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1. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 35

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen, 35 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland foll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm, Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter: und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Rolaud war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- figur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes, Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So er- innert der Roland an die frühere Größe und Selbst- ständigkeit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Ring im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken, Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- 3*

2. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 50

1911 - Magdeburg : Creutz
50 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz, Oo^l'uiid Cu emccjejl ■tei arten Wirtschaft} <jebiuc/e. Stalle Schafe Sctj weine \Sdjeune die aus der Börde stammen, hergestellt und mit Ziegeln gedeckt. Die Gehöfte liegen nicht einzeln, sondern nebeneinander, so daß sie Straßen- züge bilden. b) Dichtigkeit der Bevölkerung, Städte. Die Magde- burger Börde gehört zu den d i ch t b e v ö l k e r t st e n L a u d e s t e i l e n nicht nur unserer Provinz, sondern auch unseres Vaterlandes. In der Börde sind die Landstriche, in denen hauptsächlich Ackerbau getrieben wird, uicht so dicht bevölkert (doch gibt es Bördedörfer von 3000—4000 Einwohnern) als die Gegenden, in denen Industrie, Haudel und Verkehr herrschen und in denen Lager von Kalisalzen und Kohlen vorhanden sind'. Die meisten Menschen ^ ^ wohnen mithin da, wo sich die ausgiebigsten Erwerbsquellen sinden. Das ist der Fall am westlichen User der Elbe, au der Saale, Bode und Ohre. In diesen Teilen liegen die größten Siedlungen (Städteund Dörfer). Die Zeichnung veranschaulicht uns, wie die Eisenbahnen und Land- straßen nach Magdeburg und auch Schönebeck laufen, um die Erzeug- nisse der Landwirtschaft mit den Erzeugnissen der Industrie und des Gewerbes auszutauschen. Da das Fortschaffen der Waren auf der Elbe billiger ist als auf den Eisenbahnen, so wird man besonders bei großen Ladungen den Wasser- weg bevorzugen (Staßsurter Kali- salze). Tausende von Menschen verdienen durch die Schissahrt und den Schisfb an ihr tägliches Brot. Auch die iu der Nähe Magdeburgs gelegenen Dörfer sind groß, wie Barleben, Olvenstedt, Niederndodeleden, Groß-Ottersleben (7). Als Maurer, Zimmerleute, Bauarbeiter und besonders Fabrikarbeiter sinden diese Dorfbewohner in Magdeburg Beschäftigung. Da die Wohnungen in diesen Vororten billiger sind als in der Stadt, so wohnen diese Arbeiter in den benachbarten Dörfern und fahren abends und morgens mit der Eisenbahn oder dem Fahrrad hin und zurück. Die Dichtigkeit der Bevölkerung in der Börde ist demnach abhängig von der Fruchtbarkeit des Bodens, von den Boden- schätzen des Erdinnern (Steinsalz, Kalisalze und Brankohlenlager), von den Fabriken, die im Dienste der Industrie arbeiten, von den Einrichtuugen, die dem Handel dienen, von der Lage zur Elbe und dem Eisenbahnnetze. /Jo r/sirasse, Bauernhof in der Börde.

3. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 11

1911 - Magdeburg : Creutz
K. Geschichtliches. 11 Das Eigentum der Stadt bringt Geld ein (Pachte Miete). Außer- dem sind die Einwohner verpflichtet, Steuern zu zahlen. Bon diesen Einnahmen deckt der Magistrat alle Ausgaben der Stadt, z. B. sür Bauten, Straßen und Gehälter. Die Stadtverordneten haben bei vielen Dingen, z. B. überall, wo Geld zu zahlen ist, dem Magistrate ihre Zustimmung zu erteilen. Sie unterbreiten dem Magistrate die Wünsche und Beschwerden der Ein- wohner. Manche Verwaltungsgeschäfte überträgt der Magistrat be- sonderen Beamten. So überwacht die Baupolizei die Erbauung der Häuser, der Brandmeister das Feuerlöschwesen, der Schulvorstand das Schulwesen usw. Für die Sicherheit und Ordnung bei Tag und Nacht sorgt die Polizei. An ihrer Spitze steht in großen Städten der Königliche Polizeipräsident, in kleineren der Bürgermeister als Polizei- Verwalter. Bei gewissen Angelegenheiten, z. B. Brückenbauten und Stadterweiterungen, kann die Stadtbehörde nicht allein handeln, sondern bedarf der Zustimmung und Erlaubnis der höheren Behörde, die König- liche Negieruug genannt wird. An ihrer Spitze steht der Regierungs- Präsident. K. Geschichtliches. Woher hat unser Heimalort seinen Rainen? Was bedeutet dieser? Was ist über die Gründung unseres Wohnortes bekannt? Welche Sagen knüpfen sich daran? Welche Zeugen der Vorzeit sind noch vorhanden? Welchen Zwecken dienten diese? Welche geschichtliche Ereignisse knüpfen sich an unsern Ort? Welche be- rühmten Männer sind hier geboren oder haben hier gewohnt? Wodurch haben sie sich ausgezeichnet? Wie ist hier ihr Andenken geehrt? Iii. Kreis: Wa»drr»»gk» i» die »Wk Umgtliung. a) Kodenformen. Nach welcher Himmelsgegend ist der Boden eben? Welche Höhen lernten wir kennen? Wie liegen sie zum Heimatorte? Nenne einzeln liegende Erhöhungen (Hiigel, Berg)! Wo bilden die Erhöbungen Gruppen? (Hngelreihe.) Name? Hobe in m? Wie ist ihr Boden beschaffen? Wie macht der Mensch diese Höhen nutzbar? Welche Täler sind in der Umgebung? Welche verschiedenen Bodensormen lernten wir also ans unseren Wanderungen kennen? Wie bezeichnet man auf der Karte einen Hügel, einen Berg, einen Höhenzug, einen Abhang usw.? Entwirf eine Karte von der nächsten Umgebung, die die Bodensormen zeigt! (Wand- Lasel, Buch.)

4. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 49

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen. 49 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland soll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm. Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter; und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Roland war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- sigur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes. Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene, rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So erinnert der Roland an die frühere Größe und Selbstständig- keit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Mug im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken. Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- Henze-Kohlhase, Die Provinz Sachsen. Ausgabe A. 4

5. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 64

1911 - Magdeburg : Creutz
64 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz. die aus der Börde stammen, hergestellt und mit Ziegeln gedeckt. Die Gehöfte liegen nicht einzeln, sondern nebeneinander, so daß sie Straßen- züge bilden. b) Dichtigkeit der Bevölkerung, Städte. Die Magde- burger Börde gehört zu den dichtbevölkertsten Landesteilen nicht nur unserer Provinz, sondern auch unseres Vaterlandes. In der Börde sind die Landstriche, in denen hauptsächlich Ackerbau getrieben wird, nicht so dicht bevölkert (doch gibt es Bördedörfer von 3000—4000 Einwohnern) als die Gegenden, in denen Industrie, Handel und Verkehr herrschen und in denen Lager von Kalisalzen und Kohlen vorhanden sind. Die meisten Menschen wohnen mithin da, wo sich die ausgiebigsten Erwerbsquellen sinden. Das ist der Fall am westlichen User der Elbe, an der Saale, Bode und Ohre. In diesen Teilen liegen die größten Siedlungen (Städteund Dörfer). Die Zeichnung veranschaulicht uns, wie die Eisenbahnen und Land- straßen nach Magdeburg und auch Schönebeck laufen, um die Erzeug- niffe der Landwirtschaft mit den Erzeugnissen der Industrie und des Gewerbes auszutauschen. Da das Fortschaffen der Waren auf der Elbe billiger ist als auf den Eisenbahnen, so wird man besonders bei großen Ladungen den Wasser- w e g bevorzugen (Staßfurter Kali- falze). Tausende von Menschen verdienen durch die Schiffahrt und den Schiffbau ihr tägliches Brot. Auch die in der Nähe Magdeburgs gelegenen Dörfer sind groß, wie Barleben, Olvenstedt, Niederndodeleben, Groß-Ottersleben (7). Als Maurer, Zimmerleute, Bauarbeiter und besonders Fabrikarbeiter sinden diese Dorfbewohner in Magdeburg Beschäftigung. Da die Wohnungen in diesen Vororten billiger sind als in der Stadt, so wohnen diese Arbeiter in den benachbarten Dörfern und fahren abends und morgens mit der Eisenbahn oder dem Fahrrad hin und zurück. Die Dichtigkeit der Bevölkerung in der Börde ist demnach abhängig von der Fruchtbarkeit des Bodens, von den Boden- schätzen des Erdinnern (Steinsalz, Kalisalze und Braunkohlenlager), von den Fabriken, die im Dienste der Industrie arbeiten, von den Einrichtungen, die dem Handel dienen, von der Lage zur Elbe und dem Eisenbahnnetze. Oö^l-und Ge muß e(j arten Wirbcfjafh- <jel<iuc/e. Slulle Schafe 5c!j weine \Scl-jeuhe m.t \Bu/r(Tmne)\ Eunjcryrube Scl]u./n>en für lyüjtti. tan ehr tfoscfytnen Mrtscj/afts- oehäuc/e Tufferhcjen. Ställe ftr Pferje Oelsen Ki'lbrr. Jhijfa/jrt Uofjn Ijaus florfstfasse. Bauernhof in der Börde.

6. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 8

1911 - Magdeburg : Creutz
8 Ii. Kreis: Wanderungen im Heimatorte. Bäcker Stiefel, dieser aber liefert ihm Eßware; beide bedürfen wieder des Kaufmanns, des Schneiders und des Arztes. Ein Mensch ist des andern Stütze und Hilfe. Verrichtet er seine Arbeit, sein Werk hauptsächlich mit der Hand, so heißt er ein Handwerker (Glaser, Drechsler, Klempner). — Nach unseren Hauptbedürfnissen gibt es Handwerker, die sür unsere Nahrung, solche, die für unsere Kleidung und solche, die sür unsere Wohnung sorgen. In unserem Orte sind viele Handwerker tätig, und jeder sucht etwas Gutes zu schaffen. Oft leisten dem Handwerksmeister (furz Meister) Gesellen und Lehrlinge Hilse bei seiner Arbeit in der Werkstatt. Es gibt in unserem Heimatorte aber auch große Werkstätten, in denen viele Arbeiter und Maschinen tätig sind. Hier werden Gegenstände in großen Mengen hergestellt. Oft find diese Arbeitsstätten durch gewaltige Schorn- steine schon von ferne zu erkennen. Sie heißen Fabriken, die Arbeiter Fabrikarbeiter und die Besitzer Fabrikanten. Nennt Dinge, die hier angefertigt werden! Ein Ort, der viele Fabriten hat, heißt ein Fabrikort (Fabrikstadt). In jedem Haushalte finden sich auch Dinge, die nicht aus der Heimat stammen, z. B. Kaffee, Kakao, Rosinen, Reis, Pfeffer und Zitronen. Diese Waren lassen sich manche Leute auf dem Wasserwege und der Eisenbahn in großen Mengen aus fremden Ländern kommen. Solche Leute heißen Kaufleute, und ihre Arbeit wird Handel genannt. Die Kaufleute sind entweder Groß- oder Kleinhändler. Erstere verkaufen ihre Wareu nur in größeren Mengen an andere Kaufleute. Die Kleinhändler verabfolgen sie aber in kleinen Posten an die Lente, die sie ver- brauchen. Die Handeltreibenden, die mit ihren Waren in Stadt und Dorf von Haus zu Haus ziehen, heißen Hausierer. Mit welchen Gegenständen wird in unserm Orte besondere Handel getrieben? Viele Waren sind von auswärts hierher gebracht. Die meisten Handels- gegenstände holen wir von —. Ein Ort, in dem allerlei Waren in großen Mengen gekauft und verkauft werden, heißt ein Handelsort (eine Handelsstadt). Post, Telegraph und Telephon bringen den Groß- kaufleuten täglich aus der Nähe und Ferne Bestelltingen auf Waren; täglich kommen aber auch viele Fremde zu ihnen, um einzukaufen oder Waren anzubieten. Große Hotels gebeu ihnen Unterkunft und sorgen für ihr leibliches Wohl. Alle Menfchen, die für die körperlichen Bedürfnisse der Bewohner sorgen, bilden den Nährstand. Zu ihm gehören die meisten Bewohner eines Ortes. — Andere Personen beschäftigen sich mit der Erziehung und Belehrung der Jugend und der Seelsorge der Bewohner unferes Heimatortes, z. B. die Lehrer und die Prediger. Sie bilden den Lehr- stand. Die Eltern schicken ihre Kinder zur Schule, damit sie sich allerlei für das Leben nützliche Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen. Eltern und Lehrer geben sich große Mühe, um die Kinder zu guten Menschen zu er- ziehen. Haben die Kinder die Schule verlassen, so hört ihr Lernen nicht

7. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 78

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 78 — ton der Hoheit, die aus ihren Augen strahlte, warf ich mich thr zu Füßen und küßte den Saum ihres Kleides : fte aber hieß mich aufstehen und ermunterte mich, ihr zu lagen, was mein Herz bedrückte, und ermutigt durch ihren mrlden Zuspruch sagte ich ihr den Zweck meiner Reise. Aufmerksam hörte sie mir zu; als ich aber geendet, schüttelte sie traurig das Haupt und ihre Augen füllten jtch mit Thränen. „Armer, armer Knabe", sprach sie, ^warnm bist Du nicht einige Tage früher gekommen? Stehe, die Du hier suchst, weilt nicht mehr unter den Gebenden; heute morgen haben wir ihren sterblichen Leib unter dem grünen Rasen gebettet. Das Geheimnis, nach welchem ^u forschest, hat sie mit ins Grab genommen: aber noch in ihrer letzten Stunde hat sie Dein gedacht: mtt Deinem Namen auf den Lippen ist sie hinüberae- ichlnmmert zu einem besseren Leben". Wie ein Donnerschlag trafen mich diese Worte der würdigen Klosterfrau. Mit einem lauten Schrei sank ich nieder zu ihren Füßen und eine tiefe Ohnmacht umfing meine Sinne. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem hohen, hellen Zimmer; mehrere Schwestern, auch die würdige Priorin, umstanden mein Lager. „Gottlob, er lebt!" hörte ich sie sagen, als ich mit innigem ^ank die Augen zu ihr aufschlug. Eine heftige Krankheit hatte mich befallen, nachdem ich die Trauerbotschaft aus dem Munde der Priorin gehört hatte; mehrere Wochen hatte ich zwischen Tod und Leben geschwebt. Die Anstrengungen der weiten Reise, die Entkräftung, die bittere Enttäuschung, alles hatte dazu beigetragen, meinen Zustand nahezu hoffnungslos zu machen. Aber nun siegte doch die Jugend über die tückische Krankheit, und dank der liebevollen Pflege der frommen Schwestern erholte ich mich rasch. Als ich ganz genesen war, sagte die edle Frau eines Tages zu mir: „Mein lieber Sohn, durch Gottes Gnade bist Du wieder gesund geworden, und es ist nun Zeit, daß wir über Deine fernere Zukunft reden. Hier kannst Du nicht bleiben; aber ich möchte Dich nicht wieder in die Welt zurückschicken. Du hast Deinen

8. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 26

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 26 — Stelle im ganzen Gau einnahm, und bei ihm wollte er sich, wenn möglich, einen Tag aufhalten, und zu erfahren suchen, ob die Leute des Lohengaues sich eines Einfalles in ihr Gebiet gewärtig hielten, oder ob sie, in Sicherheit eingewiegt, ihre waffenfähige Jugend zu dem neuen Könige ihres Stammes ziehen lassen würden. Es war am Tage nach den Ereignissen, die wir in den vorigen Kapiteln erzählt haben; der alte Gaugraf stand auf dem Hofe und schaute den Arbeiten seiner Leute zu; seine beiden Hunde standen neben ihm. Warm schien die Frühlingssonne vom blauen Himmel hernieder und spiegelte sich in unzähligen Tautropfen, die wie Diamanten an allen Blättern und Grashalmen hingen; die Vögel zwitscherten in den Zweigen der Eichbäume, und ein Storchenpaar, welches erst seit einigen Tagen aus dem fernen Süden heimgekehrt war, flog ab und zu, um das große Nest auf der First des Daches auszubessern. Alles atmete Frieden und Ruhe, und der alte Billung ließ mit zufriedenem Blick feine Augen über fein Besitztum schweifen. „Seid mir gegrüßt, Ihr alten Freunde", rief er den Störchen zu; „Eure Wiederkehr aus der Fremde soll mir die Bürgschaft sein, daß auch in diesem Jahre Gott der Herr mein Haus vor Blitzstrahl und ändern Unglück verschonen wird. Bauet ruhig Euer Nest aus und freuet Euch des Gedeihens Eurer Jungen, wie ich mich über das Gedeihen meines mir von Gott beschiedenen Wohlstandes und meiner Kinder freue". Und die Störche schienen seinen Gruß erwidern zu wollen; denn sie beugten den langen Hals zurück und klapperten lustig in die blaue Morgenluft hinein. In dieser friedlichen Betrachtung wurde der Gaugraf durch das Gebell seiner Hunde gestört; es galt dasselbe einem zerlumpten Bettler, welcher soeben durch das Hofthor schritt. Mühsam bewegte er sich auf feinen Krücken vorwärts, und bei jedem Schritte, den er machte, stöhnte er schmerzlich auf. Der alte Billung beruhigte die Hunde, welche Lust zeigten, den Bettler zu zerreißen, und fragte nach feinem Begehr. „Gnädiger Herr", sagte

9. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 31

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
- 31 — auf diese Weise ein einer steinernen Hütte nicht unähnlicher Raum gebildet wird. Die Decksleine sind zum teil sehr groß; einige sind c. 4 Meter lang und 3 Meter breit. Die Träger senken sich durch ihr eigenes Gewicht und das Gewicht der auf ihnen liegenden Decksteine immer mehr in den Boden. Zwei von den Steinhäusern liegen in Trümmern; von den fünf noch völlig erhaltenen liegen vier in einer geraden Linie. Das fünfte und größte ist ein wahres steinernes Haus, welches heute noch unserer Bewunderung würdig ist. Die Träger sind sieben genau in einander passende, inwendig bearbeitete Steinblöcke, die von einem einzigen Decksleine geschlossen werden. Die innere Grundfläche beträgt etwa 13 Quadratmeter. Der Deckstein ist über 4 Meter lang und über 3 Meter breit, % Meter dick und soll 1500 Centner wiegen. Vor dem Eingänge stehen noch zwei Granitblöcke als Pfosten. Mit Staunen steht der einsame Wanderer, welcher durch diesen unwirtlichen Teil der großen Lüneburger Heide zieht, von diesen Denkmälern aus grauer Vorzeit; er fragt sich, wie es möglich gewesen, daß Menschenhände solche Bauwerke haben schaffen können, zu einer Zeit, wo man noch nicht die bewegende Kraft des Dampfes kannte, wo den Menschen weiter kein Hülfsmittel zu geböte stand als ihre eigene Körperkraft. Fast ist man versucht, an ein jetzt ausgestorbenes Hünengeschlecht zu glauben, welches diese Steine aus weiter Ferne hierherwälzte und hier auftürmte zu diesen riesigen Baudenkmälern, welche die Stürme vieler Jahrtausende überdauert haben und wohl noch Jahrtausende überdauern werden. Einzig in ihrer Art stehen die sieben Steinhäuser da. Wohl finden sich auch an andern Orten im alten Sachsenlande solche heidnische Opferstätten und Opferaltäre; doch was sind selbst die berühmten Karlssteine im Hon bei Osnabrück, die der Sage nach Karl der Große mit seiner Reitgerte in Stücke schlug, gegen diese ungeheuren Steinriesen? Bei den Steinhäusern wurden in uralter Zeit, wie uns überliefert wird, die Volksversammlungen oder Mai-

10. Die Supplingenburger - S. 6

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
er nicht, bis er geholt wurde, sondern unaufgefordert trat er an das Krankenlager und bot seine Hülfe an. Aber obgleich er für das Gute, was er durch seine wirksamen Arzneimittel dem Volke that, keine Belohnung nahm, so sahen die Landleute ihn doch mit Mißtrauen an, denn sie glaubten, daß er sich solche Wissenschaft erworben mit Hülfe der falschen Götter, ja sie erzählten sich schaudernd und sich bekreuzend, daß Rodbert heimlich noch den alten,, fast vergessenen Göttern diene und ihnen nächtlicherweise Opfer darbringe. Vergebens suchte Wilbraud, vergebens suchten andere einsichtsvolle Leute diesem Aberglauben zu steuern. Die Landleute nahmen, wenn sie in Not waren, wohl die Hülfe Rodberts in Anspruch, aber wenn sie ihn nicht gebrauchten, begegneten sie ihm mit Mißtrauen oder gingen ihm weit ans dem Wege. Er selbst machte sich hieraus freilich wenig: aber es kränkte ihn bitter, wenn er sah, daß auch seine unschuldige Tochter unter dem Vorurteil der Menschen zu leiden hatte. Wenn Rodbert dieses bemerkte, so schwoll ihm die Zornesader auf der Stirn, und Bertha hatte dann oft Mühe, den aufgeregten Vater zu besänftigen, daß er nicht im Zorne eine heftige That beging. Dies war der Grund, daß Rodbert sich mehr und mehr von den Menschen zurückzog, und daß er auch seiner Tochter untersagte, in das Dorf, das am Fuße des Berges lag, hinunterzusteigen. So waren denn beide allein auf sich und auf den Umgang mit dem Pater Wilbrand angewiesen, und derselbe genügte ihnen vollständig. Der Alte verstand es, zu den Herzen zu reden, und dein Kinde teilte er ans dem reichen. Schatze seines Wissens mancherlei mit und freute sich, wenn er bemerkte, daß seine Worte in dem empfänglichen Herzen desselben Wurzel schlugen. Von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr gestaltete sich das Verhältnis zwischen den drei Personen herzlicher und inniger. Rodbert und Bertha hingen an dem ehrwürdigen Pater mit aufrichtiger Verehrung, und dieser suchte durch freundliche Gespräche den Köhler vergessen zu machen, daß er von den Landleuten gemieden, ja gefürchtet wurde.
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