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1. Erdkunde - S. 153

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 158 — Dieselben sind aber trotz ihres Wasserreichtums wegen der vielen Wasserfälle — wenn diese nicht durch Kanüle umgangen sind — nur teilweise schiffbar. Die bedeutendsten Flüsse sind : Tornea-Els, Dal-Elf, Klar-Els (Göta-Els) und Glommen. — Unter den zahl- reichen Seen sind die größten der Wen er-, Wetter- und Mälar- see. Mit Benutzung der beiden ersteren Seen führt eine Kanal- Verbindung aus dem Skager Rak in die Ostsee. Iv. Das Klima ist im Westen infolge der oceanischen Lage und der erwärmenden Nähe des Golfstromes viel milder als in allen andern Ländern mit gleicher geographischer Breite. Das Meer gefriert hier fast nie, und in den geschützten Fjorden gedeiht selbst noch Obst. Weniger begünstigt ist die Ostseite der Halbinsel. Südschweden ist fin- den Getreidebau sehr geeignet. Im Hoch- lande aber sind weite Flächen mit Gletschern und ewigem Schnee bedeckt. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist in Schweden Ackerbau und Viehzucht, in Norwegen (Bild 51) hingegen Fischerei 51. (Heringe, Dorsch oder Kabeljau, wenn ge- Norwegische Frauentracht. . ' ' ' N ' ? trocknet, Stockfisch genannt). Von großer Bedeutung ist der Bergbau auf Eisen, Kupfer und Silber. Einen besondern Reichtum bilden die unermeßlichen Wälder, welche den größten Teil des bebaubaren Bodens bedecken. — Die In- dustrie ist in der Entwicklung gehemmt durch den Mangel an Steinkohlen, der nur zum Teil durch den Reichtum an Wasserkräften ersetzt wird. Sie beschäftigt sich vornehmlich mit Verarbeitung des Holzes (Bautischlerei, Zündholzfabrikation) und des Eisens. — Leb- haft ist der Seehandel (Norwegen allein hatte 1897 über 7000 Seeschiffe, darunter 960 Dampfer). V. a) Skandinavien ist unter allen europäischen Ländern am schwächsten bevölkert. Auf der großen Fläche von 776000 qkm leben nur 7 Millionen Menschen, also wenig mehr als in dem kleinen Belgien. Auf 1 qkm treffen 9 Bewohner.

2. Erdkunde - S. 159

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 159 — gewonnen: Gold, Platina, Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Zink und Salz. Auch hat Rußland mächtige Steinkohlenlager und ergiebige Petroleumquellen (am Kaspischen Meere). Trotz so reicher natürlicher Hilfsquellen steht die russische In- dustrie noch hinter der westeuropäischen zurück, hat aber in den letzten Jahrzehnten einen großen Aufschwuug genommen. Von Be- deutung ist die Eisenindustrie, die Baumwoll-, Woll- und Leinen- Weberei, die Lederfabrikation (Juchten) und Rübenzuckerbereituug. Der Haudel Rußlands ist jetzt schon von großer Wichtigkeit und dabei noch in steter Ausdehnung begriffen. Zur Ausfuhr ge- langen vornehmlich: Getreide, Flachs, Hanf, Holz, Petroleum, Zucker, Wolle, Tiere, Talg, Pelzwerk und Leder. Dagegen müssen fast samt- liche Luxus- und ein großer Teil der Industrie-Artikel noch ein- geführt werden. V. a) Obwohl das europäische Rußland 106 Millionen Ein- wohn er zählt, so ist es doch unter allen europäischen Ländern nach Skandinavien am schwächsten bevölkert; denn aus 1 qkm treffen nur 20 Menschen. Wäre Rußland so dicht wie z. B. Deutschland bewohnt, so müßte es auf seinem Flächenraum von 5 390 000 qkm ungefähr 500 Millionen Einwohner haben; aber große Bodenstrecken Rußlands sind des kalten Klimas wegen sehr schwach bevölkert. So hat der Bezirk Archangelsk, der Deutschland an Größe weit übertrifft, nur 350 000 Bewohner. — Die dichteste Bevölkerung findet sich in der Mitte Rußlands. — Nur 16 Städte des un- geheuren Reiches haben mehr als 100 000 Einwohner. d) Bezüglich der Abstammung herrscht in der Bevölkerung Rußlands eine sehr große Mannigfaltigkeit. Doch ist der slavische Stamm so stark vorherrschend, daß ihm mehr als 4/5 der Gesamt- bevölkerung angehören. Unter den verschiedenen Völkern des slavischen Stammes bilden die Russen (80 Millionen) weitaus die Mehrzahl gegenüber den Polen (71/2 Millionen). Außerdem leben in Rußland: 1. über 11/2 Mill. Deutsche'(besonders in den Ostseeprovinzen und den südrussischen Kolonien); 2. 4 Mill. Letten (in Litauen und Kurland);

3. Erdkunde - S. 162

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 162 — oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham". — Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel. — Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge- legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig. 2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.) ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow (175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und Wolle. Universität. 3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak- baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.), ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel- Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew (92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien. 4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste Stadt Litauens. 5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor- orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie. 6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa- Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels- platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt (60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat, rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. — Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten 283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee, wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.

4. Erdkunde - S. 190

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 190 — Kaukasien liegt zu beiden Seiten des Kaukasus, der als ein wildes, schwer überschreitbares Gebirge sich vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meere erstreckt. Der Elbrns ragt 5600 m hoch empor. Nordkaukasien ist vorherrschend Steppenland, Süd kau- kasien hat mildes Klima und reiche Vegetation. — Die 9 Mil- lionen Einwohner gehören verschiedenen Stämmen an, unter denen die Tscherkessen und Georgier durch Körperschöuheit hervorragen. Tiflis (161000 ($.) ist eine wichtige Handelsstadt. — Eine Eisenbahn verbindet es einerseits mit Baku (112 000 E.) am Kaspischeu Meere, in dessen Nähe sehr ergiebige Petroleumquelleu sind, andererseits mit dem Hafen Batum am Schwarzen Meere. Westturkestau (Turan) ist teils öde Sandwüste, teils Steppen- land, dessen Bevölkeruug zum Nomadeuleben gezwuugen ist; nur einige Oasen und Gebirgsthäler zeichnen sich durch Fruchtbarkeit aus und liefern hauptsächlich Seide und Baumwolle. Rußland beherrscht den größten Teil. Sitz der Regierung ist die Stadt Taschkent (156 000 E.) am Fuße des Tienschan. Wichtige Handelsplätze sind: Samarkand (55 000 E.) und Kokaud (82 000 E.). Die Chauate Chiwa und Buchara mit den gleichnamigen Hauptstädten steheu unter russischer Schutzherrschaft. Nordasien. Ganz Nordasien wird von der russischen Provinz Sibirien ein- genommen, welche sich vom Ural bis zum Großen Ocean erstreckt. An Größe (12^ Millionen qkm) übertrifft Sibirien ganz Europa; dagegen zählt es kaum 6 Millionen Einwohner. — Der west- liche Teil ist Tiefebene, der östliche Gebirgsland. Mehr als die Hälfte der uugeheueru Bodenfläche ist nicht anbaufähig. — Die einheimische Bevölkerung sind mongolische Nomaden. Die europäischeu Einwohner sind russische Ansiedler oder verbannte Verbrecher und dereu Nachkommen. Die Hauptprodukte Sibiriens sind: wertvolle Pelze, Holz und Getreide, an Mineralien besonders Gold und Graphit, außerdem

5. Freiburger Lesebuch - S. 42

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 42 — wälder hielten das Dreisamtal und die benachbarten Berge besetzt, die Obermarkgräfler lagerten auf dem Felde bei St. Georgen, die Niedermarkgräfler am Mooswald hinab und die Ortenauer beim Dorfe Zähringen. So war Freiburg eng umschlossen. Die Bauern drohten, die Stadt dem Boden gleichzumachen. Die Stadt war ganz auf sich selbst angewiesen, von der Regierung war keine Hilfe zu erwarten. Aber Rat und Gemeinde verloren den Mut nicht. Man teilte die waffenfähigen Bürger nach den Zünften in zwölf Haufen, welche die Türme und Stadtmauern zu verteidigen hatten. Die Universität stellte drei Rotten, die Adeligen bildeten eine Reiterei von 50 Mann. Den Oberbefehl führte nach dem Herkommen der Obristmeister der Zünfte. Diese Verteidigungskräfte waren freilich gegen die Macht des Feindes sehr gering, und der wichtigste Punkt, der Schloßberg, der die Stadt beherrscht, konnte nur sehr schwach besetzt werden. Nachdem die Schwarzwälder die Burg Wiesneck eingenommen hatten, gruben sie der Stadt das Wasser zu den Brunnen und Mühlen ab, besetzten die Kartause und bestiegen von da die Höhe des Schloßbergs. Es war ein schöner Maiabend; die Herren vom Adel saßen, wie gewöhnlich, auf dem Münsterplatz vor ihrem Gesellschaftsbaus zum Ritter, dem heutigen erzbischöflichen Palais, als plötzlich vom Schloßberg her etliche hundert Schüsse aus Hakenbüchsen verkündeten, daß das feste Blockhaus, das auf der heutigen Ludwigshöhe stand, von den Bauern genommen sei. Sogleich wurde Sturm geschlagen, und die Bürgerschaft blieb die Nacht hindurch unter Waffen. Die Bauern aber zogen schweres Geschütz den Berg hinauf und beschossen damit am folgenden Tag die Stadt und sogar den Münsterturm, den sie dem Kirchzartner Turme gleichzumachen drohten. Die Reiterei versuchte einen Ausfall, aber kaum vor dem Tore angelangt, mußte sie sich wieder zurückziehen, wobei ein Herr von Falkenstein durch eine Kanonenkugel getötet wurde. Auch im Innern der Stadt drohte Gefahr. Ein Teil der Einwohnerschaft erklärte sich für die „gerechte Sache“ der Bauern, und man mußte wahrnehmen, daß sogar die Stadtwachen allerlei Treulosigkeiten begingen. Es blieb daher der Stadt nichts übrig als mit den Bauern in Unterhandlungen zu treten. Diese verlangten, daß Freiburg Mitglied des großen Bauernbundes werde, das übliche Herdstattgeld, nämlich wöchentlich zwei Kreuzer vom Hause, entrichte, vier Falkonetlein an Geschützen abtrete und ein Verehrgeld von 3000 Gulden gebe. Dafür behielt Freiburg die Obrigkeit des Hauses Österreich, und allen Einwohnern wurde Sicherheit ihres Leibs und Guts verheißen. Am 23. Mai wurde der Eid geleistet, mit dem sich Freiburg in die Brüderschaft der Bauern begab, ohne zu wissen, daß Herzog Anton von Lothringen bereits am 17. Mai bei Bergzabern 14000 Bauern geschlagen hatte und im Begriff war, auch über die andern Haufen des Landes herzufallen und nach ihrer Vernichtung über den Rhein zu gehen. Mit der Macht der Aufständischen war es damit rasch zu Ende. Im Juli erlitten die Bauern bei Steißlingen (in der Nähe von Radolfzell) eine

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 56

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
56 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. dieses thun können, wenn sie arm und hilflos geblieben wären? So wurden auch die Bisthümer von wohlmeinenden Fürsten und Reichen mit Land und Leuten ausgestattet, denn es gab damals keine Staats- und Provinzialkassen, aus denen man den Bischöfen einen entsprechen- den Gehalt hätte schöpfen können, sondern fast alles Einkommen beruhte auf Grundbesitz, dieser aber bedurfte Leute, von denen er bebaut wurde. Eine Ausstattung des Bisthums mit Land und Leuten war in der damaligen Zeit überdies deßwegen nothwendig, weil ohne dieselbe der Bischof in der Nation nie eine seiner Würde entsprechende Stellung hätte einnehmen können, wodurch seine Wirksamkeit gelähmt worden wäre; hätte ein armer Bischof am Hofe des Königs, in den März- versammlungen und in den Reichstagen erscheinen können; würde er neben den stolzen Grundherren allein durch seine geistliche Würde die gebührende Achtung genossen haben? Wohl selten und theilweise gerade deßwegen, um solches Mißverhältniß zu beseitigen, dotierten die Mäch- tigen und Neichen die Bisthümer. Zudem war nur ein Theil des bischöflichen Einkommens für die Person des Bischofs bestimmt, ein an- derer für die Bedürfnisse seiner Kleriker und Kirchen, ein dritter für die Armen. Daß großer Besitz mannigfaltige Gefahren hat, ist eine bekannte Thatsache; der Inhaber verfällt gerne dem Stolze und der Genußsucht und erregt bei anderen Neid und Begehren nach fremdem Gute. Zu jener Zeit hatte der reiche Besitz der Bisthümer und Abteien für manche Franken einen solchen Reiz, daß sie dessen Genuß von dem Könige oder Hansmeier verlangten, wenn sie auch für den geistlichen Beruf nicht entfernt eine Neigung verspürten. Die merowingischen Kö- nige und noch mehr die ersten Karolinger vertheilten deßwegen die Stifte oder manchmal den Genuß von deren Güter an vornehme und tapfere Franken als Gunst und Dank (Laienäbte, Abtgrafen), oder sie zogen die Güter geradezu für sich selber ein. Was unter solchen Um- ständen und bei den fortdauernden Kriegen aus dem niederen Klerus werden mußte, läßt sich leicht denken; er verwilderte und das Volk noch mehr. Deßwegen eiferte St. Bonifacius, durch päpstliche Schreiben unterstützt, auf den Koncilien besonders gegen jenen Mißbrauch der Kir- chengüter und setzte es auch wirklich durch, daß die eingezogenen Kirchen- güter herausgegeben, unwürdige Bischöfe und Priester entlassen und die strengeren Verordnungen der kirchlichen Disciplin eingeschärft wurden. Namentlich wurde der Kriegsluft, welche manchem Prälaten damaliger Zeit als dem Sohne kriegerischer Geschlechter angeboren war, Einhalt geboten; so war z. B. der Vorfahre des St. Bonifacius auf dem bi- schöflichen Stuhle zu Mainz ein adeliger Franke, dessen Vater gegen die Sachsen geblieben war; der Bischof zog deßwegen bei einem neuen Kriege mit aus, ließ den Sachsen, der seinen Vater erschlagen hatte,

7. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 33

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Klosterämter: Kastvogt, Meier, Keller. 33 Die Klosterämter: Kastvogt, Meier, Keller. Nun sollten aber die Klöster ihre Unterthanen gegen Angriffe ver- theidigen oder sie in das Feld führen, wenn der Landesherr zu den Waffen rief; sie sollten Gericht halten, in ihren Sachen vor Gericht erscheinen, Abgaben einziehen u. s. w.; nach dem Gesetze der Kirche jedoch (das freilich oft genug übertreten wurde) durfte kein Geistlicher Blut vergießen, weder als Krieger noch als Richter, und auch das Ein- ziehen der Steuern glaubte man für Mönche nicht passend. So ent- standen bei den großen Stiften Aemter, welche von Weltlichen begleitet wurden. Das Wichtigste dieser Aemter war die Käst- oder Schirm- vogtei, die immer von angesehenen adeligen Geschlechtern, gewöhnlich von den Nachkommen des Stifters, versehen wurde. Ein solcher Vogt hatte die Verpflichtung, das Stift gegen Gewaltthat zu schützen, dessen Rechte zu vertheidigen und im Nothfalle die Klosterleute in das Feld zu führen und ihnen mit seinen eigenen Angehörigen beizustehen. Außerdem richtete der Kastvogt über Mord, Brand, Raub, Diebstahl, Verwundung u. s. w. und kam zu dem Behufe zu bestimmter Zeit an den Gerichts- ort; während er anwesend war, mußte das Stift ihn und sein Gefolge, auch seine Pferde, Hunde und Jagdfalken verköstigen. Außerdem erhob der Kastvogt eine bestimmte Steuer; von den Geldstrafen erhielt er wenig- stens ein Drittheil, so daß also eine Kastvogtei ein sehr einträgliches Amt war. Aber vielmal sah sich dieser Schirmherr geradezu als Herrn des Klosters an. In zahllosen Urkunden wird über Gewaltthätigkeit, Eigenmächtigkeit, Beeinträchtigung des Stiftsgutes durch die Kastvögte geklagt, und es wird häufig genau bestimmt, wie oft der Kastvogt kommen, mit wie viel Männern und Pferden, wie lange er bleiben dürfe u. s. w. Das half jedoch gewöhnlich nicht lange; die durch Krieg, Erbtheilung und Verschwendung heruntergekommenen Adeligen sahen nur mit Neid auf den reichen Besitz des von ihren Vorfahren gestifteten Klosters; an- dere suchten Erweiterung ihrer Herrschaft und meinten dazu das Geld und die Leute des Klosters wohl brauchen zu können. Gegen solche Herren halfen Urkunden gar nichts, Bann und andere geistliche Strafen nicht viel, daher bemühten sich die Klöster sehr, ihrer Kastvögte ganz los zu werden und durch eigene weltliche Beamte jene Obliegenheiten zu besorgen. Ein Stiftsamt war ferner das des Meiers. Die größeren Hof- güter theilte man gewöhnlich wieder in kleinere Wirthschaften, welche Huben (40 Jucharte), Schuppisen und Ronkalen genannt wurden. Das größte derselben und der Mittelpunkt hieß in Alemannien der Kellhof, und der Oberaufseher eines solchen Meier (villicus). Diesem lag die Leitung des Feldbaues ob und der Einzug der Gefälle. Gewöhnlich aber wur- Bumüller, Gesch. d. Mittelalters. A

8. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 35

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die andern europäischen Völker. Dänen, Schweden, Norweger, Finnen. 35 schöfen und Synoden vor, daß die Herren das Schindel- oder Strohdach der Kirche nicht abdecken, um damit das eigene Haus zu versorgen, daß sie nicht ihr Heu oder Stroh in der Kirche unterbringen u. s. w. Die Kirchen und die Priester erhielten auch Opfer (oblatio), Ver- gabungen (solche Briefe wurden auf den Altar gelegt), und in den meisten Gegenden Deutschlands verstanden sich die Leute zur Entrichtung des Zehntens an die Bischöfe. Die Bildung der Pfarrherren war, wie schon gesagt, meistens sehr nothdürftig: wo hätten sie auch studieren sollen, und wer hätte für ihren Unterhalt gesorgt? Nach einer späteren Verordnung mußten sie die Psalmen, die Taufgebete und die bei andern hl. Handlungen vorge- schriebenen Gebete aus dem Gedächtnisse hersagen können; sie mußten sich eine Auslegung des Vaterunsers und christlichen Glaubens sowie eine Homilie St. Gregors anschaffen, die ihnen als Predigtmuster dienen sollte; in ihren Predigten sollten sie die christliche Religion nach ihren Hauptsätzen vortragen und erklären. Sie beteten in der Kirche die Tageszeiten; ihr Oberkleid war weiße Leinwand, andeutend, daß sie den Andern durch fleckenlosen Wandel voranleuchten sollten. Jeder Pfarrgenosse mußte in seine Pfarrkirche gehen und es war nicht er- laubt, eine andere zu besuchen. Taufstein und Kanzel standen in der Mitte der Kirche. Viertes Kapitel. Die andern europäischen Völker. Dänen, Schweden, Norweger, Finnen. Die nordgermanischen oder skandinavischen Stämme stehen um diese Zeit noch im Hintergründe. Kleine dänische Königreiche finden sich auf der jütischen Halbinsel, auf den Inseln zwischen dem Kattegat und dem baltischen Meere, sowie im südlichen Schweden (Holland, Blekingen, Schonen); im eigentlichen Schweden bestehen die König- reiche der Schweden und Gothen (Suealand und Götaland), in Norwegen zahlreiche kleine Staaten unter Häuptlingen oder sogenannten Königen. Die skandinavische Halbinsel ist noch in ihrer weitaus größeren Hälfte von dem finnischen oder tschudischen Stamme der Lappen (Samelads) besetzt, welche aber von den nordgermanischen Stämmen immer weiter gegen Norden gedrängt werden. Finnische Stämme (die eigentlichen Finnen zwischen dem weißen Meere, den beiden Busen des baltischen Meeres und den großen Land- 3*

9. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 32

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
32 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. nannt, der berühmteste Musiker; der andere piperis granum, Pfeffer- korn, wegen seiner Strenge so geheißen, ausgezeichnet als Arzt; der dritte Labeo, der Dicklippige, dessen Uebersetzungen ein deutscher Sprach- schatz sind), mehrere Eckeharde u. s. w.; ausgezeichnet durch Wissenschaft und Kunstgeschmack war auch Bischof Salomo Hl. von Konstanz, zu- gleich Abt von St. Gallen. Die Schulzucht war sehr streng und die Ruthe wurde nicht gespart. Es mag auch wohl nothwendig gewesen sein; denn die Knaben, welche auf dem elterlichen Hofe unter dem Gesinde aufwuchsen, mit Jagdhunden, Stoßvögeln und Rossen am frühesten um- gehen lernten, mochten sich wohl schwer auf die Schulbänke und in eine genaue Ordnung fügen. Ein solcher Zögling zündete einmal das Stift an, als er auf den Dachboden nach Ruthen geschickt wurde. Dieses Kloster und andere sz. B. Reichenau, Fulda, Korvei, Prüm, Münster, Lützel, Weißenburg, Kremsmünster, St. Florian, Benedikt- beuern re.) waren die Bildungsstätten, aus denen die tüchtigsten Geist- lichen und Bischöfe hervorgingen. In ihnen erhielt sich die Liebe zur Wissenschaft, und ihnen verdanken wir es größtentheils, daß uns nicht alle Bücher der Alten verloren gegangen sind. Nach und nach entstanden noch viele andere Klöster, auch solche von anderen Orden und anderer Bestimmung, Männer- und Frauenklöster. Das Besitzthum aller Klöster mehrte sich mit der Zeit und zwar aus sehr verschiedenen Gründen. Der erste und wichtigste ist dieser: Viele Men- schen hatten in jener Zeit den festen Glauben, daß es ein Gott wohl- gefälliges Werk sei, ein Kloster zu stiften oder zu unterstützen, damit ein Ort weiter sei auf der Welt, wo Tag und Nacht Gebet und Lob- gesang zu Gott emporsteige. Andere stifteten um Uebelthaten zu sühnen, welche sie selbst oder ihre Angehörigen begangen hatten. Ferner gingen viele Leute in die Klöster und brachten Gut mit, andere aber vermach- ten dorthin mit der Bedingung, daß jedem ihrer Nachkommen das un- bestreitbare Recht zustehe, in das Kloster einzutreten; für solche war demnach das Kloster eine Versorgungsanstalt. Viertens: Viele Freie, die sich vor der Gewaltthätigkeit der Mächtigen fürchteten, begaben sich unter den Schirm von Stiften, indem sie an dieselben gern einen mä- ßigen Zins abtrugen; unter dem Krummstab ist gut wohnen, hieß das alte Sprichwort. Dadurch wurden die Stifte Herrschaften, die Aebte Herren über Land und Leute; sie mehrten ihr Gut auch durch Kauf, während viele Adelige verdarben. So brachten es die Zeitverhältnisse mit sich, und wer es den Klöstern zum Vorwurf macht, daß sie große Grundbesitzer wurden, der verargt ihnen, daß sie überhaupt existiert und eine große Aufgabe in der Christenheit übernommen und gelöst haben.

10. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 34

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
34 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. den die Meier zu vornehm um sich mit dem Landbau abzugeben, sie ließen sich zu Edelknechten machen und verwalteten die Gerichtsbarkeit in den Streitigkeiten, welche unter den Klosterleuten über Marken, Weiderechte, Wasserleitungen, Holzfällen u. s. w. entstanden. Wo selche vornehme Meier waren, wurden Keller (cellarius) angestellt, um den Einzug der Gefälle zu besorgen. Wie die Pfarrkirchen entstanden. Am Sonntage hören wir von allen Seiten her Glockengeläute, und wenn wir auf einer Höhe stehen, erkennen wir an den Kirchthürmen die Lage der Dörfer, welche durch Hügel oder Bäume verdeckt sind; aber im siebenten, achten und neunten Jahrhundert war es anders, da gab es nur wenige Dorfkirchen; denn von den Dörfern und Gemeinden, die wir heut zu Tage sehen, waren kaum die ersten Spuren vorhanden. Man sah nur kleine Weiler, welche einem Gutsherrn gehörten, einzelne Häuser und Höfe, gewöhnlich Lehen, immer seltener ganz freies Eigenthum; den größten Theil des Bodens bedeckte Waldung. Hie und da ging es nun einem Gutsherrn zu Gemüthe, daß so viele seiner Leute ohne Kenntniß des christlichen Glaubens und ohne Genuß der Heilsmittel auf- wachsen, heranleben und endlich dahinfahren sollten; das Verderben vieler Seelen mußte er sich selbst zuschreiben. Darum bauten immer mehr solche Gutsherren weltlichen Standes (die Stifte thaten es ohnehin) auf ihren Höfen Kirchen, kleine Häuser in Form eines Schuppen, hölzern, mit Stroh oder Schindeln bedeckt, lange Zeit ohne Glasfenster. Ein Sohn des Gutsbesitzers, oder ein Verwandter, oder auch ein Leib- eigener, der aber alsdann frei wurde, erlernte in irgend einem Stifte das Nothwendigste von der Theologie, wurde geweiht und diente nun der neuen Kirche als Priester. Er wohnte auf dem Hofe und bezog von demselben seinen Unterhalt; dieser wurde ihm entweder in Natu- ralien verabreicht oder es wurden ihm liegende Güter angewiesen. Letztere blieben aber so gut als die Kirche ein Eigenthum des Gutsherrn (Pa- tronus), daher heißt es auch in alten Urkunden: „ich übergebe den Hof mit der Kirche — oder die Kirche mit dem Hofe — oder den Weiler, darin die Kirche ist" u. s. w. Die Kirchenstifler waren auch die Kirchen- herren und verkauften, verpfändeten oder vergabten die Kirche mit dem Kirchengut, oft so, daß eine Kirche mehrere Kirchenherren erhielt, eine Uebung, die freilich gegen das kanonische Recht verstieß, aber vorerst geduldet werden mußte. Auch das Kirchengut war gleich dem der Klöster nicht immer sicher; vielmal nahmen die Kirchenherren das Einkommen der Kirche lieber für sich, als daß sie die Kirche im baulichen Zustande erhielten und einen Priester besoldeten. Es kommen Verbote von Bi-
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