I. Größe und Grenzen.
3
Der einzige Fluß, der die ganze Breite von Mitteleuropa durchmißt, ist
der Rhein'). Sein Oberlauf gehört den Alpen selbst und dem (schweizerischen)
Alpenvorlands an. Sein Mittellauf ist die Hauptader für alle Gewässer
des Südwestdeutschen Landbeckens und des Schiefergebirges. Im
Unterlaufe endlich durchströmt der Rhein den W der Norddeutschen Tief-
ebene. Die Maas, die sich (5° ö. v. Gr.) auf holländischem Boden mit der
Waal, der stärksten Ader seines Deltas, vereinigte, ist 1904 dort künstlich
wieder abgetrennt.
4. Bon der Rheinprovinz greift der äußerste 8 in das Pfälzer Berg-
land und in den Nordrand der Lothringer Stufenlandschaft hinein- die
große Masse des Landes aber gehört dem Rheinischen Schiefergebirge
und dem Nordwestdeutschen Flachlande an. Das Schiefergebirge ist
eigentlich eine im Mittel fast 500 m hohe Platte, die vom Rheine in zwei
Hälften zersägt ist und durch mehrere seiner Nebenflüsse in kleinere Abschnitte
zerlegt wird. Einer dieser Teile, der Taunus (höchster Punkt: der Feldberg von
880 m Höhe), bleibt-vom Wetzlarer Bezirk abgesehen - außerhalb der Grenzen
der preußischen Rheinprovinz; an den übrigen Abschnitten aber hat diese mehr
oder weniger Anteil. Das Flachland greift mit der Kölner oder Nieder-
rheinischen Tieflandsbucht von N her in die Schieferhochfläche hinein.
So ergeben sich für die Betrachtung der Oberflächenform Rheinpreußens
die nachfolgenden natürlichen Abteilungen:
a, b. Anteil an der Lothringer Stufenplatte (durchschnittlich 200 bis 300 m
hoch) und dem Pfälzer Bergland (Donnersberg in der Bayrischen Pfalz
687 m hoch)-
L. der Hunsrück (Erbeskopf 816 m);
d. die Eifel (Hohe Acht 746 m);
e. das Siebengebirge (Ölberg 464 m) und Anteil am Westerwald (Fuchs-
kauten in Nassau 657 m);
f. Anteil am Sauerland (der Kahle Astenberg in Westfalen 830 m) und
an der Haar oder dem Haarstrang (in Westfalen 300 m hoch);
g. die Niederrheinische Tiefebene (Rheinhöhe bei Bonn 43,6 m, an der
holländischen Grenze beinahe 10 m über dem Nullpunkt des Amsterdamer
Pegels, der nur 3 mm tiefer liegt als N.n., d. h. als der Normal-Nullpunkt
der deutschen Höhenmessung.
Zum Vergleiche können herangezogen werden: Iimmerhöhe 3,5 bis 4,5 m, Haus-
höhe etwa 15 m, Nationaldenkmal auf dem Niederwald 35,5 m, Kölner Dom 156 m,
die Lchneekoppe, höchster Punkt des Deutschen Mittelgebirges, 1603 m, der Mont Blanc
4810 m. -
5. Nur ein Teil des W unserer Provinz, gut ein Sechstel des ganzen
Landes, wässert nach der Maas hin ab, alles andere ist Rheingebiet.
Im Rheingau über 1 km breit, tritt der Rhein bei der Einmündung der
Nahe in stark 76 m Meereshöhe an die Rheinprovinz heran; der staatlichen
Einteilung gemäß gehört aber das rechte Ufer zunächst noch der Provinz
Hessen-Nassau an, und erst von einer Stelle zwischen Lahn- und Moselmündung
i) Der Nhein == der Rinnende (aus dem Keltischen, vielleicht schon aus dem Ligurischen,
vgl. den Reno [bei Bolognas. Der ganze Stromlauf ist 1366 km lang. Vgl. das amt-
liche Werk: „Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse . . Berlin 1889, und
Iasmund, Die Arbeiten der Rheinstromverwaltung, Berlin 1901.
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8
Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
genannt; höchster Punkt 697 m über d. M.), welche übrigens die umgebende
Hochfläche nicht bedeutend überragt. Aber nicht die Schneifel, sondern eine
mäßigere Erhebung nördlich davon (Losheimer Wald, Iitterwald, bis zu 690 m)
bildet den Ausstrahlungspunkt von Bächen und Flüssen verschiedenster Richtung
(siehe Kärtchen S. 5); die ganze Landschaft ist eben ein echtes Hochland, bei
dem sich nur der Lage nach, ohne deutliche Abgrenzung, einzelne Teile unter-
scheiden lassen, so s. und s.ö. von der Schneifel die Dorder-Eifel und n.ö.
von dieser die Hohe Eifel.
Ein verändertes Gepräge jedoch erhält diese Hochfläche einmal durch eine
größere Zahl aufgesetzter Bergkegel und -kuppen; zu diesen gehören
die bedeutendsten Erhebungen der Hohen Eifel: die spitzen Kegel der Hohen
Acht (746 m) und der Nürburg (678 m), von denen der erstere als höchster
Punkt der ganzen Eifel auch die weiteste Rundsicht gewährt, der zweigipfelige Hohe
Ke lberg (674 m), der abgestumpfte Kegel des Aremberges x) (590 m) u. a. m.
Außerdem aber befinden sich in der Eifel echte Vulkane, die erst gerade
vor der geschichtlichen Zeit erloschen sind, nebst manchen anderen damit
zusammengehörigen Erscheinungen. Sie bilden zwei Gruppen, von denen die
eine von dem Neuwieder Becken bis zum flachen Krater des Rodder-
berges (bei Rolandseck) reicht, während die Vulkane der anderen Gruppe
in einer zur Hauptrichtung des Schiefergebirges senkrechten, s.ö. gerichteten
Linie angeordnet sind von dem vor der Schneifel liegenden Goldberge (649 m)
bis nach der Falkenlei (414 m), die sich unweit der bemerkenswertesten
Moselschlinge (s. Abb. 14, S. 56) erhebt; ungefähr in der Mitte dieser Linie
befindet sich ihre höchste Erhebung, der Hohe Ernst oder Errensberg, ein
Schlackenberg von 700 m Höhe.
Außer derartigen Kegelbergen von Schlacken- und Lavamasse, außer alten
Kratern mit Lavaströmen gibt es hier noch die merkwürdigen Maare, kreis-
runde Vertiefungen, die oft tiefe Seen enthalten (oder aber verschüttet und nun
mit Torfmooren und Wiesen bedeckt) und mit einem Ringwall von vulkanischem
Tufp) und Sand umgeben sind; auch der Rodderberg gehört eigentlich hierzu.
Abseits von jener Vulkanreihe der Vorder-Eifel, unweit der gewaltigen Schlacken-
masse des Mosenberges (519 m, 4 Krater) liegt das Meerfelder Maar, von dem
nur noch die n. Hälfte ein See ist ssein Spiegel in 334 m Meereshöhe). In der
Vulkanreihe selbst aber sind hervorzuheben die drei in einer gemeinsamen Tuffmasse
liegenden Daunermaare: das Gemündener, das Weinfelder und das Schalken-
mehrener Maar (welch letzteres — wie auch das Meerfelder Maar — einen Abfluß
besitzt) — und s.ö. von ihnen das schönste derartige Wasserbecken, das fast kreisrunde,
tief in die Hochfläche von Gillenfeld eingesenkte Pulvermaar, dessen Spiegel (414 m
über d. M.) von mehr als 70 m hohen, dicht mit Buchen bestandenen Abhängen um-
rahmt ist; seine größte Tiefe beträgt 74 m, seine Fläche 35 ha, sein Umfang 2^ km.
Von den Dauner Maaren besitzt das Schalkenmehrener (vgl. Abbild. 23, S. 62)
mit 21,6 ha die größte Fläche und nach der Ausflußseite hin die sanftesten Umwallungen;
sein Spiegel liegt in 422 m Meereshöhe, seine größte Tiefe beträgt 21m (vgl.abbild. 23, S.62).
Das reizende Gemündener Maar) 465 m über d. M), mit 7,2 Ks das kleinste der drei
genannten vulkanischen Becken, ist an der tiefsten Stelle 38 m tief; sein schmaler West-
rand fällt steil nach dem nahen Liesertale hin 40 m tief ab. Zwischen diesen beiden,
durch beträchtliche Rücken von ihnen getrennt, breitet sich in 479 m Meereshöhe die
Wasserfläche des Weinfelder Maares aus, dessen Fläche 16,8 ha, dessen Umfang
x) Nürburg und Aremberg tragen schöne Burgtrümmer.
2) So heißt die bei dem Ausbruch mit Wasser durchtränkte oder unter Wasser
abgelagerte und später erhärtete „vulkanische Asche".
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Ii. Bodenkunde.
7
Hier ziehen sich auf der linken Naheseite der Hochwald (Erbeskopf, 816m,
Aussichtsturm), der Idarwald (bis zu 765 m Meereshöhe), der Soonwald
(bis zu 660 m) und des letzteren N0-Cnde, der Binger Wald, von Sw
nach No so, daß sich die übrige Hunsrückfläche nach der Mosel hin abdacht.
Es liegt übrigens im Wesen des Rheinischen Schiefergebirges und recht-
fertigt die Bezeichnung „Gebirge", daß es steil und wie in Berge zerrissen in
die Flußtäler abfällt, namentlich in das große Durchbruchstal des Rheins und
die dazu senkrechte Talfurche von Mosel und Lahn. Von der Talsohle
aus, die infolge der auswaschenden Tätigkeit des fließenden Wassers auch
bei den kleinen Zuflüssen wenigstens im Unterlaufe recht tief liegt, erscheint
eben jener Abfall durchaus gebirgig. So schließt gerade der Nordost-
abfall des Hunsrück (von Rheinstein bis Stolzenfels) mit dem gegenüber-
liegenden des Taunus das landschaftlich schönste deutsche Tal ein (vgl. Abb. 11
und 12, S. 53 und 54).
Die Hauptmasse des an Bodenschätzen so reichen Rheinischen Schiefer-
gebirges besteht aus sehr alten Gesteinen, vorherrschend aus dem sog. Devon'),
insbesondere aus Tonschiefer, der noch vor der Steinkohlenzeit, also im ersten Teile
der Primärzeit, gebildet ist. An den obenerwähnten Höhenrücken tritt noch älterer
Quarzfels zutage, während jüngere Gesteine nur wie zerstreut auf der Hochfläche
vorkommen. Das Grundgebirge war zur Primärzeit stark gefaltet worden, nachher
aber durch Verwitterung und Wasser „abrasiert" (vgl. Fig. 4, S. 9); dem widerstand
das härtere quarzitische Gestein so weit, daß es jetzt die Hochfläche überragt. Der flach-
wellige Rumpf ist dann in der Tertiärzeit, vor der Eiszeit, durch mächtige Bruchlinien
in einzelne große Schollen geteilt worden, von denen manche eingesunken und
von jüngeren Gesteinen bedeckt geblieben sind, so die schon genannte „Bucht von
Trier", durch welche die Mosel in das Schiefergebirge eintritt, ferner das „Becken
von Neuwied" an der Kreuzungsstelle des Mosel-Lahn-Tals mit dem Rheintal, die
ganze „Kölner Bucht" (s. oben S. 3) und die große „Münstersche Tieflands-
bucht" im No (vgl. 1. u. 2. Kärtchen S. 5). Die Massen zwischen diesen eingesunkenen
Feldern sind hingegen als „Horste" stehengeblieben oder gar durch Pressung, namentlich
in der Eiszeit, noch emporgehoben. Während das Schiefergebirge so zum Rumpf-
schollengebirge (Rumpfhorst) geworden ist, arbeiten die Flüsse seitdem stetig daran, die
Platte allmählich immer mehr in eine Berggruppe umzuformen. In der Tertiärzeit
hat sich auf der Höhe ein breiter, flacher Trog als Flußbett vorgebildet' dann hat
sich — zum Teil unter Benutzung von Bruchlinien — das Bett des Urrheins enger, aber
tiefer bis zu der heutigen „Hauptterrasse" eingegraben, zum Teil durch „Rückwärtserosion"!
endlich haben in der Eiszeit und nachher der Rhein und seine Nebenflüsse ihre Täler
noch enger und tiefer in das sich hebende Schiefergebirge eingeschnitten. Die Terrassen
sind noch heute deutlich zu erkennen 2).
d. Die linke Talwand der vielgewundenen Mosel ist der Abfall des
größeren, nördlichen Teils der linksrheinischen Schieferfläche, der Eisel^). Deut-
liche Höhenrücken wie der Hunsrück trägt die Eifel nicht, mit Ausnahme der
in gleicher Richtung mit jenen streichenden Schneifel (auch „Schnee-Eifel"
') Genannt nach der Grafschaft Devonshire im s.w. England. — Das städtische
Museum für Handel und Industrie in Köln enthält ein geologisches Prostl durch das
Rheinische Schiefergebirge, das Dr. G. Fliege! aus natürlichen Gesteinen errichtet hat.
2) Genaueres bei Philippson in den Verhandlungen des 7. Internationalen
Geographenkongresses, Berlin 1899, und des 14. Deutschen Geographentages, Köln
1903, sowie bei Kaiser a. a. O., 1903; Mordziol in der Zeitschrift d. Ges. f. Erdk. zu
Berlin, 1910, S. 77 ff.
2) Vgl. O. Follmann in den „Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde"
und den „Cifel-Führer". Der Name Eifel soll Wasserland, Flußland (keltisch ap^ Wasser,
vgl. Apulien) bedeuten; andere leiten ihn von dem früher häuflgen Flußnamen Aquila
her (pagus aquilinsis = (Eifelgau; im Jahre 838: „Eiflia").
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Extrahierte Personennamen: Erdk
Extrahierte Ortsnamen: Hochwald Idarwald Rheinischen_Schiefergebirges Rheins Rheinstein Stolzenfels Taunus Rheintal Rhein England Rheinische_Schiefergebirge Berlin Berlin Apulien
14 Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
Die Erhebungen des Landes kann man auf einer sog. Klimakarte (vgl.
Fig. 6, unten) an der geringeren Iahreswärme, auf einer Regenkarte (vgl.
Fig. 7, untenan dem reichlicheren Niederschlag deutlich erkennen.
Die feuchte Seeluft wird beim Ersteigen der Höhen unter ihren „Taupunkt" ab-
gekühlt und verdichtet den Überschuß von Wasserdampf zu Niederschlag. Dieser wird
gemessen durch die Höhe der Schicht, die in Wasserform den Boden nach einem Jahre
bedecken würde, wenn von allem Tau, Reif, Regen, Schnee usw. nichts verdunstete,
nichts oberflächlich abflösse und nichts einsickerte. In Deutschland hat der No der
Provinz Posen weniger als 50, dagegen das Mittelgebirge an seinen höchsten Stellen
weit mehr als 100 cm Regenhöhe (der Brockengipfel 132 cm). Die mittlere jährliche
Regenmenge der Rheinprovinz bleibt unter 100 cm; am Hohen Venn an der West-
grenze und bei Lennep an der Ostgrenze steigt die jährliche Niederschlagsmenge zu
120 cm an; am geringsten dagegen ist sie mit 50 cm an der unteren Nahe und im
Maifeld am Ostende der Eifel. — Die Zahl der Tage mit mehr als 0,2 mm Nieder-
schlag beträgt für Köln (bei 64 cm jährlicher Niederschlagsmenge) durchschnittlich 158,5;
dabei sind 25,5 Tage mit Schnee, 21 Tage mit Gewittern — entsprechend für Kleve (bei
77,3 cm)") 168, davon 25,1 bezw. 21. t I unter Sozenüiw. Illllllllll 70-80 Zmtinv.
, Ix-: 1!) 50-60 V///////A 80-100
p—ln7fprßofp1.<!. Hl 11 ] 11 ]16-7°Cels. V/M/A 7-8°Cels. I I 60-70 i i 100-120
mm8-9°Cels. Susi üb. 9°Ods. Ssshb über Ixozentmv-
6. Karte der mittleren Jahrestemperatur. 7. Karte der mittleren Regenmenge.
(Maßstab liöoooooo,) (Maßstab 1:k000000.)
Daß in der Tat das Klima unserer Provinz besonders günstig ist, zeigt
sich am besten, wenn man den obigen Zahlen für die mittlere Iahreswärme
die Tatsache gegenüberhält, daß (mit Rücksicht auf alle anderen Stellen der
Erde unter gleicher Breite) der Mitte unserer Provinz nur eine durchschnitt-
liche Jahrestemperatur von 5° C zukommen würde.
Trotz alledem zeigen sich im einzelnen zwischen den Tälern und
den Höhen bedeutende Gegensätze. Den ersteren ist die wahrhaft gleich-
mäßige Milde des Klimas eigen, wie folgende Übersicht (vom Jahre 1885) dartut:
1) Vgl. die Arbeiten von Perlewitz, Moldenhauer und Polis in den „Forschungen zur
deutschen Landes- und Volkskunde"; Hellmann und Polis, 14. Geographentag, Köln 1903;
sowie Pick, Über das Klima am Niederrhein, Kleve 1906, und die Wandkarten von Polis.
2) Statt dieser Mittelzahl hatte Kleve aber i. I. 1877 sog«r 109 cm, dagegen
i. I. 1887 nur 46,5 cm Regenhöhe.
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V. Ortskunde.
41
und Ronsdorf (15400 E.), teils in Eisen- und Stahlwaren, teils (bei der Nähe von
Barmen) in Bandweberei tätig, während (n.w. von Remscheid) in Kronenberg
(13000 E.) große Hausindustrie in Eisengeräten vorwiegt.
Seit 1897 ist Remscheid durch einen großartigen Bahn- und Brückenbau
mit dem auf einer Anhöhe w. von der Wupper gelegenen Solingen ver-
bunden. Unterhalb von Müngsten (= Mündungsstein) (wo das prächtige
Morsbachtal endet) überspannt die Kaiser-Wilhelm-Brücke (491 m lang)
die Wupper in einem 107 m hohen Bogen von 170 m Spannweite; zum
Bau dieser höchsten deutschen Brücke (s. Abbild. 22, 2. 61) sind mehr als
5 Mill. kg Eisen verbraucht worden (Baukosten- 2 700000 Mark). Solingen
(Stadtkreis von 50 500 E. - seit 1889 ist Dorp an der Wupper mit ihm
vereinigt -) ist der Mittelpunkt der deutschen Waffen- und Schneidewaren-
fabrikation, das „deutsche Sheffield", aber in manchen Beziehungen der eng-
lischen Großstadt überlegen; Solinger Klingen finden sich sogar auf den
Märkten Inner-Afrikas.
Zum Teil durch Hand-, zum Teil durch Maschinenarbeit werden die einzelnen
Teile von Messern, Scheren, Bajonetten und namentlich Degenklingen („der Schmied
von Solingen") nicht nur in Solingen selbst hergestellt, sondern auch in den benach-
barten Städten Höhscheid (16000 E.), Ohligs, früher Merscheid genannt (28000 E.),
Wald (25000 E.) und Gräfrath (10000 E.). Die Westgrenze dieses Bezirks bildet
ungefähr die Eisenbahn, die von Deutz über Opladen nordwärts führt und sich an
die Bahn Düsseldorf-Elberfeld anschließt, während gleich dahinter eine n. Linie nach
der Ruhr und ihren Kohlenschätzen hinzieht.
Die größte Volksdichte zeigt die nördliche Talstrecke an der Wupper; dort
sind die beiden Städte Elberfeld und Barmen mit ihren Vororten und unter-
einander zu einem 3 Stunden langen und bereits an den Abhängen empor-
klimmenden Häusermeere verwachsen, das, von den Höhen gesehen, so recht
alle Merkmale einer Fabrikstadt zeigt (s. Abbild. 25, S. 63). Während sich
die Gesamteinwohnerzahl beider Städte 1815 noch auf 30000, 1855 auf
82 000, 1885 auf 210 000 belief, ist sie jetzt auf fast 340000, bei Elber-
feld auf 170000, bei Barmen auf 169 000, gestiegen; beide Stadtkreise
teilen sich in eine Bodenfläche von 53 qkm. Solche Blüte rührt fast aus-
schließlich von der großartigen Webe-Industrie her, die Baumwolle, Wolle
und Seide umfaßt; darunter heben sich Bänder, Kordeln und Kleiderbesatz
als besondere „Barmer Artikel" ab, wohingegen Elberfeld mehr Handel
treibt').
Von 1527 an war hier, als die Wupper noch klares Wasser hatte, (Barnbleicherei
und Handweberei. Einen großen Aufschwung erhielt die Webstoffindustrie, als 1780
die Türkischrotfärberei dort bekannt wurde. Zwei Eisenbahnen („rechtsrheinisch" von
Düsseldorf über Mettmann her und „bergisch-märkisch", s. o.) durchziehen das Tal
(Elberfeld ist auch Sitz einer Kgl. Eisenbahn-Direktion). Eine elektrische Schwebe-
bahn von 13 km Länge (zum größten Teile über der Wupper) ist seit 1903 eine wich-
tige Verkehrsader für Barmen-Elberfeld-Vohwinkel, die erste ihrer Art (s. Abbild. 26,
S. 63). Die neueren Stadtteile, das stattliche Elberfelder Rathaus (1900), die Barmer
Ruhmeshalle (1900), prächtige Denkmäler, Theater, Badeanstalten, elektrische Jahn-
radbahn, die herrlichen Barmer Anlagen (Tölleturm) usw. kennzeichnen die Großstadt,
deren Nähe die bergigen Umgebungen im Waldesdunkel glücklicherweise noch nicht
merken lassen. Die kirchliche, streng protestantische Gesinnung vieler Bewohner be-
tätigt sich im Missionswerke. Vohwinkel (s. o., 15000 E.), ein Brennpunkt des
l) Rud. Herzog hat in dem Roman „Die Wiskottens" ein prächtiges Bild des
Lebens seiner Heimat gezeichnet (1905). „Barm" bedeutet eine Bodenerhöhung. [ij|y
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46
Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
Europas (fast 3 qkm); die eigene Hafenanlage (7 ha) ermöglicht es, die zur Ver-
hüttung bestimmten Erze auch auf dem Wasserwege unmittelbar bis an die Hütte zu
schaffen und die Erzeugnisse des mit dem Hohofenwerk (8 Hohöfen, davon 4 mit je 600 cbm
Inhalt) verbundenen Stahl- und Walzwerkes, nämlich Schienen, Träger u. a., auf
demselben Wege zum Versand zu bringen.
Den Stadtkreis Duisburg bildete um die Jahrhundertwende nicht nur
die eigentliche Stadt, die zwischen Ruhr und Rhein an dem 1844 geschaffenen.
4 km langen Rhein - Ruhr-Kanal (zum größten Teil als Hafen ausgebaut)
liegt, sondern ein Gebiet von 38 qkm, das namentlich in dem Winkel
zwischen Kanal und Rhein und im 8 (Hochfeld) und So der Stadt groß-
artige Fabrikanlagen enthält. Innerhalb dieser Grenzen stieg die Einwohner-
zahl i. I. 1904 zu 100 000 an. Danach aber erfuhr der Stadtkreis Duisburg
eine erhebliche Vergrößerung dadurch, daß sich ihm die bisherigen Städte
Ruhrort^) und Meiderich einfügten. Infolgedessen rückte Duisburg bei
der Volkszählung 1905 mit 192 000 Einwohnern an die 12. Stelle unter
den 28 Großstädten Preußens- i. I. 1910 wurde die Zahl 229 000 über-
schritten. Nach jener Erweiterung bezeichnet der Name Duisburg unbestritten
die Stelle des größten Binnenschiffahrtverkehrs der ganzen Erde-
belief sich doch in seinen Häfen und an seinen Uferladeplätzen der Güter-
Umschlag i. I. 1909 auf 17 Millionen Tonnen^), ohne die auf vorbei-
fahrenden Schiffen befindlichen Güter (etwa 4 Millionen Tonnen) zu rechnen!
Duisburg <vgl. s. 17 bis 19) besaß von 1655 bis 1818 eine vom Großen Kur-
fürsten gegründete Universität. Dem Geographen Merkator, der 1552 bis 1594
dort lebte, ist 1878 ein Brunnendenkmal errichtet worden- eine wertvolle Merkator-
Sammlung ist oben im Rathaus.
In Hochfeld finden sich mehrere große Eisenhütten, Walzwerke und Gießereien,
die Brückenbau-Firma Harkort, Schiffsbau, eine Kupferhütte, Fabriken für Ultramarin,
feuerfeste Steine und Chemikalien- in der alten Stadt blühen Maschinen-, Baumwoll-
und Tabakfabriken (vgl. S. 49) und ein umfangreicher Handel. Früher hatte
Duisburg seine Hafenanlagen rein aus städtischen Mitteln bestritten. Der staatlichen
Ruhrschiffahrtsverwaltung unterstand der Hafen von Ruhrort, dessen eigene Ein-
nahmen zur Instandhaltung und zum Ausbau ausreichten. Seit dem 1. Oktober 1905
sind beide Häfen zu einer Betriebsgemeinschaft unter staatlicher Verwaltung vereinigt.
Der Ruhrorter Hafen war nach dreimaliger Verlegung der Ruhrmündung und
allmählicher Vergrößerung auf 1\ km Beckenlänge mit Eisenbahngleisen (60 km),
Schiffsbauplätzen, Magazinen und einem Riesen-Dampfkran, dreistöckiger Einrichtung
zum Einladen bei verschieden hohem Wasserstand usw. ausgestattet- letzthin ist er,
um allen Bedürfnissen des Handels gerecht zu werden, nach der Ostseite hin noch
durch drei Parallelbecken von zusammen 3,6 km Länge erweitert- um dahin eine
neue Zufahrt von 2,5 km Länge zu schaffen, mußte die Ruhrmündung aufs neue
südwärts verschoben werden (s. Abbild. 36, S. 72 und Plan S. 45). Wie die gewaltigen
Schleppdampfer von hier aus die Ruhrkohlennachen3) rheinaufwärts ziehen, so gleiten
nach Holland abwärts die umfangreichen Flöße aus Holz des Schwarzwaldes und
des Spessarts vorüber. An der Nordseite Ruhrorts breitet sich das gewaltige Eisenwerk
„Phönix" aus, in dem etwa 6000 Arbeiter an Hohöfen, Dampfkesseln, Puddelöfen,
1) Ruhrort bedeutet Ruhr ecke. — Als verkehrsgeographische Arbeiten sind zu
nennen: Der Ruhrorter Hafen, 1902; F. Wickert, Der Rhein und sein Verkehr
(Forschungen zur Landeskunde), Stuttgart 1903.
2) Im Jahre 1899 hatte Duisburg-Ruhrort 11,9 Mill., Pittsburg (Nordamerika)
8,8 Mill., Berlin 7,3 Mill., Mannheim-Ludwigshafen 6,5 Mill. Tonnen Wasserfrachtverkehr.
3) Ein solcher in Eisenkonstruktion ist meist über 80 m lang und faßt dann etwa
viermal so viel Kohlen wie ein Eisenbahnzug von 80 Achsen, d. h. 1500 bis 1600 Tonnen!
Ein neuer von 102 m Länge faßt 2500 Tonnen! Im Juli 1905 fuhr sogar ein Schleppzug
rheinaufwärts, dessen Kähne den Inhalt von 850 Eisenbahn-Doppelwagen bargen!
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2
Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
dem mittleren Neufundland und der Festung Metz. Die ostasiatische Insel Sachalin,
die von den Breitenkreisen unserer Provinz durchschnitten wird, besitzt ungefähr die
dreifache Längenausdehnung. — Die Richtung der Kompaßnadel weicht um etwa 11«
von der K-Richtung nach W ab.
Der westlichste Punkt Rheinpreußens liegt 5°51|', der östlichste 8° 2^' ö.
von Greenwich, außerdem der Kreis Wetzlar zwischen 8° 15' und 8°43' ö. Länge.
Der Zeitunterschied (Ortszeit) zwischen dem Ost- und dem Westpunkte des Haupt-
landes beträgt 8^ Minuten^).
In der Mitte der Provinz, etwa in der Breite von Wetzlar, ist der Längengrad
70,9 km, am Nordende 68,84 km, am Südende 73,02 km breit' das Eingradfeld (d. h.
das Erdoberflächenstück zwischen zwei aufeinanderfolgenden Längenkreisen und zwei
benachbarten Breitenkreisen) ist im 50. Breitengrad 8054 qkm, im 51. aber 7890 qkm
und im 52. nur noch 7724 qkm groß (Globus!)2).
Der Mittagskreis der höchsten Erhebung des mittleren Rheinlandes, der Hohen
Acht (ungefähr 7° ö. von Greenwich), geht durch die Südspitze Norwegens, das Kap
Lindesnäs, durch die deutsche Insel Iuist, durch Essen, Saarbrücken, die ö. Mont Blanc-
Kette und Eannes am Mittelmeer, tritt in das afrikanische Festland in der Nähe von
Philippeville (Algerien) ein und verläßt es wieder im ö. Niger-Delta.
Gegenfüßler hat das Rheinland nicht, denn die gerade entgegengesetzte Stelle der
Erde, s.o. von Neuseeland, überfluten die Wogen der Südsee.
3. In dem Deutschen Mittelgebirgslande lassen sich zwei große Becken
unterscheiden, die beide durch einen gebirgigen Wall gegen die Norddeutsche
Tiesebene abgeschlossen sind: das Böhmische und das Südwestdeutsche
Landbecken. In bezug auf Entstehung, Gesteinsschichten und Bewässerung
sind beide durchaus einheitliche Gebietes.
Die große Achse des Südwestdeutschen Beckens ist die Oberrheinische
Tiefebene^); dem Schwarzwald und dem Odenwald entsprechen Wasgau
und Hart (oder Haardt), denschwäbisch-Fränkischen Stufenlandschaften
die Lothringischen und dem durch den Deutschen Iura gebildeten Ostrande
die Striche gleichen Gesteins an der Maas.
Ahnlich wie das Landbecken von Böhmen Sudeten und Erzgebirge als
n. Scheidewand gegenüber dem Flachlande aufweist, so bildet vor dem Süd-
westdeutschen Becken die Mitteldeutsche Gebirgsschwelle eine n. Umwallung,
zwar nicht sehr hoch, aber so breit, daß sie eine eigene Gebirgslandschaft dar-
stellt, die von der Sächsisch-Thüringischen Tieflandsbucht bis zu den Ardennen
reicht. Das Saaleland Thüringen, das Weserland Hessen, n. von beiden ein
Vorland nach der Tiefebene hin und das Rheinische Schiesergebirge sind die
vier natürlichen Teile dieser Gebirgsschwelle- gerade durch den westlichsten dieser
vier Teile finden die Gewässer des ganzen Südwestdeutschen Beckens ihren
engtaligen Weg nach dem Tieflande. Auf der linken Rheinseite legt sich dabei
das Pfälzer Bergland als Übergangsgebiet zwischen Hart und Schiefer-
gebirge (siehe Kärtchen S. 5).
!) Der Zeitunterschied zwischen Köln (Wetterwarte) und Greenwich ist 4-27™ 48s,
mithin ist die „Mitteleuropäische Zeit" (M.e.z.) der Kölner Ortszeit um 32m 12« voraus.
2) Man veranschauliche sich in der Heimat Größen von 1 km Länge und 1 ha
= Vi00 qkm Fläche (z. B. eine lange Straße und einen freien Platz in der Vaterstadt).
3) Vgl. Penck, Das Deutsche Reich? Ratzel, Deutschlands Kutzen-Steinecke, Das
deutsche Land; F. W. Paul Lehmann, Länder- und Völkerkunde, I.; Hettner, Grund-
züge der Länderkunde, I., Europa, 1907.
=obere rheinische Tiefebene, im Gegensatz zu der niederen im I^W-Teile
der Rheinprovinz.
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TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße]]
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10 Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Die feindlichen Brüder.
Auf den nachbarlichen Burgen Sterrenberg und Liebenstein am Rhein wohnten
zwei Brüder, die waren sehr reich und hatten die Burgen stattlich von ihres Vaters
Erbe erbaut. Als ihre Mutter starb, wurden sie noch reicher. Beide hatten aber eine
Schwester, die war blind,- mit der sollten nun die Brüder der Mutter Erbe teilen. Sie
teilten aber, da man das Geld in Scheffeln maß, daß jedes ein volles Matz nach dem
andern nahm, und die blinde Schwester fühlte bei jedem, daß eins so richtig voll war
wie das andere. Die arglistigen Brüder drehten aber jedesmal, wenn es an das Maß
der Schwester ging, dieses um und deckten nur den von schmalem Rande umgebenen
Boden mit Gold zu; da fühlte die Blinde oben darauf und war zufrieden, daß sie ein
volles Maß empfing, wie sie nicht anders glaubte. Sie war aber gottlos betrogen?
dennoch war mit ihrem Gelds Gottes Segen, und sie konnte reiche Andachten in drei
Klöstern stiften.
Aber mit dem Gelde der Brüder war der Unsegen für und für; ihre habe ver-
ringerte sich, ihre Herden starben, ihre Felder verwüstete der Hagel, ihre Burgen
begannen zu verfallen, und sie wurden aus Freunden Feinde und bauten zwischen
ihren nachbarlich nahe gelegenen Burgen eine dicke Mauer als Scheidewand, deren Reste
noch heute zu sehen sind.
Kbb. y. ttönigsstuhl zu Rhense.
Als all ihr Erbe zu Ende gegangen war, versöhnten sich die feindlichen Brüder
und wurden wieder Freunde, aber auch ohne Glück und Segen. Leide bestellten einander
zu einem gemeinschaftlichen Zagdritt; wer zuerst munter sei, solle den andern Bruder
frühmorgens durch einen Pfeilschuß an den Fensterladen wecken, ver Zufall wollte,
daß beide gleichzeitig erwachten, beide gleichzeitig die Armbrust spannten, im gleichen
Augenblick den Laden aufstießen und schössen, und der Pfeil eines jeden von ihnen
dem andern in das herz fuhr. — Das war der Lohn ihrer untreuen Tat an ihrer blinden
Schwester (Sechste in.)
Die prächtige Marksburg, auf die wir bei dem Grtchen Brau-
dach hingewiesen werden, ist wie Rheinstein in alter Herrlichkeit wieder her-
gestellt, lvir bemerken, daß das Tal sich ein wenig erweitert, als wir die freund-
liche Stadt Boppard in Sicht bekommen. Unvergleichlich schön muß diese
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Vii. Die Lifel.
37
gewinnt. Die zu Mühlsteinen, Trögen, Bau- und Pflastersteinen umgewandelte
Basaltlava wird auf Schiffen oder mit der Eisenbahn in ferne Länder entsandt.
Die Lavabrüche sind wie Bergwerke unter der Erde angelegt, viele schräge,
5ibb. 23. Burg Eitz. (Nach einer Aufnahme der Neuen phot. Ges., Steglitz.)
weite Gänge führen zur Grube. Auf Leitern und Treppen steigt man von hier
aus in die oft 20 m tiefe Sohle. In den $elsertfammerrt der Lavabrüche herrscht
das ganze Jahr hindurch eine gleichmäßig niedrige Temperatur, in der das Eis
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Viii. Das hohe Venn.
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quellen von G e r o l st e i n und der A p o l l i n a r i s s p r u d e l bei Remagen
liefern die in aller Welt geschätzten Tafelwasser. Die warmen Quellen von
Neuenahr, Bertrich und anderer Ladeorte sind gleichfalls als Spuren der einstigen
vulkanischen Tätigkeit zu betrachten.
7. Erwerbsquellen. Tin kümmerliches Dasein fristen die armen Bewohner
der Schneifel und hocheifel. vas in diesen Teilen herrschende rauhe Nlirna
und der unfruchtbare Loden, dem der zum Ackerbau notwendige Tongehalt
fehlt, erschweren diesen Erwerbszweig in hohem Matze. Weizen und Roggen
können überhaupt nicht angebaut werden/ Hafer, Luchweizen und Kartoffeln
liefern nur geringe Erträge. Weit günstiger gestellt sind die Täler, welche sich
von der Schneifel südwärts und der hocheifel nach Osten erstrecken. Der
Ackerbau liefert hier lohnende Erträge, ja die Pellenz und das Maifeld gelten
als wahre Kornkammern. Üppige Wiesengründe erleichtern die Viehzucht.
Aufs beste gedeiht das Obst, sogar edle Obstsorten, wie Pfirsich und Aprikose,
reifen in den geschützten Lagen. An Mosel und Ahr gewinnen die Bewohner
durch Weinbau ihren Unterhalt. Neben Acker-, Obst-, Weinbau und Viehzucht
gereicht die Ausbeutung der reichen Mineralschätze vielen Bewohnern zum
Lebenserwerb. Andere wieder sind in der Steinindustrie des vulkanischen
Teiles tätig. Erleichtert wird die Industrie durch die Wasserkraft der Eifelbäche,
die man zum Betriebe zahlreicher Mühlen und Fabriken benutzt. Bei Gemünd
ist eine großartige Talsperre angelegt worden, welche viele Fabriken mit der
notwendigen elektrischen Nraft versorgt. Ein nicht geringer Verdienst erwächst
endlich den Eifelbewohnern auch durch den lebhaften Fremdenverkehr. 3n der
neuesten Zeit gestaltet sich dieser infolge des eifrig betriebenen Wintersports
selbst während der kalten Jahreszeit zu einem ziemlich regen.
Viii. Das hohe Venn.
1. Landschaftsbild, von der eigentlichen Eifel lenken wir unsere Schritte
gen Nordwesten, und bald schweift unser Blick über eine öde Landschaft hin.
Wir befinden uns im hohen Venn, dem wüsten Eilande am Westrande der
gesegneten Rheinlande. Schon der Name Venn (Moor), hohes Venn (hoch-
moor) sagt uns, daß sich weite Moore über das hochland-erstrecken. „Stunden-
weit kann das Auge ungehindert schweifen, ohne einen Baum, ein Feld, eine
menschliche Wohnung zu sehen. Meilenweite Strecken, mit Heidekraut, Gras
oder Torfmoosen bedeckt, wechseln mit trüben Sümpfen, aus denen schwankende
Binsen oder Wollgräser sich erheben, deren blendend weiße Haarbüschel von
dem trüben, dunklen Wasser abstechen. Selbst die knorrigen, von Flechten und
Moosen bedeckten Tannen mit ihren meist abgebrochenen Gipfeln, die in großen
Entfernungen voneinander fremdartig aus der Einöde emporragen, mildern
den unangenehmen Eindruck keineswegs."
2. lilima und Bodenverhältnisse. Naum irgend eine Gegend unseres
Vaterlandes leidet unter so ungünstigen Klima- und Bodenverhältnissen wie
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