1100 — 1517.
95
und des Pabstes erweitern würde und somit ein Unternehmen
sei, welches einem Kreuzhecre wohl anstehe. Am meisten Eindruck
machte jedoch die Aussicht aus die Schatze, welche die Kaiserstadt
enthielt. Das Heer kam vor Konstantinopel an und setzte den
Alexius aus den Thron, allein als dieser den Kreuzfahrern
sein Versprechen zu halten nicht vermochte, kehrte der Krieg sich
gegen ihn selbst und Konstantinopel wurde im Jahre 1204
eingenommen und geplündert. Die Eroberer wählten einen
Fürsten aus ihrer Mitte, den Balduin von Flandern, zum
Kaiser. So wurde in Konstantinopel das sogenannte la-
teinische Kaiserthum wiederhergestellt; es bestand aus unge-
fähr dem vierten Theilc der älteren Besitzungen des Kaiserthums,
ohne daß jedoch sein Dasein, oder der römische Bischof, den es
erhielt, der lateinischen Kirche irgend welchen Vortheil verschafft
hätte; der religiöse Haß zwischen Griechen und Lateinern dauerte
fort, und 1201 wurde Konstantinopel von den Griechen wicder-
erobert. Von allen denen, welche au der Eroberung theilgenommen
hatten, waren es allein die Venetianer, welche dauernden Voriheil
daraus zogen; sie bemächtigten sich mittelst Ucbcrcinkunft oder
Kauf mehr als des vierten Theils der Besitzungen des Reiches
und wählten ihre Eroberungen so, daß sie überall in ihnen
Stützpunkte für ihren Handel fanden, kein zusammenhängendes
Stück Land, sondern die Küstenstrecken und Inseln rings um
die griechische Küste herum vom schwarzen Meere bis Epirus,
mit Eiumß von Kandia. Seit der Zeit nahm ihr Handel
einen mächtigen Aufschwung, und machte später Venedig zu
einer der bedeutendsten Städte Europas. Die Venetianer hatten
das schwarze und das asowsche Meer vollkommen in ihrer
Gewalt und schlossen Handelstraktate ab, welche ihnen die syri-
schen und ägyptischen Häsen öffneten; sie beherrschten der-
gestalt die drei Endpunkte für die großen Handelswege, auf
welchen die Maaren aus dem inneren Asien, Indien und Afrika
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Extrahierte Personennamen: Alexius Kandia
Extrahierte Ortsnamen: Konstantinopel Flandern Konstantinopel Epirus Europas Asien Indien
86
1100- 1517.
anf den Rückweg nach ihrer Heimath begaben. Eine Zufuhr
von Lebensmitteln, Handwerkern und Werkzeug nach dem Hafen
Joppe richtete doch bald die Muthlofen wieder anf und man
setzte den Tag zum entscheidenden Angriffe fest. Der Sturm
auf die Stadt wurde am ersten Tage zurückgeschlagen, indem
der Verlust auf beiden Seiten groß war, auch am andern Tage,
als der muthige Angriff erneut wurde, gelang cs den Belagerten,
den Sturmthurm Gottfrieds anzuzünden; die Besatzung wich
erschreckt zurück; da zeigte sich anf dem „Oelberge" ein Ritter
mit einem leuchtenden Schwerte und winkte nach der Stadt hin.
Und alle drangen wieder vor, selbst Kranke und Weiber griffen
zu den Waffen, um an dem heiligen Kampfe theilzunehmen.
Das christliche Geschütz warf gleich wie durch übernatürliche
Kraft ungeheure Steine über die Mauer, das Feuer im Belage-
rungsthurme wurde gelöscht; die Vertheidigungswerke der Mauer
fingen Feuer, und ein heftiger Wind trieb es mit zerstörender
Macht gegen die Stadt; da ließen die Pilgrimme eine Zugbrücke
vom Thurme des Herzogs niederfallen, und Gottfried nebst zwei
andern bestieg die Mauer; eins der Stadtthorc wurde gesprengt
und unter dem Rufe: „Gott will es!" strömten die Christen
in die Straßen hinein. Ein gräßliches Morden begann, und
bald wurden Straßen, Hauser und Tempel mit den Leichen der
Gefallenen angejüllt. Es war jedem das Haus zum Eigenthum
geschenkt, welches er zuerst in Besitz nehmen würde; Tankred
eroberte auf die Weise den in eine Moschee verwandelten Tempel
Salomons mit seinen reichen Schätzen; vom Tempel eilten die
Kreuzfahrer nach der jüdischen Synagoge, wo die daselbst ver-
sammelte jüdische Gemeinde ihren Tod in den Flammen fand;
Greise, Frauen und Kinder wurden überall in der ganzen Stadt
getödtct oder mit wilder Grausamkeit verhöhnt und gepeinigt;
von den Einwohnern der Stadt blieben kaum so viel übrig, als
nöthig waren, die Gefallenen zu begraben. Darauf reinigten
sich die Kreuzfahrer vom Blute, entblößten ihre Häupter und
'1—11 mu I
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Sturmthurm_Gottfrieds Gottfried Hauser Tankred
148
1100—1517.
großen Entschluß: „Ich will Euch eine Gasse öffnen, lieben
Landsleute", sagte er; „sorgt für mein Weib und meine Kinder!'*
Er stürmte nun gegen die Oesterreicher vor, umfaßte mil seinen
Armen so viele Lanzen, als er greifen konnte und stürzte von
denselben durchbohrt nieder. Allein er hatte eine Gasse geöffnet,
so wie er es versprochen hatte: Die Schweizer drangen durch
die Oeffnung; die Ritter fielen unter den schweren Schlägen der
Hellebarden der Schweizer oder erstickten in der Hitze des Som-
mertages unter der schweren Rüstung. Das Blutbad wurde
noch größer, weil die Pferde weggeführt waren. Auch der Her-
zog Leopold wurde von einem Manne aus Schwytz erschla-
gen; die Niederlage war so vollständig, daß viele adliche Ge-
schlechter ganz erloschen. Der Bauer sagte: „Gott hat den über-
müthigen Trotz der adlichen Herrn gerichtet!"
Angesichts eines solchen Auflösungszustandes in Deulschtand
und den deutschen Staaten wuchs die Unzufriedenheit der Fürsten,
was die Gleichgültigkeit des Kaisers betraf. Ein Theil der Chur-
fürsten sprach daher die Absetzung des W e nzeslaus aus. Zuerst
wählte man Ruprecht von der Pfalz (1401 —1410) und
nach seiner ohnmächtigen Regierung den jüngeren Bruder Wen-
zeslaus's, Sigismund (1410 — 1437), der schon früher
durch seine Vermählung mit der Tochter Ludwigs des Großen,
Maria, König von Ungarn geworden war.
Sigismund richtete zuerst seine ganze Aufmerksamkeit auf
die Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten.
Als der Papst Gregor Xi im Jahre 1378 in Rom,
woselbst er sich zum Besuche aushielt, gestorben war, wurden
die Kardinäle von den Römern gezwungen, aus der Stelle
einen neuen Papst zu wählen, und dieser blieb in Rom, al-
lein die Kardinäle flohen und wählten aufs Neue einen Fran-
zosen, der abermals in Avignon seine Residenz ausschlug.
Dergestalt war die Christenheit unter zwei Päpste getheilt und
die Gewissen kamen in so viel größere Verwirrung, als eine
Nmmaü
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Sigismund_( Ludwigs Maria Maria Sigismund Gregor_Xi Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Schwytz Deulschtand Ungarn Rom Rom Avignon
126
1100-1517.
noch öftere Kriege mir den Griechen in Konstantinopel und mit
den Venetianern, um den Besitz von Dalmatien. Die Heere
der Kreuzfahrer, auf deren Wege Ungarn lag, vermehrten die
Unruhen und die schwache des Reichs.
Die Mongolen.
Die großen salzhaltigen, unfruchtbaren Steppen Mittelasiens
waren die Heimath der Mongolen. Die Mongolen waren
klein gewachsen, hatten einen starken Oberkörper, schmale Hüften
und magere Beine; die Backenknochen traten in ihrem blassen
Antlitze stark hervor, die Nase war platt und breit, die Augen
klein, schiefliegend, blinkend. Männer und Weiber waren fast
immer zu Pferde; gegen das Wetter suchten sie Schutz unter
Zelten von Filz, welche durch das Bestreichen mit Schaafmilch
wasserdicht gemacht wurden. Ihre Nahrung bestand aus Katzen
und Hunden, Ratten und Mäusen, und vorzüglich aus Pferde-
fleisch, sie tranken Wasser, Milch und Brantwein, welchen sie
aus Pferdemilch bereiteten. Sie waren bewaffnet mit Spießen,
Schwerten und Keulen und verstanden vortrefflich den Bogen
zu gebrauchen. Sie glaubten an Einen Gott, allein gleichwohl
war ibre Religion eine Vermengung abgöttischer Gebräuche und
heidnischen Aberglaubens, sie handelten so wie die Laune es
ihnen eingab; rohe Grausamkeit war ein Grundzug in ihrem
Charakter. Allein sie hielten sich selbst für das auserwählte
Volk Gottes, welches bestimmt sei, die Welt zu beherrschen, und
Temudschin war nahe daran diesen Glauben wahr zu machen;
denn er gründete das größte Reich auf Erden, allein da der bar-
barische Krieger nicht darauf bedacht war, seinem Volke Bildung,
Sittlichkeit oder Geschmack für friedliche Künste beizubringen,
sank sein barbarisches Reich bald wieder zusammen.
Temu dschin (Dschingischan) der Sohn eines der Stamm-
Viu.(C(,, jv fürsten der Mongolen, bezwang die zerstreuten Stämme durch
' - , \Äric<j; darauf berief er einen großen Reichstag nach seiner Haupt-
mm
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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130
1100 — 1517.
konnte Philipp daher dreist und mit Erfolg die päpstliche Be-
hauptung bekämpfen, daß „Gott das Papstthum über Könige
und Königreiche gestellt habe." Während dieser Streit über
das Recht der Kirche und des Staates fortgesetzt wurde, that
Bonifaeius Viii den französischen König in den Bann (1303).
Allein der rechtskundige Nogarct erklärte den Papst für einen
Lügcnmeister, der abgesetzt werden müsse, damit ein neues Ober-
haupt für die römische Kirche gewählt werden könne. Die Uni-
versitäten in Paris und Toulouse, viele Geistliche, ein großer
Theil des Adels und die Deputirten der Städte billigten die
Meinung Nogarets: die Stimmung in Frankreich war im
Ganzen dem König günstig. No garet reiste nach Italien; mit
Hülfe des römischen adlichen Geschlechts Colonna, welches den
Papst persönlich haßte, überfiel er den Papst, mißhandelte ihn
und ließ ihn einige Zeit gefangen halten. Diese Kränkung töd-
tcte den leidenschaftlichen Greis (1303). Der nächstfolgende
Papst entlastete den König Philipp des Bannes.
Eine folgende Papstwahl wurde unter französischem Ein-
flüsse vom Hause Colonna und dessen Anhängern geleitet;
Clemens V wurde, uachdem er ein eidliches Versprechen abge-
legt, dem Könige Philipp, den Zehnten der geistlichen Einnahmen
Frankreichs fünf Jahre hindurch überlassen und das Andenken
Bonifaeius Viii verfluchen zu wollen und außerdem no.ch
Anderes auf Kosten seiner geistlichen Würden eingcräumt hatte,
gewählt. Die Verwirrung im Kirchenstaate, Furcht vor der
Parthei Bonifaeius Viii und endlich die Bitten Philipps Iv
bewogen Clemens sich in Lyon zum Papste weihen zu lassen,
und nachher nahm er ferner seinen Aufenthalt in Südfrankreich.
Seine Nachfolger erließen ihre Befehle an die Christenheit un-
gefähr 70 Jahre hindurch von Av hg non, in der anmmhigen
Gegend des Rhone. Unter dieser sogenannten bl.bt^loni s
Landfluchtigkei^ der Päpste (1309—1378) erregte die Ein-
mischung des Papstes in weltliche Angelegenheiten immer größere
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TM Hauptwörter (100): [T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Clemens_V Philipp Philipp Philipps Clemens
Extrahierte Ortsnamen: Paris Toulouse Frankreich Italien Frankreichs Lyon
1100—1517.
165
und erlangte endlich die Ueberzeugung, daß man Indien auf dem
westlichen Wege über das atlantische Meer erreichen könne
Man hatte bereits zu jener Zeit einigermaaßen eine Vorstellung
von der kugelförmigen Gestalt der Erde und schon die Geogra-
phen des Altcrthums hatten die Ansicht gehegt, daß cs einen
westlichen Weg über das atlantische Meer nach Indien gäbe,
allein irrthümlich hielten die Geographen des Alterthums Asiens
Ausdehnung nach Osten für größer, so daß Kolumbus vcrmuthen
mußte, daß der Weg nach Asien ungefähr den vierten Theil des
Umfanges der Erde kürzer sei, als er wirklich ist. Das Dasein
vines Landes im Westen wurde durch mehrere Umstände bestä-
tigt: man hatte im atlantischen Meere künstlich geschnitzte Holz-
stücke und Exemplare eines ungeheuer großen Rohrs gesunden,
welches nach der Aussage eines alten Geographen nur in In-
dien wachsen sollte; diese und ähnliche Gegenstände waren nach
einem lange Zeit anhaltenden Westwinde gesunden worden; ja
an die Küste der azorischen Inseln waren sogar die Leichen zweier
Männer angetrieben, deren sonderbare Körper- und Gcsichts-
bildung weder der von Europas noch Afrikas Bewohnern ver-
glichen werden konnte.
Auf diesen Berechnungen und Thatsachen fußend, beschloß
Kolumbus das unbekannte Land zu entdecken und bat zuerst
seine Vaterstadt Genua um Unterstützung, allein dieser Handels-
staat wies das abcntheuerliche Unternehmen von der Hand und
verwarf somit zu seinem Unglücke einen Plan, welcher ihn zum
höchsten Range unter den Handelsstaaten würde cmporgehobcn
haben. In Portugal nahm der Hof seinen Plan zwar entgegen,
versuchte jedoch ihn ohne Vorwissen des Kolumbus in's Werk
zu setzen; allein der Seemann, den man gewählt hatte, war dem
großen Unternehmen nicht gewachsen und kehrte muthlos zurück.
Hiedurch beleidigt wandte sich Kolumbus nun an den spani-
schen Hof, allein Ferdinand der Katholische und Jsabella
hatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Unterjochung der Mau-
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Extrahierte Personennamen: Kolumbus Kolumbus Kolumbus Kolumbus Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Indien Indien Asiens Asien Europas Genua Portugal
190
1100-1517.
Waldemar der Große.
(1157-1182.)
Der treue Freund und die feste Stütze des Königs Wal-
demar war Absalon, der gleich nach der Thronbesteigung des
Königs zum Bischof von Noskilde gewählt wurde. Er stammte
von einem berühmten Gcschlechte ab, welches die Reihe seiner
Ahnen in grader Linie bis Palnatoke hinaufführte, er war
klug, besonnen, muthig und beredt. Seinen Körper, der fast die
Kräfte eines Riefen besaß, bildete er durch unablässige ritterliche
Hebungen, durch Reiten, Schwimmen in voller Rüstung, durch das
Fällen von Bäumen und andere schwere Arbeit noch mehr aus.
Die Bildung seines Geistes versäumte er ebenso wenig und be-
wies sich später als einen Mann, der die Bildung der Geistlich-
keit im Allgemeinen beförderte und die dänischen Geschichtsschreiber
Saxo Grammaticus und Svend Aagesen beschützte. Er
war gemeinschaftlich mit Waldemar erzogen und war ihm daher
von frühster Jugend innig zugethan, allein so, daß er nie seinem
königlichen Freunde Recht gab, wenn er fühlte. daß dieser im
Unrecht sei. Dieser kriegerische, sein Vaterland heiß liebende Bi-
schof, vcranlaßte Dänemark zu einem Angriffskriege gegen die
heidnischen. seeräuberischen Wenden, da er mit gleich großer
Sorgfalt die Verbreitung der christlichen Religion, als die Sicher-
heit und das Ansehen Dänemarks zu befördern bemüht war.
Die Bewohner der Insel Rügen hielt man für die gefähr-
lichsten Seeräuber und hartnäckigsten Götzendiener; gegen sie
richtete sich daher insbesondere der Krieg. Die ersten Züge gegen
die Wenden waren ziemlich erfolglos, einestheils weil das dä-
nische niedre Volk, welches die Grausamkeit der Wenden so oft
gefühlt hatte, muthlos war, andernthcils weil die Schiffe sich in
schlechtem Zustande befanden und das ganze Kriegswesen sich
in einer höchst mangelhaften Verfassung befand. Allein im Jahre
1168 wurde abermals eine bedeutende Flotte ausgerüstet, welche
bestimmt war Ar ko na selbst einzunehmcn. Diese befestigte Tempel-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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1100—1517.
193
der wichtigsten Staatsangelegenheiten ausgeübt, und zu Gunsten
ihrer selbst an dem allgemeinen Kampfe der katholischen Kirche,
sich vom Staate unabhängig zu machen, theilgenommen. Als der
alte Erzbischof Eskild, seiner Kämpfe mit der Krone satt und
müde, seine Würde niedcrlegtc, wählte er, mit päpstlicher Geneh-
migung, Absalon zu seinem Nachfolger. Er nahm diese hohe
Würde auch an, obwohl nicht ohne sich lange geweigert zu haben,
machte jedoch die Bedingung, zugleich Bischof in seinem geliebten
Roskilde bleiben zu dürfen. Diese Stellung, welche er dergestalt,
mit geistlicher und weltlicher Macht bekleidet, einnahm, schien
selbst der Krone gefährlich werden zu können, allein von der
Zeit an nahmen die Streitigkeiten zwischen der Krone und der
Kirche ab, thcils weit die Kirche nun die Unabhängigkeit er-
reicht hatte, welche ste erstrebte, theils weil Absalon persönlich
wohlwollend gegen den König gesinnt war. Und doch vergab
dieser Mann keineswegs etwas von den Rechten der Kirche, sei
es dem Könige, sei es dem Volke gegenüber. Als er die Kirchen-
güter in Schonen strenge und sorgfältig beaufsichtigte und den
Zehnten daselbst einführte, brach ein gefährlicher Bauernaufruhr
aus. Der beredte Erzbischof bemühte sich vergebens die Bauern
auf dem Thinge zu beschwichtigen; der König wurde zornig, allein
Absalon widerrieth es, schon zu gewaltsamen Maaßregcln gegen die
Aufrührer zu greifen. Allein als sie in ihrer Kühnheit so>vcit
gingen, daß sie sich nicht allein weigerten der Geistlichkeit den
Zehnten zu bezahlen, sondern sogar, gegen die Regel der katho-
lischen Kirche, den Priestern erlaubten, sich zu verheirathen, und
erklärten: das Amt des Bischofs sei überflüssig, da zogen der
Erzbischof und der König mit einem Heere nach Schonen. Noch
ein Versuch zur gütlichen Beilegung wurde gemacht, allein ohne
Erfolg; da wurde die Sache durch die Waffen entschieden.
Die Schonen erlitten an der Dysieaa (jetzt Saxaa) (1181) eine
große Niederlage und wurden gezwungen, nachzugcben, obgleich
der Zehnte noch ferner eine unerledigte Frage blieb.
Lohrs Lehrb. der Gesch. des Mittelalters. 13
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38
476 — 1100.
nigs waren höher, als die feindlichen, weshalb die Norweger
ihre Spieße mit größerer Kraft werfen, und leichter die eisernen
Haken befestigen konnten, womit man die Schiffe festzuhaltcn
suchte, bis man die Mannschaft durch Kampf vom Verdecke aus
niedcrgemetzelt hatte. Nach einem hartnäckigen Kampfe mußte die
dänische und schwedische Flotte sich zurückziehen. Allein nun
kam Erich Jarl mit seinen Normännern hinzu und räumte
allmählich auf König Olufs Schiffen, „Ormen hin Lange"
ausgenommen, auf. Allein auch diesem Schiffe wurde von den
es umzingelnden Schiffen mit Schwertern, Spießen und Pfeilen
hart zugesetzt; viele von König Olufs Mannen sprangen auf
den Rand des „Orm", um die tiefer liegenden Schiffe mit dem
Schwerte erreichen zu können, und in der Hitze des Gefechts
gingen sie in's Wasser, gleich als stritten sic auf dem Lande,
und sanken vermöge ihrer schweren Rüstung unter. Erich
Jarl stand im vorderen Raume seines Schiffes, von einer
Schildburg umschlossen. Allein Einar Thambeskjwlver, der
tüchtige Bogenschütze auf „Ormen hin Lange" zielte auf ihn
und schoß einen Pfeil ab, der dicht über den Kopf des Jarls
wegflog und sich so tief in's Steuer hineinbohrte, daß er grade
in das Tau hincinging, welches um den Schaft gewunden war.
Der Jarl sah sich nach dem Pfeile um und fragte, ob ihm
Jemand sagen könne, wer das sei, der so stark schösse; im
selben Augenblicke sandte Einar einen zweiten Pfeil ab, der
dem Jarl zwischen dem Arm und der Seite hindurchfuhr
und sich durch die Ruderbank bohrte, so daß die Spitze an
der andern Seite zum Vorschein kam. Da sagte der Jarl
zu einem seiner Leute: „Schieß mir den großen Mann dort
mit dem Bogen!" Einar schickte sich grade an, seinen drit-
ten Pfeil abzusenden, als sein Bogen in der Mitte von
Erich Jarls Bogenschützen getroffen wurde, so daß Ei-
nars Bogen mit Geräusch zerbrach. „Was zerbrach da?"
fragte Oluf. „Norwegen in Eurer Hand, König! " antwortete
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Extrahierte Personennamen: Erich_Jarl König_Olufs Erich
Jarl Einar_Thambeskjwlver Einar Einar Erich_Jarls Oluf
56
476 — 1 100.
römischen Reiche herrschend gewesen war, mußte dem Katholicis-
mus weichen, der ein reinerer Ausdruck des christlichen Glaubens
war. Franken und Burgunder mußten ihren Glauben nach
dem Willen des katholischen Chlodwigs und seiner Söhne
verändern (p. 6); Reccared, König der Westgothen in Spa-
nien, ging mit einem großen Theile seiner Unterthanen znr ka-
tholischen Lehre über (586) und begünstigte die römische Geist-
lichkeit. Gregor der Große ließ Christus und die römische
Allgewalt den Angelsachsen predigen. Sein Gesandter Au-
gustinus wurde der erste Bischof von Canterbury (597), der
Burg der römischen Kirche in England. Im 8ten- Jahrhundert
wurde durch die angelsächsische Kirche die freie britische und iri-
sche Kirche der Oberherrschaft Rom's gewonnen (p. 42). Der
angelsächsische Mönch Winfried (Bonisacius) verkündete weit
und breit unter den Deutschen die christliche Lehre und die
Oberherrschaft des Papstes; dieser strenge Apostel des römischen
Christenthums wurde durch Vollmacht des Papstes der erste
Erzbischof in Mainz (745) und verschaffte durch Errichtung
von Bisthümern und Klöstern seinen Anordnungen Geltung.
Auch die fränkische Kirche suchte er, obwohl mit geringerem Er-
folge, unter die Botmäßigkeit des römischen Stuhles zu bringen.
Bonisacius fand den Märtyrertod auf einer Bekehrungsreisc
nach den heidnischen Friesen (755). In einer, freilich durch die
Entfernung verminderten, Abhängigkeit stand auch die vom from-
men Ansgarius gestiftete nordische Kirche (p. 27).
Iii. Die katholische Kirchenmacht.
Die Kirchen in den römisch-christlichen Staaten bildeten
bei all ihrer nationalen Verschiedenheit doch einen großen Ver-
ein : die römisch-katholische Kirche; ihr Oberhaupt war der Papst
in Rom. Ihm gehorchten nach einander die Erzbischöfe, die
Bischöfe und die niederen Geistlichen. Nach größerem und ge-
ringerem Widerstande der verschiedenen Staaten wurde allmählich
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Extrahierte Personennamen: Chlodwigs Gregor Gregor Christus Canterbury Winfried_(Bonisacius Winfried Apostel Bonisacius
Extrahierte Ortsnamen: Chlodwigs England Mainz Rom