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1. Geschichte des Mittelalters - S. 360

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
360 Europa der dominierende Erdiheil. legen, daß es eines dreißigjährigen Krieges bedurfte, um den National- wohlstand zu ruinieren. Europa der dominierende Erdtheil. Mit dem Seewege nach Ostindien und der Entdeckung Amerikas beginnt die Herrschaft Europas über die andern Erdtheile. Europa ver- mittelte seitdem den Verkehr des ganzen Menschengeschlechtes (erst in unseren Tagen tritt Nordamerika mit Macht als Nebenbuhler auf) und damit beginnt für die Völker Asiens, Amerikas und Afrikas eine neue Zeit; sie werden Europa genähert und können sich seiner Einwirkung in ihr innerstes Leben nicht länger mehr entziehen. Portugiesen und Spanier gründen ungeheure Kolonialreiche; ganze Ströme europäischer Bevölkerung ergießen sich nach Amerika und legen den Grund zu einer neuen europäischen Welt, während Ostindien wenigstens tributpflichtig wird und große Ansiedelungen so fest gegründet werden, daß sie keiner asiatischen Macht mehr unterliegen können. Der europäische Handel wird zum Welthandel und Europa zum reichsten Erdtheile. Denn nun erschließt auch Amerika aus seinem Schooße eine Masse edler Metalle, welche über den Ocean nach Europa wandern, daselbst Handel, Gewerbe beleben und eine Lebensweise schaffen, von der die Vorfahren keine Ahnung besaßen. Von der Masse des über den Ocean gebrachten edlen Metalls kann man sich einen Begriff machen, wenn Aler. v. Humboldt angibt, daß das spanische Amerika bis 18l 3 an Silber 5940 Mill. spanische Piaster lieferte, was eine Silberkugel von 83,7 Fuß Durchmesser gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem an- dern Amerika, Asien und Afrika nur das Doppelte an edlem Metalle nach Europa gekommen ist, so dürfen wir die ungeheure Summe von 30 Milliarden rechnen, und haben sie jedenfalls noch zu nieder angeschlagen. Viel Geld erzeugt aber auch viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt blei- den, es setzt darum die mannigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung, der Luxus macht sich mit neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch neue Thätigkeit in's Leben. Aus den fremden Erdtheilcn kamen die ver- schiedenen Gewürze massenhaft nach Europa uild fanden Eingang in die Küche des Bürgers und Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien, Blumen und Kräuter gesellten sich zu den europäischen, und endlich kamen auch Zucker, Kaffee und Tabak, welche in Verbindung mit den Gewürzen das physische Leben des Europäers wesentlich veränderten; die Küche Karls des Großen war einfacher bestellt als jetzt die eines mittelmäßigen Bürgers oder Bauers. Diese Veränderung trat allmählig, aber merkbar genug ein; Zucker, Kaffee und Tabak bewirkten schon Un- glaubliches, eine vollständige Umwälzung brachte aber in späterer Zeit die Einführung der Kartoffeln und der Baumwolle zu Stande. -

2. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 88

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
88 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. stand sich daher in jener Zeit wohl von selbst, daß er sich am Klerus er- holte und deßwegen zum „Evangelium" griff; aber er that es mit äußer- ster Behutsamkeit, denn er mißtraute dem Adel, der die Königsmacht nicht gehoben sehen wollte, und den Bauern, welche dem alten Glauben treu waren. Zuerst ließ er das „Evangelium" nur da und dort verkün- den, sorgte für eine Bibelübersetzung in das Schwedische und erst 1526 ließ er in Upsala disputieren. Den Hauptschlag führte er auf dem Reichstage von Westeräs 1527. Er erklärte, daß er nicht mehr König sein wolle; er habe genug gethan für das Land und wolle sein Vermögen nicht vollends ruinieren, denn die Krone habe keine Einkünfte, aber Ausgaben genug; auch Thränen standen ihm zu Gebote, als die Bürger und Bauern ihn baten, er möchte die Last der Königswürde noch länger tragen. Er aber entgegnete, daß er Bürger und Bauern nicht höher besteuern dürfe (von Besteuerung des Adels war keine Rede) und daß der Krone nur zu helfen sei, wenn ihr von dem großen Gute der Geistlichkeit nachgebessert werde. Als Bauern und Bürger dergestalt lediglich die Wahl zwischen neuen Steuern oder der Abdankung des Königs vor sich sahen, auf welche unfehlbar die alte Adelswirthschaft mit Dänenherrschaft und Bürgerkriegen gefolgt wäre, opferten sie die geistlichen Herren, welche sich um so weniger ernstlich zu wehren getrau- ten, als sie Christian Ii. unterstützt hatten. Den Herren vom Adel, welchen eine Abdankung des Königs, wenn sie je daran glaubten, nicht halb so leid, als den Bürgern und Bauern gewesen wäre, hielt er einen Köder vor: sie sollten die Kirchengüter, welche ihre Ahnen einst gestiftet hätten, wieder an sich nehmen, sofern sie ihre Ansprüche Nachweisen könn- ten. Dies wirkte; die Herren griffen zu und nahmen so viel an sich, daß der König ihnen spater wieder das meiste entreißen mußte und den Termin der Vergabung auf 1453 setzte; was seit dieser Zeit an die Kirche gestiftet worden war, das allein blieb den Adeligen. Gustav ließ bei seiner Reformation eine Art von Bischöfen bestehen, gab ihnen jedoch Konsistorien bei und machte sie von der Krone abhängig, so daß ein solcher Bischof sich von einem deutschen Superintendenten außer dem alten Namen nur dadurch unterschied, daß er ein Neichsstand war und auf dem Reichstage neben dem Adel saß. Daß die katholische Religion aufs strengste, bei Landesausweisung, verboten wurde, versteht sich von selbst (erst 1857 schlug der König den Reichsständen die Abschaffung der Landesverweisung vor); einige unfügsame Geistliche wurden hinge- richtet. Den Lübeckern bezahlte Gustav seine Schulden mit Kirchen- glocken, und zum Danke für ihre Unterstützung entzog er den Hanseaten ihre Handelsvortheile in Schweden und legte ihnen Zölle auf, während er den schwedischen Handel entfesselte; ebenso schloß er zu Schwedens Vortheil, aber zum großen Schaden der Hanseaten, einen Handelsver-

3. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 89

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Reformation in Schweden, Dänemark, Norwegen, Polen. 89 trag mit England und den Niederlanden. Im Jahre 1544 erklärten die Stände die Krone für erblich in seinem Hause und damit beginnt die merkwürdige Dynastie der Wasa, der nichts fehlte, als ein zahl- reicheres Volk, um Europa von Grund aus umzugestalten. Gustav starb im Jahre 1560. Ihm folgte sein Sohn Erich; von dessen Brüdern erhielt Johann Finnland, Magnus Oftgothland, Karl Südermanland als beinahe unab- hängige Statthalter, durch welche Einrichtung Gustav Wasa über sein Haus alle die Nebel brachte, welche die alten germanischen Dynastieen verheerten. Erich war ein leidenschaftlicher, Anfällen von Wahnsinn unterworfener Mann, welcher seinen Bruder Johann eine Zeit lang ge- fangen setzte. Dafür wurde er auf Befehl Johanns 1577 gefangen und ermordet; dieser folgte als Johann Iii. auf dem Throne und er- weiterte die Rechte des Adels, die Gustav Wasa geschmälert hatte. Sein Weib Katharina, der letzte Sprosse der polnischen Jagellonendynastie, gewann ihn halb und halb für die katholische Kirche, doch getraute er sich nicht alle Folgen eines Uebertritts zu wagen, und verlangte von Rom allzu große Zugeständnisse; 1583 wurde er wieder zurückhaltender und blieb bei seinem väterlichen Glauben bis an seinen Tod (1592). Auf ihn folgte sein Sohn Sigismund, der zugleich König von Polen und katholisch war; er blieb in Polen, während sein Oheim Karl von Südermanland als schwedischer Regent in seinem Namen fungieren sollte. Dieser trachtete aber nach der Krone und während Sigismund sich auf den Adel stützte, wandte sich Karl an den Bürger- und Bauern- stand und trat als Beschützer des Lutherthums auf. Auf dem Reichstag von Upsala 1593 setzte Karl einen Beschluß durch, dem zufolge die Ab- änderungen, welche Johann Iii. während seiner katholisierenden Periode im Gottesdienste getroffen hatte, und anderes dergleichen wieder abge- schafft wurde; ebenso traf den katholischen Kultus wieder ein strenges Verbot. Sigismund wollte diese Beschlüsse anfangs nicht anerkennen, mußte sich aber doch dazu verstehen; dafür vermehrte er die Vorrechte des Adels und setzte Statthalter mit sehr weiten Vollmachten ein. Da- gegen wehrte sich Karl durch den Bürger- und Bauernstand und ließ die Katholiken mit Stockschlägen bekehren oder ans dem Lande jagen. Als die lutherischen Bischöfe, namentlich der von Upsala, einen Geist des Widerspruchs äußerten, bannte er ihn mit dem Spruche: „ich will lieber den Papst als den Erzbischof von Upsala als Papst." Auf dem Reichstage von Arboga zwang er Adel und Geistlichkeit durch die Bauern und Bürger zum Nachgeben; von dieser Partei flüchteten nun viele zu dem Könige Sigismund von Polen und forderten ihn auf, nach Schwe- den zu kommen, um dem Bauernkönigthum sammt dem Lutherthum ein Ende zu machen. Doch Sigismund war nicht der Mann, der es mit

4. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 441

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Rußland. 441 der Menschenverlust wurde um so mehr empfunden, als die Bevölkerung des Reichs ohnehin eine dünne ist, und die finanziellen Kräfte waren so abgespannt, daß sie allein schon den Frieden als das einzige Heilmittel rathsam machten. Unter Alerander ruhten daher von 1815 bis 1825 die russischen Waffen und die seit Peter I. traditionelle russische Politik zeigte sich während dieses Decenniums nur dadurch, daß 1824 die Nord- westküste von Amerika zum großen Aergeruisse der Briten und Nord- amerikaner förmlich in Besitz genommen wurde; wie das Augenmerk der russischen Herrscher unverrückt gegen Centralasien schaut, bewies die Ge- schicklichkeit, mit der im gleichen Jahre 7 kirgisische und kalmückische Hor- den sich dem chinesischen Reiche entziehen und zu russischen Schützlingen machen ließen. Für den Ackerbau sorgte der Kaiser, insoweit dies über- haupt ein Fürst thun kann, in dessen Lande die Mehrzahl der Bauern Leibeigene sind. Den Ausfuhrhandel mit den Erzeugnissen des Acker- baues, der Viehzucht, der Jagd, des Fischfangs, des Bergbaues (Hanf, Lein, Talg, Häute, Pelzwerk, Hausenblase, Kaviar, Holz, Theer, Kupfer), beförderte er durch weise Gesetze; die Industrie, die den Bedürfnissen Rußlands bei weitem nicht genügte, versuchte er bereits durch die un- mittelbare Betheiligung des Staats zu heben, indem er z. B. Wollen- tuchfabriken auf Regierungskosten anlegte. Erst 1823 jedoch wurde durch den Finanzminister Kankrin (einen Deutschen aus Hanau) das System der russischen Handelspolitik in seinen Grundzügen aufgestellt, das jetzt vollendet dasteht: Ausschließung jedes fremden Fabrikats, dessen Erzeu- gung in Rußland nur irgendwie möglich ist; Herstellung einer einheimi- schen Industrie nicht allein durch diese Sperre gegen das Ausland, son- dern nöthigenfalls dadurch, daß aus den Leibeigenen Arbeiter für die Fabriken wie Rekruten ausgehoben, gedrillt und eingetheilt werden; Ver- schließung des alten Handelswegs nach Centralasien über Kolchis und das kaspische Meer für alle nichtrussischen Maaren. Dadurch strebte Ruß- land sein ungeheueres Gebiet der Abhängigkeit von fremder Industrie zu entziehen, wie es auch andererseits als eine eigene Welt dastehen und dem, was man in dem andern Europa den Zeitgeist zu nennen pflegt, keine Opfergaben oder Tribute darbringen wollte. Anfangs gehörte Ale- rander selbst der liberalen Richtung an (das beweisen die finnländische und polnische Verfassung, die Manifeste im Kriege von 1812—15 re.), er entzog ihr jedoch bald seine Gunst. Er gründete allerdings 5 Uni- versitäten, 50 Gymnasien, 100 Kreis- und mehrere tausend Volksschulen, aber er ließ den öffentlichen Unterricht streng überwachen und führte eine scharfe Censur ein, Maßregeln, die unter seinem Nachfolger bis zur äußersten Konsequenz ausgebildet wurden, so daß der Umfang des Wis- sens jedem Russen der unteren Stände genau zugemessen ist. Religiö- sen Bewegungen und Differenzen wurde er schon 1816 sehr abhold; in

5. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 485

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Polen russische Provinz. 485 seiner Flanke wieder über die Weichsel gegangen, den General Kreutz und den Prinzen Adam von Württemberg wiederholt geschlagen und hinter Lublin zurückgetrieben hatte. Ein starkes Korps, das der Feld- marschall entsandte, nöthigte den kühnen Polen unter den Wällen von Zamosk die Gelegenheit zu einem neuen Hervorbrechen abzuwarten, während Diebitsch mit der Hauptmacht sich auf Plock wandte, um dort den Uebergang über die Weichsel zu bewerkstelligen. Praga beobachteten die Generale Geismar und Rosen mit etwa 25,000 Mann in vor- theilhaften Stellungen bei Wawer und Dembie Wielkie, sie wurden aber am 31. März von Skrzynecki angegriffen und vollständig geschlagen; über 10,000 Gefangene, 3 Fahnen, 16 Kanonen kostete die Russen dieser Ueberfall, durch den das Centrum der russischen Armee durch- brochen war, so daß Diebitsch sie bei Siedlce koncentrieren mußte, worauf Skrzynecki wieder auf Praga zurückging. Diese Erfolge der polnischen Waffen wurden in Deutschland und Frankreich mit Jubel begrüßt, obwohl sie nur den Todeskampf der un- glücklichen Nation verlängerten; zu gleicher Zeit aber erfüllte die Nach- richt, daß die Cholera auf dem Kriegsschauplätze erschienen sei und Polen wie Russen ohne Unterschied hinwegraffe, die Gemüther mit einer bisher nicht bekannten Angst, da man im centralen und westlichen Eu- ropa von dem „Weltsterben" und „schwarzen Tode" in früheren Jahr- hunderten nur aus Geschichte und Sage wußte, gegen Pest und gelbes Fieber, aber sich durch die Quarantänen geschützt glaubte. Die Cholera zeigte sich zum erstenmale in dem Gangesdelta und auf den Molukken 1817 epidemisch und begann von dort zu Wasser und zu Lande die Reise um die Welt. Im Jahre 1820 war sie in China, 1821 in Ara- bien, Persien, Bagdad, von 1823 an verwüstete sie Mesopotamien, Sy- rien, Kypern, Astrachan und kam 1830 nach Moskau; 1831 erschien sie in Archangel, Abo, Petersburg, Odessa, Jassy, in Warschau und anderen polnischen Städten und während sie westwärts Wien, Berlin, Hamburg, Hannover und London wie im Fluge erreichte, machte sie auch südwärts einen Ausfall und füllte Aegypten, sonst das Lieblingsland der Pest, mit Leichen. Man hörte im Herbste 1830, als die Revolution in vollem Zuge zu sein schien, oft an die Worte Mirabeaus als an prophetische erinnern: „die Revolution hat ihren Lauf begonnen und sie wird die ganze Welt durchwandern", 1831 im April durfte man dazu setzen: „und der Schatten des Todes begleitet sie und lagert sich über die Mensch- heit, so daß ihr Herzblut zu stocken droht." Die Polen setzten ihre Hoffnung auf einen allgemeinen Aufstand, der in den ehemals polnischen, seit 1772 und 1793 abgerissenen Pro- vinzen: Lithauen, Samogitien, Volhynien und Podolien ausbrechen und die Verbindung der an der Weichsel operierenden russischen Armee mit

6. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 586

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
586 Die Zeit von 1815 bis 1857. noch schlimmer kommen. Die Bevölkerung des von der Natur außer- ordentlich gesegneten Ländchens war zur Hälfte katholisch, zur Hälfte protestantisch, jedoch so, daß der letztere Theil um etwa 5000 Seelen überwog; die Verfassung hatte deßwegen vollständige Parität bestimmt, so daß in allen Landesbehörden beide Theile gleich repräsentiert waren. Bei Gelegenheit der Revision machte sich eine doppelte Agitation geltend; auf katholischer Seite verlangte man Sicherstellung der konfessionellen Rechte, namentlich in Betreff der Verwaltung des Kirchenguts, des Un- terrichtswesens u. s. w., dagegen wollte der protestantische Theil gerade hierin nichts geändert wissen und stimmte mit den Katholiken nur darin überein, daß er eine demokratische Erweiterung der Volksrechte verlangte. Daran hatte aber der Große Rath kein Wohlgefallen und daher kam es, daß die von ihm vorgelegte neue Verfassung am 5. Oktober 1840 bei der Volksabstimmung mit 23,095 Stimmen gegen 3171 verworfen wurde. Der Große Rath versammelte sich sogleich wieder und brachte in sehr kurzer Frist eine neue Verfassung zu Stande, in welcher die Parität der konfessionellen Vertretung wegfiel, indem die Mehrzahl der katholischen Repräsentanten gegen dieselbe stimmte und nur zwei einläßlich für die- selbe zu sprechen wagten. Am 5. Januar 1841 ging die Volksabstim- mung in Ruhe und Ordnung vor sich und ergab: in den reformierten Bezirken Aarau, Brugg, Kulm, Lenzburg und Zofingen nahm die über- wiegende Mehrheit an, in den katholischen: Baden, Bremgarten, Laufen- burg, Rheinfelden und Muri verwarf sie; da aber die radikalen Katho- liken zahlreicher für die neue Verfassung als die konservativen Protestanten gegen sie stimmten, so zählten die Annehmenden 15,336, die Verwerfen- den 11,454 Stimmen. Dadurch wurde klar: 1. daß die katholischen Großräthe nicht im Sinne des katholischen Volks gestimmt hatten, 2. daß die neue Verfassung dem katholischen Volke nur aufgezwungen wer- den könne, 3. daß der protestantische Aargau dies nur mit der Hilfe radikaler Nachbarkantone auözuführen vermöge. Die aargauische Regie- rung schritt nun nach dem Muster von Solothurn vor, wozu sie beson- ders von dem Regierungsrath Waller, einem Katholiken und radikalen Fanatiker, gespornt wurde. Die Häupter des Komites von Bünzen, das während der Revisionsbewegung für die Parität gearbeitet, aber auch nicht einen ungesetzlichen Schritt gethan hatte, sollten mit Hilfe der Gensdarmerie und der radikalen Schutzvereine verhaftet werden. Dies geschah am 10. Januar morgens an einem Sonntage zu Bremgarten und Muri, an welchen Ort Waller auf sein eigenes Begehren als Ne- gierungskommissär geschickt wurde. Wegen dieser Verhaftungen rottete sich das Volk zusammen, befreite die Gefangenen und sperrte Waller sammt den Gensdarmen ein, aber schon am 11. rückten die von der Re- gierung aufgebotenen Milizen aus den protestantischen Landestheilen ein,

7. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 588

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
588 Die Zeit von 1815 bis 1857. Gericht zu stellen, sondern sie zu beschimpfen und zu pensionieren; es war gegen alles Recht, die Mitglieder einer Korporation anzuklagen, sie nicht zu strafen, aber die Korporation aufzuheben und ihr Gut wegzu- nehmen; die Aufhebung der Klöster schlug endlich das eidgenössische Bun- desrecht ins Gesicht, indem §. 12 der Bundesakte ausdrücklich den Be- stand der Klöster und Stifte verbürgte. Die katholischen Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Fr ei bürg protestierten alsbald energisch gegen die Gewaltthat, Neuen bürg sprach sich in gleicher Weise aus, St. Gallen erklärte sich ebenfalls in diesem Sinne und der Vor- ort Zürich mußte auf das Begehren der sechs ersten Stände eine außer- ordentliche Tagsatzung einberufen, die einzelnen Kantone also ihren Ge- sandten die nothwendigen Instruktionen in der Klosterfrage ertheilen, was das Feuer der Zwietracht in der ganzen Schweiz aufs neue anfachte. Die Tagsatzung kam 1841 den 15. März in dem Vororte Bern zusammen, dessen Schultheiß Neuhaus sie mit einer gespreizten Rede in franzö- sischer Sprache eröffnete. Dieser Neuhaus war ein geborner Vieler, hatte die Handlung erlernt und war lange in Frankreich beschäftigt ge- wesen, woher er den angebornen protestantischen Haß gegen die Klöster mit philosophischem Franzosenthum verquickt in die Schweiz zurückbrachte. Seit dem Zahre 1830 war er in die politische Laufbahn eingerückt, war 1831 Sekretär des Verfassungsraths, hierauf Vorstand des Departements des Erziehungswesens und wurde, als die radikale Partei in Bern das Uebergewicht erhielt, Schultheiß und so Präsident der Tagsatzung. Er hatte der Solothurner Negierung bei der Verfassungsrevision den Ge- fallen gethan und Bataillone an die Gränze geschickt (von nichts sprach er lieber als von Berns 30,000 Bajonetten), hatte das Freienamt er- drücken helfen und der aargauischen Regierung die bestimmte Versicherung gegeben, daß sie auf die Unterstützung Berns unter allen Umständen rechnen dürfe. Schon in seiner französischen Eröffnungsrede zeigte er seine radikale Gewaltthätigkeit und Sophisterei, indem er dem Artikel 12 der Bundesakte den Artikel 1 gegenüber stellte, der jedem Kanton seinen unversehrten Bestand garantierte; Aargau aber könne allein entscheiden, ob der Bestand der Klöster mit dem Bestand des Kantons vereinbarlich sei und bei dem Urtheil des Aargaus werde es die Tagsatzung bewen- den lassen. So beutete damals der Radikalismus die Käntonalsouve- ränität aus, die er sonst als eine Duelle des nationalen Unheils an- klagte; die Tagsatzung jedoch ging nicht darauf ein, sondern erklärte mit Stimmenmehrheit (zu der die reformierten Stände Zürich, Schass- hausen, Waadt, Neuenburg, Baselstadt, die paritätischen St. Gallen, Glarus und Graubünden, nicht aber die katholischen Luzern und Solo- thurn gehörten), Aargau möge wegen seines Dekrets, die Klosteraufhe- bung betreffend, noch einmal eintreten und dem Bunde Genüge thun,

8. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 702

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
702 Die Zeit von 1815 bis 1857. Behagen spielen lassen mußte; als ob eine Beeinträchtigung Preußens, der zweiten deutschen Macht, Deutschland anders als nachtheilig werden könnte! Zweiunddreißigstes Kapitel. Rußland und England in Asien. Englisch-persischer Krieg (Koo. 1856 bis März 1857). Sogleich nach dem Pariser Frieden begann zwischen Napoleon Iii. und Alexander Ii. ein derartiger Austausch von Zeichen freundlicher An- näherung, daß man gerne oder ungerne an Napoleons I. und Alexan- ders I. Verbindung nach dem Frieden von Tilsit erinnert wird, wogegen England Rußland gegenüber eine kalte und stolze Haltung beobachtet. Frankreich ist eben nur eine europäische Großmacht, die von Rußland nie unmittelbar bedroht werden kann, so lange Deutschland zwischen bei- den neutral bleibt, England und Rußland aber sind nicht allein euro- päische Großmächte, sondern zugleich Weltmächte, die sich in Asten zu begegnen drohen, wo beide sich mehr und mehr ausbreiten. Bei Ruß- land geschieht dies so in aller Stille, daß die Kunde von seinen Erfol- gen oft erst nach Jahren Europa durchdringt. So wissen wir z. B. erst seit kurzer Zeit, daß die russischen militärischen Niederlassungen am Ja- rartes (Sir Darja, Schon) immer weiter Hinaufrücken und daß 1854 das Heer des Chans von Kokand von einem schwachen russischen Korps gänzlich geschlagen wurde; wie lange wird es noch währen, bis das ganze Flußgebiet des Jarartes dem russischen Reiche einverleibt ist? Aehnlich glaubte man noch vor zwei Jahren, das chinesische Reich sei in neuester Zeit nur von den Engländern gerupft worden, als aber ein französisch-englisches Geschwader 1855 die russischen Schiffe in den Mee- ren von Ochotzk und Japan aufsuchte, fand es auf dem südlichen Ufer der Mündung des Amurstromes eine russische Festung Nikolasewsk, noch weiter südlich zwei russische Forts und endlich an der Kastriesbai die rus- sische Festung Alerandrowsk, welcher das Geschwader nichts anhaben konnte. Jetzt erst wurde allgemein bekannt, daß die ganze nördliche Mandschurei bis zum Amur, selbst beträchtliche Landstriche auf dem süd- lichen Stromufer dem chinesischen Reiche (wahrscheinlich von 1844 bis 1852) abhanden und an das russische gekommen waren. Bereits liegt eine russische Flottille in dem Strome, russische Festungen und Kolonieen sichern den Besitz des neu erworbenen Landes, das trotz seines ftrengern Winters die ganze Fauna und Vegetation des gemäßigten Europa hegt. Rußland kolonisiert das eroberte Land, macht es also zu einem wirkli-

9. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 28

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
28 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re. fremd waren sie in der Kirche geworden! Die Stadt entschied sich nnn für die Reformation, die Kirchen wurden geräumt, die Orgeln ver- stummten, und jetzt galt auch in der Schweiz der Grundsatz, daß die Religion des Landesherrn die Landesreligion sein müsse.' Dies erfuhren die Leute des Oberhaslithales zuerst; sie hatten sich für die neue Lehre entschieden, weil sie dadurch des Klosters Jnterlachen und ihrer Leistungen an dasselbe loswerden wollten; als nun Bern zwar das Kloster auf- hob, aber jetzt für den Staat forderte, was sonst dem Kloster zugekom- men war, wollten die Leute wieder katholisch werden und riefen die Unterwaldner zu Hilfe. Diese getrauten sich aber nicht gegen die von Bern abgeschickte Mannschaft Stand zu halten und kehrten heim, worauf die Oberhasler sowohl bei dem „Evangelium" als bei den alten Abgaben ausharren lernten. Bald darauf verbanden sich Unterwalden, Uri, Schwyz und Zug mit einander und später mit dem Bruder des Kai- sers, dem Könige Ferdinand, daher dieses Bündniß das ferdinan- dische hieß; die reformierten Stände aber schloßen ein evangelisches Bündniß und hatten ihren Rückhalt an dem Könige von Frank- reich. Dies geschah 1528; im gleichen Jahre enthaupteten die Züricher einen thurgauischen Katholiken, der Schmähreden ausgestoßen hatte, und die Schwyzer fingen und verbrannten den Prediger Kaiser, der in ihrer Vogtei Gaster aufgetreten war. Darauf zogen beide Theile zum Kriege aus; da jedoch die Katholiken viel schwächer waren, so waren sie froh, daß durch den Landamman Aebli von Glarus ein Friede vermittelt wurde; sie mußten den ferdinandischen Bundesbrief herausgeben und ver- brennen lassen, auch einwilligen, daß in den Gemeinden der gemeinschaft- lichen Vogteien das Handmehr über die herrschende Religion entschied; denn daß beide neben einander geduldet wurden, davon war hier so wenig als irgendwo Rede. Im Oktober 1529 disputierten Zwingli und Oekolampadius mit Luther wegen des Abendmahls zu Marburg; Zwingli wich nämlich noch weiter von der Kirchenlehre als Luther ab und sah in Brot und Wein nur Zeichen. Luther konnte ihn nicht überzeugen und man versprach sich nur gegenseitigen Waffenstillstand, was aber Luther nicht hinderte, gegen „die schweizerische Verdammniß" zu donnern und Zwinglis Lehre eine durch-, ver-, über- und eingeteufelte zu nennen. Der erste Religionskrieg. Schlacht bei Lappet (11. C)kt. 1531). Der Kappel er Friede, von dem Zwingli eifrig abgerathen hatte, war von kurzer Dauer; die Reformierten hoben in den gemeinschaft- lichen Vogteien die Klöster einseitig auf, Zürich und Glarus aber, die

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 29

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Schlacht bei Kappel. 29 mit Luzern und Schwyz Schirmorte des Stifts St. Gallen waren, ver- kauften dasselbe um ein Spottgeld an die Stadt St. Gallen. Die ka- tholischen Kantone protestierten und wurden nicht gehört, man forderte im Gegentheile von ihnen, sie sollen auch in ihrem Lande das Evange- lium frei predigen und Disputationen abhalten lassen. Das wollten diese nicht; Zwingli rieth zu raschem Kriege (seine kriegerischen Ent- würfe sind noch handschriftlich auf dem Züricher Nathhause erhalten), Bern und Zürich wollten aber die Hirtenkantone allmählig mürbe machen und sperrten ihnen die Zufuhr an Korn und Salz. Vergebens predigte Zwingli, daß sie dadurch nur den Krieg später herbeiführten; hätten sie das Recht die Bergkantone auszuhungern, so hätten sie auch das Recht sie zu bekriegen, und jetzt sei der Zeitpunkt günstiger als im Herbste, jetzt könne man den kleinen Kantonen nehmen, was sie zu viel Recht hätten. Die Städte blieben bei ihrer Sperre, und als die Hirten im Herbste mit ihrem Vieh von den Alpen gefahren waren, rückten sie mit ihren Bannern aus und sandten Zürich den Absagebrief. Die Züricher zogen ihnen über den Albis entgegen auf die Hochebene bei Kappel, ohne Ordnung und Begeisterung, auch der Zahl nach viel schwächer. Dennoch ließen sie sich in ein Treffen ein; „druckend tapfer nach, ihr alten Christen," scholl es aus dem Schlachthaufen der Bergleute, und die Züricher wurden mit einem Verluste von mehr als 400 Bürgern in die Flucht getrieben. Auch Zwingli blieb auf dem Schlachtfelde; er lag schwer verwundet auf dem Gesichte (wie die Augenzeugen melden), als ihn die feindlichen Krieger auffanden und fragten, ob er beichten wolle; er schüttelte mit dem Kopfe und wurde von einem Unterwaldner durch- stochen, sein Leichnam aber zerrissen und verbrannt. Nach dieser Niederlage kamen die Berner und reformierten Landschaften den Zürchern zu Hilfe und standen den Katholischen bei Baar unweit Zug mit großer Ueber- macht gegenüber. Diese überfielen aber (21. Oktober) eine Heeresabthei- lung nächtlicher Weile auf der Höhe des Gubels und rieben sie auf. Nun wurde abermals ein Friede geschlossen, denn das unzufriedene Land- volk zwang Zürich und Bern hiezu, in welchem die Städte versprechen mußten, die Katholiken „bei ihrem wahren christlichen Glauben unarguiert und undisputiert zu lassen", die einseitig aufgehobenen Klöster wieder- herzustellen und in den gemeinsamen Vogteien den Unterthanen die freie Wahl des Glaubens zu gestatten. Jetzt wurde Solothurn wieder ka- tholisch, ebenso viele Leute in den gemeinschaftlichen Vogteien, die Klöster wurden in diesen wieder hergestellt, und der Abt von St. Gallen durfte wieder in sein halbzerstörtes Stift zurückkehren. Dieser Kappeler Friede bezeichnet den Stillstand der Reformation in der deutschen Schweiz.
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