Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Preußen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
13
„Jochimke, Jochimke, hyde dt)!
Fange tot) dy, so hange tot) dt)!"
Diese Drohung toäre einmal beinahe in Erfüllung gegangen. Ein Raubritter lauerte Joachim mit seinen Knechten in der Nähe von Berlin auf. Zum Glück wurde der Kurfürst von einem Bauer noch zu rechter Zeit vorder Gefahr gewarnt. Einige schnell aus der Stadt beorderte Reiter überfielen die Wegelagerer und nahmen sie gefangen. Sie wurden sofort gehängt. Unter solch kräftigem und strengem Regiment ließ das Raubwesen bald nach.
c. Er errichtet das Kammergericht. 1516. — Unter diesem standen auch Grafen, Ritter und Fürsten, und der Kurfürst, der sich den Aussprüchen des Gerichts selbst unterwarf, hatte aufs Strengste befohlen, jederzeit ein unparteiisches Urtheil zu sällen. Vorher solle man aber immer erst versuchen, ob die Sache, um die man sich stritt, nicht auf friedlichem Wege ausgemacht werden könne. Auch eine allgemeine Städteordnung und die Einführung gleicher Maße und Gewichte ist sein weises Werk.
cl. Die Universität Frankfurt ft. O. wird 1506 eingeweiht. zu der sein Vorgänger den Grund gelegt hat.
e. Der Reformation gegenüber verhielt er sich feindlich. — Der strenge Joachim mochte es nicht leiden, daß ein armer Mönch so vielen weltlichen Fürsten und geistlichen Herren, zu denen besonders der Erzbischof Albrecht von Magdeburg, sein Bruder, gehörte, Strafpredigten hielt. Die Erbitterung gegen Luther wuchs, als er sah, wie die Studenten die Universität Frankfurt, die ihm so sehr am Herzen lag, verließen, nach Wittenberg eilten und dort Luther's gewaltige Lehre anhörten. Noch höher stieg sein Zorn, als er die mancherlei Verirrungen sah, welche durch die mißverstandenen Worte Luthers hervorgingen, als die Burgen der Ritter in den Bauernkriegen von den Flammen verzehrt wurden, und als die Wiedertäufer ihr schmachvolles Wesen trieben.
f. Joachim s Strenge gegen seine Gemahlin Elisabeth. — Sie war eine Frau von großem Verstände und hoher Bildung und gewann das lautere Evangelium, welches Luther predigte, lieb. Als ihr strenger Gemahl einst verreist war, konnte sie dem Drange ihres Herzens nicht länger widerstehen und ließ sich das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen. Joachim erfuhr es und drohte ihr mit Gefängniß und Einmauerung. Es blieb daher der frommen Elisabeth nichts übrig, als sich durch eilige Flucht zu retten. In einer kalten Märznacht verließ sie in Bauerukleider gehüllt auf einem ganz gewöhnlichen Wagen die Stadt Berlin. Sie floh zu ihrem Bruder, dem Kurfürsten Johann dem Beständigen von Sachsen, der ihr das Schloß Lichtenbnrg an der Elbe in der Nähe von Wittenberg zum
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Extrahierte Personennamen: Joachim Joachim Albrecht_von_Magdeburg Albrecht Joachim_s Elisabeth Joachim Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Wittenberg Berlin Sachsen Schloß_Lichtenbnrg Wittenberg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 226 —
ring, eine Verschanzung auf einer Anhöhe neben der Ebenöde bei
Vlotho, und die Sage im Volke, daß in uralten Zeiten hier schreck-
liche Kriegsvölker gewesen, die nur ein Auge hatten und lange
Zeit raubten und plünderten, bis ein König kam, der sie besiegte
und für immer vertrieb. Das war König Heinrich der Finkler und
sein Sohn, Kaiser Otto I., der Große.
Drei Jahrhunderte diente die Burg als Wehre, sie litt jedoch
sehr durch Überschwemmungen; deswegen überließ Graf Heinrich
1258 dem Rehmer Kloster die alte Burg zu Vlotho zu seinem
Eigentum und nannte sie nun „Kloster Segenthal" (vallis bene-
dictionis). Er schenkte die Kirche zu Valdorpe (Valdorf), die nahe
beim Kloster liegende Mühle, die freie Fischerei in der Werre und
den Zehnten in Uffeln. Das Kloster stand unter der Aufsicht des
Klosters Lucka (Loccum). Aber das Nonnenstift geriet nachher in
Unordnung und Armut; man hob es auf und machte ein Mönchs-
kloster daraus. Auch jetzt war kein Degen zu spüren. Die Refor-
mation änderte die Sache. Man zog die Güter ein und verwendete
einen Teil derselben zur Gründung der lutherischen Pfarre und
Küsterei. Die übrigen Einkünfte und Besitzungen fielen den Staats-
einnahmen anheim, und der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen
verband sie mit den Domänen. Nur die Spuren eines Kreuzganges
neben der lutherischen Kirche sind die einzigen Überreste des Klosters
Segenthal, welches in der Gegend stand, wo jetzt die evangelische
Stadtschule sich befindet.
Auf einem Bergvorfprnnge der Einöde lag in alten Zeiten
eine Feste, genannt „die neue Burg" oder „dat Hus tho Vlan-
thouwe". Jetzt sieht man nur noch einige Trümmer des Gemäuers
und der Umfassungsmauern, und diese sind dicht mit Ephen- und
anderen Rankenpflanzen bewachsen. An dem äußersten Südostrande
stand die im Jahre 1286 erbaute Schloßkapelle. Die Sage geht,
hier liege ein Ritter in einem silbernen Grabe begraben. Man hat
den Boden tief durchwühlt, aber von Schätzen und einem silbernen
Sarge nichts angetroffen, dagegen eine bedeutende Zahl großer
an siebzig bis neunzig Pfund schwerer Steinkugeln in dem Schutte
gefunden, von welchen viele an der einen Seite etwas abgeplattet,
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Otto_I. Otto_I. Heinrich Heinrich Rehmer Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I.
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 278 —
bischöfliche Palast, das Priesterseminar und das katholische Gymna-
fium, das Rathaus, ein stattlicher Bau aus dem 15. und 17. Jahr-
hundert, und die neuerbaute Post. Als öffentliche Plätze verdienen
der Kettenplatz und der Domplatz genannt zu werden. Die im
15. Jahrhundert erneuten Festungswerke sind teilweise noch vor-
Händen, teilweise aber auch in hübsche Promenaden umgewandelt.
Eine Viertelstunde von der Stadt liegt das von Brust- und Hals-
leidenden besuchte Jnselbad.
Nördlich von der Stadt liegt der Kreis Neuhaus. Ter gleich-
namige Amtsort mit 2888 Bewohnern, am Zusammenflusse der
Alme und Pader mit der Lippe, hat Kies-, Lehm- und Sandboden
von mittelmäßiger Fruchtbarkeit. Es war oft die Residenz der Bi-
schöse von Paderborn, die hier zu gleichem Zweck, wie die zu Minden
in Petershagen, ein geräumiges Schloß erbauten, das jetzt als Mi-
litärkaserne benutzt wird. Es sind dort 3 Eskadrons des 1. West-
fälischen Husarenregiments Nr. 8 untergebracht. Zum Amte ge-
hören die katholischen Pfarrorte Hövelhof mit 2062, Stuckenbrock
mit 2132, Elsen mit 1942 Einwohnern. Das erstere hat einen
Forst; in dem letzteren vermuten manche das römische Kastell Aliso.
Erwähnt fei noch der etwa 12i/2 qkm große Truppen-Übungsplatz
in der Senne, der mit umfangreichen Baracken ausgestattet ist.
Stadt und Amt Delbrück dehnt sich von Neuhaus im Westen
aus. Das Delbrücker Land gehörte bis 1803 zum Fürstbistum
Paderborn. Es erinnert sehr an das Rietbergsche, hat einen
derben, kräftigen und kernigen Menschenschlag, und treibt viel Vieh-
und Bienenzucht, Hanf- und Flachsbau. Tie Stadt mit 1315 Be-
wohnern am Haustenbache, ein katholischer Psarrsitz, hat ein Amts-
gericht, eine Spar- und Tarlehnskasse und ein Krankenhaus. Als
1410 der Erzbischof zu Köln in einer Fehde mit dem Bischöfe Wil-
Helm von Paderborn Delbrück nehmen ließ, zogen sich die Bürger
in einen Hinterhalt zurück, während die Frauen den Feind aufs
herrlichste bewirteten. Plötzlich aber stand die Stadt in hellen
Flammen; die Frauen hatten heldenmütig ihre Häuser angezündet,
und der Feind, zum Abzüge genötigt, fiel nun in die Hände der in
dem Hinterhalte lauernden Bürger.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 302 —
Wevelsburg zurück. Da bemerkte er einen armen „Leyendecker" an
dem Turmdache der Wevelsburg hängen, der, da er den vornehmen
Jagdzug herannahen sieht, demütig nach seinem Hütchen greift und
heruntergrüßt. Kurt von Spiegel schießt, um doch etwas zu treffen,
den armen Menschen in frevler Verwegenheit vom Dache. Ent-
setzen ergreift die Begleitung, und leichenblaß und vor Erregung
zitternd befiehlt der Bischof, den Verbrecher zu ergreifen. Doch
dieser wendet rasch sein Roß und entkommt. Nachdem Kurt von
Spiegel mehrere Jahre das Land gemieden hatte, giebt ihm eine
neue Bischofswahl, welche seinem nahen Verwandten die Insul ver-
lieh, den Mut, nach der Wevelsburg, wo jener grade im Kreise
seiner Vasallen und verwandten Flauen das Festmahl hielt, zurück-
zukehren. Keck tritt Kurt von Spiegel in den Saal. Entsetzt
schaut die Gesellschaft auf den Verbrecher, der so unerwartet und
zu ungelegener Zeit zurückkehrt. Eine Totenstille herrscht in dem
eben noch so lauten Kreise. Tief aufseufzend erhebt sich der Bischof
und mit hohler Stimme befiehlt er den Kurt zu ergreifen. An
den Mauern der Wevelsburg zeigt man noch die Spuren von den
Kugeln, die bei Kurts Hinrichtung diesen getroffen haben.
O frommer Prälat, was ließest so hoch
Des Marschalls frevlen Mut du steigen!
War's seine Gestalt, deren Adel dich trog,
Sein flatternder Witz unter Becher und Reigen?
O frommer Bischof, wie war dir zu Mut,
Als rauchend am Anger unschuldiges Blut
Verklagte, verklagte dein zögerndes Schweigen?
Am Wevelsberge schallt Wald-Hurrah,
Des Rosses Flanke schäumt über den Bügel,
Es keucht der Hirsch, und dem Edelwild nah,
Ein flüchtiger Dogge, keucht Kurt von Spiegel;
Von Turmes Fahne begierig horcht
Ter arme Tüncher, und unbesorgt
Hält in der Hand er den bröckelnden Ziegel.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 492 —
Als Unterthan bescheiden
Spricht da Herr Klotz gar bald:
„Wir werden, Herr, es leiden,
Denn Eu'r ist die Gewalt.
Doch eh' Ihr mögt erlangen,
Daß Recht es heiße hier,
Muß ich zuvor erst hangen
Vor dieser Rathausthür."
Des Königs Adern schwellen,
Es bebt der ganze Kreis;
Doch fasset sich zur Stelle
Der Herr und spricht fast leis:
„Der für das Recht gesprochen,
Der soll mir hangen nicht;
Eu'r Recht wird nicht gebrochen;
Bleibt Ihr bei Eurer Pflicht!"
Und als er heim im trauten
Tabaks-Kollegium,
Und alle aus ihn schauten,
Da geht sein Wort herum:
„An einem groben, großen
Klotz in Westfalenland,
Da Hab' ich mich gestoßen,
Wie ich's noch nie empfand."
Landsermann.
Die Stadt Werl mit 5496 Bewohnern, von denen 5039 katho-
lisch, 334 evangelisch, 122 jüdisch, in der Soester Börde gelegen,
treibt meist Ackerbau, erfreut sich aber auch bedeutender Salz-
salinen. Werl ist ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Es ist der Stamm-
sitz der alten Grasen von Westfalen, die von Karl dem Großen
eingesetzt und deren erster 833 Rhidag gewesen sein soll.
Zum gleichnamigen Amte gehören die katholischen Land- und
Pfarrgemeinden Scheidingen mit 706, Wickede mit 1569, Bremen
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 245 —
Häusern in Bremen, Metz, Amsterdam, Antwerpen und London;
auch in Nordamerika und in Deutsch-Ostafrika arbeiten Diakonissen
und Brüder; ferner werden zahlreiche Kleinkinderschulen von den
Schwestern geleitet. Einige Brüder dienen den Wanderslenten in
„Herbergen zur Heimat", deren erste 1854 in Bonn durch den
Professor Clemens Perthes eingerichtet wurde, damit die reifenden
Handwerksgesellen nicht mehr in schlechten Spelunken einzukehren
brauchten. Jetzt giebt es schon ungefähr dreihundert solcher Her-
bergen; weit über eine Million von Reisenden kehrt jedes Jahr
darin ein. Sie wollen nicht als Geschäftshäuser für ihren eigenen
Gewinn arbeiten, sondern als christliche Anstalten dem Wohle der
Gäste dienen; Ordnung, Reinlichkeit, gute Sitte, ordentliche und
billige Verpflegung sind die Vorzüge dieser trefflichen Anstalten.
Weiter südlich dehnt sich das Amt Brackwede-Jsselhorst. Der
Amtssitz und das Pfarrdorf Brackwede mit 6595 Bewohnern liegt
schön an der Vorkette des Teutoburger Waldes. Der Ort und seine
nächste Umgebung treibt viel Industrie. Neben einer bedeutenden
Bleiche findet man hier eine Kesselschmiede und Maschinenfabrik,
eine Glashütte, Dampfziegelei, Portlandcement-, Dünger-, Leim-
und eine chemische Fabrik, dazu Kalkbrennereien. In dem nicht
fernen Kupferhammer find Eisengießereien, eine Kesselschmiede und
Maschinenfabrik.
Als im Jahre 1750 der König Friedrich Ii. seine Länder und
auch die Grafschaft Ravensberg bereiste, nahm er zu Brackwede das
Nachtquartier. In seiner Begleitung war auch Voltaire, ein viel-
begabter und gelehrter, aber auch ein gottvergessener und boshafter
Franzose. Ter sah sehr häßlich und fast wie ein Affe ans. Die
ravensbergschen Bauern hatten sich in Scharen versammelt, um
ihren berühmten Landesvater zu sehen, und umdrängten die könig-
lichen Wagen. Unter den Dienern des Königs befand sich auch ein
lustiger Page, von Pirch, der dem Voltaire von Herzen gram war.
Tie Bauern fragten den Pagen, wer dieser und jener Herr sei, und
Pirch gab Bescheid. Tu sprach treuherzig ein Landmann: „Wer
ist der da in dem Wagen allein, der so dicke Haare um den Hals
hat?" Er zeigte auf den Voltaire, welcher sich, weil es kühl war,
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Extrahierte Personennamen: Clemens_Perthes Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Bremen Amsterdam Antwerpen London Nordamerika Deutsch-Ostafrika Bonn Pfarrdorf_Brackwede
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 243 —
baufälligen Häuser der Burg abgebrochen, die übrigen ausgebessert
und zu Gefängnissen eingerichtet. Als man im Jahre 1775 für
das Bielefelder Regiment eine Kaserne banete, nahm man dazu die
Steine vom Sparenberge. Bis zum Jahre 1832 unterhielt man nur
äußerst notdürftig die noch vorhandenen Gebäude; als aber die Zahl
der Gefangenen wuchs, dachte man an Erweiterung der Räume. Man
baute sie größer, richtete eine Menge Gefängnisse ein, räumte die
verschütteten Brunnen aus, begann im Jahre 1842 den Wiederaus-
bau des alten verfallenen Wartturms und legte auf den freien
Plätzen zur Verschönerung Blumenbeete an. Später brannte das
Gefängnisgebäude ab, und die Burgruine ging in den Besitz der
Stadt Bielefeld über, die für deren Erhaltung Sorge trägt.
Der Amtssitz und der Pfarrort Gadderbaum, südlich von der
Stadt und dieser so nahe gelegen, daß seine teilweise Eingemeindung
in diese jüngst erfolgt ist, zählt 6680 Einwohner. Hier sind die schönsten
Bleichen und die Spinnerei und Weberei Vorwärts, vor allem aber
die Wohlthätigkeits-Anstalten des Pastor von Bodelschwingh. Am
südlichen Bergabhange sieht man kleine Turmspitzen mitten aus dm
Buchenwäldchen hervorragen, unterm Walde zwei große stattliche
Gebäude und zahlreiche kleinere drum herum, auf verschiedenen
Tachspitzen das geheiligte Sinnbild der Christenheit, das Kreuz,
hochaufgerichtet. — Welchen Zweck haben die Häuser unter diesem
Zeichen?
Es ist eine Krankenkolonie, eine stille, freundliche und trostreiche
Zufluchtsstätte für viele Hunderte von Leidenden. Für Epileptische
oder Fallsüchtige ist die Anstalt „Bethel" durch barmherzige
Menschenfreunde der Provinzen Westfalen und Rheinland im Jahre
1867 gegründet worden, für Kinder und Erwachsene beiderlei Ge-
schlechts, die ihrer Krampfanfälle wegen, in denen sie oft mit lautem
Schreien und schweren Zuckungen zusammenbrechen, in fortwährender
Lebensgefahr stehen. Welch ein schweres Los ist es, von Schule und
Kirche, Werkstatt und fast aller sonstigen Thätigkeit, von Verkehr und
Gesellschaft ausgeschlossen, trübe und einsam, oft ohne schützende
Pflege und Aufsicht ein Leben führen zu müssen, das einem be-
ständigen Sterben gleicht! Wenigstens 50 000 solcher Kranken
16*
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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verstand es Philipp nicht, dieselben an sich zu fesseln und so seinen Nachfolgern die ihm von seinem Vater hintertaffene Macht zu vererben, noch auch Spanien auf jener Stufe des Wohlstandes zu erhal-ten. Bei feinem Regierungsantritte hatte Philipp zwar versprochen, die Niederlnder im Besitz ihrer Rechte und Freiheiten zu lassen, aber nur zu bald wute er dieselben zu beeintrchtigen und so einen Aus-stand hervorzurufen, der seiner Macht einen empfindlichen Verlust brachte. Die Veranlassung hierzu lag darin, da auch die Reform a-tion und besonders der calvinische Lehrbegriff bei den Niederlndern Eingang gefunden hatte, welchem Philipp bei seiner streng katholischen Richtung hemmend entgegenzutreten suchte. Zu dem Ende hatte er seiner Halbschwester Margaretha vou Parma die Regentschaft der Niederlande anvertraut und ihr den Cardinal Granvella zur Seite gesetzt, der aber durch Anlegung von Bisthmern und durch die Einfhrung der Inquisition sich so verhat machte, da ihn der König ans die dringendsten Vorstellungen seiner Schwester abberufen mute (1564). Aber die Unterdrckungen hrten nicht auf; daher nahmen sich Wilhelm vou Dramen, Statthalter von Utrecht, Holland und Seeland; Graf Egmout, Statthalter von Flandern; und Graf Hoorn, Admiral der niederlndischen Seemacht, der Unterdrckten an; allein auch ihre Vorstellungen bei der Generalstatthalterin und selbst eine deshalb nach Madrid unternommene Reise Egmont's hatten keinen Erfolg. Nun traten etwa 400 niederlndische Edelleute zum Geusenbunde zusammen, und berreichten unbewaffnet in Brssel der Generalstatthalterin eine Bittschrift, das Com pro mi genannt, worin sie ihre Beschwerden vortrugen und namentlich um Aufhebung der Inquisition baten. Philipp lie dieselbe jedoch unbercksichtigt und verbot sogar bei Todesstrafe jeden anderen Gottesdienst als den katholischen. Hierdurch machte er das Hebel nur rger; denn jetzt zogen resormirte Prediger durch das Land und predigten die neue Lehre vor bewaffnetem Volke, welches in seinem Glaubenseifer so weit ging, da es die katholischen Kirchen strmte. Dieser Umstand ver-anlate den König zu noch hrteren Maregeln. Er schickte den Her-zog Alba mit 10,000 Mann spanischer Kerntruppen nach Brssel, wo er (am 22. August 1567) seinen Einzug hielt, bald auch der Hupter des Geusenbundes, der Grafen Hoorn und Egmont sich be-mchtigte (Wilhelm von Oranien war entflohen) und den Rath der Unruhen/' gewhnlich der Blutrath genannt, errichtete. Alle, die zum Geusenbunde gehrten, wurden vor seinen Richterstuhl gezogen, zum Tode verurtheilt und ihrer Gter beraubt. In kurzer Zeit muten 18,000 Menschen ihr Leben durch Henkershand verlieren, und unter ihnen zuerst Egmont und Hoorn! An der niederlndischen Kste rsteten indessen die flchtigen Genfen Kaperschiffe gegen die Spanier aus, und bald gelang es diesen Meer- oder Wasser-Geusen durch die Einnahme von Briel oder Vlies singen festen Fu zu fassen. Bald fielen auch die meisten Städte Hollands und Seelands in ihre
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp Margaretha Cardinal_Granvella Wilhelm Philipp August Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Utrecht Holland Seeland Madrid Hollands
— 132 —
Ende. Oft wechseln sich Kinder und Erwachsene in dem Gesang strophen-
weise ab.
Ein Freund des Hauses, der heute die Pflichten der Repräsentation
erfüllt, lad den Kantor zu einer Tasse Kaffee ein. Man will ihm
etwas zu gute thuu ' und hat „in der besten Stube" eine Tasse
Kaffee für ihn „fertig gemacht", wobei an Zucker sicherlich nicht ge-
spart wird.
Ist der Verstorbene ein wohlhabender Bauer, so erscheint inzwischen
der Geistliche oder dereu mehrere in Amtstracht. Andernfalls leitet der
Kantor die Feier weiter. Man würde es den Besitzern eines „Zwei-
spünners" (Hof, der mit 2 Pferden bearbeitet wird) sehr verübeln,
wenn sie von der althergebrachten Sitte abwichen und keinen oder
mehrere Geistlichen kommen ließen, für sie muß eben, dem Herkommen
gemäß, ein Geistlicher im Talar erscheinen, wie es andrerseits einem
Heuerling nicht zusteht, deu Geistlichen bis zu seinem Hanse kommen
zu lassen.
Es wird nun noch ein zweites Lied ganz gesungen, sodann legt man
dem Verstorbenen eine Abschiedsstrophe in den Mund — von den Kin-
dern gesungen — iu der er Haus, Hof und Lieben „Lebewohl" sagt.
Nun ordnet sich der Leichenzug.
Auf eiuem mit 2—6 Pferden bespannten großen Erntewagen, an
dessen Seitenleitern Sitzbretter angebracht sind, wird der Sarg aufgestellt.
10—20 „Klageweiber", so tief verschleiert, daß man sie nicht zu erkennen
vermag, kommen in langer Reihe, nach dem Verwandtschaftsgrad genau
geordnet, und nehmen zu beide« Seiteu des Sarges auf dem Ernte-
wagen Platz.
Der Leichenzug setzt sich in Bewegung. An der Spitze schreitet der
Leichenbitter. Ihm folgen die Schüler, zu Zweien geordnet, das Ge-
sangbuch iu der Hand, der Leichenwagen, die Männer und Frauen iu
langen Reihen. An jeder Hänsergruppe, die der Zug berührt, wird
eiue Strophe des angestimmten „Wegliedes" gesungen. Der Leichenweg
ist für jedes Gehöft geuau seit alten Zeiten festgelegt. Wählt man auch
sonst andre, bessere Wege, heute wird ohue die allerdringendsten Gründe
vom „Leichenwege" nicht abgewichen.
Kam der Geistliche nicht zum Trauerhause, so kommt er auf Ein-
ladung dem Leichenzuge entgegen. An der verabredeten Stelle, die
keineswegs beliebig bestimmt, sondern ein für alle mal festgelegt ist,
warten beide Teile unter allen Umständen einander ab.
Erst iu ueuester Zeit sind die Gemeinden dazu übergegangen, eigne
Friedhöfe anzulegen. Bisher hatte jedes Kirchspiel in der Regel nur
einen Kirchhof im Kirchdorfe, so daß der Weg dahin vom Sterbehause
aus oft mehrere Stunden weit war.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
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für die Rechtspflege; Gerichte (hohe und niedere).
6) Anstalten für die Sicherung und Vertheidig ung
des Landes: Heere, Festungen, Zeughäuser. 7) Anstalten
für den Handel: Börsen, Licente. 8) Wohlthatige
Anstalten: Armen-, Krankenhäuser, Hospitäler, Lazare-
the, Stifter, Blindeninstitute re.
Für das gemeine Wesen müssen mancherlei Ausgaben
gemacht werden z. B. zur Besoldung cder>Beamten, Sold
fürs Heer, zu Straßen- und Kanal-Bauten rc. Diese
werden aus den öffentlichen Einkünften bestritten,
welche durch Abgaben der Unterthanen entstehen. (Ge-
werbesteuer, Vermögenssteuer, Accise rc.)
Vcrschiedne Obrigkeiten: Schulzen sehen auf Ord-
nung in den Dorfschaften; sie heißen Dorfrichter oder
Friedensrichter, wenn sie zugleich Streitigkeiten zu
schlichten haben. In Städten heißt die Obrigkeit Magi-
strat. Einzelne Landgüter gehören Edelleuten (Män-
nern von Adel, Freiherrn, Baron-cn), Grafen
(Besitzern einer Grafschaft) rc. — Fürsten — Herzöge.
Die höchsten Herren auf Erden die Könige und Kai ser.
— Königreiche — Kaiserthümer. Preußen ist ein König-
reich. Die Kinder des Königs heißen Prinzen und Prin-
zessinnen, der älteste Prinz: Kronprinz. Die Stadt,
in welcher der König wohnt, heißt Residenzstadt;
die Stadt, welche der Sitz der obersten Regierung eines
Landes ist, heißt Hauptstadt. Sic ist auch gewöhnlich
die größeste und volkreichste. — Große Lander werden zur
leichtern Regierung und Uebersicht in kleinere Theile ge-
theilt: Provinzen, Regierungsbezirke, Kreise.
Ix. Größe verschiedncr Theile der heimathlichen
Gegend; — m essen. Langenmaaße (Schritt, Spanne,
Klafter — bestimmte: Fuß, Zoll, Linie, Ruthe, Faden
n 6fß., Meile); Flacbenmaaße (Quadratfuß, Q. Zoll,
O. Linie, Q. Ruthe, sz Meile — Morgen — Hufe);
Körper - oder Kubikmaaße (Kubikzoll, K.fuß rc.). — Man
kann Flachen durch kleine ähnliche Figuren darst eilen,
auftragen — verjüngterma aßstab — Winkel-
messer. — r.::..
Nunmehr geht man zum Entwürfe eines Grundrisses
oder einer kleinen Charte der umliegenden Gegend, etwa,
im Umkreise einer Meile. Man beschreibe auf der Tafel
einen großen Kreis (obcn N., links W., unten S. rc),
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]