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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 59

1913 - Leipzig : Hahn
59 In Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel von Meister und Gesellen lustig um die Wette: hüuh—hitt, hüuh—hitt! Die Sonne sandte durch das sanfte Weingerank, welche die Werkstattfenster so schön verschleierte, ihr liebliches Lächeln auf die fleißigen Leutchen da drinnen hin, und Meister Wernthal begleitete ihren Blick zuweilen mit ganz eigenen Augen, wenn er auf den jungen Gesellen fiel, der dort an seiner Seite so emsig hantierte, daß es geradezu eine Freude war, ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräfüg gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunkelm, dichtem Haargelock umrahmten und mit leichtem Bartflaum gezierten Gesichte das köstliche Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er ver- stand auch sein Handwerk, das sah man an der Art, wie er das Werk- zeug führte, und der Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein ; denn die Blicke, die er ihm zuweilen zuwarf, zeugten von Wohlwollen und Güte. Indessen, wer den schmucken Gesellen näher betrachtete, bemerkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerke war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Art Aufregung sich seiner bemächtigt hatte, ein Etwas, das sich als Unzufriedenheit mit sich und seinem Geschick auf seinem hübschen Antlitze wider- spiegelte. Und so war es auch. Der schmucke, fleißige Friedrich Breitkopf, der tüchtigste und geschickteste Geselle, den Meister Wernthal je in seiner Werkstatt beschäftigt hatte, war unzufrieden mit seinem Berufe. Der gute Junge haderte mit seinem Geschicke, das ihn zum Tischler gemacht und für die Zeit seines Lebens an die Hobelbank gestellt hatte, während andere, die kaum halb so hübsch und gewandt waren wie er (z. B. sein Schulkamerad Heinrich Hacker), in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhöfe herumstolzieren konnten, statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit arttgen, gebildeten Reisenden zu tun hatten und statt eines kärglichen Wochenlohnes reichliche Trink- gelder einsttichen, für die sie sich endlich selbst eine Restauration oder ein Gasthaus kaufen oder pachten konnten, um dann als große Herren zu leben, während er es höchstens bis zu einer bescheidenen eigenen Werkstatt bringen konnte, in der er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte, um sein tägliches Brot zu verdienen. Nein ! Was Heinrich Hacker konnte, konnte er auch, hüuh—hitt —hitt—-hitt! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräfüg über sein Brett hingleiten, blies sodann die Späne aus demselben fort, warf ihn auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu sollen; er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd machen?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich ttotzig, „ich habe das

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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 59

1906 - Leipzig : Hahn
59 und Gesellen lustig um die Wette: hüuh—hitt, hüuh—hitt! Die Sonne sandte durch das saftige Weingerank, welches die Werkstatt- senster so schön verschleierte, ihr liebliches Lächeln aus die fleißigen Leutchen da drinnen hin, und Meister Wernthal begleitete ihren Blick zuweilen mit ganz eigenen Augen, wenn derselbe auf den jungen Gesellen fiel, der dort an seiner Seite so emsig hantierte, daß es geradezu eine Freude war, ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten und mit leichtem Bartflaum gezierten Gesichte das köstliche Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er verstand auch sein Handwerk, das sah man an der Art, wie er das Werkzeug führte, und der Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein; denn die Blicke, die er ihm zuweilen zuwarf, zeugten von Wohlwollen und Güte. Indessen, wer den schmucken Gesellen näher betrachtete, bemerkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerke war, welche ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Art Aufregung sich seiner bemächtigt hatte, ein Etwas, das sich als Unzufriedenheit mit sich und seinem Geschick auf seinem hübschen Antlitze wieder- spiegelte. Und so war es auch. Der schmucke, fleißige Friedrich Breitkopf, der tüchtigste und geschickteste Geselle, den Meister Wernthal je in seiner Werkstatt beschäftigt hatte, war unzufrieden mit seinem Berufe. Der gute Junge haderte mit seinem Geschicke, das ihn zum Tischler gemacht und für die Zeit seines Lebens an die Hobelbank gestellt hatte, während andere, die kaum halb so hübsch und gewandt waren wie er (z. B. sein Schulkamerad Heinrich Hacker), in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhöfe herumstolzieren konnten, statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun hatten und statt eines kärglichen Wochenlohnes reichliche Trink- gelder einstrichen, für welche sie sich endlich selbst eine Restauration oder ein Gasthaus kaufen oder pachten konnten, um dann als große Herren zu leben, während er es höchstens bis zu einer bescheidenen eigenen Werkstatt bringen konnte, in der er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte, um sein tägliches Brot zu ver- dienen. Rein! Was Heinrich Hacker konnte, konnte er auch, hüuh—hitt — hitt—hitt! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hingleiten, blies sodann die Späne aus demselben fori, warf ihn auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu sollen; er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du Arllst fremd machen?" „Jawohl Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das

2. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 355

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
Handwerk ehrt, Handwerk nährt. 355 führte, und Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein; denn die Blicke, die er ihm dann und wann zuwarf, zeugten von Wohl- wollen und Güte. Wer indessen den schmucken Gesellen näher betrachtete, bemerkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerk war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Aufregung sich seiner bemächtigt hatte, und daß sich eine gewisse Unzufriedenheit auf seinem hübschen Antlitz widerspiegelte. In den letzten Wochen hatte er nämlich seinen Kameraden Heinrich Hacker in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhöfe umherstolzieren sehen; der hatte statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun, und statt eines kärglichen Wochenlohnes strich er reichliche Trinkgelder ein, für welche er sich endlich selbst eine „Restauration" oder ein Gasthaus kaufen oder pachten wollte, um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer bescheidenen eigenen Werkstatt bringen, in der er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte, um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hingleiten, blies sodann die Späne fort, warf ihn auf die Hobelbank und rief; „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd machen?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzetrel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich-----------" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel, und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" — „Nun, nun," antwortete Meister Wernthal jetzt mit leisem Spott, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, 's ist freilich jetzt grad' viel zu tun; aber ich bekomme schon einen andern Gesellen, und was deinen Lohn anbelangt, den kannst du auch haben." 2. Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls mit Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunst- gewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden, und so hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden, und reichlich flössen die Trink- gelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen, und im Geiste sah er sich schon als Gasthofsbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zu Mute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mitgearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesucher auf sich gelenkt hatte. Sachverständige aus der Hauptstadt hatten es geprüft in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt, und sie mußten gestehen, das Stück sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Friedrich

3. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 355

1903 - Essen : Baedeker
Handwerk ehrt, Handwerk nährt. 355 führte, und Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen fein; denn die Blicke, die er ihm dann und wann zuwarf, zeugten von Wohl- wollen und Güte. Wer indessen den schmucken Gesellen näher betrachtete, bemerkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerk war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Aufregung sich seiner bemächtigt hatte, und daß sich eine gewisse Unzufriedenheit auf seinem hübschen Antlitz wiederspiegelte. In den letzten Wochen hatte er nämlich seinen Kameraden Heinrich Hacker in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhöfe umherstolzieren sehen; der hatte statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun, und statt eines kärglichen Wochenlohnes strich er reichliche Trinkgelder ein, für welche er sich endlich selbst eine „Restauration" oder ein Gasthaus kaufen oder pachten wollte, um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer bescheidenen eigenen Werkstatt bringen, in der er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte, um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hingleiten, blies sodann die Späne fort, warf ihn auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremb machen?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich------—" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel, und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" — „Nun, nun," antwortete Meister Wernthal jetzt mit leisem Spott, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, 's ist freilich jetzt grad' viel zu tun; aber ich bekomme schon einen andern Gesellen, und was deinen Lohn anbelangt, den kannst du auch bekommen." 2. Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls mit Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunst- gewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden, und so hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden, und reichlich flössen die Trink- gelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen, und im Geiste sah er sich schon als Gasthofsbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zu Mute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mitgearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesncher auf sich gelenkt hatte. Sachverständige aus der Hauptstadt hatten es geprüft in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt, und sie mußten gestehen, das Stück sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Friedrich 23*

4. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 355

1907 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
Handwerk ehrt, Handwerk nährt. 355 führte, und Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein; denn die Blicke, die er ihm dann und wann zuwarf, zeugten von Wohl- wollen und Güte. Wer indessen den schmucken Gesellen näher betrachtete, bemerkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerk war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Aufregung sich seiner bemächtigt hatte, und daß sich eine gewisse Unzufriedenheit ans seinem hübschen Antlitz wiederspiegelte. In den letzten Wochen hatte er nämlich seinen Kameraden Heinrich Hacker in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhöfe umherstolzieren sehen; der hatte statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun, und statt eines kärglichen Wochenlohnes strich er reichliche Trinkgelder ein, für welche er sich endlich selbst eine „Restauration" oder ein Gasthaus kaufen oder pachten wollte, um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer bescheidenen eigenen Werkstatt bringen, in der er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte, um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch l Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hingleiten, blies sodann die Späne fort, warf ihn auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd machen?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich----------" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel, und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" — „Nun, nun," antwortete Meister Wernthal jetzt mit leisem Spott, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, 's ist freilich jetzt grad' viel zu tun; aber ich bekomme schon einen andern Gesellen, und was deinen Lohn anbelangt, den kannst du auch bekommen." 2. Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls mit Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern ans dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunst- gewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden, und so hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden, und reichlich flössen die Trink- gelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen, und im Geiste sah er sich schon als Gasthofsbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zu Mute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mitgearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesucher auf sich gelenkt hatte. Sachverständige aus der Hauptstadt hatten es geprüft in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt, und sie mußten gestehen, das Stück sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Friedrich 23*

5. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 60

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
60 Und doch gibt es noch ärgeren Frevel als den genannten, das ist der Baumfrevel oder die mutwillige Beschädigung der Bäume an den Landstraßen und des jungen Anwuchses in den Gärten, öffentlichen Anlagen und Wäldern. Wer ein Kunstwerk oder ein Denkmal beschädigt, der versündigt sich an seinem Nächsten, dessen Arbeit und Freude er mutwillig zerstört. Der Baumfrevler versündigt sich zugleich an einem Gebilde Gottes, das keine menschliche Kunst wiederherstellen kann. Und was soll ich von denen sagen, die ein Tier mißhandeln, quälen und martern, die ihm etwa eine Last aufladen, welche es nicht tragen oder ziehen kann, die ihm die Nahrung verkümmern, deren es zu seinem Bestehen bedarf? Sie kennen wohl nicht das Wort der Heiligen Schrift „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes; aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig." Hugo Weber. 42. Handwerk ehrt, Handwerk nährt. |n Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette. Die Sonne warf durch das Weingerank, welches das Werkstatt- fenster leicht verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißi- gen Leute da drinnen. Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig hantierte, daß cs eine Freude war ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursche. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten Gesicht das Bild eines echten deut- schen Handwerksgesellen. Er verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug führte, und Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein; denn die Blicke, die er ihm dann und wann zuwarf, zeugten von Wohlwollen und Güte. Wer indessen den schmucken Gesellen näher betrachtete, be- merkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerk war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Aufregung sich seiner bemächtigt hatte und daß sich eine gewisse Unzufrieden- heit auf seinem hübschen Antlitz widerspiegelte. In den letzten Wochen hatte er nämlich seinen Kameraden Hein- rich Hacker in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhof umher- stolzieren sehen. Hacker hatte statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun und statt eines kärglichen Wochenlohnes strich er reichliche Trinkgelder ein, für die er

6. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 60

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
60 Und doch gibt es noch ärgeren Frevel als den genannten, das ist der Baumfrevel oder die mutwillige Beschädigung der Bäume an den Landstraßen und des jungen Anwuchses in den Gärten, öffentlichen Anlagen und Wäldern. Wer ein Kunstwerk oder ein Denkmal beschädigt, der versündigt sich an seinein Nächsten, dessen Arbeit und Freude er mutwillig zerstört. Der Baumsrevler versündigt sich zugleich an einem Gebilde Gottes, das keine menschliche Kunst wiederherstellen kann. Und was soll ich von denen sagen, die ein Tier mißhandeln, quälen und martern, die ihm etwa eine Last aufladen, welche es nicht tragen oder ziehen kann, die ihm die Nahrung verkümmern, deren es zu seinem Bestehen bedarf? Sie kennen wohl nicht das Wort der Heiligen Schrift „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes; aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig." Hugo Weber. 42. Handwerk ehrt, Handwerk nährt. jn Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette. Die Sonne warf durch das Weingerank, welches das Werkstatt- fenster leicht verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißi- gen Leute da drinnen. Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig hantierte, daß es eine Freude war ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursche. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten Gesicht das Bild eines echten deut- schen Handwerksgesellen. Er verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug führte, und Meister Wernthal mußte wohl zufrieden mit dem jungen Burschen sein; denn die Blicke, die er ihm dann und wann zuwarf, zeugten von Wohlwollen und Güte. Wer indessen den schmucken Gesellen näher betrachtete, be- merkte bald, daß es heute nicht die Lust zum Handwerk war, die ihn so emsig den Hobel führen ließ, sondern daß eine Aufregung sich seiner bemächtigt hatte und daß sich eine gewisse Unzufrieden- heit auf seinem hübschen Antlitz widerspiegelte. In den letzten Wochen hatte er nämlich seinen Kameraden Hein- rich Hacker in Frack und weißer Weste auf dem Bahnhof umher- stolzieren sehen. Hacker hatte statt mit rauhen, ungehobelten Brettern mit artigen, gebildeten Reisenden zu tun und statt eines kärglichen Wochenlohnes strich er reichliche Trinkgelder ein, für die er

7. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 61

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
61 sich endlich selbst eine Speisewirtschaft oder ein Gasthaus zu kaufen oder zu pachten gedachte um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer beschei- denen eigenen Werkstatt bringen, wo er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hin- gleiten, warf ihn dann auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd werden?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich -----—" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" „Nun, nun," ant- wortete Meister Wernthal, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, ’s ist freilich jetzt gerade viel zu tun; aber ich bekomme schon einen anderen Gesellen, und was deinen Lohn an- belangt, den kannst du auch bekommen." Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls in Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunstgewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden und so hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden und reichlich flössen die Trinkgelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen und im Geiste sah er sich schon als Gasthofbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zumute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mit- gearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesucher auf sich gelenkt hatte.

8. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 61

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
61 sich endlich selbst eine Speisewirtschaft oder ein Gasthaus zu kaufen oder zu pachten gedachte um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer beschei- denen eigenen Werkstatt bringen, wo er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hin- gleiten, warf ihn dann auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd werden?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich -----—" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" „Nun, nun," ant- wortete Meister Wernthal, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, ’s ist freilich jetzt gerade viel zu tun; aber ich bekomme schon einen anderen Gesellen, und was deinen Lohn an- belangt, den kannst du auch bekommen." Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls in Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunstgewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden und so hatte Friedrich Breitkops schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden und reichlich flössen die Trinkgelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen und im Geiste sah er sich schon als Gasthofbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zumute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mit- gearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstcllungsbesucher auf sich gelenkt hatte.

9. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 354

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
354 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. reichlich ausgestattete Büchersammlung, die mein Meister und seine Angehörigen fleißig benutzten. Da habe ich manches schöne Buch gelesen. Ja, der Verein hatte sogar eine öffentliche Lesehalle eingerichtet, in der Abends Zeitungen, Zeitschriften und Bücher zu beliebiger Benutzung auslagen. Dort habe ich häufig den Abend zugebracht und Spiel und Trunk, wodurch sich so mancher Kamerad Vergnügen und Erholung verschaffte, nicht vermißt." „Bester Freund," rief jetzt der Steinmetz aus, „deine Schilderung könnte mich beinahe von meiner Naturschwärmerei ein wenig abbringen. Dazu hat sie liebe Erinnerungen in mir wachgerufen. Mein Vater war ein ehrsamer Schuhmachermeister in einem kleinen Städtchen am Main. Meine gute Mutter nannte ihn scherzweise einen Bücherwurm, weil es sein höchstes Er- götzen war, wenn er für einige überschüssige Groschen ein Buch erstehen konnte. Auch ein Liebhaber von Bildern war er. Freilich konnte er höchstens dann und wann einen wohlfeilen Holzschnitt erschwingen; aber eines Tages — ich sehe ihn noch, als wenn es gestern gewesen wäre — kam er, eine Rolle in der Hand, triumphierend von einer Reise nach Nürnberg heim. Was war's? Er hatte in einer Kunsthandlung für ganze drei Mark einen Steindruck erstanden, der fast so vornehm aussah, wie ein Kupferstich, — und was stellte er dar? Hans Sachs im traulichen Gespräch mit seinem Evchen, Hans Sachs meines lieben Vaters angebeteter Landsmann und Berufs- genosse, den er fast wie einen Schutzheiligen verehrte. Ach, wenn sich mein Vater die herrlichen Werke von Malern und Kupferstechern hätte anschaffen können, die jetzt Photographen und Lithographen für wenig Geld in die ärmsten Hütten tragen! Und wie fleißig würde er eine solche Bibliothek be- nutzt haben!" „Bruder, ich mache dir einen Vermittelungsvorschlag," sagte jetzt der Zimmermann, „laß uns am morgenden Nachmittag nach dem nächsten Dorfe wandern und bei einem Schöpplein Neckarwein den Klängen der Zither lauschen, die der Sohn des Kronenwirtes so trefflich zu schlagen versteht! Am Abend aber wollen wir den Vortrag hören, den ein Wanderlehrer im Städtchen über das Genossenschaftswesen halten wird." „Einverstanden," sagte der Steinmetz, „so kann es uns morgen nicht fehlen. — Als die beiden Gesellen am Sonntagabend heimkehrten, waren sie darüber einig, daß sie den Ruhetag nicht besser hätten verbringen können. Am nächsten Morgen aber gingen sie frisch und fröhlich an ihre Arbeit. A. Gutsch. ßandwerk ehrt, ßcmdwerk nährt. 1. In Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette. Die Sonne warf durch das Weingerank, welches das Werkstattfenster leicht verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißigen Leute da drinnen. Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig hantierte, daß es eine Freude war, ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit feinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten Gesicht das Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug

10. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 354

1903 - Essen : Baedeker
354 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. reichlich ausgestattete Büchersammlung, die mein Meister und seine Angehörigen fleißig benutzten. Da habe ich manches schöne Buch gelesen. Ja, der Verein hatte sogar eine öffentliche Lesehalle eingerichtet, in der Abends Zeitungen, Zeitschriften und Bücher zu beliebiger Benutzung auslagen. Dort habe ich häufig den Abend zugebracht und Spiel und Trunk, wodurch sich so mancher Kamerad Vergnügung und Erholung verschaffte, nicht vermißt." „Bester Freund," rief jetzt der Steinmetz aus, „deine Schilderung könnte mich beinahe von meiner Naturschwärmerei ein wenig abbringen. Dazu hat sie liebe Erinnerungen in mir wachgerufen. Mein Vater war ein ehrsamer Schuhmachermeister in einem kleinen Städtchen am Main. Meine gute Mutter nannte ihn scherzweise einen Bücherwurm, weil es sein höchstes Er- götzen war, wenn er für einige überschüssige Groschen ein Buch erstehen konnte. Auch ein Liebhaber von Bildern war er. Freilich konnte er höchstens dann und wann einen wohlfeilen Holzschnitt erschwingen; aber eines Tages — ich sehe ihn noch, als wenn es gestern gewesen wäre — kam er, eine Rolle in der Hand, triumphierend von einer Reise nach Nürnberg heim. Was war's? Er hatte in einer Kunsthandlung für ganze drei Mark einen Steindruck erstanden, der fast so vornehm aussah, wie ein Kupferstich, — und was stellte er dar? Hans Sachs im traulichen Gespräch mit seinem Evchen, Hans Sachs meines lieben Vaters angebeteter Landsmann und Berufs- genosse, den er fast wie einen Schutzheiligen verehrte. Ach, wenn sich mein Vater die herrlichen Werke von Malern und Kupferstechern hätte anschaffen können, die jetzt Photographen und Lithographen für wenig Geld in die ärmsten Hütten tragen! Und wie fleißig würde er eine solche Bibliothek be- nutzt haben!" „Bruder, ich mache dir einen Vermittelungsvorschlag," sagte jetzt der Zimmermann, „laß uns am morgenden Nachmittag nach dem nächsten Dorfe wandern und bei einem Schöpplein Neckarwein den Klängen der Zither lauschen, die der Sohn des Kronenwirtes so trefflich zu schlagen versteht! Am Abend aber wollen wir den Vortrag hören, den ein Wanderlehrer im Städtchen über das Genossenschaftswesen halten wird." „Einverstanden," sagte der Steinmetz, „so kann es uns morgen nicht fehlen. — Als die beiden Gesellen am Sonntagabend heimkehrten, waren sie darüber einig, daß sie den Ruhetag nicht besser hätten verbringen können. Am nächsten Morgen aber gingen sie frisch und fröhlich an ihre Arbeit. A. Gutsch. 165. Bcmdwerk ehrt, Bcmdwerk nährt. 1. In Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette. Die Sonne warf durch das Weingerank, welches das Werkstattfenster leicht verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißigen Leute da drinnen. Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig hantierte, daß es eine Freude war, ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit seinem jngendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten Gesicht das Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug

11. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 354

1907 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
354 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. reichlich ausgestattete Büchersammlung, die niein Meister und feine Augehörigen fleißig benutzten. Da habe ich manches schöne Buch gelesen. Ja, der Verein hatte sogar eine öffentliche Lesehalle eingerichtet, in der Abends Zeitungen, Zeitschriften und Bücher zu beliebiger Benutzung aussagen. Dort habe ich häusig den Abend zugebracht und Spiel und Trunk, wodurch sich so mancher Kamerad Vergnügen und Erholung verschaffte, nicht vermißt." „Bester Freund," rief jetzt der Steinmetz aus, „deine Schilderung könnte mich beinahe von meiner Naturschwärmerei ein wenig abbringen. Dazu hat sie liebe Erinnerungen in mir wachgerufen. Mein Vater war ein ehrsamer Schuhmachermeister in einem kleinen Städtchen am Main. Meine gute Mutter nannte ihn scherzweise einen Bücherwurm, weil es sein höchstes Er- götzen war, wenn er für einige überschüssige Groschen ein Buch erstehen konnte. Auch ein Liebhaber von Bildern war er. Freilich konnte er höchstens dann und wann einen wohlfeilen Holzschnitt erschwingen; aber eines Tages — ich sehe ihn noch, als wenn es gestern gewesen wäre — kam er, eine Rolle in der Hand, triumphierend von einer Reise nach Nürnberg heim. Was war's? Er hatte in einer Kunsthandlung für ganze drei Mark einen Steindruck erstanden, der fast so vornehm aussah, wie ein Kupferstich, — und was stellte er dar? Hans Sachs im traulichen Gespräch mit seinem Evcheu, Hans Sachs meines lieben Vaters angebeteter Landsmann und Berufs- genosse, den er fast wie einen Schutzheiligen verehrte. Ach, wenn sich mein Vater die herrlichen Werke von Malern und Kupferstechern hätte anschaffen können, die jetzt Photographen und Lithographen für wenig Geld in die ärmsten Hütten tragen I Und wie fleißig würde er eine solche Bibliothek be- nutzt haben!" „Bruder, ich mache dir einen Vermitteluugsvorschlag," sagte jetzt der Zimmermann, „laß uns am morgenden Nachmittag nach dem nächsten Dorfe wandern und bei einem Schöpplein Neckarwein den Klängen der Zither lauschen, die der Sohn des Kroueuwirtes so trefflich zu schlagen versteht! Am Abend aber wollen wir den Vortrag hören, den ein Wanderlehrer im Städtchen über das Genossenschaftswesen halten wird." „Einverstanden," sagte der Steinmetz, „so kann es uns morgen nicht fehlen."—Als die beiden Gesellen am Sonntagabend heimkehrten, waren sie darüber einig, daß sie den Ruhetag nicht besser hätten verbringen können. Am nächsten Morgen aber gingen sie frisch und fröhlich an ihre Arbeit. A. Gutsch. 165. ßcmdwerk ehrt, ßcmdwerk nflhrf. 1. In Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette. Die Sonne warf durch das Weiugerank, welches das Werkstattfenster leicht verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißigen Leute da drinnen. Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig hantierte, daß es eine Freude war, ihm zuzusehen. Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräftig gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock umrahmten Gesicht das Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug

12. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 356

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
356 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. Breitkopf gehört, und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsident und später sogar der Kronprinz dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten. Auch das hatte er bemerkt, wie der Meister Wernthal bei diesen ehrenden Worten einen weh- mutigen Blick auf ihn, seinen früheren Gesellen, geworfen hatte, der im Frack, die Hände voller Bierkrüge, dabei stand. Da war es Friedrich Breitkopf, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz; indessen siegten die goldenen Träume, in denen er sich wiegte, bald über dieses Wehgefühl, und er schleppte ver- gnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung zu Ende war. Nun war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie sich wünschte, fand sich für den früheren Tischlergesellen in keinem Ausschank und in keinem Gasthof; überall wollte man „routinierte" Leute haben, und Friedrich Breitkopf, zu stolz, um wieder zum Handwerk zurückzukehren, entschloß sich endlich, nachdem die Ausstellungs- trinkgelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknechtstelle in einem Fuhrmannsgasthause der Provinzialhauptstadt anzunehmen. Trinkgelder gab es hier wenig, dafür aber um so mehr Arbeit, schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Fuhrleute und Dienst- knechte sind eben zuweilen, trotz aller sonstigen Vorzüge, noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breitkopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zu viel wurde und — seine kräftigen Fäuste seinem inneren Ärger Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körper- verletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündete! — Sechs Monate Gefängnis! — Fahr hin, Reichtum, Ehre und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages auf- getragen wurde, einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt als damals, da er Kellner in der Ausstellung wurde. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen, und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es war ihm fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden als in diesem Augenblick. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Gefängnisbeamten, und da es Tischlerarbeiten in solchem großen Hause genug gibt, so ließ man ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war. 3. Mit freundlichen Ermahnungen und einem Zeugnis über seine gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen. Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu den Bekannten des heimatlichen Dorfes; indessen Friedrich Breitkopf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihm schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu treten; aber es zog ihn zu seinem alten Mütterchen, das er so bitter ge- kränkt hatte, und dessen Vergebung ihm vor allem andern am Herzen lag. Der erste, welcher dem entlassenen Sträfling entgegentrat, als er in das Dorf schritt, war der greise Dorfdiener. Tief beschämt schlug Friedrich die Augen nieder, als er dem alten Manne gegenüberstand, und kein Wort der Begrüßung wollte über seine Lippen. Da fühlte er, wie der Greis feine

13. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 356

1903 - Essen : Baedeker
356 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. Breitkopf gehört, und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsideut und später sogar der Kronprinz dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten. Auch das hatte er bemerkt, wie der Meister Wernthal bei diesen ehrenden Worten einen weh- mütigen Blick auf ihn, seinen früheren Gesellen, geworfen hatte, der im Frack, die Hände voller Bierkrüge, dabei stand. Da war es Friedrich Breitkopf, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz; indessen siegten die goldenen Träume, in denen er sich wiegte, bald über dieses Wehgefühl, und er schleppte ver- gnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung zu Ende war. Nun war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie sich wünschte, fand sich für den früheren Tischlergesellen in keinem Ausschank und in keinem Gasthof; überall wollte man „routinierte" Leute haben, und Friedrich Breitkopf, zu stolz, um wieder zum Handwerk zurückzukehren, entschloß sich endlich, nachdem die Ausstellungs- trinkgelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknechtstelle in einem Fuhrmannsgasthause der Provinzialhauptstadt anzunehmen. Trinkgelder gab es hier wenig, dafür aber um so mehr Arbeit, schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Fuhrleute und Dienst- knechte sind eben zuweilen, trotz aller sonstigen Vorzüge, noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breitkopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zu viel wurde und — seine kräftigen Fäuste seinem inneren Ärger Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körper- verletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündetel — Sechs Monate Gefängnis! — Fahr hin, Reichtum, Ehre und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages auf- getragen wurde, einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt als damals, da er Kellner in der Ausstellung wurde. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen, und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es war ihm fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden als in diesem Augenblick. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Gefängnisbeamten, und da es Tischlerarbeiten in solchem großen Hause genug gibt, so ließ man ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war. 3. Mit freundlichen Ermahnungen und einem Zeugnis über seine gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen. Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu den Bekannten des heimatlichen Dorfes; indessen Friedrich Breitkopf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihm schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu treten; aber es zog ihn zu seinem alten Mütterchen, das er so bitter ge- kränkt hatte, und dessen Vergebung ihm vor allem andern am Herzen lag. Der erste, welcher dem entlassenen Sträfling entgegentrat, als er in das Dorf schritt, war der greise Dorfdiener. Tief beschämt schlug Friedrich die Augen nieder, als er dem alten Manne gegenüberstand, und kein Wort der Begrüßung wollte über seine Lippen. Da fühlte er, wie der Greis seine

14. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 356

1907 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
856 Handwerk ehrt, Handwerk nährt. Breitkopf gehört, und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsident und später sogar der Kronprinz dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten. Auch das hatte er bemerkt, wie der Meister Wernthal bei diesen ehrenden Worten einen weh- wütigen Blick auf ihn, seinen früheren Gesellen, geworfen hatte, der im Frack, die Hände voller Bierkrüge, dabei stand. Da war es Friedrich Breitkopf, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz; indessen siegten die goldenen Träume, in denen er sich wiegte, bald über dieses Wehgefühl, und er schleppte ver- gnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung zu Ende war. Nun war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie sich wünschte, fand sich für den früheren Tischlergesellen in keinem Ausschank und in keinem Gasthof; überall wollte man „routinierte" Leute haben, und Friedrich Breitkops, zu stolz, um wieder zum Handwerk zurückzukehren, entschloß sich endlich, nachdem die Ausstellungs- trinkgelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknechtstelle in einem Fuhrmannsgasthause der Provinzialhauptstadt anzunehmen. Trinkgelder gab es hier wenig, dafür aber um so mehr Arbeit, schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Fuhrleute und Dienst- knechte sind eben zuweilen, trotz aller sonstigen Vorzüge, noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breitkopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zu viel wurde und — seine kräftigen Fäuste seinem inneren Ärger Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körper- verletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündete! — Sechs Monate Gefängnis I — Fahr hin, Reichtum, Ehre und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages aus- getragen wurde, einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt als damals, da er Kellner in der Ausstellung wurde. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen, und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum I Es war ihm fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden als in diesem Augenblick. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Gefängnisbeamten, und da es Tischlerarbeiten in solchem großen Hause genug gibt, so ließ man ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war. 3. Mit freundlichen Ermahnungen und einem Zeugnis über seine gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen. Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu den Bekannten des heimatlichen Dorfes; indessen Friedrich Breitkopf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihnl schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu treten; aber es zog ihn zu seinem alten Mütterchen, das er so bitter ge- kränkt hatte, und dessen Vergebung ihm vor allem andern am Herzen lag. Der erste, welcher dem entlassenen Sträfling entgegentrat, als er in das Dorf schritt, war der greise Dorfdiener. Tief beschämt schlug Friedrich die Augen nieder, als er dem alten Manne gegenüberstand, und kein Wort der Begrüßung wollte über seine Lippen. Da fühlte er, wie der Greis seine

15. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 62

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
62 Sachverständige aus der Hauptstadt hatten es geprüft in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt und sie mußten ge- stehen, das Stück sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Fried- rich Breitkopf gehört und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsident und später sogar der Kronprinz dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten. Auch das hatte er bemerkt, wie der Meister Wernthal bei diesen ehrenden Worten einen wehmütigen Blick auf ihn, seinen früheren Gesellen, geworfen hatte, der im Frack, die Hände voller Bierkrüge, dabeistand. Da war es Friedrich Breitkopf, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz; indessen siegten die goldenen Träume, worin er sich wiegte, bald über dieses Wehgefühl und er schleppte vergnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung geschlossen wurde. Nun war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie sich wünschte, fand sich für den früheren Tischlergesellen in keinem Ausschank und in keinem Gasthof; überall wollte man gut geschulte Leute haben und Friedrich Breitkopf, zu stolz um wieder zum Handwerk zurückzukehren, ent- schloß sich endlich, nachdem die Ausstellungstrinkgelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknechtstelle in einem Fuhrmannsgasthaus der Kreishauptstadt anzunehmen. Trinkgelder gab cs hier wenig, dafür aber um so mehr Arbeit, schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Fuhrleute und Dienstknechte sind eben zuweilen trotz aller sonstigen Vorzüge noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breitkopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zuviel wurde und — seine kräftigen Fäuste seinem inneren Ärger Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündete! — Sechs Monate Gefängnis! — Fahre hin, Reichtum, Ehre und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages aufgetragen wurde einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt als damals, da er Kellner in der Aus- stellung wurde. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es war ihm

16. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 62

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
Sachverständige aus der Hauptstadt hatten es geprüft in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt und sie mußten ge- stehen, das Stück sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Fried- rich Breitkopf gehört und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsident und später sogar der Kronprinz dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten. Auch das hatte er bemerkt, wie der Meister Wernthal bei diesen ehrenden Worten einen wehmütigen Blick auf ihn, seinen früheren Gesellen, geworfen hatte, der im Frack, die Hände voller Bierkrüge, dabeistand. Da war es Friedrich Breitkopf, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz; indessen siegten die goldenen Träume, worin er sich wiegte, bald über dieses Wehgefühl und er schleppte vergnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung geschlossen wurde. Nun war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie sich wünschte, fand sich für den früheren Tischlergesellen in keinem Ausschank und in keinem Gasthof; überall wollte man gut geschulte Leute haben und Friedrich Breitkopf, zu stolz um wieder zum Handwerk zurückzukehren, ent- schloß sich endlich, nachdem die Ausstellungstrinkgelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknechtstelle in einem Fuhrmannsgasthaus der Kreishauptstadt anzunehmen. Trinkgelder gab es hier wenig, dafür aber um so mehr Arbeit, schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Fuhrleute und Dienstknechte sind eben zuweilen trotz aller sonstigen Vorzüge noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breitkopf kam es manchmal recht schwer an alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zuviel wurde und — seine kräftigen Fäuste seinem inneren Ärger Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündete! — Sechs Monate Gefängnis! — Fahre hin, Reichtum, Ehre und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages aufgetragen wurde einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt als damals, da er Kellner in der Aus- stellung wurde. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es war ihm

17. Heimatkunde für Großstadtschulen - S. 13

1914 - Breslau : Hirt
C. Unser Stadtteil. 13 Kaufmann einholen kannst, und wo der Kaufmann seine Waren aufhebt. Schubfächer, Kisten, Fässer, Büchsen. Der Ein- und Verkauf. Wage, Ge- Wichte, Litermaß, Tüten, Kasse. — Der Kaufmann und seine Kunden: Ge- genseitige Höflichkeit, Reihenfolge in der Bedienung. Alte Kundschaft. — Die Schwere des Kaufmannstandes. Sonntagsruhe und 8-Uhr-Laden- schluß. — Austausch der Waren. Die Bürger siud aufeinander angewiesen. — Woher der Krämer seine Waren hat. Kleinhandel! (Diese Frage wird am besten erst beantwortet, wenn die Schüler über Fabrikbetrieb und Groß- Handel unterrichtet sind.) 3. In einer Tischlerwerkstatt (Handwerk). In der Großstadt darf die Bedeutung des Handwerks nicht unterschätzt werden. Es ist wünschenswert, mit den Kindern die eine oder andere Werkstatt aufzusuchen und den Handwerker bei seiner Arbeit zu beobachten. Als Beispiel sei der Besuch einer Tischlerwerkstatt geboten. Meister und Gesellen stehen im blauen Schurz eifrig bei der Arbeit, während ein Lehrling sich rüstet, fertige Sachen an die Kuudeu abzuliefern. An den Wänden stehen große, noch ungehobelte Bretter und schmale Leisten. Hobel- und Sägespäne bedecken deu Fußboden. An den Wänden hängen große und kleine Sägen, dort aus dem Tische liegt das Winkelmaß und nebenbei der Zollstab. Nägel, Hammer und Zange sehen wir in der Kiste da ausgebreitet; auf dem Herde brodelt der Leim im Topf. Der Meister steht au der Hobelbank und glättet mit geschickter Hand die rauhe Oberfläche eines Brettes. Wie leicht das aussieht, aber wollten wir's ver- suchen — es würde ganz mißlingen. Das Handwerk erfordert Geschick- lichkeit und treuen Fleiß. Dort hiuteu sägt der Geselle die Bretter so laug, wie der Meister sie braucht, um die verlaugten Möbelstücke zusammen- stellen zu können. Er muß vorsichtig sein, genau das Maß und die Rich- tuug treffen, sonst passen die Stücke nicht zusammen: dazu gehört eben peinliche Genauigkeit und eine sichere Hand. Jede Arbeit muß vorher im Plan fertig sein, damit sie sicher, zweckmäßig und schön ist. Dazu ge- hört Nachdenken, genaue Berechnung, auch viel Schönheitssinn. Das kann nur ein Meister vollbringen, und Jahre vergehen, bis er's ge- lernt hat. Der Handwerker verkauft die Waren an seine Kunden und erhält dafür von ihnen Geld. Er bezahlt davon seine Gesellen und kaust sich neues Material. Den Rest braucht er zu seinem Leben. Zur Belebung des Stoffes wird nach dem Besuch der Werkstatt in der Klasse ein Anschauungsbild von einer Tischlerwerkstatt (Meinholds Handwerkerbilder) ausgehängt; der Lehrer begleitet die Wiederholung und Vertiefung mit ent- sprechenden Skizzen an der Tafel (Hobel, Säge, Hammer usw.). — Schüler, die Gelegenheit haben, andere Handwerksstätten zu besuchen, erzählen etwa von der Einrichtung einer Bäckerei, der Tätigkeit eines Schusters, der Arbeit in einer Schneiderwerkstatt.

18. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 60

1913 - Leipzig : Hahn
60 Hundeleben satt, ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich----------" „Wenn Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, können Sie es auch bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger in das Wort, „dann gehe ich ohne Fremdenzettel, und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" „Nun, nun," antwortete Meister Wernthal jetzt mit leiser Spott- rede, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten; 's ist freilich jetzt grad viel zu tun; aber ich bekomme schon einen andern Gesellen, und was den Lohn anbelangt, den kannst du auch bekommen." Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls mit Frack und weißer Weste umher, d. h. nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es fand nämlich eine große Provinzial-Kunstgewerbeausstellung statt, zu der viele Kellner verlangt wurden, und hier hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem der Ausstellungs- restaurants geworden, und Trinkgelder flössen reichlich in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen; er sah sich schon im Geiste als Gasthofsbesitzer in einem feinen Prunkwagen spazieren fahren, an seiner Seite das schönste Mädchen der Stadt und-------------- na und so weiter. Einmal freilich, in den letzten Tagen der Aus- stellung, welche sechs Wochen gewährt hatte, war es ihm etwas wunder- lich zumute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel, stark aus Eichen- holz gefertigt, woran Friedrich Breitkopf wacker mitgearbeitet hatte. Dieses Möbel, ein Schreibtisch war es, hatte von vornherein die Auf- merksamkeit der Ausstellungsbesucher auf sich gelenkt. Ingenieure waren aus der Residenz berufen, die hatten es prüfen müssen in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt, bis sie endlich freudig gestanden, das Werk sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Friedrich Breitkopf gehört, und er hatte auch gesehen wie der Herr Reichstagspräsident von Wedell - Piesdorf und später sogar Se. K. K. Hoheit „Unser Fritz" dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten, und endlich hatte er auch bemerkt, wie der Meister Wernthal unter diesen ehrenden Worten einen wehmütigen Blick auf ihn, den Friedrich Breitkopf, geworfen hatte, der in seinem Frack, die Hände voll leerer Bierkrüge, dabei stand. Da war es dem letzteren, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz herumgezogen; indessen siegten die goldenen Träume, in denen er sich wiegte, bald wieder über dieses Wehgefühl, und er schleppte vergnügt seine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung zu Ende war.

19. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 60

1906 - Leipzig : Hahn
60 Hundeleben satt, ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meiner; Lohn, wenn Sie wollen!" »Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich ---------" „Wenn Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, können Sie es auch bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger in das Wort, „dann gehe ich ohne Fremdenzettel, und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" „Nun, nun," antwortete Meister Wernthal jetzt mit leiser Spott- rede, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten; 's ist freilich jetzt grad viel zu tun; aber ich bekomme schon einen andern Gesellen, und was den Lohn anbelangt, den kannst du auch bekommen." Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls mit Frack und weißer Weste umher, d. h. nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es fand nämlich eine große Provinzial-Kunstgewerbeausstellung statt, zu welcher viele Kellner verlangt wurden, und hier hatte Friedrich Breitkopf schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem der Ausstellungs- restaurants geworden, und Trinkgelder flössen reichlich in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen; er sah sich schon im Geiste als Gasthofsbesitzer in einem feinen Prunkwagen spazieren fahren, an seiner Seite das schönste Mädchen der Stadt und — — na und so weiter. Einmal freilich, in den letzten Tagen der Aus- stellung, welche sechs Wochen gewährt hatte, war es ihm etwas wunderlich zu Mute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel, stark aus Eichenholz gefertigt, woran Friedrich Breitkopf wacker mitgearbeitet hatte. Dieses Möbel, ein Schreibtisch war es, hatte von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesucher auf sich gelenkt. Ingenieure waren aus der Residenz berufen, die hatten es prüfen müssen in allen seinen Einzelheiten, auf jede Fuge und jeden Schnitt, bis sie endlich freudig gestanden, das Werk sei ein Kunstwerk ersten Ranges. Das hatte Friedrich Breitkopf gehört, und er hatte auch gesehen, wie der Herr Reichstagspräsident von Wedell - Piesdorf und später sogar Se. K. K. Hoheit „Unser Fritz" dem Meister Wernthal auf die Schulter klopften und ihm leutselige und ehrende Worte sagten, und endlich hatte er auch bemerkt, wie der Meister Wernthal unter diesen ehrenden Worten einen wehmütigen Blick auf ihn, den Friedrich Breitkopf, geworfen hatte, der in seinem Frack, die Hände voll leerer Bierkrüge, dabei stand. Da war es dem letzteren, wie gesagt, etwas wunderlich ums Herz herumgezogen; indessen siegten die goldenen Träume, in denen er sich wiegte, bald wieder über dieses Wehgefühl, und er schleppte vergnügt feine Bierkrüge weiter, bis die Ausstellung zu Ende war.

20. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 61

1913 - Leipzig : Hahn
61 Da war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie wünschte, fand sich für den Tischlergesellen, der er doch immer war, in keinem Restaurant und in keinem Gasthofe; überall wollte man „routinierte" Leute haben, und Friedrich Breitkopf, zu stolz, um wieder zum Handwerk zurückzukehren, entschloß sich endlich, nachdem die Aussiellungstrink- gelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknecht- stelle in einem Fuhrmannsgasthause der Provinzialhauptstadt anzu- nehmen. Trinkgelder gab es hier wenig, dafür um so mehr Arbeit, das heißt schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Herren Fuhrleute und Dienstknechte sind eben zuweilen trotz aller sonstigen Vorzüge noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breit- kopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zu viel wurde und — seine kräftigen Fäuste dem Ärger in seinem Innern Ausdruck verliehen. Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als der Richter das Urteil verkündete. Sechs Monate Gefängnis! Lebt wohl nun, Reichtum und Ehre, Liebe und Glück! Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines Tages aufgetragen wurde, einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da hätte er fast noch lauter aufgejubelt wie damals, als er Kellner in der Ausstellung war. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen, und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es war ihm fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden als in diesem Augenblick, wo er wieder mit den trauten Freunden seiner Lehrlingsjahre, mit dem gewohnten Handwerkszeuge, arbeiten durste. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Gefängnis- beamten, und da es Tischlerarbeiten in einem solchen großen Hause genug gibt, ließen sie ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war. Mit freundlichen Ermahnungen und dem Zeugnis über seine gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen. Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu all den Bekannten des heimatlichen Dorfes; indessen, Friedrich Breit- köpf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihm schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu tteten; er hatte sich aber gelobt, er wolle die Strafe für seinen Fehler bis auf die Hefe auskosten, und die Rückkehr in seine Heimat aus dem