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1. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 120

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
120 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. Fast um ebensoviele ist die Masse der Erschlagenen vermehrt. Nur Attila, der in dem ganzen Drama nun die Rolle eines müßigen Zu- schauers spielt, dann Dietrich und Hildebrand ragen wie drei einsame Masten des untergegangenen Heldenschiffes über die Fläche der verschlingen- den See empor. Auch jetzt wieder, wie in jener ersten Zeit nach Attilas Tod, be- mächtigte sich nicht ein einzelner bedeutender Geist dieses gewaltigen Stoffes, um ein einheitliches Gedicht daraus zu machen. Wieder griffen die ver- schiedenen Dichter — auch ihre Namen unbekannt, wie die der alten Nibelnngensänger und die der gleichzeitigen Minnedichter — nur einzelne Teile dieses Stoffes zu poetischer Behandlung heraus. Wieder fanden ein- zelne Teile doppelte Bearbeitung, während andere ganz leer ausgingen. Aber die Lieder wurden jetzt, in der vorgeschrittenern Zeit, durch die schriftliche Aufzeichnung fixiert. Und diesem Umstande verdanken wir es, daß ihrer zwanzig uns erhalten sind. Doch hat man die Lücken zwischen ihnen ausgefüllt, durch mannigfache Einschaltungen sie einander zu nähern gesucht, dem verschiedenen Stile verschiedener Dichter ein modisches, gleich- mäßig bedeckendes Mäntelchen umgehängt. Und was so zu stände kam mit dem Scheine eines einheitlichen Gedichtes, ist unser Nibelungen- lied. Nicht ein Lied also eigentlich, sondern eine Sammlung von zwanzig Liedern, welche das schärfere Auge philologisch geschulter Kritiker in ihrem verschiedenen Charakter, mit ihrem verschiedenen Stile, in ihren verschie- denen Ansichten über manche Punkte der Sage noch sehr wohl unter dem fremdartigen Schutt und Anwurfe zu erkennen vermag. Der G e i st, den fast alle diese Lieder atmen, ist nicht der Geist der hohenstausischen Periode, sondern es ist noch der Geist der Zeit, in welcher man zuerst von den Nibelungen sang. Es war ein hartes, wildes und kriegerisches Geschlecht, jene Ger- manen der Völkerwanderung: knorrig und fest wie ihre Eichen; rauh wie die Luft, die sie in sich sogen; düster wie der Himmel, zu dem sie empor- blickten; ahnungsvoll im Gemüte, wie das Rauschen ihrer Wälder; träge im Frieden, wie die Meere und Sümpfe, die sich noch endlos dehnten durch ihre Länder: im Kriege aber unwiderstehlich wie die Stürme, die über ihre Heiden hinbransten. ' Das ungestüme Heldenfeuer dieser Nordlandsöhne lodert noch hell auf in dem Nibelungenliede. Die Muse, die es eingegeben hat, ist eine stürmische Walküre, die auf dunklem Schlachtrosse durch die Wolken jagt, gepanzert von Kopf bis zu Füßen, Kampf und Streit in ihrem Blicke, Zorn auf ihrer Braue. Aber wenigstens nicht alle Dichter der Nibelungenlieder haben aus dem Methorne dieser Muse sich Begeisterung getrunken. In dem Liede

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1. Geschichtliches Hülfsbuch für die oberen Klassen der höheren Mädchenschulen - S. 101

1888 - Leipzig : Teubner
101 alten Liedern der Heldensage, die sich mndlich fortgepflanzt haben. Der Dichter ist nnfindbar. Das Lied versetzt uns zunchst in das gerumnische Heidentum der Vlkerwanderung und der Merowingerzeit. Aus 4 Sagenkreisen nimmt es seinen Stoff, aus dem burgundischen (Gunther,Gernot,Gifelher,Kriemhildn.s.w.), dem frnkischen oder niederrheinischen (Siegfried), dem hunnischen (Etzel), dem ostgotischen (Dietrich von Bern). In den Charakteren der Helden treten uns die Grundzge deutschen Wesens entgegen, Ernst und Begeisterung fr den Beruf der Waffen, trotziger Sinn, Todesverachtung, vor allem aber der Geist der Hingebung und Aufopferung, die deutsche Treue als Mannentreue, Knigstreue, Gattentreue, Freundestreue. Treue kommt auch mit Treue in Streit, wie bei Rdiger. Manche Zge im Nibelungenlied verweisen uns in das Gebiet der altgermanischen Gttersage, vor allem die Erinnerung an die Nibelungen, die Shne des Nebels und Hter des Goldes, auf welchem der Fluch lastet, der sich von Besitzer auf Besitzer vererbt; dann die von Wundern umwobene Gestalt Siegfrieds und sein Verhltnis zu Brunhild, die nach der alten Sage (Edda) eine Walkre Wuotans ist. Erzhle den alten Mythus, gieb die Naturbeziehung an, denke auch an das Mrchen von Dornrschen! Endlich hat die Zeit des christlichen Rittertums, in welcher ja auch die Aufzeichnung des Gedichtes stattfand, an den alten Liedern seinen Einflu gebt. Das Christliche und Ritterliche erscheint den Gestalten freilich nur uerlich aufgeheftet; aber es sind die herberen, stnstern Zge des alten Heidentums gemildert. Die Verbindung von Schwerteskunst und Fiedelkunst in Volker weist auch auf das 12. Jahrhundert. Durch das ganze Gedicht geht als Grundton ein Ton der Wehmut und Trauer, die Klage um die Vergnglichkeit alles Irdischen; auch das ist germanische Gemtsstimmung. Das Lied singt vom hchsten Fest der Freude, von Weinen und von Klagen und Wie alle Lust auf Erden zuletzt ein Ende nimmt mit Leid".

2. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 149

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
149 „Annolied" um die Mitte des zwölften Jahrhunderts) in großer Zahl. Die Krone aller poetischen Erzeugnisse aber ist das wahrscheinlich auch dieser Zeit angehörende Nibelungenlied, dem sich die Gudrun würdig anschließt. Ersteres, dessen einzelne Lieder durch einen österreichischen Ritter, „der Kürenberger", zu einer einzigen Dichtung vereinigt sein sollen, schildert die Kämpfe der Burgunden mit den Hunnen zur Zeit der Völkerwanderung, letzteres schildert das bewegte Leben der alten Seekönige an der Nordsee und verherrlicht die stiüduldende Treue des Weibes, während im Nibelungenliede mehr die beharrlich ringende hervortritt. In dem dichterischen Ausgestalten der Stoffe, welche die Phantasie des Volkes so nachhaltig erregten, daß die herrlichsten Lieder (Nibelungen und Gudrun) unmittelbar aus dem Gemüte hervorgegangen zu sein scheinen und keinem einzelnen Dichter angehören, sondern das ganze Volk gleichsam zum Verfasser haben, offenbart sich das gewaltige Ringen des deutschen Geistes nach Befreiung von den Fesseln der fremden Sprache. Letztere ward verdrängt, als sich die eigene Sprache mehr und mehr dem reicheren Geistesleben anschmiegen lernte. Sie ward beweglicher in ihren Wandlungsformen, die volltönenden Endsilben wichen immer mehr den tonlosen, die nur das e noch beibehielten; an die Stelle des „Althochdeutsch" trat das sogenannte „Mittelhochdeutsch". Letzteres erwuchs aus der schwäbischen Mundart und errang bald die ausschließliche Herrschaft in der Mitte und im Süden unseres Vaterlandes, sie herrschte von 1150—1500. Während die lateinische Dichtung ganz in den Händen der Geist- ^uz-lichen gelegen hatte, erfaßte die Begeisterung, welche von den Kreuzzügen ausging, jetzt auch die Laien. Namentlich war es der Stand der Ritter, den das Wehen einer großen Zeit zu poetischen Schöpfungen drängte, in denen sich das Geistesleben der damaligen Welt getreulich abspiegelt. Man bezeichnet diese Periode als die erste Blüte unserer Sprache, sie war eine höfisch-ritterliche und zog nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Stoffe in ihr Bereich, denen sie aber stets den Stempel deutschen Geistes aufprägte. — Der erste Kreuzzug (1096—1099) unter Gottfried von Bouillon fiel in die unglückliche Zeit der Regierung Kaiser Heinrichs Iv. und ging fast spurlos an Deutschland vorüber, erst an den folgenden unter Konrad Iii. (1147— 1149) und unter Friedrich I. Barbarossa (1189 — 1192) haben sich die Deutschen in großen Scharen beteiligt. Viele trieb jeden-

3. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 115

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
5. Entstehung des Nibelungenliedes. 115 seine poetischen Überlieferungen sich zum Cyklus einer großartigen Götter- und Heldensage verknüpfen und ausdehnen. Bei demselben Volke aber wird man die eigentliche Volkspoesie in dem Maße zurückweichen sehen, in welchem die litterarische Bildung und die mit ihr verbundene Herrschaft dichterischer Persönlichkeit vorschreiten. Gedeihen und Absterben der Volks- poesie hängt überall davon ab, ob die Grundbedingung derselben, Teil- nahme des gesamten Volkes, feststehe oder versage; ziehen die edleren Kräfte sich von ihr zurück, dem Schriftentum zugewandt, so versinkt sie notwendig in Armut und Gemeinheit. L. Uhland *. 5. Entstehung des Nibelungenliedes^. 1. Die ersten Ursprünge des Nibelungenliedes, d. h. die Entstehung der Nibelungensage, liegen weit vor der Zeit, in welcher das uns bekannte Nibelungenlied entstand. Denn das Nibelungenlied ist nicht das Werk eines Dichters in dem Sinne, wie wir heute von poetischen Werken sprechen. Die Vorstellung, die wir uns von der Arbeit eines Roman- dichters etwa machen, wie er aus Erlebtem und Gedachtem, aus Fremdem und Eigenem, aus Überliefertem und Erfundenem eine einheitliche Kom- position erschafft, welcher sein Geist das eigentümliche und entscheidende Gepräge aufdrückt, diese Vorstellung müssen wir gänzlich fallen lassen, wenn es sich um die Entstehung des Nibelungenliedes handelt. An dem Nibelungenliede ist Jahrhunderte hindurch gearbeitet worden, bis es die Gestalt erhielt, in der wir es kennen. Und wenn wir die Personen wüßten, denen wir das Verdienst der Arbeit zuerkennen müssen, so würden auch sie ohne Zweifel nach Hunderten zählen. Das Gedicht selbst ist keineswegs ein einfaches unteilbares Wesen mit scharfen, markierten Zügen, das nur einmal vorhanden, nicht seines- gleichen hätte. Es ist keineswegs das einzige und ausschließliche Ziel jener Arbeit von Jahrhunderten, jener Bemühungen von zahllosen Dich- tern gewesen. Das Nibelungenlied ist nur ein Exemplar einer weit ver- breiteten, mit dem verschiedenen Himmel sich wandelnden Pflanze. Unser Nibelungenlied ist in Österreich gewachsen. In Westfalen aber sang man von Siegfried und Kriemhild und Attila ganz anders. Im fernsten Norden, auf Island, flüsterte die Muse den Dichtern von Sigurd dem Drachentöter und von der Jungfrau Brunhilde weit ver- schiedenen Gesang zu. Die altdänischen Heldenlieder weisen ihre beson- deren Züge auf, mit denen sie die Gestalten der Sage ausstatten. Und i i Siehe Teil Ii, S. 368. - Vgl. Teil I (2. Aust.), S. 24. 8 *

4. Das Mittelalter und die Neuzeit - S. 55

1897 - Leipzig : Voigtländer
55 1. Das nationale Heldengedicht (Volksepos). Namentlich erhob sich die nationale Heldendichtung, welche die in der Volkssage lebenden Helden, vor allen den Franken-fnig Siegfried und den Ostgotenknig Dietrich von Bern verherrlichte. a. Das Nibelungenlied. Das groartigste dieser Heldengedichte ist das Nibelungen-lied oder, wie der ursprngliche Name lautet, dernibelunge not. Dasselbe ist um 1200 von einem unbekannten Verfasser, einem Angehrigen des Ritterstandes, gedichtet. Es besteht aus zwei Teilen: der erste erzhlt Siegfrieds Tod, der zweite Kriemhilds Rache. b. Kudrnn. Als zweites groes Nationalgedicht steht neben dem Nibelungenlied, mit dem es ungefhr gleichzeitig entstanden ist, das Lied von Kudrun, das man wohl eine Nebensonne der Nibelungen" oder auch die deutsche Odyssee neben der deutschen Jlias" genannt hat. Das Gedicht hat die Nordseeksten nebst der Normandie zum Schauplatz und besteht aus drei Teilen, von denen die beiden ersten, auf den dritten vorbereitend, von den Vorfahren der Knigstochter Kudrun berichten, der dritte und Hauptteil die S ch i cks al e Kudruns selbst erzhlt. 2. Die Ritterdichtung (Kunstepos). Neben der Volkspoesie entwickelte sich auch die sogenannte Kunstdichtung, welche mehr Wert auf kunstreiche Darstellung und Aus-schmckung legt, und, hauptschlich vom Ritterstande und an Frstenhfen gepflegt, auch hfische oder Ritterdichtung genannt wird. Die Erzhlungen der hfischen Dichter behandeln im Unterschiede von der nationalen Heldendichtung vorzugsweise fremde, auerhalb des Kreises des deutschen Lebens liegende Stoffe, wie die franzsischen Sagen von Karl dem Groen, die Sage von dem britischen Könige Artus und den Helden seiner Tafelrunde und die Sage von dem heiligen Gral (d. h. von dem mit Wunderkraft ausgestatteten Gef, dessen sich Christus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahles bediente und in welchem dann des sterbenden Heilands Blut aufgefangen wurde). Die hervorragendsten dieser Snger waren: Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straburg. a. Hartmann von Aue (um 1200) aus Schwaben hat auer andern Werken (wie: Iwein, der Ritter mit dem Lwen) die rhrende Erzhlung Der arme Heinrich gedichtet. b. Wolfram von Eschenbach war der grte Dichter des deutschen Mittelalters. Ein Ritter aus dem Stdtchen Eschenbach bei Ansbach, gehrte er dem Sngerkreise an, der sich an dem glnzenden Hose des Landgrafen Hermannvonthringenzuf ammen-fand. Auf der Wartburg bei Eisenach hat er, obwohl des Schreibens und Lesens unkundig, das groartigste Wert der Ritterpoesie, den Parzival, (zwischen 1205 und 1215) gedichtet. c. Gottfried von Strasburg, ein Zeitgenosse Wolframs, hat in seinem groen, aber unvollendeten Gedicht Tristan und I solde das heiter bewegte Treiben wie die leicht-fertige Sitte der hfischen Ritterwelt in hchst gewandter, anmutig hinflieender Dar-stellung geschildert. 3. Der Minnegesang: Walter von der Vogelweide. Neben der erzhlendenpoesieschwang sich dieliederdichtung, dersogenannte Minnegesang, empor. Die Zahl der Minnesnger ist eine bedeutende; auf den Burgen der Ritter wie an den Hfen der Fürsten wurden ihre Lieder gern gehrt. Den Haupt-inhalt derselben bildete die Verehrung, die Verherrlichung der Frauen. Der trefflichste und vielseitigste derselben war Walter von der Vogelweide, der, ein Edelmann und

5. Deutsche Dichtung im Mittelalter - S. 35

1881 - Trier : Lintz
35 von einem „Dichter" die Rede sein könne und nickt vielmehr ein „Ordner" angenommen werden müsse, welcher eine Reihe unabhängig von einander ent- standener (20) Volkslieder zusammengefügt und zu einem Ganzen verbunden habe. Als Begründer dieser Ansicht gilt K. Lachmann'). Neuere Gelehrte, vor allen Fr. Zarncke, A. Holtzmann und K. Bartsch sind dieser Ansicht entschieden entgegengetreten und halten daran fest, daß das Nibelungenlied das Werk eines Dichters ^) sei, zumal das Gedicht jene künstlerische Einheit besitze, ivie sie nur der Geist eines wahren Dichters herzustellen imstande sei. Der Name des Dichters und seine Heimat wird sich freilich wohl niemals steststellen lassen. 2. Wir besitzen von dem Gedichte 27 Handschriften, darunter 10 voll- ständige. Unter diesen sind wiederum die wichtigsten drei Pergamenthand- schriften aus dem 13. Jahrhundert: 1. Die Hohenems-Münchener Hand- schrift, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf Schloß Hohenems in Vorarlberg entdeckt, jetzt in München; sie wird als Handschrift A bezeichnet. 2. Die St. Gallener Handschrift oder Handschrift B. 3. Die Hohenems- Laßbergische Handschrift, früher ebenfalls auf Schloß Hohenems, dann im Besitze des Freiherrn von Laßberg, jetzt in der von Fürstenbergischen Bibliothek zu Donaueschingen; sie wird als Handschrift C bezeichnet. Auch darüber gehen die Ansichten auseinander, welche von diesen Handschriften die ursprüngliche sei, da die eine von der anderen mehr oder weniger bedeutende Abweichungen zeigt, Lachmann hielt den Text der Handschrift A für den ältesten, Holtzmann und Zarncke den der Handschrift 0, während Bartsch nachzuweisen suchte, daß das um 1150 entstandene Original und die erste Überarbeitung verloren gegangen, von den späteren Überarbeitungen aber Handschrift B (wozu auch Handschrift A gehöre) den ältesten Text am getreuesten überliefere. Neuerdings hat W. Wilmanns (Beiträge zur Erklärung und Geschichte des Nibelungenliedes 1877) wieder an Lachmann angeknüpft, doch ist nach seiner Ansicht das Gedicht nicht aus bestimmten Einzelliedern, sondern ans größeren, nicht mehr genau unterscheidbaren epischen Dichtungen entstanden. Ausgaben des Nibelungenliedes: Bodmer 1757 (Chriemhilden Rache); Ch. H. Myller 1782 (Oer Nibelungen liet3); erste vollständige Ausgabe); Fr. H. von, der Hagen 1810; K. Lachmann 1826; Karl Bartsch 1866. Eine der besten Über- setzungen ist die von K. Simrock 1828 und öfter. 3. Der Stoff des Nibelungenliedes ist eine Mischung mythischer, sagen- hafter und christlicher Elemente. Die christlichen Elemente (Taufe, Messe, Münster, Kaplan, Pfingsten) find rein äußerlicher Natur; die sagenhaften find vier in einander verschmolzenen Sagenkreisen entnommen, dem fränkischen, burgundischen, ostgotischen und hunnischen; die mythologischen Elemente sind namentlich: Land und Volk der Nibelungen, die todbringende Bedeutung des Goldes, Brunhild, der Zwerg Alberich, die Meerjungfrauen und die Person Siegfrieds, in welcher sich augenscheinlich mythische und sagenhafte Elemente verbunden haben. Außerordentlich lehrreich ist die Vergleichung der Edda mit Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichtes von der Nibelungen Not. 1826. 2) Dieser Dichter ist nach Ansicht Fr. Pfeiffers (Der Dichter des Nibelungenliedes 1862), welcher auch Bartsch Beitritt, der sonst als Lyriker bekannte Kürenberger. .b) Handschrift A und B schließen: ditze ist der Nibelunge not, Handschrift C schließt: daj ist der Nibelunge liet. 3*

6. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 116

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
116 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. auf den Farischen Inseln singt das Volk im Chore und zum Tanze noch heute wieder andere Lieder von Grimhild und wie sie ihre Brüder mordet. Dennoch ein und derselbe Stoff, ein und dieselbe Sage, die un- zähligemal ihre Gestalten wechselt, ohne jemals ihr innerstes Wesen zu verändern. Wir aber müssen angesichts dieser Vielgestaltigkeit die Frage erheben: Wo sang man zuerst von den Nibelungen? wann und was sang man von ihnen? Und weiter müssen wir fragen: Auf welchem Wege wurde die poetische Phantasie von den besungenen Gegenständen entzündet? Sind es Erdichtungen, ausgeheckt von der frei spielenden Einbildungskraft eines großen genialen Mannes? oder ist es historische Wahrheit? Haben Siegfried, Brunhild, Hagen, Kriemhild gelebt und als leibhaftige atmende Menschen die Erde betreten? oder gehören sie zu jenen Wahngebilden, welche der menschliche Geist sich selber erschafft, ohne es zu wissen, die in Wahrheit niemals gewesen sind, und an die er dennoch glaubt, so fest und fester als an die Dinge, die sein Auge betrachtet, seine Hand berührt? Wir können auf alle diese Fragen ganz bestimmte und einfache Antworten geben. Der Inhalt des Nibelungenliedes ist zur Hälfte wahr, zur Hälfte unwahr. Wahr im wesentlichen ist der zweite Teil des Gedichtes, wo alles hindrängt auf das furchtbare Ende, auf den blutigen Mord an Attilas Hof: das Gedächtnis großer, erschütternder historischer Ereignisse ist darin bewahrt worden. Unwahr ist die erste Hälfte der Dichtung, in welcher Siegfried im Mittelpunkte steht, der glänzende Held, wie er kämpft, wie er liebt, wie er herrscht, wie er stirbt. Aber auch dieser Teil ist nicht erdichtet, wie ein Poet frei wählend in der Masse des Möglichen erfindet, sondern er ruht auf alten religiösen Vorstellungen unserer Urväter, enthält germanisches Heidentum, erzählt Thaten und Schicksale von Göttern, wie sie in der Mythe lebten. Mit der Zusammenfügung beider Teile entsteht die Nibelungensage. Der deutsche Volksstamm, bei welchem diese Zusammenfügung geschah, ist derjenige, dem es zuerst gelang, mit frischer, bezwingender Macht die zer- streuten Kräfte der anderen germanischen Stämme zu einer einzigen Keule zusammenzubinden, die auf die romanischen Völker furchtbar herabsauste. Die Zeit, in welcher die Zusammenfügung vollzogen wurde, ist der Höhe- punkt der Völkerwanderung, die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, als Attila starb und in Rom der Thron der Cä- saren zerbrach. Die Zeit, in welcher die europäische Welt den Germanen zu gehören begann, ist auch die Zeit, in welcher das größte Gedicht ihres Heidentums von den Göttern ihnen geschenkt wurde. Die Nibelungen- dichtung ist der vollständigste, großartigste Ausdruck, den

7. Geschichte der Hellenen in neuen und alten Darstellungen - S. 126

1884 - Leipzig : Weber
126 Aus der Vorgeschichte der Hellenen. Liebe des Ares und der Aphrodite, und wiederum ein anderes von der Zerstörung Trojas, eine Improvisation, von der nur der Inhalt angegeben ist; sie müßte ein Lied von beträchtlicher Länge gewesen sein. Es ist nicht anders zu erwarten, als daß sehr bald — sobald nämlich Km die Sprache so weit ausgebildet war, um dem Dichter eine freiere Bewegung äu gestatten — auch größere Dichtungen entstanden, mit anderen Worten, daß ?um bdn der kurzen und einfachen Erzählung zur langem und zusammengesetzten Epos Erzählung fortgeschritten wurde —: ein Fortschritt, eben so sehr in der Stimmung des schaffenden Dichters wie in der seiner Zuhörer mit einer Art Naturnotwendigkeit begründet. Das Lied vom Zorn des Achilleus, das wir die Ilias nennen, ist, so möchten wir glauben, möglicherweise der erste, vielleicht einer der ersten, in jedem Fall der bedeutsamste und entscheidende Versuch, iu welchem ein großer Lichter diesen Fortschritt von der Aventiure zum Epos verwirklichte. Nicht ciu vou vornherein mit planmäßiger Überlegung unternommener Versuch: es gab sich hier leicht eines aus dem andern. Dem -Lichter bot sich der Kreis der troischen Sagen, bekannte Geschichten, vertraute Heldengestalten, für die Dichtung ein unerschöpflicher Stoff: mit einem Lied, aus diesem Stoff geschaffen, entzückte er einen Kreis von Edlen, eine Panegyris des Volks; und er nahm aus diesen Kreisen die natürliche Anregung mit hinweg, die in dem begeisterten Vortrag eines liebgewordenen Stoffes vor empfänglichen Hörern liegt. Demselben Quell entspringend entstand ihm Lied um Lied; Zusammenhänge, spannende Verwicklungen, effektvolle Lösungen eröffneten sich ihm; die Charaktere gewannen Klarheit, die Scenen ordneten sich unter einheitliche Gesichtspunkte; und ein Plan, eine Haupthandlung begann allmählich die bunte Mannigfaltigkeit der einzelnen Scenen zu beherrschen. Mit dieser beherrschenden Haiyithaitdluiig ward die Liederreihe zum Gedicht. So, scheint uus, ist die Ilias entstanden, nicht ans einzelnen Liedern verschiedener Verfasser, sondern ans der, längere Zeit mit Vorliebe auf einen Kreis poetischer Gestalten gerichteten schöpferischen Thätigkeit eines hervorragenden Dichtergeistes, wie es nicht zwanzig, nicht zehn und nach allen Analogien zu schließen, schwerlich auch nur zwei gegeben haben samt. Demt es ist schwer denkbar, daß zwei Dichter sich in den feinsten Odyssee, dichterischen Eigenschaften, dem höchsten Talent klarer Schilderung, der Fähigkeit Charaktere zu schaffen und durchzuführen, derselben Betrachtung der natürlichen und sittlichen Welt, dem was wir künstlerischen Humor nennen z. B. und ähnlichem, sich sollten begegnet haben, daß zwei verschiedene Dichter, bei denen doch bei einem Verhältnis der Nachahmung von vornherein keine Rede sein kann, innerlich so gleichartige Scenen sollten geschaffen haben, wie den Eingang der Ilias und den der Odyssee, die Zähmung der widerspenstigen Thersites und die Züchtigung des Bettlers Jrus, die Leichenspiele am Grabhügel des Patroklos und die Wettkämpfe der Phäaken, die sinnige

8. Geschichtliches Hülfsbuch für die oberen Klassen der höheren Mädchenschulen - S. 248

1888 - Leipzig : Teubner
248 In der Baukunst unterscheidet mau verschiedene Bauweisen oder Stile. Die Gebude einer bestimmten Zeit oder eines be-stimmten Volkes sind in solchen Formen gebaut, da sie die in der Zeit und dem Volke lebenden Gedanken ausdrcken. So spricht sich z. B. in der gotischen Bauweise das Streben des frommen Gemtes nach dem Himmlischen ans. Auch in der Musik spricht man von Stilen. Man unterscheidet Instrumental- und Vokalmusik. In-strnmentalmnsik ist reine Musik. In der Vokalmusik verbindet sich die Dichtkunst mit der Musik (Lied, Oper, Musikdrama). 330. Bei jedem Kunstwerke lt sich der Inhalt und die Form unterscheiden. Sind Form und Inhalt eines Kunstwerks gleich vollendet, so nennt man dasselbe klassisch. Klassische Kunstwerke behalten ihren Wert fr alle Zeiten. Einiges aus der Lehre von den Dichtungsgattungen (Poetik). . 331. Man unterscheidet epische, lyrische und dramatische Dichtung. 1. Das epische Gedicht erzhlt Begebenheiten. 2. Im lyrischen Gedicht (Lyra!) drckt der Dichter seine Ge-fhle aus. 3. Das Drama stellt uns Personen handelnd und sprechend vor Augen. Dazu bedarf die dramatische Poesie der Verbindung mit der Schauspielkunst. 332. i. Lngere epische Dichtungen heien Epen (Einzahl: Epos). a. Das Volksepos (Jlias, Odyssee, Nibelungen, Gudrun). b. Das Kunstepos. Man unterscheidet das romantische Epos, dessen Stoff aus den Sagenkreisen der romanischen Völker genommen ist; es versetzt uns meistens in das Rittertum des Mittelalters (Wolframs Parzival", Wielands Oberon"); das religise Epos (Dantes Gttliche Komdie", Miltons Verlorenes Paradies", Klopstocks Messias"); das brgerliche Epos (Goethes Her-mann und Dorothea"). Der Roman ist das Epos der modernen Welt; er ist in Prosa geschrieben. Ein Roman in krzerer Fassung heit Novelle. Zu den krzeren Epischen Dichtungen gehrt die Ballade und die Romanze, die Legende (christliches Sagengebiet!), das Idyll (Stoffe aus lndlichem und kleinbrgerlichem Kreise!), die Fabel u. a. 333. 2. Tie Hanptsormen der Lyrik sind das Lied (Volkslied und Kunstlied);

9. Bd. 1 - S. 784

1883 - Leipzig : Engelmann
784 Das Mittelalter. §. 434 des Interregnums den jüngeren Titnrel, der lange Zeit für eine Arbeit Wolframs gehalten wurde und bis zum Schluß des Mittelalters eines der gelesensten Bücher war. — Wenn gleich auch der Parzival nicht frei von den Fehlern ist, die wir an dem ganzen Sagenkreise gerügt haben; wenn gleich auch'hier oft Begebenheiten an Begebenheiten gereiht sind ohne innern Zusammenhang und Entwickelung, ohne Ziel und Beweggründe; wenn gleich auch hier nur das höfische Nitterleben verherrlicht wird, das Volk ganz zurücktritt, so liegt dem Gedicht doch ein tiefsinniger Ernst, ein epischer Plan, eine hohe Idee zum Grunde und nirgends finden wir den Geist der Zeit, da Weltlichkeit und Kirchlichkeit so innig verbunden sind, deutlicher veranschaulicht als hier. Einen merkwürdigen Gegensatz zu Wolframs Parzival bildet „Tristan und Isolde" von Gottfried von Straßburg. Wie uns der Erstere den Ernst des Lebens vorführt, in seinem Helden die sittliche Größe, die Charakterfestigkeit und den Adel der Gesinnungen und Bestrebungen preist, aber seinen gehaltvollen Inhalt nicht selten in mystisches Dunkel kleidet und durch seine gehobene, feierliche Sprache das Verständniß seines Gedichts erschwert, so schildert Gottfried den Leichtsinn, die Charakterschwäche, die Sündhaftigkeit und die irdischen Freuden und Genüsse eines von der Liebe beherrschten, dem Sinnentaumel stöhnenden Paars, aber in zierlicher, gefälliger Sprache, in klarer und schöner Darstellung und mit einer bewunderungswürdigen Wahrheit der Beobachtung. „Meister" Gottfried, wahrscheinlich von bürgerlicher Abkunft, spricht sich selbst mißbilligend über Wolframs dunkle Manier und das träumerische Seelenleben seines Helden aus und theilt die Palme der Poesie dem Hartmann zu; aber wie sehr auch Gottfrieds Gedicht an Kunstfertigkeit und Vollendung der Form über dem Parzival steht — der sittliche Werth des Inhalts stellt das letztere dennoch höher. An gelehrten Kenntnissen übertraf der bürgerliche Dichter die Ritterfänger. Für die Erkenntniß jener Zeit der Minne ist dieses in Form vollendete und im Ausmalen und Schildern der Zustände eines auf Sinnlichkeit gegründeten Seelen- und Gefühlslebens unerreichte Gedicht höchst wichtig, lungenlied. §• 434. Die Nibelungen. In der Blüthezeit der höfischen Poesie, da die Minne die ganze 1 Dichtung beherrschte, erhielt unser altes Volksepos, die Nibelungen, seine heutige Gestalt in einer den Zeitbegriffen entsprechenden Umbildung (nach Lachmann um 1210-, wenn es gleich zu dem Minnegesang den reinsten Gegensatz bildet. Denn wie dieser durch zarte Empfindung und kunstreiche Form hervorragt, aber durch. Leerheit des Inhalts ermüdet und unbefriedigt läßt, so glänzt das Nibelungenlied durch die Großartigkeit seines Stoffes und die kräftige Charakterzeichnung, leidet aber an Eintönigkeit und Trockenheit der Sprache, an Armuth und Ungeschick in Reim und Versbau, an Ungefügigkeit und Kunstlosigkeit in Anlage und Form. Eben so verschieden ist es von dem höfischen Ritterepos, das wir in seinen bedeutendsten Erscheinungen soeben kennen gelernt haben. Denn während hier unnatürliche Verhältnisse durch Kunst und Talent interessant gemacht werden, erregen dort die mächtigen Heldengestalten und die großartige Natur des Gegenstandes ohne kunstvolle Einkleidung und Schilderung unsere innigste Theilnahme, unser tiefstes Mitgefühl. „In den Nibelungen stehen wir in einer Welt von Menschen, die nicht die Minne bewegt, sondern der Zwang der Verhältnisse, die nicht mit Grillen im Kampfe liegen, sondern mit dem Schicksal, die-nicht blind in Abenteuer stürzen, sondern in ein großartiges Verhängniß von einer außer ihnen liegenden Gewalt gestürzt werden." Auch darin ist das Nibelungenlied von den romantischen Ritterdichtungen verschieden, daß keine Einmischung der Persönlichkeit des Dichters darin zu erkennen ist, daß es, wie die gegenständliche Kunst der Alten, durch die unmittelbaren Eindrücke auf die Sinne und die Phantasie des Lesers zu wirken sucht. Der Bearbeiter ist unbekannt. Ganz ohne Grund hat man früher den Minnesänger Heinrich von Ofterdingen dafür genommen. Nach dem neuesten Stand der „Nibelungenfrage" hat der Minnesänger Kürenberger, auf Grund der Volksüberlieferung und einer lateinischen Bearbeitung der Burgundersage durch Meister Konrad von Passau, das Nibelungenlied frei in einer von ihm erfundenen Strophenform gedichtet. Inhalt Zu Worms am Rhein lebte der Burgunderkönig Günther mit seinen Brüdern Gernot und Gi sei her tob Gang mit vielen auserwählten Rittern, die ihm dienten, wie Hagen von Tronek und sein Bruder Dankwart, Dichtuna wie Boiler von Alzeie und Ortwrtn von Metz. Günther» Schwester war die schöne Kriemhtld, die unter a) Die der Obhut der Mutter Ute herrlich heranblühte. Noch ist die Liebe tn ihrem Herzen nicht erwacht. Als sie einst Eigfried- [turnte, sie habe einen Falken gezogen, der vor ihren Augen von zwei Adlern zerfleischt worden, und die Mutter ,a0t' kie Deutung gab, da» sei ein edler Mann, den sie verlieren werde, wenn ihn nicht Gott behüte, so will sie nicht» wissen von der Liebe Lust und Leid; sie will ohne Ritterminue bleiben ihr Lebenlang. Da kommt Sigfried von Santen (Xanten) „ntden b» dem Riue", der Sohn «igemund« und der Sigelinde, mit glänzendem Gefolgt nach Norm». Er hat eon der schönen Königltockter gehört und will um ihre Hand freien. Bei dem Einzug der Gottfried v. Straß-burg c. 1220.

10. Geschichte der Hellenen in neuen und alten Darstellungen - S. 110

1884 - Leipzig : Weber
110 Aus der Vorgeschichte der Hellenen. weghoben. Neben den mächtigen Göttern boten gewaltige Menschen sich der überschwellenden Empfindung, die in musikalischen Klängen einen Ausweg suchte, als Gegenstände dar; die andersgewordene Zeit schuf, die Gemüter verändernd, von selbst auch andere Stoffe, andere Formen und Weisen der Dichtung. Hier sah man staunenswerte Thaten, dort trug sie der Ruf vergrößernd in die Ferne, und leicht bildete sich so ein Lied vom „Ruhme der Männer", in welchem der Kampfuntüchtige, der Priester, der Greis seiner Bewunderung des Helden und des Gottes, der ihm beigestanden, einen Ausdruck verlieh. Die Kämpfe wechselten allmählich mit ruhigeren Zeiten ab. In diese Ruhe etwas vou der vorausgegangenen und vielleicht bald wieder bevorstehenden Aufregung hineinzutragen, wurde zum Bedürfnis. So ward der Sänger, welchem die Muse es verliehen hatte, diesem natürlichen Drange gerecht zu werdeu, ein allerwärts gern gesehener Gast, bei dem zur Festversammlung zusammenströmenden Volke ebensowohl wie bei dem Gelage der Fürsten, deren ritterlichem Sinn er durch Erzähluug der Thaten ihrer Ahnen oder ihrer eigenen schmeichelte, und die ihm mit einer Ehrengabe, einem Kleinod von der Beute, oder nach der naiven Schlichtheit der Zeit mit einem besonders schmackhaften Stück des Festbratens lohnten. So entstand Gewohnheit des Singens und des Hörens und ine Dichtung wurde Sache eines eigenen, überall willkommenen und hochgeehrten Standes. Hier aber, auf dem Boden Kleinasiens, trafen jetzt neue Thaten und alte Erinnerungen zusammen. Es war eine Zeit großer kriegerischer Erfolge, es war ein Wetteifer verschiedener Stämme, und Lieder, welche einzelne Helden und einzelne Abenteuer besangen, werden hier bald in großer Fülle entstanden fein. Vom einzelnen Liede zum großem Heldengedicht, von der einfachen Erzählung zur umfassenderen war der nächste Schritt: wir sehen ihn gethan in den beiden großen epischen Gedichten, welche ums Jahr 900 auf diesem von Poesie getränkten Boden entstanden sind. Ans diesen beiden Gedichten, der Ilias und Odyssee, müssen wir, hmne- ehe 10*r Spuren des großen Geistes aufsuchen, der sie schuf, uns erst eine Aschen reichere Anschauung der Zeit, die sic spiegeln, zu gewinnen suchen. Sie geben 'allerdings ein dichterisch verklärtes Bild, aber ein Teil der geschichtlichen Wirklichkeit, auf deren Grunde sie ruhen, wird sich dem genau Betrachtenden und vorfichtiglich Schließenden dennoch enthüllen. Die homerischen Gedichte zeigen uns eine bunte Mannigfaltigkeit kleinerer zustande un‘) größerer Staaten, welche in der Stammverwandtschaft ihrer Bevölkerung, König, in dem gemeinsamen Interesse eines geordneten Rechtszustandes und in der «ölt! Person eines Fürsten ihre Einheit finden: eine Einheit, welche zugleich in der Regel eine Stadt als ihren Mittel- und Sammelpunkt anerkennt. Mit Verachtung sieht der Dichter auf den roheu Naturzustand hin, wie er bei seinen Cyklopen herrscht, bei denen nicht ratschaffende Märkte noch bestimmte Rechts-

11. Kurze Geschichte der deutschen Dichtung - S. 2

1910 - Leipzig : Voigtländer
Die erste Bltezeit der deutschen Dichtung. Im Zeitalter der Kreuzzge und der hohenstaufischen Kaiser erhob sich die deutsche Dichtung zu ihrer ersten Blte (11501250). 1. Das Volksepos. Eine volkstmliche Epik verherrlichte die in der Sage lebenden Helden, vor allen den Frankenknig Siegfried und den Gstgotenknig "Dietrich von Bern, a. Das Nibelungenlied. Das groartigste dieser volkstmlichen Heldengedichte ist das Nibelungenlied oder, wie der ursprngliche Harne lautet, der Nibelunge Not. Es wurde um 1200 von einem unbekannten Verfasser, einem Angehrigen des Ritterstandes, nieder-geschrieben und besteht aus zwei Teilen? der erste erzhlt Siegfrieds Tod, der zweite Kriemhilds Rache. b. Kurim. ls zweites groes Volksepos steht neben dem Nibelungenlied das ungefhr gleichzeitig niedergeschriebene Lied von Kudriin, das man wohl die Nebensonne der Nibelungen" oder die deutsche Odyssee" genannt hat. Das Gedicht hat die Nordseeksten und die Normandie zum Schauplatz und besteht aus drei Teilen, von denen die beiden ersten von den Vorfahren der Knigstochter Kudrun berichten, der dritte, umfangreichste die Schicksale Kudruns erzhlt. 2. Das Nunstep os. Neben dem Volksepos entwickelte sich auch ein Kunstepos, das meist auslndische Stoffe behandelt und diese nicht schlicht erzhlt, sondern oft mit dem Urteil des Dichters verflicht; es wurde hauptschlich vorn Ritterstande und an Frstenhfen gepflegt und wird deshalb auch hfisches (Epos genannt. Die Erzhlungen der hfischen Dichter behandeln z. B. die in Frankreich ausgebildete Sage von Karl dem Groen, die Sage von dem britischen Könige Hrtus und seiner Tafelrunde und die Sage vorn heiligen Gral, d. h. von einem mit Wunderkraft ausgestatteten Gef, dessen sich Christus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls bediente und worin dann das Blut des sterbenden Heilands aufgefangen wurde. Die hervorragendsten hfischen Epiker waren: hartmann von Rue, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straburg. a. Hartmann von Bue (um 1200) aus Schwaben hat u. a. die sinnige Erzhlung Der arme Heinrich" gedichtet. b. Wolfram von Eschenbach war ein Bitter aus dem Stdtchen Eschenbach bei Ansbach und gehrte dem Sngerkreise an, der

12. Das Mittelalter - S. 357

1893 - Leipzig : Hirt
Vi. Charakteristische Zge des mittelalterlichen Lebens zc. 357 den asturischen Bergen aus, lvard Rny Diaz, genannt der Cid (im 11. und 12. Jahrhundert), Reprsentant des Nationalgefhls und der Helden-kraft der christlichen Spanier und daher vielfach besungen. 2. Blte der ritterlichen Kunstdichtung und der Bolkspoesie. Minnegesang. Wie die Kreuzzge, so ist auch die Scholastik, wie der Baustil, so ist auch die ritterliche Kunstdichtung Gemeingut des Abendlandes. Die deutsche Kunst entfaltete sich unter dem Kultureinflusse Frankreichs, doch in deutscher Eigeuartigkeit. Angeregt durch die provenglische Dichtung der Troubadours, die schon am Ansnge des 12. Jahrhunderts vornehmlich als Kunstlyrik an dem gebildeten und glnzenden Musenhofe der Grafen von Provence zu Toulouse blhte, gedieh in der Hohenstaufenzeit auch die mittelhochdeutsche Dichtkunst zu eigenartiger Vollendung. Sie ist teils drperlicher Volksgesang, teils hvesche oder hoveliche ritterliche Kunstdichtung. Ungenannte und nnbekannte varnde liute singen in epischer Einfalt alte maeren wunders vil von Sigfrid, Sigurd, dem Drachentter, vom Hrttm" Sigfrid, von Dietrich von Bern (Theodorich dem Ostgoten) und der Rabenschlacht (Ravenna) n. ct. Hinter allen diesen volksmigen Dichtungen steht die germanische Gttermythe, aus der sie geflossen sind; in ihnen sind die Erinnerungen des Volkes an die Strme der Vlkerwanderung, die deutsche Heldensage, verwebt. Die Lieder der verschiedenen Sagenkreise, des niederrheinischen oder frnkischen (von Sigfrid) von Tanten und seinen Mannen), des burgundischen (von König Gunther und seinem Hofe zu Worms), des ostgotischen (von Theodorid) dem Groen und seinen Helden) und des hunnischen (von Etzel und seinen Verwandten) flieen zusammen in unserem grten Volsepos, dem Nibelungenliede. Sie sind von einem unbekannten Dichter aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts zu einem einheitlichen Ganzen verarbeitet, in welchem altgermanisches Helden- und Heiden-tum mit christlichem Rittertnme in treuer Veranschaulichung der Gesinnung und Sitte der Zeit sich darstellen. Held Sigfrid ist in vieler Beziehung identisch mit dem nordischen Drachentter Sigurd, aber seine Heimat ist frnkisch, und sein Tod im Odenwalde erinnert an den Mordc König Sigberts durch seinen Sohn auf Anstiften Chlodwigs. Brnnhild und Kriemhild weifen auf die mordfchtigen Frankenkniginnen Brunhild und Fredegunde zurck. König Gunther und Hagen erscheinen sdjon im Waltariliede des Mnches Eckehard. Die Gestalten Attilas, Dietrich von Berns und Hildebrands sind aus den Sagen der Vlker-Wanderung entnommen. Und so zeigt sich in den Nibelungen ein Nieder-sdjlag verschiedener Sagen verschiedener Stmme. Durd) die heitersten und sonnigsten Szenen zieht sich im Nibelungenliede der ernste und weh-mutige Grnndton, in dem das Lied ausklingt: mit Leide war geendet die hohe Festeszeit, wie stets anss allerletzte die Freude bringet Leid". Einen wohlthnenden Gegensatz hierzu bildet das Gudrunlied (aus dem norbifdjen Sagenkreise der Kstenlnder an der Nordsee); denn

13. Dichtung des Mittelalters - S. 33

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 11. Das Nibelungenlied. 33 bei Volksfesten, auf den Straßen und Märkten der Städte, auch auf den Ritterburgen ihre Lieder ertönen. So machten sie aus ihrer Kunst ein Gewerbe und lebten von der Freigebigkeit (Milde) ihrer Gönner. Ihre Stoffe nahmen sie zumeist aus der heimatlichen Heldensage, die sich in alten Liedern viele Jahrhunderte hindurch erhalten hatte. Der Inhalt dieser Heldensage ist schmucklos, einfach und naturwahr, nicht selten derb und roh; er trägt ganz das Gepräge der altheidnischen Germanen- zeit. Aber die Fortpflanzung von Mund zu Mund verschob gar leicht Sachen und Personen, so daß fern liegende Zeiten aneinander gerückt, aus- einander liegende Ereignisse in Verbindung gebracht, Personen, die zeitlich weit voneinander lebten, zu Zeitgenossen wurden. Dazu wurde der alte Kern, bei aller Absicht, ihn treu zu überliefern, nach Auffassung und Vor- liebe der Sänger und nach der Geschmacksrichtung der Zeit in neuer Ge- staltung ausgeschmückt. So war es natürlich, daß in einem Jahrhundert des Glanzes von Macht und Ruhm, von Wehr und Waffen, von idealerer Anschauung, wie sie sich im Rittertum der Kreuzzüge darstellt, die alte Dichtung vielfach in ihrer Herbheit und Rauheit gemildert und den An- forderungen der edleren Zeit näher gebracht wurde. Bemächtigen sich Dichter dieser Stoffe, um aus ihnen ein Epos zu gestalten, so stehen sie denselben objektiv gegenüber, ohne Äußerungen ihres eigenen Empfindens einzufügen: sie nehmen gewissermaßen das Lied aus dem Munde des Volkes. Sie lassen bei aller zeitgemäßen Modernisierung die Handlung sich entwickeln aus dem Charakter und den Leidenschaften der auftretenden Personen und die Sache durch sich selbst wirken. Auch die äußere Form, welche mit der Melodie des Volksgesanges eng zusammenhing, ist eigenartig, die Form der sogenannten Nibelungen- strophe. Diese besteht aus vier paarweise stumpf gereimten Langzeilen, die jede durch eine starke Cäsur in zwei Hälften geteilt sind. Die erste Hälfte enthält drei Hebungen und schließt klingend; die zweite enthält gleichfalls drei Hebungen, mit Ausnahme der letzten Zeilenhälfte, die vier Hebungen hat, und schließt stumpf. Zumeist beginnt die Zeile mit einer oder zwei Senkungen als einer Art Auftakt, während zwischen den He- bungen durchgehends nur eine Senkung steht, die nicht selten ganz fehlt. Die ausgezeichnetsten Volksepen sind das Nibelungenlied und die Gudrun. 8 11. Das Nibelungenlied. Die Nibelungenfrage, d. h. die Frage nach der Entstehung des Nibelungenliedes, ist gleich der Frage nach dem Ursprünge und dem Ver- Hense, Lesebuch. I. 4. Ausl. Z

14. Geschichte des Mittelalters - S. 306

1861 - Leipzig : Brandstetter
306 unter sich nur wenig verschieden *), der Verbreitung von Land zu Land freie Bahn eröffneten. Wir gehen zurück auf die Volkspoesie, die sich nicht entwickelt aus dem dichterischen Vermögen einzelner hervorstrahlender Talente, sondern aus dem lebendig poetischen Quell, welcher im Herzen eines ganzen Volkes entspringt und ihm als köstlichste Naturgabe verliehen ist, unbewußt, aus innerer Noth- wendigkeit schaffend und bildend, gleich wie im Munde des Volkes die Muttersprache sich entwickelt. Die Kunstpoesie ist die Frucht der Arbeit Einzelner, welche die Erscheinungen des Lebens nach ihrer individuellen Geistes- und Anschauungsweise aufnehmen und, zum Kunstideal erhoben, in verklärter Gestalt wiedergeben. Ihre Darstellung ist nicht das Leben selbst, sondern ein durch die Kunst erzeugtes und veredeltes Bild des Lebens. Zu einer vollständigen Entfaltung des poetischen Vermögens einer Nation gehört die eine wie die andere Seite, so wie Beides in der deutschen Dichtung die vollste Blüthe erreicht hat. In Sagen und Liedern, die durch fahrende Sänger von Burg zu Burg, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land getragen wurden, ent- wickelte sich der Reichthum des poetischen Stoffes im Volksleben, dessen sich die Dichter später in ihren künstlerischen Werken bedienten. So ist das Volksepos der Deutschen entstanden, in welchem Alles zusammeufließt, was Jahrhunderte laug das Leben der Nation bewegte und durchströmte; Geschichte und Sage ist lebendig geworden in dem Gedicht. Die geheim- uißvolle Werkstätte dieser allmählichen Entstehung dem wißbegierigen Auge der Neuzeit zu eröffnen ist erst theilweise gelungen; doch immerhin genügend, um von dem, was errungen ist, zu schließen auf das, was noch im Dunkeln liegt. Das größte und vollendetste Epos unserer Volkspoesie ist das schon früher erwähnte Nibelungenlied. In ihm vereinigen sich die Sagen- kreise aller deutschen Stämme: der niederrheinische, dessen Held Siegfried ist; der burgundische, mit seinen Helden Günther, Gernot und Giselher, mir Frau Ute der Königin, Kriemhild und Brunhild, und den tapfern Mannen der Könige, unter ihnen Hagen und Volker. Der dritte Sagenkreis ist der ostgothische von Dietrich von Bern und Hildebrand; des vierten Mittelpunkt ist Attila, der Hunnenkönig, und der Schauplatz die Etzelburg im heutigen Ungarn. Gewissenhaftes Studium hat aus dem mächtigen Gedichte bereits zwanzig alte Volkslieder herausgefunden und abgelöst, die sich von der Arbeit des unbekannten Dichters, welcher die letzte Hand an die Anordnung und Verschmelzung desselben legte, bedeutend unterscheiden. Es ward der handschriftliche Schatz gefunden auf der Burg Ems in Graubündten in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals *) Die romanischen Sprachen waren, wie bekannt, in Frankreich, Italien und Spanien heimisch.

15. Geschichte des deutschen Volkes und Landes - S. 180

1869 - Hannover : Hahn
180 Liedern und dadurch im Bewußtsein des Volkes bis in's spätere Mittelalter erhalten haben. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wur- den die einzelnen Lieder, die sich auf einen bestimmten Sagenkreis bezogen, mit einander verbunden und durch Zusätze zu einem grö- ßeren erzählenden Gedichte, zu einem Volksepos erweitert. Die Verfasser der ursprünglichen Lieder, wie die Namen derer, welche jene zu einem einigen Ganzen bearbeiteten, sind unbekannt. Die ausgezeichnetsten dieser Dichtungen, deren wir mehrere besitzen, sind das Nibelungen-Lied und die Gudrun. 2) Das jetzt sogen. Nibelungen-Lied oder der Nibe- lungen N o th u n d Kl a g e (letztere ist ein Anhang zu ersterem größern Gedichte) ist durch Großartigkeit des Gegenstandes, durch lebendige und natürliche Zeichnung der Sitten und handelnden Personen, und durch einfache und naive Darstellung das vorzüg- lichste Nationalepos der Deutschen, das man nicht mit Unrecht die deutsche Iliade genannt hat. Das Gedicht, dessen Hauptstoff auf altdeutschen Volkssagen beruht, führt den Namen von den Nibelungen J), einem altnordischen Helden- und Zwerggeschlecht, die Siegfried von Xanten am Rhein, Herr der Niederlande, besiegt, wodurch er in den Besitz eines unermeßlichen Schatzes, der Nibelungen-Hort, kommt, und nun selbst, wie auch die mit ihm in Berührung kommenden burgundischen Helden den Namen der Nibelungen führt. 3) Die Gudrun ist neben dem Nibelungen-Lied das schönste erzählende Gedicht des deutschen Mittelalters, und wird deshalb nicht unpassend die deutsche Odyssee, oder auch „die wunder- bare Nebensonne der Nibelungen Noch" genannt. Wie dieses, so beruht auch die Gudrun auf älteren Volksliedern, die dem Sagenkreise des sächsischen Volksstammes angehören. ') An merk. Der Name Nibelungen bedeutet Söhne des Nebels; Niselheim oder Nebelreich = Todtenreich. Der Name hat eine allegorische Bedeutung: wer dem verderblichen Golde sich hingiebt, verfällt den Geistern der Unterwelt, wird ein N i b e l u n g, d. i. dem Tode geweiht. — G u d r u n ist der Name der Heldin des Gedichts, der Tochter Hetels, eines friesischen Heerkönigs, die aus ihrem Lande geraubt, in schöner Treue viel Hartes erduldet, bis sie ihr Verlobter wieder befreit. §. 96. Baukunst. 1) Die byzantinische Baukunst und Malerei verbreitete sich durch die Oströmer nach Italien, und von da über Frankreich und Deutschland, wo sich erstere zu einem gemischten, dem sogen, roma- nischen Style, ausbildete. In diesem Style sind die Dome zu Mainz (seit 978), Worms (um 1000), Spei er (1030 durch Konrad Ii.), Bamberg u. a. erbaut.

16. Geschichte der Hellenen in neuen und alten Darstellungen - S. 127

1884 - Leipzig : Weber
Aus der Vorgeschichte der Hellenen. 127 Beschreibung der goldenen Hunde vor dem Palast des Alkinoos und die ebenso sinnigwitzige der goldenen Jungsrauen des Hephästos und seiner wandelnden Dreifüße, oder auch die Fahrt des Priamos zu Achilleus am Schluß der Ilias und das Wiedersehen des Odysseus und des Laertes am Schluß der Odyssee; und kaum leichter wäre zu erklären, warum die Odyssee alles so sorgfältig vermeidet, was schon in der Ilias seine Stelle gefunden hat. Derselbe Dichter, meinen wir, der mit glücklichem Griff in der Verstimmung des Achilleus den Einheitspunkt fand, der seine ilischen Lieder zum Ganzen, zur Ilias, zusammenband, ist es gewesen, der in der Odyssee einen dem troischen Sagenkreise äußerlich naheliegenden, innerlich sehr verschiedenen Stoff mit freiem dichterischen Fortschritt ergriffen hat, und zwar diesmal von vornherein mit dem Gedanken einer großem zusammenhängenden Komposition. Den nächst dem Achilleus interessantesten seiner troischen Helden, den Odysseus, machte er zum Gegenstand einer neuen Siederreihe, und wenn die Odyssee eine weit straffere Einheit zeigt als die Ilias, so scheint die einfachste Erklärung darin zu liegen, daß bei dem Gedicht vom Zorn des Achilleus die Einzellieder den Dichter erst auf das zusammenfassende Thema führten, bei dem von Odysseus'. Rückkehr vielmehr umgekehrt das Thema, einem glücklichen dichterischen Moment entsprungen, die Einzellieder hervorrief. Mit der Frage aber nach der Entstehung der Ilias und der Odyssee und ihrem Dichter verflicht sich eine zweite von erheblichem kulturhistorischen ^ste - Interesse. Zu der Zeit, wo diese Gedichte wahrscheinlich entstanden sind, Wartung der die Buchstabenschrift in Griechenland noch nicht bekannt. Wie war es nun@ebt*te‘ möglich, fragt man, daß große Gedichte von etlichen 20 000 Versen answendig-behalten und einige Generationen lang mündlich fortgepflanzt worden sind? und selbst den Fall gesetzt, daß sie ohne die Hülfe der Schrift im Kopse des Dichters entstanden, wie hätten sie, bei der Beweglichkeit ihres Stoffes, im Munde zahlreicher Rhapsoden, in ihrer Integrität sich behaupten können? Es ist wahr, bei Völkern und in Zeiten, wo die Schrift unbekannt, wo der Geist noch nicht mit einem verwirrenden Vielerlei von Wissen beladen ist, pflegt das Gedächtnis um so stärker zu sein, und lange Gedichte sind auf diese Weise in der That bei manchen Völkern von Generation zu Generation fortgepflanzt worden. Allein die Hauptschwierigkeit ist damit nicht gehoben. Die Gedichte, einige Generationen hindurch dem Zufall bloß mündlicher Weiterpflanzung überlassen, würden bald so völlig zerrüttet worden sein, daß keine spätere Redaktionskunst sie zu dem hätte machen können, was sie trotz aller Unebenheiten, Widersprüche, Verschiebungen jetzt dennoch sind, zu großen einheitlichen wohlgegliederten Gedichteu. Wir haben uns oben zu der Ansicht bekannt, daß die ilischen und die Odysseuslieder schon durch den ersten Dichter zu solchen einheitlichen Ganzen, zu Gedichten, geworden seien: wir glauben auch, daß sie frühzeitig der bloßen

17. Größeres Handbuch für Schüler zum Gebrauche bei dem Unterrichte in Bürgerschulen und höheren Unterrichtsanstalten - S. 213

1874 - Leipzig : Klinkhardt
213 4) den hunnischen mit Etzel, Helche, Rüdiger von Bechlarn u. a.; 5) den lombardischen mit Rother, Otnitt, Hug- und Wolf- dietrich u. a. 6) den Nordsee sagen kreis mit Hagen, Hettel, Herwig, Horant, Wate, Gudrun u. v. a. Die vier ersten umschließt das „Nibelungenlied"; den 6. die „Gudrun." § 8. Alle Epen sind endweder kleinere, einzelne Helden behan- delnd, oder größere, eine ganze Welt von Thaten und Helden um- fassend. Zu den ersteren rechnen wir: 1) das Lied „vom hürnin Siegfried;" 2) Ecken Ausfahrt; 3) König Laurin; 4) die Rabenschlacht; 5) den Rosengarten von Worms; 6) die Sagen von Rother, Otnitt, Hug- und Wolfdietrich. Diese Sage sind in dem „Heldenbuch" gesammelt. § 9. Zu der zweiten Klasse gehören zwei Epen: das „Nibelungen- lied" und die „Gudrun." Das Nibelungenlied schildert uns die Werbung Sigfrids um die burgundische Kriemhild und die des Burgunderkönigs Günther um Brunhild. tz 10. Die „Gudrun" ist hierzu ein würdiges Seitenstück, dessen mitgetheilte Vorgänge ihren Schauplatz in den Ländern cm der Nordsee finden. B. Das Volkslied. § 11. Das Volkslied spricht die Empfindungen des Volks aus. Auch dieses ist in seiner Form sehr einfach und schlicht, aber herzbewegend durch dieses Gefühl. So wenig wie bei dem Epos kennt man seine Dichter. Dem Stoffe nach sind die Volkslieder bald historisch, bald Reiter-, Jäger-, Studenten- und Handwerksburschenlieder, bald Wein- und Trinklieder. Vorzügliche Sammlungen sind: „des Knaben Wunderhorn" von Arnim und Brentano, und eine Sammlung von Uhland. Kunstpoesie. § 12. Die Kunstpoesie bildet den Gegensatz zur Volkspoesie. Sie ist die Frucht des Sinnens und Dichtens eines einzeluen Dichters, und schildert ebenfalls theils Handlungen, theils Empfindungen, aber wie sie sich in der Seele des Einzelnen abspiegeln und gestalten. Ihre Form zeichnet sich durch Schmuck und Bilder aus. Vertreten wird sie durch die „höfischen Dichter," so genannt, weil dieselben sich an den Höfen der Fürsten aufzuhalten pflegten. Auch hier giebt es zwei Hauptarten: die epische und die lyrische. A. Kunstepos. § 13. Die Stoffe des Kunstepos sind fast alle fremden Völkern entlehnt und wir unterscheiden folgende Gruppen:

18. Übersichtliche Darstellung der deutschen Geschichte bis 1648 - S. uncounted

1908 - Habelschwerdt : Franke
Ae ,-m Namen Übersichten, Aufzählungen und Inhaltsangaben in möglichster 2sh? rflblt' ^°den wir es hier nicht zu tun. Das Merkchen gibt ?f "n0en aus der Geschichte unserer Literatur Ion ffrnft gsliä f,n * £ F unseren gegenwärtigen Dichtern Felix Dahn und S rft ^^nbruch. Von vornherein möchten wir auch bemerken, daß den katholischen Schriftstellern, den Dichtern der Kinderwelt, den Bolksschriststellern und Dtalektbichtern bte gebührende Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, i'ie meisten Darstellungen sind abgerundete, tiefinnige Lebensbilder, in denen die Bedeutung der einzelnen Dichterpersönlichkeiten klarhell hervortritt; es mauqelt aber auch nicht an lebenstreuen Zeitbildern, die die Entwicklung der von einheitlichen ©ebanken getragenen Verhältnisse barstellen. Der Verfasser berücksichtigt an dem Lebensgange der Personen nur das Notweubige; er versteht die Kunst bte trockene Aufzahlung geschickt zu vermeiden, indem er mannigfache Anknüpfunas-punktezu verwerten weiß. Vor allem tritt der Werdegang der Dichterversönlichkeit aus seiner Zeit hervor, beeinflußt auch von äußeren Verhältnissen. Wir wünschen nur, daß recht viele Lehrer das Werkchen ihrer Vorbereitung zu Grunde legen; der Erfolg wird nicht fehlen: die Schüler werden mit ganzer Seele am Unterricht Anteil nehmen, ihr Gemüt wird veredelt werden und sie sich 6kgtm^nben 1[enien' ba^ unfere ^teratur einen gar herrlichen Schatz in Klein, M., Kgl. Semiuarlehrer. (Erläuterung des Htbcluugnt- liebea. Für den Schulgebrauch und zum Selbstunterrichte. Preis: 90 Pfg. v Katdor. Schukökatt. Wir stimmen mit dem Verfasser barin überein, daß dem Nibelungenliede eine ausführlichere Behanblnng als den übrigen mittelhochdeutschen Epen im Seminar zuteil werben muß, damit- den Schülern der Gnst unseres größten Volksepos vollständig erschlossen werde. Wie sich nun bte Behandlung tm einzelnen zu gestalten habe, wird in ausführlicher Weise gezeigt. Die „Erläuterung" umfaßt fünf Abschnitte: den Siegfriedsmythus, die Hauptbestandteile, die Fabel und den Inhalt, die Geschichte des Nibelungen» liebes, Textproben und verwanbte Stoffe. Wie aus biefer kurzen Inhaltsangabe hervorgeht, wird ein reiches Material zur Behandlung geboten. Der Verfasser -feinem Stoffe auf; man merkt es dieser anschaulich»ausführlichen Darstellungsweife an, daß sie aus vollem Herzen geschrieben ist. Sie wird darum auch alle Leser erwärmen und Schüler und Lehrer zu einer liebevollen Behandlung und Aufnahme dieses herrlichen Volksepos führen. Ktcttt, W., Kgl. Seminarlehrer. (Erläuterung des Gudrun- liebeo. Für den Schulgebrauch. Preis: 60 Pfg. Kalh. Schulzettung, Aulda. Wenn Goethe vom Nibelungenliede sagen konnte: „Die Kenntnis dieses Gedichtes gehört zu einer Bildungsstufe der Nation. Jedermann sollte es lesen," und wenn die Gudrunsage mit Recht als „die wunderbare Nebensonne" des Nibelungenliedes bezeichnet wird, so muß man Herrn Stein für seine vortrefflichen Erläuterungen doppelt dankbar fein. Sie begeistern nicht bloß für das Volksepos aus der ersten Blütezeit unserer Dichtung, fonbern wecken auch die Begeisterung für die übrige beutfche Literatur, für die Muttersprache und das deutsche Wesen überhaupt. Angehenden Lehrern seien die beiden Werkchen hierbnrch besonders empfohlen!

19. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 794

1847 - Leipzig : Engelmann
794 Altdeutsche Dichtung. Zeitgenosse, der Zürcher Hadloub den feierlichen Minnegesang parovirt; — um- sonst hoffen die bürgerlichen Dichter ihre Kunst zu halten, indem sie den Stoff erweitern und bald die scholastische Wissenschaft und die freien Künste in ihr Be- reich ziehen, bald volksthümliche Sittensprüche (Priamcln) einflechten, bald in dunkle Räthsel und geheimnißvolle Denksprüche (Gnomen) tiefsinnige Lehren ein- hüllen — die Produkte ihrer Dichtkunst sind eintönig und langweilig, und so hef- tig sie selbst in ihren Tenzonen unbedeutende Streitfragen wider einander verfechten, so gleichgültig bleiben die Leser dabei. Einen solchen Streit führten im Anfang des 14. Jahrh, der Gelehrte Heinrich von Meißen, genannt Frauen- lob, und der Schmied Barthol. Regenbogen. Jener, den im Jahr 1317 die Frauen in Mainz begraben haben sollen, ist eben so dunkel, schwülstig und über- schwenglich, wie dieser einfach, schlicht und natürlich ist, und während jener die Poesie noch als Vorrecht der höhern Stände ansieht, leitet uns der ehrliche und gemüthliche Handwerker auf die Meistersänger, in deren Hände die lyrische Poesie im 15. Jahrh, überging. Im Anfang der 14. Jahrh, ließ der Zürcher Rathsherr Rüdger von Manesse die Gedichte von 136 Minnesängern sammeln; sie finden sich in einem schön geschriebenen mit Zeich- nungen versehenen Pcrgamcnt-Coder; doch wurde die Sammlung in unsern Tagen durch van der Hagen sehr vermehrt. 3. Das deutsche Volks-Epos. §. 14. Nibelungen, (c. 1210) Zu einer Zeit, wo die Minne die ganze Dichtung beherrschte, erhielt unser altes National-Epos, die Nibelungen, seine letzte Ausbildung und seine heutige Gestalt, obschon es zu dem Minnegesang den reinsten Gegensatz bildet. Denn wie dieser durch Tiefe der Empfindung hervorragt, aber durch die Leerheit des Inhalts ermüdet, so ist das Nibelungenlied durch die Großartigkeit seines Stoffes und die inwohnende Kraft ausgezeichnet, leidet aber an Armuth der Sprache, an Unbeholfenheit in Versbau und Reim und an Roheit und Ungefügigkeit der Form. Eben so verschieden ist es von dem zu gleicher Zeit ausgebildeten höfischen Ritterepos, das seinen Stoff aus der Fremde zog. Denn während hier unnatürliche Verhältnisse durch die Kunst interessant gemacht werden, erregen dort die großartige Natur des Gegenstandes und die mächtigen Charaktere ohne alle Kunst unsere innigste Theilnahme. „Im Nibelungenliede stehen wir in einer Welt von Menschen, die nicht die Minne bewegt, sondern der Zwang der Verhältnisse, die nicht mit Chimären im Kampfe liegen, sondern mit dem Fatum, die nicht blind in Abenteuer stürzen, sondern in ein großartiges Verhängniß von einer außer ihnen liegenden Gewalt gestürzt werden." Das Nibelungenlied ist wie das Epos der Alten objectiv gehalten und keine Einmischung der Persönlichkeit des Dichters darin zu erkennen. Der Bearbeiter ist unbekannt; mit Unrecht hat man Heinrich von Ofterdingen dafür genommen. Inhalt: Siegfried von Niederlanden kommt mit einem glänzenden Gefolge nach Worms um die Kriemhilde, Schwester des Burgundenkönigs Günther, zu freien. Bei seinem Eintritt erzählt Hagen, Günthers Dicnstmann, die frühern Thaten Siegfrieds, daß er das Zwcrgge- schlecht der Nibelungen überwunden, einen reichen Schatz (Hort) nebst einem unsichtbar machen- den Gewände (Tarnkappe) erworben und einen Lindwurm erschlagen habe, durch dessen Fett, in dem er sich gewälzt, sein Körper hörnen und unverwundbar geworden. — Nach einiger Zeit will Günther um Brunhilde auf Jsenland werben, die, mit außerordentlicher Stärke begabt, jeden Freier, der ihr im Wettkampf unterliegt, todten läßt. Bei diesem Unternehmen unterstützt ihn Siegfried, der ihn als Dienstmann begleitet und vermtttelft seiner Tarnkappe und seiner über-

20. Bd. 1 - S. 788

1883 - Leipzig : Engelmann
788 Das Mittelalter. §. 435. rische Forschungen angeregt, den Nachweis versuchte, daß bad beutsche Nationalepos aus einer Vereinigung von zwanzig Volksliedern verschiedener Verfasser hervorgegangen, welche bnrch Sammler und Orbner verbunben, mit überleitenben Strophen ober Abschnitten und mit manchen unechten Stellen vermehrt worben seien, und aus diesem Gesichtspunkt die den kürzesten Text bietende Hohenemser Handschrift (A), dermalen in München, für die älteste und ursprünglichste, die ausführlicheren dagegen (die St. ©aller ß und die Laßberg'schel) für Überarbeitungen mit erweiternden Einschaltungen von neuen Strophen erklärte, schieden sich die Germanisten in zwei Heerlager. Während die Einen nach Lachmanns Vorbild, wenn auch mit einigen Abweichungen und Mobisicationen und mit immer mehr hervortretenben Bebenklichkeiten mehrerer Forscher gegen das kühne, mitunter gewaltsame kritische Verfahren des genialen Philologen, das ganze Epos als eine Zusammenstellung einzelner Volkslieber betrachten, bereu Sammler und Orbner ohne bichte-rische Bedeutung gewesen und auf Inhalt und Charakter der Dichtung keinen Einfluß geübt hätten, lassen Attbere, an ihrer Spitze A. Holtzmann, das Werk sogleich als ein Ganzes entstehen, doch auf Grund älterer mündlicher Sagen und Volkslieder, das dann im Lause der Zeit wieder Ueber-arbeitungen und Erweiterungen erfahren und namentlich in Sprache und Versbau sich nach den veränderten Gesetzen gerichtet habe, wobei aber dem Verfasser eigenes poetisches Schaffen zugestanden werden müsse. Nach dieser Auffassung hat die ausführlichere Handschrift (C) den größten Anspruch, als die ursprüngliche und echte zu gelten, wogegen die Münchener (A) nur als eine Verkürzung zu betrachten fei. Noch einen Schritt weiter geht Franz Pfeiffer, der hauptsächlich auf Grund der kunstreichen strophischen Gliederung, da zu jener Zeit kein Dichter die Strophenform eines aixbern entlehnt, sondern nur in eigenen „Tönen" gedichtet habe, dem österreichischen Dichter Kürenberger die letzte Abfassung (<-- 1190) nach Volksüberlieferungen und Liedern und mit Benutzung einer älteren lateinischen Bearbeitung des deutschen Volksepos beilegen will, dabei aber meint, „die epische Anordnung und Ausführung, die Schilderung und Grnppiruug des Einzelnen, der rasche, unaufhaltsame Fortschritt im Ganzen, die Motivirung und Psychologische Begründung, die meisterhafte Zerchnung und Durchführung der Charaktere, kurz alles das, was das Nibelungenlieb zu dem poetischen Kunstwerk erhebt, als welches wir es bewundern", müsse dem beutscheu Dichter, der sich in der Person des Volkes selbst gezeichnet habe, als volles freies Eigenthum zugeschrieben werben. Die Resultate seiner Untersuchung saßt er in solgenben Worten zusammen: „Die Nibelungenstrophe ist nicht das Probuct des schaffenden Volksgeistes, ist kein Nationaleigen-ttium, fonbern das Kunstwerk einer bestimmten Person. Der Erfinder der Strophe ist auch der Dichter des Liedes. Dieser ist der Kürenberger, dessen Heimath Oberösterreich, dessen Hanptqnelle ein lateinisches Buch war. Der Kürenberger ist wie der älteste lyrische, so auch der erste höfische Dichter adeligen Standes, er ist der Schöpfer des volksmäßigen strophischen Epos und zugleich der größte epische Dichter unseres Volkes. Sein Werk ist die erste herrliche Frucht der Betheiligung des Ritterstandes an der Poesie. Von ihm hat die nationale Epik für alle Zukunft Form und Gehalt, Richtung und Ziel empfangen." Dieser Ansicht trat auch im Allgemeinen K. Bartsch bei, nur daß er im Laufe des zwölften Jahrhnnberts eine wiederholte Umarbeitung annimmt, in welcher, den gesteigerten Ansprüchen der Zeit an größere poetische Gebundenheit und Formvollendung entsprechend, die alte freiere Assonanzform allmählich verschwunden und ein regelmäßiger Reim und die Strophenform an die Stelle getreten fei. «udrmi. tz. 435. Kudruu. Auch die „Nebensonne" der Nibelungen, die Kndrnn, ist aus Volksüberlieferungen und Volksliedern, die iftter den seefahrenden Küsten- und Inselbewohnern der Nordsee, von Dänemark und Friesland bis nach Island und der Normandie von Geschlecht zu Geschlecht fortlebten, und aus ältern Bearbeitungen der Nordlandssagen hervorgegangen, hat aber einen geschickteren „Zusammenfüger" gesunden. Nicht ganz mit Unrecht hat man die Kudrun die deutsche Odyssee, die Nibelungen die deutsche Ilias genannt. Nicht nur, daß der Schauplatz der Handlungen, dort das Meer mit seinen Gestaden und Eilanden, hier das Land, einen solchen Vergleich nahe führt; auch die größere Einheit des Erzählnngsstoffes und die kunstmäßigere Verarbeitung der einzelnen Sagen und Lieder zu einem zusammenhängenden Ganzen hat die deutsche Dichtung mit der griechischen gemein. „Poetischer Ausdruck, sprachliche Gewandtheit, Reichthum der Gedanken, der,Wendungen, der Reime, alles was formell ein Gedicht auszeichnen kann, sind vorzüglicher als in den Nibelungen. Die Erzählung ist lebendiger, die Charaktere sind theilweise noch fester gezeichnet, wenn auch nicht so großartig entworfen. Das Gedicht stellt sich so in eine eigenthümliche Mitte zwischen Kunst- und Volksepos." Wie in den Nibelungen die eheliche Treue