— 158 —
Dieselben sind aber trotz ihres Wasserreichtums wegen der vielen
Wasserfälle — wenn diese nicht durch Kanüle umgangen sind —
nur teilweise schiffbar. Die bedeutendsten Flüsse sind : Tornea-Els,
Dal-Elf, Klar-Els (Göta-Els) und Glommen. — Unter den zahl-
reichen Seen sind die größten der Wen er-, Wetter- und Mälar-
see. Mit Benutzung der beiden ersteren Seen führt eine Kanal-
Verbindung aus dem Skager Rak in die Ostsee.
Iv. Das Klima ist im Westen infolge der oceanischen Lage
und der erwärmenden Nähe des Golfstromes viel milder als in
allen andern Ländern mit gleicher geographischer Breite. Das
Meer gefriert hier fast nie, und in den geschützten Fjorden gedeiht
selbst noch Obst. Weniger begünstigt ist die
Ostseite der Halbinsel. Südschweden ist fin-
den Getreidebau sehr geeignet. Im Hoch-
lande aber sind weite Flächen mit Gletschern
und ewigem Schnee bedeckt.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist in
Schweden Ackerbau und Viehzucht, in
Norwegen (Bild 51) hingegen Fischerei
51. (Heringe, Dorsch oder Kabeljau, wenn ge-
Norwegische Frauentracht. . ' ' ' N ' ?
trocknet, Stockfisch genannt). Von großer
Bedeutung ist der Bergbau auf Eisen, Kupfer und Silber. Einen
besondern Reichtum bilden die unermeßlichen Wälder, welche
den größten Teil des bebaubaren Bodens bedecken. — Die In-
dustrie ist in der Entwicklung gehemmt durch den Mangel an
Steinkohlen, der nur zum Teil durch den Reichtum an Wasserkräften
ersetzt wird. Sie beschäftigt sich vornehmlich mit Verarbeitung des
Holzes (Bautischlerei, Zündholzfabrikation) und des Eisens. — Leb-
haft ist der Seehandel (Norwegen allein hatte 1897 über 7000
Seeschiffe, darunter 960 Dampfer).
V. a) Skandinavien ist unter allen europäischen Ländern am
schwächsten bevölkert. Auf der großen Fläche von 776000 qkm
leben nur 7 Millionen Menschen, also wenig mehr als in dem
kleinen Belgien. Auf 1 qkm treffen 9 Bewohner.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
— 159 —
gewonnen: Gold, Platina, Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Zink und
Salz. Auch hat Rußland mächtige Steinkohlenlager und ergiebige
Petroleumquellen (am Kaspischen Meere).
Trotz so reicher natürlicher Hilfsquellen steht die russische In-
dustrie noch hinter der westeuropäischen zurück, hat aber in den
letzten Jahrzehnten einen großen Aufschwuug genommen. Von Be-
deutung ist die Eisenindustrie, die Baumwoll-, Woll- und Leinen-
Weberei, die Lederfabrikation (Juchten) und Rübenzuckerbereituug.
Der Haudel Rußlands ist jetzt schon von großer Wichtigkeit
und dabei noch in steter Ausdehnung begriffen. Zur Ausfuhr ge-
langen vornehmlich: Getreide, Flachs, Hanf, Holz, Petroleum, Zucker,
Wolle, Tiere, Talg, Pelzwerk und Leder. Dagegen müssen fast samt-
liche Luxus- und ein großer Teil der Industrie-Artikel noch ein-
geführt werden.
V. a) Obwohl das europäische Rußland 106 Millionen Ein-
wohn er zählt, so ist es doch unter allen europäischen Ländern
nach Skandinavien am schwächsten bevölkert; denn aus 1 qkm
treffen nur 20 Menschen. Wäre Rußland so dicht wie z. B.
Deutschland bewohnt, so müßte es auf seinem Flächenraum von
5 390 000 qkm ungefähr 500 Millionen Einwohner haben; aber große
Bodenstrecken Rußlands sind des kalten Klimas wegen sehr schwach
bevölkert. So hat der Bezirk Archangelsk, der Deutschland an Größe
weit übertrifft, nur 350 000 Bewohner. — Die dichteste Bevölkerung
findet sich in der Mitte Rußlands. — Nur 16 Städte des un-
geheuren Reiches haben mehr als 100 000 Einwohner.
d) Bezüglich der Abstammung herrscht in der Bevölkerung
Rußlands eine sehr große Mannigfaltigkeit. Doch ist der slavische
Stamm so stark vorherrschend, daß ihm mehr als 4/5 der Gesamt-
bevölkerung angehören. Unter den verschiedenen Völkern des slavischen
Stammes bilden die Russen (80 Millionen) weitaus die Mehrzahl
gegenüber den Polen (71/2 Millionen). Außerdem leben in Rußland:
1. über 11/2 Mill. Deutsche'(besonders in den Ostseeprovinzen
und den südrussischen Kolonien);
2. 4 Mill. Letten (in Litauen und Kurland);
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Ortsnamen: Skandinavien Deutschland Archangelsk Deutschland Polen Rußland Kurland
— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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— 190 —
Kaukasien liegt zu beiden Seiten des Kaukasus, der als ein
wildes, schwer überschreitbares Gebirge sich vom Schwarzen bis zum
Kaspischen Meere erstreckt. Der Elbrns ragt 5600 m hoch empor.
Nordkaukasien ist vorherrschend Steppenland, Süd kau-
kasien hat mildes Klima und reiche Vegetation. — Die 9 Mil-
lionen Einwohner gehören verschiedenen Stämmen an, unter denen
die Tscherkessen und Georgier durch Körperschöuheit hervorragen.
Tiflis (161000 ($.) ist eine wichtige Handelsstadt. — Eine
Eisenbahn verbindet es einerseits mit Baku (112 000 E.) am
Kaspischeu Meere, in dessen Nähe sehr ergiebige Petroleumquelleu
sind, andererseits mit dem Hafen Batum am Schwarzen Meere.
Westturkestau (Turan) ist teils öde Sandwüste, teils Steppen-
land, dessen Bevölkeruug zum Nomadeuleben gezwuugen ist; nur
einige Oasen und Gebirgsthäler zeichnen sich durch Fruchtbarkeit
aus und liefern hauptsächlich Seide und Baumwolle.
Rußland beherrscht den größten Teil. Sitz der Regierung ist
die Stadt Taschkent (156 000 E.) am Fuße des Tienschan.
Wichtige Handelsplätze sind: Samarkand (55 000 E.) und
Kokaud (82 000 E.).
Die Chauate Chiwa und Buchara mit den gleichnamigen
Hauptstädten steheu unter russischer Schutzherrschaft.
Nordasien.
Ganz Nordasien wird von der russischen Provinz Sibirien ein-
genommen, welche sich vom Ural bis zum Großen Ocean erstreckt.
An Größe (12^ Millionen qkm) übertrifft Sibirien ganz Europa;
dagegen zählt es kaum 6 Millionen Einwohner. — Der west-
liche Teil ist Tiefebene, der östliche Gebirgsland. Mehr als die
Hälfte der uugeheueru Bodenfläche ist nicht anbaufähig. — Die
einheimische Bevölkerung sind mongolische Nomaden. Die
europäischeu Einwohner sind russische Ansiedler oder verbannte
Verbrecher und dereu Nachkommen.
Die Hauptprodukte Sibiriens sind: wertvolle Pelze, Holz
und Getreide, an Mineralien besonders Gold und Graphit, außerdem
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Ortsnamen: Kaukasus Tiflis Baku Taschkent Samarkand Buchara Nordasien Nordasien Sibirien Sibirien Europa Sibiriens
Die neuen und neuesten Santene der Schweiz. §. 57.
259
enthält die größte, bevölkertste (31,000, mit den Außengemeinden
40,000 E.) und reichste Stadt der Schweiz, welche ihrer Stellung am
Fuße des Alpenlandes und an der Oeffnung verschiedener, dort auslau-
fender Thäler ihre historische und commercielle Bedeutung verdankt, zu-
gleich in geistiger Beziehung allen Städten der französischen Schweiz
weit überlegen ist und dem „gelehrten" Zürich an wissenschaftlicher Bil-
dung und literarischen Berühmtheiten nicht nachsteht.
17—19. Die drei neuen Cantone der deutschen Schweiz haben
das Gemeinschaftliche, daß sie alle drei auf bedeutende Strecken vom
Rheine (einschließlich des Bodensees) begrenzt werden, Aargau ge-
hört größtentheils, Thurgau ganz der hier hügelsörmigen Ebene an,
St. Gallen vorzugsweise dem Alpenlande. — Aargau umfaßt das
Gebiet des Zusammenflusses sämmtlicher Aar-, Reuß-, Limmat- und
Rheingcwässer, in welchem außer der wenig bedeutenden Hauptstadt
Aarau der älteste und besuchteste Badeort der Schweiz, Baden (von
der Limmat durchströmt), liegt. In einiger Entfernung von dem Ein-
flüsse der Reuß und Liinmat erheben sich über der Aar die Trümmer
der Habsburg. — Die hügelförmige Landschaft des Thurgau, zu beiden
Seiten der Thur und östlich bis zum Bodensee, hat viele Schlösser,
aber keine irgend bedeutende Stadt (Hauptstadt Frauenseld, mit nur
2500 E.). — Im Canton St. Gallen, welcher sich vom Züricher-
und Wallenstätter- bis zum Bodensee und Rhein ausdehnt, ist die gleich-
namige Hauptstadt (11,000 E.) durch Fabrikfleiß und die literarischen
Schätze der um das Jahr 630 vom hl. Gallus gestifteten Abtei (auf-
gehoben 1805), von wo aus die Eultur sich einst über das Schwaben-
land und über ganz Deutschland verbreitete, Rorschach, als Hafenort
am Bodensee, und Rapperschwyl, als Hafen am Zürichersee (der
Brücke gegenüber), wichtig. Das Bad Pfäffers s. S. 222.
20—22. Die drei südlich en und südöstlichen Cantone gehören
sämmtlich dem Alpenlande an. Graubünden (das Land der grauen,
d. h. alten Romanen, Grisons) oder das Quellengebiet des Rheines, an
welches sich das kleinere Quellengebiet des Inn angeschlossen hat, ist der
größte (140 □ M., also beinahe Vs der Schweiz) und zugleich der am
schwächsten bevölkerte von allen Cantonen. Er gibt durch seine schroffen
Gegensätze in der plastischen Gestaltung, in der Vegetation (fruchtbare
Thäler, auf dem Südabhang der Alpen Kastanienwälder, wechseln ab
mit wüsten Einöden und Gletschermassen) und in der Bevölkerung nach
Abstammung, Sprache, Religion und Sitten (Vz deutsch, % romanisch
mit verschiedenen Dialeeten, Vr katholisch, Zu protestantisch, selbst pro-
testantische Italiener finden sich im S.) ein Bild der Alpenwelt im
Kleinen und macht so speziell den Uebergang von Mittel- zu Südeuropa,
wie dies von der ganzen Schweiz im Allgemeinen behauptet werden
kann. Der Canton bildete lange neben der schweizerischen Eidgenossen-
schaft einen besondern Bund für sich, zusammengesetzt aus drei Bünden:
dem grauen Bund, dem Gotteshausbund und dem Zehngerichte-
bund, welche (bis zur Verfassung von 1848) wieder aus einer Anzahl
(26) kleiner, unabhängiger Republiken, Hochgerichte genannt, bestanden.
17 *
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
Extrahierte Personennamen: Gallus
Extrahierte Ortsnamen: Schweiz Schweiz Rheine Thurgau Rheingcwässer Baden Habsburg Thurgau Rhein Deutschland Rorschach
Größe und horizontale Gliederung Rußlands. §. 63.
313
gange Polens, ein unmittelbarer Nachbar Deutschlands geworden war.
Nur auf dem kirchlichen Gebiete behauptete sich der ältere Einfluß s ü d -
europäischer Cultur. Aus■ dem byzantinischen Reiche hatten die
Russen das Christcnthum erhalten, und bei der zunehmenden Ohnmacht
des Patriarchen in Constantinopel erhielt die griechische Kirche in Ruß-
land eine unabhängige, nationale Entwickelung, die dem Russen um
so theurer und heiliger ward, je härtere Kämpfe (gegen Tartaren, Po-
len, Schweden) er für sie zu bestehen hatte und je mehr sie in diesen
Kämpfen selbst bemüht gewesen ist, das Nationalgefühl zu beleben und
zu stärken. In dieser Beziehung ist daher die germanische Cultur ohne
Folgen geblieben.
Lage und Umfang.
Das russische Reich erstreckt sich in einer Ungeheuern, nur
durch eine schmale Meerenge (welche?) unterbrochenen Breite (von
200 Graden der Länge) durch drei Erdtheile und übertrifft alle
Staaten alter und neuer Zeit bei weitem an Flächeninhalt (392,000
H3m.), denn dieser ist mehr als das Doppelte von Europa und
bildet fast den sechsten Theil der ganzen bewohnten Erde, — da-
von fallen 97,235 H3m. auf Europa, 24,300 auf Amerika, das
Uebrige auf Asien. Einzelne seiner Provinzen übertreffen an Raum
noch die größten europäischen Staaten; so ist das Gouvernement
Archangel (16,000 Ihm.) um ‘/s größer als Deutschland, das
Gebiet von Jakutzk (74,000 □ M.) sogar 2/s von Europa gleich.
Angabe der Meeres- und Landgrenzen nach der Karte!
Horizontale Gliederung.
Das europäische Rußland bildet ein ziemlich regelmäßiges
Rechteck (die Ausdehnung von S. nach N. beträgt 530 M., die
von W. nach O. 300 M.). Die Halbinselbildung ist am bedeu-
tendsten da, wo sie für die Entwicklung der Cultur und des Ver-
kehrs am wenigsten von Einfluß sein kann. Am Eismeere begren-
zen die einander gegenüberliegenden Halbinseln Kanin und Kola
den Eingang zum weißen Meere. Auch die russische Ostseeküste
erhält durch den Einschnitt des finnischen und rigaischen Busens
einige Gliederung; noch geringer ist die der Nordküste des schwarzen
Meeres durch die Krim oder die taurische Halbinsel. Ganz un-
bedeutend ist die Jnselbildung, die dem schwarzen Meere sogar ganz
fehlt. Von einer einflußreichen Küstenentwickelung kann also hier
keine Rede sein, es kommt nur 1 M. Küste auf 100 □ 90?., ein
weit ungünstigeres Verhältniß als bei irgend einem anderen euro-
päischen Seestaate.
Vertikale Gliederung.
In keinem größern europäischen Staate ist die Form des Tief-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Extrahierte Personennamen: □_M.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Constantinopel Ruß- Schweden Europa Europa Amerika Asien Deutschland Europa
518
Asien — Russische Länder.
in Ostsibirien noch zu erwähnen: Jakutsk an der Lena mit 5000 E., nur der Kälte
halber, die man dort aufzeichnet, bemerkenswerth, und Krasnojarsk mit 11000 E.
am Jenissöi, weil neben schönem Wiesengrün dort noch etwas Korn und Tabak gebaut
wird, — Die Juseln Karafto und die größere Zahl der Kurilen (wichtige Fischerei-
stationen) werden gleichfalls von Ruhland beansprucht.
b. Westsibirien. Es hat auch seinen Bergwerksdistrikt, nicht den uralischen,
der jetzt zum europäischen Rußland gerechnet wird, sondern den altaischen in den
Quellgebieten des Ob und Jrtisch. Auch dort mehren sich die Hütteuwerke, und von
den Bauern im Altai wird immer mehr Thalland urbar gemacht. Orte von Belang
in Westsibirieu sind: Tomsk an der sibirischen Verkehrsstraße, 24000 E., und Haupt-
sitz der Goldwäscher; Tobolsk mit 20000 E. als die frühere Hauptstadt von West-
sibirien-, der Tobol ist ein Nebenfluß des Jrtisch; Tjnmen, 13000 E., Handelsplatz
am Anfang des sibirischen Trakts; weit nordwärts am Ob der besonders harte Ver-
bannungöort Beresow, wo nuter andern der bekannte Fürst Menschikoff. der unter
Peter dem Großen vom Bäckerjungen zur höchsten Würde aufgestiegen war, im Exil in
einer hölzernen Hütte starb. In Beresow hält man keine anderen Hansthiere als
Hnnde und Renthiere; die von Ostjaken und Samojeden eingebrachten Pelze und
Mammuthknochen werden von hier nach Tobolsk geschickt. Barnaul am oberu Ob,
wichtige Bergstadt mit 13000 E.
2) Die Ce ntralasiatischen Provinzen mit 27/iu Mill. Bewohner
auf 49700 Q. M. umfassen die Länder der Kirgisen, die früher theils
von Orenbnrg, theils von Westsibirien aus verwaltet wurden, nun aber 4
selbständige Provinzen (Akmollinsk, Semipalatinsk, Turgai, Ur-
alsk) bilden, denen Theile von Westsibirien zugelegt wurden, und das
Generalgouvernement Turkistän. Was zunächst die Steppen-
flächen vom Alaknl bis an die Nordseite des Kaspisees betrifft, so ziehen
dort Kasaks oder Kirgis-Kaisaken umher mit ihren Jurten (Filz-
Hütten), Schafherden und Rossen. Meist gehören sie zur türkisch-tatarischen
Rasse, mit Ausnahme der schwarzen oder Kara-Kirgisen (Buruten),die
auf den Vorbergen des Thianschän Hausen und aus der Mongolei stammen.
Ihr Glaube ist muhammedanisch, außer daß einige Tausend im Westen am
untern Ural das griechisch-christliche Bekenntnis angenommen haben. Ihre
Nahrung ist Hammel- und Pferdefleisch, geronnene Milch und Käs, wobei
sie als Getränk den Kumys (gegohrene Stutenmilch) und Thee lieben. In
ihren weiten Revieren — über 30000 Q. M. — haben sie in 3 Ordas
(Horden oder Stämme) sich zertheilt. Die sogenannte kleine Horde, an
Köpfen die zahlreichste, hat den Westen inne und steht nebst der mittleren,
der reichsten und mächtigsten, schon lange unter russischer Oberhoheit. Die
große Horde, ostl. des Balkaschsees, steht zum Theil noch in sehr lockerem
Unterthanen-Verhältnis zu Rußland und ihr Gebiet bildet die Prov. Semi-
retschensk des Gen.-Gouv. Turkistän. Dieses, durch kaiserlichen Ukas
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land]]
Deutsches Reich
-— Preußen.
827
das katholische (römisch-katholische und allkatholische) Kircheilwesen eine größere Summe,
alö für das evangelische, vielleicht weil das letztere minder kostspielig ist. Wes-
halb man auch Klöster hat entstehen lassen, ist nicht wohl einzusehen; dieselben kalten
sich von 69 mit 976 Personen i. I. 1855 bis zum Jahre 1869 auf 826 mit 8319
Personen vermehrt. Als einen Beweis von der Ausbreitung des Mönchthnms führt
D. Schulte an, daß bloß in Breslau, Köln, Trier und Paderborn in den letzten Jahren
ein Zuwachs von 2324 Personen geistlichen Standes erfolgt ist, so daß nach der ge-
ringsten Schätzung in Breslau der 368., in Trier der 140. katholische Mensch geistlich
ist k. (2. S. 461. Anm.). Im ganzen Staate kommt je auf 1832 evangelische und
auf 18"^2 katholische Unterthanen ein Geistlicher*). Zahl der Juden325000, davon in
Posen allein 62000. — Sonst hat man auch die Sorge der Regierung für die öffent-
lichen Bildung sait stalten gerühmt, namentlich zur Zeit des dritten Friedrich
Wilhelm, wo die Universitäten zu Berlin und Bonn in liberalster Weise errichtet wur-
den und im Volksschulwesen der lüchtige Seminardirektor Diesterweg aus Siegen den
Lehrern so vorlenchtete, wie ihm der Schweizer Pestalozzi. Durch die mit Eichhorn
(18 50) beginnende Reaktion kam jedoch das vorher musterhafte preußische Volksschul-
wesen in Rückgang, der seit der Herausgabe der Stiel'schen Regulative (1854) immer
mächtiger hervortrat und zu einer Zersetzung desselben führte, die gegenwärtig wohl
ziemlich allgemein anerkannt, aber noch stets im Fortschreiten begriffen ist. Man hatte
in jenen Einrichtnngen den Weg der nationaldentschen Entwicklung verlassen und glaubte
t)tc Ideen der Revolution und der Jetztzeit mit Hilfe der kirchlichen Reaktion und eines
Izeschränkten Patriotismus, sowie mit einer unterwürfigen, oft kümmerlichen Stellung
der Lehrer bekämpfen zu können; aber die Erfolge fielen schließlich einer staatsfeindlichen
Partei in die Hände und wurden von dieser nach jeder Richtung, in den 3 östlichen -
Provinzen sogar auf Kosten der deutschen Sprache, ausgebeutet; die Provinzen Posen
und Preußen liefern denn auch einen höhern Prozentsatz von Rekruten mit mangelhafter
Schulbildung als selbst Baiern. Erst in jüngster Zeit scheint man mit Energie und
Konsequenz eine Umkehr von dieser Richtung anbahnen zu wollen. Der Staat hat 9
(mit Einschluß der theologisch-philosophischen Akademie Münster 10) Universitäten, darunter
einige von ausgezeichnetem Rufe, mehrere technische Hochschulen (in Berlin, Hannover,
Aachen), eine Kriegsakademie (Berlin) und eine Marineakademie (Kiel), Kriegs- und
Navigationsschulen verschiedener Art, 218 humanistische Gymnasien (154 evangelische,
48 katholische, 16 gemischte), bei 100 Realschulen theils erster, theils zweiter Orduung,
88 Schnllehrerseminarieu, eine bedeutende Zahl verschiedener Gewerbeschulen:c. — Die
Staatsansgaben betragen jährlich ca. 210 Millionen, die Staatsschuld beläuft sich auf
438 Millionen Thaler.
Das Reich ist in Ii Provinzen eingetheilt, jede unter einem Oberpräsidenten; die
Provinzen zusammen in 35 Regierungsbezirke (darunter 6 Landdrosteien in
Hannover), jeder mit einem Präsidenten; die Reg.-Bez. zusammen in (gegenwärtig)
451 Kreise (darunter 25 kreiseximirte Städte und 4 Oberamtsbezirke in
Hohenzollern), für deren Verwaltung die Landräthe als Organe dienen.
*) In Sachsen kommt erst auf 2100 Laien 1 Geistlicher, in Frankreich dagegen
schon auf 1062, in Oesterreich auf 993.
53»
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Schweizer_Pestalozzi 88_Schnllehrerseminarieu
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Paderborn Breslau Posen Berlin Bonn Diesterweg Siegen Posen Baiern Berlin Hannover Aachen Berlin Kiel Hannover Sachsen Frankreich Oesterreich
Europa -
Polen.
967
roh, Gewerb und Handel fast nur in den Händen der Juden, die gar bald uuent-
behrlich wurden. Uebrigeus war der Sinn der polnischen Nation kriegerisch und frei-
heitliebeud. Das Volk bestand aus den Freien oder Grundbesitzern, welche die
weiten Wälder, Sümpfe, Heiden und Ackerflächen zu ihrem Eigenthum gemacht; und
aus den Hörigen, die wahrscheinlich größtentheils Nachkommen bei der Einwanderung
unterjochter Urbewohner oder eingebrachte Kriegsgefangene waren. Unter den Freien
errangen sich die Reichsten, die Beamten (hohe Beamten oder Statthalter hießen Woi-
woden d. i. Feldherrn) und Fremde, die man etwa begünstigte, ein höheres Ansehen;
doch sank dadurch der Stand der Freien überhaupt nicht so hinab, wie bei den Ger-
manen durch die Entstehung des Lehensadels geschah.
Littauen *) und Polen waren anfangs von mäßigem Umfange, wie alle angehen-
den Staaten. Als aber ihre östlichen Nachbarn, die Russen, im 13. Jahrhundert in
mongolische Dienstbarkeit und in Schwäche geriethen, griff der littauische Großfürst um
sich, der polnische König desgleichen, ja beide nunmehr mächtiger gcwordne Staaten
wurden zu einem Reiche verbunden. Mit König Kasimir dem Großen**),
der 1370 starb, erlosch nämlich der Mannsstamm des alten polnischen Regentenhauses
der Pi asten; seiner Schwester Tochter Hedwig ward mit dem heidnischen Großfürsten
Iagiel (Jagello) von Littauen vermählt, und dieser (1386) mit der polnischen Krone
beehrt. Ganz Littanen ward nun christlich, und Polen trat in die Reihe der Groß-
mächte des östlichen Europas ein. Umsomehr dehnte sich die Herrschaft aus. Am Schluß
des 14. Jahrhunderts besaß man alles Land bis zur Wasserscheide, die das große
Stromgebiet des Dujepr von Don und Wolga trennt; und 1466. nachdem der deutsche
Orden besiegt war, kam durch den Frieden zu Thoru noch ein Stück Preußens an der
Uuter-Weichsel, und im folgenden Jahrhundert sogar Livland hinzu. Die westliche
Hälfte des vereinten Reichs hieß fortwährend Polen, die östliche Littauen.
Vielleicht hätte sich durch die Verbindung mit dem Ordenslande allmählich mehr
Civilifation die Weichsel aufwärts gezogen, und der Verkehr mit den Völkern der Ostsee,
wie auch der Jdeenkampf der Reformation, Vortheilhaft cmf die Polen gewirkt; allein
mit dem Aussterben des jagellonischen Stammes 1572 begann ein Znstand der Ver-
*) Die littauische Sprache ist im Norden gegenwärtig durch eine Linie begrenzt,
die man von Pskow (Südspitze des Peipussees) an den Rigaer Golf zieht, mdem
die Landbevölkerung von Kurland und vom südlichen Livland größtentheils den Dialekt
des Littauischeu redet, der lettisch genannt wird, aber vielfach mit fremden (deutschen,
russischen, finnischen) Wörtern durchsetzt ist, während das südlich von Kurland und bis
über den Niemen hinüber gesprochene eigentliche Littauisch sich durch Alterthümlich-
keit und großen Reichthum an volltönenden Formen — es hat, trotz der hohen poetischen
Begabung des Volkes, nie zu einer eigentlichen Literatursprache sich entwickelt — aus-
zeichnet und unter alleu indogermanischen Sprachen dem Sanskrit am nächsten stehen
soll, aber durch das Andringen des Deutschen und des Russischen auf immer engere
Grenzen eingeengt und deshalb früher oder später das Schicksal des Preußischen
theilen, d. h. völlig erlöschen wird (S. S. 634 und 809). Die jetzige Ostgrenze des
Littanischen ist eine Linie von Pskow nach Grodno.
*) Er hatte auch den von Krakau und Lnblin südlich gelegenen Staat Halicz
(Galizien), wo einslavischer, vom polnischen etwas verschiedener Dialekt geredet wurde,
nach dem Tode des dortigen Fürsten mit Polen vereint. Er suchte die Hörigen gegen
die Freien zu schützen,und erhielt deshalb den ehrenden Beinamen: Der Bauernkönig.
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Extrahierte Personennamen: Kasimir Hedwig
Extrahierte Ortsnamen: Europa Polen Polen Europas Livland Polen Pskow Kurland Livland Kurland Pskow Grodno Krakau Galizien
974
Europa —
Rußland.
Kaptschak zerfiel in Trümmer. Sofort erhob sich nach 272 Jahrhunderten das russische-
Großfürstenthum. Jwun I. Wasiljewitsch, Großfürst zu Moskau, machte durch
die Schlacht bei Ugra (1480), wo ein russisches und ein mongolisches Heer miteinander
kämpften und beide vor einander flohen, sich von mongolischer Herrschaft frei, eroberte
die Länder bis zum weißen Meer, erklärte das Reich für nntheilbar, schickte sogar 1491
zum deutschen Reichstage nach Frankfurt Gesandte (deren Wortführer italienisch sprach)
und zeigte sich als ein Fürst, der den Stamm Ruriks wieder mit Glanz umgab. Er
kann für den zweiten Gründer des russischen Reiches gelten.
Leider gab es in seinem Volke kein Element der Freiheit, keines der Kultur. In
Priestern und Mönchen zeigte sich weder Neigung zu Studien noch Forjchungssinn;
kaum daß die Mehrheit von ihnen lesen konnte. Schmutz, Roheit und knechtischer
Sinn hielten jede geistige Anlage in Banden. Kein freigesinnter Adel, wie in Polen,
zügelte den Despotism; und die einzigen Grundlagen der Bildung, nämlich die
städtischen Einrichtungen zu Nowgorod und Pleskow, vernichtete man, sobald beide
Republiken bezwungen waren, gänzlich. Die Bürger wurden Leibeigene des Zars oder
Kaisers (Casars), der überhaupt als Herr über Leben, Ehre und Vermögen der Unter-
thanen betrachtet ward. Nur die Nachkommenschaft ehemaliger Fürsten und der Bo-
jarenrath behaupteten gewisse erbadlige Vorrechte. Der Despot regierte mit Hilfe
einiger 1000 Strelzen oder Strelitzen, als Beginn künftiger stehender Heere: zum
Kriege jedoch mußten alle Knäsen und Bojaren mit ihren Knechten erscheinen. Be-
denklich für den Westen wäre übrigens dieser geistlose Staat, obwohl er seit 1552 über
die Türkenreiche Kasan und Astrachan und bald auch über Sibirien sich erstreckte,
nicht geworden, wenn nicht das mächtige Polen sich selbst durch wilde Faktionen zer-
rüttet, und der so tapfre Schwedenkönig Karl Xii. nicht aufs tollste die Kräfte seiner
Nation vergeudet, und ein günstiges Geschick nicht einen ausgezeichneten Mann, Peter
den Großen, auf den russischen Thron gebracht hätte.
Dieser Zar, gleichsam der dritte Gründer des Reiches, gehört einer neuen Regenten«
familie an, dem den Ruriks verwandten Hause Romanow, das von 1613 bis 1730
herrschte. Erst 17 Jahre alt, als er 1689 den Thron bestieg, zeigte er bald, welch' ein
aufstrebender Geist an die Spitze des Volkes gekommen sei. Roh und grausam wie
andre russische Fürsten, war er voll Begier zu lernen, voll Talent zum Nachahmen,
voll Thatkraft, feine Pläne auszuführen. In den 36 Jahren seiner Regierung wurden
die Russen aufs vielfachste angeregt, und durch Fremde, besonders Deutsche, zum Nach-
ahmen in Gewerken und mechanischen Künsten veranlaßt. Die empörerischen Strelzen
mußten einer europäischen Garde, die Unordnung des wilden Aufgebots einem ge-
regelteren Kriegsheere weichen. Zuerst von Karl Xii. bei Narwa 1700 besiegt, hatte
er endlich die Freude, wenn auch durch Uebermacht, einen Sieg über die Schweden (bei
Poltawa 1709) zu erringen und sein heißes Verlangen nach Besitz an der Ostsee zu
befriedigen. Livland, Esthland, Jngermannland mit Karelen und Wi-
borg verblieben ihm, und Petersburg, das er schon 1704 gegründet, erhielt Krön-
schlot (kleine Insel bei Kronstadt) zum Hafen, damit es mit dem gebildeten Europa
zur See in Verbindung komme. Von den Polen wurde Kiew und Eherson, von
dm Türken Taganrog am asowschen Meer erworben, und unerwartet sah man zu
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Extrahierte Personennamen: Kaptschak Stamm_Ruriks Karl_Xii Karl Peter Karl_Xii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Frankfurt Polen Kasan Astrachan Sibirien Schweden Poltawa Ostsee Livland Esthland Petersburg Kronstadt Europa Kiew