Der deutsch-französ. Krieg 1870/71. § 91. Liebesthätigkeit im Kriege. 417
Pflege der Verwundeten selbst mit aus, und 1100 Betten stellten sie in ihren Krankenhäusern für Verwundete bereit. Mit der Oberleitung aller Kräfte, welche sich freiwillig dem Dienst der Verwundeten und Kranken widmeten, war der Fürst Heinrich Xi. von Pleß betraut.
Für Liebesdienste an Verwundeten und Kranken ganz besonders begabt und thätig waren die Frauen. Schon am 18. Juli 1870 forderte die Königin Angusta von Preußen dieselben zur Mitarbeit auf mit den Worten:
„Das Vaterland erwartet, daß alle Frauen bereit sind, ihre Pflicht zu thun."
Sehr viele folgten diesem Rufe und zeigten, was aufopfernde Liebe gerade im weiblichen Geschlecht zu wirken vermag. Namentlich die evangelischen Diakonissen und die katholischen barmherzigen Schwestern wandelten unter den Verwundeten und Kranken wie Engel des Friedens. Überall trösteten und erquickten sie mit freundlichen Worten und hilfreichen Händen. Wie freuten sich die in Schmerzen Daliegenden, wenn sie von ihnen so geschickt, so zart und liebevoll behandelt wurden!
c) Liebesthätigkeit daheim.
Aber nicht alle konnten, wie diese, auf die Schlachtfelder und in die Lazarette eilen. Auch die Daheimbleibenden wollten etwas thun, um die Verwundeten zu heilen, die Kranken zu pflegen und zu erquicken, die Gesunden zu stärken. Jede kleine Stadt, ja manches Dorf hatte seinen Frauenverein. Da saßen Frauen, Jungfrauen, selbst Kinder und zupften Charpie, die man in die Wunden legt. Andere schnitten aus alter, weicher Leinwand Verbandzeug, oder nähten aus Flanell warme Leibbinden für die Soldaten, die in den naffen Tagen des Herbstes und in der Kälte des Winters draußen im Felde liegen mußten. Haufenweis wurden auch wollene Strümpfe, welche die fleißigen Hände der Mädchen gestrickt hatten, an die Sammelstellen abgeschickt. In vielen deutschen Städten waren Lazarette gegründet, in welchen die aus Frankreich heimgeführten Verwundeten geheilt und verpflegt wurden. Wenn es nämlich möglich war, suchte man die Verwundeten und Kranken aus Frankreich, wo dieselben ohnehin sich häuften, nach Deutschland zu schaffen und möglichst zu verteilen. Man hatte zum Fortschaffen derselben sogenannte Sanitäts-Züge auf der Eisenbahn eingerichtet. Statt der Sitze waren in den Eisenbahnwagen derselben bequeme Lagerstätten angebracht. Sämtliche Wagen waren heizbar, der Zug enthielt einen Küchenwagen, einen Wagen für die Ärzte und eine kleine Apotheke. Alle Wagen waren mit einander verbunden, so daß die Ärzte auch während der Fahrt die Verwundeten und Kranken besuchen und für ihre Heilung und Pflege sorgen konnten. Jeder Zug enthielt durchschnittlich 200 Betten. Im ganzen sind mit solchen Sanitätszügen 164 Fahrten während des Krieges gemacht und 36 426 Mann in ihnen nach Deutschland befördert worden. (Generalstabswerk U. Teil, Band 3, S. 1508.)
Wie freudig waren die Verwundeten und Kranken, wenn sie wieder im lieben Vaterlande waren! Alle Schmerzen ertrugen sie hier viel leichter. An vielen Orten in Deutschland wurden Baracken zur Unterbringung der Verwundeten gebaut. In Berlin z. B. erhob sich eine kleine Stadt aus solchen; 1500 Betten waren darin aufgestellt und die Räume mit ganz vorzüglichen Einrichtungen für Lüftung, Wasserversorgung, Reinigung, Beleuchtung, Heizung u. dgl. versehen. —
Hoffrnann's Geschichtsunterricht. 27
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Xi Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland Deutschland Deutschland Berlin
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miethe, gewissen kirchlichen Verrichtungen (Taufen, Trauungen,
Beerdigungen rc.), Vermächtnissen rc. erworben hat. — Der Kelch,
welcher beim heiligen Abendmahl gebraucht wird, ist in vielen
Kirchen von Silber, auch wohl vergoldet. — Hostienschachtel —
eine Schachtel oder auch ein Kästchen, in welchem die Hostien
oder Oblaten (kleine, dünne Brötchen zum Austheilen beim hei-
ligen Abendmahl) aufbewahrt werden. In reichen Kirchen ist fit
von Silber und gleichfalls vergoldet. — Halle —der Vorbau an
manchen Kirchthüren, in welchen man tritt, ehe man in die eigent-
liche Kirche gelangt. — Sakristei (nicht Sankristei) — die Stube
oder Kammer in oder an der Kirche, in welcher sich der Geist-
liche aufhält, wenn er nicht am Altare oder auf der Kanzel be-
schäftigt ist. — Chor — der erhöhte Ort in der Kirche, welcher
wohl ursprünglich bloß für die Sänger und Musiker bestimmt
war. ^ Um Platz zu gewinnen, sind in vielen Kirchen rings herum
und über einander Chöre angebracht, welche von gewöhnlichen
Kirchgängern besucht werden. — Der Ton, in welchem dek Husar
mit dem Lehrer spricht, läßt sich nur an einem rohen Soldaten
entschuldigen. Seit dem siebenjährigen Kriege hat sich die Sache
' r geändert. Jetzt möchte wohl kein Husar so mit einem Dorf-
'chulmeister sprechen.
Sb. Grammatik
6. P« Sachergänzung.
a. Wir hörten die Kanonen donnern.
b. Eben hatte ich mein Morgenläuten besorgt.
c. Ich zog mein Mützchen vom Kopfe.
d. Der Husar band seinen Braunen an mein Fenster.
Wie heißt der Selbstand (ins.)? — Die Aussage? —
Was ist aber „die Kanonen"? — Warum ist dies die Ergän-
zung? — Weil „hören" nicht kann gedacht werden ohne eine
Sache (ein Ding), die gehört wird. — Eben so bei b., c., d. —
Die Kanonen werden gehört, das Morgenläuten wird besorgt,
die Mütze wird gezogen, der Braune (das Pferd) wird ange-
bunden.,— Das Ding, an welchem Etwas gethan wird (das
also Nichts thut, sondern Etwas mit sich thun läßt), erleidet
die Thätigkeit. Die Kanonen erleiden das Hören, das Morgen-
läuten erleidet das Besorgen rc. — Jedes Ding, das eine Thätig-
keit erleidet, wird in der Sprachlehre als eine Sache betrachtet,
und die Ergänzung, welche eine Thätigkeit erleidet,
heißt die Sacherganzung. Nr. 8. S. 4. biß an den ersten
Gedankenstrich. — Die Sacherzänzung hat das Kennzeichen, daß
fit fid), wie oben gesehens in den Selbstand verwandeln läßt,
z. B. der Braune wird angebunden. In diesem Falle wird von
dem Selbstande ausgesagt, nicht daß er Etwas thut, sondern
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250
268. Vom Kaiser Karl.
1.
Kaiser Karl, der der Große genannt wird, war nicht bloß ein
gewaltiger Kriegsheld, sondern anch ein gar frommer Mann. Er
stiftete viele Kirchen und Schulen und setzte in allen Gegenden seines
großen Reiches Geistliche und Lehrer ein, die das Volk unterwiesen in
Gottes Wort und die Kinder im Lesen, Schreiben und nützlichen Kennt-
nissen unterrichteten. Auch in der Stadt Paris hatte er eine Schule
gegründet, in welche er nicht bloß die Söhne seiner obersten Hofbeam-
ten, sondern auch arme Kinder aufnehmen ließ. Als er einmal wieder
in diese Stadt kam, ging er selbst in die Schule, um zu sehen, ob flei-
ßig darin gelernt würde. Da fand er denn, daß die Söhne der Bür-
ger und Bauern die der Adeligen an Geschicklichkeit weit übertrafen.
Jene stellte er an seine rechte Seite und sprach zu ihnen: „Wohlan,
ihr Jünglinge, fahret so fort, wie ihr angefangen habt, so will ich euch
vor Andern werth halten. Ich will aus euch Stiftsherren, Bischöfe
und Päpste machen; ihr sollt über Land und Leute regieren!" Aber
die Ungeschickten stellte er an seine linke Seite und sprach: „Ihr Zärt-
linge, die ihr mit gekräuselten Haaren umhergeht und euch auf eurer
Eltern Reichthum verlasset, die ihr dem Müßiggänge nachhänget und
meinen Befehl nicht achtet, — ihr seid mir nicht gut genug; euch
sollen diese Armen vorgezogen werden! Doch wenn ihr es den Fleißi-
gen gleich thun werdet, will ich eures Standes wegen auch auf euch
sehen!"
2.
Kaiser Karl hielt nichts auf Flitterstaat und meinte, der Wolfs-
pelz stehe gut zu seiner kaiserlichen Majestät. Aber die Herren an
seinem Hofe hatten von wälschen Kaufleuten seidene Kleider gekauft
und gefielen sich gar wohl darin. Das verdroß den Kaiser, denn er
mochte das fremde Wesen nicht leiben. Eines Tages, als alle Hof-
leute wieder in der Hofburg versammelt waren, rief er den Knechten
hinaus: „Blaset in die Hörner, lasset die Hunde los, die Gäule
heraus! Wir wollen auf die Jagd!" Und voran im Wolfspelz der
Kaiser, die Herren im feinen Putze hinterher. So ging's im vollen
Jagen in den wilden Eichensorst hinein und in Einem fort durch Dick
und Dünn, über Steine und Hecken, daß bald hie und bald da an
den Dornen seidene Fetzen hängen blieben. Dabei kam ein Regen
vom Himmel, und die alten Eichen seufzten im Sturme, und die jun-
gen Herren auch. Aber der Kaiser that, als ob er es nicht-merke, und
erst als es Nacht war, ließ er zum Heimzug blasen. Er ritt zur Hof-
burg zurück, führte Alle in den Saal und schüttelte seinen Wolfspelz
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— 92 —
Weiße Täfelchen besagen, daß eine sofortige Lazaretbehandlnng notwendig ist, rote Täfelchen deuten an, daß der Verwundete ohne erhebliche Nachteile einen Transport auszuhalten vermag. Die Schwerverwundeten werden sofort in die Feldlazarete geschafft, die Leichtverwundeten nach den Sammelplätzen verbracht, von Ivo aus sie nach erfolgter Genesung wieder zu ihren Kameraden zurückkehren.
Die Unterbringung der Verwundeten erfolgt möglichst in Gebäuden (Kirchen, Schulen, Wohnhäuser), und wenn diese nicht ausreichen, in Zelten und Baracken.
Die Lazarete bieten einen überaus traurigen Anblick. Der Menschheit ganzer Jammer wird in ihnen fühlbar. Da liegen Hunderte mit hochaufgeschwolleuen, gräßlichen Wunden und winden sich in namenlosen Schmerzen. Während hier ärztliche Kunst zerschossene Glieder vom Leibe trennt oder klaffende Wunden vernäht und verbindet, schließen sich dort unter den Gebeten der Geistlichen matte Augen für immer. Ärzte, Geistliche, Krankenwärter und Diakonissen sind unablässig bemüht, jedem zu helfen; aber die Kräfte reichen bei der großen Zahl der Gefallenen oft kaum aus. Tag und Nacht sind die edlen Samariter auf dem Platze und verrichten ohne Rast und Ruhe die beschwerlichsten, oft widerwärtigsten Dienste, nicht achtend die Gefahr der Ansteckung, noch den Ekel, den manche Wunden und Krankheiten verursachen.
Aber auch die Lieben in der Heimat wetteifern in Werfen der Barmherzigkeit.
Zur Pflege der Verwundeten entstehen freiwillige Vereine, welche Verbandzeug, Betten, Kleider, Wäsche, ärztliche Werkzeuge, Getränke, Nahrungs- Remigungs- und Arzneimittel ins Feld senden. In edler Begeisterung für das Vaterland und im Drange barmherziger Liebe eilen opfermutige Frauen und Jungfrauen, Jünglinge und Männer in die Spitäler der Schlachtfelder, um dort Krankendienste zu thun oder solche Verwundeten, welche längere Zeit zu ihrer Erholung bedürfen, in den Sanitäts- und Krankenzügen in die Heimat zu begleiten.
Die Sanitätszüge mit ihren Hunderten von verbundenen Invaliden reden eine erschütternde Sprache von dem furchtbaren Ernst des Krieges, dieser Geißel der Menschheit. Auf Stroh gebettet liegen oder fitzen die braven Kameraden. Von treuen, meist freiwilligen Samaritern werden sie gehoben und getragen, gereinigt und verbunden. In den
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