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1. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 25

1858 - Breslau : Hirt
Die Mark unter Kurfürsten aus dem Hause Hohmzollern. 25 Städten geschloffen zu Schutz und Trutz und dadurch Unabhängig- keit und Macht erlangt. So eine Stadt dünkte sich ein kleines Reich zu sein; von dem Fürsten wollte sie sich nichts sagen lasten. Die Berliner nahmen sich sogar das Recht heraus, dem Kurfürsten ihre Thore zu öffnen oder zu verschließen, wie es ihnen beliebte. Frie- drich I. hatten sie wohl wacker geholfen, als er den Adel sich unter- warf, sie selber aber mochten sich nicht der landesherrlichen Macht beugen. Das sollte unter Friedrich Ii. anders werden. Es geschah nämlich, daß die Bürger beider Städte sich auflehnten wider ihren gemeinsamen Rath und im offenen Aufruhr ihm den Gehorsam aufsagten. In seiner Roth rief der Rath die Hilfe des Kurfürsten an. Eilig kam dieser mit 6000 Reitern herbei, zog in der Ver- wirrung ungehindert in's Spandauer Thor ein und brachte die Städte zur Ruhe. Zur Strafe mußten sie ihm die Schlüffe! aller Thore übergeben, und es ward ihnen untersagt, eigenmächtig Bündnisse zu schließen. Gleichzeitig erbaute sich der Kurfürst eine Burg an der Spree, da, wo heut das königliche Schloß steht-; denn in Berlin dachte er den Sitz seiner Herrschaft zu gründen. Nun wandte sich die Erbitterung der Bürger gegen den Landesfürsten. In tobender Empörung standen sie 1448 wider ihn auf, mißachteten seine Be- fehle und verletzten kurfürstliches Eigenthum. Da griff Friedrich durch. Seine Reiter warfen die Empörer nieder; die Hauptanführer des Auf- ruhrs büßten ihren Uebermuth mit dem Leben, andere wurden des Lan- des verwiesen, noch andere mußten schwere Geldstrafen erlegen. Der Roland der Stadt, welcher im alten Berlin in der Gegend der Niko- laikirche stand, ward umgestürzt, zum Zeichen, daß Berlin fortan nicht mehr den Blutbann üben dürfe, d. h., daß der Rath nicht mehr das Recht haben sollte, schwere Verbrecher vom Leben zum Tode bringen zu lasten. — Damit war der Trotz der Städte ge- brochen, und fortan wagte keine Stadt mehr, dem ,,eisernen" Kur- fürsten ungehorsam zu sein. Dieser aber bezog 1451 seine fürstliche Burg in Berlin. 8. Einige merkwürdige Begebenheiten aus den nächsten Jcitcn vor "der Reformation. <1470 bis Anfang des >6. Jahrhunderts.) 1. Von Albrecht Achilles. Er war, wie Saul, eines Haup- tes höher, denn alles Volk, schön von Angesicht und tapfer, wie kaum ein Anderer. Einst gerietst er mit den Nürnberger» in eine Fehde. Er war beim Sturm einer Stadt der erste auf der Mauer. Mit einem gewaltigen Sprunge stürzte er sich mitten in einen Hau- fen von 800 Bürgern und hieb sich bis zum Stadtbanner durch, das er mit gepanzerter Faust packte. Seine Ritter brachen sich bis zu ihm Bahn und fanden ihn, wie ihm schon das Blut aus Mund und Nase strömte. Man bot ihm einen Wagen an, er wies ihn mit den Worten zurück: „Ein Fürst darf nicht fahren!" und stieg wieder auf sein Roß. — 17 Mal soll er im ritterlichen Zwei-

2. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 11

1858 - Breslau : Hirt
Die Spree. 11 Alles, was anderswo zu Fuße, zu Pferde und zu Wagen ab- gemacht wird, verrichtet man dort in Kähnen; denn die Flußarme und Gräben vertreten die Stelle der Wege. Die Fahrzeuge sind aus Baumstämmen gezimmert, daher schmal, und werden, weil sie leicht Umschlägen, Seelenverkäufer genannt. Mit großer Geschicklich- keit wisien die Bewohner des Spreewaldes sie zu regieren, und pfeilschnell treibt man sie durch das Wasser. Mit dem Kahne bringt man das Vieh zur Weide, holt man das Gras, Getreide und Holz heim, besucht man den Nachbar, fährt man zu Markte und im Sonntagsschmucke zur Kirche, folgen auch im schweigenden Trauer- zuge die Leidtragenden der Leiche, die auf einem Kahne zum Kirch- hofe gebracht wird. Zu Kahne besucht der Förster sein Revier, ver- folgt er den Holz- und Grasdieb, fährt er auf die Jagd. Ein anderes Bild gewährt der Winter. Kaum hält das Eis, so schnallt sich alle Welt Schlittschuhe an: das arme, alte Mütterchen, das sich Raff- und Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer, Weiber und Kinder, alle gleiten dann pfeilschnell über die spiegel- blanken Kanäle; auf Handschlitten befördert man nun, wozu man im Sommer die Kähne brauchte. Der Spreewald theilt sich in einen oberen und unteren; jener ist 4 Meilen lang und 1 \ Meile breit und zieht sich bis Lübben, von wo ab der untere Theil sich 2 Meilen abwärts zieht; von Wald ist freilich nichts mehr zu sehen, nur baumarme, mit Erlengebüsch bewachsene Torfwiesen breiten sich an den Ufern der Spree aus, bis diese in den flachen Schwiebur- ger See fließt. Durch Sandöden und Kieferwälder fließt sie weiter; unterhalb der Stadt Beeskow mündet der Müllroser Kanal, der von dem großen Kurfürsten angelegt ist und darum auch Friedrich- Wilhelms-Kanal heißt. Er verbindet die Spree mit der Oder und stellt so eine ununterbrochene Wasserstraße von der Elbe bis zur Weichsel her; denn aus der Elbe gelangt man in die Ha- vel und Spree und aus dieser durch den genannten Kanal in die Oder, Warthe und Netze, und mittelst des Bromberger Ka- nals in die Weichsel. An Fürstenwalde vorüber nimmt die Spree ihren Lauf durch einen großen Wald bis zum Müggelsee bei Köpenik und erreicht dann bald Berlin. Zahlreiche Kähne mit Holz, Torf, Getreide, Steinen, Kalk, Obst beleben hier den Fluß. An Charlottenburg vorüber geht sie endlich bei der Fe- stung Spandau in die träge Havel. Wir machen aber von der Frankfurter Eisenbahn, ehe wir nach Berlin kommen, einen Ab- stecher nach den Rüdersdorfer Kalksteinbrüchen; denn sie sind nicht blos in der Mark die einzigen, sondern müssen auch Posen, Preußen, Pommern, Mecklenburg, sogar Hamburg mit Kalk versehen. Eine halbe Meile lang und 6 — 700' mächtig sind die Muschelkalklager, die sich bei den Rüdersdorfer Forsten ausbrei- ten; damit es die Kähne, auf denen die Steine fortgeschafft werden, recht bequem haben, hat man zwei Kanäle in die Brüche hineinge-

3. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 22

1858 - Breslau : Hirt
22 Blicke in die Vergangenheit Pommerns. iß es nicht, gieb's lieber dem Hunde, es ist unrein!" Das Thier starb am andern Tage, und Bogislaw entfloh. Bald darauf empfing er die Huldigung der Stände. Seine Regierung brachte dem Lande Sicherheit und Wohlstand. Von brandenburgischer Oberherrlichkeit wollte er nichts wissen, und als Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg mit ihm darüber verhandelte, erkannte er nur Bran- denburgs Erbrecht au. Da, als Bogislaw dem Kurfürsten die Hand gab, sprach dieser listig: „Lieber Oheim, hiemit leihe ich Euch Land und Leute!" Aber wie von einer Schlange gestochen, zog dieser die Hand zurück und sprach: „Ehe das geschehen soll, da sollen noch „,,dre sewen Düwel"" durchfahren!" stieg zu Pferde und jagte da- von. — Einst war er auf der Hirschjagd von einem Hirsche schwer verwundet worden. Als nun brandenburgische Gesandte kamen, ihm ihres Herrn Beileid zu bezeugen, meinte er, sie wollten nur sehen, ob er bald sterben würde. Er ließ sich daher ein Kohlenfeuer an- zünden, damit er roth im Gesicht würde, und so empfing er, stattlich auf dem Stuhle sitzend, die Gesandten. — Später wurde er auf einer Reise nach dem gelobten Lande von Seeräubern überfallen. Als sein Schwert zerbrach, erstach er mit einem Bratspieß einen großen Türken und drängte die andern vom Bord weg. Sie schossen darauf Feuerpfeile in die Segel des Schiffes und fuhren davon. Den Christen aber gelang es, das Feuer zu löschen. — Durch dergleichen Züge und Abenteuer wurde Bogislaw X. Liebling seines Volks. Dazu kam seine riesige, echt pommersche Gestalt, sein großes, fröhliches Angesicht, seine Neigung zum guten und vielen Essen und Weintrinken. Auch war er, wenn er aus der Kirche kam, für Jeden zugänglich und reichte ihm die Hand. Leider gab er sich in seinen alten Tagen den Lüsten so sehr hin, daß er darüber die Liebe der Pommern einbüßte. Die Reformation ließ Bogislaw zuerst ge- währen. Ersah Luther auf dem Reichstage zu Worms und auch in Wittenberg. Da sprach er einmal zu ihm: „Herr Doctor, ihr müßt mir einmal die Beichte hören!" Darauf erwiderte dieser scherzend: „Was wollt' ein so großer Sünder einem armen Mönch beichten. Ich werde Ew. fürstlichen Gnaden nicht genugsam absol- viren können!" Diesen Scherz verstand Bogislaw nicht, meinte, der Doctor wolle ihm wegen seines Lebenswandels Vorwürfe machen. Schon vorher war er der Reformation nicht hold, jetzt kam noch persönliche Abneigung gegen den Reformator dazu, und die Lutheri- schen wurden in Pommern verfolgt, bis Bogislaw in seinem 70sten Lebensjahre starb. 4. Johann Nugenhagcn, genannt Ih-. Pommer, und die Einführung der Reformation in Pommern. (t3. Dezember 1534.) l. Johann Bugen Hagen, der wittenbergische Pfarrherr, hat dem großen Reformator 1)r. Martin Luther in dem schweren

4. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 30

1858 - Breslau : Hirt
30 Blicke in die Vergangenheit Pommerns. als die Bombe sprang, und rief aus: „Wenn das so fortgeht, so werden wir doch noch müssen zu Kreuz kriechen." Da entgegnete Nettelb eck zornentbrannt: „Halt! Der Erste, wer es auch sei, der das verdammte Wort wieder ausspricht, der stirbt des Todes von meiner Hand!" Zugleich zog er den Degen und richtete ihn gegen Loucadou. Dieser zog gleichfalls und wollte den verwegenen Bür- ger niederstechen. Die Umstehenden brachten die Beiden zwar aus- einander, doch der Kommandant wollte seinen Beleidiger vor ein Kriegsgericht stellen und zum Tode verurtheilen lassen. Der Unwille seiner Offiziere und eine drohende Aufregung unter den Bürgern hin- derten ihn aber daran. — Der geängstigte Nettelbeck, als ersah, wie der alte, unfähige Kommandant Alles vernachlässigte, schrieb an den König und bat dringend um einen andern Kommandanten. Da kam denn der tapfere Gn ei sen au, und Nettelb eck sank vor Rüh- rung vor ihm auf's Knie und sprach: „Ich bitte Sie um Gottes willen, verlassen Sie uns nicht, wir wollen Sie auch nicht verlassen, so lange wir noch einen warmen Blutstropfen in uns haben, sollten auch alle unsere Häuser zu Schutthaufen werden. So-denke ich nicht allein; in uns Allen lebt nur ein Sinn und Gedanke: Die Stadt darf und soll dem Feinde nicht übergeben werden!" —Zwei Mal geleitete der muthige Mann bülfebringende Schiffe durch Sturm und Brandung sicher in den Hafen, trotz augenscheinlicher Lebensgefahr. Der wackere Vaterlandsfreund ward nicht müde, die Trägen zu thäti- ger Mithülfe anzuregen, auch wenn er dafür Grobheiten, ja selbst Mißhandlungen erdulden mußte. So ist Nettelb eck das nach- ahmungswerthe Vorbild des ächt preußischen Bürgers voll Vater- landsliebe, Muth und freimüthiger Offenheit. 5. Nicht geringern Ruhm hat vor Zeiten Stettin errungen. Als der große Kurfürst die Schweden 1675 bei Fehrbellin in der Mark Brandenburg besiegt halte, gedachte er bei dieser Gelegenheit sein Recht auf Pommern durchzusetzen, welches ihm im westphälischen Frieden verkürzt worden war. Wolgast, Wollin, Anklam und Dem- min mußten sich ergeben. Aber vergebens belagerte er Stettin. Dieses war stark befestigt, und die Bürgerschaft war freudig bereit, mit der tapfern schwedischen Besatzung zu siegen oder zu sterben. Tag für Tag sausten glühende Kugeln, Bomben und Granaten, Stinksäcke, Stinktöpfe und all' das andere Zeug, was für den Krieg ersonnen war, den Stettinern um die Köpfe. Eine grausame Zer-' störung sah man bereits in den Straßen der Stadt, viele Familien beweinten theure Glieder. Aber das beugte den Muth der Tapfern nicht. Oft warfen die Belagerten frisch gebackene Semmeln den Brandenburgern zu, zum Zeichen, daß bei ihnen keine Noth sei. Lose Vögel hängten an einem Thurme das Bild eines Schneiders mit Scheere und Elle aus, um den alten Derfflinger, einen General des Kurfürsten, der früher Schneider gewesen war, zu foppen. Und als bei zunehmender Bedrängniß der Stadt günstige

5. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 1

1858 - Breslau : Hirt
Zur Geographie und Geschichte der heimathlichen Provinz. Ein Anhang zum Volksschul-Lesebuche Schlesien. A. Wie es in Schlesien anssieht. 1. Rmschau itn Lande. Das Bild Schlesiens auf der Karte gleicht einem großen Eich- blatte; seine etwa 200 Meilen lange Grenzlinie macht den ausge- zackten Rand und die Oder mit ihren Nebensiüsien das Geäder des- selben aus. Die Provinz Schlesien gehört erst seit 1740 zum preußischen Staate; sie besteht aus dem preußischen Theile des Herzogthums gleiches Namens, aus der Grafschaft Glaz und dem preußischen Markgrafthum Ober-Lausitz. Es ist ein herrlich geschmücktes und reichgesegnetes Land, das sich vom Sudetengebirge über die Oder hin an die Grenzen Polens und Posens, von den Vorbergen der Karpathen auf beiden Seiten seines Hauptflusses bis an die Pro- vinz Brandenburg hin erstreckt, und eine Länge von 50 und eine Breite von über 20 Meilen erreicht. Die Oder theilt dasselbe in eine linke und rechte Oderseite. Nach Süden und Westen lagern sich hohe Gebirge und bilden einen riesenhaften Grenzwall, während auf der anderen Seite im Osten und Norden anmuthige Hügelketten es beinahe in seiner ganzen Ausdeh- nung umsäumen. So liegt es zwischen diesen Gebirgen und Hügeln als ein breites Thal, das von der Oder und ihren Nebenflüssen be- wässert wird. Ein Landstrich mit überaus fruchtbarem Boden breitet sich zwischen dem Gebirge und der Oder aus, der den Fleiß des Schlesien. i

6. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 29

1858 - Breslau : Hirt
Sit Eotsttr Fthdc. — Die Witderiäuftr in Münster. 2s und wollten das Alles durch das falschverstandene Evangelium verthei- digen. Solche Schwärmer durchwanderten als Apostel die Länder, weiffagten die Umwandlung aller Dinge, das Erschlagen aller Erstgeburt Aegyptens und den Beginn eines seligen Lebens der Auserwählten in dem Königreiche Christi ohne Gesetze, ohne Obrigkeit, ohne Ehe, in Genuß und Ueberfluß. Nun war in Münster die Reformation seit 1524 unter mancherlei Wirren und Kämpfen durchgeführt worden, wobei sich besonders der beredte Bernhard Rotrmann als Prediger an der Lam- bertuskirche hcrvorgetban hatte. Münster ward von Wiedertäufern namentlich aus Holland fleißig heimgesucht, und Rottmann suchte sein Ansehen zu heben und zu stützen, indem er sich den schwärme- rischen falschen Propbeten anschloß. Bald kam nun auch, in den ersten Tagen des Jahres 1534, der wiedertäuferische Prophet Jo- hann Matthiesen, ein Bäcker aus Hartem, und Johann Bockhold oder Bockelsohn, ein Schneider aus Leyden, einer seiner 12 Apostel. Bei einem wohlhabenden aber unruhigen Bürger, Knipperdolling, fanden sie Herberge. Ihre Anhänger vermehrten sich mit jedem Tage. Des Abends erschienen sie auf den Straßen, zuweilen nackt, und riefen: .„Thut Buße, das Himmelreich ist nahe; lasset euch um- taufen, sonst kommt der Zorn Gottes über euch!" Sie gaben vor, sie sähen am Himmel Reiter mit blankem Schwert auf weißem Roß, Männer mit goldnen Kronen auf den Häuptern; Schneider- und Schloffergesellen standen auf und predigten, Jungfrauen riefen Wehe über die Gottlosen. Bald wäre es zu einem Kampfe zwischen den Wiedertäufern auf der einen Seite und dem Rathe sammt den treu- gebliebenen Bürgern auf der andern Seite gekommen, aber leider ging der damals noch mächtige Rath auf einen Vergleich ein. Die menschlichen und göttlichen Gesetzen zuwiderlaufende Schonung der Aufrührer trug bittere Früchte. Von Stund' an mehrte sich ihre Zahl; von allen Gegenden lief, wer gleichen Sinnes war, herzu, Männer ohne ihre Weiber, Weiber ohne ihre Männer, auch ganze Familien. Bei der neuen Rathswahl gewannen sie die Oberhand, besetzten alle Aemter in der Stadt mit ihren Leuten und wählten Knipperdolling zum Bürgermeister. Bewaffnet kamen sie auf dem Rathhause zusammen. Eine Weile lagen sie betend in tiefster Stille auf den Knieen; auf einen ihrer Propheten schien ein tiefer Schlaf gefallen zu sein, plötzlich fuhr er auf und rief: ,,Hinweg mit den Kindern Esau's! Die Erbschaft gehört den Kindern Jakob's!" Die Andern verstanden ihn, rannten durch die Straßen und schrieen: „Heraus, ihr Gottlosen!" Es war ein stürmischer Wintertag, tief lag der Schnee, naß fielen die Flocken vom Himmel. Hochbetagte Leute, die schon lange nicht mehr weiter als aus dem Bette auf den Lehnstuhl gekommen waren, Mütter, ein Kind auf dem Arme, wie sie es aus dem Schlafe gerissen, ein Knäblein ohne Schuhe an der Hand, stießen sie hinaus in das Unwetter. So ging es Allen, die bei ihrer ersten Taute verharrten. Nun theilten sie die eingenommene

7. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 23

1858 - Breslau : Hirt
Einführung dcs Christenthums. — Ludwig der Eiserne. 23 einem christlichen gemacht; es vergingen noch über 100 Jahre, ehe das Heidenthum ganz ausstarb. Dort, wo einst der Vater Otto's gestorben war, ereilte auch ihn der Tod; eine Kapelle in Memleben empfing seine irdischen Ueber- reste, die spater nach Magdeburg gebracht und im Dome beigesetzt wurden. Um jene Zeit erhielten viele Städte Ringmauern, so Erfurt, Merseburg, Naumburg, Eisleben, Sangerhausen u. a. 3. Ludwig der Eiserne, Landgraf non Thüringen. Von 1140—1172. In dem von Kaisern beherrschten deutschen Reiche hatten die ein- zelnen Landestheile ihre besondern Regenten, welche allesammt unter der Oberhoheit des Kaisers standen. So hatte Thüringen mit Sachsen zusammen einen Herzog. Als nun der Herzog Lothar zum deut- schen Kaiser gewählt worden war, erhob er den Grafen Ludwig als Ludwig I. zum Landgrafen von Thüringen. Als solcher war er der erste Richter und der Schirmherr über die Sicherheit und Ruhe im Lande, ließ Münzen mit seinem Brustbilde auf der einen, und dem thüringer Wappen (einem silbernen Löwen mit goldner Krone in himmelblauem Felde) auf der anderen Seite, prägen, führte das Volk zum Kampfe, wenn der Kaiser rief, und nahm unter den deutschen Fürsten eine ehrenvolle Stellung ein. So hatte Thüringen wieder einen selbstständigen Fürsten erhalten. Dem Landgrafen Ludwig I. folgte sein ältester Sohn Ludwig, der Eiserne genannt. Diesen Beinamen führte er nicht bloß von dem Panzer, den er nie ablegte, sondern auch von seiner unerbitt- lichen Strenge gegen die Edeln seines Landes, die Bürger und Bauern hart drückten. In seiner Jugend war er gar sanft und mild gegen Jedermann und daher von seinen Dienstmannen nur wenig gefürchtet; diese begingen schreiende Ungerechtigkeiten gegen das Volk, aber Lud- wig bekümmerte sich nicht um die Regierung und hörte auch von den lauten Klagen nichts, sondern strich als rüstiger Waidmann oft Tage lang im Thüringer Walde herum. Einst verirrte er sich von seinem Gefolge; die Nacht überfiel ihn, und nach langem Umher- schweifen erblickte er von fern das Feuer einer Waldschmiede; es war in der Gegend von Ruhla. Da trat er zu dem Schmied, in grauem Gewand, um den Nacken das Jägerhorn und in der Hand den Speer, gab sich für den Jäger des Landgrafen aus und bat um Nachtlager; da nahm der Schmied das Wort und sprach: „Pfui! schämen solltet ihr euch, daß ihr den Namen des Landgrafen nennt, ohne euch zuvor den Mund zu wischen." So schalt er noch gar viel über den Land- grafen, und fügte dann milder hinzu: „Du sollst Herberge bei mir finden, doch nicht um deines Herrn willen. Führe dein Roß in den Schuppen, und nimm mit der Streu vorlieb; denn ein Bett ist bei uns armen Leuten nicht vorhanden." Der Landgraf legte sich; aber

8. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 26

1858 - Breslau : Hirt
26 Blicke in die Vergangenheit Sachsens. Conrad stammte aus dem Geschlechte der Grafen von Wettin; von diesen stammt also auch das sächsische Königshaus ab. Als Conrad alt geworden war, theilte er das Land unter seine Söhne, und legte in der Domkirche zu Meißen in einer glänzenden Versammlung von Fürsten, Bischöfen, Pfarrherren und Rittern seine Waffen, die er oft gegen die Sorben und Wenden geführt hatte, vor dem Altäre nieder; er begab sich dann in das von ihm und seinem Bruder erbaute Kloster auf dem Peters berge bei Halle. Hier beschloß er nach zwei Monaten, im Jahre 1157, sein unbeschol- tenes christliches Leben. Als das Fürstenhaus, welches über 100 Jahre über Thüringen geherrscht hatte, ausstarb, kam das Land an die Markgrafschaft Meißen. Nun schlugen Landgrafen aus dem markgräflichen Geschlechte ihre Residenz auf der Wartburg auf und regierten von da aus noch über 100 Jahre die thüringischen Lande. 6. Pest, Judenverfolgung und Vcißclbrüder. In jener Zeit, am 25. Juni 1348, am Tage Pauli Bekehrung, war ein furchtbares Erdbeben durch ganz Europa. Berge sanken ein, Städte und Dörfer wurden verschüttet, Burgen und Thürme stürzten zusammen. Die Glocken schlugen von selbst an, und unter ihrem dumpfen Klange verließen die Leute ihre Wohnstätten. Die Hain- laite, ein Bergwald bei Sonders hausen, ward so heftig er- schüttert, daß sie zu spalten drohte, und noch heut zu Tage ist dort ein mächtiger Riß zu schauen. Giftige Dünste stiegen aus den Spalten hervor und verbreiteten eine der furchtbarsten Seuchen, die je die Welt heimgesucht haben. Es war eine schreckliche Pest, der schwarze Tod genannt, bei der sich zuerst eine Drüsenanschwellung in Größe eines Eies, dann gelbe und schwarze Flecke am Körper zeigten; die Krankheit war fast stets tödtlich; dabei war sie so ansteckend, daß selbst Thiere todt hinsanken, die nur die Kleider eines Verstorbenen berührt hatten. In Erfurt starben 12,000 Menschen, und das Thüringerland verlor überhaupt den vierten Theil seiner Bewohner. Da, im Angesichte des Todes, schlugen Viele in sich und starben in Frieden. Ein zwölfjähriges Mädchen in Erfurt lag im Todeskampse; mit verklärtem Blicke schaute sie gen Himmel, und als die betrübten Eltern sie fragten, was sie so freudig mache, da antwortete sie: Ei, seht ihr nicht den Himmel offen und unzählige Lichter darin? Das sind die Seelen der selig Sterbenden; ich freue mich, zu ihnen zu kommen; denn ich werde diese Nacht sterben, und meine Mutter wird mir in drei Tagen Nachfolgen. So schlief sie in Frieden ein. Es geschah aber, daß während dieser Pest weniger Juden als Christen starben; das erweckte den furchtbaren Verdacht, daß sie aus Rache gegen die Christen die Brunnen und Quellen vergiftet haben; daher komme die furchtbare Seuche. Da fiel man in fast allen Städten Thüringens über die Juden her und erschlug Tausende.

9. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 1

1858 - Breslau : Hirt
Geographie und Geschichte der heiinalhlichen Provinz. Ein Anhang zum Volksschul-Lesebuche. Westphalen. A. Wie es in der Provinz Westphalen aussieht. I. Umschau im Lande. Wir sind Preußen und unser König und Herr wohnt in Berlin. Das liegt zwar weit von unserer Heimath nach Morgen hin in der Provinz Brandenburg, jenseit der Elbe. Aber eine Eisenbahn ver- bindet Westphalen mit der Residenz unseres Landesvaters, und daher kann man gar schnell in einem Tage den weiten Weg zurücklegen. Ueber Berg und Thal, Wiesen und Felder. Flüsie und Ströme saust die Dampfmaschine mit den langen Wagenzügen hin, und früher, als man's glaubt, ist man am Ziele. Westphalen ist die kleinste unter den 8 Provinzen, aus denen das Reich unseres Königs besteht; aber dennoch hat sie eine ansehnliche Ausdehnung; denn sie zieht sich von der Weser an bis nahe an den breiten Rheinstrom; wer die Entfernung messen wollte, hätte 28 Meilen zu machen; so groß wie ihre Länge ist auch ihre Breite, vom rauhen Westerwalde an der südlichen Grenze bis unterhalb Münster, wo die Ems in die han- noverschen Lande eintritt. Bloß nach dem Rheine hin grenzt Westphalen an preußische Lande, nämlich an die Rheinprovinz; sonst aber ist es von Län- dern, die fremden Fürsten gehören, umgeben. — Die im Münster- lande kennen ihre Nachbaren, die in der Ebene nach der Nordsee hin wohnen, die Niederländer, sehr wohl; denn allsährlich, wenn die Störche und Schwalben kommen, wandern gar Biele über die 1 Westphalen.

10. Geographie und Geschichte sämmtlicher Provinzen des Preußischen Staats - S. 5

1858 - Breslau : Hirt
Das Müusrerlan>. 5 den die Nachtigallen in dem dichten Gebüsch und bei den dunklen stillen Weihern zu nisten. Ein tiefer Friede breitet sich über die stille, grüne Landschaft aus. Auf den Brachfeldern wird zwischen Umhegungen aus Flechtwerk das Vieh, welches wohl genährt ist, ge- weidet. Sanfte Hügel, die wie Meereswogen neben einander auf- steigen, geben der Gegend eine angenehme Abwechselung, und Gehölze und Hage vermehren die Lieblichkeit noch. Wiesen, Felder und Gärten sind von hohen, oft 16 Fuß breiten Wällen umgeben, auf denen Büsche und Bäume wachsen. Außer- dem hat jedes Haus noch seinen Eichenbestand um sich her, so daß die Häuser wie im Grün vergraben sind. Im Münsterlande, wie überhaupt nördlich von der Lippe besteht die Einrichtung der alten Sachsen noch heute, daß die Bauern nicht in Dörfern nahe beisammen wohnen, sondern ihre einzelnen Gehöfte haben, ein jeder in der Mitte seiner Felder und Wiesen. Diese Bauergüter sind über die weite Ackerfläche hin einzeln ausgestreut. Die, welche zu einer Ortschaft zusammengehören, machen eine Bauern- schaft aus. Ein Bauernhof liegt oft eine Viertelstunde vom andern entfernt; denn alles Besitzthum, Feld, Wald und Wiese, breitet sich sammt dem Baumgarten um das Gehöfte herum aus. Reihen hoch- stämmiger Eschen oder knorriger Rüstern und Eichen stehen zu beiden Seiten der alten Grenzgräben und bezeichnen weithin die Marke des Erbes. Gleich wie Naboth das Erbe seiner Väter nicht verkaufte, so ist auch jedem ehrenwerthen Hausvater der Besitz heilig, und er erachtet es für seine Pflicht, ihn nicht durch Verkauf zu schmälern und in gutem Zustande an seine Nachkommen zu übergeben. Ein gut bestandenes Eichenwäldchen befindet sich oft in der Nähe des Hofes; dieß ist der Kamp; er liefert dem Bauer sein Holz und schützt das Wohnhaus gegen den Ost- und Nordwind. Auch ein Baumgarten ist am Gehöfte und in demselben bisweilen ein Teich mit Karpfen. An denselben schließt sich eine Wiese, auf der Pferde weiden; denn diese werden auch zum Verkaufe gezogen. Die Familie mit den zum Hausstande gehörigen Dienstleuten, Knechten, Mägden und Köttern (Tagelöhnern) zählt zuweilen 30—50 Personen. Am Marktplatze der alten Stadt Münster erhebt sich die schöne La mb er tu skirch e; hoch oben am schlanken Thurm gewahrt man drei eiserne Käfige; in diesen sind die 3 Führer der Wiedertäufer: Bock old, Knipperdolling und Krechting zum schreckenden Gedächtniß verwahrt und zu Staub geworden. Der Thurm der Kirche, welcher dünn und hoch aufsteigt, hat sich geneigt und scheint jeden Augenblick überzukippen. Das ist aber schon seit Jahrhunderten so gewesen; denn schon 1566 fand eine Untersuchung statt: ,,ob der Lamberz-Torn auch Noth habe, kurz zu fallen." Karl der Große errichtete in Münster ein Bisthum; Mauern und Gräben aber und den Namen erhielt es erst 200 Jahre später. Das größte kirchliche
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