
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
336
Lag eine Brücke drüber her,
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind:
O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!"
5. 6s dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt in den Tumult hinaus:
,,Barmherziger Himmel! erbarme dich!
Verloren! verloren! wer rettet mich?"
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß,
Von beiden Ufern, hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß
An beiden Enden hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich:
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
Und jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte niemand Retter fein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Sturm und Wind.
9. Wann klingst du Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! so nenn' ihn, nenn' ihn dann!
' Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
„Bald nahet der Mitte der Umsturz sich:
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
5. Es dröhnt’ und dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Sturm und Wog’ ums Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt’ in den Tumult hinaus. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! Verloren! Wer rettet mich?"
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß;
Von beiden Ufern hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß;
An beiden Enden, hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein;
Und jeder schrie und rang die Hand,
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.
9. Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn’ ihn, nenn’ ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
10. Rasch galoppiert’ ein Graf hervor
Auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff. —
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt."
1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
1*20
Der Thauwind kam vom Mittagsmeer und schnob ^urch Wälsch-
land trüb und feucht; die Wolken flogen vor ihm her, wie wenn
der Wolf die Herde scheucht; er fegte die Felder, zerbrach den
Forst, auf Seeen und Strömen das Grundeis borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee, der Sturz von tausend
Wassern scholl; das Wiesenthal begrub ein See, des Landes Heer-
strom wuchs und schwoll; hoch rollten die Wogen entlang ihr Ge-
leis, und rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer, auf Quaderstein von un-
ten auf, lag eine Brücke drüber her, und mitten stand ein Häus-
chen drauf; hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind. — „O
Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran, laut heulte Sturm und
Wog' ums Haus; der Zöllner sprang zum Dach hinan und blickt'
in den Tumult hinaus — „Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß von beiden Ufern, hier
und dort! Von beiden Ufern riß der Fluß die Pfeiler sammt den
Bogen fort. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind, ec heulte
noch lauter als Strom und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß, an beiden Enden, hier
und dort; zerborsten und zertrümmert schoß ein Pfeiler nach dem
andern fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich — „Barm-
herziger Himmel! erbarme dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand ein Schwarm von Gaffern,
groß und klein, und jeder schrie und rang die Hand; doch mochte
Niemand Retter sein. Der bebende Zöllner, mit Weib und Kind,
durchheulte nach Rettung den Strom und den Wind.
Wann klingst du, Lied vom braven Mann, wie Orgelton und
Glockenklang? Wohlan, so nenn' ihn, nenn' ihn dann! Wann
nennst du ihn, mein schönster Sang? Bald nahet der Mitte der
Umsturz sich — o, braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Rasch galoppirt' ein Graf hervor auf hohem Roß, ein edler
Graf. Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war es
voll und straff: „Zweihundert Pistolen sind zugesagt dem, welcher
die Rettung der Armen wagt!"
Wer ist der Brave? Jst's der Graf? Sag' an, mein schönster
Sang, sag' an! Der Graf, beim höchsten Gott! war brav, doch
weiß ich einen bravern Mann. O, braver Mann, braver Mann,
zeige dich, schon naht das Verderben sich fürchterlich!
Und immer höher schwoll die Fluth, und immer lauter schnob
der Wind, und immer tiefer sank der Muth — o, Retter, Retter
1918 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Porger, Gustav
- Hrsg.: Wolff, Karl
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Knabenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
47. Das Liect vom braven Mann. Von Gottfried Surger.
Lämtliche Lchriren. Berausg. von Karl Reinhard. 1. Band.
Göttingen 1796. S. 187.
1. Der Tauwind kam vom Mittagsmeer
und schnob durch Welschland trüb' und feucht.
Die Wolken flogen vor ihm her,
wie wann der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
aus Seen und Strömen das Grundeis borst.
2. Am Hochgebirge schmolz der Schnee,
der Sturz von tausend Wassern scholl,
das Wiesental begrub ein See,
des Landes Heerstrom wuchs und schwoll,
hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis
und rollten gewaltige Felsen Eis.
3. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
aus Quaderstein von unten auf,
lag eine Brücke drüber her,
und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind. —
„O Zöllner! o Zöllner! entfleuch geschwind!"
4. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran,
laut heulten Sturm und Wog' ums Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
und blickt' in den Tumult hinaus. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! Verloren! Wer rettet mich?"
5. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß;
von beiden Ufern, hier und dort,
von beiden Ufern riß der Fluß
die Pfeiler samt den Bogen fort,
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
er heulte noch lauter als Strom und Wind.
6. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß;
an beiden Enden, hier und dort,
zerborsten und zertrümmert, schoß
ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. —
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!"
7. Bd. 2
- S. 114
1906 -
Straßburg
: Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
- Hrsg.: Gottesleben, N.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
114
Iii. Verkehr mit dein Nächsten.
107. Jas Lied vom öraven Wanne.
1. Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohen Muts sich rühmen kann,
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob, daß ich singen und preisen kann,
Zu singen und preisen den braven Mann!
2. Der Tauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Welschland trüb und feucht.
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.
3. Am Hochgebirge schmolz der Schnee;
Der Sturz von tausend Wassern scholl;
Das Wiesental begrub ein See;
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll;
Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis
Und rollten gewaltige Felsen Eis.
4. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quadersteitt von unten auf,
Lag eine Brücke drüberher,
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind.
O Zöllner! o Zöllner! entfleuch geschwind!
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt' in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! Wer rettet mich?"
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß;
Von beiden Ufern, hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß;
An beiden Enden, hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
Und jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Stroni und
Wind.
9. Wann klingst du, Lied vom braven
Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn ihn! nenn ihn dann!
Wann nennst du ihn, o braver Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
10. Rasch galoppiert' ein Graf hervor,
Auf hohem Roß ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher dierettung der Armen wagt!"
11. Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag an, mein braver Sang, sag an!
Der Graf, beim höchsten Gott! war brav;
Doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich.
12. Und immer höher schwoll die Flut,
Und immer lauter schnob der Wind,
Und immer tiefer sank der Mut.
O Retter, Retter! komm geschwind!
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach;
Laut krachten und stürzten die Bogen nach.
13. „Hallo! hallo! Frisch auf! Gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor;
Ein jeder hört's, doch jeder zagt,
Aus Tausenden tritt keiner vor.
Der Zöllner vergebens mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und
Wind.
1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
120
145. Das Lied vom braven Mann.
Hoch klingt das Lied vom braven Mann, wie Orgelton und Glocken-
klang. Wer hohen Muths sich rühmen kann, den lohnt nicht Gold, den
lohnt Gesang. Gottlob! daß ich singen und preisen kann, zu singen und
preisen den braven Mann. — Der Thauwind kam vom Mittagsmeer,
und schnob durch Welsehland, trüb' und feucht. Die Wolken flo-
gen vor ihm her, wie wenn der Wolf die Heerde scheucht. Er
fegte die Felder; zerbrach den Forst; auf Seen und Strömen das
Grundeis borst. — Am Hochgebirge schmolz der Schnee; der Sturz
von tausend Wassern scholl; das Wiesenthal begrub ein See; des
Landes Heerstrom wuchs und schwoll; hoch rollten die Wogen ent-
lang ihr Gleis, und rollten gewaltige Felsen Eis. — Auf Pfeilern
und auf Bogen schwer, aus Quaderstein von unten auf, lag eine
Brücke drüber her; und mitten stand ein Häuschen drauf. Hier
wohnte der Zöllner, mit Weib und Kind. — „O Zöllner! o Zöll-
ner ! Entfleuch geschwind!" — Es dröhnt' und dröhnte dumpf
heran, laut heulten Sturm und Wog' um's Haus. Der Zöllner
sprang zum Dach hinan, und blickt' in den Tumult hinaus. —
„ Barmherziger Himmel! Erbarme dich! Verloren! Verloren! Wer
rettet mich?" — Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß, von
beiden Ufern, hier und dort, von beiden Ufern riß der Fluß die
Pfeiler sammt dem Bogen fort. Der bebende Zöllner, mit Weib
und Kind, er heulte uoch lauter, als Strom und Wind. —- Die
Schollen rollten Stoß auf Stoß, an beiden Enden, hier und dort,
zerborsten und zertrümmert, schoß ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. — „ Barmherziger Himmel!
Erbarme dich! “ — Hoch auf dem fernen Ufer stand ein Schwarm
von Gaffern, groß und klein; und jeder schrie und rang die Hand,
doch mochte Niemand Retter seyn. Der bebende Zöllner, mit Weib
und Kind, durchheulte nach Rettung den Strom und Wind. —
Wann klingst du, Lied vom braven Mann, wie Orgelton und
Glockenklang? Wohlan! So nenn ihn, nenn ihn dann! Wann
nennst du ihn, mein schönster Sang? Bald nahet der Mitte der
Umsturz sich. O braver Mann! braver Mann! zeige dich! —
Rasch galoppirt' ein Graf hervor, auf hohem Roß ein edler Graf,
Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war es, voll und
straff. — „ Zweihundert Pistolen sind zugesagt dem, welcher die
Rettung der Armen wagt." — Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag an, mein braver Sang, sag an! — Der Graf, beim höchsten
Gott! war brav! Doch weiß ich einen bravern Mann. — O bra-
ver Mann! braver Mann! Zeige dich! Schon naht das Verderben
sich fürchterlich.— Und immer höher schwoll die Fluth; und immer
lauter schnob der Wind; und immer tiefer sank der Muth. —
O Retter! Retter! Komm geschwind! — Stets Pfeiler bei Pfeiler
zerborst und brach. Laut krachten und stürzten die Bogen nach. —
„Halloh! Halloh! Frisch auf, gewagt!" Hoch hielt der Graf den
Preis empor. Ein Jeder hör's, doch Jeder zagt, aus Tausenden
tritt Keiner vor. Vergebens durchhculte, mit Weib und Kind,
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
65
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Surm und Wog' um's Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt in den Tumult hinaus. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! Verloren! Wer rettet mich?" —
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß;
Don beiden Ufern, hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Sturm und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß;
An beiden Enden, hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!" —
8. Hoch auf dem fernen User stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
Und jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.
9. Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! So nenn' ihn, nenn' ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
10. Rasch galoppirt ein Graf*) hervor *
Aus hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!"
11. Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag' an, mein braver Sang, sag' an!
Der Graf — beim höchsten Gott — war brav;
Doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich. —
12. Und immer höher schwoll die Fluth;
Und immer lauter schnob der Wind;
Und immer tiefer sank der Muth. —
O Retter, Retter, komm' geschwind! —
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach;
Laut krachten und stürzten die Bogen nach.
13. Halloh! Halloh! Frisch auf! Gewagt!
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein jeder hört's, doch jeder zagt,
Aus Tausenden tritt keiner vor.
*) Spolverini war sein Name.
Lesebuch für Volksschulen.
5
1867 -
Altona
: Schlüter
- Autor: Burgwardt, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
89
Gottlob! daß ich singen und preisen kann,
Zu singen und preisen den braven Mann.
■1. Der Thauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Wälschland trüb' und seucht;
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Heerde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach ven Forst;
Aus Seen und Strömen das Grundeis borst.
3. Am Hochgebirge schmolz der Schnee;
Der Sturz von tausend Waßern scholl;
Das Wieseuthal begrub ein See;
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll.
Hoch rollten die Wogen in ihrem Gleis'
Und wälzten gewaltige Felsen Eis.
4. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Auf Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke d'rüber her,
Und mitten stand ein Häuschen d'raus.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind.
„O Zöllner! o Zöllner! entfleuch geschwind!"
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' um's Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blicket in die Flut hinaus:
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!
Verloren! verloren! wer reitet mich?" —
6. Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß,
Von beiden Ufern, hier und dort;
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter, als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß,
An beiden Ufern, hier und dorr,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein;
Und Jeder schrie und rang die Hand,
Dock mochte Niemand Retter sein.
1882 -
Halle
: Hendel
- Autor: Knauth, Franz
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
152
Heue Zeit. Das zweite klassische Zeitalter.
Der Tauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Welschland trüb' und
feucht;
Die Wolken flogen vor ihm her.
Wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
Auf Seen und Strömen das Grundeis
borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee;
Der Sturz von tausend Wassern scholl;
Das Wiesenthal begrub ein See;
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll;
Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis,
Und rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten aus.
Lag eine Brücke d'rüber her.
Und mitten stand ein Häuschen d'rauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und
Kind. —
„0 Zöllner, o Zöllner, entfleuch ge-
schwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' um's
Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt' in den Tumult hinaus. —
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß
Van beiden Ufern, hier und dort;
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter alsstrom undwind.
^.Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß
An beiden Enden, hier und dort;
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.—
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand
Einschwarm vongaffern, groß und klein,
Und jeder schrie und rang die Hand,
Doch mochte Niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom
und Wind. —
Wann klingst du, Lied vom braven
Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! so nenn' ihn, nenn' ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönersang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.
0 braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Rasch galoppirt' ein Gras hervor,
Auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
„Dem, welcher die Rettung der Armen
wagt!"
Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag an, mein braver Sang, sag an! —
Der Graf, beim höchsten Gott! war brav;
Doch weiß ich einen bravern Mann.—
0 braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürch-
terlich.
Und immer höher schwoll die Flut,
Und immer lauter schnob der Wind,
Und immer tiefer sank der Mut. —
„0 Retter, Retter, komm geschwind!"
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und
brach,
Laut krachten und stürzten die Bogen nach,
„Halloh ! halloh! frisch auf! gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein Jeder hört's, doch Jeder zagt;
Aus Tausenden tritt Keiner vor.
Vergebens durchheulte mit Weib und Kind
Der Zöllner nach Rettung den Strom
und Wind.
Sieh', schlecht und recht, ein Bauers-
mann
Am Wanderstabe schritt daher,
Mit grobem Kittel angethan,
An Wuchs und Antlitz hoch und hehr.
Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort.
Und schaute das nahe Verderben dort.
Und kühn in Gottes Namen sprang
Er in den nächsten Fischerkahn;
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
Kam der Erretter glücklich an:
Doch wehe! der Nachen war allzu klein.
Der Retter von allen zugleich zu sein.
1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
140
Der Tanwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Welschland trüb und feucht;
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
Auf See n und Strömen das Grundeis borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee,
Der Sturz von tausend Wassern scholl;
Das Wiesenthal begrub ein See;
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll.
Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis;
Sie rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke drüber her,
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind;
„O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' ums Hans.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt' in den Tumult hinaus.
„Baxmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! wer rettet mich?"
Die Schollen rollten, Schuß ans Schuß!
Bon beiden Ufern, hier und dort;
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß!
An beiden Enden, hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich:
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
llnd jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchhenlte nach Rettung den Strom und Wind.
1892 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
- 60 -
auf, lag eine Brücke drüber her, und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind; „o Zöllner, o Zöllner,
entfleuch geschwind!"
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran; laut heulten Sturm und
Wog' ums Haus. Der Zöllner sprang zum Dach hinan und blickt' in
den Tumult hinaus. „Barmherziger Himmel! erbarme dich! Verloren!
verloren! wer rettet mich?"
6. Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß; von beiden Ufern, hier
und dort, von beiden Ufern reißt der Fluß die Pfeiler samt den Bogen
fort. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind, er heulte noch lauter
als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß; an beiden Enden, hier
und dort, zerborsten und zertrümmert schoß ein Pfeiler nach dem andern
fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich: „Barmherziger Himmel!
Erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand ein Schwarm von Gaffern,
groß und klein, und jeder schrie und rang die Hand; doch mochte nie-
mand Retter sein. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind durch-
heulte nach Rettung den Strom und Wind. —
9. Wann klingst du, Lied vom braven Mann, wie Orgelton und
Glockenklang? Wohlan, so nenn ihn, nenn ihn dann! Wann nennst
du ihn, mein schönster Sang? Bald nahet der Mitte der Umsturz sich;
o braver Mann, braver Mann, zeige dich!
10. Rasch galoppiert ein Graf hervor, — auf hohem Roß ein edler
Graf. Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war es, voll
und straff. „Zweihundert Pistolen sind zugesagt dem, welcher die
Rettung der Annen wagt!"
11. Wer ist der Brave? Jst's der Gras? Sag an, mein braver
Sang, sag an! — Der Graf, beim höchsten Gott! war brav; doch weiß
ich einen bravern Mann. — O braver Mann! braver Mann! zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich.
12. Und immer höher schwoll die Flut, und immer lauter schnob
der Wind, und immer tiefer sank der Mut. O Retter! Retter! komm
geschwind! Stets Pfeiler auf Pfeiler zerborst und brach; laut krachten
und stürzten die Bogen nach.
13. „Hallo! Hallo! frisch auf, gewagt!" Hoch hielt der Graf den
Preis empor. Ein jeder hört's, doch jeder zagt; aus Tausenden tritt
keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind der Zöllner nach
Rettung den Strom und Wind. —
14. Sieh, schlecht und recht ein Bauersmann am Wanderstabe
schritt daher, mit grobem Kittel angethan, an Wuchs und Antlitz hoch
und hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort und schaute das
nahe Verderben dort.
15. Und kühn, in Gottes Namen, sprang er in den nächsten Fischer-
kahn; trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang kam der Erretter glücklich
an. Doch wehe! der Nachen war allzuklein, der Retter von allen zu-
gleich zu sein.
16. Und dreimal zwang er seinen Kahn trotz Wirbel, Sturm und
Wogendrang; und dreimal kam er glücklich an, bis ihm die Rettung
1861 -
Hanover
: Rümpler
- Autor: Colshorn, Theodor, Goedeke, Karl
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
53
Das Wieseilthal begrub ein See,
Des Landes Heerstram wuchs und schwoll;
Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis
Und rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke drüber her,
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind.
«O Zöllner! o Zöllner! entfleuch geschwind!'
Es dröhnt' »lud dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt' in den Tumult hinaus.
Warmherziger Himmel! erbarme dich!
Verloren! verloren! wer rettet mich?'
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß,
Bon beiden Ufern, hier und dort,
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß,
An beiden Endcir, hier uird dort,
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem aildern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
Warmherziger Himmel! erbarme dich!'
Hoch auf dem fernen Ufer staild
Ein Schwarm von Gafferil, groß und klein.
Und jeder schrie und rang die Hand,
Doch mochte niemand Netter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom rmd Wind.
Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! so nenn ihn, nenn ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Milte der Umsturz sich.
O braver Mann! braver Mann! zeige dich!
Rasch galoppiert' ein Graf hervor,
Auf hohem Roß ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
^Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt.'
1895 -
München
: Oldenbourg
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
57. Das Lied vom braven Mann.
465
ihm her, wie wann der Wolf die Herde scheucht. Er fegte
die Felder, zerbrach den Forst; auf Seen und Strömen
das Grundeis borst.
3. Am Hochgebirge schmolz der Schnee, der Sturz
von tausend Wassern scholl. Das Wiesenthal begrub ein
See, des Landes Heerstrom wuchs und schwoll. Hoch
rollten die Wogen entlang ihr Gleis und rollten gewaltige
Felsen Eis.
4. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer, aus Quader-
stein von unten ans, lag eine Brücke drüber her, und mitten
stand ein Häuschen drauf. Hier wohnte der Zöllner mit
Weib und Kind. — „O Zöllner, o Zöllner, entfleuch'
geschwind!"
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran, laut heulten
Sturm und Wog' ums Haus. Der Zöllner sprang zum
Dach' hinan und blickt' in den Tumult hinaus. „Barm-
herziger Himmel, erbarme dich! Verloren! Verloren! Wer
rettet mich?"
6. Die Schollen rollten, Schnß auf Schuß, von beiden
Usern, hier und dort. Von beiden Ufern riß der Fluß die
Pfeiler samt den Bogen fort. Der bebende Zöllner mit
Weib und Kind, er heulte noch lauter als Strom und Wind.
7. Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß, an beiden
Enden, hier und dort. Zerborsten und zertrümmert, schoß
ein Pfeiler nach dem andern fort. Bald nahte der Mitte
der Umsturz sich. — „Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand ein Schwarm
von Gaffern, groß und klein; ein jeder schrie und rang
die Hand; doch mochte niemand Retter sein. Der bebende
Zöllner mit Weib und Kind dnrchheulte nach Rettung den
Strom und Wind. —
9. Rasch galoppiert' ein Graf hervor, ans hohem
Roß ein edler Graf. Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff. — „Zweihundert Pistolen
sind zugesagt dem, welcher die Rettung der Armen wagt."
Lesebuch für die 5., 6. u. 7. Klasse der Volksschule. I. p. >30
1822 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Geschlecht (WdK): Jungen
Erzählungen« > A
Hoch rollten die Wogen entlang ihr Gleis,
Und rollten gewaltige Felsen Eis.
Auf Pfeiler und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke drüber her,
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind«,
„O Zöllner, o Zöllner! entfleuch geschwind!"
Es drölmt und dröhnte dumpf heran,
Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus«
Der Zöllner sprang zum Dach hinan,
Und blickt in den Tumult hinaus,
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!
Wcrlehrcn! verlohrcn! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß;
Bon beiden Ufern hier und dort,
Won beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter, als Strom und Wind»
Die Sckpllen rollten, Stoß auf Stoß;
An beiden Enden hier und dort,
Zerborsten und zertrümmert, schoß
Ein Pfeiler nach dem andern ¡fort«
Bald nahte cher Mitte, der Umsturz sich,
„Barmherziger Himmel! erbarme dich!"
Hoch an dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm vln Gaffern, groß und klein
Und jeder schrie, und rang die Hand;-
Doch mochte niemand Retter seyn. - -
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind»
Rasch gallopirt ein Graf hervor,
Auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war cs, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem^ welcher hie Rettung der Armen wagt."
Und
J
1853 -
Oppenheim a.Rh. [u.a.]
: Kern
- Autor: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hessen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten auf
Lag eine Brücke d'rüber her,
Und mitten stand ein Häuschen d'rauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind. —
„O Zöllner! o Zöllner! Entfleuch geschwind!" —
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' um's Haus.
Der Zöllner svrang zum Dach hinan.
Und . blickt in den Tumult hinaus. —
„Barmherziger Himmel! Erbarme dich!
„Verloren! Verloren! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß
Von beiden Ufern hier und dort;
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter, als Sturm und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß
An beiden Enden, hier und dort;
Zerborsten und zertrümmert schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
„Barmherziger Himmel! Erbarme dich!"
Hoch auf den fernen Ufern stand
Ein Schwarm von Gaffern groß und klein,
Und Jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte Niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Sturm und Wind.
Rasch galoppirt ein Graf hervor
Auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel'war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
„Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!"
Und immer höher schwoll die Fluth;
Und immer lauter schnob der Wmd;
Und immer tiefer sank der Muth. —
„O Retter! Retter! Komm geschwind!"
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach;
. Laut krachten und stürzten die Bogen nach.
. 10
Lesebuch in Lebensbildern. 4. 'ilufl.
1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
494
Als den Gast er horte pochen.
Hat er Wahrheit nicht gesprochen?
Wo man läßt den G a st nicht ein,
Muß kein Mensch zu Hause sein.
17. Der brave Mann.
Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohen Muths sich rühmen kann,
Dem lohnt nicht Geld, dem lohnt Gesang.
Gottlob! daß ich singen und preisen kann,
Zu singen und preisen den braven Mann.
Der Thauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Wäl sch land trüb' und feucht;
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Heerde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee,
Der Sturz von tausend Wassern scholl;
Das Wicscnthal begrub ein See,
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll.
Hoch rollten die Wogen cntlag ihr Gleis
Und rollten gewaltige Felsen Eis. >
Auf Pfeilern und auf Bogen, schwer,
Aus Quaderstein von unten auf,
Lag eine Brücke drüber her
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
. Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind.
„O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus;
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt' in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß
Von beiden Ufern, hier und dort;
Von beiden Ufern riß der Fluß
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß
An beiden Enden, hier und dort;
Zerborsten und zertrümmert, schoß
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein,
Und jeder schrie und rang die Hand;
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.
1887 -
Düsseldorf
: Schwann
- Hrsg.: ,, Kahl, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
54
Sie sind aber auch niemals und zu keinem Menschen
wieder gekommen.
56. Der brave Mann.
Der Tauwind kam Nom Mittagsmeer und schnob durch Welsch-
land trüb und feucht; die Wolken flogen vor ihm her, wie wenn
der Wolf die Heerde scheucht. Er fegte die Felder, zerbrach den
Forst; auf Seeen und Strömen das Grundeis borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee, der Sturz von tausend
Wassern scholl; das Wiesenthal begrub ein See, des Landes Strom
wuchs an und schwoll. Hoch rollten die Wogen in ihrem Gleis
und wälzten gewaltige Felsen Eis.
Ans Pfeilern und auf Bogen schwer, aus Quaderstein von
unten auf, lag eine Brücke drüber her, und mitten stand ein
Häuschen drauf. Hier wohnte ein Zöllner mit Weib und Kind.
„O Zöllner, o Zöllner! entfleuch geschwind!"
Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran; laut heulten Sturm
und Wog' ums Haus; der Zöllner sprang zum Dach hinan und
blickt' in den Tumult hinaus. — „Barmherziger Himmel, erbarme
dich! Verloren: verloren! Wer rettet mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß von beiden Ufern,
hier und dort; von beiden Ufern riß der Fluß die Pfeiler samt
den Bogen fort. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind, er
heulte noch stärker als Strom und Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß an beiden Enden, hier
und dort; zerborsten und zertrümmert schoß ein Pfeiler nach dem
andern fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. „Barm-
herziger Himmel, erbarme dich!"
Hoch auf den fernen Ufern stand ein Schwarm von Gaffern
groß und klein, und jeder schrie und rang die Hand; doch mochte
niemand Retter sein. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
durchhenlte nach Rettung den Sturm und Wind.
Rasch galoppiert ein Graf hervor auf hohem Roß; ein edler
Graf. Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war
es, voll und straff. „Zweihundert Dukaten sind zugesagt, dem,
der die Rettung der Armen wagt."
Und immer höher schwoll die Flut, und immer lauter schnob
der Wind, und immer tiefer sank der Mut. — „O Retter, Retter,
komm geschwind!" Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach;
laut krachten und stürzten die Bogen nach.
„Halloh! Halloh! Frisch aus. gewagt!" Hoch hielt der Graf
den Preis empor; ein jeder hört's, doch jeder zagt; aus Tausen-
den trat keiner vor, Vergebens durchhenlte mit Weib und Kind
der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind.
Sieh, schlecht und recht ein Bauermann am Wanderstabe schritt
1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
110
euch beliebt, dieweil ich hineingehe und ein Stück Brot dazu hole, dann
könnt ihr weiter gehen, wenn ihr wollt oder müßt!"
Aber der Müller wußte nicht, daß der verlorene Sohn einen Mord
auf seinem Gewissen hatte, und daß die Rache, zur Strafe über den, der
Böses thut, ihn schon auf der Ferse folgte. Und hätte er es gewußt, so hätte
er sich doch von ganzem Herzen darüber gefreut, daß er dem Feinde das
letzte Labsal reichen durfte. Es war aber für den verlorenen Sohn das
Henkersmahl. Denn noch hatte er die letzte Kirsche auf der Zunge, da
sprengten Reiter an den Gartenzaun. Und als er Miene machte, wieder
zu entweichen, schoß ihn einer seiner Verfolger durchs Herz, daß er zu-
sammensank und unter dem Kirschbaum seinen Geist aufgab. Der An-
führer der Schaar aber rief und sprach:
„Also ist ihm heute geschehen, wie er seinem Hauptmann gethan hat!"
Stöber.
162. Das Lied vom braven Mann.
1. Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohes Muts sich rühmen kann,
den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob! daß ich singen und Preisen
■ kann,
zu singen und preisen den braven
Mann.
2. Der Thauwind kam vom Mittagsmeer
und schnob durch Welschland trüb' und
feucht.
Die Wolken flogen vor ihm her,
wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den
Forst;
ans Seen und Strömen des Grundeis
borst.
3. Am Hochgebirge schmolz der Schnee;
der Sturz von tausend Wassern scholl;
das Wiesenthal begrub ein See;
des Landes Heerstrom wuchs und schwoll.
Hoch rollten die Wogen entlang ihr
Gleis
und rollten gewaltige Felsen Eis.
4. Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
aus Quaderstein von unten ans,
lag eine Brücke drüber her,
und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnte der Zöllner mit Weib
und Kind.
O Zöllner, o Zöllner, entfleuch ge-
schwind !
5. Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran;
laut heulten Sturm und Wog'ums Hans;
der Zöllner sprang zum Dach hinan
und blickt in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich!
Verloren! verloren! Wer rettet mich ?"
6. Die Schollen rollten Schuß auf Schuß,
von beiden Ufern hier und dort;
von beiden Ufern riß der Fluß
die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und
Kind,
er heulte noch lauter, als Strom
und Wind.
7. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß,
von beiden Enden, hier und dort;
zerborsten und zertrümmert schoß
ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
Barmherziger Himmel, erbarm e dich!
8. Hoch auf dem fernen Ufer stand
ein Schwarm von Gaffern, groß und
klein,
und jeder schrie und rang die Hand;
doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und
Kind,
durchheulte nach Rettung den Strom
und Wind.
9. Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn'ihn, nenn'ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster
Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich:
o braver Mann, braver Mann, zeige
dich!
10. Rasch galoppiert ein Graf hervor,
auf hohem Roß ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
dem, welcher die Rettung der Armen
wagt!"