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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 1

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Erstes Buch. Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. Der Islam erobert Asten und Afrika und bedroht das christliche Europa. Obwohl die Provinzen des abendländischen römischen Reiches von germanischen Stämmen besetzt sind, welche über die übriggebliebene rö- mische Bevölkerung (Romani, Provinciales) herrschen, so ist für das Abendland doch noch keine ruhige Zeit gekommen. Denn außerdem, daß noch Wanderungen einzelner germanischer Stämme (der Angelsachsen und Longobarden) folgen, bekriegen auch die ansässigen sich selbst fast unaufhörlich, theils aus ererbtem Stammhaß, theils aus Raubsncht und Kampflust, da germanische Könige und Völker noch keinen andern Ruhm kennen als den kriegerischen. Andererseits folgen den germanischen Völkern im Osten her in der ganzen Breite vom baltischen bis zum schwarzen Meere die slavischen Völker, während diese selbst im Rücken von dem Ural her durch die finnischen Stämme der Ungarn und die west- türkischen der Awaren (die bereits zwischen Don und Wolga lagern), Kumanen, Petschenegen rc. gedrängt werden. Die Bulgaren, wahr- scheinlich ein Mischvolk aus Slaven und Türken, sind von der Kama an das schwarze Meer und in das untere Dacien gewandert, gefährliche Feinde des byzantinischen Reichs, das zugleich in Asien gegen Perser und Saracenen (Araber) zu kämpfen hat und sich wenigstens der Auf- gabe gewachsen zeigt, den von Arabien gegen den christlichen Südosten Europas gerichteten Stoß abzuwehren. Zm Herzen Europas gründen endlich die katholischen Franken durch die Vereinigung der meisten ger- manischen Stämme, die gleichzeitig in die Gemeinschaft der Kirche eingeführt werden, eine Großmacht, welche den Kampf mit barbarischen Heiden und fanatischen Moslemin siegreich besteht und dadurch die nächste Zukunft Europas, die Blüte der christlich-germanischen Kultur im Mittel- alter, rettet und schützt. Bumüller, Gesch. t>. Mittelalters. 1

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 101

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Ungarn. Arpad. 101 getrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Sein Sohn Wladimir I., der Große oder Apostelgleiche (973 — 1015), erkämpfte sich gegen seine Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das byzantinische Reich, schloß aber mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna; 988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und be- wies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war. Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war aber bereits in dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wie- derholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte fort, was die russische Macht, die in ihren Anfängen so furchtbar aufge- treten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die Geschicke Europas im Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr ausübte; auch die Keime der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhun- derte durch die Mongolen beinahe vernichtet. Die Ungarn. Arpad (888-9v7). Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmälig am Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren gezogen und wurde von den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren, nach welchem sich das ganze Volk nannte, angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahrhun- derts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren beherrschten, und sich des ganzen Landes von der Raab bis zur Aluta bemächtigte. Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden er- losch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zertrümmerte das großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Naubzug, und als dieser vortrefflich gelang, kamen sie fast jedes Jahr regelmäßig wieder und verwüsteten Deutschland bis Bremen, Basel und Metz; ebenso wenig verschonten sie Oberitalien, wo sie 900 an der Brenta das Heer Be- rengars von Friaul aufrieben. Man nannte sie damals Hunnen, weil sie denselben an Wildheit und Häßlichkeit ungefähr gleich waren und wie jene nur zu Pferde fochten. Wie alle Wilden und Halbwilden be-

3. Geschichte des Mittelalters - S. 1

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Erstes Buch Das Ehristenthnm unter den Germanen und Slaven. Der Islam erobert Asien und Afrika und bedroht das christliche Europa. Die Franken. Obwohl die Provinzen des abendländischen römischen Reiches von germanischen Stämmen besetzt sind, welche über die übriggebliebene rö- mische Bevölkerung (Komgni, ?rovincial68) herrschen, so ist für das Abendland doch noch keine ruhige Zeit gekommen. Denn außerdem, daß noch Wanderungen einzelner germanischer Stämme (der Angelsachsen und Longobarden) folgen, bekriegen auch die ansässigen sich selbst fast unaufhörlich, theils aus ererbtem Stammhaß, theils aus Raubsucht und Kampflust, da germanische Könige und Völker noch keinen andern Ruhm kennen, als den kriegerischen. Andererseits folgen den germanischen Völkern im Osten her in der ganzen Breite vom baltischen bis zum schwarzen Meere die slavischen Völker, während diese selbst im Rücken von dem Ural her durch die finnischen Stämme der Ungarn und die wefttürkischen der Awaren (die bereits zwischen Don und Wolga lagern), Kumanen, Petschenegen rc. gedrängt werden. Die Bulgaren, wahrscheinlich ein Mischvolk aus Slaven und Türken, sind von der Kama an das schwarze Meer und in das untere Dacien gewandert, gefährliche Feinde des byzantinischen Reiches, das zugleich in Asien gegen Perser und Saracenen (Araber) zu kämpfen hat und sich wenigstens der Aufgabe gewachsen zeigt, den von Arabien gegen den christlichen Südosten Europas gerichteten Stoß abzuwehren. 2m Herzen Europas gründen endlich die katholischen Franken durch die Vereinigung der meisten germanischen Stämme, die gleichzeitig in die Gemeinschaft der Kirche eingeführt werden, eine Großmacht, welche den Kampf mit germanischen und nichtgermanischen Heiden und fanati- schen Moslemin siegreich besteht und dadurch die nächste Zukunft Euro- pas, die Blüte der christlich-germanischen Kultur im Mittelalter, rettet und schützt. Lumüller, Mittelalter. 1

4. Geschichte des Mittelalters - S. 83

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Theilungsvertrag zu Verdun. 83 -wollte Ludwig und Karl ihres Erbtheils berauben, zu welchem Zwecke er sich mit dem Aquitanier Pipin verband. Allein der Theil seines Heeres, welchen er gegen Karl den Kahlen an der Seine zurückließ, wurde von diesem geschlagen, und als er sich nun gegen Karl wandte, zersprengte Ludwig das von ihm zurückgelassene Heer in einer Schlacht auf dem Ries (schwäbische Ebene, von der Wernitz bewässert, an der Gränze zwischen Schwaben, Bayern und Franken) vollständig (Mai 841), ging bei Worms über den Rhein und vereinigte sich unweit Toul mit Karl dem Kahlen. Beide lieferten am 25. Juli bei Fontenaille (k'ontnnetum) unweit Aurerre Lotharn eine 14stündige Schlacht, in welcher dieser besiegt und der austrasische Heerbann fast aufgerieben wurde (40,000 Mann todt). Rur widerstrebend und auf günstige Zwi- schenfälle lauernd bequemte sich Lothar zu Unterhandlungen; er wiegelte sogar die Sachsen gegen Ludwig auf, indem er ihnen die Wiederher- stellung des Gesetzes ihrer Väter, wie es vor Karl dem Großen bestand, versprach und die Frilinge und Liten gegen die Edelinge hetzte, als ihm diese nicht mehr anhingen (Aufstand der Stellinga); ja er zog die normanischen Seeräuber herbei und räumte ihnen die Insel Walchern ein. Endlich sah er sich, weil die Völker des Krieges überdrüssig waren, dennoch zu einem Vergleiche mit seinen Brüdern genöthigt, der im August 843 zu Verden (Verdun) zu Stande kam. Lothar behielt mit dem Kaisertitel Italien, den südlichen Theil von Rhätien und Rorikum, von Helvetien die heutigen schweizerischen Kan- tone Wallis, Genf, Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern, Solothurn, Aargau jenseits der Aare, Basel; den Länderstreifen an der Rhone bis zum Genfersee, nordwärts den zwischen Saone, Maas und Schelde einerseits und dem Rhein andererseits; diesseits des Rheins noch Fries- land. Ludwig bekam Deutschland diesseits des Rheins, jenseits des- selben die Bisthümer Mainz, Worms und Speyer, den nordöstlichen Theil von Helvetien und Rhätien; Karl endlich den von Lothars Herr- schaft westlich gelegenen Theil des Reiches (Neustrien, Aquitanien, ein Stück von Burgund, die spanische Mark), mußte aber noch längere Zeit mit dem Aquitanier Pipin kämpfen. Daß diese Theilung wohl die Oberherrlichkeit des Kaisers Lothar über die königlichen Brüder aufhob, aber keineswegs die deutschen und romanischen Völker auseinander schied, ergibt der Augenschein, obwohl sich in der Folge der Theilung der Gegensatz zwischen deutsch und roma- nisch rascher entwickelte; auch lag dem Vertrage von 843 der Gedanke, Karls des Großen Reich dauernd in drei Reiche aufzulösen, nicht ent- fernt zu Grunde; es bestand vielmehr das Erbrecht der drei karolingi- schen Dynastieen im Falle des Aussterbens der einen oder andern fort, woraus wir neue Theiluugen, eine kurz dauernde Wiedervereinigung 6 *

5. Geschichte des Mittelalters - S. 111

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Ungarn. Arpad. 111 warf die Chazaren bis an den Iaik (Uralfluß), die türkischen Stämme der Kassogen und Jassen zwischen dem asowschen und kaspischen Meere, einen Theil der Bulgaren, und wurde von dem byzantinischen Kaiser Johannes Tsimiszes 971 bei Silistria mit Mühe zurückgetrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Wladimir der Große (973—1015). Theilung des Reichs. Sein Sohn Wladimir I., der Große oder Apostelgleiche (973—1015), erkämpfte sich gegen seine Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das by- zantinische Reich, schloß aber mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna; 988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und bewies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war. Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war aber bereits Ln dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wiederholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte fort, was die russische Macht, die in ihren An- fängen so furchtbar aufgetreten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die . Geschicke Europas im Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr aus- übte; auch die Keime der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhunderte durch die Mongolen beinahe vernichtet. Die Ungarn. Ärpal, (838—907). Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmählig um Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren ge- zogen und wurde vdn den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren (vgl. oben S. 41) angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahr- hunderts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren be- herrschten, und sich des ganzen Landes von der Aluta bis zur Raab bemächtigte. Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden erlosch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zer- trümmerte das großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Raub-

6. Geschichte des Mittelalters - S. 247

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die schweizerische Eidgenossenschaft gegründet. 247 Die schwehcrische Eidgenossenschaft gegründet (1308). Der ermordete König hatte besonders eifrig darnach getrachtet, die Leute im schweizerischen Alpengebirge an sich zu bringen; denn er er- kannte die Wichtigkeit dieses Landes als Eckstein gegen Frankreich und Italien recht wohl und als tüchtiger Kriegsmann schätzte er das aleman- nische Fußvolk wie sein Vater, der sich ausgesprochen hatte, mit 40,000 Fußgängern und 4000 Reitern aus Alemannien wolle er der ganzen Welt die Schlacht anbieten; denn die Natur jener Thäler und Berge hatte dafür gesorgt, daß die altdeutsche Kriegsweise dort erhalten blieb. Albrecht hatte vieles ererbt und vieles erworben in diesen Gegen- den, und es brauchte nur noch einige Schritte, bis seine Herrschaft ab- gerundet war. Thurgau, Zürichgan, Aargau, Zug, Freiburg und Luzern gehörten ihm; als Schirmvogt von Säckingen war er Oberherr von Glarus, als Schirmvogt von St. Gallen, Bisthum Chur und Kloster Einsiedcln war er in diesen Stiftslanden Oberrichter und Pannerherr; in Schwyz und Unterwalden hatte er Landvogtrechte, überdies Herr- schaften und Güter; dagegen sind die Rechte Habsburgs in Uri noch nicht hinlänglich aufgehellt. Von diesen drei Ländern ging ein Wider- stand aus, dessen Veranlassung und Umfang wir nicht mehr bestimmen können; denn was die Schweizer erzählen, ist Volkssage, durch lange Feindseligkeit gänzlich verunstaltet, und gleichzeitige Geschichtschreiber haben wir über jene Ereignisse keine. Wir lassen demnach die Geschichte von Tell, Melchthal, Walter Fürst und Staufacher der Poesie und Sagen- geschichte und begnügen uns, die Punkte herauszustellen, die unbestritten bleiben müssen. Obwohl kein Geßler auf der Burg bei Küßnacht ge- schichtlich erwiesen ist, so haben jedenfalls Adelige des Königs, mögen diese Vögte gewesen sein oder nicht, das Landvolk durch Uebermuth er- bittert; dies war bei der damals überhaudnehmenden Entartung des Adels allbereits an der Tagesordnung. Noch gewisser ist, daß die Land- gemeinden in den Bergen die Wirren der Zeit so gut benutzt hatten als die Fürsten; als kein Kaiser die Rechte des Reiches wahrte, die Adeligen sich für oder gegen die Hohenstaufen oder in eigenen Fehden schlugen, als selbst die beiden Habsburger Linien einander bekriegten, nahmen die Städte im damaligen Oberdeutschland (so nennt es noch der Schweizer Tschudi im sechszehnten Jahrhundert) z. B. Zürich und noch mehr Bern die Gelegenheit wahr sich jeder Oberherrlichkeit, die doch keinen Schutz, sondern nur Lasten im Gefolge hatte, zu entziehen, was um so leichter anging, als Schwaben keinen Herzog von Burgund, keinen Neichsstatt- halter mehr hatte. Das gleiche thaten die Bauern, voran die Schwyzer, welche bereits zweihundert Jahre mit dem Kloster Einsiedeln in einem Streite wegen Wäldern und Alpen lagen; Zürich hatte sich an ihnen

7. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 194

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
194 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs Xiv. rc. ihre barbarischen Gewohnheiten abthun; allein er richtete nicht viel aus, weil Gesittung nicht geboten werden kann, sondern nur als eine Frucht der Jahrhunderte reift. Peter selbst blieb Zeitlebens ein Barbar, der seine Minister eigenhändig durchprügelte, die Gesandten und Räthe betrunken machte und sich selbst lästerlich berauschte, seiner Wollust mit thierischer Schamlosigkeit stöhnte, das Leben anderer für nichts achtete und zu seinem Zeitvertreibe aufzuopfern geneigt war und bei den Hinrichtungen selbst Hand anlegte. Aber dieser Barbar war ein genialer Mann und hatte einen politischen Scharfblick, der ihn das nahe und ferne Ziel klar er- kennen und jeden Schritt abmessen ließ; bei seiner starken Willenskraft war er dennoch seiner Eroberungslust ganz mächtig und gab ihr nur in so weit nach als nothwendig war, um zu der Macht Rußlands und dessen künftiger Weltherrschaft die Fundamente und Grundmauern zu bauen. Als er die Negierung übernahm hatte das weitausgedehnte Ruß- land noch keine Küsten in seinem Besitze als die des Eismeeres mit dem Seehafen Archangel, welcher die Hälfte des Jahres durch Eis geschlossen ist, und die sibirische Küste bis Kamtschatka, bis wohin die Russen im Laufe des 17. Jahrhunderts vordrangen. Die Mündungen der andern russischen Flüsse waren in den Händen der Türken und Schweden. Ruß- land hatte noch keinen selbstständigen Handel, war also auch ein geldarmes Land. Peter erkannte, daß ohne Seehandel und Seemacht die Stärke eines Staates keine nachhaltige ist, darum suchte er an dem baltischen und asowischen Meere festen Fuß zu fassen, und fing mit den Türken Krieg an, als sie gerade an Prinz Eugen die neue Kriegskunst kennen lernten. Es gelang ihm mit den Schiffen, die er auf dem Don gebaut hatte, die türkische Flotte zu überfallen und zu schlagen; die Stadt Asow, von welcher die Palus Mäotis der Alten den heutigen Namen des aso- wischen Meeres trägt, fiel in seine Gewalt und wurde ihm von den Türken im Frieden von 1699 abgetreten. So öffnete Peter seinem Volke das bisher verschlossene Meer. Schweden von Gustav Ädotpli dis Kart Xii. (1631 — 1699). Seine Hauptanstrengung richtete Peter aber gegen Schweden, wel- ches das baltische Meer beherrschte, dessen Herrschaft er als die erste Bedingung der russischen Größe ansah. Gustav Adolf und die Erobe- rungen der schwedischen Feldherren im dreißigjährigen Kriege hatten das schwachbevölkerte und arme Schweden in den Rang der Großmächte vor- geschoben, und nur auf Schwedens Kosten konnte Rußland zunächst Einfluß auf Europa gewinnen. Auf Gustav Adolf folgte seine minderjährige Tochter Christine, für die während zwölf Jahren ein Reichsrath von fünf Mitgliedern,

8. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 374

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
374 Zeitalter der Revolution. Siebenundzwanzigstes Kapitel. Der russische Feldzug (1812). Nunmehr aber sollte der furchtbare Glücksumschwung beginnen, welcher in der ganzen Weltgeschichte seines Gleichen nicht hat. Spanien war noch immer nicht unterworfen; die Guerillas waren, wenn auch nicht zahlreicher, so doch gewandter und kühner geworden, der Herzog von Wellington aber hielt die französischen Marschälle im Schach und eroberte selbst einige Festungen. Zu dem spanisch-englischen Kriege, der die französischen Heere im äußersten Westen beschäftigte und aufrieb, kam 1812 ein Krieg mit Rußland, dem halbasiatischen Kaiserreiche. Der Kaiser von Rußland ward nach dem Wiener Frieden des Bundes mit Frankreich überdrüssig; einen andern Grund als den, daß Alerander neben Napo- leon und Rußland neben Frankreich eine ganz unansehnliche Nolle spielte, hatte Kaiser Alerander nicht, und seine Rolle hatte ihm bisher etwas eingetragen. Zwar erlitt der russische Handel durch das Kontinental- system einen empfindlichen Verlust, indem die Hauptausfuhren nach Eng- land, die des Leders, Hanfs und Talgs, aufgehört hatten; es war ferner eine Beleidigung gegen den russischen Kaiser, als Napoleon den Herzog von Oldenburg, Alexanders Vetter, seines Landes beraubte, obgleich der- selbe Rheinbundfürst war; aber dafür hätten sich Entschädigungen in Deutschland finden lassen, wenn die beiden Kaiser gewollt hätten. Die Ursache des großen Krieges war, wie gesagt, in letzter Reihe keine an- dere, als daß Rußland nicht länger zusehen wollte, wie Bonaparte vom Tajo bis zur Weichsel und von der Meerenge Siciliens bis zum Sunde in Europa schaltete, während Rußland nur am schwarzen Meere und an den finnischen Seen seine erobernde Thätigkeit versuchte, das Groß- herzogthum Warschau aber wie ein Keil gegen das Centrum der russischen Monarchie gerichtet war. Die Sprache der beiden Herrscher wurde immer gereizter. Ruß- land schloß Bündniß mit Schweden, dem Norwegen garantiert wurde, mit England und den spanischen Kortes (denn die spanische Königs- samilie befand sich auf französischem Boden), Napoleon aber bot die Streitkräfte Frankreichs und seiner Bundesgenossen auf. Seine eigenen Heere, aus Franzosen, Italienern, Holländern, Deutschen, den entführten Spaniern und Portugiesen bestehend, betrugen gewiß 300,000 Mann. Zu dieser unerhörten Masse stellten die Rheinbnndfürsten 100,000, Po- len 60,000, die Schweiz 12,000, Oesterreich 30,000, Preußen 20,000 Mann; diese zwei Mächte hatten besondere Verträge mit Napoleon ab- geschlossen, in welchen dieser ihnen eine Gebietsvergrößerung auf Kosten Rußlands zusagte. Im ganzen zogen mehr als eine halbe Million

9. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 375

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der russische Feldzug. 375 auserlesener Krieger mit 1200 Geschützen gegen Rußland, unter treff- lichen Feldherren und erprobten Offizieren; ein Geist militärischer Ehre durchdrang diese Heeresmassen, wie sie nur die Phalanren Alexanders und die Legionen Casars in alter Zeit beseelte. Im Mai 1812 weilte der Eroberer zehn Tage in Dresden und empfing hier den Besuch des Kaisers von Oesterreich, des Königs von Preußen und der Rheinbund- fürsten; dann ging er zur „großen Armee" und verkündete die Eröff- nung des „zweiten polnischen Krieges". Durch seinen Gesandten in Warschau (de Pradt, Erzbischof von Mecheln) rief er einen Reichstag der polnischen Nation zusammen, der sich zur polnischen Gcncralkon- föderation erklärte und die Wiederherstellung des Königreichs aussprach. Napoleon bestätigte dies, nahm aber Galizien aus, welches Oesterreich vertragsgemäß verbleiben sollte, wenn ihm Napoleon nicht Illyrien zu- rückgab, wozu er keine Lust hatte. Vom 22. bis 25. Juni ging der Gewaltshaufen unter Napoleon, mehr als 200,000 Mann stark, an drei Punkten über den Niemen. Den linken Flügel, dem die Preußen zugetheilt waren, etwa 40,000 Mann stark, führte Makdonald über den Fluß; sein Ziel war Riga. Rechts von der Hauptmacht ging Hieronymus Bon aparte mit 100,000 Mann bei Grodno über den Riemen; den äußersten rechten Flügel, gegen 50,000 Mann, bei dem die Oesterreicher und die meisten Sachsen standet, kommandierte Schwarzenberg und drang über den Bug gegen Podolicn vor. Napoleon mußte jedoch zu seinem Verdruffe wahrnehmen, daß er es diesesmal mit einer ganz neuen Art von Kriegs- führung zu thun habe; die Russen zogen sich vor ihm zurück; die Be- völkerung wich von dem Heerwege seitwärts in die Waldungen aus und nahm Vieh und Lebensmittel mit sich. Die Soldaten trafen nur die elenden, halb oder ganz verlassenen Dörfer und es bemächtigte sich ihrer auf dem öden langen Zuge ein unheimliches Vorgefühl. Der Hunger, die vielfachen Entbehrungen, die Kämpfe in den Wäldern machten die Soldaten wüthend, während Krankheiten unter ihnen furchtbar aufräum- ten; sie brannten die verlassenen Dörfer nieder, zerstörten die Feldfrüchte auf dem Halme und beraubten so ihre nachziehenden Kameraden der wenigen Hilfsmittel, welche das Land darbot, so daß das französische Heer an der Düna bereits um ein Drittel schwächer war als am Niemen. Das russische Hauptheer unter Barklay de Tolly zog sich zurück und zerstörte die Magazine, die es nicht fortschaffen konnte. Zu einer Haupt- schlacht konnte es Napoleon nicht zwingen, so sehr er auch vorwärts eilte; ebenso wenig gelang es ihm, den rechten russischen Flügel unter Bagration abzuschneiden. Andererseits mißlang den Russen der Ver- luch bei Mohilew (22. Juli) den rechten französischen Flügel, und bei Polozk (17. und 18. August) den linken zurückzudrängen, wodurch das

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 377

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der russische Feldzug. 377 zurück; die Erbitterung der Russen war durch den Brand Moskaus noch gestiegen, denn nur wenige wußten, daß er durch Rostopschin angelegt war, das Heer und das gemeine Volk glaubten, die Franzosen batten die heilige Stadt den Russen zum Schimpfe den Flammen überliefert. Napoleon mußte sich zum Rückzug entschließen, weil er einen Winterfeldzug gegen Petersburg mit seinem geschwächten und entblößten Heere nicht wagen konnte. Am 19. Oktober begann die rückgängige Bewegung, und zum Abschiede wurde (am 23.) der Kremlin, die alte Zarenburg, in die Luft gesprengt. Die große Armee zog die Strecke von Moskau über Malo-Jaroslawez, wo ein nichts entscheidendes Treffen gegen Kutusow stattfand, des Weges, den sie gekommen war, und batte sie schon damals Mangel gelitten, so fand sie jetzt um so weniger Lebens- mittel und es begann eine schreckliche Noth. Zu allem Unglück brach der russische Winter mit seiner ganzen Strenge schon am 6. November ein; zuerst unterlagen die halbverhungerten Pferde zu tausenden und bald auch die Soldaten. Ueber 300 Stunden Weges zogen sie durch eine Schneewüste, fast ohne alle andere Nahrung als das Fleisch der gefallenen Pferde, ohne warmes Kleid und ohne Schuhe, verfolgt von den ergrimmten Russen, die mit allen Bedürfnissen versehen der Winter- kälte leichter Trotz bieten konnten. So mußte die große Armee zu Grunde gehen; die Leichen häuften sich an beiden Seiten des Weges; von den Lebenden sorgte jeder nur für sich selbst, die Bande der mili- tärischen Discipliu und der Kameradschaft lösten sich auf. An der Beresina, einem Nebenflüsse des Dniepr, wurde das unglückliche Heer von den Russen eingeschlosscn; denn nach dem Friedensschlüsse von Bu- karest war das russische Heer unter Admiral Tschitschagow von der türkischen Grenze aufwärts gezogen und am andern Beresinaufer ange- kommen. Aber Napoleon hatte unter Oudinot und Viktor aus Polen her eine Hccresabtheilung herbeiziehen können, und dies machte es ihm möglich sich durchzuschlagen. „Die Tage d.er Beresina", 26. bis 29. November, waren entsetzlich; einen vielfach überlegenen rachedurstigen Feind vor und hinter sich, dazwischen einen tiefen Fluß mit sumpfigen Ufern und nur zwei Brücken (bei Studienka) zum Uebergange. Dennoch bahnte sich Napoleon mit 18,000 kampffertigen Kriegern einen Weg durch die Russen, aber nur mit entsetzlichem Verluste. Denn als der Weg geöffnet war, entstand bei der nachziehenden, größtentheils wehr- losen Masse ein gräßliches Gedränge; jeder drückte vorwärts; die einen wurden in den Fluß hinuntergestoßen, andere umgeworfen und von den Hufen der Rosse und den Fußtritten der Kameraden zermalmt, und in diesen Knäuel schlugen die Kugeln der verfolgenden Russen. Ungezählte tausende kamen da um oder trieben mit den Eisschollen der Beresina. Von da ging die Flucht weiter und weiter; auch im lithauischen Wilna
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