Kreis Mainz, bearbeitet von Fr. Ritter.
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heute noch der Totenweg, auch in Ingelheim gibt es einen Totenweg in
der Richtung nach Stadecken und noch näher dorthin eine obere und
untere Kirchwegsgewann.
Zur Karolingerzeit gab es Königsgüter zu Mainz, Ingelheim und
Nierstein. Karl der Große soll in dem alten Palast in Ingelheim ge-
boren sein, an dessen Stelle er später einen neuen erbauen ließ. Tr hielt
oft in Ingelheim, Mainz und Worms große Versammlungen ab und
ging als leidenschaftlicher Jäger fleißig jagen. Zu der Krondomäne
in Ingelheim gehörte auch ein Königswald in der Nähe von Ingelheim.
Nus dem Jahre 1545 wird uns von Ingelheim noch berichtet: ,,Ts
ligt ein klein wenig an einer höhe unndt hat ein frep gesicht in das
Rheingäw biß gen Ringen hinab, gen Menz zu hat es eine höhe, auf
der ist eine große weite (Ebene) unndt da ist vorzeiten ein Wald ge-
standen, wie man es noch auf dem Wald nennt, darin die Kaiser ihren
lust mit jagen haben gehabt. Rep Tschenheim (Tssenheim) ist noch ein stuck
verblieben von demselbigen Wald." Noch andere Urkunden, sowie heute
noch bestehende Gewannamen deuten an, daß früher die ganze hohe
Hügelterrasse von Ingelheim bis Tbersheim und bis zum Königsborn
von einem einzigen Wald, dem Königsforst Karls des Großen, bedeckt
war. Später ging dieser Wald durch Schenkungen der Herrscher in die
Hände der hohen Geistlichkeit (Bischofswald, Kurfürstenwald) über, und von
dieser wurden wieder kleinere Teile an die Klöster und Stifter ver-
schenkt (Heiliggeistwald). Durch weitgehende Nodung ist der Wald auf
den heutigen Gber-Glmer Wald zusammengeschrumpft.
Ini Mittelalter zersplitterte der hohe und niedere Udel seinen Besitz
durch Teilung, Schenkung, Vererbung und Verkauf, so daß viele Dörfer
mehrere Besitzer hatten. Der Besitz wechselte oft, und die einzelnen
Dörfer gingen wie eine Ware von Hand zu Hand. Die Besitzer waren
entartet und dachten nur daran, die Bauern durch Ubgaben zu be-
drücken, und viele lebten von Raub und Fehde. Sie überfielen den
Kaufmann auf offener Straße und beraubten ihn, und um die Dörfer und
Felder berauben und verwüsten zu können, sagten sie einander Fehde
an. Diese wurden weniger durch Gefechte entschieden, sondern durch
Rauben und plündern, indem jeder Ritter die Dörfer und Felder des
andern Ritters überfiel. Um in diesen Zeiten der Bedrängnis wenigstens
einigermaßen Schutz zu haben, umgab man die Dörfer mit tiefen Gräben
und bepflanzte diese mit Ulmen (Rüstern oder Tffen). Diese schlank
aufstrebenden Bäume gestatten ein sehr enges Pflanzen. Zwischen ihnen
wurden die Gräben mit Strauchwerk (Schwarzdorn) angepflanzt, dessen
Zweige niedergebogen und miteinander verflochten wurden. Dem Ritter
und seinen Reisigen zu Pferd boten der Graben, die eng gepflanzten Tffen
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Menz Karls
10 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 2.
Wasser der gefüllten Lchleusenkammer brausend, schäumend und zischend
zwischen den geöffneten Torflügeln hindurchschießt und Wasser und Schiff
in der Kammer sich langsam zur höhe des unteren Wasserspiegels senken.
Die letzte schleuse des Maines befindet sich bei Xostheim, deren Durch-
gangsverkehr jährlich 25 000 schiffe und 1700 Flöße beträgt?)
Seliges Land! Kein Hügel in dir wächst ohne den Weinstock,
Nieder ins schwellende Gras regnet im Herbste das Obst.
Friedrich Hölderlin.
Die Xheinebene bei Mainz wird durch vorspringende Hügel geteilt.
Zwischen Mainz und Weisenau treten die einzelnen Hügel hart an den
Xhein heran und lassen nur einen schmalen Weg für die Landstraße und
Eisenbahn frei. Die oberhalb von Mainz gelegene Ebene von Lauben-
heim hat neben dem milden Xlima der Xheinebene (10° d. mittlere
Iahreswärme) noch den Schutz der steilen Xbhänge der Hügellandschaft.
Xn den weiten Wiesengrund im Xheingelände schließen sich die Gärt-
nereien von Laubenheim und Weisenau mit Gemüsebau und Blumen-
zucht, die ertragreichen Gbstpflanzungen, und die steilen Bbhänge hinauf
Zementwerke in Weisenau.
ziehen sich die Weinberge hinan, wo die berühmten Laubenheimer Weine
reifen. Laubenheim ist der bedeutendste Weinort des Xreises, und Wein-
marken wie Laubenheimer hitz, Dammsberg, Steig u. a. haben bei allen
Weintrinkern einen guten Xlang. Die Xalksteine zwischen Laubenheim
0 Beobachte das Steigen und Fallen des Wassers am Rheinpegel! Zeichne
eine Pappel! Miß auf den Brücken die Breite des Rheins und Mains! Baue
aus einer Zigarrenkiste eine Schleusenkammer! Vergleiche ein Mühlwehr mit dem
Nadelwehr!
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Hölderlin Friedrich
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Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr 2.
einmal zur Getreidebörse vereinigen. Der viehhandel in dem neu-
erbauten Zchlacht- und Viehhof ist sehr ansehnlich, ferner findet ein
lebhafter Handel mit allen waren des täglichen Gebrauchs nach dem
aufnahmefähigen Hinterlande von Mainz statt. Wie bedeutend der
Handel und verkehr ist, ergeben einige Zahlen. Täglich laufen in
wainz und Kastei mehrere hundert Personen- und Güterzüge ein, es
werden jährlich 2,9 Millionen Fahrkarten ausgegeben, und oer Erlös
aus Fahrkarten und Fracht für Güter- und viehverkehr betrug 1911 nahe-
zu 9i/2 Millionen Mark. 3n demselben Jahre legten in Mainz urtb Kastei
9317 Zchiffe und 537 Flöße an, ohne die Personenschiffe von Mainz
nach Biebrich, Kostheim, Ginsheim und Kastel. Der Güterverkehr betrug
in dem Hafen Mainz- Kastei—kmöneburg 1 499 138 Tonnen und für
Gustavsburg 1 073 071 Tonnen, zusammen 2 572 809 Tonnen.
Geschichte der Stadt.
Mainz.
Das heitre Mainz! Im goldnen Tageslicht
seht Ihr's gestreckt am breiten Rheine liegen.
Ein lebensvolles Bild! Ihr merkt es nicht,
was cs gelitten einst in rauhen Kriegen
So lob ich's mir! Cs läßt der rechte Mut
sich nicht durch Hunger, Not und Angst besiegen,'
vergessen ist der Feuerbrünste Glut,
Kanonendonner, der dich schoß zusammen,
der Strom der Zeit wusch ab das rote Blut,
Du stiegst, ein stolzer Phönix, aus den Flammen!
Des Rheines Leben seht Ihr tausendfach
dahin am Strand in üpp'gen Adern quellen:
Am Ufer ist der Schiffer Leben wach,
manch Boot kommt an und manches sucht die Wellen;
Zuruf, Gejauchze, Scherz, Matrosensang
von sonngebrannten, kräftigen Gesellen
klingt dir ins Ohr; die weite Werft entlang
schiebt man in Ballen fremder Länder Waren,
Dazwischen ziehen Gäste hin im Drang,
ein Dampfer hat sie brausend angefahren.
Wolfgang Müller: „Rheinfahrt".
wenn wir den Blick abwenden von den zahlreichen Schöpfungen
der Neuzeit, die dem Handel und verkehr, der Industrie und dem Ge-
werbe dienen, und ihn den Ftraßen der Kltstadt zuwenden und uns
in den dämmerigen, engen Gäßchen aufmerksam umsehen, so finden wir
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Kreis Mainz, bearbeitet von Fr. Ritter. 9
Teil als Zinkstoffe sich gleichmäßig niederschlugen und so die wagrechte
und fruchtbare Ebene schufen.
Der Rhein fließt immer tiefer liegenden Gegenden zu, bis er endlich
im Meere die tiefste Stette gefunden hat, dessen Oberflächenspiegel man
mit 0 m höhe angibt. Der Wasserspiegel des Rheines hat bei Mainz
84 m höhe, so daß das Gefäll des Rheines bis zum Meere 84 m beträgt.
Die umliegende Rhein- und Mainebene hat dieselbe hohe oder ist nur
wenig hoher. Ls wäre dem Rhein leicht, auch heute noch bei Hoch-
wasser die Ebene zu überschwemmen. Um den Verwüstungen des Hoch-
wassers zu begegnen, sind die Uferböschungen durch Pflasterungen be-
festigt und zur Rufnahme des Hochwassers in einiger Entfernung vom
Strome hohe Dämme erbaut. Trotzdem können im Frühjahr, wenn sich
bei Hochwasser das Treibeis des Rheines ,,stellt", Hochwassergefahren
eintreten. Rn manchen alten Gebäuden zeigen Marken die höhe des
Hochwassers vergangener Jahre an und erzählen dem heutigen Geschlecht
von dem Rufbäumen des Elementes gegen die von Menschenhänden ge-
zogenen Schranken.
Das mitgeführte Geröll und den Sand setzte der Rhein an Stetten
mit geringer Strömung ab und bildete langgezogene, an beiden Enden
spitz zulaufende Sand- und Schotterinseln oder ,,Ruen". Diese sind meist
mit Gras bedeckt oder werden als Rckerfeld bepflanzt und sind am Ufer
mit Ruschwerk eingesäumt. Richt selten ragen hier wie an den Ufern
des Rheines die hohen, schlanken Pappeln in malerischen Gruppen bei-
sammenstehend oder in langen Rlleen am Ufer hin geordnet - in die
weite Ebene hinein und verleihen ihr ein eigenartiges Sandschaftsgepräge.
5ort und fort lagert der Rhein Sand und Schalter in seinem Flußbett
ab und versperrt so nicht selten durch Sandbänke die Fahrrinne. Durch
Duhnenbauten (Rrippen) und Daggerungen sucht man dieser Neigung des
Stromes entgegenzuwirken. Der von der Daggermaschine herausbeförderte
Sand und Schotter wird als Daumaterial verwendet.
Da der Main lange nicht so breit ist als der Rhein, so ist auch sein
Fahrwasser weniger tief. Reben Rusbaggerungen muß hier die Tiefe
des Fahrwassers durch Stauungen des Maines erreicht werden. Der
Staudamm mit dem Nadelwehr läßt das Wasser anschwellen, und die
angebaute Schleuse hebt und senkt das Schiff oder Floß, damit
es seine Weiterfahrt fortsetzen kann. Es ist sehr unterhaltend
zu sehen, wie die Schiffe durch den Schleusenkanal in die große
Schleusenkammer einfahren, wie dann die beiden Flügel des mäch-
tigen Schleusentores sich schließen und das Wasser in der Rammer
langsam mit dem eingefahrenen Schiffe bis zur pöhe des oberen
Wasserspiegels ansteigt,- fast beängstigend aber ist es, wenn das
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