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1. Geschichte des Mittelalters - S. 360

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
360 Europa der dominierende Erdiheil. legen, daß es eines dreißigjährigen Krieges bedurfte, um den National- wohlstand zu ruinieren. Europa der dominierende Erdtheil. Mit dem Seewege nach Ostindien und der Entdeckung Amerikas beginnt die Herrschaft Europas über die andern Erdtheile. Europa ver- mittelte seitdem den Verkehr des ganzen Menschengeschlechtes (erst in unseren Tagen tritt Nordamerika mit Macht als Nebenbuhler auf) und damit beginnt für die Völker Asiens, Amerikas und Afrikas eine neue Zeit; sie werden Europa genähert und können sich seiner Einwirkung in ihr innerstes Leben nicht länger mehr entziehen. Portugiesen und Spanier gründen ungeheure Kolonialreiche; ganze Ströme europäischer Bevölkerung ergießen sich nach Amerika und legen den Grund zu einer neuen europäischen Welt, während Ostindien wenigstens tributpflichtig wird und große Ansiedelungen so fest gegründet werden, daß sie keiner asiatischen Macht mehr unterliegen können. Der europäische Handel wird zum Welthandel und Europa zum reichsten Erdtheile. Denn nun erschließt auch Amerika aus seinem Schooße eine Masse edler Metalle, welche über den Ocean nach Europa wandern, daselbst Handel, Gewerbe beleben und eine Lebensweise schaffen, von der die Vorfahren keine Ahnung besaßen. Von der Masse des über den Ocean gebrachten edlen Metalls kann man sich einen Begriff machen, wenn Aler. v. Humboldt angibt, daß das spanische Amerika bis 18l 3 an Silber 5940 Mill. spanische Piaster lieferte, was eine Silberkugel von 83,7 Fuß Durchmesser gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem an- dern Amerika, Asien und Afrika nur das Doppelte an edlem Metalle nach Europa gekommen ist, so dürfen wir die ungeheure Summe von 30 Milliarden rechnen, und haben sie jedenfalls noch zu nieder angeschlagen. Viel Geld erzeugt aber auch viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt blei- den, es setzt darum die mannigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung, der Luxus macht sich mit neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch neue Thätigkeit in's Leben. Aus den fremden Erdtheilcn kamen die ver- schiedenen Gewürze massenhaft nach Europa uild fanden Eingang in die Küche des Bürgers und Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien, Blumen und Kräuter gesellten sich zu den europäischen, und endlich kamen auch Zucker, Kaffee und Tabak, welche in Verbindung mit den Gewürzen das physische Leben des Europäers wesentlich veränderten; die Küche Karls des Großen war einfacher bestellt als jetzt die eines mittelmäßigen Bürgers oder Bauers. Diese Veränderung trat allmählig, aber merkbar genug ein; Zucker, Kaffee und Tabak bewirkten schon Un- glaubliches, eine vollständige Umwälzung brachte aber in späterer Zeit die Einführung der Kartoffeln und der Baumwolle zu Stande. -

2. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 35

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Des Kaisers unglückliche Unternehmung gegen Algier. 35 hatte (1538). Karl reiste nun durch Frankreich in die Niederlande und machte seinem Herrn Bruder Franz einen Besuch in Paris, der es auch nicht wagte, gegen Karl unritterlich zu handeln. Karl hatte näm- lich in den unruhigen Niederlanden zu thun, die ihm dennoch als sein Geburtsland am liebsten waren. Er hielt die Freiheiten der Städte gewissenhaft, bestrafte aber auch jede Unbotmäßigkeit, und als aus Deutschland nicht nur die lutherische Lehre, sondern auch die Wieder- täuferei eindrang, ließ er gegen deren Anhänger die ganze Strenge der Gesetze walten und sie mit Feuer und Schwert bestrafen. Das machten ihm die Protestanten zum bittern Vorwurfe, während doch ihr Bundes- genosse Franz gegen die Hugenotten noch härter verfuhr und sie selbst keinen Katholiken unter sich duldeten. Äes Kaisers unglückliche Unternehmung gegen Älgier (Cckt. und Ñov. 1541). Nach dem Verluste von Tunis trieben die Seeräuber in Algier ihr Unwesen mit verdoppeltem Eifer, so daß der Kaiser immer mit Be- richten von Ueberfällen und Mordthaten bestürmt wurde. Darum be- schloß er eine Unternehmung gegen das Raubnest Algier und führte sie auch im Herbste 1541 aus. Vergebens warnte der erfahrene Andreas Doria vor den herbstlichen Stürmen, welche in dem Mittelmeere eben so heftig als häufig sind, und an der buchtenlosen Küste von Algier einer Flotte verderblich werden müssen. Der Kaiser vertraute auf sein Glück, das ihn auch bei der Ueberfahrt und Landung begleitete. Aber nun fiel ein entsetzliches Unwetter ein, das viele Schiffe am Strande zerschellte und den frei lagernden Truppen außerordentliches Ungemach bereitete. (Die Franzosen haben seit 1830 vielmal erfahren, was algie- risches Unwetter vermag.) Das nahmen die Barbaresken als ein Zei- chen, daß Allah auf des Propheten Bitte die Gläubigen schützen wolle, und Karls Soldaten hörten das triumphierende Geheul der Weiber und den Racheruf der Männer durch das Tosen des Sturmes. Ein wüthen- der Angriff nach dem andern erfolgte von den Algierern, Mauren und Arabern, alle aber wurden blutig zurückgeschlagen. Noch immer hoffte Karl die Stadt mit Sturm nehmen zu können; bei einem neuen Aus- fälle führte er seine deutschen Landsknechte persönlich gegen den Feind, und diese warfen die Moslemin auch mit solcher Kraft und verfolgten sie so nachdrücklich, daß der Kaiser sicher glaubte, er werde mit dem Feinde die Thore der Stadt erreichen; allein da brach das Unwetter schrecklicher als je los und vereitelte die rasche Verfolgung und mit der- selben die letzte Hoffnung des Kaisers. Er mußte sich zur Heimkehr entschließen und deckte die Einschiffung des Heeres in eigener Person an der Spitze einer Kerntruppe; der Verlust an Schiffen und Mann- schaft kam dem einer verlorenen Seeschlacht gleich. 3*

3. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 36

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
36 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. Franzosen- und Türkenkrieg (1542 — 1544). Nach diesem verunglückten Kreuzzuge des Kaisers griff Franz aber- mals zu den Waffen. Er hatte Bundesgenossen: den Sultan Soly- man, der ihm den 84jährigen Seeräuberadmiral Haireddin, welchen Karl aus Tunis vertrieben hatte, zu Hilfe schickte, und in Deutschland den Herzog von Kleve, der Geldern und Zütphen von dem Kaiser ansprach, sich mit einer französischen Prinzessin verlobte und mit dem schmalkaldischen Bunde in Unterhandlung getreten war. Zwar gelang es dem Kaiser, den König Heinrich Viii. von England zu ge- winnen, doch begnügte sich derselbe mit der Eroberung von Boulogne und führte den Krieg mit keinem Nachdruck. Anfangs hatte Franz Glück; die Seeräuberflotte, die er in Marseille ausgenommen, eroberte und zer- störte 1543 Nizza bis auf die Citadelle, und im folgenden Jahre (14. April) wurde Karls Heer bei Cerisoles in Piemont geschlagen; der Schwabenhaß der Schweizer in Franzens Heer war noch einmal gegen die Landsknechte aufgeflammt, die bis auf den letzten Mann erschlagen wurden, aber ihr Leben theuer verkauften. Hingegen trieb Karl den Herzog von Kleve zu Paaren (1543), den seine schmalkaldischen Bun- desgenossen nicht zu unterstützen wagten, rückte dann mit einem deutschen Heere in der Champagne bis auf zwei Tagmärsche gegen Paris vor und zwang dadurch Franz zu dem Frieden von Krespy, in wel- chem er den Kaiser in dem Besitze seiner Länder lassen mußte (Sep- tember 1544). So endigte für diesmal der Kampf der Franzosen um den Besitz Italiens, und sie nahmen ihn längere Zeit nicht wieder auf, weil Deutschland leichtere Erwerbungen anbot. Franz starb den 31. März 1547 an den Folgen seiner Ausschweifungen. Sechstes Kapitel. S'teigen-rs Lerwürsniß in Deutschland. Während der Kaiser in Spanien, Italien, den Niederlanden, in Afrika und Frankreich die Waffen gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit führte, traten noch immer mehrere Fürsten zu den Prote- stanten über, einige nach Melanchthons ausdrücklichem Zeugnisse nur deßwegen, um Bisthümer und Klöster einziehen zu können; kein besseres Zeugniß gibt derselbe Reformator den weltlichen Vorkämpfern der Re- formation, dem Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen Philipp von Hessen, welch' letzterem Luther und Melanchthon zwei Weiber erlauben mußten, wenn er nicht abfallen sollte. Dieser Landgraf war jedenfalls der entschlossenste Fürst auf Seite der Protestanten, und 1534 gelang

4. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 37

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Steigendes Zerwürfnlß in Deutschland. 37 ihm ein glücklicher und folgenreicher Streich gegen den Kaiser. Es ist oben gesagt worden, daß der wilde Herzog Ulrich von Wirtenberg 1519 durch den schwäbischen Bund aus seinem Lande vertrieben wurde, weil er die Reichsstadt Reutlingen weggenommen hatte; Wirtenberg überließ nun der Bund an Ferdinand von Oesterreich gegen Ersatz der Kriegs- kosten. Dies erregte aber die Eifersucht der Fürsten, welche eine solche Vergrößerung Oesterreichs sehr ungerne sehen mußten, besonders der bayerischen, denn Ulrichs Sohn Christoph, der in Italien von Oester- reich gehütet wurde, hatte eine bayerische Prinzessin zur Mutter, und ohnehin war Bayern immer der eifersüchtige Wächter über die Entwürfe Oesterreichs. Mit Ulrich hätten es die meisten Fürsten nicht versucht, weil er durch seine Verschwendung und Wildheit in Wirtenberg selbst alle Zuneigung verloren hatte, darum verhalfen sie dem Herzog Chri- stoph zur Flucht. Besser jedoch rechnete der Landgraf von Hessen, der wohl wußte, daß Oesterreichs Herrschaft in Wirtenberg wegen des Drucks und Uebermuths, den sich die österreichischen Beamten erlaubten, noch unbeliebter war, als die des vertriebenen Herzogs. Mit französischem Gelde warb er ein Heer und fiel mit Ulrich 1534 in Wirtenberg ein. Bei Laufen am Neckar besiegte er den österreichischen Statthalter und unterwarf das ganze Land ohne viele Mühe, namentlich weil die Bauern von einem Aufgebote gegen den Herzog nichts wissen wollten. Ferdi- nand, der weder Truppen noch Geld hatte (auch der Papst gab ihm keines) und im Osten mehr als genug beschäftigt war, gab in dem Vertrage von Kadan Wirtenberg an Ulrich und seinen Stamm zu- rück, und dieser reformierte nun das Land sammt der Universität Tü- bingen. Diesem Beispiele folgte Baden-Dur lach; dadurch war die Reformation im südwestlichen Deutschland gesichert und Tübingen wurde die Metropole des Protestantismus in Süddeutschland. Zwar bildete sich gegen den auf diese Weise erweiterten Bund von Schmalkalden ein katholisches Bündniß zwischen den Herzogen von Bayern, den Erzbischöfen von Mainz und Salzburg, den Herzogen Georg von Sachsen (Meißen) und Heinrich von Braunschweig (1538); der Kaiser untersagte jedoch alle Feindseligkeiten und gewährte auch den seit dem Nürnberger Frieden (1532) in das schmalkaldische Bündniß eingetretenen Fürsten und Städten den Aufschub der Reichsprozesse, den sogenannten „Frankfurter Anstand", was die Sache der Prote- stanten sehr förderte. Denn um diese Zeit (1539) starb Georg von Sachsen, ein ehrenfester Charakter und kräftiger Vertheidiger des alten Glaubens, worauf dessen Bruder Heinrich sogleich die Reformation ein- führte und Luther an Pfingsten in Leipzig predigte. Gleichzeitig trat das brandenburgische Haus über und in den schmalkaldischen Bund, als Kurfürst Joachim I., ein eifriger Katholik, gestorben war. Diesem

5. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 38

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
38 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re. Beispiele folgten in Norddeutschland die Bischöfe von Lübeck, Kamin und Schwerin (ein junger mecklenburgischer Prinz) und selbst der Erz- bischof von Mainz ließ die Reformation in Magdeburg und Halber- stadt gewähren, weil er sie nicht hindern konnte und dabei eine nicht unbedeutende Geldsumme herausschlug. Solche Triumphe in Deutschland und die Fortschritte der Reformation in andern Ländern vereitelten die Hoffnung des Kaisers, der immer noch an einem Vergleich zwischen den Theologen arbeitete; so veranlaßte er 1540 ein Religionsgespräch zu Worms, das 1541 zu Regensburg fortgesetzt wurde. Die Katholiken, der päpstliche Legat Kontarini und der Dompropst Ju- lius Pflug gaben so viel nach, daß sie mit Melanchthon in den vier wichtigsten Punkten übereinkamen, aber weder Luther, der den Kurfürsten von Sachsen auf seine Seite brachte, noch der Papst wollten von einer derartigen Ausgleichung, welche die Unterschiede nur verhüllte und jeden- falls nur zum Nachtheile der Katholiken ausgeschlagen wäre, etwas wissen, und so zerrann die ganze Sache wieder (Regensburger Interim). Als gleichzeitig das Bisthum Naumburg in Erledigung kam, wählte das Kapitel den Julius Pflug zum Bischöfe, der Kurfürst von Sachsen aber setzte den Lutheraner Amsdorf mit dem Gehalte eines Pfarrers zum Bischöfe ein, den Luther ordiniert hatte (Januar 1542). Zu gleicher Zeit war der Herzog Heinrich von Braunschweig- Wolfenbüttel mit den schmalkaldischen Fürsten in einen heftigen Streit gerathen, in dem sie in einer Weise gegen einander schrieben, welche am besten bezeugt, wie entartet die fürstlichen Sitten in jener Zeit waren, darum mögen die Titel der Gegenschriften hier einen Platz fin- den. Der des kursächsischen Libells lautet: „Wahrhaftige, beständige, ergründete, christliche und aufrichtige Verantwortung wider den verstock- ten , gottlosen, vermaledeiten, verfluchten Ehrenschänder, bösthätigen Barrabas, auch h... .süchtigen Holofernes, der sich Heinrich von Braun- schweig nennt, und sein unverschämt kalphurnisch Schand- und Lügen- buch." Heinrichs (des jüngern) Antwort: „Erhebliche, gründliche, wahr- haftige, göttliche und christliche Quadruplik wider des gottlosen, ver- ruchten, verstockten und abtrünnigen Kirchenräubers, vermaledeiten und boshaften Antiochi, Novatiani, Severiani und H. ...wirths von Sachsen, der sich Hansen Friedrich von Sachsen nennt, erdicht, erlogen und un- verschämt Lügenbuch." Auch Luther gab seinen Senf dazu in seiner Schrift „wider Hans Wurst", in welcher er dem Braunschweiger sagt: „Ihr seid beide, Vater (darunter ist der Teufel zu verstehen) und Sohn, die rechten Hans Wurst, Tölpel, Knebel und Rülze, verzweifelte, ehr- lose, verlogene Bösewichter." In dem Kriege (1542), der aus dieser Feindschaft erwuchs, wurde Heinrich geschlagen, bei einem zweiten Ver- suche (1545) gefangen und Braunschweig-Wolfenbüttel reformiert.

6. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 41

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der schmalkaldische Krieg. 41 wesen war, und ihm die Umkehr fast unmöglich gemacht. Die Vorsehung, welche die Kirchentrennung zuließ, hat dafür gesorgt und wird dafür sor- gen, daß aus diesem welterschütternden Ereigniffe Folgen hervorgehen, welche der Kirche und dem Menschengcschlechte zur Wohlfahrt gereichen. Siebentes Kapitel. Irr schmaikaidische Krieg (1546— 1547). Wegen des zwischen Karl V. und Franz I. von Neuem ausgebro- chenen Krieges mußte das nach Trient ausgeschriebene (1542) allgemeine Koncil noch verschoben werden, und erst am 13. Dezember 1545 gelang es den rastlosen Bemühungen des Papstes Paul Iii., nach Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten, welche theils Karls und Franzens Politik, theils die deutschen Zustände in den Weg legten, dasselbe eröffnen zu lassen. Der Kaiser lud alle deutschen Reichsstände zu einem Reichs- tage nach Regensburg auf das Frühjahr 1546, damit die Ein- gaben an das Koncil gemeinschaftlich berathen würden. Allein die mei- sten Protestanten erschienen bei dem Reichstage gar nicht (nur Moriz von Sachsen, Joachim von Brandenburg und Albrecht von Brandenburg- Baireuth machten eine Ausnahme) und protestierten zum voraus gegen alle Beschlüsse des Koncils, weil es ein „päpstliches" und kein „freies" (d. h. protestantisches) sei. Der Kaiser wiederholte seine Vorladung nach Regensburg, allein die Antwort bestand in Rüstungen und neuen Verbindungen; es regte sich nämlich der hussitische Geist in Böhmen, Schlesien und der Lausitz, und selbst der österreichische Adel schien geneigt, mit Hilfe des Evangeliums die landesherrliche Gewalt Ferdinands zu brechen (Karl hatte ihm 1521 die deutschen Erblande Habsburgs mit Ausnahme von Burgund übergeben). Bayern, glaubten die Protestan- ten, werde aus alter Eifersucht für den Kaiser nicht in die Schranken treten; der Kaiser hatte noch kein Heer, der König von Frankreich ver- sprach zur rechten Zeit nicht auszubleiben — was war also zu befürch- ten? .Karl konnte sich weder solchen Trotz gefallen lassen, noch konnte er es länger dulden, daß die Katholiken in Deutschland eine Stadt und ein Stift nach dem andern verloren und auch das früher immer begehrte Koncil jetzt verworfen werde — darum rüstete er eifrig, wobei ihn der Papst mit einer bedeuteuden Geldsumme unterstützte. Jetzt schien es den schmalkaldischen Bundesgenossen Zeit, von den lange bereit gehaltenen Waffen Gebrauch zu machen, und nicht weniger als 45,000 Mann rück- ten (Juli) unter den Bundeshäuptern, dem Kurfürsten von Sachsen und dem hessischen Landgrafen Philipp, gegen den Kaiser nach Süddeutsch-

7. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 44

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
44 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. abtrünnigen Städte und Herren und vernichtete die Briefe, welche die Böhmen von früheren Herrschern ertrotzt hatten. Noch widerstand Mag- deburg, die feste und reiche Stadt; die Belagerung übertrug Karl Morizen, welchem er schon auf dem Regensburger Reichstage die (früher erzbischöfliche) Oberherrschaft über die Stadt als einen Theil des Preises für seinen Verrath an Johann Friedrich zugesichert hatte. Moriz stellte sich, als wolle er den Auftrag vollziehen; der Kaiser ging hierauf nach Oberdeutschland, um dem Koncilium näher zu sein, welches der Papst, weil in Trient eine Krankheit ausgebrochen war, nach Bologna ver- legt hatte, dessen Rückverlegung nach Trient aber Karl eifrig betrieb. Aas Augsburger Interim (1548). Im Februar 1548 hielt Karl einen glänzenden Reichstag zu Augs- burg. Er hatte allen Widerstand niedergeschlagen und nun bequemten sich auch die Protestanten zu dem Versprechen, sich dem Koncil zu un- terwerfen, wenn es erst wieder nach Trient zurückverlegt wäre und alle Punkte noch einmal berathen würden. Jetzt wollte der Kaiser auch in das kirchliche Reformationswerk eingreifen, weßwegen er ein neues In- terim, das Augsburger, gab (15. Mai), bei dessen Abfassung auf katholischer Seite besonders der öfters genannte Pflug, von protestan- tischer Agrikola thätig waren. Es gestand den Protestanten die Prie- sterehe zu, den Kelch und die Gnadenwahl in einer gemilderten Fassung. Doch die katholischen Stände nahmen es nicht an, auch der Papst ver- warf es, es blieb also auf die Protestanten beschränkt, von denen es einige unbedingt annahmen, andere nach der Fassung, die ihm der alte, gebeugte Melanchthon gab (Leipziger Interim), wodurch „Un- evangelisches" hinsichtlich des Glaubens zurückgewiesen, der größte Theil des katholischen Kultus als gleichgültig (uckiapdoru) zugestanden wurde. Des Papstes und der Bischöfe Gewalt wolle man anerkennen, wenn sie dieselbe nicht zur Zerstörung, sondern zur Erbauung der Kirche gebrauchen. Die Protestanten murrten auch dagegen und es ging ein Spruch um: „wahr' dich vor dem Interim, es hat den Schalk hinter ihm." Doch ward der Eifer der Katholiken und Protestanten gegen Karls Eingreifen in die Religionsangelegenheiten bald ein überflüssiger, indem der Kaiser von einer Seite her überfallen wurde, von der er es nicht von ferne erwartet hatte. Mortz übrrsällt Kaiser und Koncil. passauer Vertrag (1552). Moriz belagerte Magdeburg zum Scheine und machte unterdessen (5. Oktober 1551 zu Friedewalde in Hessen) einen Bund mit dem Markgrafen Joachim von Brandenburg-Küstrin, dem Herzog von Meck- lenburg, den Söhnen des gefangenen Landgrafen, dem Markgrafen von

8. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 45

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Moriz überfällt Kaiser und Koncil. Passauer Vertrag. 45 Brandenburg-Kulmbach, mit Magdeburg und mit dem Könige Hein- rich H. von Frankreich, welchem er für seine Hilfe Metz, Toul, Verdun und Kambrai zusagte. Als der Bund mit Frankreich abgeschlossen war, zog Moriz von Magdeburg ab und setzte das Belagerungöheer gegen Süden in Bewegung, indem er (April 1552) verkündete: er wolle die alte Freiheit der deutschen Stände wie- der Herstellen, welche von dem Kaiser mit „unerträglicher, erblicher und viehischer Knechtschaft" bedroht sei. Er rückte rasch auf Augsburg, das ihm Geschütz gab, auf Ulm, das ihn aber nicht einließ, und dann gegen das Tprol. Die Ehrenberger Klause nahm er mit Sturm (19. Mai), wurde aber durch eine Meuterei seiner Soldaten, welche das Geschenk forderten, das man den Sturmlaufenden zu reichen pflegte, einen ganzen Tag lang aufgehalten. Dies war ein Glück für den Kaiser, sonst wäre er vielleicht in Innsbruck gefangen worden, und er mußte so, gichtkrank wie er war, über den Schnee der Hochgebirge nach Villach in Kärnthen flüchten. Keine Hand erhob sich für den Kaiser; die katholischen Fürsten blieben ruhig, die Demüthigung des Kaisers war allen Fürsten ohne Unterschied der Religion lieb, denn die Kaiser- gewalt hatte sich wieder einmal gar zu drohend den einzelnen Landes- herrlichkeiten genähert. Karl gab den gefangenen Kurfürsten von Sachsen frei und überließ seinem Bruder Ferdinand das Geschäft, zuerst einen Waffenstillstand und dann einen Vertrag mit Moriz zu vermitteln. Der Waffenstillstand verstand sich von selbst, da Moriz niemanden bekriegte als den Kaiser und dieser waffenlos war. Ferdinand trat dann>mit dem Kurfürsten, den Herzogen und angesehensten Fürsten zusammen und schloß mit ihnen den Passauer Vertrag, dessen Hauptbestimmungen dahin lauten: Der hessische Landgraf wird sogleich frei gegeben; binnen sechs Monaten beruft der Kaiser einen Reichstag, auf welchem bestimmt wird, wie in Sachen der Religion der Friede hergestellt werden kann; indessen darf weder der Kaiser noch ein Reichsstand die Gewissensfreiheit stören; die Stände und Fürsten der augsburgischen Konfession sollen den katholischen geistlichen und weltlichen Mitständen Frieden halten und den freien und ruhigen Gebrauch aller ihrer Rechte, Länder, Gerichtsbar- keiten und Religionsübungen gestatten; an dem Kammergerichte sollen ebenso viele protestantische als katholische Assessoren angestellt und jedem ohne Unterschied des Glaubens Recht gesprochen werden. Dieser Ver- gleich soll bis zu einer endlichen Vereinbarung bestehen und auch giltig sein, wenn man sich wegen der Religion nicht vereinigen kann (2. August 1552). So verständigten sich einstweilen die katholischen und protestan- tischen Reichsstände unter einander; der Kaiser wurde in diesem Vertrage geradezu aufgegeben, er protestierte, aber was wollte er machen, da ihm kein katholischer Reichsstand mehr anhing?

9. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 47

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Morizens Tod. Der Augsburger Religionsfrieden. 47 dem Passauer Frieden nichts wissen, sondern benutzte die glücklich er- rungene Freiheit deutscher Reichsstände dazu, einen Raubkrieg gegen die Bischöfe von Trier, Würz bürg und Bamberg zu führen und Klö- ster und Stifte ausznplündern. Karl bekümmerte sich um die Klagen der Fürsten, die den Passauer Vertrag gegen ihn abgeschlossen hatten, nicht viel, und gedachte vielmehr sich des armen aber unternehmenden Markgrafen gegen Moriz und Frankreich zu bedienen. Deßwegen ver- bündete sich König Ferdinand, Moriz, Heinrich von Braun- schweig und die angegriffenen geistlichen Fürsten gegen Albrecht, und Moriz erneuerte auch insgeheim seinen Bund mit Frankreich. Albrecht aber wandte sich rasch gegen Heinrich von Braunschweig nach Nieder- sachsen und plünderte es nun ebenso aus, wie vorher die fränkischen geistlichen Fürstenthümer; so standen protestantische Fürsten mit katholi- schen verbunden gegen den protestantischen Albrecht, der seine eigenen Glaubensgenossen ausplünderte, als er von den Bischöfen «blassen mußte, und Deutschland konnte jetzt recht deutlich sehen, ob es den Fürsten um die Religion oder um etwas anderes zu thun sei. Moriz rückte Albrecht nach und lieferte ihm bei Sievershausen ein mörderisches Treffen; er siegte, wurde aber von einem Reiter durch die Brust geschossen (9. Juli 1553) und starb zwei Tage darauf. Albrecht erneuerte bald dar- auf den Krieg, würde aber unweit Schweinfurt wieder geschlagen und flüchtete nach Frankreich. Er kam 1557 nach Deutschland zurück und starb im gleichen Jahre zu Pforzheim. Der Äugsburger Neligionsfrieden (1555). Auf dem Reichstage zu Augsburg erschien der Kaiser nicht; er hatte in Deutschland nichts mehr zu thun, seitdem die katholischen und protestantischen Reichsstände wenigstens gegen ihn einig waren. Nach langen und lebhaften Verhandlungen kam den 21. September der Re- ligionsfriede zu Stande und wurde mit dem Reichstagsabschiede den 26. bekannt gemacht. Darin war festgesetzt: die protestantischen Stände der Augsburger Konfession haben volle Religionsfreiheit und politische Rechts- gleichheit mit den katholischen Ständen; ausgeschlossen sind aber alle, die nicht katholisch und nicht der Augsburger Kon- fession sind (dies galt den Kalvinisten). Die Protestanten behalten die eingezogenen Kirchengüter. Kein Stand soll die Unterthanen des andern von ihrer Religion „abpraktizieren" oder sie in Schutz und Schirm nehmen. Den Unterthanen, welche der Religion wegen aus- wandern wollen, soll dies freistehen, wenn sie ihre Güter verkaufen und den Landesherrn für Leibeigenschaft und Nachsteuer entschädigen. In den Reichsstädten, wo beide Religionen seither im Gang gewesen, soll dieses fortdauern. Auch die reichsfreie Ritterschaft ist in diesen Rechten

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 48

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
48 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re. einbegriffen. Dieser Frieden ist deßhalb gemacht worden, um „der löblichen Nation endlichen bevorstehenden Untergang zu verhüten und damit man desto eher zu freundlicher christlicher Vergleichung der spal- tigen Religion gelangen möge; er soll aber auch dann fortdauern, wenn die gedachte Vergleichung durch die Wege des Generalkoncils, des Na- tionalkoncils oder Kolloquiums nicht zu Stande käme." Beide Theile verbinden sich auch für die Zukunft, keinem gegen diesen Frieden Han- delnden beizustehen, sondern vielmehr dem Angegriffenen zu Hilfe zu kommen. Ein Artikel des Friedens lautete, daß die Geistlichen, welche von der alten Religion abtreten, ihrer Aemter und Pfründen verlustig werden. Mit diesem Vorbehalte (reservatum eeelesiastioum) wollten die Katholiken Vorbeugen, daß es nicht irgend einem Prälaten beikomme, durch den Uebertritt zu den Protestanten das Stiftsland zu einem welt- lichen und erblichen Fürstenthume zu machen; die andere Partei prote- stierte aber gegen diesen Artikel und sprach damit aus, daß sie ihn auch nicht zu halten gesonnen sei, womit der ewige Religionsfrieden zu einem zeitweiligen Waffenstillstände heruntergesetzt war, um so mehr, da auch der Papst den Vertrag verwarf. Indessen war er doch eine Pause, und wir dürfen daher fragen, wer durch die Reformation und den Augs- burger Frieden gewonnen habe? Diejenigen, denen es mit dem Glauben an Luthers Lehre Ernst war, durften sich freuen, daß diese Lehre nun durch ein Reichsgesetz den früheren Gesetzen gegen die Häretiker entrückt war und ihre Bekenner die gleiche politische Berechtigung mit den Ka- tholiken errungen hatten; für sie war der Frieden ein Sieg. Doch nur ein halber; denn nun waren die Landesherren in ihren Gebieten auch Papst und Bischof. Die Hofprediger und Professoren der Landesuniver- sität bestimmten die Glaubensnorm und den Kult, in letzter Instanz der Fürst selbst, und wer sich nun einem fürstlich-protestantischen Dogma oder sonstiger religiöser Anordnung nicht unterwerfen wollte, der war Ketzer und Rebell in einer Person; die Geschichte wird Belege hiezu liefern. Es heißt der Wahrheit in das Angesicht schlagen, wenn man be- hauptet, in dem ganzen großen Streite sei die Religion die einzige Triebfeder gewesen. Die Bauern griffen nach dem „Evangelium", weil sie mit demselben frei werden wollten, es war in ihrer Hand eine Waffe gegen ihre Herren, und als Luther sein Evangelium ihnen dazu nicht herleihen wollte, machten sie ihr eigenes. Sie fanden dabei den Unter- gang oder noch härteren Druck; im besten Falle änderte sich ihre Stel- lung nicht; unter katholischen Herren mußten sie katholisch bleiben, unter protestantischen protestantisch werden, denn die Auswanderung war trotz des Augsburger Artikels so viel als unmöglich. Die Städte waren der neuen Lehre am meisten angehangen; sie beseitigten durch sie die Klöster und nahmen ihr Gut, sie besetzten nun
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