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1906 -
Leipzig
: Hahn
- Autor: Wehrhan, Karl, Kleineberg, W.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
71
aus dem Körper wieder heraus sei; dann aber müßte man es so
Lange reiben, bis die Wärme wiederkehre, und wenn dadurch das
Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hilfe vergebens.
Da trat eine junge Dame, welche erst seit wenigen Wochen als
Erzieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer
Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie
habe erst vor kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschule
teilgenommen und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen
an scheinbar Ertrunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer
vorgeschlagen, sei durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr gestatten
wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so hoffe sie, daß es noch möglich
sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen. Die Ruhe und
Zuversicht, mit welcher das junge Mädchen gesprochen, flößte der ver-
zweifelten Mutter neue Hoffnung ein. Sie bat die Erzieherin, alles
zu tun, was sie für nötig halte. Deren erster Rat war, einen
Eilboten nach der Stadt zu schicken, um den Arzt zu holen, der
zweite der, einige wollene Decken wärmen zu lassen. Dann legte sie
«ofort selbst Hand an, wobei sie das verständige Hausmädchen auf-
forderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit einigen Scherenschnitten trennte
sie Jacke und Hemd und streifte die Kleider vom Oberkörper völlig
ab; mit einem Taschentuch entfernte sie den Schlamm, der sich im
Munde befand, zog die Zunge hervor und band die Spitze derselben
mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest; dann begann sie mit dem
Hausmädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen, wie sie
es in der Samariterschule gelernt hatte. In stets gleichem Tempo
wurde durch Erheben der Arme bis über den Kopf der kleine Brust-
kasten möglichst weit ausgedehnt und dann wieder durch Senken der
Arme und Druck auf die Seitenflächen der Brust zusammengedrückt.
Mit deutlich hörbarem Geräusch drang der Luftstrom ein und aus,
aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die beiden Mädchen er-
mattet von der Anstrengung auf Augenblicke ihre Bemühungen aus-
setzten. Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr
schwand die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich,
nachdem mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren,
schrie plötzlich das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt
an zu atmen!" Und siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten
hob sich die kleine Brust von selbst, und eine leichte Röte färbte die
blaffen Wangen. Lauter Jubel der Umstehenden erhob sich; aber
die beiden Helferinnen ließen noch nicht nach und fetzten, obwohl
aufs äußerste erschöpft, ihre Bemühungen unablässig fort, bis die
Wangen sich lebhafter röteten und der Kleine plötzlich die Augen
aufschlug. Nun wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die ge-
wärmten Decken herbeigebracht, in welche der Kleine nach Beseitigung
der übrigen Kleidungsstücke eingehüllt und mit denen er dann tüchtig
gerieben wurde. Der Kleine sing an zu sprechen und verlangte
etwas zu trinken. Man flößte ihm warmen Thee ein und trug ihn
1905 -
Schwerin i. M.
: Bärensprung
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch, Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Gewerbeschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Erste Hülfe bei Unglücksfällen.
197
Höhe zu heben und mit dem Kopf nach unten so lange zu schütteln,
bis alles Wasser aus dem Körper wieder heraus sei; dann aber müßte
man es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre, und wenn dadurch
das Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hülfe vergebens.
Da trat eine junge Dame, welche erst seit wenigen Wochen als
Erzieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer
-Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie
habe erst vor kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschule teil-
genommen und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen an
scheinbar Ertrunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer vor-
geschlagen habe, sei durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr ge-
statten wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so hoffe sie, daß es noch
möglich sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen. Die Ruhe
und Zuversicht, mit welcher das junge Mädchen gesprochen hatte, flößte
der verzweifelten Mutter neue Hoffnung ein. Sie bat die Erzieherin,
alles zu tun, was sie für nötig halte. Deren erster Rat war, einen
Eilboten nach der Stadt zu schicken, um den Arzt zu holen, der zweite
der, einige wollene Decken wärmen zu lassen. Dann legte sie sofort
selbst Hand an, wobei sie das verständige Hausmädchen ausforderte, ihr
Hülfe zu leisten. Mit einigen Scherenschnitten trennte sie Zacke und
Hemd und streifte die Kleider vom Oberkörper völlig ab; mit einem Taschen-
tuch entfernte sie den Schlamm, der sich im Munde befand, zog die
Zunge hervor und band die Spitze derselben mit dem Taschentuch auf
dem Rinn fest; dann begann sie mit dem Hausmädchen die künstlichen
Atembewegungen auszuführen, wie sie es in der Samariterschule gelernt
hatte. Zn stets gleichem Tempo wurde durch Erheben der Arme bis
über den Kopf der kleine Brustkasten möglichst weit ausgedehnt und
dann wieder durch Senken der Arme und Druck auf die Seitenflächen
der Brust zusammengedrückt. Mit deutlich hörbarem Geräusch drang
der Luftstrom ein und aus, aber das Rind lag blaß und leblos, wenn
die beiden Mädchen, ermattet von der Anstrengung, auf Augenblicke
ihre Bemühungen aussetzten. Eine Viertelstunde nach der andern ver-
ging; immer mehr schwand die Hoffnung der Mutter und der Um-
stehenden. Endlich, nachdem mehr als eine Stunde lang die Bewegungen
fortgesetzt waren, schrie plötzlich das junge Mädchen auf: „Zetzt hilft
es! Er fängt an zu atmen!" Und siehe da, als sie mit den Bewegungen
einhielten, hob sich die kleine Brust von selbst, und eine leichte Röte
färbte die blassen Wangen. Lauter Zubel der Umstehenden erhob sich;
aber die beiden Helferinnen ließen noch nicht nach und setzten, obwohl
aufs äußerste erschöpft, ihre Bemühungen unablässig fort, bis die Wangen
sich lebhafter röteten und der Kleine plötzlich die Augen aufschlug.
Nun wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die gewärmten Decken
hereingebracht, in welche der Kleine nach Beseitigung der übrigen Kleidungs-
stücke eingehüllt und mit denen er dann tüchtig gerieben wurde. Der
Kleine fing an zu sprechen und verlangte etwas zu trinken. Man flößte
ihm warmen Tee ein und trug ihn nun in Decken eingehüllt ins Haus
1910 -
Dortmund
: Crüwell
- Autor: Herold, Heinrich, Wolffgarten, Hilar, Herold, Theodor, Reinke, Stephan
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Geschlecht (WdK): Jungen
668
es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre. Wenn dadurch das
Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hilfe vergebens.
Da trat eine junge Dame, die erst seit wenigen Wochen als Er-
zieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer
Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschriebenen Maßregeln. Sie
habe erst vor kurzem an den: Unterricht in einer Samariterschule
teilgenommen und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen
an scheinbar Ertrunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer
vorgeschlagen habe, sei durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr
gestatten wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so hoffe sie, daß es
noch möglich sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen. Die
Ruhe und Zuversicht, mit der das junge Mädchen gesprochen, flößte
der verzweifelten Mutter neue Hoffnung ein, und sie bat die Er-
zieherin, alles zu tun, was sie für nötig halte.
Jetzt wurde sofort ein Eilbote nach der Stadt zum Arzt
geschickt, dann wurden wollene Decken angewärmt. Die Sama-
riterin legte selbst Hand an, wobei sie das verständige Haus-
mädchen aufforderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit einigen Scheren-
schnitten trennte sie Jacke und Hemd auf und streifte die Kleider vom
Oberkörper völlig ab. Mit einem Taschentuch entfernte sie den
Schlamm, der sich im Munde befand, zog die Zunge hervor und band
deren Spitze mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest. Dann begann
sie mit dem Hausmädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen,
wie sie es in der Samariterschule gelernt hatte. In stets gleichem Zeit-
maße wurde durch Erheben der Arme bis über den Kopf der kleine
Brustkasten möglichst weit ausgedehnt und dann wieder durch Senken
der Arme und Druck auf die Seitenflächen der Brust zusammengedrückt.
Mit deutlich hörbarem Geräusch drang der Luftstrom ein und ans;
aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die beiden Mädchen, von
der Anstrengung ermattet, auf Augenblicke ihre Bemühungen aussetzten.
Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr schwand
die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nachdem
mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie
plötzlich das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu
atmen!" Und siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten, hob
sich die kleine Brust von selbst, und eine leichte Röte färbte die blassen
Wangen. Lauter Jubel der Umstehenden erhob sich; aber die beiden
Helferinnen ließen noch nicht nach und setzten, obwohl aufs äußerste
erschöpft, ihre Bemühungen unablässig fort, bis sich die Wangen leb-
hafter röteten, und der Kleine plötzlich die Augen aufschlug. Nun
wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die gewärmten Decken
herbeigebracht, in die der>.W.pnp,Mch Beseitigung der übrigen Klei-
*
1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Heider, Friedrich, Nohl, Walter
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
50
Die Bewohner des Gutes eilten von allen Seiten herbei, unter ihnen
ein alter Schäfer, der in dem Rufe stand, allerlei ärztliche Kenntnisse
zu besitzen. Dieser machte auch sogleich Vorschläge zu Wiederbelebungs-
versuchen. Er riet, das Kind bei den Beinen in die Höhe zu heben und
mit dem Kopfe nach unten so lange zu schütteln, bis alles Wasser aus dein
Körper wieder heraus sei. Dann aber mühte man es so lange reiben, bis
die Wärme wiederkehre. Wenn dadurch das Leben nicht zurückgerufen
würde, sei alle Hilfe vergebens.
2. Da trat eine junge Dame, die erst seit wenigen Wochen als Er-
zieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer Be-
stimmtheit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie habe
erst vor kürzern an dem Unterricht in eurer Sanrariterschule teilgenommerr
und dort gelernt, wie nrair sich bei Rettungsversuchen an scheinbar Er-
trunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer vorgeschlagen habe,
sei durchaus nicht zwecknräßig. Wenn man ihr gestatten wolle, das Er-
lerrrte hier anzuwenderr, so hoffe sie, daß es noch möglich sei, den Knaben
wieder ins Lebeir zurückzurrrfen. Die Ruhe und Zuversicht, mit der das
junge Mädcherr gesprochen, flößte der verzweifelten Mutter neue Hoffnung
ein, uird sie bat die Erzieherin, alles zu tun, was sie für nötig halte.
Deren erster Rat war, einen Eilboten nach der Stadt zu schicken, um
den Arzt zu holen; der zweite der, einige wollene Decken wärmen zu
lassen. Dann legte sie sofort selbst Hand an, wobei sie das verständige
Hausmädchen aufforderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit einigen Scheren-
schnitten trennte sie Jacke und Hemd auf und streifte die Kleider vom
Oberkörper völlig ab. Mit einein Taschentuch entfernte sie den Schlamm,
der sich im Munde befand, zog die Zunge hervor und band deren Spitze
mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest. Dann begann sie mit dem Haus-
mädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen, wie sie es in der
Samariterschule gelernt hatte. In stets gleichem Takte wurde durch Er-
heben der Arme bis über den Kopf der kleine Brustkasten möglichst weit
ausgedehnt und dann wieder durch Senken der Arme und Druck auf die
Seitenflächen der Brust zusammengedrückt. Mit deutlich hörbarem Ge-
räusch drang der Luftstrom ein und aus; aber das Kind lag blaß und
leblos, wenn die beiden Mädchen, von der Anstrengung ermattet, auf
Augenblicke ihre Bemühungen aussetzten.
3. Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr schwand
die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nachdem mehr
als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie plötzlich
das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu atmen!" Und
siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten, hob sich die kleine Brust
von selbst, und eine leichte Röte färbte die blassen Wangen. Lauter Jubel
der Umstehenden erhob sich; aber die beiden Helferinnen ließen noch nicht
1918 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 34
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
276
Erste Hilfe bei Unglücksfällen.
eintraf, kam mir die Matter jubelnd entgegen mit der Nachricht, daß der
Knabe gerettet sei. Es ward mir nun folgendes berichtet: Der zehnjährige,
wilde Knabe hatte trotz des Verbotes einen Kahn bestiegen, der auf einem
tiefen Teiche im Garten lag, und hatte, wie Kinder es gern tun, darin so
lange geschaukelt, bis der Kahn umgeschlagen und der Knabe ins Wasser ge-
fallen war. Ein Gärtner, der in der Nähe arbeitete, war sogleich in beit
Teich gesprungen, doch war es ihm erst nach zehn Minuten gelungen, den
Knaben vom Grunde des Teiches heraufzuholen. Als die Mutter herankam
und den Knaben totenblaß und leblos ans dem Rasen am Rande des Teiches
hingestreckt liegen sah, gab sie sich der wildesten Verzweiflung hin. Der
Ruf nach ärztlicher Hilfe war natürlich für den Augenblick vergeblich. Die
Bewohner des Gutes eilten von allen Seiten herbei, unter ihnen ein alter
Schäfer, der in dem Rufe stand, allerlei ärztliche Kenntnisse zu besitzen. Der-
selbe machte auch sogleich Vorschläge zu Wiederbelebungsversuchen: er riet,
das Kind bei den Beinen in die Höhe zu heben und mit dem Kopf nach
unten so lange zu schütteln, bis alles Wasser aus dem Körper wieder heraus
sei; dann aber müßte man es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre,
und wenn dadurch das Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hilfe
vergebens.
Da trat eine junge Dame, welche erst seit wenigen Wochen als Er-
zieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer Bestimmt-
heit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie habe erst vor
kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschnle teilgenommen und dort
gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen an scheinbar Ertrunkenen zu ver-
halten habe. Das, was der Schäfer vorgeschlagen, sei durchaus nicht zweck-
mäßig. Wenn man ihr gestatten wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so
hoffe sie, daß es noch möglich sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzu-
rufen. Die Ruhe und Zuversicht, mit welcher das junge Mädchen gesprochen,
flößte der verzweifelten Mutter neue Hoffnung ein. Sie bat die Erzieherin,
alles zu tun, was sie für nötig halte. Deren erster Rat war, einen Eilboieu
nach der Stadt zu schicken, um den Arzt zu holen, der zweite der, einige
wollene Decken wärmen zu lassen. Dann legte sie sofort selbst Hand an,
wobei sie das verständige Hausmädchen aufforderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit
einigen Scherenschnitten trennte sie Jacke und Hemd und streifte die Kleider
vom Oberkörper völlig ab; mit einem Taschentuch entfernte sie den Schlamm,
der sich im Munde befand, zog die Zunge hervor und banb die Spitze der-
selben mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest; dann begann sie mit dem
Hausmädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen, wie sie es in der
Samariterschnle gelernt hatte. In stets gleichem Tempo wurde durch Er-
heben der Arme bis über den Kopf der kleine Brustkasten möglichst weit aus-
gedehnt und dann wieder durch Senken der Arme und Druck auf die Seiten-
flächen der Brust zusammengedrückt. Mit deutlich hörbarem Geräusch drang
der Lnflstrom ein und aus, aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die
beiden Mädchen ermattet von der Anstrengung auf Augenblicke ihre Bemü-
hungen aussetzten. Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr
schwand die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nachdem
mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie plötzlich
das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu atmen!" Und
siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten, hob sich die kleine Brust
von selbst, und eine leichte Röte färbte die blassen Wangen. Lauter Jubel
6. Bd. 2
- S. 498
1906 -
Straßburg
: Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
- Hrsg.: Gottesleben, N.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
498
Viii. Bilder aus der Naturkunde.
entfernte sie den Schlamm, der sich im Munde befand, zog die Zunge
hervor und band die Spitze derselben mit dem Taschentuch auf dem Kinn
fest; dann begann sie mit dem Hausmädchen die künstlichen Atem-
bewegungen auszuführen, wie sie es in der Samariterschule gelernt hatte.
In stets gleichem Tempo wurde durch Erheben der Arme bis über
den Kopf der kleine Brustkasten möglichst weit ausgedehnt und dann
wieder durch Senken der Arme und Druck auf die Seitenflächen der
Brust zusammengedrückt. Mit deutlich hörbarem Geräusch drang der Luft-
strom ein ttnd aus, aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die beiden
Mädchen ermattet von der Anstrengung auf Augenblicke ihre Bemühungen
aussetzten. Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr
schwand die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nach-
dem mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie
plötzlich das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu atmen!"
Und siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten, hob sich die kleine
Brust von selbst, und eine leichte Röte färbte die blassen Wangen. Lauter
Jubel der Umstehenden erhob sich; aber die beiden Helferinnen ließen
noch nicht nach und setzten, obwohl aufs äußerste erschöpft, ihre Be-
mühungen unablässig fort, bis die Wangen sich lebhafter röteten und der
Kleine plötzlich die Augen aufschlug. Nun wurden auf Geheiß der jungen
Samariterin die gewärmten Decken herbeigebracht, in welche der Kleine
nach Beseitigung der übrigen Kleidungsstücke eingehüllt und mit denen
er dann tüchtig gerieben wurde. Der Kleine fing an zu sprechen und
verlangte etwas zu trinken. Man stößte ihm etwas warmen Tee ein
und trug ihn nun in Decken eingehüllt ins Haus und in sein Bett, wo
er bald dann in einen tiefen, gesunden Schlaf verfiel, und als ich zwei
Stunden später an sein Bett trat, klagte er über nichts mehr.
Esmarch. (Samariterbriefe.)
386. Grundregeln der Gesundheitspflege in Sprichwörtern.
1. Eine Krankheit verhüten ist leichter, als sie heilen.
2. Man ißt, um zu leben, und lebt nicht, um zu essen.
3. Den Kopf halt kühl, die Füße warm,
Das macht den besten Doktor arm.
4. Wo die Sonne nicht hinkommt, kommt bald der Arzt hin.
5. Eine Stunde Schlaf vor Mitternacht ist besser als zwei Stunden danach.
6. Rein gehalten dein Gewand,
Rein auch Herz und Mund und Hand.
387. Wie ich auf der pariser Weltausstellung zu einem neuen
Iilzhut kam.
Es war im Sommer 1867. Paris gab das große Fest der Welt-
ausstellung. Von allen Teilen der Erde waren Gäste herbeigeeilt, um
7. Bd. 2
- S. 497
1906 -
Straßburg
: Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
- Hrsg.: Gottesleben, N.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Viii. Bilder aus der Naturkunde.
497
einem großen Gute, welches mehr als zwei Meilen von hier entfernt
liegt, der einzige Sohn der Besitzerin, einer Witwe, in den Teich gefallen
und ertrunken sei. Sie ließ mich bitten, so rasch als möglich zu ihr
zu kommen. Ich ließ sofort anspannen und fuhr, was die Pferde lausen
konnten, hinaus, allerdings ohne Hoffnung noch helfen zu können, denn
vor zwei Stunden konnte ich kaum an Ort und Stelle sein. Als ich
eintraf, kam mir die Mutter jubelnd entgegen mit der Nachricht, daß
der Knabe gerettet sei, dank der von mir ins Leben gerufenen Samariter-
schulen. Es wurde mir nun folgendes berichtet:
Der zehnjährige wilde Knabe hatte trotz des Verbotes einen Kahn
bestiegen, der auf einem tiefen Teiche im Garten lag, und hatte, wie
Kinder es gern tun, so lange darin geschaukelt, bis der Kahn umge-
schlagen und er ins Wasser gefallen war. Ein Gärtner, der in der Nähe
arbeitete, war sogleich in den Teich gesprungen, doch war es ihm erst
nach zehn Minuten gelungen, den Knaben vom Grunde des Teiches
heraufzuholen. Als die Mutter herankam und den Knaben totenblaß und
leblos aus dem Rasen am Rande des Teiches hingestreckt liegen sah, gab
sie sich der wildesten Verzweiflung hin. Der Ruf nach ärztlicher Hilfe
war natürlich für den Augenblick vergeblich. Die Bewohner des Gutes
eilten von allen Seiten herbei, unter ihnen ein alter Schäfer, der in dem
Rufe steht, allerlei ärztliche Kenntnis zu besitzen. Derselbe machte auch
sogleich Vorschläge zu Wiederbelebungsversuchen. Er riet, das Kind bei
den Beinen in die Höhe zu heben und mit dem Kopf nach unten so lange
zu schütteln, bis alles Wasser aus dem Körper heraus sei; dann aber
müßte man es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre, und wenn
dadurch das Leben nicht zurückgerufen wäre, sei alle Hilfe vergebens.
Da trat eine junge Dame, welche erst seit einigen Wochen als
Erzieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden aber mit großer
Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie habe
erst vor kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschule teilgenommen
und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen an'scheinbar Er-
trunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer vorgeschlagen, sei
durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr gestatten wolle, das Erlernte
hier anzuwenden, so hoffe sie, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen.
Die Ruhe und Zuversicht, mit welcher das junge Mädchen gesprochen,
flößte der verzweifelten Mutter neue Hoffnung ein. Sie bat die Erzieherin,
alles zu tun, was sie für nötig halte. Deren erster Rat war, einen
Eilboten nach der Stadt zu schicken, um den Arzt zu holen, der zweite
der, einige wollene Decken wärmen zu lassen. Dann legte sie sofort selbst
Hand an, wobei sie das verständige Hausmädchen aufforderte, ihr Hilfe
zu leisten. Mit einigen Scheerenschnitten trennte sie Jacke und Hemd
und streifte die Kleider vom Oberkörper völlig ab; mit einem Taschentuch
N. Gottes leb eii, Teutsches Lesebuch,
32
1911 -
: Crüwell
- Autor: Wolffgarten, Hilar, Herold, Heinrich, Stephan, Reinke, Herold, Theodor
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Mädchen
676
wie Kinder es gern tun, darin so lange geschaukelt, bis der Kahn
umgeschlagen und der Knabe ins Wasser gefallen war. Ein Gärtner,
der in der Nähe arbeitete, war sofort in den Teich gesprungen; doch
war es ihm erst nach zehn Minuten gelungen, den Knaben vom
Grunde des Teiches heraufzuholen. Als die Mutter herankam und
den Knaben totenblaß und leblos auf dem Rasen hingestreckt liegen
sah, gab sie sich der wildesten Verzweiflung hin. Der Ruf nach
ärztlicher Hilfe war natürlich für den Augenblick vergeblich. Die
Bewohner des Gutes eilten von allen Seiten herbei, unter ihnen ein
alter Schäfer, der in dem Rufe stand, allerlei ärztliche Kenntnisse zu
besitzen. Dieser machte auch sogleich Vorschläge zu Wiederbelebungs-
versuchen. Er riet, das Kind bei den Beinen in die Höhe zu heben
und mit dem Kopfe nach unten so lange zu schütteln, bis alles
Wasser aus dem Körper wieder heraus sei. Dann aber müßte man
es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre. Wenn dadurch das
Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hilfe vergebens.
Da trat eine junge Dame, die erst seit wenigen Wochen als Er-
zieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer
Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschriebenen Maßregeln. Sie
habe erst vor kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschule
teilgenommen und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen
an scheinbar Ertrunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer
vorgeschlagen habe, sei durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr
gestatten wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so hoffe sie, daß es
noch möglich sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen. Die
Ruhe und Zuversicht, mit der das junge Mädchen gesprochen, flößte
der verzweifelten Mutter neue Hoffnung ein, und sie bat die Er-
zieherin, alles zu tun, was sie für nötig halte.
Jetzt wurde sofort ein Eilbote nach der Stadt zum Arzt
geschickt, dann wurden wollene Decken angewärmt. Die Sama-
riterin legte selbst Hand an, wobei sie das verständige Haus-
mädchen aufforderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit einigen Scheren-
schnitten trennte sie Jacke und Hemd auf und streifte die Kleider vom
Oberkörper völlig ab. Mit einem Taschentuch entfernte sie den
Schlamm, der sich im Munde befand, zog die Zunge hervor und band
deren Spitze mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest. Dann begann
sie mit dem Hausmädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen,
wie sie es in der Samariterschule geierut hatte. In stets gleichem Zeit-
maße wurde durch Erheben der Arme bis über den Kopf der kleine
Brustkasten möglichst weit ausgedehnt und dann wieder durch Senken
der Arme und Druck auf die Seitenflächen der Brust zusammengedrückt.
Mit deutlich hörbarem Geräusch drang der Luftstrom ein und aus;
1911 -
: Crüwell
- Autor: Wolffgarten, Hilar, Herold, Heinrich, Stephan, Reinke, Herold, Theodor
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Mädchen
677
aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die beiden Mädchen, von
der Anstrengung ermattet, auf Augenblicke ihre Bemühungen aussetzten.
Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer inehr schwand
die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nachdem
mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie
plötzlich das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu
atmen!" Und siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten, hob
sich die kleine Brust von selbst, und eine leichte Röte färbte die blaffen
Wangen. Lauter Jubel der Umstehenden erhob sich; aber die beiden
Helferinnen ließen noch nicht nach und setzten, obwohl aufs äußerste
erschöpft, ihre Bemühungen unablässig fort, bis sich die Wangen leb-
hafter röteten, und der Kleine plötzlich die Augen aufschlug. Nun
wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die gewärmten Decken
herbeigebracht, in die der Kleine nach Beseitigung der übrigen Klei-
dungsstücke eingehüllt, und mit denen er dann tüchtig gerieben wurde.
Der Kleine sing an zu sprechen und verlangte etwas zu trinken.
Man flößte ihm warmen Tee ein und trug ihn nun, in Decken ein-
gehüllt, ins Haus und in sein Bett, wo er dann bald in einen tiefen,
gefunden Schlaf verfiel. Als ich zwei Stunden später an sein Bett
trat, klagte er über nichts inehr.
295. Wie man Blutungen stillt.
Von Friedrich von Esmarch.
Otxie oft werden die unzweckmäßigsten Mittel angewendet, das
Blut zu stillen, weil die Leute keine Vorstellung davon habell,
woher das Blut kommt, und nur von allerlei Blutstillungsmitteln
gehört haben, die sich in diesem oder jenem Falle bewährt haben
sollen! Den größten Ruf besitzt unter den Laien das Spinngewebe,
und man beeilt sich, aus dem staubigsten Winkel möglichst viel von
diesem unsaubern Stoffe herbeizuholen und in die Wunde zu stopfen.
Wenn das nicht hilft, so kommt der Feuerschwamm an die
Reihe oder ein alter, schmutziger Waschschwamm, der in die Wunde
hineingepreßt wird. Nicht selten aber sind Leute da, welche gehört
oder gesehen haben, daß man durch Druck jede Blutung stillen könne.
Wo und wie aber dieser Druck anzuwenden sei, das haben sie nie-
mals^ gelernt, und so wird oft ein Druck an der unrichtigen Stelle
und in der unzweckmäßigsten Weise angebracht, so daß er die Blu-
tung nur noch verschlimmert, statt sie zu hemmen.
Mit jedem Jahre mehren sich aber die Fälle, in denen es
Nichtärzten, die den Samariterunterricht genossen, gelungen ist, durch
zweckmäßig angebrachten Druck den Verblutungstod zu verhüten.
Als Beispiel erzähle ich das folgende Ereignis, welches ein
Arzt kürzlich mitteilte:
10. Teil 1
- S. 277
1918 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 34
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Erste Hilfe bei Unglücksfällen.
277
der Umstehenden erhob sich; aber die beiden Helferinnen ließen noch nicht
noch und setzten, obwohl anfs äußerste erschöpft, ihre Bemühungen unablässig
fort, bis die Wangen sich lebhafter röteten und der Kleine plötzlich die Angen
aufschlug. Nun wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die gewärmten
Decken herbeigebracht, in welche der Kleine nach Beseitigung der übrigen
Kleidungsstücke eingehüllt und mit denen er dann tüchtig gerieben wurde. Der
Kleine fing an zu sprechen und verlangte etwas zu trinken. Man flößte ihm
warmen Tee ein und trug ihn nun in Decken eingehüllt ins Hans und in
sein Bett, wo er dann bald in einen tiefen, gesunden Schlaf verfiel, und
als ich zwei Stunden später an sein Bett trat, klagte er über nichts mehr.
Ii.
Wie oft werden die unzweckmäßigsten Mittel angewendet, das Blut zu
stillen, weil die Leute keine Vorstellung davon haben, woher das Blut kommt,
und nur von allerlei Blutstillungsmitteln gehört haben, die sich in diesem
oder jenem Falle bewährt haben sollen. Den größten Ruf besitzt unter den
Laien das Spinngewebe, und man beeilt sich, aus dem staubigsten Winkel
niöglichst viel von diesem unsaubern Stosse herbeizuholen und in die Wunde
Zu stopfen.
Wenn das nicht hilft, so kommt der Fenerschwamm an die Reihe oder
ein alter, schmutziger Waschschwamm, der in die Wunde hinein gepreßt wird.
Nicht selten aber sind Leute da, welche gehört oder gesehen haben, daß man
durch Druck jede Blutung stillen könne. Wo und wie aber dieser Druck an-
zuwenden sei, das haben sie niemals gelernt, und so wird oft ein Druck an
der unrichtigen Stelle und in der unzweckmäßigsten Weise angebracht, so daß
er die Blutung nur noch verschlimmert, statt sie zu hemmen.
Mit jedem Jahre mehren sich aber die Fälle, in denen es Nichtärzten,
die den Samariterunterricht genossen, gelungen ist, durch zweckmäßig ange-
brachten Druck den Verblutnngstod zu verhüten.
Als Beispiel erzähle ich das folgende Ereignis, welches ein Arzt kürzlich
mitteilte:
In einer Holzbearbeitungsfabrik, die in nächster Nähe einer großen
Stadt viele Arbeiter beschäftigt, hatte einer derselben das Unglück, mit seiner
rechten Hand einer Kreissäge zu nahe zu kommen, welche sich mit rasender
Geschwindigkeit um ihre Achse drehte. Im Nu war der Vorderarm dicht
oberhalb des Handgelenkes samt dem Knochen so durchsägt, daß die Hand
nur noch an dem Hautlappen hing. Aus zwei Pulsadern des Vorderarmes
spritzte das rote Blut in weitem Strahl. Man schrie nach Hilfe; einige liefen
zum Arzt, aber derselbe wohnte weit entfernt, war auch nicht zu finden und
traf erst nach einer Stunde ein. Zum Glück befand sich ein Arbeiter, der
an dem Samariterunterricht teilgenommen, in dem Maschinenraum, und da
er seit jenem Unterricht den von Esmarch angegebenen Hosenträger trug, so
nahm er ihn schleunigst ab, befreite ihn von seinen Schnallen und legte ihn,
wie er es gelernt und geübt hatte, so fest um den Oberarm, daß die Blutung
sofort gestillt wurde. Dann hüllte er die verletzte Hand in eine reine Ser-
viette ein, die er mit schwacher Karbollösung befeuchtet hatte, und lagerte den
Verwundeten, der ohnmächtig geworden war, zweckmäßig auf eine schnell
herbeigeschaffte Matratze. Als nach einer Stunde der Arzt anlangte und den
Verband und die Serviette abnahm, suchte er zunächst die beiden Pulsadern
in der Wunde aus, um sie zu unterbinden. Da sich dieselben aber zurück-
1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Heider, Friedrich, Nohl, Walter
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
51
nach und setzten, obwohl aufs äußerste erschöpft, ihre Bemühungen un-
ablässig fort, bis sich die Wangen lebhafter röteten und der Kleine plötz-
lich die Augen aufschlug. Nun wurden auf Geheiß der jungen Samariterin
die gewärmten Decken herbeigebracht, in die der Kleine nach Beseitigung
der übrigen Kleidungsstücke eingehüllt und mit denen er dann tüchtig ge-
rieben wurde. Der Kleine fing an zu sprechen und verlangte etwas zu
trinken. Man flößte ihm warmen Tee ein und trug ihn nun, in Decken
eingehüllt, ins Haus und in sein Bett, wo er dann bald in einen tiefen,
gesunden Schlaf verfiel. Als ich zwei Stunden später an sein Bett trat,
klagte er über nichts mehr.
Ii.
1. Wie oft werden die unzweckmäßigsten Mittel angewendet, das
Blut zu stillen, weil die Leute keine Vorstellung davon haben, woher das
Blut kommt, und nur von allerlei Blutstillungsmitteln gehört haben, die
sich in diesem oder jenem Falle bewährt haben sollen. Den größten Ruf
besitzt hierfür das Spinngewebe, und man beeilt sich, aus dem staubigsten
Winkel möglichst viel von diesem unsaubern Stoffe herbeizuholen und in
die Wunde zu stopfen. Wenn das nicht hilft, kommt der Feuerschwamm
an die Reihe oder ein alter, schmutziger Waschschwamm, der in die Wunde
hineingepreßt wird. Richt selten aber sind Leute da, die gehört oder ge-
sehen haben, daß man durch Druck jede Blutung stillen könne. Wo und wie
aber dieser Druck anzuwenden sei, das haben sie niemals gelernt, und so
wird oft ein Druck an der unrichtigen Stelle und in der unzweckmäßigsten
Weise angebracht, so daß er die Blutung nur noch verschlimmert, statt
sie zu hemmen.
2. Mit jedem Jahre mehren sich aber die Fälle, in denen es Nicht-
ärzten, die den Samariterunterricht genossen, gelungen ist, durch zweck-
mäßig angebrachten Druck den Verblutungstod zu verhüten. Dies zeigt
folgendes Beispiel: In einer Holzbearbeitungsfabrik, die in nächster Nähe
einer großen Stadt viele Arbeiter beschäftigt, hatte einer derselben das
Unglück, mit seiner rechten Hand einer Kreissäge zu nahe zu kommen, die
sich mit rasender Geschwindigkeit um ihre Achse drehte. Im Nu war der
Vorderarm dicht oberhalb des Handgelenks samt dein Knochen so durch-
sägt, daß die Hand nur noch an dem Hautlappen hing. Aus zwei Pulsadern
des Vorderarms spritzte das rote Blut in weitem Strahl. Man schrie
nach Hilfe; einige liefen zum Arzte, aber der wohnte weit entfernt, war
auch nicht zu finden und traf erst nach einer Stunde ein. Zum Glück
befand sich ein Arbeiter in dem Maschinenraume, der an dem Samariter-
unterricht teilgenommen hatte. Da er seit jenem Unterricht den von
Esmarch angegebenen Hosenträger trug, so nahm er ihn schleunigst ab,
befreite ihn von seinen Schnallen und legte ihn, wie er es gelernt und
4:
1911 -
Breslau
: Hirt
- Hrsg.: Heider, Friedrich, Nohl, Walter
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
31
2. Plötzlich verstummte die kindliche Redseligkeit, und das ferne
Mütterchen schien für einen Augenblick vergessen. Der Vater hatte
nämlich drei Apfelsinen hervorgeholt und begann nun lächelnd, mit
einem Taschenmesser die duftende Schale von dem saftstrotzenden Balle
zu lösen. Begierig nahmen die Kleinen ein Stück nach dem andern
aus der Hand des Vaters und genossen die köstliche Frucht mit wonne-
vollem Behagen. An sich selbst dachte der Vater nicht, auch nicht an
das fremde, kranke Mädchen, das gegenüber auf der Bank saß und in
kindlicher Selbstvergessenheit mit dürstenden Blicken an den Apfel-
sinen hing.
Ich beobachtete die Kleine, wie sie ihre blassen, trockenen Lippen
unbewußt aufeinander preßte, und fühlte es warm in meinem Herzen
aufquellen. 0, daß ich nicht auch eine Apfelsine in der Tasche hatte!
Die hätte ich der kleinen Kranken geschenkt fürs ,,Herzbluten“, wie
meine Mutter sagt, wenn sie einem Kinde, das in der Vesperstunde bei
uns eintritt, etwas darreicht.
Als der fremde Vater das Herzbluten seines Lieblings bemerkte,
flog ein schmerzliches Zucken über sein bekümmertes Gesicht. Er zog
den Arm inniger um die Kleine, flüsterte mit ihr, zeigte nach der grünen,
wallenden Flur draußen, nach den daraus hervorragenden Dächern
der kleinen Dörfer, nach den majestätisch emporsteigenden, waldum-
kränzten Bergen und nach allem, was für das Auge eine Ablenkung
bieten konnte.
3. Da erlebte ich eine herzliche Freude. Wie von einer himmlischen
Regung getrieben, stand der Junge plötzlich auf und reichte der kleinen
Marie ein Apfelsinenstück, indem er ihr bittend zunickte.
Marie zuckte zusammen, und eine rote Flamme huschte über ihre
blasse Wange. Sie fühlte sich überrascht, fühlte ihr Verlangen erraten
und verschloß eiligst ihre Seele.
Immer dringender wurde der Knabe; doch Marie ließ das Köpfchen
verschämt herabhängen und nahm die Apfelsine nicht.
Jetzt erst schien des Knaben Vater des fremden Mädchens gewahr
zu werden. Er klopfte dem Sohn auf die Schulter und sagte: „Brav,
Otto!“ und zu Marie gewandt, nötigte er in dem gleichen warmen Tone:
„Liebe Kleine, du darfst es schon nehmen. Ich habe noch viel mehr!“
Dabei schälte er auch schon wieder eine neue Apfelsine.
Doch erst als Mariens Vater lächelnd sagte: „Na, nimm’s nur,
Kind!“ nahm Marie die Apfelsine aus des freundlichen Knaben Hand,
indem sie ihm zugleich ihr rechtes Händchen gab und verschämt dankte.
1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Nohl, Walter
- Hrsg.: Heider, Friedrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
31
2. Plötzlich verstummte die kindliche Redseligkeit, und das ferne
Mütterchen schien für einen Augenblick vergessen. Der Vater hatte
nämlich drei Apfelsinen hervorgeholt und begann nun lächelnd, mit
einem Taschenmesser die duftende Schale von dem saftstrotzenden Balle
zu lösen. Begierig nahmen die Kleinen ein Stück nach dem andern
aus der Hand des Vaters und genossen die köstliche Frucht mit wonne-
vollem Behagen. An sich selbst dachte der Vater nicht, auch nicht an
das fremde, kranke Mädchen, das gegenüber auf der Bank saß und in
kindlicher Selbstvergessenheit mit dürstenden Blicken an den Apfel-
sinen hing.
Ich beobachtete die Kleine, wie sie ihre blassen, trockenen Lippen
unbewußt aufeinander preßte, und fühlte es warm in meinem Herzen
aufquellen. 0, daß ich nicht auch eine Apfelsine in der Tasche hatte!
Die hätte ich der kleinen Kranken geschenkt fürs ,,Herzbluten“, wie
meine Mutter sagt, wenn sie einem Kinde, das in der Vesperstunde bei
uns eintritt, etwas darreicht.
Als der fremde Vater das Herzbluten seines Lieblings bemerkte,
flog ein schmerzliches Zucken über sein bekümmertes Gesicht. Er zog
den Arm inniger um die Kleine, flüsterte mit ihr, zeigte nach der grünen,
wallenden Flur draußen, nach den daraus hervorragenden Dächern
der kleinen Dörfer, nach den majestätisch emporsteigenden, waldum-
kränzten Bergen und nach allem, was für das Auge eine Ablenkung
bieten konnte.
3. Da erlebte ich eine herzliche Freude. Wie von einer himmlischen
Regung getrieben, stand der Junge plötzlich auf und reichte der kleinen
Marie ein Apfelsinenstück, indem er ihr bittend zunickte.
Marie zuckte zusammen, und eine rote Flamme huschte über ihre
blasse Wange. Sie fühlte sich überrascht, fühlte ihr Verlangen erraten
und verschloß eiligst ihre Seele.
Immer dringender wurde der Knabe; doch Marie ließ das Köpfchen
verschämt herabhängen und nahm die Apfelsine nicht.
Jetzt erst schien des Knaben Vater des fremden Mädchens gewahr
zu werden. Er klopfte dem Sohn auf die Schulter und sagte: ,,Brav,
Otto!“ und zu Marie gewandt, nötigte er in dem gleichen warmen Tone:
,,Liebe Kleine, du darfst es schon nehmen. Ich habe noch viel mehr!“
Dabei schälte er auch schon wieder eine neue Apfelsine.
Doch erst als Mariens Vater lächelnd sagte: ,,Na, nimm’s nur,
Kind!“ nahm Marie die Apfelsine aus des freundlichen Knaben Hand,
indem sie ihm zugleich ihr rechtes Händchen gab und verschämt dankte.
1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Porger, Gustav, Wolff, Karl
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
50
andern aus der Hand des Vaters und genossen die köstliche Frucht
mit wonnevollem Behagen.
An sich selbst dachte der Vater nicht, auch nicht an das fremde
kranke Mädchen, das gegenüber auf der Bank saß und in kindlicher
Selbstvergessenheit mit dürstenden Blicken an den Apfelsinen hing.
Ich beobachtete die Kleine, wie sie ihre blassen, trocknen
Lippen unbewußt aufeinander preßte und fühlte es warm in meinem
Herzen aufquellen. O, daß nicht auch ich eine Apfelsine in meiner
Tasche hatte! Die hätte ich der kleinen Kranken geschenkt „fürs
Herzbluten“, wie meine Mutter sagt, wenn sie einem Kinde, das
in der Vesperstunde bei uns eintritt, etwas darreicht. Soll doch das
Herzbluten bei kleinen Mädchen viel früher und heftiger eintreten
als bei kleinen Knaben.
Als der fremde Vater das Herzbluten seines Lieblings bemerkte,
flog ein schmerzliches Zucken über sein bekümmertes Gesicht.
Er zog den Arm inniger um die Kleine, flüsterte mit ihr, zeigte
nach der grünen wallenden Flur draußen, nach den daraus hervor-
ragenden Dächern der kleinen Dörfer, nach den majestätisch empor-
steigenden waldumkränzten Bergen und nach allem, was für das
Auge eine Ablenkung bieten konnte.
Marie schlug wohl dem Vater zuliebe die dunklen Augen auf,
kehrte sie aber, wie von einer heimlichen Gewalt gezogen, immer
wieder den bestrickend duftenden Apfelsinen zu. Ich geriet in eine
peinliche Stimmung, und schon erwog ich, ob ich nicht auf eine
zarte Weise Mariens Fürsprecher werden könnte.
Da erlebte ich eine herzliche Freude. Wie von einer himm-
lischen Regung getrieben, stand der Junge plötzlich auf und reichte
der kleinen Marie ein Apfelsinenstück, indem er ihr bittend zunickte.
Marie zuckte zusammen, und eine rote Flamme huschte über
ihre blasse Wange. Sie fühlte sich überrascht, fühlte ihr Verlangen
erraten und verschloß eiligst ihre Seele.
Immer dringender wurde der Knabe; doch Marie ließ das
Köpfchen verschämt herabhängen und nahm die Apfelsine nicht.
Jetzt erst schien des Knaben Vater des fremden Mädchens
gewahr zu werden; er klopfte dem Sohn auf die Schulter und sagte:
„Brav, Otto!“ und zu Marie gewandt, nötigte er in dem gleichen
warmen Tone: „Liebe Kleine, du darfst es schon nehmen. Ich
habe noch viel mehr!“ Dabei schälte er auch schon wieder eine
neue Apfelsine.
1910 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
10
sein. Abends tut ihm sein Kopf weh und sein Leib, und er ist ganz
blaß, und alle Röte von seinem Körper ist ganz weg. Vater und
Mutter sind sehr betrübt. Der Doktor wird wieder geholt, und Karl
muß nun braune, bittere Medizin einnehmen. Er tut es auch ganz
freundlich und sieht nur immer nach Mutters Augen. Wenn er
Tränen drin erblickt, dann bittet er: „Mutter, du mußt nicht weinen,
ich kann das nicht aushalten, ich will auch gewiß immer ein gutes
Kind sein!" Karl ist nun acht Tage lang sehr krank; er denkt nicht
an Aufstehen, kann nicht spielen, nicht singen. Die beiden kleinen
Mädchen sitzen schon im Bette und spielen mit Puppen und kleinen
Stühlen, Tischen, Betten, Häuschen und Tieren, die die Mutter
ihnen von Papier ausgeschnitten und auf ein Brett gestellt hat,
welches die Kinder auf ihrer Bettdecke stehen haben. Ja, zwei Tage
später dürfen sie sogar schon eine Stunde aus dem Bette sein und
können an ihrem kleinen Tische spielen. Karl muß aber noch immer
im Bette sein, und die Mutter erinnert ihn oft daran, daß das nicht
würde nötig sein, wenn er folgsam gewesen wäre. Er verspricht auch
immer aufs neue, er wolle von nun an sehr gehorsam sein.
Nach vierzehn Tagen endlich darf Karl mit den Schwestern
wieder in die Wohnstube gebracht werden. Acht Tage später, als
die Sonne einmal recht warm ins Zimmer scheint, da erlaubt der
Doktor ihnen, in den Garten zu gehen, erst nur eine halbe Stunde,
den andern Tag eine ganze. Acht Tage später, da spielen die Kinder
wieder im Garten, als wären sie gar nicht krank gewesen.
9. Vergiß nicht, wie sauer du deiner Mutter
geworden bist!
Rein.
Ich war so jung und schwach und klein,
Da wiegte mich die Mutter ein.
Sie küßte mich voll Herzenslust,
Sie drückte mich an ihre Brust,
Sie trug mich, und sie legte mich,
Sie tränkte mich und pflegte mich,
1880 -
Stuttgart
: Heitz
- Autor: Kurts, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule, Privatunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Appius Claudius. Virginia.
167
Als nun einst das Mädchen mit ihrer Erzieherin — denn eine Mutter hatte sie nicht mehr — über den Markt nach der Schule ging, trat Claudius zu ihr heran, faßte sie bei der Schulter und verlangte, sie sollte gleich mit ihm kommen; denn sie sei die Tochter seiner Sklavin. Das arme Mädchen war außer sich vor Schrecken, wurde bald roth, bald blaß, zitterte und fing an, jämmerlich zu weinen. Ihre Führerin rang die Hände und rief das Volk, das von allen Seiten herbeiströmte, um Hülfe an. „Macht nur nicht solchen Lärm," sagte der schändliche Claudius, „ich will sie ja nicht mit Gewalt fortführen. Kommt mit vor den Richterstuhl des Appius, da will ich mein Recht erweisen." So zog denn der ganze Haufen zum Tribunal hin, auf welchem Appius saß. Er stellte sich ganz unwissend und fragte, was es gäbe? „Siehe!" sprach Claudius, „ich hatte eine Sklavin, die eine Tochter bekam. Aber das böse Weib hat das Kind an die Frau des Virginius verkauft, die keine Kinder hatte, und so ist es dort als eine Tochter des Virginius ausgezogen worden. Aber es ist ein untergeschobenes Kind, und ich mache hiermit mein Recht auf sie geltend." — „Ja!" sagte Appius, „wenn dem so ist, so gehört das Mädchen allerdings dir zu. Es ist schlimm, daß Virginius nicht zur Stelle ist; komm morgen wieder und nimm sie indessen mit dir." — Da brachen Virginia und ihre Begleiterin aufs neue in Wehklagen aus; alle Weiber, die zugegen waren, schluchzten und betrachteten das arme Schlachtopfer mit Mitleid; das Volk hielt sich, aus Furcht vor den Gerichtsdienern, noch ruhig. Plötzlich drängte sich ein Mann durch den dichten Hausen herbei. Es war Jcilius. Das Gerücht von der Gewaltthat des Claudius hatte ihn erreicht, und er stürzte herzu, Virginien freizustehen. „Zurück!" schrie ihm einer der Gerichtsdiener entgegen und hielt ihn auf; „das Urtheil ist schon gesprochen!" — „Nimmermehr," rief Jcilius außer sich vor Zorn, „gebe ich zu, daß meine Braut mir entführt werde; nicht Eine Nacht darf sie außer dem Haufe ihres Vaters zubringen. Hast du auch, Appius, einen großen Theil unserer Freiheiten uns entrissen, so werden wir doch nie zugeben, daß du mit unsern Kindern nach Willkür schaltest. Ziehe das Schwert und reiße sie mit Gewalt fort, wenn du es wagst! So lange ich lebe, lasse ich sie nicht fahren."
Der Tumult wurde immer großer; eine ungeheure Volksmasse umdrängte den Richterstuhl; Jeder wartete ängstlich aus den Ausgang. Als Appius die drohenden Blicke der Umstehenden und die
1913 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Porger, Gustav, Wolff, Karl
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Knabenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
52
Ich beobachtete die Kleine, wie sie ihre blassen, trocknen
Lippen unbewußt aufeinander preßte und fühlte es warm in meinem
Herzen aufquellen. O, daß nicht auch ich eine Apfelsine in meiner
Tasche hatte! Die hätte ich der kleinen Kranken geschenkt, „fürs
Herzbluten“, wie meine Mutter sagt, wenn sie einem Kinde, das in
der Vesperstunde bei uns eintritt, etwas darreicht. Soll doch das
Herzbluten bei kleinen Mädchen viel früher und heftiger eintreten
als bei kleinen Knaben.
Als der fremde Vater das Herzbluten seines Lieblings bemerkte,
flog ein schmerzliches Zucken über sein bekümmertes Gesicht.
Er zog den Arm inniger um die Kleine, flüsterte mit ihr, zeigte
nach der grünen wallenden Flur draußen, nach den daraus hervor-
ragenden Dächern der kleinen Dörfer, nach den majestätisch empor-
steigenden waldumkränzten Bergen und nach allem, was für das
Auge eine Ablenkung bieten konnte.
Marie schlug wohl dem Vater zuliebe die dunklen Augen auf,
kehrte sie aber, wie von einer heimlichen Gewalt gezogen, immer
wieder den bestrickend duftenden Apfelsinen zu. Ich geriet in eine
peinliche Stimmung, und schon erwog ich, ob ich nicht auf eine
zarte Weise Mariens Fürsprecher werden könnte.
Da erlebte ich eine herzliche Freude. Wie von einer himm-
lischen Regung getrieben, stand der Junge plötzlich auf und reichte
der kleinen Marie ein Apfelsinenstück, indem er ihr bittend zunickte.
Marie zuckte zusammen, und eine rote Flamme huschte über
ihre blasse Wange. Sie fühlte sich überrascht, fühlte ihr Verlangen
erraten und verschloß eiligst ihre Seele.
Immer dringender wurde der Knabe, doch Marie ließ das
Köpfchen verschämt herabhängen und nahm die Apfelsine nicht.
Jetzt erst schien des Knaben Vater des fremden Mädchens
gewahr zu werden; er klopfte dem Sohne auf die Schulter und sagte:
„Brav, Otto!“ und zu Marie gewandt, nötigte er in dem gleichen
warmen Tone: „Liebe Kleine, du darfst es schon nehmen. Ich
habe noch viel mehr!“ Dabei schälte er auch schon wieder eine
neue Apfelsine.
Doch erst, als Mariens Vater lächelnd sagte: „Na, nimm’s nur,
Kind!“, nahm Marie die Apfelsine aus des freundlichen Knaben
Hand, indem sie ihm zugleich ihr rechtes Händchen gab und ver-
schämt dankte. In Ottos Augen aber stand mit leuchtenden Buch-
staben geschrieben: „Geben ist seliger als Nehmen!“
1841 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Gründler, Friedrich Ernst
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
79
ein Leichnam war was sie hatten. Niemand erkannte ihn,
und Jedermann wunderte sich, als der Offizier, für den
man ihn hielt, verlangte, daß man den Todten wieder zum
Leben zu bringen suchen solle. Sogar reichte man ihm nur
lässige Hülfe, als er selbst den Leichnam vollends aus
dem Wasser zog, ihm die nassen Kleider abnahm, und
ihm Brust und Schläfe emsig rieb. Alle seine Mühe war
indeß vergebens. Sein Gefolge holte ihn indessen ein,
und unter diesem befand sich, außer dem Fürsten Wol-
chonsky und dem Grafen von Lieven, auch der erffte
Wundarzt des Kaisers, Dr. Weilly. Alle Bier vereinig-
ten nun ihre Bemühungen zu gleichem Zwecke. Der
Doktor erschöpfte alle Mittel seiner Kunst; der Kaiser
und die Andern hielten den Körper, und suchten die
Arme zu erwärmen. Drei Stunden hatten bereits die
Anstrengungen gedauert, als der Arzt erklärte, daß der
Ertrunkene ohne Hoffnung todt sei. Der Kaiser wollte
es immer noch nicht glauben, und befahl, eine Ader an
dem entseelten Körper zu öffnen. Und siehe, Alerander hatte
die unaussprechliche Freude, Blut fließen zu sehen, und
bald darauf einen leisen Seufzer zu hören. Der edle
Monarch rief unter größtem Entzücken aus: „Lieber
Gott! das ist der glücklichste Tag meines Lebens!" wo-
bei ihm Freudenthränen über die Wangen herabrollten.
Natürlich wurden nun die Bemühungen um den Un-
glücklichen verdoppelt, und der Kaiser verband ihn mit
seinem eigenen Taschentuche den Arm, wo ihm die Ader
geöffnet worden war. Dann ließ er ihn unter Dach
bringen, wohl versorgen, und gab ihm bei seinem Weg-
gehen alles Geld, was er so eben bei sich hatte, so wie
das Versprechen einer Pension für ihn und seine Fa-
milie, welche er auch gleich nachher erhielt.
33. Wer betet wider sich selbst?
Johannes, der Almosenpfleger, Bischof zu Aleran-
drien, war im sechsten Jahrhundert nicht aus der Klo-
ster-Zelle oder der Einsiedler-Klause zum Bisthum be-
rufen, sondern als er sich bereits in einem heiligen und
1906 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
20
12. In bet Kinderstube.
richtet, also die eigene Kraft dazu benutzt. Alle künstlichen Unterstützungs-
mittel re. veranlassen zu heftige vorzeitige Bewegungen, drücken die Brust
und krümmen die Wirbelsäule und die Beine. Ein so unterstütztes Kind
verläßt sich zu sehr auf fremde Hilfe, wendet seine eigene Kraft nicht an und
gewinnt kein Selbstvertrauen. Wenn das Kind gehen kann, so lasse man
es nicht zu lange gehen. Ist es müde und will es nicht mehr, so gewähre
man ihm Ruhe. Beim Laufen und Springen bewahre mau es vor Uber-
austrengung.
Für die Bildung der Sinne kann in der Kinderstube schon viel
geschehen. Gehör und Gesicht erfordern, als die edelsten Sinne, die sorg-
samste Pflege. Das Gehörorgan wird gepflegt durch Reinhaltung der
äußeren Gehörwege von überflüssigem Ohrenschmalz, durch Abhärtung gegen
äußere Witterungsverhältnisse, durch Vermeidung von raschem Wechsel der
Temperatur und von zu starkem Schall, wodurch das Trommelfell leicht zer-
reißt. Man vermeide an der Wiege des Säuglings allen Lärm und alles
starke Geräusch. Die Worte, welche man zu ihm spricht, seien sanft; wenn
das Kind selbst sprechen lernt und selbst sprechen kann, so gewöhne man es
an sanftes, wohllautendes Sprechen. Man mache es auf alle Töne im Natur-
leben aufmerksam und lehre es genau hören.
Dem Auge schadet grelles und schnell wechselndes Licht, Schauen in die
Sonne oder auf glänzende Gegenstände, vieles und anhaltendes Lesen und
Schreiben, Lesen in der Dämmerung, Lesen zu kleinen Druckes, Lesen beim
Gehen und Fahren, Schreiben mit blasser Tinte, besonders bei Kerzenlicht,
Staub, Rauch,. Schielen nach der Seite.
Um die Sprache des Kindes zu bilden, sage man ihm langsam, deutlich
und richtig einzelne Worte vor und wiederhole sie so lange und lasse sie so
oft nachsprechen, bis das Kind den Wortlaut genau, deutlich und ohne Mühe
hervorbringt. Ein großer, sehr häufig vorkommender Fehler ist es, daß man
nicht nur die falsche Anssprache der Kinder duldet, sondern dieselbe belächelt,
ja sogar komisch lautende Ausdrücke zu wiederholen veranlaßt. Allmählich
gebe man dem Kinde zuerst in kleinen, dann in längeren Sätzen Aufträge
an Hausgenossen, die es nachsprechen, dann überbringen muß, worauf es die
Antwort zurückzubringen hat. Endlich erzähle man dem Kinde Geschichtchen
und lasse sie von ihm wiedererzählen oder es eigene Erlebnisse berichten.
Kinder in der Wiege lauschen schon gern dem Gesang der Mutter; Gesang
wirkt aus das Gemüt; wer für die Kinder und mit ihnen singt, trägt zur
Erheiterung des Gemütes bei.
6. Geistes- und Gemütsbildung.
Die Entwicklung des jungen Geisteskeimes hängt von dem Geiste und
dem Gemütsleben, der Mutter oder deren Stellvertreterin ab. Die Seele des
Kindes ist ein weicher und für Eindrücke äußerst empfänglicher Stoss. Bei
dem ungemein großen Nachahmungstriebe der Kinder ist das Beispiel
der Erzieherin von höchster Wichtigkeit. Wo diese den Pflichten lebt, welche
das stille, eingezogene Familienleben erfordert, da empfängt es unvermerkt
Sinn für Häuslichkeit. Wo auf Ordnung gehalten wird, da gewöhnt es sich
1908 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Wohlrabe, Wilhelm, Steger, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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müssen sich am Sonntag wohl erkältet haben. Sie bekommen abends
Kamillentee mit Kandis zu trinken, dürfen am Tage nur wenig essen
und nur in den Mittagsstunden, wenn das Wetter ganz warm ist,
im Garten spielen. Aber der Husten will nicht besser werden. Bald
kommt auch der Schnupfen dazu, so stark, daß allen Kindern die
Augen tränen. Das Spielen will gar nicht recht gehen. Karl ist
sehr verdrießlich, und Mariechen und Elisabeth weinen auch oft und
wissen nicht recht warum. Am nächsten Sonntag, als die Mutter
Karl anziehen will, sind seine Arme und Beine, die Brust und das
Gesicht ganz rot. Die Mutter deckt ihn warm wieder zu und schickt
zum Doktor. Der erklärt: „Karl hat die Masern, und Marie und
Elisabeth werden sie auch wohl bald bekommen!" So ist's auch.
2. Zwei Tage später sind die kleinen Mädchen auch am ganzen
Körper rot, und die drei fröhlichen Kinder müssen still im Bette
liegen und dürfen sich gar nicht viel rühren. Die ersten Tage geht
das nun ganz gut, da fühlen sich die Kinder matt und müde und
liegen ganz gern im Bette. Aber wie das Fieber nicht mehr so
stark ist und den Kleinen nichts weh tut, da gefällt es ihnen gar
nicht, still zugedeckt im Bette zu liegen. Vor allen der ungeduldige
Karl ist sehr unruhig und verdrießlich. Er möchte gar zu gern umher-
laufen und spielen; denn er meint, er sei ganz gesund. Die Mutter
ist immer bei den Kindern, Tag und Nacht. Des Vaters Schwester
wohnt jetzt ganz bei ihnen und sorgt für alles, was im Hause ge-
schehen muß, damit die Mutier den ganzen Tag für die Kinder
sorgen und mit ihnen spielen könne. Oft erzählt die Mutter den
Kleinen Geschichten oder liest ihnen vor.
3. Mariechen ist so folgsam und gut, daß sie der Mutter gar
nicht viel Mühe macht. Sie meint auch: „Ich mag wohl ein bißchen
krank sein, dann sitzt meine liebe Mutter immer bei mir und hat gar
nichts Andres zu tun, das ist wunderschön!" Karl ist aber nicht so
folgsam, er wirft oft die Decke ab und weint, wenn er Medizin ein-
nehmen soll. Die Mutter muß zuweilen ein sehr ernstes Gesicht
machen und sagen: „Karl, sei folgsam, ich will es!" ehe er das tut,
was er tun soll. Einmal, als die Mutter auf einen Augenblick das
Zimmer verlassen hat, steigt Karl ganz leise aus dem Bette, läuft
mit seinen kleinen, nackten Beinen zur Wiege und ruft: „Piep! Eli-
sabeth!" Die Mutter, die gerade wieder ins Zimmer tritt, erschrickt
sehr. Sie straft Karl, steckt ihn ins Bett und sagt: „Karl, du
wirst nun gewiß noch länger krank bleiben, weil du nicht folgen
willst!" Sie sieht dabei so traurig aus, daß Karl bitterlich darüber
weinen muß und verspricht, nie wieder so unfolgsam zu sein. Abends
tut ihm sein Kopf weh und sein Leib, und er ist ganz blaß, und alle