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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 100

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
100 Das heilige römische Reich deutscher Nation. Fünftes Kapitel. Die Waräger. Gründung des russischen Reichs durch Rurik (862). Die slavischen Ostseeküsten sind gewiß als die nächstgelegenen frem- den oder, was für die Normannen gleichbedeutend war, feindlichen Länder schon frühe durch die Wickinger heimgesucht worden, aber be- stimmte Nachrichten haben wir darüber keine. Diese ostwärts fahrenden Wickinger wurden Waräger (Kriegsleute, Söldner) genannt und den- selben Namen gaben auch die Griechen den Normannen, welche in der Leibwache des byzantinischen Kaisers dienten (Barangoi). Die slavischen und finnischen Stämme am Wolchow (wo schon Nowgorod stand) und an der obern Wolga riefen (also lautet die sagenhafte Erzählung), gegen ihre normannischen Bedränger^andere Normannen zu Hilfe, den Stamm der Noß oder Nüssen (den man mit den germanischen Rorolanen, die als ein Bestandtheil des großen, von den Hunnen zerstörten Gothenreichs genannt werden, in Verbindung bringen will) zu Hilfe, und erwählten die drei Brüder Rurik, Truwor und Sineus zu Fürsten; Rurik ver- einigte nach dem Tode seiner Brüder deren Gebiete mit dem seinigen und residierte zu Nowgorod am Ilmensee. So entstand das Großfür- stenthum Rußland, wobei jedenfalls, mag der Sage wenig oder viel Thatsächliches zu Grunde liegen, eine Mischung skandinavischer Elemente mit slavischen und finnischen statt fand. Oskold und Dir, zwei andere Häuptlinge der Waräger, entrissen 863 den Chazaren Kiew und grün- deten dort ein eigenes Fürstenthum, 866 aber fuhren sie mit 200 Schiffen den Dniepr hinunter in das schwarze Meer und erschienen Plötzlich vor Konstantinopel; ein Sturm zerstreute oder zerstörte ihre Schiffe und die übriggebliebenen Wagehälse machten'sich wieder auf den Heimweg nach Kiew. Während der Minderjährigkeit von Ruriks Sohn Igor regierte Oleg (879 — 912), der Kiew eroberte, die Chazaren zurückdrängte, mit einer zahlreichen Flotte die Küsten des schwarzen Meeres plünderte und die Ungarn zurückschlug; Igor (912 — 944) zwang nach russischen Berichten durch drei Kriege den byzantinischen Kaiser zur Tributzahlung. Nach seinem Tode regierte seine Wittwe Olga (945—965) kräftig und weise; sie war dem Christenthum geneigt und reiste nach Konstantinopel, wo sie sich taufen ließ. Dagegen blieb ihr Sohn Swätoslaw (965 — 973) Heide und erfüllte das östliche Europa mit dem Schrecken seiner Waffen; er unterwarf die Chazaren bis an den Iaik (Uralfluß), die türkischen Stämme der Kassogen und Fassen zwischen dem asow'schen und kaspi- schen Meere, einen Theil der Bulgaren, und wurde von dem byzantini- schen Kaiser Johannes Tsimiszes 971 bei Silistria mit Mühe zurück-

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 36

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
36 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. seen, Esthen, Tschuden und Woten am baltischen Meere, Wessen, Mu- ränen, Mordwinen w. im Norden des heutigen europäischen Rußlands, zu beiden Seiten des nördlichen Ural die Ungarn) sitzen von der Mündung der Düna bis zum Ural; außer den Ungarn gelangt aber keiner zu einer größeren geschichtlichen Bedeutung. Die zahlreichen Stämme dieser Völkergruppe, welche neben der germanischen und romanischen ein Hauptelement der Bevölkerung des heutigen Europa bildet und von den Alten unter dem Namen Sar- maten wenigstens theilweise begriffen wurde, erscheinen im 4. Jahr- hundert in Bewegung, also gleichzeitig mit den germanischen Stämmen, denen sie sich theils anschließen, theils nachrücken. Ihr gemeinschaft- licher Name Slaven wird von Slowo, Wort, abgeleitet und bedeutet somit Menschen von einerlei Sprache; sietheilten sich in drei Hauptstämme: Wenden, die westlichen, Slowenen, die mittleren, und Anten, die öst- lichen Slaven. Die Züge der wandernden slavischen Stämme lassen sich ebensowenig vollständig Nachweisen, als die der germanischen Stämme. Am Schluffe des 6. Jahrhunderts haben sich die Tschechen in Böhmen festgesetzt und die germanische Bevölkerung hinausgeworfen oder an die Gebirgsränder des Landes gedrängt; die Sorben sind noch weiter im alten Germanien vorgerückt und wohnen vom oberen Main und der Saale bis an die mittlere Elbe und Spree; von der unteren Weichsel bis an die untere Elbe treffen wir die wendischen Stämme der Pommern, Wilzen und Obotriten; von der Weichselmündung bis zum Niemen die Preußen; landeinwärts von diesen die Ljächen (Polen) und die Li thau er, einen den Slaven verwandten eigenthüm- lichen Stamm, dessen Sprache dem Sanskrit näher steht als die andern slavischen. Die Mähren dehnen sich über das von ihnen benannte Land sowie über einen Theil Galiziens und Oberungarns aus, von wo sich die Chrowaten (Kroaten) an die Save und das adriatische Meer wandten, während sich die Serben östlich von ihnen festsetzten und in einzelnen Schaaren durch die ganze Halbinsel des Hämus bis in den Peloponnes ausbreiteten; die den Kroaten zunächst stehenden Slowenzen (Winden) besetzten Steyermark, Kärnthen und Krain. Alle slavischen Stämme hatten bereits die ersten Stufen zur Civilisation überschritten, liebten Ackerbau und Viehzucht, besaßen einen eigenen Göt- terkult, zeigten heiteren Sinn und kriegerische Tapferkeit, bewiesen aber die ausdauernde und schaffende Thätigkeit nicht, durch welche sich die Griechen, Römer und Germanen auszeichneten. Slaven.

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 101

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Ungarn. Arpad. 101 getrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Sein Sohn Wladimir I., der Große oder Apostelgleiche (973 — 1015), erkämpfte sich gegen seine Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das byzantinische Reich, schloß aber mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna; 988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und be- wies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war. Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war aber bereits in dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wie- derholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte fort, was die russische Macht, die in ihren Anfängen so furchtbar aufge- treten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die Geschicke Europas im Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr ausübte; auch die Keime der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhun- derte durch die Mongolen beinahe vernichtet. Die Ungarn. Arpad (888-9v7). Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmälig am Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren gezogen und wurde von den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren, nach welchem sich das ganze Volk nannte, angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahrhun- derts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren beherrschten, und sich des ganzen Landes von der Raab bis zur Aluta bemächtigte. Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden er- losch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zertrümmerte das großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Naubzug, und als dieser vortrefflich gelang, kamen sie fast jedes Jahr regelmäßig wieder und verwüsteten Deutschland bis Bremen, Basel und Metz; ebenso wenig verschonten sie Oberitalien, wo sie 900 an der Brenta das Heer Be- rengars von Friaul aufrieben. Man nannte sie damals Hunnen, weil sie denselben an Wildheit und Häßlichkeit ungefähr gleich waren und wie jene nur zu Pferde fochten. Wie alle Wilden und Halbwilden be-

4. Geschichte des Mittelalters - S. 110

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
110 Das heilige römische Reich deutscher Nation. Fünftes Kapitel. Dir Waräger. Gründung des russischen Reichs durch Rurik (862). Die slavischen und finnischen Ostseeküsten sind gewiß als die nächst- gelegenen fremden oder, was für die Normannen gleichbedeutend war, feindlichen Länder schon frühe durch die Wickinger heimgesucht worden, aber bestimmte Nachrichten haben wir darüber keine. Diese ostwärts fahrenden Wickinger wurden Waräger (Kricgsleute, Söldner) genannt und denselben Namen gaben auch die Griechen den Normannen, welche in der Leibwache des byzantinischen Kaisers dienten (Barangoi). Die slavischen und finnischen Stämme am Wolchow (wo schon Nowgorod stand) und an der obern Wolga riefen (also lautet die sagenhafte Erzählung) gegen ihre normannischen Bedränger andere Normannen, den Stamm der Roß oder Russen (den man mit den germanischen Norolanen, die als ein Bestandtheil des großen von den Hunnen zer- störten Gothenreichs genannt werden, in Verbindung bringen will) zu Hilfe, und erwählten die drei Brüder Rurik, Truwor und Sineus zu Fürsten; Rurik vereinigte nach dem Tode seiner Brüder deren Gebiete mit dem seinigen und refidierte zu Nowgorod am Ilmensee. So ent- stand das Großfürstenthum Rußland, wobei jedenfalls, mag der Sage wenig oder viel Thatsachliches zu Grunde liegen, eine Mischung skandi- navischer Elemente mit slavischen und finnischen stattfand. Oskold und Dir, zwei andere Häuptlinge der Waräger, entrissen 863 den Chazaren Kiew und gründeten dort ein eigenes Fürstenthum, 866 aber fuhren sie mit 200 Schiffen den Dniepr hinunter in das schwarze Meer und er- schienen plötzlich vor Konstantinopel; ein Sturm zerstreute oder zerstörte ihre Schiffe und die übriggeblicbenen Wagehälse machten sich wieder auf den Heimweg nach Kiew. Olga (945-965). Während der Minderjährigkeit von Ruriks Sohn Igor regierte Oleg (879—912), der Kiew eroberte, die Chazaren zurückdrängte, mit einer zahlreichen Flotte die Küsten des schwarzen Meeres plünderte und die Ungarn zurückschlug; Igor (912—944) zwang nach russischen Be- richten durch drei Kriege den byzantinischen Kaiser zur Tributzahlung. Nach seinem Tode regierte seine Wittwe Olga (945—965) kräftig und weise; sie war dem Christenthum geneigt und reiste nach Konstantinopel, wo sie sich taufen ließ. Swätoslaw (965—973). Dagegen blieb ihr Sohn Swätoslaw (965—973) Heide und er- füllte das östliche Europa mit dem Schrecken seiner Waffen; er unter-

5. Geschichte des Mittelalters - S. 111

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Ungarn. Arpad. 111 warf die Chazaren bis an den Iaik (Uralfluß), die türkischen Stämme der Kassogen und Jassen zwischen dem asowschen und kaspischen Meere, einen Theil der Bulgaren, und wurde von dem byzantinischen Kaiser Johannes Tsimiszes 971 bei Silistria mit Mühe zurückgetrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Wladimir der Große (973—1015). Theilung des Reichs. Sein Sohn Wladimir I., der Große oder Apostelgleiche (973—1015), erkämpfte sich gegen seine Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das by- zantinische Reich, schloß aber mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna; 988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und bewies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war. Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war aber bereits Ln dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wiederholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte fort, was die russische Macht, die in ihren An- fängen so furchtbar aufgetreten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die . Geschicke Europas im Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr aus- übte; auch die Keime der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhunderte durch die Mongolen beinahe vernichtet. Die Ungarn. Ärpal, (838—907). Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmählig um Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren ge- zogen und wurde vdn den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren (vgl. oben S. 41) angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahr- hunderts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren be- herrschten, und sich des ganzen Landes von der Aluta bis zur Raab bemächtigte. Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden erlosch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zer- trümmerte das großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Raub-

6. Geschichte des Mittelalters - S. 360

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
360 Europa der dominierende Erdiheil. legen, daß es eines dreißigjährigen Krieges bedurfte, um den National- wohlstand zu ruinieren. Europa der dominierende Erdtheil. Mit dem Seewege nach Ostindien und der Entdeckung Amerikas beginnt die Herrschaft Europas über die andern Erdtheile. Europa ver- mittelte seitdem den Verkehr des ganzen Menschengeschlechtes (erst in unseren Tagen tritt Nordamerika mit Macht als Nebenbuhler auf) und damit beginnt für die Völker Asiens, Amerikas und Afrikas eine neue Zeit; sie werden Europa genähert und können sich seiner Einwirkung in ihr innerstes Leben nicht länger mehr entziehen. Portugiesen und Spanier gründen ungeheure Kolonialreiche; ganze Ströme europäischer Bevölkerung ergießen sich nach Amerika und legen den Grund zu einer neuen europäischen Welt, während Ostindien wenigstens tributpflichtig wird und große Ansiedelungen so fest gegründet werden, daß sie keiner asiatischen Macht mehr unterliegen können. Der europäische Handel wird zum Welthandel und Europa zum reichsten Erdtheile. Denn nun erschließt auch Amerika aus seinem Schooße eine Masse edler Metalle, welche über den Ocean nach Europa wandern, daselbst Handel, Gewerbe beleben und eine Lebensweise schaffen, von der die Vorfahren keine Ahnung besaßen. Von der Masse des über den Ocean gebrachten edlen Metalls kann man sich einen Begriff machen, wenn Aler. v. Humboldt angibt, daß das spanische Amerika bis 18l 3 an Silber 5940 Mill. spanische Piaster lieferte, was eine Silberkugel von 83,7 Fuß Durchmesser gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem an- dern Amerika, Asien und Afrika nur das Doppelte an edlem Metalle nach Europa gekommen ist, so dürfen wir die ungeheure Summe von 30 Milliarden rechnen, und haben sie jedenfalls noch zu nieder angeschlagen. Viel Geld erzeugt aber auch viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt blei- den, es setzt darum die mannigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung, der Luxus macht sich mit neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch neue Thätigkeit in's Leben. Aus den fremden Erdtheilcn kamen die ver- schiedenen Gewürze massenhaft nach Europa uild fanden Eingang in die Küche des Bürgers und Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien, Blumen und Kräuter gesellten sich zu den europäischen, und endlich kamen auch Zucker, Kaffee und Tabak, welche in Verbindung mit den Gewürzen das physische Leben des Europäers wesentlich veränderten; die Küche Karls des Großen war einfacher bestellt als jetzt die eines mittelmäßigen Bürgers oder Bauers. Diese Veränderung trat allmählig, aber merkbar genug ein; Zucker, Kaffee und Tabak bewirkten schon Un- glaubliches, eine vollständige Umwälzung brachte aber in späterer Zeit die Einführung der Kartoffeln und der Baumwolle zu Stande. -

7. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 88

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
88 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. stand sich daher in jener Zeit wohl von selbst, daß er sich am Klerus er- holte und deßwegen zum „Evangelium" griff; aber er that es mit äußer- ster Behutsamkeit, denn er mißtraute dem Adel, der die Königsmacht nicht gehoben sehen wollte, und den Bauern, welche dem alten Glauben treu waren. Zuerst ließ er das „Evangelium" nur da und dort verkün- den, sorgte für eine Bibelübersetzung in das Schwedische und erst 1526 ließ er in Upsala disputieren. Den Hauptschlag führte er auf dem Reichstage von Westeräs 1527. Er erklärte, daß er nicht mehr König sein wolle; er habe genug gethan für das Land und wolle sein Vermögen nicht vollends ruinieren, denn die Krone habe keine Einkünfte, aber Ausgaben genug; auch Thränen standen ihm zu Gebote, als die Bürger und Bauern ihn baten, er möchte die Last der Königswürde noch länger tragen. Er aber entgegnete, daß er Bürger und Bauern nicht höher besteuern dürfe (von Besteuerung des Adels war keine Rede) und daß der Krone nur zu helfen sei, wenn ihr von dem großen Gute der Geistlichkeit nachgebessert werde. Als Bauern und Bürger dergestalt lediglich die Wahl zwischen neuen Steuern oder der Abdankung des Königs vor sich sahen, auf welche unfehlbar die alte Adelswirthschaft mit Dänenherrschaft und Bürgerkriegen gefolgt wäre, opferten sie die geistlichen Herren, welche sich um so weniger ernstlich zu wehren getrau- ten, als sie Christian Ii. unterstützt hatten. Den Herren vom Adel, welchen eine Abdankung des Königs, wenn sie je daran glaubten, nicht halb so leid, als den Bürgern und Bauern gewesen wäre, hielt er einen Köder vor: sie sollten die Kirchengüter, welche ihre Ahnen einst gestiftet hätten, wieder an sich nehmen, sofern sie ihre Ansprüche Nachweisen könn- ten. Dies wirkte; die Herren griffen zu und nahmen so viel an sich, daß der König ihnen spater wieder das meiste entreißen mußte und den Termin der Vergabung auf 1453 setzte; was seit dieser Zeit an die Kirche gestiftet worden war, das allein blieb den Adeligen. Gustav ließ bei seiner Reformation eine Art von Bischöfen bestehen, gab ihnen jedoch Konsistorien bei und machte sie von der Krone abhängig, so daß ein solcher Bischof sich von einem deutschen Superintendenten außer dem alten Namen nur dadurch unterschied, daß er ein Neichsstand war und auf dem Reichstage neben dem Adel saß. Daß die katholische Religion aufs strengste, bei Landesausweisung, verboten wurde, versteht sich von selbst (erst 1857 schlug der König den Reichsständen die Abschaffung der Landesverweisung vor); einige unfügsame Geistliche wurden hinge- richtet. Den Lübeckern bezahlte Gustav seine Schulden mit Kirchen- glocken, und zum Danke für ihre Unterstützung entzog er den Hanseaten ihre Handelsvortheile in Schweden und legte ihnen Zölle auf, während er den schwedischen Handel entfesselte; ebenso schloß er zu Schwedens Vortheil, aber zum großen Schaden der Hanseaten, einen Handelsver-

8. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 89

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Reformation in Schweden, Dänemark, Norwegen, Polen. 89 trag mit England und den Niederlanden. Im Jahre 1544 erklärten die Stände die Krone für erblich in seinem Hause und damit beginnt die merkwürdige Dynastie der Wasa, der nichts fehlte, als ein zahl- reicheres Volk, um Europa von Grund aus umzugestalten. Gustav starb im Jahre 1560. Ihm folgte sein Sohn Erich; von dessen Brüdern erhielt Johann Finnland, Magnus Oftgothland, Karl Südermanland als beinahe unab- hängige Statthalter, durch welche Einrichtung Gustav Wasa über sein Haus alle die Nebel brachte, welche die alten germanischen Dynastieen verheerten. Erich war ein leidenschaftlicher, Anfällen von Wahnsinn unterworfener Mann, welcher seinen Bruder Johann eine Zeit lang ge- fangen setzte. Dafür wurde er auf Befehl Johanns 1577 gefangen und ermordet; dieser folgte als Johann Iii. auf dem Throne und er- weiterte die Rechte des Adels, die Gustav Wasa geschmälert hatte. Sein Weib Katharina, der letzte Sprosse der polnischen Jagellonendynastie, gewann ihn halb und halb für die katholische Kirche, doch getraute er sich nicht alle Folgen eines Uebertritts zu wagen, und verlangte von Rom allzu große Zugeständnisse; 1583 wurde er wieder zurückhaltender und blieb bei seinem väterlichen Glauben bis an seinen Tod (1592). Auf ihn folgte sein Sohn Sigismund, der zugleich König von Polen und katholisch war; er blieb in Polen, während sein Oheim Karl von Südermanland als schwedischer Regent in seinem Namen fungieren sollte. Dieser trachtete aber nach der Krone und während Sigismund sich auf den Adel stützte, wandte sich Karl an den Bürger- und Bauern- stand und trat als Beschützer des Lutherthums auf. Auf dem Reichstag von Upsala 1593 setzte Karl einen Beschluß durch, dem zufolge die Ab- änderungen, welche Johann Iii. während seiner katholisierenden Periode im Gottesdienste getroffen hatte, und anderes dergleichen wieder abge- schafft wurde; ebenso traf den katholischen Kultus wieder ein strenges Verbot. Sigismund wollte diese Beschlüsse anfangs nicht anerkennen, mußte sich aber doch dazu verstehen; dafür vermehrte er die Vorrechte des Adels und setzte Statthalter mit sehr weiten Vollmachten ein. Da- gegen wehrte sich Karl durch den Bürger- und Bauernstand und ließ die Katholiken mit Stockschlägen bekehren oder ans dem Lande jagen. Als die lutherischen Bischöfe, namentlich der von Upsala, einen Geist des Widerspruchs äußerten, bannte er ihn mit dem Spruche: „ich will lieber den Papst als den Erzbischof von Upsala als Papst." Auf dem Reichstage von Arboga zwang er Adel und Geistlichkeit durch die Bauern und Bürger zum Nachgeben; von dieser Partei flüchteten nun viele zu dem Könige Sigismund von Polen und forderten ihn auf, nach Schwe- den zu kommen, um dem Bauernkönigthum sammt dem Lutherthum ein Ende zu machen. Doch Sigismund war nicht der Mann, der es mit

9. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 197

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Dänischer, polnisch-sächsischer und russischer Krieg gegen Schweden. 197 rückerhielt; hierauf regierte er friedlich, sparsam und kräftig, wies den Reichsrath wieder in seine berathende Stellung zurück und anerkannte nur das Steuerbewilligungsrecht der Stände. Er starb 1697 und ihm folgte sein 16jähriger Sohn Karl Xii. Dänischer, poinisch-sächslschcr und russischer Krieg gegen Schweden (1700—1706). Wider Karl Xii. verbanden sich Zar Peter von Rußland, Friedrich August von Sachsen-Polen und Friedrich Iv. von Dänemark. Zar Peter wollte am finnischen Meerbusen Posto fassen und deßwegen Jngermanland und Esthland erobern; Friedrich August hatte es auf Livland abgesehen, dessen Adel durch die schwedischen Kö- nige sich in seinen Rechten gekränkt fühlte und große Lust nach der pol- nischen Adelsfreiheit bezeigte; ein livländischer Edelmann, Patkul, der vor dem Zorne Karls Xi. geflohen und in russische Dienste getreten war, betrieb auch den Bund gegen Schweden am eifrigsten. Der König von Dänemark endlich war erbittert über Schleswig-Holstein, sein eigenes Stammland, dessen Herzog Friedrich Karls Xii. Schwester gcheirathet und schwedische Besatzungen ausgenommen hatte. Die drei verbündeten Monarchen stellten (1699) ihre Forderungen an Schweden und began- nen gleichzeitig den Krieg; die Dänen fielen in Schleswig ein, die Russen belagerten Narwa in Esthland und Friedrich August das liv- ländische Riga. Der eingeschüchterte schwedische Reichstag wollte unter- handeln und nachgcben, aber der junge König erklärte, er werde nie einen ungerechten Krieg anfangen, aber auch die Waffen nicht eher nie- derlegen, bis er seine Angreifer besiegt hätte. Von einer holländischen Flotte unterstützt schiffte er sein Heer ein, landete bei Kopenhagen, bom- bardierte die Stadt, worauf der erschrockene Dänenkönig im Draven- daler Frieden (August 1700) dem Bündnisse mit Rußland und Po- len entsagte und den Herzog von Holstein zu entschädigen versprach. Hierauf wandte sich Karl Xii. ebenso schnell gegen die Russen, welche vor Narwa lagen. Während eines Schneegestöbers stürmte er mit 9000 Schweden das verschanzte Lager der 60,000 Mann starken Feinde und schlug sie gänzlich (20. November). Hierauf ging es gegen die Polen und Sachsen, die Riga vergeblich belagert hatten; er erreichte sie an der Düna und schlug sie, entscheidend aber erst 9. Zuli 1702 bei Klissow, wo er Augusts Damen fing, ihm dieselben jedoch sogleich wie- der zuschickte. August hätte gerne Frieden gemacht, aber Karl verlangte seine Entthronung und setzte sie endlich auch durch. Warschau, Krakau, Lublin, Pultusk, Thorn, Danzig und Elbing waren in Karls Gewalt, und 1704 erklärte der Reichstag oder vielmehr die dem Könige August feindliche Partei, an deren Spitze der Kardinalprimas stand, Augusten abgesetzt, weil er gegen Schweden einen ungerechten Krieg angefangen

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 191

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Rußland von der Mongolenherrschaft bis auf Peter den Großen. 191 Neuntes Kapitel. Der große nordische Krieg (1700—1718). Rußland von der Mongolentierrschast bis auf Peter dm Großen (1477—1689). Zu gleicher Zeit, als Eugen und Marlborough den Herrscher in Versailles so sehr demüthigten, verdiente ein Fürst im äußersten Europa den Namen des Großen, Zar Peter von Rußland, denn er machte sein Volk groß, das bisher kaum beachtet war. Rußland litt durch die Mongolenstürme unter allen europäischen Staaten am meisten und längsten; denn die Herrschaft der asiatischen Horden dauerte bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus, wäh- rend die Großchane der goldenen Horde (Reich Kiptschak) es nicht hin- derten, wenn ihre russischen Vasallenfürsten unter einander selbst Krieg führten oder an den Lithauern, den Schwertbrüdern ic. ihre Kraft ver- suchten. Im 14. Jahrhundert erhob sich der Fürst von Moskau all- mählig zum Range des Großfürsten, wodurch Moskau zum nationalen Mittelpunkte des russischen Volkes wurde. Mehr als einmal wagten es die Großfürsten, dem Großchane zu trotzen, dem andererseits die Chane der Krim, von Astrachan, Kasan und Sibirien manchmal feindlich ge- genüberftanden, aber erst Iwan Iii., Wasiljewitsch, verweigerte 1477 den Tribut geradezu und schlug den Angriff der letzten Großchane 1480 zurück. Er vereinigte das Fürstenthum Twer mit Rußland, unter- warf die Handelsrepublick Nowgorod mit ihrem großen Gebiete, deß- gleichen Pskow (Pleskow) und Wjätka, eroberte das nördliche Sibirien bis an den Obi, entriß den Lithauern und Polen mehrere Landschaften, die ehemals zu Rußland gehörten, wurde aber bei seinem Angriffe auf Livland von den Schwertbrüdern gänzlich geschlagen. Er zuerst nannte sich Selbstherrscher aller Reußen (den byzantinischen Kaisertitel „Auto- krator" nachahmend), nahm den gekrönten byzantinischen Doppeladler als Wappen und betrachtete sich als eigentlichen Erben des byzantini- schen Reichs, weil seine Gemahlin Sophia eine byzantinische Prinzessin war. Dieser zweite Gründer der russischen Macht starb 1505; sein Sohn Wasiljei (Basilius) Iv. (1505—1534) vereinigte das Fürstenthum Rjäsan mit Rußland, entriß den Polen Smolensk und Severien (süd- lich von Smolensk) und machte das Chanat Kasan tributpflichtig. Iwan Iv., Wasiljewitsch, der Schreckliche (1534—1584), war bei dem Tode seines Vaters erst drei Jahre alt, und während der eilf- jährigen vormundschaftlichen Regierung wurde das Reich durch Aufstände und Bürgerkrieg zerrüttet und von den Tataren und Polen angegriffen. Als Iwan Iv. die Zügel der Regierung mit eigener Hand ergriff, ver-
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