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1. Staats- und Bürgerkunde - S. 451

1910 - Wittenberg : Herrosé
451 auf den Willen und Charakter, auf Zucht und Sitte des jungen Menschen verbunden. Er lernt auf Ehre halten, lernt gehorchen, was jungen Männern so nötig ist — lernt sich selbst überwinden, lernt die Erfüllung seiner Pflicht über sein Vergnügen und sein Belieben setzen, lernt seinen Willen, seine Neigung unterwerfen den bestimmten Vorschriften und Lebensordnungen, die ihm gesetzt sind. Er lernt aber auch dem Vorgesetzten gegenüber respektvoll sich benehmen, lernt aller Verweichlichung und Verwöhnung ent- sagen, lernt mannhaft einstehen für einen bestimmten Zweck und sich einem größeren Ganzen willig einfügen. Er lernt Sorgfalt. Regelmäßigkeit und feste Ordnung beobachten bei allem was ge- schieht, lernt streng gegen sich selbst sein, sich nichts schenken von dem, was er tun muß, und sich's nicht bequem machen im Leben. Er lernt sich im Zaum halten im Reden und Handeln, lernt Rein- lichkeit und Wohlanständigkeit in seinem ganzen Verhalten, ge- wöhnt sich an Zucht und Maßhalten in allen Dingen, sowie an Offenheit und Wahrheitsliebe, an Pünktlichkeit und Treue auch im kleinen. Der Soldat eignet sich aber auch ein zuverlässiges Wesen an, er lernt für das, was ihm anvertraut wird, mit vollster eigener Verantwortlichkeit einstehen, als Posten auf der Wache, als Ordonnanz, als Führer einer Patrouille, als Ausrichter eines Befehls oder wie es sein mag. Kurz, der junge Mensch lernt im Militärdienst dienen, sich so verhalten und führen, wie es dem Zweck entspricht, der ihm gerade vor Augen gestellt ist. so daß er später auch seine Stelle als Bürger mit desto größerem Nutzen und Erfolg ausfüllen kann. Er erhält Anleitung, wie man sagt: ein ordentlicher Kerl zu werden, der auch noch im Leben zu etwas zu brauchen ist. Daher ist eben die militärische Zucht und Disziplin für die Zugend einer Nation so besonders hoch zu schätzen und durch nichts im Leben so leicht zu ersetzen. Unser großer Feldmarschall sagt treffend in einer Rede im Reichstage: „Autorität von oben und Gehorsam von unten, mit einem Worte, Disziplin ist die Seele der Armee. Die Disziplin macht die Armee erst zu dem, was sie sein soll . . . Die Strafen sind es lange nicht allein, mit denen wir die Disziplin aufrecht- erhalten. Es gehört dazu die ganze Erziehung des Mannes." Und eben diese allgemeine Erziehung des jungen Mannes, diese feste militärische Lebensordnung, die den ganzen Menschen mit all seinem Denken. Fühlen und Wollen in Anspruch nimmt durch die Pflichterfüllung und ihn zwingt, stets sich zusammenzu- nehmen, das ist es, was so überaus wichtig ist für seine ganze Hal- tung in der Zukunft. Das eignet sich aber der junge Mann, mit seltenen Ausnahmen, weder im Hause, noch in der Schule, noch bei seiner technischen Berufsbildung als Arbeiter, als Lehrling, als Geselle, als Kommis, als Student, oder was er sonst sein mag, an. Denn in all diesen Verhältnissen wird er eben nur eine beschränkte Zahl von Stunden des Tages durch die Vorübung und Tätigkeit 29*

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1. Unser Heer - S. 135

1903 - Leipzig : Dürr
135 Mensch zu allen Dingen im Leben, mehr Geschick sich helfen zu können, mehr Gewandtheit und Routine, mehr Gewöhnung an Ordnung und Pünktlichkeit, an Gehorsam und Pflichttreue, mehr Respekt vor Vor- gesetzten und Höhergestellten, kurz ein ganz andres Benehmen und ein festeres Auftreten im Leben überhaupt bemerken. Wer als Soldat ge^ lernt hat, wie er sich halten, bewegen, gehen, stehen, darstellen muß, wird das nicht so leicht wieder vergessen. Die Volksschule, die der junge Mensch mit 14 Jahren verläßt, kann das noch nicht leisten, teils weil die Knaben nur wenige Stunden des Tages ihrem Einfluß unterworfen sind, in denen auf den Unterricht, auf das Lernen das Hauptgewicht zu legen ist, teils weil die Jungen dann noch zu jung sind, um sich schon die für das spätere Leben nötige äußere Bildung und Gewandtheit erwerben zu können. 3. In bezug auf die rein körperliche Ausbildung tut der Turn- unterricht, insofern er auf der Elementarschule oder nachher im Turn- verein getrieben wird, für manche junge Leute schon etwas dazu, daß sie die allzusteife, ungeschickte, eckige Haltung ablegen und sich einiger- maßen ordentlich drehen und wenden und bewegen lernen, aber das vergißt sich doch bald wieder, und es ist damit auch immer noch nicht die nötige moralische Einwirkung auf den Willen und Charakter, auf Zucht und Sitte des jungen Menschen verbunden, wie sie durch die militärische Schulung ihnen zuteil wird. Durch diese lernt er auf Ehre halten, lernt gehorchen, was jungen Männern so nötig ist — lernt sich selbst überwinden, lernt die Erfüllung seiner Pflicht über sein Vergnügen und sein Belieben setzen, lernt seinen Willen, seine Neigung unterwerfen den bestimmten Vorschriften und Lebensordnungen, die ihm gesetzt sind. Er lernt aber auch dem Vorgesetzten gegenüber respektvoll sich benehmen, lernt aller Verweichlichung und Verwöhnung, die so manchem Muttersöhnchen anklebt, entsagen, lernt mannhaft ein- stehen für einen bestimmten Zweck und sich einem größeren Ganzen willig einfügen. Er lernt Sorgfalt, Regelmäßigkeit und feste Ordnung beobachten bei allem was geschieht, lernt streng gegen sich selbst sein, sich nichts schenken von dem, was er tun muß, und sich's nicht bequem machen im Leben. Er lernt sich im Zaum halten im Reden und Handeln, lernt Reinlichkeit und Wohlanständigkeit in seinem ganzen Verhalten, gewöhnt sich an Zucht und Maßhalten in allen Dingen, sowie an Offenheit und Wahrheitsliebe, an Pünktlichkeit und Treue auch im kleinen. Der Soldat eignet sich aber auch ein zuverlässiges Wesen an, er lernt für das, was ihm anvertraut wird, mit vollster eigner Verantwortlichkeit einstehen, als Posten auf der Wache, als Ordonnanz, als Führer einer Patrouille, als Ausrichter eines Befehls oder wie es sein mag. Kurz, der junge Mensch lernt im Militärdienst dienen, sich so verhalten und führen, wie es dem Zweck entspricht, der

2. Unser Heer - S. 136

1903 - Leipzig : Dürr
136 ihm gerade vor Augen gestellt ist, so daß er später auch seine Stelle als Bürger mit desto größeren: Nutzen und Erfolg ausfüllen kann. Er erhält Anleitung, wie man sagt: ein ordentlicher Kerl zu werden, der auch noch im Leben zu etwas zu brauchen ist. 4. Wir wollen nun nicht in Abrede stellen, daß viele junge Leute in Verhältnissen leben, die ihnen Anlaß und Gelegenheit bieten, auch ohne den Militärdienst sich zu entschlossenen, ehrliebenden Charakteren, sowie zu körperlich gewandten und geistig regsamen Männern auszu- bilden, die sich nicht gehen lassen, sondern an sich selbst arbeiten. Aber man wird zugeben müssen, daß doch bei sehr vielen Menschen nicht das Maß von Selbstzucht, Selbstbeherrschung und Selbstverleugnung sich findet, welches dazu gehört, um zu der oben erwähnten männlichen Haltung zu gelangen ohne die militärische Nötigung und Gewöhnung. Es ist aber für die einen wie für die anderen sehr gut zu müssen, namentlich in der Jugend. Nicht zu müssen, nicht znm Guten und zur Pflicht streng angehalten zu werden, ist für die allermeisten Jüng- linge bedenklich und nachteilig. Daher ist eben die militärische Zucht und Disziplin für die Jugend einer Nation so besonders hoch zu schätzen und durch nichts im Leben so leicht zu ersetzen. Hören wir noch einmal unseren großen Feldmarschall. Er sagt treffend in einer Rede im Reichstage im Jahr 1878: „Autorität von oben und Gehorsam von unten, mit einem Worte, Disziplin ist die Seele der Armee. Die Disziplin macht die Armee erst zu dem, was sie sein soll . . . Die Strafen sind es lange nicht allein, mit denen wir die Disziplin aufrecht erhalten. Es gehört dazu die ganze Er- ziehung des Mannes, und wenn unsere Strafen milder sind wie in anderen Armeen, so tritt doch auch gerade dieses Moment der weiteren Erziehung dazu." Und eben diese allgemeine Erziehung des jungen Mannes, diese feste militärische Lebensordnung, die den ganzen Menschen mit all seinem Denken, Fühlen und Wollen in Anspruch nimmt durch die Pflichterfüllung und ihn zwingt, stets sich zusammen zu nehmen und adrett zu sein, das ist es, was so überaus wichtig ist für seine ganze Haltung in der Zukunft. Das eignet sich aber der junge Mann, mit seltenen Ausnahmen, weder im Hause, noch in der Schule, noch bei seiner technischen Berufsausbildung als Arbeiter, als Lehrling, als Geselle, als Kommis, als Student, oder was er sonst sein mag, an. Denn in all diesen Verhältnissen wird er eben nur eine beschränkte Zahl von Stunden des Tages durch die Vorübung und Tätigkeit auf dem Felde des speziellen Berufs in Anspruch genommen und im Zügel gehalten, fürs übrige aber bleibt der junge Mensch sich selbst über- lassen und es fehlt an der weiteren Zucht der Erziehung. Und das führt leider bei so manchen Jünglingen, die sich nicht selbst zu be-

3. Unser Heer - S. 137

1903 - Leipzig : Dürr
137 herrschen und zu erziehen gewohnt sind, nach Ablauf der Schulzeit nur zu bald zur Verwilderung. Dafür gibt es ja in allen Ständen, vom flottesten Studenten herab bis zum ärmsten Lehrjungen, traurige Bei- spiele in Hülle und Fülle. Oder wer wüßte nicht, daß so viele junge Leute auf der Universität wie auf der Wanderschaft, in der Stadt wie auf dem Lande, daheim wie in der Fremde geistig verderben und leiblich zugrunde gehen, auch wenn sie gesund und nicht ohne Talent waren. Es hätte aus ihnen wohl was werden können, wenn sie bei- zeiten in die nötige Zucht und Ordnung wären hineingebracht worden. Da kommt denn die strenge militärische Disziplin zu Hilfe und rettet manche, die sonst verloren gehen würden. Moltke sagt sehr wahr in bezug auf die militärischen Aushebungen: „Wir bekommen auch Leute, die vielleicht Kandidaten des Zuchthauses sind, wenn sie nicht durch eine strenge militärische Erziehung vor diesem Unglück bewahrt bleiben". 5. So tritt denn in der Tat für viele helfend, heilend, fördernd der Militärdienst ein, der den ganzen Menschen in Anspruch nimmt, ihn auch in den dienstfreien Stunden unter Kontrolle hält und nachher zur Rechenschaft zieht über sein Verhalten, während es ihm auch schon durch die Uniform erschwert ist, ungesehen und ungekannt auf Abwegen zu wandeln. Überdies bringt er ja aber auch seine freie Zeit noch zu unter den Augen der Vorgesetzten und Kameraden und weiß sich den ganzen Tag verantwortlich für sein Verhalten. Trunksucht, Streit und Unzufriedenheit zwischen Kameraden oder mit Zivilisten, Verspätung und Mangel an Pünktlichkeit, Unsauberkeit, Nachlässigkeit, Respekt- widrigkeit den Vorgesetzten gegenüber auf der Straße oder in der Kaserne, Unordnung jeglicher Art, alles wird bestraft. So lernt der Soldat sich zusammen nehmen, niemals sich gehen lassen, immer an seine Pflicht denken und sich dessen bewußt bleiben, wozu er da ist. In keiner Schule und in keinem anderen Verhältnis lernen die jungen Leute das so sicher. Und wenn es gewiß ist, daß die erziehliche Charakter- bildung eines Menschen mehr besage, als alles bloß schulmüßige An- eignen einzelner wissenswürdiger Dinge, so hat Moltke gewiß wieder recht, wenn er in seiner oben erwähnten Reichstagsrede sagt: „Wich- tiger als was in der Schule erlernt worden, ist die nach der Schule folgende Erziehung des Mannes, seine Angewöhnung an Ordnung, Pünktlichkeit, Reinlichkeit, Gehorsam und Treue, kurz au Disziplin; und diese Disziplin ist es, die unsere Armee in den Stand gesetzt hat, drei Feldzüge siegreich zu gewinnen". Mit Grund schließt er dann weiter, daß gerade um dieser so notwendigen Gewöhnung an Disziplin und Ordnung, um dieser militärischen Erziehung willen man mit einer sehr kurzen Dienstzeit nicht einverstanden sein könne. Denn die Disziplin kann nicht einexerziert, sie will eingelebt sein. G. Huyssen, Der Militärdienst eine Schule für das Leben. Berlin, 6. Aufl.

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 452

1910 - Wittenberg : Herrosé
452 auf dem Felde des Berufs in Anspruch genommen und im Zügel gehalten, fürs übrige aber bleibt der junge Mensch sich selbst über- lassen. Und das führt leider bei so manchen Jünglingen, die sich nicht selbst zu beherrschen und zu erziehen gewohnt sind, nach Ab- lauf der Schulzeit nur zu bald zur Verwilderung. Dafür gibt es ja in allen Ständen traurige Beispiele in Hülle und Fülle. Da kommt denn die strenge militärische Disziplin zu Hilfe und rettet manche, die sonst verloren gehen würden. So tritt der Militärdienst in der Tat für viele helfend, heilend, fördernd ein. weil er den ganzen Menschen in Anspruch nimmt, ihn auch in den dienstfreien Stunden unter Kontrolle hält und nachher zur Rechenschaft zieht über sein Verhalten, während es ihm auch schon durch die Uniform erschwert ist, ungesehen und ungekannt auf Abwegen zu wandeln. Überdies bringt er ja aber auch feine freie Zeit noch zu unter den Augen der Vorgesetzten und Kameraden und weiß sich den ganzen Tag verantwortlich für sein Verhalten. Trunksucht. Streit und Unzufriedenheit zwischen Kameraden oder mit Zivilisten, Verspätung und Mangel an Pünktlichkeit, Unsauberkeit. Nachlässigkeit. Respektwidrigkeit den Vorgesetzten gegenüber auf der Straße oder in der Kaserne. Un- ordnung jeglicher Art, alles wird bestraft. So lernt der Soldat sich zusammennehmen, niemals sich gehen lassen, immer an seine Pflicht denken und sich dessen bewußt bleiben, wozu er da ist. In keiner Schule und in keinem anderen Verhältnis lernen die jungen Leute das so sicher. Moltke hat wieder recht, wenn er sagt: „Wichtig ist die Erziehung des Mannes, seine Angewöhnung an Ordnung. Pünktlichkeit, Reinlichkeit, Gehorsam und Treue, kurz an Disziplin: und diese Disziplin ist es. die unsere Armee in den Stand gesetzt hat, drei Feldzüge siegreich zu gewinnen." G. Huyssefl, Der Militärdienst eine Schule für das Leben. Berlin, 6. Aufl. Aus Dr. Wohlrabe: Deutschland von heute Ii. Iii. Die Steuerpflicht. 170. Steuern und Zölle. Eine dritte Pflicht des Staatsbürgers ist die Steuerpflicht oder die Verpflichtung, Abgaben an den Staat zu zahlen. Diese sind entweder Steuern oder Zölle. Kriegsschiffe bauen, ein schlagfertiges Heer halten, Schulen zu pflegen, Straßen anzulegen usw. kostet viel Geld. Woher nimmt der Staat die Mittel? Die nimmt er aus dem Staats- vermögen, d. h. aus den Einkünften desselben, ferner aus den Steuern und Zöllen. Im Staatshaushalte geht es etwas anders zu als im Privat- haushalte. Dort heißt es, sich nach der Decke strecken, die Ausgaben

5. Geschichte des Altertums - S. 13

1905 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Erster Zeitraum. Von den ältesten Zeiten bis 500. 13 b) Lebensordnung und Zucht. Die Lebensordnung der Vollbürger war von der frühesten Kindheit bis zum Grabe durch genaue Gesetze geregelt; sie mußten sich einer strengen Zucht unterwerfen. Schwächliche Kinder wurden gleich nach der Geburt ausgesetzt. Vom 7. bis zum 18. Lebensjahre dauerte die von Staatsbeamten geleitete Erziehung der Knaben und Jünglinge. Das einzige Ziel dieser Erziehung war die Erweckung kriegerischer Tugenden: körperlicher Kraft und Ausdauer, unbedingten Gehorsams und opferfreudiger Vaterlandsliebe. Zu diesem Zwecke mußten die Knaben unausgesetzt körperlichen Übungen obliegen, mußten Entbehrungen und Schmerzen ertragen lernen (sie schliefen auf hartem Binsenlager und wurden jährlich am Altar der Artemis gegeißelt), sie wurden auch zur Ehrfurcht vor dem Alter erzogen. Auch die Männer lebten ganz dem Staate. Sie speisten nicht in ihren Familien, sondern mit ihren Kriegskameraden zusammen in Zeltgenossenschaften; diese gemeinsamen Mahlzeiten (Syssitien) zeichneten sich durch ihre Einfachheit aus (die schwarze Suppe). So sah Sparta wie ein stehendes Kriegslager aus. Seine Bürger waren kriegstüchtige, kraftvolle Männer; ihre Rede war unbeholfen, aber kurz und knapp („lakonische Kürze“). Gegen das Ausland schloß sich Sparta, aus Furcht vor dessen verweichlichendem Einfluß, streng ab. Diesem Zwecke diente auch der Gebrauch eisernen Geldes. Den Vorzügen der spartanischen Lebensweise stehen als Schattenseiten gegenüber die Zerstörung des Familienlebens und die Vernachlässigung geistiger Bildung. Erklärlich wird diese Lebensordnung durch den Umstand, daß die einwandernden Dorier an Zahl viel geringer waren als die vorhandene feindliche Bevölkerung Lakoniens; sie konnten also nur mit dem äußersten Aufgebot kriegerischer Kraft diese bezwingen. Die Spartaner glaubten später, daß ihnen ihre ganze Verfassung und alle ihre Einrichtungen von Lykurgos geschaffen seien; doch ist dieser keine geschichtliche Persönlichkeit, sondern gehört der Sage an.

6. Deutsche Lebensfragen - S. 46

1915 - Berlin Leipzig : Teubner
46 Ii. Deutschlands militärische Rüstung Reform und vermittels dieser in letzter Linie aus der Rrmee der fran- zösischen Revolution, die durch das Volk in Waffen die alten steifen Heere der Dynastien aus dem Feld zu schlagen wußte. Gegen die Napoleonische Übermacht half nur die Bewaffnung des gesamten Volkes und der Geist freiwilliger vaterländischer Hingabe an die Rrmee. 5o wurde denn allmählich jenes kunstvolle militärische System ausgebildet, das die ge- samte waffenfähige Mannschaft durch die Linie gehen läßt, in Reserve und Landwehr die Mannschaft durch wiederkehrende Übungen an der Linie festhält und im Landsturm die militärischen, unvergeßlich ein- geübten Tugenden bei Bedarf neu zu beleben unternimmt. So wurde das aristokratisch-feudale Heer Friedrichs des Großen zum allgemeinen demokratischen Volksheer, die absolute Disziplin und Grganisationskunst zum freiwilligen pflichtmäßigen Gehorsam um des Vaterlandes willen und zur elastischen Initiative des einzelnen innerhalb der strengen Lei- tung und Ordnung. Der Geist der Linie verbreitet sich über das gesamte wehrfähige Volk, und der Geist des patriotischen Pflichtgefühls trägt die Leistungen der Linie. Der Berufsoffizier hält alle Forderungen strengster Disziplin aufrecht und schult die Truppen, bis sie zu einem mechanisch funktionierenden Rpparat in seiner Hand werden,- aber er kann d,as nur mit Erfolg, weil Pflichtgefühl und freier Wille sich ihm unterwirft. Der Offizier wird zum Vater seiner Truppen im Felde und die Mannschaft zum Rameraden des Offiziers. In aller Rufrechterhal- tung des Dienstes und noch hinter der Front exerzierend, werden doch Truppen und Führer eins, ein einig Volk von Brüdern, in keiner Rot sich trennend noch Gefahr. „Meine Rrmee und meine Marine," so sagt der Raiser mit einer dem Fremden meist so schwer verständlichen Rusdrucksweise, weil der Fremde das wie eine sachenartige Inanspruchnahme freier Menschen empfindet. Rber es ist ganz anders gemeint. Es bedeutet jenen unbe- dingten Gehorsam der Rrmee, die für den Zweck der Verteidigung und des Rrieges bedingungslos in die Hand des Führers gegeben fein muß und in der Treue gegen ihn den Rern ihres freien soldatischen Ehr- gefühls hat. „Unser Raiser," so sagt umgekehrt die Rrmee und meint damit keine schmeichlerische Unterwürfigkeit, sondern jenes Gefühl der Rameradfchaft, das vom obersten Führer bis zum letzten Mann die Rrmee verbindet, und jene germanischen Gefühle der Gefolgschaft und Mannentreue, die einer zum großen Teil erbfähigen bäuerlichen Be- völkerung im Blute liegen,' durch gedankliche Vermittlungen hindurch teilt sie auch das ganze intellektuelle Deutschland, auch unsere Rrbeiter- schaft findet hierin — bei allem Vorbehalt ihrer schwer errungenen Massenorganisationen — den Rnschluß an ein allgemeines Volksgefühl, wer das Mittelalter nennen will, der nenne es immerhin so. Er ver- gesse dann aber nur nicht, daß ein solches „Mittelalter" für Lebens-

7. Geschichte des Altertums - S. 11

1899 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Erster Zeitraum. Von den ältesten Zeiten Ms 500. 11 b) Lebensordnung und Zucht. Die Lebensordnung der Vollbürger war von der frühesten Kindheit bis zum Grabe durch strenge Gesetze geregelt; sie mufsten sich einer strengen Zucht unterwerfen. Schwächliche Kinder wurden gleich nach der Geburt ausgesetzt. Yom 7. bis zum 18. Lebensjahre dauerte die von Staatsbeamten geleitete Erziehung der Knaben und Jünglinge. Das einzige Ziel dieser Erziehung war die Erweckung kriegerischer Tugenden: körperlicher Kraft und Ausdauer, unbedingten Gehorsams und opferfreudiger Vaterlandsliebe. Diesem Ziele dienten die unausgesetzten körperlichen Übungen, die Gewöhnung der Knaben an die Ertragung von Entbehrungen (sie schliefen auf hartem Binsenlager) und Schmerzen (jährlich wurden sie am Altar der Artemis gegeifselt), sowie an die Ehrfurcht vor dem Alter. Auch die Männer lebten ganz dem Staate. Sie speisten nicht in ihren Familien, sondern mit ihren Kriegskameraden zusammen in Zeltgenossenschaften; diese gemeinsamen Mahlzeiten (Syssltien) zeichneten sich durch ihre Einfachheit aus (die schwarze Suppe). So sah Sparta wie ein stehendes Kriegslager aus. Seine Bürger waren kriegstüchtige, kraftvolle Männer; ihre Rede war unbeholfen, aber kurz und knapp („lakonische Kürze“). Gegen das Ausland schlofs sich Sparta, aus Furcht vor dessen verweichlichendem Einflüsse, streng ab. Diesem Zwecke diente auch der Gebrauch eisernen Geldes. Denvorzügen der spartanischen Lebensweise stehen als Schattenseiten gegenüber die Zerstörung des Familienlebens und die Vernachlässigung geistiger Bildung. Erklärlich wird diese Lebensordnung durch den Umstand, dafs die einwandernden Dorier an Zahl viel geringer waren als die vorhandene feindliche Bevölkerung Lakoniens; sie konnten also nur mit dem äufsersten Aufgebot kriegerischer Kraft dieselbe bezwingen. Die Spartaner glaubten später, dafs ihnen ihre ganze Verfassung und alle ihre Einrichtungen von Lykurgos geschaffen seien; doch ist dieser keine geschichtliche Persönlichkeit, sondern gehört der Sage an.

8. Das preußische und deutsche Heer ; Teil 2 = H. 89 d. Gesamtw. - S. 36

1916 - Leipzig [u.a.] : Teubner
36 ttos deutsche Heer keine Maschine, sondern hochgespanntes Leben (Burgeß bezeichnet den deutschen Militarismus als demokratisch und defensiv.) Es ist die einzige Art des Militarismus, die sich mit Volksfreiheit und konstitutioneller Regierung vereinbaren läßt. Für die Freiheit daheim gefährlich und zu Abenteuern nach außen hin geneigt ist dagegen das dauernde Berufsheer. Überdies ist der deutsche Militarismus so entwickelt und geregelt worden, daß er sich nicht als eine wirtschaftliche Belastung, sondern vielmehr als ein wirtschaftlicher Vorteil erwiesen hat. Das kommt daher, daß das deutsche Heer nicht bloß eine Organisation für den Drill, die Disziplin und den Kampf ist, sondern auch eine Schule der allgemeinen Pflege des Körpers, durch welche sich die mittlere Lebensdauer der deutschen Männer um zehn Jahre erhöht und ihre durchschnittliche Leistungsfähigkeit aller Art um 25 Prozent gesteigert hat; daß es eine Schule für Pflege des Geistes ist, in welcher alle Männer außer militärischem Drill und taktischen Dingen auch Mathematik, Ingenieurkunst, Physik, Geographie und Gesundheitspflege lernen; daß es eine Schule der Moralpflege ist, welche die (Entsittlichung und Ausschweifung der jungen Männer im kritischen Alter verhindert; daß es eine Schule der Höflichkeit ist, in welcher rohe Manieren artigem Wesen Platz machen; und daß es eine Schule echter Vaterlandsliebe ist, in welcher der Geist der Kleinstaaterei der nationalen Vaterlandstreue zu weichen lernt. Diese erzieherischen und praktischen Gegenleistungen wiegen die wirtschaftlichen Lasten des deutschen Militarismus auf und unterscheiden ihn von dem Militarismus Rußlands und Frankreichs, obwohl alle auf demselben Grundsatz der allgemeinen militärischen Dienstpflicht beruhen. Huch das System der Befehlshaber ist weniger automatisch als in den Militärsystemen Englands, Rußlands oder Frankreichs. 3l- Var deutsche Heer keine Maschine, sondern hochgespanntes Leben. Liner der sozialdemokratischen Führer, Anton Fendrich, nennt in seinem Buch „3m Auto an der Front" (erschienen in Stuttgart in der Franckhschen Verlagshandlung) den Militarismus „eine Vereinigung von Demokratie der Dienstpflicht und von Aristokratie der Führerlast; jenes ungeheure Zusammenwirken der Hingabefreudigkeit der Soldaten und des Führerernstes der Männer vom Stab" (S. 140) und sagt an anderer Stelle (S. 122): „(Es ist Unsinn zu glauben die Heeresorganisation unterdrücke die Entwickelung der Persönlichkeit. Ich habe nie im Leben weniger Typen und weniger Masken gesehen als hier (F. spricht von dem (Oberkommando einer Armee). Um so höher steigt täglich meine Verwunderung darüber, daß so wenig Menschen das Sozialpolitische und Demokratische im deutschen Heere sehen. Unsere Feinde sagen, das deutsche Heer sei eine Maschine. Dabei ist es hochgespanntes Leben, organisiertes Leben und bewußte (Erziehung und Sucht auf einen großen Endzweck hin: des Landes Sicherheit. Die straffe Form erhöht nur die Spannung der Entwickelungsmöglichkeiten des einzelnen und wird von diesem durchbrochen, ohne daß der Endzweck, die sinnvolle Ordnung und das wirksame Ineinandergreifen der Einzelteile, gestört wird."

9. Geschichte des Altertums - S. 78

1903 - Hannover : Manz & Lange
78 § 20: Der spartanische Staat. liehen vollberechtigten Spartiaten gewählt wurden. Sie verschafften sich nach und nach ein häufig sehr streng geübtes Recht der Aufsicht über die gesamte Staatsverwaltung und drängten das Königtum immer mehr in den Hintergrund. Nur der Umstand, daß ihr Amt bloß ein Jahr dauerte und sie nach Ablauf ihres Amtsjahres ihren Nachfolgern für ihre Tätigkeit verantwortlich waren, minderte einigermaßen die Gefahr, welche ihre Befugnisse in sich schlossen. D. Erziehung und Lebensordnung: Die ganze Erziehung der männlichen Jugend der Spartaner hatte als ausschließlichen Zweck die Heranbildung zur Kriegstüchtigkeit im Auge; auch die Lebensordnung des Jünglings und Mannes war durch die Gesetzgebung einzig von diesem Gesichtspunkt aus geregelt. Zeigten sich bei der Geburt eines Knaben störende körperliche Mängel, so wurde er in einer Schlucht des Taygetons ausgesetzt. Vom siebenten Jahre ab stand der Knabe unter der Zucht eines staatlichen Erziehers, des uai§ov6|xo£; Abhärtung jeder Art, List und Gewandtheit und vor allem militärischen Gehorsam zu lernen, war seine Aufgabe. Endlich, mit dem vollendeten 30. Lebensjahre, trat der Spartaner aus der Staatsschule und der Unmündigkeit in den Genuß der bürgerlichen Rechte und in die Reihe der Männer. Aber auch jetzt noch erinnerten ihn die gemeinsamen Mahlzeiten, die ouacrfxia oder tpisttta (Genossenschaften von je 15 Spartiaten), an denen er teilzunehmen verpflichtet war, täglich an seine Zugehörigkeit zu einem militärisch organisierten Ganzen. Der Erfolg einer solchen Unterordnung des ganzen Lebens unter den militärischen Gesichtspunkt war allerdings eine unübertroffene kriegerische Schulung und Tüchtigkeit, aber andrerseits auch eine traurige Einseitigkeit und Ertötung aller anderen höheren Interessen. E. Die Wehr Verfassung: Vom 20. bis zum 60. Jahr war der Spartaner wehrpflichtig, und zwar diente er als Schwerbewaffneter. Die Stärke des Heeres betrug ungefähr 6000 Mann. Es war in 12 Lochen (Ao^oc) zu ungefähr 500 Mann, mit Lochagen an der Spitze, eingeteilt; jeder Lochos zählte 4 Pentekostyen zu etwa 128 Mann und 16 Enomotien zu 32 Mann. Als gegen Ende des Peloponnesischen Krieges die Zahl der Spartiaten erschreckend zusammengeschmölzen war, zog man auch die Periöken, die bisher einen eigenen Heerkorper gebildet hatten, in den Heeresverband der Spartiaten und formierte 6 Moren (Jtopa) zu ungefähr 175 Spartiaten und etwa 400 Periöken. Aber nach der Schlacht bei Leuktra (371) wurde die alte Einteilung wieder aufgenommen.

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 239

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 239 Armee morgen in aller Frühe zu erwarten. (Folgt Angabe der Stellnng der ersten Armee.) Ew. Kgl. Hoheit wollen sogleich die nötigen Anordnungen treffen, um mit allen Kräften zur Unterstützung der ersten Armee gegen die rechte Flanke des voraussichtlichen feindlichen Anmarsches vorrücken zu können, und dabei sobald als möglich eingreifen. Die heute Nachmittag unter andern Verhältnissen gegebenen Anordnungen sind nun nicht mehr maßgebend." Die über Deutschlands Zukunft entscheidende Weisung war wieder ganz in Moltke's Weise gefaßt: bestimmte Angabe des großen Zweckes, volle Freiheit in der Wahl der Mittel. Noch einmal war der Gegensatz zu Benedeks Verfahren fo vollständig wie möglich. Daß bei diesen Verhandlungen irgend jemand von den Gefahren des Unternehmens gesprochen habe, erwähnt kein Bericht. Und wahrlich, diese Gefahren waren nicht gering. Die Gesamtmacht war nicht stärker, sondern etwas schwächer als die feindliche. Die erste Armee 85000, die Elbarmee 39000, die zweite Armee 97000 Mann, im ganzen 221000 Mann gegen 222000 Mann Österreicher und Sachsen,, diese aus engem Raume versammelt, jene aus meilenweiter Entfernung erst der Vereinigung aus dem Schlachtfelde zustrebend. Die Divisionen des Kronprinzen hatten auf verschiedenen und überall schlechten Wegen vier bis sieben Stunden zu marschieren, ehe sie an den Feind gelangten: wie leicht konnte unter solchen Umständen eine Verspätung eintreten? Uud wenn sie erfolgte, wer konnte für den Ausgang eines mit fast doppelter Übermacht gegen Friedrich Karl gerichteten feindlichen Angriffs einstehen? In der That, was man dagegen einzusetzen hatte, war lediglich eine imponderable Größe: die sittliche Kraft des preußischen Heeres. Auf diese aber zu rechnen, war, wenn irgend jemals, in diesem Augenblicke verstattet, wo die bereits erfochtenen Siege alle militärischen Tugenden dieser trefflichen Scharen auf den höchsten Punkt gesteigert hatten. Hier gab es an keiner Stelle Mißtrauen gegen sich selbst oder gegen die Genossen; es gab unter den Führern weder Eigen-Willigkeit noch Unselbständigkeit, und mit voller Hingebung blickten alle zu der genialen und raschen Entschlußkraft der obersten Leitung auf. Disziplin, Ehrgefühl und Vaterlandsliebe wirkten mit einander bei Hohen und Niedern zu fortreißender Angriffslust und unverwüstlicher Ausdauer. Viele Tausende der hier vereinigten Männer hatten Jahr für Jahr gegen Bismarcks innere Politik heftigen Widerspruch erhoben: jetzt aber, wo Preußens Ehre für die Gründung der deut-

11. Geschichtliches Lesebuch - S. 239

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 239 Armee morgen in aller Frühe zu erwarten. (Folgt Angabe der Stellung der ersten Armee.) Ew. Kgl. Hoheit wollen sogleich die nötigen Anordnungen treffen, um mit allen Kräften zur Unterstützung der ersten Armee gegen die rechte Flanke des voraussichtlichen feindlichen Anmarsches vorrücken zu können, und dabei sobald als möglich eingreifen. Die heute Nachmittag unter andern Verhältnissen gegebenen Anordnungen find nun nicht mehr maßgebend." Die über Deutschlands Zukunft entscheidende Weisung war wieder ganz in Moltke's Weise gefaßt: bestimmte Angabe des großen Zweckes, volle Freiheit in der Wahl der Mittel. Noch einmal war der Gegensatz zu Benedeks Verfahren so vollständig wie möglich. Daß bei diesen Verhandlungen irgend jemand von den Gefahren des Unternehmens gesprochen habe, erwähnt kein Bericht. Und wahrlich, diese Gefahren waren nicht gering. Die Gesamtmacht war nicht stärker, sondern etwas schwächer als die feindliche. Die erste Armee 85000, die Elbarmee 39000, die zweite Armee 97000 Mann, im ganzen 221000 Mann gegen 222000 Mann Österreicher und Sachsen, diese auf engem Raume verfammelt, jene aus meilenweiter Entfernung erst der Vereinigung auf dem Schlachtfelde zustrebend. Die Divisionen des Kronprinzen hatten auf verschiedenen und überall schlechten Wegen vier bis sieben Stunden zu marschieren, ehe sie an den Feind gelangten: wie leicht konnte unter solchen Umstanben eine Verspätung eintreten? Und wenn sie erfolgte, wer konnte für den Ausgang eines mit fast boppelter Übermacht gegen Friedrich Karl gerichteten feindlichen Angriffs einstehen? In der That, was man bagegen einzusetzen hatte, war lebiglich eine imponberable Größe: die sittliche Kraft des preußischen Heeres. Auf diese aber zu rechnen, war, wenn irgenb jemals, in biesem Augenblicke verstattet, wo die bereits erfochtenen Siege alle militärischen fugenden dieser trefflichen Scharen auf den höchsten Punkt gesteigert hatten. Hier gab es an keiner Stelle Mißtrauen gegen sich selbst ober gegen die Genossen; es gab unter den Führern weber Eigenwilligkeit noch Unselbstänbigkeit, und mit voller Hingebung blickten alle zu der genialen und raschen Entschlußkraft der obersten Leitung auf. Disziplin, Ehrgefühl und Vaterlanbsliebe wirkten mit einander bei Hohen und Niebern zu fortreißenber Angriffslust und unverwüstlicher Ausbauer. Viele Tausenbe der hier vereinigten Männer hatten Jahr für Jahr gegen Bismarcks innere Politik heftigen Widerspruch erhoben: jetzt aber, wo Preußens Ehre für die Gründung der beut-

12. Geschichte des Altertums - S. 47

1910 - Hannover : Manz & Lange
Der spartanische Staat. 47 D. Erziehung und Lebensordnung. Die ganze Erziehung der männlichen Jugend der Spartaner hatte als ausschließlichen Zweck die Heranbildung zur Kriegstüchtigkeit im Auge, und auch die Lebensordnung des Jünglings und Mannes war durch die Gesetzgebung einzig von diesem Gesichtspunkt aus geregelt. Zeigten sich bei der Geburt eines Knaben störende körperliche Mängel, so wurde er in einer Schlucht des Taygeton ausgesetzt. Vom siebenten Jahre ab stand der Knabe unter der Zucht eines staatlichen Erziehers (jiaidovöfiog); Abhärtung jeder Art, List und Gewandtheit und vor allem militärischen Gehorsam zu lernen, war seine Aufgabe. Endlich, mit dem vollendeten 30. Lebensjahre, trat der Spartaner aus der Staatsschule und der Unmündigkeit in den Genuß der bürgerlichen Rechte und in die Reihe der Männer. Aber auch jetzt noch erinnerten ihn die gemeinsamen Mahlzeiten (ovoöivia oder qjidizia, Genossenschaften von je 15 Spartiaten), an denen er teilzunehmen verpflichtet war, täglich an seine Zugehörigkeit zu einem militärisch organisierten Ganzen. Der Erfolg einer solchen Unterordnung des gesamten Lebens unter den militärischen Gesichtspunkt war allerdings eine unübertroffene kriegerische Schulung und Tüchtigkeit, aber andererseits auch eine traurige Einseitigkeit und Ertötung aller sonstigen höheren Interessen. E. Die Wehrverfassung’. ' Vom zwanzigsten bis zum sechzigsten Jahr war der Spartaner heerespflichtig, und zwar diente er als Schwerbewaffneter. Die Stärke des Heeres betrug ungefähr 6000 Mann. Es war in 12 Lochen zu ungefähr 500 Mann, mit Lochagen an der Spitze, eingeteilt; jeder Lochos zählte 4 Pentekostyen zu etwa 128 Mann mit 16 Enomotien zu 32 Mann. Als gegen Ende des Peloponnesischen Krieges die Zahl der Spartiaten erschreckend zusammengeschmolzen war, zog man auch die Periöken, die bisher einen eigenen Heerkörper gebildet hatten, in den Heeresverband der Spartiaten und bildete 6 Moren 0) ftöga) zu ungefähr 175 Spartiaten und etwa 400 Periöken. Aber nach der Schlacht bei Leuktra (371) wurde die alte Einteilung wieder aufgenommen. Iii. Die Überlieferung über den Ausgang Lykurgs und Würdigung seines Werkes. Nachdem Lykurg das Werk der Gesetzgebung vollendet hatte, wollte er — so berichtet die Überlieferung — demselben einen

13. Geschichte des Altertums - S. 13

1916 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Erster Zeitraum. Von den ältesten Zeiten bis 600. 13 b) Lebensordnung und Zucht. Die Lebensordnung der Voll- § bürger war von der frühesten Kindheit bis zum Grabe durch genaue Gesetze geregelt; sie mußten sich einer strengen Zucht unterwerfen. Schwächliche Kinder wurden gleich nach der Geburt ausgesetzt. Vom 7. bis zum 18. Lebensjahre dauerte die von Staatsbeamten geleitete Erziehung der Knaben und Jünglinge. Das einzige Ziel dieser Erziehung war die Erweckung kriegerischer Tugenden: körperlicher Kraft und Ausdauer, unbedingten Gehorsams und opferfreudiger Vaterlandsliebe. Zu diesem Zwecke mußten die Knaben unausgesetzt körperlichen Übungen obliegen, mußten Entbehrungen und Schmerzen ertragen lernen (sie schliefen auf hartem Binsenlager und wurden jährlich am Altar der Artemis gegeißelt), sie wurden auch zur Ehrfurcht vor dem Alter erzogen. Auch die Männer lebten ganz dem Staate. Sie speisten nicht in ihren Familien, sondern mit ihren Kriegskameraden zusammen in Zeltgenossenschaften; diese gemeinsamen Mahlzeiten (Syssltien) zeichneten sich durch ihre Einfachheit aus (die schwarze Suppe). So sah Sparta wie ein stehendes Kriegslager aus. Seine Bürger waren kriegstüchtige, kraftvolle Männer; ihre Kede war unbeholfen, aber kurz und knapp („lakonische Kürze“). Gegen das Ausland schloß sich Sparta, aus Furcht vor dessen verweichlichendem Einfluß, streng ab. Diesem Zwecke diente auch der Gebrauch eisernen Geldes. Den Vorzügen der spartanischen. Lebensweise stehen *ls Schattenseiten gegenüber die Zerstörung des Familienlebens und die Vernachlässigung geistiger Bildung. Erklärlich wird diese Lebensordnung durch den Umstand, daß die einwandernden Dorier an Zahl viel geringer waren als die vorhandene feindliche Bevölkerung Lakoniens; sie konnten also nur mit dem äußersten Aufgebot kriegerischer Kraft diese bezwingen. Die Spartaner glaubten später, daß ihnen ihre ganze Verfassung und alle ihre Einrichtungen von Lykurgos geschaffen seien; doch ist dieser keine geschichtliche Persönlichkeit, sondern gehört der Sage an.

14. Unser Heer - S. 134

1903 - Leipzig : Dürr
134 Ix. Der Militärdienst eine Sehnte für dns Leben. J. Pie Armee eine Volks- und Fortbildungsschule für das Veden. 1. „Die Armee," sagte der Kriegsminister von Roon in einer seiner Kammerreden, „ist eine große Volksschule, in welcher das Volk für die Waffen geschult wird; und wer die Armee kennt, wird hinzu- setzen: nicht allein für die Waffen, sondern auch noch für eine Menge andrer nützlicher, menschlicher Zwecke. Die Armee ist eine große Volks- schule, durch welche eine große Zahl von Wehrpflichtigen hindurchgehen muß, um die Aufgabe, welche die Armee im Interesse des Vaterlandes zu lösen hat, wirklich erfüllen zu können." Ähnlich läßt sich Moltke in einer Parlamentsrede vernehmen: „Die Schule begleitet die Mehr- heit der Jugend nur auf einer verhältnismäßig kurzen Strecke ihres Lebensganges. Glücklicherweise tritt nun bei uns da, wo der eigentliche Unterricht aufhört, sehr bald die Erziehung ein, und keine Nation hat bis jetzt in ihrer Gesamtheit eine Erziehung genossen, wie die unsere durch die allgemeine Wehrpflicht." Gegenüber der im Jahre 1866 oft gehörten Behauptung, der Schulmeister habe die Schlacht bei Königgrätz gewonnen, macht der große Feldmarschall geltend, daß das bloße Wissen den Menschen noch nicht auf den Standpunkt erhebe, wo er bereit ist, das Leben für eine Idee, für Pflichterfüllung, für die Ehre des Vaterlandes einzusetzen; dazu gehöre die ganze Erziehung des Menschen, und von dieser schreibt er das Hauptverdienst der militärischen Ausbildung des Staats zu, „welcher jetzt bald 60 Jahrgänge der Nation zu körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische, zu Ordnung und Pünkt- lichkeit, zu Treue und Gehorsam, zu Vaterlandsliebe, zu Mannhaftigkeit erzogen hat". — Er zieht dann den Schluß, daß die Armee, und zwar in ihrer vollen Stärke, schon im Innern nicht entbehrt werden könne für die Erziehung der Nation. 2. Das ist gewiß sehr wahr. Die militärische Dienstzeit, die nach unsrer Wehrverfassung unsre junge Mannschaft durchzumachen hat, ist in der Tat für die Erziehung unsres Volkes unentbehrlich, und es ist nachher im spätern Leben immer derjenige Mann, dem sie gefehlt hat, ziemlich leicht zu erkennen und zu unterscheiden von denen, die sich ihrer erfreuten. Man wird bei einem solchen, der Soldat gewesen ist, immer sofort einen größeren Schliff im allgemeinen, mehr Brauchbarkeit als

15. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 352

1847 - Königsberg : Bon
352 dafür schweres, eisernes Geld ein. Die Stadt durfte keine Mauern haben; die Büger sollten ihre Mauern sein. Bei dem Baue ihrer Wohnungen durften sie sich nur der Sage und des Beiles bedienen. „Nichts, sagte Lykurg, verweichlicht den Men- schen mehr, als leckere Gerichte. Sie reizen den Appetit, ver- führen zur Unmäßigkeit und verderben den Magen. Das darf unter uns nicht also sein. Wir wollen gemeinschaftlich, an lan- gen Tafeln liegend, einfache Kost genießen, — nie der Eine besser als der Andere. Das Hauptgericht soll eine schwarze Blutsuppe sein. Zu unsern Mahlzeiten liefert jeder Spartaner monatlich eine bestimmte Menge Käse, Gerstenmehl, Feigen, Wein und Geld. Unnütze Worte muß Jeder vermeiden, und ehe er spricht, wohl bedenken, was er sagen will. — Die Alten muß man eh- ren, bescheiden schweigen, wenn sie reden, und ihnen überall den Vorsitz einräumen." Um die Spartaner von allem Verkehr mit andern Griechen möglichst abzuhalten, verbot Lykurg alles unnütze Reisen, erlaubte keinem Fremden, lange in Sparta zu verweilen und litt keine Schauspieler, Dichter und Künstler. Die Spar- taner sollten blos Krieger sein; daher waren ihre Hauptbeschäf- tigungen Jagd und kriegerische Spiele. Den Ackerbau überlie- ßen sie den Sklaven. Die Erziehung der Kinder war sehr strenge. ,,Die Kinder, sagte Lykurg, gehören dem Staate, nicht den Eltern. Sobald ein Knabe geboren wird, muß ihn ein dazu be- stimmter Aufseher untersuchen. Ist ec schwach oder gebrechlich, so werft ihn ohne Weiteres ins Wasser; denn ein kräftiger, tapferer Vertheidiger des Vaterlandes kann er doch nicht wer- den." Im siebenten Jahre kam der Knabe in ein großes Haus, wo er gemeinschaftlich erzogen, an Entbehrungen und an Gehor- sam gewöhnt wurde, ohne daß die Eltern ein^Recht hatten, dar- ein zu reden. Die Knaben durften keine Schuhe und Strümpfe an den Beinen, keine Mütze auf dem Kopfe haben und mußten auf bloßer Erde oder auf Brettern schlafen. Dabei übten sie sich im Laufen, Ringen, Klettern, Springen, Werfen rc. Lykurg meinte, es gäbe keine bessere Uebung, als die des Leibes, und keine größere Tugend, als die Tapferkeit. Bei ihren Prüfungen wurden die Knaben dermaßen mit Ruthen gepeitscht, daß das Blut vom Leibe rann, und wehe dem, der eine Miene dabei ver- zog! Auch gewöhnte man sie an Bescheidenheit in Worten und Handlungen, eine Tugend, die den jungen Menschen sehr beliebt macht. Sie lernten Musik, besonders das Singen schöner Lie- der, und die Kunst, mit wenigen Worten verständige, aber tref- fende Antworten zu geben (lakonisch zu reden). Wenn so erzo- gene Knaben Männer wurden, so lebten sie sehr zufrieden, weil sie wenig Bedürfnisse hatten; denn der ist immer am reichsten, der am wenigsten bedarf. Fast eben so hart war die Erziehung der Mädchen, auf daß sie einst gesunde Hausfrauen und Mütter wurden. Damit die Kinder einen Abscheu vor dem schrecklichen

16. Deutsche Lebensfragen - S. 45

1915 - Berlin Leipzig : Teubner
Die Zusammensetzung des deutschen Heeres 45 völkischen Seins und wirkt auf dieses mit den tiefsten sittlichen Kräften zurück. Kber darum ist nun dieses unser Volksheer doch keine Miliz. Wer das meinte, der würde das deutsche Heer und auch das deutsche Volk und den deutschen Staat völlig mißverstehen, Derkerndes Volks- heeres ist die Linie und der Kern der Linie ist der Berufs- offizier. Erst wenn wir diese Tatsache uns klar machen, verstehen wir unsere 5lrmee und ihre menschliche und politische Bedeutung zugleich in ihrem vollen Sinn. Erst dann kommt unser Dank an die wichtigste und entscheidende Stelle. Unsere Urmee besteht aus zwei sehr verschiedenartigen Bestandteilen, die freilich untereinander wunderbar verschmolzen sind. Der eine Be- standteil stammt aus dem eigentlich preußischen Geist und Wesen und hier wiederum von Friedrich dem Großen. Friedrich hatte allerdings noch bloße geworbene Soldarmeen wie damals jeder Staat. Uber er- gab diesen Urmeen einen festen dauernden Bern in dem Friderizianischen Offizierskorps, das er zu einer zwar nicht vaterländischen, aber re- alistischen Einheitsgesinnung erzog und in allen wohlberechneten Kün- sten der Erziehung und Drillung seiner Urmee ausbildete. Den Stoff für dieses Offizierskorps entnahm er — bei damaligen Verhältnissen selbstverständlich — dem preußischen Udel, wodurch er dem Berufs- offizier gleichzeitig eine soziale Sonderstellung autoritativer Urt und ein absonderndes Ehrgefühl strengster Empfindlichkeit verlieh. Dieses Korps von Berufsoffizieren trug dann aber zugleich in sich all die Herrschgewohnheit und Herrschgeübtheit des preußischen Udels, die er als Herr seines Kittergutes seit den Urvätern erworben hatte und nun für die militärische Organisation der Truppen zu unbedingtem Gehor- sam fruchtbar machen konnte. Dieses Offizierskorps mit allem, was an diesen Eigenschaften militärisch wichtig ist, hat sich erhalten in der Scharnhorstschen Keform und besteht fort bis heute, wo es natürlich nicht mehr an den Udel gebunden ist und überdies alle Sondervorzüge einer höheren wissenschaftlichen Bildung in sich aufgenommen hat. Er- halten geblieben aber und allen Mitgliedern des Standes mitgeteilt ist jener preußisch-militärische Geist der Erziehung zu strengem Gehorsam und bedingungsloser Disziplin, der die Truppeneinheiten bedingungslos in die Hände ihrer Führer gibt und auch in aller Nervenaufregung der Schlacht nicht versagt. Wie sehr dann die moderne Kriegsführung über- dies heute auch noch den technisch-wissenschaftlichen Geist in die Nrmee eingeführt und zugleich die Initiative und Verantwortlichkeit des ein- zelnen Mannes zu entwickeln genötigt hat, der Geist der Disziplin, des Drills und der Organisation ist geblieben und mit ihr die Stellung des militärischen Erziehers. Bus ganz anderer Kichtung stammt das andere Element unserer klrmee, ihr Tharakter als Volksheer. Es stammt aus der Scharnhorstschen

17. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 423

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
7. Über den Charakter. 423 Kants nicht unmittelbar zu finden ist. Wenn jemand mit aller Über- zeugung sich die Wahrhaftigkeit zum sittlichen Gesetze gemacht und auch die Energie sich angeeignet hat, in allen Füllen nach diesem Grund- sätze zu handeln, so wird doch die Form, in welcher er seine Wahr- haftigkeit kundgiebt, verschieden sein, je nach den verschiedenen Personen, gegen die er sich ausspricht. Er wird zu seinem Vater anders zu reden haben, als zu seinem Sohne; anders zu seinem Vorgesetzten, als zu einem Untergebenen. Er wird auch Zeit und Umstände zu berücksichtigen haben, ehe er mit der Wahrheit hervortritt. Es kommt darauf an, daß man die Wahrheit am rechten Orte und zur rechten Zeit sagt, weil die Wirksamkeit derselben davon abhängig ist. Es giebt auch Verhältnisse, wo ich weder das Recht noch den Beruf habe, die Wahrheit zu sagen. So muß man also allerdings stets die Wahrheit sagen, aber ich muß sie auch so sagen, wie es dem vorliegenden Falle gemäß ist. Ebenso ist es eine sittliche Pflicht, in allen Fällen die Gerechtigkeit heilig zu halten und sie zu üben; dennoch aber muß ich die ganze Individualität derjenigen Personen im Auge behalten, gegen die ich Gerechtigkeit übe, und es kann recht wohl kommen, daß ich das abstrakte Gesetz der Gerechtigkeit gegen manche Personen modifizieren muß. Das höchste Recht kann mit Bezug auf gewisse Personen zum Unrecht werden, und der Gerechtigkeit muß stets die Billigkeit zur Seite stehen. Allem Handeln muß bei aller strengen Beobachtung der Sittengesetze der Takt zur Seite stehen, der eben darin besteht, daß das Allgemeine des Gesetzes den vorliegenden Verhältnissen gemäß individualisiert wird. Aus dem Gesagten geht aber hinlänglich hervor, daß der Charakter nicht bloß die Güte und Energie des Willens zu seinen Faktoren hat, sondern auch eine gewisse Elasticität des Willens, die nach den indi- viduellen Verhältnissen sich richtet, unter denen gehandelt wird. Sich zu einem Charakter in dem eben angegebenen Sinne auszu- bilden, muß als höchste Aufgabe jedes Menschen angesehen werden. Je seltener sich Menschen finden, die diese Bestimmung erreichen, desto ent- schiedener ist doch das Ziel selbst festzuhalten. Alle Erziehung der Men- schen, sowohl die Erziehung durch andere als als auch die Selbsterziehung, hat die Charakterbildung zu ihrem Zwecke. Es mag sein, daß manche Men- schen gleich von Haus aus mehr zu Charakteren disponiert sind als an- dere — gleichwie ja auch die intellektuellen Fähigkeiten nach Qualität und Quantität bei verschiedenen Menschen verschieden zu sein scheinen; aber ebenso gewiß ist es, daß jeder Mensch, wenn er sein Leben ordentlich führt, diejenige Charakterbildung erlangen kann, die zur Lösung der ihm gewordenen Lebensaufgabe erforderlich ist. Die Mittel aber, die zur Charakterbildung anzuwenden sind,

18. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht - S. 36

1899 - Breslau : Hirt
36 Sparta und Athen: Lykurgs Gesetze. gebracht hatten, wurden sie , jährlich einmal am Altare der Artemis — der man früher sogar Menschenopfer dargebracht hatte — blutig gegeißelt, wobei sie aber keine Miene des Schmerzes zeigen durften. Auf die Ausbildung des Geistes legten sie wenig Wert; nur die Musik wurde gepflegt, Lesen und Schreiben aber nicht gelehrt. Dagegen gewöhnte man die Jugend an kurze, sinnreiche Rede; eine solche heißt noch heute eine lakonische, d. i. spartanische. So antwortete ein Spartaner auf die Frage, welche Wissenschaft in Sparta am meisten getrieben werde: „Die Kunst zu befehlen und zu gehorchen." Die Mädchen lernten nicht bloß Musik und Chortänze, sondern betrieben auch unter Aufsicht körperliche Übungen aller Art: Laufen, Springen, Ringen, Diskus- und Speerwurf. Dadurch wurden die Spartanerinnen nicht allein die kräftigsten, sondern auch die schönsten Frauen Griechenlands. Vor den Greisen mußten sich die jungen Leute von ihren Sitzen erheben und ihnen jederzeit Rede und Antwort stehen. Ein bejahrter Fremder, dem in Sparta vielfache Zeichen der Ehrerbietung zu teil wurden, rief aus: „Nur in Sparta ist es angenehm, alt zu werden!" — Zwei junge Spartaner befanden sich als Gesandte in Athen und besuchten dort das Theater. Ein Greis trat ein, fand die Plätze aber schon alle besetzt. Sofort standen die beiden Spartaner auf und boten ihm ihren Platz an. Als die Athener ihnen dafür Beifall zuriefen, sagte der Greis: „O, die Athener wissen auch, was sich geziemt; sie thun es nur nicht." Auch die Männer standen ihr ganzes Leben hindurch unter strenger Zucht. Aller Aufwand in Wohnung, Kleidung und Nahrung war verboten. Damit die Spartaner nicht fremde Sitten kennen lernten und annähmen, durfte keiner ohne Erlaubnis außer Landes gehen; Fremde wurden möglichst ferngehalten. Zu dem Zwecke wurden die Gold-und Silbermünzen abgeschafft und eisernes Geld eingeführt, das außerhalb Spartas wertlos war. Seitdem waren Diebstahl und Betrug in Sparta selten, aber Handel, Kunst und Gewerbe konnten dabei nicht gedeihen. Beim Bauen des Hauses sollten nur Axt und Säge gebraucht werden. Die Kleidung bestand nur aus einem Untergewande ohne Ärmel und aus einem großen Tuche; Männer und Jünglinge gingen gewöhnlich barfuß. Um die Schwelgerei zu verhüten, bestimmte Lykurg, daß alle Männer, auch die Könige, gemeinsam essen mußten. Je fünfzehn saßen an einem Tische beisammen; sie standen auch im Kriege nebeneinander und schwuren, im Kampfe einander nicht zu verlassen; ihr Tischoberster war auch ihr Führer im Kriege. Keiner durfte bei diesen Mahlzeiten fehlen. Als einst ein spartanischer König spät aus dem Kriege heimkehrte, wollte er sich seinen Anteil an der Mahlzeit holen lassen; aber der Vorsteher der Mahlzeiten sandte ihm nichts. Die Speisen waren sehr einfach, das Hauptgericht bildete die schwarze Suppe, die aus Schweinefleisch bestand, das in Salzwasser gekocht und mit Blut, Mehl

19. Die Helden Griechenlands im Krieg und Frieden - S. 357

1866 - Leipzig : Teubner
22. Alkiliades von Athen. 357 aller Leitung und Erziehung Hohn sprach, die Eigenschaften, die ihn in seinem ganzen Leben auszeichneten; große Ent- schlossenheit, eine an Unverschämtheit grenzende Keckheit und unbändiger Ehrgeiz zeigten sich schon in seinen Knabenspielen. Als ihn einst ein Gespiele im Ringen tüchtig zusammendrückte, fuhr er, um nicht zu unterliegen, seinem Gegner mit dem Munde nach den Händen, und wäre sie durchzubeißen im Stande ge- wesen. Da ließ ihn dieser los, mit den Worten: „Alkibiades, du beißest ja, wie ein Weib!" ,, Nein, wie ein Löwe, willst du sagen," antwortete Alkibiades. Ein anderes Mal spielte er, noch als kleiner Junge, auf enger Gasse Würfel, und wie eben der Wurf an ihm war, kommt ein Frachtwagen. Alkibiades heißt den Fuhrmann halten; da dieser aber zufährt, wirft sich der Knabe, während die Uebrigen auseinanderspringen, der Länge nach vor dem Wagen nieder und fordert den Fuhrmann auf zuzusahren, wenn er wolle; er müsse erst seinen Wurf thun. Sein jugendlicher Eigenwille machte sich besonders in seiner Abneigung gegen das Flötenspiel bemerklich, welches damals ein gewöhnlicher Unterrichtsgegenstand der athenischen Jugend war. Er weigerte sich standhaft, das Flötenblasen zu lernen, da dies eine niedrige und unedle Beschäftigung sei. Das Spiel der Lyra störe die dem Freien anständige Haltung und Geberde nicht, die Flöte aber entstelle-das Gesicht und könne auch von dem Spielenden nicht mit Gesang begleitet werden. ,,Thebens Jugend mag Flöte blasen," sprach er, ,,sie weiß nichts zu reden. Wir Athener haben Athena und Apollon zu Schutzgöttern, von denen jene die Flöte wegwarf, dieser dem Flötenspieler Marsyas die Haut abzog." Vor allen Dichtern liebte er den Homer. Als angehender Jüngling kam er eines Tages zu einem Schul- lehrer, und bat ihn um ein homerisches Buch. Da dieser sagte, er besitze nichts von Homer, so gab ihm Alkibiades eine Ohr- feige und ging seiner Wege. Die Mutter und die Vormünder übten über den Knaben,

20. Lesebuch für staatsbürgerliche Bildung - S. 55

1913 - München : Lindauer
Nutzen der allgemeinen Wehrpflicht. 55 wird der oberste Zweck des Heeres stets die Kriegsvorbereitung bleiben, aber die mit Verfolgung dieses Zweckes verbundenen Maßnahmen sind in hohem Grade geeignet, nicht nur die körperlichen sondern auch die sittlichen Kräfte der männ- lichen Jugend zu entfalten und zu heben. Eine besondere Aufgabe des in der Truppe stehenden gebildeten Mannes muß es sein, seiner Dienstpflicht in be- wußter Hingabe auch an die erzieherische Aufgabe des Heeres gerecht zu werden und dadurch zur Erfüllung dieser Aufgabe beizutragen. Unsere Zeit bedarf der Gegengewichte gegen die sich immer mehr ausbreitende Minderwertung idealer Gesinnung gegenüber der Sucht nach materiellem Besitz, aus welcher sich die Zeitkrankheit des Strebertums und der Genußsucht heraus- entwickelt. Ein solches Gegengewicht liegt in der Strenge des militärischen Dienstes mit seinen körperlichen und moralischen Anforderungen. Nirgends mehr wird die Macht des Gemeinsinns so unmittelbar zum Bewußtsein gebracht wie im Heeres- dienste, wo jeder unter Umständen sein Leben für den anderen einzusetzen bereit sein muß. Der militärische Dienst hebt ferner namentlich auch die Entschlossenheit und den Mut des jungen Mannes. Nicht jeden Menschen hat die Natur mit diesen Eigenschaften ausgerüstet. Die Erziehung kann durch Stärkung der Willens- kraft nachhelfen und die Pflichttreue überwindet den Mangel der Natur. Ein mächtiger Hebel ist aber die Ehre bezw. die Furcht vor der Schande. Hier vor allem wirkt die Erziehung durch die Kameradschaft, durch die Förderung des Gemeinsinns, indem die Schande des einzelnen als Schande für die Truppe ge- fühlt wird. Auch gegen die Untugend der Lüge wirkt die Erziehung im Volks- heere bessernd ein; das Belügen des Vorgesetzten wird streng bestraft. Der Heeresdienst ist von hoher Bedeutung auch für die Gesundheit der Nation. Während der Dienstzeit wird der Sinn für körperliche Reinlichkeit ge- weckt, auf Waschen, Baden, Reinheit der Wäsche und des Anzugs wird Gewicht gelegt. Ferner stählen die Körperübnngen, Turnen, Reiten, Fechten, Schwimmen, Marschieren u. s. w., den jungen Mann, machen ihn gewandt und leistungsfähig und wirken dadurch mittelbar auf seinen Geist ein. Übung macht den Meister und das Bewußtsein, auch außergewöhnliche Anstrengungen und Strapazen er- tragen zu können, gibt Selbstvertrauen. Der Erziehung zur Nüchternheit gegen- über dem im deutschen Volke weit verbreiteten Hang zum Trünke wird die Be- strafung der Trunkenheit dienen. Eingehende Belehrung durch die Sanitäts- offiziere über die furchtbaren Schäden sexueller Ausschreitungen dürfte, mehr noch als bisher geübt, nicht minder segensreich wirken. Die jetzt überall ins Leben tretenden Soldatenheime können unter einsichtiger Leitung für die geistige und Gemütsbildung des einzelnen von großem Nutzen werden. Im 20. Jahrhundert wird ein Kulturvolk nur zur Wahrung seiner Frei- heit und Ehre, zur Verteidigung von Haus und Herd, zur Sicherung seiner Lebensinteressen zu den Waffen greifen und erst dann wird der Krieg ausbrechen, wenn alle Mittel zur friedlichen Verständigung erschöpft oder ganz aussichtslos