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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 134

1894 - Dresden : Ehlermann
134 Napoleons Weltherrschaft. — § 44. Geistesleben im ersten Zeitraum. § 44. Das deutsche Geistesleben im ersten (dritten) Zeitraum. I. Geistesströmungen des Revolutionszeitalters. Die revolutionäre Strömung erfasst am heftigsten die Rheinlande und führt dort unter Aufgabe des Nationalgefühls zur Erhitzung der Köpfe (die Klubisten von Mainz); im übrigen Deutschland werden die weiteren Kreise weniger von ihr berührt. Die grossen Gedanken der Revolution finden zwar bei den bevorzugteren Geistern der Nation Wiederhall, doch wenden sich diese nach den Schreckensthaten mit Abscheu von den durch sie hervorgerufenen Bewegungen ab. Klopstock feiert die Anfänge der Revolution (die etats generaux, Ludwig Xvi. u. a.), bekennt aber später seinen „Irrtum“. Schiller, in dessen Don Carlos noch die amerikanischen Ideen der „Menschenrechte“ den Grundton bilden, sieht kein Gedeihen der Wohlfahrt bei Selbstbefreiung der Völker (Glocke). Goethe, der sich zwar auch von den bewegenden Gedanken der Freiheit und Gleichheit das Herz erheben lässt (Hermann und Dorothea), sucht sich, innerlichst abgestossen, „ganz aus dem Geist der Zeit herauszusetzen“ und vertieft sich in naturwissenschaftliche Studien. (Vgl. übrigens die Lustspiele „der Grosskophta“, der „Bürger general“ und seine „Campagne in Frankreich“). (Über die Ausgestaltung des Humanitätsideals s. § 21,1. z.) Ii. Die Klassiker. Die Zeit der ersten Revolutionsstürme ist die Denkerperiode Schillers (ästhetische Abhandlungen). 1794 dessen Freundschaftsbund mit Goethe. ! 7gg—1804 die Schöpfungszeit seiner unsterblichen Dramen. Sein „Wilhelm Teil“, ein Freiheitslied, in trüber Zeit durch den Gedanken der Befreiung die Herzen erhebend und später bei Beginn der Erhebung zum Kampfe begeisternd. Von Goethe aus dieser Zeit Hermann und Dorothea, Arbeit am Faust. Gleichzeitig die klassischen Musikwerke von Haydn (Schöpfung), Mozart (Titus, Zauberflöte; Requiem) und Beethoven (die 3. Symphonie „Eroica“, ursprünglich Napoleon gewidmet). Iii. Die Romantiker setzen der nüchternen „Aufklärung“ die unmittelbare Offenbarung des Gemütes, dem klassischen Ideal das mittelalterliche der Hingabe des Gemütes

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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 105

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 103. Deutsches Geistesleben im 18. Jahrhundert. 105 (1773) und der Roman „die Leiden des jungen Werther" (1774). Es waren Produkte der „Sturm- und Drangperiode", d. i. jener etwa die Jahre 1770—1785 umfassenden Zeit, in welcher die jungen Dichter, von einer eigenartigen Gärung ergriffen und hingerissen, die Regeln und Gesetze der Überlieferung abstreiften, als „Kraftgenies" die engen Schranken der Sitte und Gesellschaft durchbrachen und das Recht der freien, uneingeschränkten Entfaltung der Persönlichkeit forderten. Ein wichtiger Abschnitt im Leben Goethes begann 1775. Der eben mündig gewordene Herzog Karl August von Sachsen-Weimar berief den Dichter, den er in Frankfurt keimen und schätzen gelernt hatte, nach Weimar. Er fand Aufnahme in den geistreichen Kreis, zu welchem die kunstsinnige Herzogin-Mutter Amalie, das Fürstenpaar, Wieland (Erzieher des Herzogs), seit 1776 Herder und seit 1799 Schiller gehörten. Goethe wurde Freund und vertrautester Ratgeber des Herzogs, vou diesem mit Ehren überhäuft und nach und nach mit den höchsten Staatsämtern bekleidet. Zwar nahmen Bernfsgeschäste, Hoffestlichkeiten und theatralische Aufführungen des Dichters Tätigkeit in Anspruch; er fand aber doch Zeit zu kleineren dichterischen Produktionen und zur Vorbereitung von Werken des tiefsten Gehaltes. 1786 trat er eine zweijährige Reise durch Italien an. Das Zauberland des Südens übte auf Geist, Gemüt und die Kunstanschauungen des Dichters einen so tiefgehenden Einfluß aus, daß er selbst seinen dortigen Aufenthalt die Zeit seiner geistigen Wiedergeburt nennt. Er gewann hier ein Verständnis der griechischen Kunst; infolgedessen wandte er sich ab von den formlosen Produkten der Sturm- und Drangperiode und erblickte das wahre Prinzip der Kunst „in der klassischen Idealität, welche den edelsten Gehalt in die vollendetste Form zu kleiden suchte". Es erschienen nun rasch nach einander einige seiner reifsten Werke: Iphigenie in Tauris, Egmont, Torquato Taf so. 1794 erfolgte Goethes Annäherung an Schiller. Obwohl sich die beiden Dichter durch ihre Betrachtungsweise unterschieden (Goethe Realist, Schiller Idealist), so umschlang sie doch bald ein Band ausrichtiger Freundschaft, das nur durch den Tod gelöst werden konnte. Neues Leben grünte und blühte in Goethes Seele empor. Eine Frucht desselben war das epische Meisterwerk: „Hermann und Dorothea" (1797), worin in Anlehnung an einen welthistorischen Vorgang (Französische Revolution) ein anziehendes Bild des biederen deutschen Familienlebens gezeichnet wird. — Der Tod Schillers (1805) übte eine erschütternde Wirkung aus den Freund. Nur langsam erhob er sich vom Schmerz. In den folgenden 27 Jahren seines Lebens aber entsaftete er noch eine überaus reiche dichterische Tätigkeit. Es er- b. Zweite Dichterperiode 1775-1794. c. Goethe im Verkehr mit Schiller 1794—1805. ct. Goethes Alter 1805—1832.

2. Geschichte der Neuzeit - S. 87

1902 - München [u.a.] : Franz
Häusliches und gesellschaftliches Leben. o/ Trotz des allbeherrschenden französischen Geschmackes wies das Einfluß und Frauenleben in Deutschland doch nicht solch düstere Schattenseiten Stellung der auf wie in Frankreich, Italien und England. Eine stattliche Anzahl ö'muell von vaterländisch gesinnten Frauen, die durch ihre Geistes- und Herzensbildung sowie durch häusliche Tüchtigkeit hervorragten, wirkte durch ihre Anregungen kräftig mit zur Befreiung des deutschen Geisteslebens vom fremdländischen Joche und übten einen nachhaltigen edlen Einfluß auf die gelehrten Vorkämpfer auf literarischem Gebiete und auf unsere Klassiker, die ihrerseits wiederum in ihren Werken ein solch hohes Ideal der Weiblichkeit schufen, daß dadurch die Stellung der deutschen Frau gehoben werden mußte. So glänzte Frau Gottsched, die Gattin des bekannten Leipziger Frau Literatnrprofeffors, nicht nur als Vorbild einer bescheidenen, ehr- Gottsched, saniert, echt deutschen Hausfrau, sondern auch als gelehrte und geistvolle Schriftstellerin, die durch ihre Übersetzungen, Abhandlungen und Dichtungen (auch Trauer- und Lustspiele) die Reformarbeit ihres Gemahles als unermüdliche Mitarbeiterin erfolgreich unterstützte. — Ernestine Voß. die Gemahlin des Dichters Joh. Heinr. Ernestine Voß. Voß, des Homer-Übersetzers, „war eine der edelsten Frauen Deutschlands, vou denen die Literatur Knude gibt". In sorgenvoller Zeit war sie ihrem Gatten eine treue, aufopferungsfreudige Lebensgefährtin, in schwerer Krankheit ein heldenmütiges Weib, ihren Kindern eine allzeit fürforgeude Mutter, im Haushalten sparsam und fleißig, verständnisvoll und immer anregend bei ihres Mannes dichterischem Schaffen. — Welch bestimmenden Einfluß Goethes w«autfl Mutter auf ihren genialen Sohn ausgeübt, wie sie auf fein Gemüt a De eingewirkt und feine Phantasie geweckt hat, das bezeugt der Dichterfürst selbst in den Worten, daß er „Vom Mütterchen die Froh-natur — Und Lust zu fabulieren" habe, das bezeugt die Verherrlichung feiner Mutter in der Darstellung der „Elisabeth" im „Götz von Berlichingen" und der „Mutter" in „Hermann und Dorothea". Die Frau Rat Goethe, die Wieland „die Königin aller Weiber und die Krone ihres Geschlechts" nennt, wurde von Königen und Fürsten (Königin Luise, Anna Amalia) geehrt, von allen geliebt, Goethes und ihr Name wird fortleben im Gedächtnis und Herzen des Freundinnen, deutschen Volkes. — Auch Goethes Freundinnen, namentlich aber Frau Frau von Stein trugen nicht unwesentlich zu seiner künstlerischen tion Stein. Entwicklung bei. — Nicht weniger eindrucksvoll war der Einfluß, Schillers den Schillers Mutter x) durch ihre echte, warme Frömmigkeit und Mutter, seine ihr tiefes, sinniges Gemüt aus das Geistes- und Seelenleben ^^^innen ihres Sohnes, des gefeierten Lieblingsdichters unseres Volkes, von ßolte frühester Jugend an nahm. Später standen feine Gemahlin Lotte und, Karoline von Lengeseld, deren Schwester Karoline und Charlotte von von Lengefeld *) Lies Ed. Mörikes Gedicht „Aus das Grab von Schillers Mutter".

3. Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 102

1903 - München : Oldenbourg
102 100. Deutsche Dichtung. 3. Anfnge der romantischen Kunstrichtung. Eine tiefere Wirkung als durch sein Beispiel rief der Napoleonische Geist durch die starke Abneigung hervor, welche sich ihm gegenber namentlich in Deutschland geltend machte. Die wiedererwachte Liebe zur Heimat und ein schwrmerisches Zurcksehnen in eine glaubensvolle Vergangenheit lieen das Bild der romanischen und gotischen Zeit in neuer Verklrung sehen und lenkten die Kunstttigkeit auf die lange verlassenen mittelalterlichen Bahnen zurck. Diese romantische" Richtung wurde zuerst in der Dichtung allbeherrschend (vgl. S. 103, 1), ging aber in der Folge auch in der Bildenden Kunst als Neugotik neben der vervollkommneten klassischen Richtung einher. 100. Deutsche Dichtung. I. Fortsetzung der klassischen Richtung. 1. Schiller (bis 1805). Seit 1789 wirkte Schiller als Geschichtsprofessor an der Universitt Jena. Historische und sthetische Studien lenkten seine Ttigkeit auf diejenigen Gebiete zurck, in welchen der edelsinnige Dichter das Hchste erreichen sollte: auf die Ballade und das historische Trauer-spiel. Mit Goethe fortan in inniger Freundschaft verbunden, schuf er 17971799 nicht blo die meisten seiner Balladen und das unbertreffliche Lied von der Glocke" sondern auch die groe, dreiteilige Tragdie Wallen-stein". Nach bereit Fertigstellung nahm er seinen Wohnsitz in Weimar (1799). Von da an brachte sein unermdlicher Geist in rascher Folge jene Schpfungen hervor, durch welche unser klassisches Drama zur Hhe der Vollendung gefhrt wurde: Maria Stuart" 1800, Die Jungfrau von Orleans" 1801, Die Braut von Messina" 1803, Wilhelm Tell" 1804. der der Bearbeitung der Tragdie Demetrius" raffte den krnkelnden Dichter, der in mehreren feiner letzten Werke an die deutscheu Völker ahnnngs-volle patriotische Mahnrufe gerichtet hatte, der Tod hinweg (am 9. Mai 1805). 2. Goethe (bis 1832). Whrend der ersten Jahre der Revolution hatte Goethe in einigen dramatischen Versuchen mehr seinem Widerwillen als seiner Teilnahme fr die neuesten Ereignisse Ausdruck gegeben. Eine befriedigendere Beschftigung fand er in der Umdichtung des mittelalterlichen Rehtefe Fuchs" (1794). Erst die Freundschaft mit Schiller regte Goethe zu neuem Schaffen an. In gehobener Stimmung dichtete er 1797 das heimatliche Epos Hermann und Dorothea", in welchem der berwallenden Leidenschaft des Nachbarvolkes die ehrenwerte Festigkeit des deutschen Brgertums entgegengestellt wird; ungefhr zu gleicher Zeit erschienen Balladen und Romanzen, dazu der Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre". Durch den Verlust des ebenbrtigen Freundes fhlte sich Goethe beraus schwer betroffen (Epilog zu Schillers Glocke", zum Zweck einer ehrenden

4. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. VII

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
Zilljaltslierzeicljnis. Achter Zeitraum. Das Zeitalter Friedrichs des Großen. Erster Abschnitt: Politische Übersicht. Der erste und zweite schlesische Krieg Seite 1. — Der dritte schlesische oder der siebenjährige Krieg 2. — Friedrichs d. G. Friedenszeit 5. Zweiter Abschnitt. Die innere Entwickelung Preußens unter Friedrich d. Gr. und der Einflnsz des groszen Königs auf die deutschen Verhältnisse. Friedrichs d. Gr. Regierungsantritt 6. — Die Bedeutung des siebenjährigen Krieges für Preußen 9. — Friedrichs d. Gr. Friedensthätigkeit 11. — Friedrich d. Gr. als Reichsfürst und König 27. Dritter Abschnitt: Die grofze Kaiserin und ihr Sohn. Kulturarbeit Maria Theresias 33. — Josephs Ii. Reformen 39. Vierter Abschnitt: Kaiser und Reich im Zeitalter Friedrichs d. Gr. Die Stände des alten Reiches 44. — Der Kaiser 47. — Der Reichstag 49. — Das Reichskammergericht 50. — Wehrlosigkeit 51. Fünfter Abschnitt: Bürger, Bauern und Soldaten des 18. Jahrhunderts. Bürgerliches Leben 52. — Das Leben der Bauern 66. — Das Soldatenleben 78. Sechster Abschnitt: Die deutsche Gesellschaft zur Zeit der Aufklärung. Die Sittenlosigkeit diefer Zeit 87. — Die Aufklärung 88. — Religiöses Leben 90. Das Schulwesen 91. — Der Orden der Jllümiuaten 92. — Die Rosenkreuzer 93. Siebenter Abschnitt: Die Aufklärung in Litteratur, Wissenschaft und Kunst. Die Litteratur im Zeitalter Friedrichs d. Gr. 94. — Die Geschichtsschreibung 99. Die Musik 101. — Die bildende Kunst 102. — Aus- und Vorblick 102? Neunter Zeitrau m. Deutschland in der ersten Hälfte des J9- Jahrhunderts. Erster Abschnitt: Politische Übersicht. Der Kamps gegen die französische Revolution 104. — Deutschlands Fall 106. — Deutschlands Auferstehung 108. Der Freiheitskrieg 109. — Von Napoleons Sturze bis zur Märzrevolutiou 111. Von der Märzrevolutiou bis zum Tode Friedrich Wilhelms Iv. 113. Zweiter Abschnitt: Die klassische Blütezeit des deutschen Geisteslebens. Revolutionäre Einflüsse und Stimmungen 115. — Französisches Schalten über die linksrheinischen Lande 117. Goethe und Schiller 120. — Kant und Fichte 128. — Pestalozzi 130. — Umschwung in der Philosophie 132. — Humane Bestrebungen auf kirchlichem Gebiete 134. — Die klassische Musik 135. — Handwerk und Industrie 137. Dritter Abschnitt: Die staatlichen und militärischen Reformen in Prenszen. Staatliche Reformen: Freiherr von und zum Stein, Hardenberg 138. — Reformen der Gesellschaft: Fichte, Schleiermacher, E. M. Arndt 151. — Die militärischen Reformen: Scharnhorst, Gneifenan 155.

5. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 78

1894 - Dresden : Ehlermann
78 § 25. Geistesleben in Deutschland. unverfälschten Natur stellt Haller in seinen „Alpen“ auf. In dem Kampf der Leipziger und Schweizer trägt über die Geschmackspoesie eines Gottsched die Poesie der Phantasie und des Gemütes, wie sie Bodmer und Breit in ge r wollen, den Sieg davon. Iii. Dritte Stufe. Das „Friedericianische Zeitalter“! Einwirkung der Aufklärungsgedanken s. § 21, I., 3. Friedrich weckt mit seinen Thaten die Geister, giebt den Vorstellungen und Gedanken seines Volkes einen grossen geschichtlichen Inhalt und beseelt die Gemüter durch das Gefühl des Grossen und Erhabenen. Sein Einfluss selbst da erkennbar, wo er eher hemmend zu wirken scheint. 1) Vaterlandsliebe. Abgeblasstes Weltbürgertum unter Einwirkung der Aufklärungsgedanken (Schillers Don Carlos). Lessings herber Anspruch: „Die Deutschen sind noch keine Nation“. Dennoch Erwachen des Nationalgefühls ! Klopstock singt schwungvolle Lieder zum Preise des (freilich idealen) Vaterlandes. Vaterländischer Sinn im engeren Vaterlande Preussen. Auftreten Preussischer Dichter wie Gleim und Ramie r. Ein Lessing, der unentwegte Vorkämpfer gegen das Franzosen-tum der Bühne, schreibt Minna v. Barnhelm, ein echt preussisches Stück. 2) Litteratur und Ivunst. Insbesondere zwei treibende Mächte erkennbar, a) Das Rousseausche Natur ideal. Klopstocks Darstellungen der urgermani-schen Zeit. Dessen Nachwirkung im „Hainbund“ (Hölty, die beiden Stolberg, Bürger, Claudius, Voss’ Luise). Herder geht der Natur in Leben, Dichtung und Anschauungen des Volkes nach (Herausgabe der Volkslieder) und regt die jüngeren Geister mächtig an. Eine Gärung bemächtigt sich dieser — die sogenannte Sturm- und Drangperiode _ aus der die edelsten Geister geläutert hervorgehen, b) Das Griechentum (Vgl. § 21, I, 3)- Goethes klassische Periode (Iphigenie, Egmont, Tasso Früchte seiner italienischen Reise 1786— 1788). Das Friedericianische Zeitalter die Entwickelungszeit unserer klassischen Litteratur. Drei Dichter- und Denkerpaare: 1) Klopstock, der schwungvolle Sänger des Un- endlichen und Übersinnlichen, und Wieland, der gefällige Dichter des Endlichen und Sinnlichen. 2) Lessing, der feinsinnige Kritiker dichterischer Form, und Herder, der tiefsinnige Beurteiler dichterischen Inhalts. 3) Goethe, dei naive, und Schiller, der sentimentalische Dichter.

6. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 107

1910 - Paderborn : Schöningh
Die Französische Revolution. 107 Gewaltige Erschütterungen und furchtbares Elend hatten die Revolutionsjahre über Frankreich gebracht. Die Schwäche und Unentschlossenheit des Königs, die Selbstsucht der bevorrechteten Stände und die Schwäche des Mittelstandes hatten alle politische Macht für-längere Zeit in die Hände des Pöbels gebracht, der sie in wüster Zügellosigkeit mißbrauchte, das Königtum vernichtete und über deu Leichen von vielen Tausenden, Unschuldigen und Schuldigen, eine Republik begründete, die aber bald in einem despotischen Kaisertum enden sollte. Napoleon I. wurde der Erbe der Revolution. Wenn aber auch Napoleon durch den Staatsstreich von 1799 der Revolution und ihren ersten Errungenschaften ein jähes Ende bereitete, wenn er auch die französische Macht seinen Welteroberungsplünen dienstbar machte, so hat die Revolution doch für Frankreich Folgen gehabt, die auch ein Napoleon nicht wegwischen konnte: der Lehnsstaat mit seinen Standesunterschieden war dahin; die Gleichheit aller Staatsmitglieder vor dem Gesetze, gleichmäßige Besteuerung, Handels- und Gewerbefreiheit waren erreicht. Der bürgerliche Mittelstand bildete fortan die Grundlage der Gesellschaft und des Staates. Doch nicht nur für Frankreich sollte die Revolution unverwischbare Folgen haben. Ihr Einfluß aus sämtliche europäische Staaten ist unverkennbar; die durch sie begründete Entwicklung ist heute noch nicht abgeschlossen. In Deutschland, wo mit dem Geiste der Aufklärung auch die ^jdeen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Eingang gefunden hatten, erregte die beginnende Revolution einen Sturm der Begeisterung (vgl. Goethes „Hermann und Dorothea" Vi. Gesang), der jedoch bei den revolutionären Greueln dem Abscheu wich. Die durch die Revolution entzündeten Kriege (s. u.) gestalteten die Staatsverhältnisse Deutschlands um: die lebensfähigen größeren Territorien wurden neu gekräftigt und sogen die kleineren Länder in sich auf. Der führende Stand wurde allmählich auch in Deutschland das Bürgertum, und der Gedanke der politischen Gleichstellung aller Staatsangehörigen wurde in der Revolution geboren. In dieser folgenschweren Bewegung wurden die großen Fragen gestellt, die die Entwicklung des 19. Jahrhunderts beherrschen: das Streben der Bürger nach der Anteilnahme an der Regierung, die Ablösung der absolutistischen durch die konstitutionelle Monarchie, die Beseitigung aller Feudallasten, die Einführung der Selbstverwaltung, die Befreiung der Arbeit, nicht zuletzt auch das Streben nach nationaler Einheit und politischer Freiheit; sie alle gehen in ihren Anfängen auf die Französische Revolution zurück.

7. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ausbruch des Weltkrieges - S. 75

1918 - Erlangen [u.a.] : Deichert
104. Deutsches Geistesleben im 18. Jahrhundert. 75 Drangperiode", d. i. jener die Jahre 17701785 umfassenden Zeit, in welcher die jungen Dichter die Regeln und Gesetze der ber-lieferung abstreiften, als Kraftgenies" die engen Schranken der Sitte und Gesellschaft durchbrachen und das Recht der freien, uneinge-schrnkten Entfaltung der Persnlichkeit forderten. 1775 durch den Herzog Karl August nach Weimar berufen, unternahm er 1786 eine zweijhrige Reise nach Italien. Infolge der dabei gewonnenen Eindrcke wandte er sich von den formlosen Pro-duften der Sturm- und Drangperiode ab und erblickte das wahre Prinzip der Kunst in der klassischen Idealitt, welche den edelsten Gehalt in die vollendetste Form zu kleiden suchte". Es erschienen nun einige seiner reifsten Werke: Iphigenie in Tauris, Egmont, Torquato Tafso. Die 1794 erfolgte Annherung an Schiller und die Freundschaft mit diesem spornte Goethe zu neuer dichterischer Ttigkeit an. Eine Frucht derselben war das epische Meisterwerk Hermann und Dorothea" (1797), worin in Anlehnung an einen Welt-historischen Vorgang (Franzsische Revolution) ein anziehendes Bild des biederen deutschen Familienlebens gezeichnet wird. Nach dem Tode Schillers erschienen u. a. noch der erste Teil der Tragdie Faust" (1808), der Roman Die Wahlverwandtschaften" (1809), die Selbstbiographie Dichtung und Wahrheit" (1811), der zweite Teil des Faust" (1831). Am 22. Mrz 1832 schlo Deutschland grter Dichter die Augen. Goethe schilderte in seinen Werken Selbsterlebtes, Selbstempfundenes; er nannte selbst seine Gedichte Bruchstcke einer groen Konfession". Friedrich Schiller (geb. 1759 in Marbach, gest. 1805 in Schiller. Weimar). Die von heiem Verlangen nach Freiheit und Ungebunden-heit erfllten Dichtungen der Sturm- und Drangzeit (Gtz von Berlichingen, Werthers Leiben usw.), ferner Klopstocks Messias und die Shakespeareschen Dramen weckten sein Talent fr die bramatische Poesie und spornten ihn zu den ersten Versuchen an. Es erschienen Die Ruber" (1781), Die Verschwrung des Fiesko M Genua" (1783), Kabale und Liebe" (1784), Don Carlos (1787), in welchen Stcken er die trum- und krankhafte Gebanken-unb Empfinbuugssphre der Strmer und Drnger" offenbarte. Nachbem Schiller durch Goethes Vermittlung eine Professur der Geschichte an der Universitt Jena erhalten hatte (1789), wanbte er sich mit Eifer historischen und philosophischen (Kant) Stubien zu. Seine historischen Arbeiten (Geschichte des Dreiigjhrigen Krieges"), die sich alle durch kunstvolle Darstellung und Reichtum der Jbeen auszeichnen, wrben ihm zur Vorbereitung fr herrliche Ballaben (Der Hanbschuh", Der Ring des Polykrates", Der Taucher", Die

8. Geschichte des deutschen Volkes - S. 320

1867 - Berlin : Vahlen
320 Deutsche Dichtung und Wissenschaft. § 532—533. uyd aller Zeiten erschloß, und demselben jenen vorurtheilsfreien Allgemeinblick gab, der uns seitdem vor allen anderen Völkern der Erde eigen ist. — Doch waren es Süddeutsche, Kinder des alten fränkischen (§ 124.) und schwäbischen (§ 149.) Stammes, die die deutsche Poesie zur Vollendung führen sollten. Schon früher hatte Wieland (1733—1813) der Dichter des Oberon, geboren zu Biberach in Schwaben, französischen und antiken Vorbildern folgend, mit Heiterkeit, Witz und Anmuth den noch immer schwerfälligen deutschen Geist zu beleben gewußt. Den höchsten Gipfel des Schönen aber gewann I. Wolfgang Göthe (geb. zu Frankfurt a. M. 28. Aug. 1749, gest. zu Weimar 1832) gleich durch seine ersten Werke, Götz von Berlichingen und Werther. Sein herrliches Vorbild riß die ganze damalige dichterische Jugend mit fort, und von ihm geleitet, begann in der sogenannten Sturm- und Drangperiode unserer Litratur (zwischen 1770 und 1785) ein so gewaltiger geistiger Umschwung, wie ihn etwa zwei Jahr- zehnte später die französische Revolution auf staatlichem Gebiete hervorbrachte. Göthe'n strömte die Fülle deutscher Innigkeit in seinen Liedern und Balladen, die ganze Tiefe deutschen Denkens und Sinnens in seinem Faust, der ganze Reichthum freier Lebensanschauung in seinen Romanen (Wilhelm Meisters Lehr- jahre, Wahlverwandtschaften rc.) und in seiner Selbstbiographie (Wahrheit und Dichtung); und als seine italienische Reise ihn mit dem südlichen Himmel und den ehrwürdigen Resten alter Kunst bekannt gemacht hatte, prägte er auch jene klassische Vollendung der Form, die wir bei den Alten bewundern, seinen reifsten Werken (Jphigenia, Tasso, Hermann und Dorothea) auf. Reben diesen welt- umfassenden Geist, zu dem bald alle Nationen als zu dem größten Dichter der Neuzeit aufblickten, trat der jüngere Gefährte, Schiller (geb. zu Marbach in Schwaben, 11. Nov. 1759, gest. zu Weimar 1805), der große Tragödien- Dichter der Deutschen (Wallenstein, Braut von Messina), der Sänger der Vater- landsliebe (Tell, Jungfrau von Orleans) und der Freiheit (Don Carlos.) Beide Männer in schöner Freundschaft zusammenwirkend, lebten in Weimar, wo- hin auch Herder, Wieland u. A. berufen waren, und das damals unter Karl August's großherziger Regierung eine Hauptstadt deutschen Geisteslebens ward. Neben ihr blühte verschwistert Jena, wo Fichte, *Schelling, Hegel, die großen Philosophen Deutschlands, nach einander gewirkt und gelehrt haben (zwischen 1795—1806). ß 533. So erreichte die deutsche Literatur am Ende des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Den Deutschen aber war sie mehr, als anderen Völkern die ihre: nicht bloß ein gerechter Stolz und eine Freude — sie ersetzte den Deut- schen vorläufig das gesammte Vaterland; sie bildete sie, freilich erst allmählig, zu einer Nation zusammen, schloß sie in eine geistige Einheit, die über die Grenzen des zerrissenen deutschen Reiches hinausging, und selbst die längst ab- getrennten Glieder desselben, die Niederlande und die Schweiz, ja die im fer- nen Osten, in Siebenbürgen und den baltischen Provinzen unter fremdem Scep- ter wohnenden Deutschen, wie die, welche jenseits des Oceans als fieißige Colo- nisten eine neue Stätte gegründet, — zu einem großen Gemeingefühl — „so weit die deutsche Zunge klingt" — fester und fester zusammenschmolz. Noch fehlte es dieser vorhandenen geistigen Einheit an rechtem Bewußtsein; aber die Zeiten kamen, wo diese Literatur, sowie die halbvergessene Religion, der einzige Trost, das letzte Kleinod der Deutschen blieb — der Nibelungenhort, der seiner Zeit erstehen sollte.

9. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 154

1894 - Dresden : Ehlermann
154 Zeit der Gärung. — 52. Geistesleben im zweiten Zeitraum. b) Der alternde Goethe spendet noch einige herrliche Gaben der Dichtkunst (Dichtung und Wahrheit, Westöstlicher Divan, 2. Teil des Faust); seine erhabenste Dichtung, der ,,Faust“, dringt tiefer in die Herzen der Nation. Die klassische Tragödie erreicht noch einen Höhepunkt in dem Österreicher Franz Grillparzer (Sappho, das goldene Vliess). c) Die Zeitereignisse spiegeln sich u. a. in den „Griechenliedern“ Wilhelm Müllers wieder. Der Zeitrichtung entspricht aber am meisten die romantische Gefühlsströmung. Die romantische Dichtung (s. § 44, Iii.) nimmt klassische Formen an bei Rückert und Uhland. Tondichter umweben mit ihren Weisen die tief empfundenen Lieder der Romantiker (Franz Schubert „Müllerlieder“, „Winterreise“ u. a., Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, (Komponisten vieler Eichendorffschen I exte; Karl Loewe, der Uhland der Musik; daneben Zelter, der Tondichter Goethescher Lieder). Die Melodien der romantischen Opern Karl Maria von Webers (Freischütz, Oberon) dringen bis in die untersten Volksschichten. Über die in romantischem Geiste schaffenden Meister bildender Kunst s. § 68. d) Darüber Gefahr des Versinkens in eine phantastische Traum- und Märchenwelt (Joseph von Eichendorffs „Leben eines Taugenichts“, E. T. A. Hoffmanns „Kater Murr“ mit seinem weitabgekehrten Kapellmeister Kreisler) und Abkehrung von der wirklichen Welt. Die romantische Anschauungs- und Gefühlswelt bietet den rückläufigen Lewegungen eine Stütze. Romantiker wie t riedrich Schlegel neben Gentz im Dienst der Machthaber! e) In der Philosophie ist nach dem Auftreten Fichtes, des Schülers Kants, und des unter Einfluss der Romantik stehenden Schell in g, der Mann der Zeit Hegel, der mit seiner Lehre, alles Seiende sei Ausfluss der göttlichen Vernunft, die bestehende Staatsordnung als vernünftig zu rechtfertigen schien. Ii. Die Zeit nach der Julirevolution. a) Umschwung der Denkart unter Abwendung von den romantischen Idealen bei vielen Geistern. Der Feuilletonist Börne und der Dichter manches tief empfundenen Liedes Heine üben zersetzende Kritik an den bestehenden Zuständen. Ihnen verwandt ist „das junge Deutschland (Gutzkow, Laube, Mund t).

10. Hilfsbuch für den Unterricht in der Deutschen Geschichte - S. 272

1896 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
272 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches. Pagne). Hier zeigte er großen Lerneifer und eine besondere Vorliebe für die Mathematik. Später besuchte er die Kriegsschule zu Paris; er verließ sie als Lieutenant der Artillerie. Teu Grund zu seinem Kriegsruhm legte er bei der Belagerung von Toulon, das sich gegen die Schreckensherrschaft aufgelehnt und eine englische Besatzung ausgenommen hatte. Unter seiner Leitung wurde die L-tadt erobert (1793). Zum Lohne dafür erhielt er von den Schreckensmännern, mit denen er in enger Verbindung stand, seine Ernennung zum General. Tie Gunst eines Mitgliedes des Direktoriums verschaffte ihm sodann die Gelegenheit, sich als Oberfeldherr in auswärtigen Kriegen auszuzeichnen. Nach seiner Rückkehr aus dem ägyptischen Feldzuge stürzte er mit Hilfe seiner Truppen das Direktorium und gab dem Lande eine neue Verfassung (1799). 8. Das Konsulat (1799—1804) und das Kaiserreich (1804—1814). Bonaparte selbst wurde Erster Konsul. Unter diesem republikanischen Namen vereinigte er die Macht eines unumschränkten Monarchen in seiner Person. Seine Hauptstütze war das Heer, dessen Offiziere er ernannte und ohne Rücksicht auf die Geburt nach ihrer Tüchtigkeit beförderte. („Jeder französische Soldat trug den Marschallstab in seinem Tornister.") Die Beamten, die er ebenfalls selbst ernannte, waren nichts als dienstwillige Werkzeuge ihres Herrn. Das alte Zauberwort Freiheit hatte feine Kraft verloren; Bonaparte gab dem französischen Volke ein neues: Kriegs rühm (gloire). Bis zu seinem eigenen Sturze (1815) hat der außergewöhnlich begabte, aber ehrsüchtige, herz- und gewissenlose Mann die Franzosen von einem Krieg in den andern getrieben. Das Konsulat war nur die Vorstufe zum Kaisertum. Am 2. Dezember 1804 setzte der Korse sich in der Notre-Dame-Kirche die Krone auf, und Papst Pius Vii. erteilte dem neuen Herrscher, welcher dem Staate die Ordnung und der Kirche den Frieden wiedergegeben hatte, die kirchliche Salbung. So wurde aus dem Konsul Bonaparte Napoleon I., Kaiser der Franzosen. 9. Die Rückwirkung der Revolution ans Deutschland bis zur französischen Kriegserklärung. Die ersten Thaten der Revolution fanben in Deutfchlanb, befonbers an der Westgrenze, freubigen Wieberhall1. Namentlich würde die Einnahme der Bastille mit Jubel begrüßt, weil man barin den Sturz der unumschränkten Fürstengewalt berfinnbilbet sah. Bald nach biesem Ereignis trafen die ersten Emigranten auf beutfchern Boben ein. Koblenz, die Resibenz des Kurfürsten von Trier, würde das Hauptquartier des „auswärtigen Frankreich"; an besten Spitze staub der Graf von Artois, Lubwigs Xvi. Bruder, welcher mit Hilfe des Auslanbes die alten Zustänbe in Frankreich gewaltsam wieberherstellen wollte. Das Treiben der Emigranten gab der französischen Regierung Anlaß zu Beschwerben beim Deutschen Reiche. Andrerseits erregten die Beschlüsse des 4. August großen Unwillen bei zahlreichen deutschen 1 Vgl. Goethes „Hermann und Dorothea" Vi, 6 ff., besonders Vers 20: „Und wir waren zuerst als Nachbarn lebhaft entzündet."

11. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 110

1910 - Berlin : Singer
— 110 — schen Scheins verwirklichen, aber es zeigte sich nun sofort, daß sich dieses Reich wirklich nur auf einige auserlesene Kreise beschränkte. Obgleich die Horen die ersten literarischen Kräfte für sich gewonnen hatten, neben Goethe und Schiller auch Männer wie Fichte und Herder, so fielen sie doch beim großen Publikum gänzlich ab und mußten schon nach drei Jahren eingehen. Was Lassalle zu seiner Zeit von der bürgerlichen Klasse in Deutschland sagte, daß nämlich ihre großen Dichter und Denker wie die Kraniche über sie dahingeflogen seien, das gilt schon für die Zeit, wo Goethe und Schiller ihre Meisterwerke schufen. Sie vereinigten sich dann zu dem Tenien-kampse, durch den sie ein vernichtendes Strafgericht über das literarische Elend in Deutschland abhielten. Nach diesem tollen Wagstück, wie Goethe sagte, wollten sie sich nur großer und würdiger Kunstwerke befleißigen; es folgte ihr Wettkampf in der Balladendichtung, und dann trat Goethe mit seinem herrlichen Epos Hermann und Dorothea, Schiller mit seiner gewaltigen Tragödie Wallenstein hervor. Goethes Gedicht verschmolz in vollendeter Weise antike Form mit modernem Geiste. Mitten hinein in die kleinbürgerlichen Kreise, die nun doch einmal seit Jahrhunderten den Schwerpunkt des deutschen Lebens gebildet hatten, schritt der Dichter, und was er aus ihnen schöpfte, war die schlichte, die unversiegliche Kraft, die in aller Not und allem Wirrfal der Zeit den deutschen Namen für eine große Zukunft rettete. Schiller aber schuf sein dramatisches Meisterwerk im Wallenstein. Er wollte damit, die alte Bahn verlassend, aus des Bürgerlebens engem Kreis auf einen höheren Schauplatz gelangen. Man mag darüber streiten, ob Wallenstein wirklich auf einem höheren Schauplatze spielt als Kabale und Liebe; eine bürgerliche Dramatik, die sich wurzelecht entwickelt und verzweigt hätte, wäre leicht aller historischen Dramatik überlegen gewesen. Aber Schiller hatte am eigenen Leibe erfahren, wie sehr in Deutschland die sachlichen Vorbedingungen fehlten, das bürgerliche Drama auf eine klassische Höhe zu erheben. Da sich eine Erneuerung des deutschen Lebens nur dadurch vollzog, daß europäische Kriege über seine Grenzen hereinbrachen, so brachte Schiller große historische Kämpfe auf die Bretter, die nach seinem eigenen Wort die Welt bedeuteten. Die oft gehörte.anficht, daß Schiller im Wallenstein ein Bild Napoleons habe geben wollen, trifft nicht zu; zu der Zeit, wo er dieses Drama schuf, war der General Bonaparte noch ganz unbekannt. Nichts lag dem Dichter ferner, als die

12. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 115

1905 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Di. Die Befreiungskriege 1813 —1815. 115 und Ludwigs van Beethoven. Was Wien für die Musik war, wurde Weimar für die Dichtung. Jedoch das Sichversenken in die reine Welt der Ideen führte zum Weltbürgertum und, zumal unter dem Einfluß der durch Winckelmann, Lessing und Friedr. Aug. Wolf neu belebten klassischen Studien1, zum Kultus der freien, großen, harmonisch entwickelten Persönlichkeit; so erklärt sich auch Goethes und Wielands Verhältnis zu Napoleon. Und doch blieb unsere Dichtung in ihrem Kern urdeutscli (Hermann und Dorothea, die Glocke, Wallenstein), pries der von Kants Ethik erfüllte Schiller in der Jungfrau von Orleans und im Teil die Vaterlands- und Freiheitsliebe, schenkte Goethe zur Zeit des tiefsten Falles unseres Volkes der Welt das Riesenwerk des Faust. Trotz ihrer Verirrungen hat die romantische Schule durch ihre Richtung auf das vaterländische Altertum den nationalen Sinn gestärkt und die historische Schule Mebuhrs und Savignys vorbereitet. Aber erst die Schmach der Fremdherrschaft machte es der Nation klar, daß nur im nationalen Staat das Heil sei und daß dessen Wiederaufrichtung volle Hingabe an ihn und große Opfer verlange. Das preußische Volk erfüllte sich mit heiligem Ernst; Joh. Gotti. Fichtes „Reden an die deutsche Nation“ (Winter 1807/8), Fr. Schleiermachers Predigten, E. M. Arndts Schrift „Vom Geist der Zeit“ machten mächtigen Eindruck. Der „Turnvater“ Ludwig Jahn bemühte sich, die Jugend für den erwarteten Freiheitskampf körperlich zu stählen. Ihren Mittelpunkt fanden diese Bestrebungen, die die geistige und sittliche Wiedergeburt des Volkes bezweckten, in der durch Wilhelm v. Humboldts rastlosen Eifer im Herbst 1810 eröffneten Universität zu Berlin. Hier lehrten Schleiermacher, de Wette; Savigny; Hufeland, Gräfe; Fichte, Böckh, Niebuhr. Und des Volkes Stimmungen fanden jetzt und später ihren Ausdruck in den Liedern E. M. Arndts, Th. Körners, Fr. Riickerts („Geharnischte Sonette“) und des „Kaiserheroldes“ Max v. Schenkendorf. 1) Daraus ergab sich aucli ein Gewinn für die seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. in tiefen Verfall geratene deutsche Malerei. In Raffael Mengs und Asmus Carstens kündigen sich die Vorläufer des Aufschwunges an. 8*

13. Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) - S. 138

1912 - München : Oldenbourg
138 Die Entwicklung der Französischen Revolution ac. 1795 unterstützten Royalistenaufstand, der aber auf Befehl des Konvents durch den 5. Okt. General Napoleon Bonaparte niedergeschlagen wurde. Damit konnte die Ordnung als wiederhergestellt gelten. Die Direktorialverfassung trat in Kraft und der Konvent löste sich auf. Napoleon Bonaparte, wahrscheinlich am 7. Januar 1768 zu Ajaccio auf Korsika geboren, war der Sohn eines dortigen Advokaten. Als ihn seine Eltern 1779 an die Kriegsschule zu Brieune (in der Champagne, a. d. Aube) bringen wollten, hätte er das zehnte Lebensjahr nicht überschritten haben sollen. Deshalb vertauschte man seine Geburtsangaben mit denen seines nächsten Bruders Joseph (geb. 15. August 1769). 1785 trat er als Artillerieoffizier in die Armee ein. Ohnehin ein eifriger Freund der Revolution, lenkte Napoleon vor Toulon (S. 136) durch seine geschickten Anordnungen die Aufmerksamkeit der Machthaber auf sich und wurde General. Der Sturz Robespierres machte Napoleon vorübergehend stellenlos, bis ihn Barras dem Konvent zur Niederwerfung des Royalistenaufstandes empfahl. Zum Lohn für den Sieg vom 5. Oktober erhielt der junge General den Oberbefehl über die französische Armee in Italien und vermählte sich kurz vor seiner Abreise zum Heere mit Josephine, der Witwe des hingerichteten Generals Beauharnais. — Napoleon zählt unter die bedeutendsten Feldherrn der Geschichte; auch als Staatsmann übertraf er die meisten seiner Zeitgenossen. Aber er wußte seinen glühenden Ehrgeiz und seine leidenschaftliche Ruhm- und Herrschsucht nicht zur rechten Zeit zu mäßigen. So überstiegen die von ihm in Angriff genommenen Unternehmungen schließlich feine Kraft und auf die glänzende Erhebung folgte ein tiefer Fall. Frankreichs auswärtige Beziehungen von 1792—1802 im Zusammenhang mit den inneren Vorgängen. Überblick. Die Entwicklung der französischen Revolution wurde allenthalben in Europa, besonders bei den Regierenden und Gebildeten, mit der größten Spannung verfolgt. Sollte doch hier zum ersten Male in einem europäischen Staate der Versuch gemacht werden, die Aufklärungsideen in ihrem vollen1) Umfang zu verwirklichen; namentlich der gebildete Mittelstand strebte ja allgemein nach Anteil an der Staatsleitung, der ihm — abgesehen von England — bisher vorenthalten blieb. Deshalb betrachtete man fast überall, nicht zuletzt auch in Deutschland, die französische Umwälzung, solange sie sich in vernünftigen Grenzen hielt, als das „Morgenrot einer besseren Zeit". Die Worte Goethes (Hermann und Dorothea, 6. Ges.) „Denn wer leugnet es wohl, daß hoch sich das Herz ihm erhoben, Ihm die freiere Brust mit reineren Pulsen geschlagen, Als sich der erste Glanz der neuen Sonne heranhob, Als man hörte vom Rechte der Menschen, das allen gemein sei, Von der begeisternden Freiheit und von der löblichen Gleichheit!" klangen dem deutschen Bürgertum in der Seele wieder und entsprachen der Begeisterung, mit der ein Klopstock, ein Schiller, ein Pestalozzi u. a. x) Der aufgeklärte Absolutismus hatte nur einen Teil dieser Ideen verwirklicht.

14. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 115

1910 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Iii. Die Befreiungskriege 1813 — 1815. 115 lands durch die Schöpfungen Wolfg. Amad. Mozarts, Jos. Haydns und Ludwigs van Beethoven. Was Wien für die Musik war, wurde Weimar für die Dichtung. Jedoch das Sichversenken in die reine Welt der Ideen führte zum Weltbürgertum und, zumal unter dem Einfluß der durch Wiuckelmann, Lessing und Friedr. Aug. Wolf neu belebten klassischen Studien1, zum Kultus der freien, großen, harmonisch entwickelten Persönlichkeit; so erklärt sich auch Goethes und Wielands Verhältnis zu Napoleon. Und doch blieb unsre Dichtung in ihrem Kern urdeutsch (Hermann und Dorothea, die Glocke, Wallenstein), pries der von Kants Ethik erfüllte Schiller in der Jungfrau von Orleans und im Teil die Vaterlands- und Freiheitsliebe, schenkte Goethe zur Zeit des tiefsten Falles unseres Volkes der Welt das Riesenwerk des Faust. Trotz ihren Verirrungen hat die romantische Schule durch ihre Richtung auf das vaterländische Altertum den nationalen Sinn gestärkt und die historische Schule Niebuhrs und Savignys vorbereitet. Aber erst die Schmach der Fremdherrschaft machte es der Nation klar, daß nur im nationalen Staat das Heil sei und daß dessen Wiederaufrichtung voile Hingabe an ihn und große Opfer verlange. Das preußische Volk erfüllte sich mit heiligem Ernst; Joh. Gotti. Fichtes „Reden an die deutsche Nation1* (Winter 1807/8), Fr. Schlelermachers Predigten, E. M. Arndts Schrift „Vom Geist der Zeita machten mächtigen Eindruck. Der „Turnvater“ Ludwig Jahn Jiemühte sich die Jugend für den erwarteten Freiheitskampf körperlich zu stählen. Ihren Mittelpunkt fanden diese Bestrebungen, die die geistige und sittliche Wiedergeburt des Volkes bezweckten, in der durch Wilhelm v. Humboldts rastlosen Eifer im Herbst 1810 eröffneten Universität zu Berlin. Hier lehrten Schleiermacher, de Wette; Savigny; Hufeland, Gräfe; Fichte, Böckh, Niebuhr. Und des Volkes Stimmungen fanden jetzt und später ihren Ausdruck in den Liedern E. M. Arndts, Th. Körners, Fr. Rückerts („Geharnischte Sonette“) und des „Kaiserherolds“ Max v. Schenkendorf. 1) Daraus ergab sich auch ein Gewinn für die seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. in tiefen Verfall geratene deutsche Malerei. In Raffaels Mengs und Asmus Carstens kündigen sich die Vorläufer des Aufschwunges an.

15. Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang - S. 506

1880 - Heidelberg : Winter
506 Kap. 50. § 298. Deutsche Dichtkunst seit Mitte des 18. Jahrhunderts. keit ein. Unter feinen Romanen sind Agalhon und Mufarion zu nennen, unter feinen epischen Dichtungen als fein berühmtestes Werk: Oberon, ein Muster für das moderne romantische Epos. An diese drei Männer lassen sich verschiedene Gruppen anreihen, indem die dazu gehörigen Dichter an dem einen oder dem andern jener Geister oder auch nur an einer ober der andern Seite derselben sich entzündet und entwickelt haben. So schlossen sich an die verschiedenen Seiten Klopstocks verschiedene Gruppen an: zuerst Gleim, Kleist, Uz und der ältere Jacobi; dann Kretfchmann, Denis, Gerstenberg, Schubert, Geß-ner, Matthifon, Salis; sodann die gegen Wielands undeutfche und sinnliche Muse ankämpfenden Dichter des Hainbundes: Bürger, Hölty, die beiden Stolberg, Voß, Claudius; Lesfings Nachahmer waren Nicolai, Jffland, Kotzebue; Einwirkungen von Wieland erkennt man in Vlumauer, Heinfe, Thümmel; für sich stehen die Humoristen Hippel, Lichtenberg, Jean Paul. Eine besondere Stelle nimmt der durch Lessings kritischen Geist angeregte Herder ein, welcher auf den Ursprung der Sprache und Dichtung zurückging, in den „Stimmen der Völker" und im „Cid" herrliche Proben des kunstlosen Volksgesangs verschiedener Nationen mitteilte, auf Officrn und Shakespeare hinwies und durch seine „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" zu weiteren Forschungen ungemein anregte. Die Idee der Humanität durchweht sein ganzes Leben und Wirken. _ Das Zurückgehen zur Natur und zur Einfachheit, welches sich bei dem Streben der meisten Dichter jener Zeit zeigt, führte in den siebenziger Jahren zum Extrem, wonach man alle herkömmlichen Formen und Gesetze verwarf, das Regellose und Unnatürliche als Geniales ausgab. Man nennt dies die Sturm- und Drangperiode, als deren Haupt-Repräfen-tant Max Klinger (1753—1831) anzusehen ist. von dessen Drama „Sturm und Drang" auch der oben genannte Name herrührt. Die größten Geister jener Zeit ließen sich eine Zeit lang von dieser Strömung hinreißen. Alle diese Namen werden überragt von den zwei Repräsentanten der klassischen Kunstpoesie, Göthe und Schiller. Göthe (geboren in Frankfurt 1749, gestorben in Weimar 1832) gehört durch feine Erstlingswerke, feinen Roman „Werthers Leiden" und fein Drama „Götz von Berlichingen", noch der Sturm- und Drangperiode an. Verschiedene Einflüsse, besonders eine Reise nach Italien, brachten ihn in eine andere, maßvollere Richtung. Wir sehen in seinen Liedern und Balladen die Fülle und Innigkeit deutschen Gemütes, in seinem Faust die Tieft deutschen Denkens, in seinen Romanen: Wilhelm Meister, Wahlverwandschaften, und in „Dichtung und Wahrheit" reiche Lebensanschauung und Feinheit der psychologischen Auffassung, in seinen Dramen „Iphigenie" und „Lasso" und in seinem bürgerlichen Epos: „Hermann und Dorothea" eine Klassicität der Form, wie sie in der deutschen Poesie fast einzig dasteht. Noch mehr Einfluß auf das deutsche Volk als Göthe hat Schiller (geboren zu Marbach 1759, gestorben zu Weimar 1805) durch seine historischen Dramen, welche Begeisterung für Freiheit, Vaterland und Menschenwürde atmen und wecken. Seine drei ersten Trauerspiele (die Räuber, Fiesko, Kabale und Liebe) und seine ersten lyrischen Gedichte gehören der Sturm- und Drangperiode an und machten eben deswegen auf

16. Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball - S. 74

1912 - München : Oldenbourg
74 Die Entwicklung der Französischen Revolution rc. 1795 unterstützten Royalistenaufstand, der aber auf Befehl des Konvents durch den s.okt. General Sj£apoleon^Bonaparte niedergeschlagen wurde. Damit konnte die Ordnung als wiederhergestellt gelten. Die Direktorialverfassung trat in Krast und der Konvent löste sich auf. Napoleon Bonaparte, wahrscheinlich am 7. Januar 1768 zu Maccio auf Korsika geboren, war der Sohn eines dortigen Advokaten7 E'ihnseme'tltern 1779 an die Kriegsschule zu Brienne (in der Mampagne^a.^. Aube) bringen wollten, hätte er das zehnte Lebensjahr nichkwerschntten haben sollen. Deshalb vertauschte man seine Geburtsangaben mit denen seines nächsten Bruders Joseph (geb. 15. August 1769). 1785 trat er als Artillerieoffizier in die Armee ein. Ohnehin ein eifriger Freund der Revolution, lenkte Napoleon vor Toulon (S. 72) durch seine geschickten Anordnungen die Aufmerksamkeit der Mmwäbev auf sich und wurde General. Der Sturz Robespierres machte Napoleon vorübergehend stellenlos, bis ihn Barras dem Konvent zur Niederwerfung des Royalistenaufstandes empfahl. Zum Lohn für den Sieg vom 5. Oktober erhielt der junge General den Oberbefehl über die französische Armee in Italien und vermählte sich kurz vor seiner Abre.ise zum Heere mit Josephine, der Witwe des hingerichteten Generals Beauharnais. — Napoleon zählt unter die bedeutendsten Feldherrn der Geschichte; auch als Staatsmann übertraf er die meisten seiner Zeitgenossen. Aber er wußte seinen glühenden Ehrgeiz und seine leidenschaftliche Ruhm- und Herrschsucht nicht zur rechten Zeit zu mäßigen. So überstiegen die von ihm in Angriff genommenen Unternehmungen schließlich feine Kraft und auf die glänzende Erhebung folgte ein tiefer Fall. Frankreichs auswärtige Beziehungen von 1792—1802 im Zusammenhang mit den inneren Vorgängen. Überblick. Die Entwicklung der französischen Revolution: wurde allenthalben in Europa, besonders bei den Regierenden und Gebildeten, mit der größten Spannung verfolgt. Sollte doch hier zum ersten Male in einem europäischen Staate der Versuch gemacht werden, die Aufklärungsideen in ihrem vollen1) Umfang zu verwirklichen; namentlich der gebildete Mittelstand strebte ja allgemein nach Anteil an der Staatsleitung, der ihm — abgesehen von England — bisher vorenthalten blieb. Deshalb betrachtete man fast überall, nicht zuletzt auch in Deutschland, die französische Umwälzung, solange sie sich in vernünftigen Grenzen hielt, als das „Morgenrot einer besseren Zeit". Die Worte Goethes (Hermann und Dorothea, 6. Ges.) „Denn wer leugnet es wohl, daß hoch sich das Herz ihm erhoben, Ihm die freiere Brust mit reineren Pulsen geschlagen, Als sich der erste Glanz der neuen Sonne heranhob, Ms man hörte vom Rechte der Menschen, das allen gemein sei, Von der begeisternden Freiheit und von der löblichen Gleichheit!" klangen dem deutschen Bürgertum in der Seele wieder und entsprachen der Begeisterung, mit der ein Klopstock, ein Schiller, ein Pestalozzi u. a. x) Der aufgeklärte Absolutismus hatte nur einen Teil dieser Ideen verwirklicht.

17. Dichtung der Neuzeit - S. 186

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
186 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. und auch seine Zeit davon befreien, so erreichte er hinsichtlich des letzteren Zweckes fast nur das Gegenteil, denn das mit schwärmerischer Begeisterung aufgenommene, in fast sämtliche Sprachen übertragene Buch erzeugte das sog. „Wert her sieb er", eine Steigerung jener krank- haften Sentimentalität und jener aus überreizter Empfindsamkeit entsprin- genden friedlosen, todessehnsüchtigen Gemütsstimmung. Im Jahre 1794 erschien die Übertragung des „Reineke Fuchs" in Hexametern (vgl. Teil I, § 27, S. 221). Nach Grimms Urteil folgt sie im allgemeinen treu dem Original, entbehrt aber der „natürlichen, einfachen Vertrautheit" des alten Epos; jedoch ist „in dem heiter bewegten Leben der Tierwelt, deren Schmerzen selbst uns noch komisch erscheinen, ein lachendes Bild des leidenschaftlichen, ränkevollen Menschentreibens farben- reich ausgeführt". Zwei Jahre später (1796) folgte der Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre", an welchem der Dichter eine ganze Reihe von Jahren ge- arbeitet hatte. Der Roman ist in gewisser Beziehung ein Selbstbekenntnis Goethes, ein Spiegelbild der Empfindungen der damaligen Zeit. Wilhelm Meister, ein junger, reicher Kaufmann, voll sentimentaler Schwärmerei, aber ohne Erfahrung, sucht bei einer Wandertruppe von Schauspielern in buntem Wechsel des Lebens Erziehung und Bildung. Künstlerische Einheit fehlt dem Werke, wie Goethe selbst zugesteht, dafür bietet es aber eine Menge lebensvoller Gestalten, eine treffliche Schilderung der verschiedenen Berufsarten und Stände, und eine reiche Fülle poetischer Schönheiten und tiefer Gedanken über die Kunst, namentlich über die dramatische Poesie, und über das Theaterwesen. Aber die geschilderten Verhältnisse passen nicht für die Jugend, zumal die positiven Elemente des sittlichen Lebens, als Familie, Staat, Vaterland, Religion, fehlen. Bekannte episodische Gestalten in demselben sind Mignon und der Harfner (herrlich die Lieder: „Nur wer die Sehnsucht kennt" — „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?" — „Wer nie sein Brot mit Tränen aß"). Von wichtigster Bedeutung ist „Hermann und Dorothea"^ ein in Hexametern geschriebenes bürgerliches, mit idyllischen Schilderungen durchsetztes und auf mächtigem historischen Hintergründe beruhendes Epos (1798). Ein in der Schrift „Das liebtätige Gera gegen die salz- burgischen Emigranten" aus dem Jahre 1732 erzählter und in die damalige Gegenwart der französischen Revolution versetzter Vorgang bildet den Stoff der Dichtung. Vgl. Teil Iii, S. 156: „Hermann und Dorothea" von Schlegel.

18. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 118

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
118 Ix. Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß. ment, das die von der Vernnnft geforderte, vollkommene Staats-verfassnng schaffen sollte". Fichte sprach davon, daß die Mehrheit des Volkes das Recht habe, die Staatsverfafsung umzugestalten. Klopstock sang: „Hätt' ich hundert Stimmen, ich feierte Galliens Freiheit." Goethe, der die Mißstände des ancien regime klar erkannte, ließ den Richter in „Hermann und Dorothea" sagen: „Denn wer leugnet es wohl, daß hoch das Herz sich erhoben, Ihm die freiere Brust mit reineren Pulsen geschlagen, Als sich der erste Glauz der neuen Sonne heranhob, Als man hörte vom Rechte der Menschen, das allen gemein fei, Von der begeisternden Freiheit und von der löblichen Gleichheit!" Nachdem aber die Mutigen Ausschreitungen vorgekommen waren und die blinde Wut und Zerftörungssucht des zügellosen Pöbels unsagbares Unheil angerichtet hatte, da schwand selbst aus den Gemütern der Enthusiasten die Begeisterung und man wandte sich voll Ekel und Abscheu von den wahnsinnigen Verirrungen ab. Schiller rief im „Lied von der Glocke": „Wo sich die Völker selbst befrei'n, Da kann die Wohlfahrt nicht gebethn," und sagte in einem Brief an Körner (Februar 1793): „Ich kann seit 14 Tagen keine französische Zeitung mehr lesen, so ekeln biefe elenben Schiuberskuechte mich an." Und Goethe urteilte: „Willkür suchte doch nur jeder am Ende für sich, Willst du viele tiefrei’n, so wag' es, vielen zu dienen!" Verhalten der 2. Die Fürsten dagegen verurteilten von Anfang an die Vor-myer Zusaimueii- gü 11 ge in Paris; auch fürchteten sie, der Geist des Umsturzes könnte die eigenen Untertanen ergreifen und die Stellung der gekrönten Häupter erschüttern. Um die revolutionären Jbeeu in ihrer Ausbreitung zu Hinbern, kamen Friedrich W i I h e l m Ii. v o n P reuten und Kaiser Leopold Ii. 1791 zu einer Besprechung in Pillnitz bei Dresden zusammen. Sie erklärten, die Lage des französischen Königs sei Gegenstand des gemeinsamen Interesses aller Fürsten und hofften, die Mächte würden sich mit ihnen vereinigen, um Ludwig Xvi. in seine Rechte und seine volle Freiheit wieder einzusetzen. Allein wiewohl Friedrich Wilhelm Ii. den Krieg für Thron und Altar für Fürstenpslicht hielt, so führte die Monarchenzufammenkunft doch nicht zu einem entscheidenden Entschluß. Der friedliebende Leopold Ii. ging trotz feiner Verschwägerung mit Ludwig Xvi. einem gewaltsamen Ein-

19. Luise - S. 10

1910 - Düsseldorf : Schwann
durch äußere Vorzüge, wurde sie auch nicht durch den äußeren Glanz in ihrer innern stillen Welt gestört, und schon zu der Zeit begann in ihr eine aus dem höchsten religiösen Standpunkt gebildete Ansicht der Welt, welche wir später herrliche Früchte tragen sehen werden. Die Kindheit der Königin war in die schönen Zeiten gefallen, wo die echten Blüten der deutschen Poesie und Kunst sich immer kräftiger und mächtiger aufzuschließen und zu entfalten strebten. Herder, Goethe, Schiller hatten ihren Geist früh angezogen und ihm Nahrung gewährt. Herder, dessen attischer Geist1) und altertümliche Gelehrsamkeit vereinigt war mit der blühenden und duftenden religiösen Phantasie des Orients und geläutert durch echt deutsche christliche Sinnesart; Herder, in dessen Geist Plato und Christus und die Weisheit des Morgenlandes zugleich sich spiegelten und verklärten, zog vorzüglich das jugendliche Gemüt der Königin an. Seine zersteuten Blätter, seine Briefe zur Bildung der Humanität, seine Terpsichore, seine Adrastea2), waren ihre Begleiter auf allen ihren Reisen. In späteren Jahren zog Goethe und die antike Frische seines Geistes, welche den Geist der Königin sehr ansprechen mußte, weil sie selbst diese antike Frische besaß, sie mehr an. Goethe, der Meister in jeder Art und Kunst, der vollendete Künstler, erregte ihre beständige Bewunderung. Auch Schiller mußte ein Gemüt wie das der Königin sehr ansprechen, er, der die Tiefen des menschlichen Herzens dramatisch dargestellt und, durch die Welt seines reichen *) d. h. klassischer, feingebildeter Geist. 2) Herders ,,Zerstreute Blätter“ (6 Sammlungen, Gotha 1785—97), ,,Terpsichore“ (Lübeck 1795—96) und ,,A d r a s t e a“ (6 Bände, Leipzig 1801—03) enthalten lehrhafte Parabeln, Epigramme, antike Mythen und Fabeln, poetische Übersetzungen aus alten und neuen Dichtern u. dgl. — Die Briefe zur Beförderung der Humanität (d.i. edle Menschlichkeit) erschienen in 10 Sammlungen 1793—97.

20. Bd. 2 - S. 393

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 844. Deutschlands klassische Literatur. 393 Begeisterung im Volke, indem er seinen christlichen Glauben, seine Gefühlswärme und seinen vaterländischen Freiheitssinn in würdiger, erhabener Sprache der strebsamen Jugend ins Herz legte. Lessing schwang seine kritische Geißel über die französische Theater-literatur und zeigte durch seine eigenen Bühnenstücke den Weg, auf dem man zu einer echten dramatischen Poesie gelangen könne; zugleich öffnete er in seinem Laokoon den Denkenden die Augen über das Wesen der Dichtkunst und der bildenden Kunst, deren Verständniß gleichzeitig durch Win ckelmann auf einem andern Wege erschlossen ward. Lesstng's Spuren folgte der phantasievolle, geistreiche Herder, der auf den Ursprung aller 17£el\g03. Sprache und Poesie zurückging, mit feinem Sinn die Schönheiten der morgenländischen Naturdichtung und den tiefen Gehalt des kunstlosen Volksgesanges bei den verschiedenen Völkern enthüllte und durch seine Ideen zur Philosophie der Geschichte dermenschheit eine mächtige Anregung zu weitern Forschungen gab. — Wieland, der hei- 17f3iü.igt13 terelebensphilosoph, redete in seinen Romanen (Agathen, Aristipp, Abderiten), die größtenteils das altgriechische Leben mit moderner Färbung zur Grundlage haben, der Gesinnung und Denkweise der hohem, französisch gebildeten Stände das Wort und predigte in dichter, lüsterner Sprache weisen Genuß des Lebens, eine Lehre, die den hohem Klassen der Gesellschaft zusagte und der deutschen Literatur jene Kreise öffnete, die bisher nur französische Werke gelesen. Zugleich erneuerte er in seinem Oberon, einem Epos im Geiste und in der Form Anosts mit dem Hauche heiterer Ironie, die romantische Heldendichtung des Mittelalters. Durch diese drei Männer erfuhr die deutsche Prosa eine gänzliche Umgestaltung; Lessing verlieh ihr Kraft, Schärfe und Klarheit, Herder Schwung und Reichthum an Bildern, Wieland Leichtigkeit und Anmuth. — Auf dem von ihnen bestellten Boden führte der größte Genius des Jahrhunderts, Goethe, seine Schöpsungen auf, in 17®^31 denen sich das Geistesleben der Nation und sein eigener Bildungsgang abspiegelt. In der kraftgenialen Zeit der siebziger Jahre, als die mit Ungestüm vorwärts strebende Jugend alle Regeln der Kunst und Convenienz verschmähte, nur den, wenn auch formlosen Erzeugnissen des Genius Werth beilegte, die Tiefe der Urpoesie und Naturdichtung pries, sich am Volkslied ergötzte und mit staunender Bewunderung auf Ossian und Shakespeare blickte, da erregten Werth er's Leiden und Götz von Berlichingen, wobei jene Dichter als Vorbild dienten, einen Sturm von Begeisterung; als Lessing und Winckelmann das Interesse für antike Kunst in Deutschland geweckt, erschienen zur geeigneten Stunde die klassischen Dramen Tasso und Jphigenia, im Geiste und in der klaren harmonischen Form des Alterthums und belebt durch die eigenen Eindrücke und Empfindungen, die Goethe auf seiner Reise nach Italien in sich aufgenommen und die sich auch in den unübertrefflichen Volksscenen des Trauerspiels Egmont abspiegeln. Das idyllische Epos Hermann und Dorothea berührte die großartigen politischen Ereignisse der Zeit und die Leiden der Ausgewanderten; der Roman Wilhelm Meister, worin an die Schilderung des Schauspielerlebens in allen seinen Erscheinungen die reichste und mannichfaltigste Charakterzeichnung voll psychologischer Tiefblicke und feiner Beobachtungen geknüpft ist, und die Novelle: die Wahlverwandtschaften zeigenden Einfluß der romantischen Poesie mit ihrer Liebe zum Wunderbaren, Geheimnißvollen und Märchenhaften; in Dichtung und Wahrheit schildert Goethe seinen eigenen Lebensgang und die Umstände, die zu seiner Bildung beigetragen, und in dem großartigen dramatischen Gedichte Faust, mit dem wir ihn sein ganzes Leben hindurch beschäftigt finden, hinterließ er der Nachwelt ein Abbild seiner innersten Seelenzustände. — Mittlerweile hatte die politische Welt eine großartige Gestalt angenommen und die Blicke der Volker auf Geschichte und Staatswesen gerichtet — da traf Schiller mit feinen historischen 17ffl“ö5, Dramen, die der Nation ähnliche Sturmperioden aus der einheimischen und fremden Geschichte vor die Seele führten, und mit seiner Begeisterung für Freiheit, Vaterland und Menschenbeglückung die Saite, die beim Volke den stärksten Nachhall fand. Die drei ersten Tragödien: die Räuber,Kabaleundliebe und Fiesco gehören der stürmischen Jugendzeit an, mit dem Drama Don Carlos beginnt eine neue geläutertere Periode; während seines Aufenthaltes in Jena als Professor der Geschichte befaßte er sich mit dem dreißigjährigen Krieg, mit dem Abfall der Niederlande und mit dem dreitheiligen Drama Wal len stein und schuf in der lyrischen Dichtung, die Glocke,