Ähnliche Ergebnisse
1912 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Knörk, Otto, Baier, Hans, Kracher, Fritz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
18. Die Handelsgesellschaften-
41
4. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei
welcher neben den nur mit ihrer Einlage beteiligten Aktionären
persönlich unbeschrankt haftende Gesellschafter stehen.
Außerhalb des Handelsgesetzbuches sind nach besonderen Reichs-
gesetzen mit den Pflichten und Rechten eines Kaufmannes ver-
sehen:
Die e i n g e t r a g e n e E r tv e r b s - u n d Wirtschafts-
genossenschaft und die Gesellschaft mit beschränk-
t e r Haftung (G. m. b. H.). Die erstere bezweckt die Förderung
des Erwerbes und der Wirtschaft ihrer Mitglieder. Es gibt z. B.
Produktiv-, Magazin-, Konsum-, Vorschuß- und Kreditvereine,
Baugenossenschaften usw. Sie werden in das beim Anitsgericht
geführte G e n o s s e n s ch a f t s r e g i st e r eingetragen und er-
langen dadurch die Rechte einer juristischen Person. Kraft des
Gesetzes haben sie Rechte und Pflichten der Vollkaufleute. Man
unterscheidet Genossenschaften mit unbeschränkter Haft-
pflicht, nüt unbeschränkter N a ch s ch u ß p f l i ch t und
mit beschränkter Haftpflicht. Bei den ersteren haften
die Mitglieder für die Schulden der Gesellschaft dieser gegenüber
unbeschränkt und, falls die Genossenschaft in Konkurs gerät, auch
direkt den einzelnen Gläubigern mit ihrem ganzen Vermögen.
Im zweiten Falle haften die Mitglieder zwar der Genossenschaft
gegenüber unbeschränkt zur Deckung von deren Schulden, aber
nicht den Gläubigern direkt; bei der letzteren Art haften die Mit-
glieder der Genossenschaft nur bis zu einer im voraus neben der
Einlage bestimmten Summe und zwar sowohl der Genossenschaft
wie den einzelnen Gläubigern derselben direkt, falls sie in Konkurs
gerät. Die Art der Haftung muß in der Firma zum Ausdruck ge-
bracht fein. Zur Begründung einer Genossenschaft sind min-
destens sieben Genossen notwendig; der Begründungsvertrag muß
gerichtlich oder notariell abgeschlossen werden. Für die Orga-
nisation sind Vorstand, Aufsichtsrat, Generalversammlung der
Mitglieder vorgeschrieben, ferner eine alle zwei Jahre stattfindende
Revision ihrer Einrichtungen und ihrer Geschäftsführung durch
einen gerichtlichen oder Genossenschaftsverbandsrevisor.
Zur Begründung einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung genügen zwei Mitglieder; der Vertrag muß schriftlich
sein, das Stammkapital mindestens 20 000 Mark, der einzelne
Stammanteil mindestens 500 Mark betragen. Da diese Anteile nur
in gerichtlicher oder notarieller Form an andre abgetreten werden
tonnen, sind sie dem Handel an der Börse entzogen. Die Firma,
welche nicht notwendig den Gegenstand des Unternehmens be-
zeichnen muß und auch Namen der Gesellschafter enthalten kann,
1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
365
mit beschränkter Haftpflicht. Endlich drittens können die Mit-
glieder zwar mit ihrem ganzen Vermögen für die Schulden haften,
doch dürfen sie nicht von den Gläubigern, sondern nur von der
Genossenschaft selber zur Nachzahlung herangezogen werden. In diesem
Falle redet man von einer Genoffenschaft mit unbeschränkter
Nachschußpflicht.
Weiterhin haben wir uns zu befassen mit den durch das Gesetz
jeder Genossenschaft auferlegten Bestimmungen, will sie den Schutz des
Genossenschaftsgesetzes für sich haben. Hierzu gehört, daß die Ge-
noffenschaft in das Genossenschaftsregister beim Amtsgericht
eingetragen, daß ihr ein V o r st a n d und ein Aufsichtsrat
gegeben wird, daß die höchste Entscheidung in Vereinsangelegenheiten
die Mitglieder selbst in der Hand haben (Generalver-
sammlung), und daß mindestens in jedem zweiten Jahre durch einen
vom Amtsgerichte ernannten Sachverständigen die Geschäfts-
führung einer Revision unterzogen wird.
Alle diese gesetzlichen Bestimmungen müssen wir mit Freuden
begrüßen, da sie den Mitgliedern nicht zum Schaden, sondern nur
zum Nutzen gereichen, insofern durch sie die Genossenschaft vor leicht-
sinniger Verwaltung ihrer und fremder Gelder bewahrt bleiben kann,
und die Mitglieder neben der Selbsthilfe, die ihnen die Genossen-
schaft gewährt, und neben der Selbstverantwortlichkeit, die sie
ihnen auferlegt, schließlich auch die Selbstverwaltung einzig und
allein in der Hand behalten, auch wenn durch die Beamten der Ge-
nossenschaft der Geschäftsbetrieb erfolgt. Somit kann jede genossen-
schaftliche Einrichtung eine Quelle reichen Segens werden und zwar
in materieller Beziehung, indem sie die einzelnen Mitglieder wirt-
schaftlich stärkt, und in sittlicher Hinsicht, insofern durch sie die Selbst-
achtung, das Selbstgefühl und die Selbsttätigkeit, die Grundlagen
sittlicher Würde, geweckt und gefördert werden.
Möge es gelingen, auch in unserer Stadt eine Genossenschaft ins
Leben zu rufen zum Wohle und Segen aller, die ihr angehören wollen
und ihr anzugehören würdig sind. Das helfe Gott!
Der Vortrag fand allseitig Zustimmung, und nach kurzer Zeit
erfolgte die Gründung des Vorschuß- und Kreditvereins in N.
151. Warum bedürfen die Handwerker der Rohstoffgenolsenschaften?
Die Kreditgenossenschaft soll die Angehörigen aller Gruppen im
Handwerk vereinigen, um ihnen die notwendigen Geldmittel in ihrem
Gewerbe zu vermitteln. Die Kreditgenossenschaft ist für den Hand-
werker von großer Bedeutung, der Beitritt zu ihr ist nur zu
empfehlen, ja, eine Pflicht für einen jeden Handwerker nicht nur im
Selbstinteresse, sondern auch aus Rücksicht auf die Berufsgenossen.
Die Kreditgenossenschaft allein ist jedoch nicht imstande, den Handwerks-
meister dem Großbetriebe gegenüber konkurrenzfähig zu machen. Es
möge doch jeder bedenken, daß alle Bestrebungen, das Handwerk zu
1910 -
Langensalza
: Schulbuchh. Greßler
- Hrsg.: Rosenkranz, Fritz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
115
die Genossenschaft mit seinem Vermögen haften. Nach Art
der Haftsummen unterscheidet man.
1. Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht. (E. G.
m. u. Ä.)
Jeder Genosse hastet mit seinem ganzen Vermögen
den Gläubigern der Genossenschaft.
2. Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht. (E. G.
m. b. Ä.)
Jeder Genosse haftet nur mit einer ganz bestimmten
durch das Genoffenschaftsstatut bezeichneten Summe.
3. Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht.
(E. G. m. u. N.)
Jeder Genosse haftet im Falle der Zahlungsunfähig-
keit der Genossenschaft nur der Genossenschaft, nicht den
Gläubigern.
Errichtung der Genossenschaft. Die Er-
richtung einer Genossenschaft geschieht aus Grund eines Ge-
nossenschaftsstatuts. Die Genossenschaft wird in das Genossen-
schaftsregister beim Amtsgericht eingetragen.
Auflösung der Genossenschaft. Die Ge-
nossenschaft gilt als aufgelöst, wenn sie in Konkurs gerät oder,
wenn ihre Mitgliederzahl unter 7 sinkt oder, wenn in einer
General-Versammlung 3/4 der Anwesenden für Auflösung
stimmen.
Verwaltung der Genossenschaft. Ver-
waltungsorgane der Genossenschaft sind der Vorstand, der Auf-
sichtsrat und die General-Versammlung. Der Vorstand muß
aus mindestens 2 Mitgliedern bestehen, da 2 Vorstandsmit-
glieder bei allen Rechtsgeschäften unterzeichnen müssen. Der
Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung des Vorstandes (haftbar)
zu kontrollieren, vertritt also die Interessen der Mitglieder und
hat der Generalversammlung den Jahresbericht vorzulegen.
Zusammenschluß der Genossenschaften.
Im Jahre 1854 gründete Schulze-Delitzsch den Allgemeinen
Verband der auf Selbsthilfe beruhende Erwerbs- und Wirts-
schaftsgenossenschaften. Der Vorstand gibt den Jahresbericht
8*
1910 -
Vohwinkel
: Selbstverl. H. Jösting
- Autor: Jösting, Heinrich
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Landwirtschaftliche Winterschule
82
Allgemeine Wirtschaftslehre.
die „Novelle vom 12. August 1896 in der Fassung der Bekannt-
machung des Reichskanzlers vom 20. Mai 1898." Gesellschaften
von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des
Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaft-
lichen Geschäftsbetriebes bezwecken (Genossenschaften), erwerben die
Rechte einer eingetragenen Genossenschaft nach Maßgabe des Gesetzes.
Die Genossenschaften bilden rechtsfähige Personen, d. h.
sie können klagen und verklagt werden, und sie besitzen die gleichen
Rechte einer physischen (körperlichen) Person. Zur Gründung sind
mindestens 7 Personen erforderlich.
Um den Lieferanten von Waren, den Gebern von Darlehen
u. s. w. Sicherheit zu gewähren, wurde die Haftpflicht ein-
gerichtet. Hiernach unterscheidet man drei Arten von Genossen-
schaften:
1. Genossenschaften m. u. b. H. (mit unbeschränkter Haftpflicht),
2. Genossenschaften m. b. H. (mit beschränkter Haftpflicht),
3. Genossenschaften m. u. N. (mit unbeschränkter Nachschustpflicht).
Bei der unbeschränkten Haftpflicht haften die Genossen für
die Verbindlichkeiten der Genossenschaft sowohl der letzteren als auch
den Gläubigern unmittelbar und mit ihrem ganzen Vermögen, der
eine für den anderen (Solidarhaft). Bei den Genossenschaften
m. b. H. haften die Genossen sowohl der Genossenschaft als auch
den Gläubigern zwar auch unmittelbar, jedoch nur bis zur Höhe
einer im voraus bestimmten Summe. Bei der beschränkten Nach-
schustpflicht müssen die Genossen soviel nachschießen, daß die Ge-
nossenschaft die Gläubiger befriedigen kann. Die Genossen haften
gleichfalls mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den
Gläubigern.
Zur Sicherheit mutz außerdem wenigstens alle 2 Jahre eine
besondere Controlle, Revision genannt, stattfinden. Der Revisor
darf der Genossenschäsdärednicht angehören. Er muß sachverständig
sein und wird, falls die Genossenschaft einem Revisionsverbande
nicht angehört, vom Gericht bestellt. Bei der Revision muß der
Aufsichtsrat zugegen sein. Dem Revisor ist Einsicht in die Bücher,
die Schriften, die Kasse, die Warenbestände und die sonstigen Ein-
richtungen zu gestatten. Die stattgehabte Revision und deren Er-
gebnis ist von dem Vorstand dem Gerichte mitzuteilen.
Jede Genossenschaft muß nach Art des Unternehmens und
der Haftpflicht eine -hirma annebmen. z. B. Landwirtschaftliche
Bezugs- und Absatz-Genossenschaft zu Elberfeld, e. G. m. u. H.
1909 -
Karlsruhe
: Braun
- Autor: Glock, August
- Hrsg.: Korn, Alfred
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1907
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Vom Handels- und Wechselrecht
183
beschränkter Haftung" führen. Bei ihnen haftet den Gläubigern nur
das von den Gesellschaftern zusammengeschossene Stamm-
kapital, welches mindestens 20 000 M. betragen muß; doch kann
die Gesellschaft in gewissen Grenzen Nachschüsse von ihren Mitglie-
dern fordern. Die Stammanteile der einzelnen Gesellschafter können
verschieden groß sein, müssen sich aber auf mindestens 500 Mark be-
laufen. Sie sind zwar veräußerlich, aber nur mittels gerichtlichen
oder notariellen Vertrags, da sie nicht, wie die Aktien, von Hand zu
Hand gehen sollen; auch kann die Gültigkeit der Veräußerung von
der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Tie
Gesellschaft wird durch einen oder mehrere Geschäftsführer
vertreten. Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse in Versammlun-
gen oder durch schriftliche Erklärungen. Eine Liste der Gesellschafter-
ist alljährlich zum Handelsregister einzureichen.
t. Von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere für 55^
das kleinere Gewerbe und die Landwirtschaft, sind endlich die (zuerst
von Schulze-Delitzsch begründeten, gleichfalls durch ein besonderes
Reichsgesetz geregelten) Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.
Sie sind in erster Lrnie dazu bestimmt, ihren Mitgliedern zu dienen
durch gemeinsamen und daher billigeren Einkauf ihrer geschäftlichen
oder hauswirtschaftlichen Bedürfnisse oder durch Vermittelung des
Verkaufs ihrer Produkte oder durch Gewährung billigen Kredits.
Es zählen dazu die Konsumvereine, die Rohstoffvereine, die Magazin-
vereine, die Vorschuß- und Kreditvereine u. dgl?
Die Genossenschaften können solche sein mit unbe- 559
schränkter Haftpflicht; bei ihnen (kenntlich durch den Fir-
nienzusatz „e. G. m. u. H.") haften alle Mitglieder den Gläubigern
der Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen. Bei den Genossen-
schaften mit unbeschränkter N a ch s ch u ß p f l i ch t („e. G. m.
u. N.") haften zwar auch die Mitglieder persönlich für die Schulden,
aber nicht unmittelbar, sondern nur in der Form, daß die Genossen-
schaft von ihnen die erforderlichen Nachschüsse verlangen kann. Ist
endlich die Haftung im voraus auf einen bestimmten Betrag be-
fchränkt, so ist die Genossenschaft eine solche mit beschränkter
Haftpflicht („e. G. m. b. H.")? Die Konsumvereine dürfen
Waren regelmäßig nur an ihre Mitglieder verkaufen, die Vorschuß-
vereine Darlehen nur ihren Mitgliedern gewähren.
Die Genossenschaften müssen einett Vorstand und einen Auf- 5bo
sichtsrat haben; die Mitglieder üben ihre Rechte in der General-
versammlung aus. Eine Liste der Mitglieder wird vom Vorstand
4 Ueber die volkswirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften s. Nr. 870.
" Nicht zu verwechseln mit den oben (Nr. 557) besprochenen Gesellschaften mit
beschränkter Haftung.
1910 -
Langensalza
: Schulbuchh. Greßler
- Hrsg.: Rosenkranz, Fritz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
solidarisch der Genossenschaft und unmittelbar auch den
Gläubigern für alle Verbindlichkeiten der Genossenschaft
hasten.
2. Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht.
Bei diesen hatten die Genossen zwar auch mit ihrem
ganzen Vermögen, aber nicht den Gläubigern direkt,
sondern sie sind der Genossenschaft gegenüber zu Nach-
schüssen verpflichtet, damit diese die Gläubiger befriedigen
kann.
3. Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht. Jeder
Genosse haftet mit einer durch das Statut festgesetzten
Summe.
Veim Eintritt muß jedes Mitglied einen Geschäftsanteil
zahlen. Das Statut bestimmt diesen näher nach Höhe und
Zahlungsweise.
Die Raiffeisen - Vereine sind Genossenschaften mit unbe-
schränkter Haftpflicht ( E. G. m. u. io.).
Diese Art wird von manchen Gegnern bekämpft. Aber ge-
rade die unbeschränkte Haftpflicht bietet eine große Sicherheit
dafür, daß bei der Führung der Geschäfte mit der gehörigen
Vorsicht und Amsicht zu Werke gegangen wird, weil die Mit-
glieder der Verwaltung selbst an der Haftpflicht als Vereins-
mitglieder beteiligt sind. Aus diesem Grunde, sowie um pflicht-
gemäß über dem Wohle des Vereins zu wachen, werden die
Verwaltungsorgane, Vorstand, Rechner und Aufsichtsrat die
Augen offen halten und bei einem etwaigen Rückgänge der Ver-
mögensverhältniffe der Schuldner oder Bürgen rechtzeitig in
geeigneter Weise einschreiten. Sie sind hierzu um so eher in
der Lage, als die verhältnismäßig geringe Ausdehnung des
Vereinsbezirks eine möglichst genaue und fortlaufende Kenntnis
der einschläglichen Verhältnisse gewährleistet. Gerade die Er-
fahrungen, die die Raiffeisenschen Genossenschaften in der beinah
60 jährigen Zeit ihres Bestehens gemacht haben, haben gezeigt,
daß bei gewissenhafter Geschäftsführung, die unbeschränkte Haft-
pflicht absolut ungefährlich ist.
1909 -
Karlsruhe
: Braun
- Autor: Glock, August, Burger, Eduard
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1907
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Baden
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
Vom Handels- und Wechselrecht
175
sonderes Reichsgesetz geregelten) Erwerbs- und Wirtschaftsgenofsen-
schaften. Sie sind in erster Linie dazu bestimmt, ihren Mit-
gliedern zu dienen durch gemeinsamen und daher billigeren Einkauf
ihrer geschäftlichen oder hauswirtschaftlichen Bedürfnisse oder durch
Vermittlung des Verkaufs ihrer Produkte oder durch Gewährung
billigen Kredits. Es zählen dazu die Konsumvereine, die Rohstoff-
vereine, die Magazinvereine, die Vorschuß- und Kreditvereine
u. dergl?
Die Genossenschasten können solche sein mit unbe- 543
schränkten Haftpflicht; bei ihnen (kenntlich durch den Firmen-
zusatz „e. G. m. u. H."> haften alle Mitglieder den Gläubigern der
Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen. Bei den Genossenschaften
mit unbeschränkter N a ch s ch u ß p f l i ch t („e. G. m. u.n.) haf-
ten zwar auch die Mitglieder persönlich für die Schulden, aber nicht un-
mittelbar, sondern nur in der Form, daß die Genossenschaft von ihnen
die erforderlichen Nachschüsse verlangen kann. Ist endlich die Haftung
im voraus aitf einen bestimmten Betrag beschränkt, so ist die
Genossenschaft eine solche in i t beschränkter Haftpflicht
(„e. G. m. b. H.)? Die Konsumvereine dürfen Waren regelmäßig
nur an ihre Mitglieder verkaufen, die Vorschußvereine Darlehen nur
ihren Mitgliedern gewähren.
Die Genossenschaften müssen einen Vorstand und einen 544
Aufsichtsrat haben; die Mitglieder üben ihre Rechte in der
Generalversammlung aus. Eine Liste der Mitglieder wird
vom Vorstand und vom Amtsgericht, in dessen Genossenschafts-
r e g i st e r die Genossenschaft eingetragen ist, geführt. Die Ge-
schäftsführung der Genossenschaften muß mindestens in jedem zweiten
Jahr geprüft werden. Die Prüfung geschieht bei Genossenschasten,
die sich zur Verfolgung ihrer gemeinsamen Interessen zu einem Ver-
bände vereinigt haben, in der Regel durch einen von diesem Verbände
bestellten, in anderen Fällen durch einen vom Gericht bestellten
Revisor.
4. Die Handelsgeschäfte. 54s
Die eingehenden Vorschriften, welche das Handelsgesetzbuch hin-
sichtlich der Handelsgeschäfte gibt, beziehen sich besonders aus den
Handelskauf und auf die Kommisfions-, Speditions- und Fracht-
geschäfte. * 5
* ^lieber die volkswirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften s.
vit-. 939.
5 Nicht zu verwechseln mit den oben (Nr. 541) besprochenen Gesell-
schaften mit beschränkter Haftung.
1905 -
Straßburg
: Bull
- Hrsg.: Michel, M., Walter, W.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
359
Schulden des Vereins aufkommen. Das Gesetz läßt in dieser Hinsicht
die Wahl zwischen 3 Einrichtungen. Fürs 1. kann die Genossenschaft so
gegründet werden, daß jedes Mitglied mit seinem gesamten Vermögen für
die Schulden des Vereins unmittelbar dem Gläubiger gegenüber zu haften hat.
Es kann sich dann später wieder an den übrigen Mitgliedern entsprechend
schadlos halten. Eine solche Haftung heißt eine unbeschränkte Haftpflicht.
Die Genossenschaft kann 2. aber auch so eingerichtet sein, daß die Mit-
glieder nur mit der Höhe einer bestimmten Summe haften. In diesem
Falle heißt sie Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Endlich 3.
aber können die Mitglieder zwar mit ihrem ganzen Vermögen für die
Schulden haften, doch dürfen sie nicht von den Gläubigern, sondern nur
von der Genossenschaft selber zur Nachzahlung herangezogen werden.
In diesem Falle redet man von einer Genossenschaft mit unbeschränkter
Nachschußpflicht. Nach mehreren.
304. Die Raiffeisen-Kaffen.
Zur Zeit, als Schulze in Delitzsch anfing, auf dem Wege der Selbst-
hilfe durch Kreditbeschaffung den Kleinmeistern und Arbeitern in den Städten
zu helfen, war ein andrer Mann auf das Wohl der Landleute bedacht.
Der edle Mann hieß Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818—1888), und
die von ihm und nach seinen Ansichten gegründeten Vereine nennt man
Raiffeisen-Vereine oder Raisfeisensche Spar- und Darlehnskassenvereine.
Was Raiffeisen bewogen hat, der ländlichen Bevölkerung die helfende Hand
zu reichen, war deren mannigfache Bedrängnis durch das vielgliedrige
Wuchertum. Er war nämlich als junger Mann Bürgermeister der aus
33 Ortschaften bestehenden preußischen Bürgermeisterei zu Flammersfeld im
Westerwalde. In den Hungerjahren 1847/48 war in seinem Amtsbezirk
die Not der Bauern und Tagelöhner besonders groß. Vor allem seufzten
sie unter der wucherischen Ausbeutung der Viehhändler und Güterschlächter.
Raiffeisen sann in seinem warmen Herzen auf Abhilfe und kam auf
den Gedanken, daß die Leute sich am besten selbst helfen könnten durch
Vereinigung in Genossenschaften. So legte er 1849 in dem „Flammer-
felder Hilfsverein" den ersten Grund zu dem ländlichen Darlehnskassenverein
mit unbeschränkter Haftpflicht der einzelnen Mitglieder. Wie alles Gute,
so ist auch diese Wohlfahrtseinrichtung zuerst nur langsam gewachsen. Doch
Raiffeisen Pflegte das Werk mit unermüdlicher Liebe und Tatkraft. Er-
halte noch die Freude, den Keim, den er in die Erde gesenkt hatte, zu einem
stattlichen Baume heranwachsen zu sehen. Zur Zeit gibt es in Deutschland
Tausende von Darlehnskassen, darunter 425 in Elsaß-Lothringen. In den
letzten Jahren sind auch in Städten „Raiffeisenkassen" gegründet werden,
die besonders für den kleinen Kaufmann, den Handwerker und den Arbeiter
von großem Nutzen sind. So bestehn in Mülhausen, Gebweiler, Colmar,
Rappoltsweiler, Schlettstadt, Molsheim, Straßburg nebst Vororten, Hagenau
1915 -
Berlin
: Parey
- Autor: Otto, Hermann
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Inhalt: Zeit: 1914-1918
134 H. Landwirtschaftliches Genossenschafts- und Versicherungswesen.
den gesetzlichen Bestintmungen gegründet, so ist sie in das Genossen-
schastsregister einzutragen Das Register wird von dem Amts-
gericht gesührt, in dessen Bezirk die Genossenschaft errichtet wird.
Sie heißt dann eingetragene Genossenschast. Wird sie
in das Genossenschaftsregister nicht eingetragen, so nennt man sie
freie Vereinigung. Die eingetragene Genossenschaft gilt als
„juristische Person". Als solche kann sie vor Gericht klagen und
verklagt werden. Dagegen muß bei der freien Vereinigung im
Streitfälle jedes Mitglied einzeln klagen. Sie kann auf ihren
Namen auch nicht Verträge, Käufe oder Verkäufe abschließen. Sie
kann aber als Vereinigung verklagt werden. Jedes Vereins-
mitglied ist persönlich für die Schulden des Vereins haftbar, und
zwar bis zu dreißig Jahren. Tritt dagegen ein Mitglied aus der
eingetragenen Genossenschaft aus, so erlischt seine Haftpflicht nach
zwei Jahren.
Die eingetragenen Genossenschaften sind durch das Gesetz
vom 1. Mai 1889, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-
schaften, geregelt. Hiernach gibt es drei Arten von Genossen-
schaften, nämlich
1. eingetragene Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht,
2. eingetragene Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht und
3. eingetragene Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschuß-
pflicht.
Bei der ersten Art haftet jeder Genosse mit seinem ganzen
Vermögen für die Verbindlichkeiten der Genossenschast. Der
Gläubiger kann also von jedem Genossen Bezahlung der ganzen
Forderung verlangen und erzwingen.
Bei der Genossenschast mit beschränkter Haftpflicht hastet jeder
Genosse mit einer bestimmten Summe, nicht mit seinem ganzen
Vermögen.
Die unbeschränkte Nachschußpflicht ist eine mildere Form der
unbeschränkten Haftpflicht. Die Genossen haften nicht den Gläu-
bigern, sondern der Genossenschaft. Sie müssen nötigenfalls so
lange Nachschüsse zahlen, bis die Gläubiger befriedigt sind.
Das hie und da gegen das Genossenschaftswesen noch be-
1913 -
Cassel
: Scheel
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung, Gesellschaftskunde
73
die Geschäfte zu führen. Bei den Mitgliedern aber muß vor allem
Gemeinsinn zu finden sein. Nur wer bereit ist, als Mitglied der
Genossenschaft nach dem Grundsätze zu handeln: „Einer für alle
und alle für einen", kann ein rechtes Mitglied sein.
Die Verwaltung der Genossenschaft erfolgt durch den Vorstand,
der mindestens aus 2 Mitgliedern, und durch den Aufsichtsrat,
der mindestens ans 3 Mitgliedern besteht. Die Gesamtgeschäfts-
führung wird von der Generalversammlung überwacht.
Die Mitgliedschaft wird durch schriftliche Anmeldung
beim Vorstand erworben. Ebenso muß der Austritt schriftlich
sin der Regel 6 Monate) vor Schluß des Geschäftsjahres erfolgen.
Ein jedes Mitglied ist verpflichtet, sich an den Geschäften der
Genossenschaft zu beteiligen. Zu diesem Zwecke erwirbt es einen
Geschäftsanteil (ä 50 M., 100 M., 500 M.); der darauf füllige
Betrag kann in Raten eingezahlt werden. Vielfach ist die Erwerbung
mehrerer Geschäftsanteile zulässig. Der Geschäftsanteil bleibt Eigen-
tum des Mitgliedes und wird beim Austritt zurückgezahlt. (Die
Rückzahlung erfolgt nicht gleich am Schlüsse des Geschäfts-
jahres, für das man seine Kündigung eingereicht hat, sondern erst
scher Haftpflicht wegensj nach der Generalversammlung, in der die
Geschäfte des verflossenen Geschäftsjahres geprüft worden sind.) Eine
Verzinsung des Geschäftsanteils findet nicht statt, wohl
aber wird nach dem Maße des Geschäftsgewinnes darauf eine Di-
vidende gezahlt. Diese Dividende kann in ihrer Höchstgrenze
in einem bestimmten Prozentsätze festgelegt werden. (Zinsen sind
Geldvergütungen, die nach einem feststehenden, meist vereinbarten
Satze berechnet werden, auf welche man einen rechtlichen An-
spruch hat; Dividenden sind schwankende Geldvcrgütnngen, auf
die man keinen rechtlichen Anspruch hat.)
Sinkt die Zahl der Mitglieder einer Genossenschaft auf weniger
als sieben, so löst sich die Genossenschaft auf. Ebenso erfolgt
Auflösung durch Konkurs oder durch Beschluß einer General-
versammlung, wenn s/4 der erschienenen Mitglieder sich dafür erklären.
Haftpflicht der Genossenschaftsmitglieder. Wie mit jedem Ge-
schäftsbetriebe, so ist auch mit dem Genossenschaftsbetriebe ein gewisses
Risiko verbunden. Infolgedessen haben die Mitglieder nach dem
Maße ihrer Geschäftsanteile für die Verbindlichkeiten der Genossen-
schaft zu hasten. Der Umfang dieser Haftpflicht b e st i m m t
den Charakter der Genossenschaft. Wir unterscheiden:
1. Eingetragene Genossenschaften mit unbeschränkter
Haftpflicht. (E. G. m. u. H.) Die Mitglieder haften mit ihren;
ganzen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft.
Jeder Genosse darf nicht mehr als einen Geschäftsanteil erhalten.
Tritt Konkurs ein, haften alle Genossen, auch diejenigen, welche
während der beiden letzten Jahre ausgeschieden sind. Die Genossen
1908 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Griep, Max
- Hrsg.: ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
66
Zweiter Teil. Die Rechte und Pflichten der Volljährigen.
Bestimmungen in Kraft: Ist die Zahlung des Pachtzinfes nach Jahren bemessen,
so ist derselbe am ersten Werktage des folgenden Jahres zu entrichten. Alle notwen-
digen Ausbesserungett, welche Wege, Zäune, die Haus- und Wirtschaftsgebäude
betreffen, hat der Pächter auf seine Kosten zu bewirken. Änderungen, welche für
die Art der Bewirtschaftung auf Jahre hinaus von Einfluß sein können, dürfen ohne
Genehmigung des Verpächters nicht vorgenommen werden. Ist mit dem Grund-
stück zugleich das Inventar verpachtet worden, so hat der Pächter für die Erhaltung
desselben Sorge zu tragen und es dem Verpächter bei Beendigung der Pacht zurück-
zuerstatten. Ebenso muß er das Grundstück nach Aufhebung des Pachtverhältnisses
in einem Zustande zurückgeben, welcher den Anforderungen einer geordneten Wirt-
schaft entspricht. Von den bei Beendigung der Pacht vorhandenen landwirtschaft-
lichen Erzeugnissen ist ein Teil zurückzulassen, so daß eine Fortführung der Wirtschaft
bis zur Neugewinnung dieser Erzeugnisse möglich ist.
Ist keine besondere Kündigung des Pachtverhältnisses vereinbart, so ist eine
Kündigung nur für den Schluß des Pachtjahres zulässig, wenn sie spätestens am
ersten Werktage des halben Jahres erfolgt, mit dessen Schlüsse der Vertrag auf-
hören soll. Bleibt der Pächter mit der Zahlung des Zinses oder eines Teiles
desselben für zwei aufeinander folgende Termine im Rüchtande, oder benutzt er
die Pachtung in einer dem Vertrage zuwiderlaufenden Weise, so kann der Verpächter
den Vertrag sofort kündigen. Stirbt der Pächter, so darf seinen Erben vor Ablauf des
Vertrages nicht gekündigt werden. Dem Verpächter steht auch für die Entrichtung
des Pachtzinses ein Pfandrecht an den vom Pächter eingebrachten Sachen zu. Durch
eine Veräußerung des gepachteten Grundstückes tritt vor Ablauf der Pachtverträge
keine Änderung für den Pächter ein, sondern die Rechte und Pflichten des Verpächters
gehen auf den Erwerber des Grundstücks über.
Das landwirtschaftliche Kreditwesen. Um den Landwirten den bei Bewirt-
schaftung ihrer Güter erforderlichen Kredit zu gewähren, sind die Grundbesitzer zu
Ritterschaften oder Landschaften zusammengetreten, welche die notwendigen Mittel
gemeinsam durch Ausgabe von Rentenbriefen aufbringen. Die Mitglieder erhalten
die Darlehen als Hüpotheken, die im Laufe einer festgesetzten Zeit durch Zahlung
eines bestimmten Prozentsatzes außer den vereinbarten Zinsen getilgt (amortisiert)
werden. Für die ausgegebenen Renten (Pfandbriefe) bürgt die gesamte Landschaft.
In kleineren Bezirken sind Darlehnskassenvereine oder Kreditgenossenschaften ge-
gründet worden (s. S. 100), unter denen sich besonders die R a i f f e i s e n s ch e n
Darlehns lassen auszeichnen. Sie sind Genossenschaften mit unbeschränkter
Haftpflicht, welche ihren Mitgliedern gegen Zinsvergütung Darlehen gewähren.
Andere Wirtschaftsgenossenschaften bezwecken den gemeinschaftlichen Einkauf der
Bedarfsgegenstände oder den gemeinschaftlichen Verkauf landwirtschaftlicher Er-
zeugnisse (Molkereigenossenschaften, Getreideverkanfsgenossenschaften u. a.). (Ein-
richtung und Verwaltung s. S. 100.) Der Staat tritt in Preußen helfend ein, indem
er durch die Zentral-Genossenschaftskasse diesen Genossenschaften
verzinsliche Darlehen gewährt. Auch das landwirtschaftliche Vereinswesen ist in
Deutschland sehr entwickelt. An der Spitze der Gesamtheit dieser Vereine steht das
L a n d e s ö k o n o m i e k o l l e g i u m, das als ein technischer Beirat der Regierung
(Landwirtschaftsminister) zur Seite steht. Es setzt sich aus den von den Vereinen
und vom Minister gewählten Mitgliedern zusammen. Für die einzelnen Provinzen
sind Landwirt's chaftskammern errichtet, welche dazu berufen sind, durch
1909 -
Karlsruhe
: Braun
- Autor: Schiedermair, Josef, Glock, August
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1907
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Vom Handels- und Wechselrecht
183
Es zählen dazu die Konsumvereine, die Rohstoffvereine, die Magazin-
vereine, die Vorschuß- und Kreditvereine u. dgl?
Die Genossenschaften können solche sein m i t u n b e - 54z
schränkter Haftpflicht; bei ihnen (kenntlich durch den Fir-
menzusatz „e. G. m. u. H.") hasten alle Mitglieder den Gläubigern
der Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen. Bei den Genossen-
schaften mit unbeschränkter N a ch s ch u ß p s l i ch t („e. G. m.
u. N.") haftell zwar auch die Mitglieder persönlich für die Schulden,
aber nicht unmittelbar, sondern nur in der Form, daß die Genossen-
schaft von ihnen die erforderlichen Nachschüsse verlangen kann. Ist
endlich die Haftung im voraus aus einen bestimmten Betrag be-
schränkt, so ist die Genossenschaft eine solche mit beschränkter
Haftpflicht („e. G. m. b. H.")? Die Konsumvereine dürfen
Waren regelmäßig nur an ihre Mitglieder verkallsen, die Vorschuß-
vereine Darlehen nur ihren Mitgliedern gewähren.
Die Genosseilschaften müssen eineil Vorstand ulld einen Auf- 544
sichtsrat haben; die Mitglieder üben ihre Rechte in der General-
versammlung aus. Eine Liste der Mitglieder wird vom Vorstand
und vom Amtsgericht, in dessen Genoss enschaftsregi st er
die Genossenschaft eingetragen ist, geführt. Die Geschäftsführung
der Genossenschaften muß mindestens in jedem zweiten Jahr geprüft
werden. Die Priifung geschieht bei Genossenschaften, die sich zur
Verfolgung ihrer gemeinsamen Interessen zil einem Verbände ver-
einigt haben, in der Regel durch einen von diesem Verbände bestellten,
in anderen Fällen durch einen vom Gericht bestellten Revisor.
4. Tic Handelsgeschäfte. 54;
Die eingehenden Vorschriften, welche das Handelsgesetzbuch hin-
sichtlich der Handelsgeschäfte gibt, beziehen sich besonders auf den
Handelskauf und aus die Kommissions-, Speditions- lind Fracht-
geschäfte.
Der K 0 m ui i s s i 0 n ä r übernimmt es gewerbsmäßig, Waren
und Wertpapiere im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines ande-
ren (des Komittenten) zu saufen oder zu verkaufen.
Der Spediteur besorgt gewerbsniäßig im eigenen Namen,
aber für Rechnulig eines andern (des Versenders) die Versendung von
Gütern durch Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen. * *
^ ' lieber die volkswirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften s.
* Nicht zu verwechseln mit den oben (Nr. 541) besprochenen Gesell-
schaften mit beschränkter Haftung.
1908 -
Straßburg
: Bull
- Hrsg.: Michel, M., Walter, W.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
— 350 —
giieöcr abgegeben werden, als der Zinsfuß für die aufgenommenen Kapitalien
ist, wird zum Teil dem Gruudkapital zugelegt; der Überschuß jedoch wird
jährlich verteilt.
Durch leichtfertige Verwaltung des Vereinsvermögens kann eine Genossen-
schaft auch zugrunde gehn. In diesem Falle muß dieselbe für alle Schulden
des Vereins aufkommen. Es ist das zwar für die Mitglieder recht betrübend,
aber durchaus gerechtfertigt; denn jeder Gläubiger will befriedigt werden. Das
Gesetz läßt hier die Wahl zwischen 3 Einrichtungen. Fürs 1. kann die
Genossenschaft so gegründet werden, daß jedes Mitglied mit seinem gesamten
Vermögen für die Schulden des Vereins unmittelbar dem Gläubiger gegenüber
zu haften hat. Es kann sich dann später wieder an den übrigen Mitgliedern
entsprechend schadlos halten. Eine solche Haftung heißt eine unbeschränkte
Haftpflicht. Die Genossenschaft kann 2. aber auch so eingerichtet sein, daß
die Mitglieder nur mit der Höhe einer bestimmten Summe haften. In
diesem .Falle heißt sie Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Endlich
3. aber können die Mitglieder zwar mit ihrem ganzen Vermögen für die
Schulden haften, doch dürfen sie nicht von den Gläubigern, sondern nur
von der Genossenschaft selber zur Nachzahlung herangezogen werden. In .diesem
Falle redet man von einer Genossenschaft mit beschränkter Nachschußpflicht.
280. Die ländlichen Genossenschaften.
Auf Anregung der landwirtschaftlichen Kreisvereine und der elsaß-loth-
ringischen Regierung wurde schon zu Ende der siebziger Jahre des letzten Jahr-
hunderts versucht, das Genossenschaftswesen auch für unsere Landwirte nutz-
bar zu machen. In der Rheinprovinz, in Hessen, Baden usw. hatte man
damit etwa 2 Jahrzehnte früher begonnen. Den Anstoß dazu gab Friedrich
Wilhelm Raiffeisen. Derselbe hatte als Bürgermeister zu Flammersfeld
im Westerwald in den Notjahren 1847/48 die bedrängte Lage der Land-
bewohner kennen gelernt. Diese hatten besonders unter der wucherischen
Ausbeutung der Viehhändler und Güterschlächter zu leiden. Raiffeisen kam
nun auf den Gedanken, daß die Leute sich durch Vereinigung in Genossen-
schaften selbst helfen könnten. Er gründete daher 1849 den „ Flammerfelder
Hilfsverein", an den sich bald weitere Vereinigungen reihten. 1864 schuf
er zu Hedesdorf eine auf Selbsthilfe beruhende Genossenschaft zur Regelung
des Kreditwesens. Durch Wort und Schrift wirkte Raiffeisen für die weitere
Gründung von Darlehnskassenvereinen. Er fand dabei die weitgehendste
Unterstützung des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Die Zahl
der Vereine wuchs sehr rasch, jedoch trennten sich verschiedene und bildeten
unabhängige Verbände. Auch im Reichslaude entstanden allenthalben Dar-
lehnskassen. Für sic wurde 1895 in Straßburg eine Filiale errichtet, durch
welche die Verwaltung und der Geldausgleich dieser Vereine besorgt wird.
Zu Beginn des neuen Jahrhunderts machte sich im Schoße der land-
1910 -
Langensalza
: Schulbuchh. Greßler
- Hrsg.: Rosenkranz, Fritz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
120
e) Beschaffung und Unterhaltung von Maschinen, Gerät-
schaften und anderen Gegenständen des landwirtschaft-
lichen Betriebes auf gemeinschaftliche Rechnung der Mit-
glieder und Überlassung an diese gegen angemessene Be-
nutzungsgebühr,
i) Ansammlung eines unteilbaren Vereinsvermögens (Stif-
tungsfonds) zur Förderung der Wirtschaftsverhältniffe
der Mitglieder,
Z) Verbreitung wirtschaftlicher Kenntnisse durch Abhaltung
belehrender Vortrüge und Austausch bemerkenswerter
Erfahrungen sowie Besprechung und Beschlußfassung über
wirtschaftliche Maßnahmen zur Besserung der Lage der
Mitglieder.
§ 5. Die Genossenschaft beruht auf christlicher und staats-
treuer Grundlage. In den Versammlungen, sowie bei der
ganzen Vereinstätigkeit sind Erörterungen oder Maßnahmen
konfessioneller oder politischer Natur unbedingt ausgeschlossen.
Damit ist ausgesprochen, daß die Genossenschaften des Raiff-
eisenschen Systems die Behandlung aller wirtschaftlichen An-
gelegenheiten ihrer Mitglieder zur Aufgabe haben, sofern
nicht politische und konfessionelle Fragen dabei mit in Betracht
kommen.
Amfang und Mitgliederzahl der Raiffeisen-Vereine.
Am den wirklichen Bedürfnissen der Mitglieder Rechnung
tragen zu können, muß man diese kennen; deshalb soll jeder
Verein einen fest abgegrenzten Bezirk bilden, der nicht zu groß
ist, und in der Regel soll er nur aus einer Kirchen- oder
Zivilgemeinde bestehen mit einer durchschnittlichen Einwohner-
zahl von 1000 bis 2000. Rur geschäftsfähige Personen werden
als Mitglieder aufgenommen und dürfen diese nicht einer
anderen Kreditgenossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht an-
gehören. Rach der Art der Haftpflicht unterscheidet man im
allgemeinen:
1. Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht; wobei
die Genossen mit ihrem ganzen Vermögen persönlich und
1912 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Kracher, Fritz, Baier, Hans
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
18. Die Handelsgesellschaften.
41
4. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei
welcher neben den nur mit ihrer Einlage beteiligten Aktionären
persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter stehen.
Außerhalb des Handelsgesetzbuches sind nach besonderen Reichs-
gesetzen mit den Pflichten und Rechten eines Kaufmannes ver-
sehen:
Die eingetrageneerwerbs-undwirtschafts-
ge nossenschaft und die Gesellschaft mit beschränk-
ter Haftung (G. m. b. H.). Die erstere bezweckt die Förderung
des Erwerbes und der Wirtschaft ihrer Mitglieder. Es gibt z. B.
Produktiv-, Magazin-, Konsum-, Vorschuß- und Kreditvereine,
Baugenossenschaften usw. Sie werden in das beim Amtsgericht
geführte Genossenschaftsregister eingetragen und er-
langen dadurch die Rechte einer juristischen Person. Kraft des
Gesetzes haben sie Rechte und Pflichten der Vollkaufleute. Man
unterscheidet Genossenschaften mit unbeschränkter Haft-
pflicht, mit unbeschränkter Nachschußpflicht und
mit beschränkter Haftpflicht. Bei den ersteren haften
die Mitglieder für die Schulden der Gesellschaft dieser gegenüber
unbeschränkt und, falls die Genossenschaft in Konkurs gerät, auch
direkt den einzelnen Gläubigern mit ihrem ganzen Vermögen.
Im zweiten Falle haften die Mitglieder zwar der Genossenschaft
gegenüber unbeschränkt zur Deckung von deren Schulden, aber
nicht den Gläubigern direkt; bei der letzteren Art haften die Mit-
glieder der Genossenschaft nur bis zu einer im voraus neben der
Einlage bestimmten Summe und zwar sowohl der Genossenschaft
wie den einzelnen Gläubigern derselben direkt, falls sie in Konkurs
gerät. Die Art der Haftung muß in der Firma zum Ausdruck ge-
bracht sein. Zur Begründung einer Genossenschaft sind min-
destens sieben Genossen notwendig; der Begründungsvertrag muß
gerichtlich oder notariell abgeschlossen werden. Für die Orga-
nisation sind Vorstand, Aufsichtsrat, Generalversammlung der
Mitglieder vorgeschrieben, ferner eine alle zwei Jahre stattfindende
Revision ihrer Einrichtungen und ihrer Geschäftsführung durch
einen gerichtlichen oder Genossenschaftsverbandsrevisor.
Zur Begründung einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung genügen zwei Mitglieder; der Vertrag muß schriftlich
sein, das Stammkapital mindestens 20 000 Mark, der einzelne
Stammanteil mindestens 600 Mark betragen. Da diese Anteile nur
in gerichtlicher oder notarieller Form an andre abgetreten werden
können, sind sie dem Handel an der Börse entzogen. Die Firma,
welche nicht notwendig den Gegenstand des Unternehmens be-
zeichnen muß und auch Namen der Gesellschafter enthalten kann,
1911 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Knoke, Arnold
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
134
f) Stille Gesellschaft. Als „stiller Gesellschafter" („stiller Teil-
haber") kann sich jemand mit Kapital an dem Handelsgewerbe, das ein
anderer betreibt, beteiligen, seine Kapitaleinlage geht in das Vermögen
des Inhabers des Handelsgeschäftes über. Am Schlüsse jedes Geschäfts-
jahres wird der Gewinn und Verlust berechnet und der auf den stillen
Gesellschafter fallende Gewinn ihm ausbezahlt. Der stille Gesellschafter ist
nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurück-
zuzahlen. Er nimmt an dem Verluste nur bis zum Betrage seiner fest-
gesetzten Einlage teil; solange seine Einlage durch Verlust vermindert ist, soll
der jährliche Gewinn zur Deckung seines Verlustes verwendet werden.
2. Die Genossenschaften.
„E. G. m. b. H." heißt: — eine in das Genossenschaftsregister des
zuständigen Amtsgerichts — eingetragene Genossenschaft mit beschränkter
Haftpflicht. Die Mitglieder einer solchen Genossenschaft haften sowohl
dieser wie deren Gläubigern gegenüber außer mit der Kapitaleinlage mit
einer in den Satzungen der Genossenschaft festgesetzten Summe, die mindestens
die Höhe der Kapitaleinlage der Mitglieder erreichen muß. Die persönliche
Haftpflicht des einzelnen Genossen beträgt also mindestens das Doppelte
seiner Einlage.
„G. m. u. H." heißt Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht und be-
deutet, daß jedes Mitglied der Genossenschaft für deren Verbindlichkeiten
ohne Schranke einer Höchstgrenze mit seinem ganzen Vermögen haftbar ist.
Durch das Genossenschaftswesen werden die Vorteile des Großkapitals
(Möglichkeit des Bezuges großer Mengen von Waren zu geringerem Preis)
dem einzelnen Kleinkapitalisten zugänglich gemacht.
a) Die Aufgabe der Vorschuß- und Kreditvereine oder Spar-
und Darlehnskassen ist die Sammlung von eigenem Kapital durch
Einziehung von regelmäßig erfolgenden kleinen Einzelbeitrügen der Mit-
glieder, angemessene Verzinsung dieser Beiträge, Gewährung von Darlehen
an kreditfähige Mitglieder zu mäßigem Zinsfuß, Beschaffung von fremdem
Kapital, dessen der einzelne für seinen wirtschaftlichen Betrieb benötigt, auf
gemeinschaftlichen Kredit.
b) Rohstoff- oder Einkaufsgenossenschaften. Es handelt sich
hier um gemeinsamen Bezug von Waren aus der durch Mitgliederbeiträge
gebildeten Kasse; diese Waren werden gewöhnlich zu Tagespreisen an die
Mitglieder verkauft, der Gewinn wird am Schluß des Jahres verteilt in
Form einer Dividende für den gezeichneten Geschäftsanteil sowie als Rabatt
auf die gemachten Einkäufe.
c) Werkgenossenschaften. Hier handelt es sich um die An-
schaffung von Geräten, Maschinen, die das Eigentum der Genossenschaft
bleiben und von den einzelnen gegen Zahlung einer Leih- oder Mietegebühr
zu benutzen sind.
ä) Produktiv- und Absatzgenossenschaften, Magazin-
1910 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Giese, August
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
181
daß sie ihre Macht selbstsüchtig zu ihrer Bereicherung ausnutzen
und die anderen ausbeuten.
4. Eine andere Art gesellschaftlicher Unternehmungen sind
die Genossenschaften, das sind wirtschaftliche Ver-
einigungen, in denen kleine Leute mit geringem Kapital zu-
sammentreten, um durch solche Vereinigung die Vorteile des
Großkapitals beim Ein- und Verkauf von Waren oder bei Ver-
wendung von Geldern oder zu sonstigen wirtschaftlichen Zwecken
zu erreichen. Solche Genofsenschaften, deren Mitglieder alle
mit ihrem ganzen Vermögen haften, haben sich gebildet z. B.
als Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitig-
keit, und es gibt so Feuer-, Hagel-, Vieh- und besonders
Lebcnsversicherungsgesellschaften; sie sind überaus
nützlich, schützen den einzelnen gegen die Folgen gewisser Schäden
und erfordern nur so viel Beiträge oder Prämien, als Ent-
schädigungen gezahlt worden sind; etwaige Gewinne kommen
nicht fremden Personen, sondern den Versicherten selbst zugute.
Ähnlich sind die genossenschaftlichen Unterstützungs- und
Sparkassen und besonders die Erwerbs- und Wirt-
schaftsgenossenschaften, die nach englischem Vorbild
durch Schulze-Delitzsch für den kleinen Gewerbestand, durch
Raiffeisen für die Landwirtschaft ins Leben gerufen worden sind.
Sie gewähren ihren Mitgliedern teils Vorschuß und Kredit,
teils dienen sie zum gemeinschaftlichen Einkauf von Rohstoffen
oder zunl gemeinsamen Verkauf von Erzeugnissen, wie
Milch und Butter, teils kaufen sie die zum gewöhnlichen Bedarf,
zum Konsum, notwendigen Waren, wie Lebensmittel und
Brennmaterial, gemeinsam ein und heißen danach Vorschuß-,
Kredit-, Rohstoff-, Molkerei-Genossenschaften und Konsumvereine.
Diese Genossenschaften erwerben sich durch Eintragung in
das beim Gericht geführte Genoffenschaftsregister die Rechte der
juristischen Person (S. 98). Sie können auch die Haft-
pflicht der Genoffen auf eine bestimmte Summe, je nach der
Höhe der Einlage, beschränken und heißen dann eingetragene
Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht (e. G. m. b. H.).
Alle Genossenschaften müssen einen Vorstand und einen
Aufsichtsrat haben, eine Liste ihrer Mitglieder führen und ihre
Geschäftsführung mindestens alle zwei Jahre prüfen lassen.
Eine besondere Art der Genossenschaften sind diegewerk-
schaften, die von mehreren Bergwerksinhabern gebildet
werden. Ihr Vermögen zerfällt in 100 (oder 1000) Anteile oder
Kuxe, die verkäuflich sind wie die Aktien; doch hat jeder In-
haber die Verpflichtung zu Nachzahlungen, falls Verluste
eintreten.
1913 -
Cassel
: Scheel
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung, Gesellschaftskunde
74
haften der Genossenschaft und ihren Gläubigern; diese
können sich bis zu ihrer vollen Befriedigung an jeden Genossen halten.
2. Eingetragene Genossenschaften mit beschränkter
Haftpflicht. (E. G. m. b. H.) Bei diesen Genossenschaften ist
die Haftpflicht beschränkt ans den Geschäftsanteil, d. h., ein jeder
Geschäftsanteil ist für einen gewissen Betrag, der die Höhe des
Geschäftsanteils nicht übersteigen darf, haftbar. Für die einzelnen
Mitglieder richtet sich die Höhe der Haftsumme nach der Zahl der
Geschäftsanteile. (Ein Mitglied kann mehrere Geschäftsanteile
erwerben.) Die Genossen haften auch der Genossenschaft
und den Gläubigern gegenüber; ein Gläubiger kann jeden
Genossen bis zur Höhe der Haftsumme verpflichten.
3. Eingetragene Genossenschaften mit unbeschränkter
Na chs ch ußp flicht. (E. G. m. u. N.) Ein Genosse kann nur einen
Geschäftsanteil erwerben. Er hastet mit seinem ganzen Vermögen
und kann von der Genossenschaft zu Nachschüssen bis zur Be-
friedigung aller Gläubiger herangezogen werden. Diese Haftpflicht
erstreckt sich auch noch auf diejenigen Mitglieder, die bereits 1 */2 Jahre
ausgetreten sind.
Alle Genossenschaften einer Gemeinde werden nach Zweck (Statut),
Vorstand und Mitgliedern in das Genossenschastsregister des zu-
ständigen Amtsgerichtes eingetragen.
Die Genossenschaften sind Segens anst alten im
wahren Sinne des Wortes. Sie haben schon manchen Schwachen
stark gemacht, manchen Sinkenden vor dem Untergange bewahrt. —
Die Betriebsform der Zukunft ist der Großbetrieb. Aber nicht jeder
Geschäftsmann hat die Mittel zur Errichtung eines Großbetriebes.
Schaltet er ein Stück Großbetrieb in seinen Kleinbetrieb ein,
gerade an schwacher Stelle, dann findet er Kräftigung und Förderung
in einer Weise, wie er sie aus eigenem Vermögen nicht zu finden
vermag.
Xiii.
Der Scheck.
Wesen: Der Scheck ist eine Anweisung auf ein Bankhaus, die
bei Vorzeigen (bei Sicht) zahlbar wird.
Bankguthaben: Wer mit einem Bankhause in Scheckverkehr
treten will, hinterlegt ein Guthaben, das ihm verzinst wird und
über welches er jederzeit verfügen kann. Die Neichsbank verzinst
1909 -
Karlsruhe
: Braun
- Autor: Glock, August
- Hrsg.: Korn, Alfred
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1907
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
286
Das Wirtschaftsleben
betrieb ihrer Mitglieder durch Gewährung verzinslicher Darlehen zu
unterstützen, ferner die Roh st offgenossensch asten zum
gemeinschaftlichen Einkauf von Rohstoffen, die Konsumvereine
zum gemeinschaftlichen Ankauf von Lebensbedürfnissen im großen und
Absatz im kleinen an die Mitglieder, die Werkgenossenschaf-
ten zur gemeinschaftlichen Anschaffung und Benützung von Maschinen
und die M a g a z i n g e n o s s e n s ch a f t e n zum Wareneinkauf für
gemeinsame Rechnung. Am wenigsten entwickelt haben sich die Ge-
nossenschaften, welche nach dem Plane des Sozialisten Ferdinand
Lassalle den Arbeitern ermöglichen sollten, die Produktion selbst in die
Hand zu nehmen; es sind das die Produktivgenossenschaf-
ten, deren Mitglieder ihre Geldmittel und Arbeitskräfte vereinigen,
um Güter für gemeinsame Rechnung und Gefahr zu erzeugen und zu
verkaufen.
Die landwirtfchaftlichen Genossenschaften ver-
danken ihre Blüte hauptfächlich den Bemühungen des Bürgermeisters
Raiffeisen in Heddesdorf bei Neuwied. Allgemein verbreitet sind
hier neben den Kreditgenossenschaften (Darlehens-
kasse n v e r e i n e n) die Konsumgenossenschaften zur
Beschaffung von Betriebsmitteln, wie Sämereien, Dung- und Futter-
mitteln, Geräten, Brennmaterial usw., ferner die Molkereige-
nosfenfchaften und sonstigen Genossenschaften zum gemeinschaft-
lichen Verkauf und zur vorherigen Verarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse. ’ Die Ausbreitung und Fortbildung dieses landwirt-
schaftlichen Genossenschaftswesens ist für den Bauernstand fast eine
Lebensfrage; denn es fetzt ihn in den Stand, sich neben dem Groß-
grundbesitz zu behaupten und die Hilfe von Zwischenhändlern und
Wucherern entbehren zu können; auch veranlaßt es ihn zur Vornahme
von Verbesserungen in seinen Betrieben (z. B. durch Verwendung
künstlicher Dung- und Futtermittel), die sonst unterbleiben würden.
Die nach Tausenden zählenden Genossenschaften Deutschlands
haben sich zur Vertretung ihrer gemeinsamen Interessen zu mehre-
ren Genossenschaftsverbänden vereinigt. Ferner haben
die landwirtschaftlichen Genossenschaften genossenschaftliche
Zentralkaffen gebildet, welche hauptsächlich dazu dienen, die
wechselnden Geldbedürfnisse der einzelnen Genossenschaften unter-
einander auszugleichen.
d. Der Umlauf der Güter.
1. Begriff des Güterumlaufs. — Der Handel.
Auf unserer heutigen Wirtschaftsstufe ist die frühere Produktion
für den eigenen Bedarf fast völlig ersetzt durch die auf Tausch berech-
1909 -
Karlsruhe
: Braun
- Autor: Schiedermair, Josef, Glock, August
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1907
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
322
Das Wirtschaftsleben
sondere Bedeutung unter ihnen haben die Vorschuß - und Kre-
dit v e r e i n e gewonnen, welche den Zweck verfolgen, den Geschäfts-
betrieb ihrer Mitglieder durch Gewährung verzinslicher Darlehen zu
unterstützen, ferner die Rohstoffgenoffenfchaften zum
gemeinschaftlichen Einkauf von Rohstoffen, die Konsumvereine
zum gemeinschaftlichen Ankauf von Lebensbedürfnissen im großen und
Absatz im kleinen an die Mitglieder, die W e r k g e n o s s e n s ch a f -
t e n zur gemeinschaftlichen Anschaffung und Benützung von Maschinen
und die Magazingenossenschaften zum Wareneinkauf für
gemeinsame Rechnung. Am wenigsten entwickelt haben sich die Ge-
nossenschaften, welche nach dem Plane des Sozialisten Ferdinand
Lassalle den Arbeitern ermöglichen sollten, die Produktion selbst in die
Hand zu nehmen; es sind das die Produktivgenossenschaf-
ten, deren Mitglieder ihre Geldmittel und Arbeitskräfte vereinigen,
um Güter für gemeinsame Rechnung und Gefahr zu erzeugen und zu
verkaufen.
984 Die landwirtschaftlichen Genossenschaften ver-
danken ihre Blüte hauptsächlich den Bemühungen des Bürgermeisters
Raiffeisen in Heddesdorf bei Neuwied. Allgemein verbreitet sind
hier neben den Kreditgenossenschaften (Darlehens-
kassen vereinen) die Konsumgenossenschaften zur
Beschaffung von Betriebsmitteln, wie Sämereien, Dung- und Futter-
mitteln, Geräten, Brennmaterial usw., ferner die Molkereige-
nossenschaften und sonstigen Genossenschaften zum gemeinschaft-
lichen Verkauf und zur vorherigen Verarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse. Die Ausbreitung und Fortbildung dieses landwirt-
schaftlichen Genossenschaftswesens ist für den Bauernstand fast eine
Lebensfrage; denn es setzt ihn in den Stand, sich neben dem Groß-
grundbesitz zu behaupten und die Hilfe von Zwischenhändlern und
Wucherern entbehren zu können; auch veranlaßt es ihn zur Vornahme
von Verbesserungen in seinen Betrieben (z. B. durch Verwendung
künstlicher Dung- und Futtermittel), die sonst unterbleiben würden.
985 Die nach Tausenden zählenden Genossenschaften Deutschlands
haben sich zur Vertretung ihrer gemeinsamen Interessen zu mehre-
ren Genossenschastsver bänden vereinigt. Ferner haben
die landwirtschaftlichen Genossenschaften genossenschaftliche
Zentralkaffen gebildet, welche hauptsächlich dazu dienen, die
wechselnden Geldbedürfnisse der einzelnen Genossenschaften unter-
einander auszugleichen?"
10 In Bayern besteht der Landesverband bayerischer
Handwerkergenossenschaften. Als Mitglieder können ihm bei-
treten alle Handwerkergenossenschaften, ferner alle gewerblichen Genossen-
schaften, deren Mitglieder der Mehrzahl nach Handwerker sind. Er bezweckt