Erstes Buch.
Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. Der
Islam erobert Asten und Afrika und bedroht das
christliche Europa.
Obwohl die Provinzen des abendländischen römischen Reiches von
germanischen Stämmen besetzt sind, welche über die übriggebliebene rö-
mische Bevölkerung (Romani, Provinciales) herrschen, so ist für das
Abendland doch noch keine ruhige Zeit gekommen. Denn außerdem, daß
noch Wanderungen einzelner germanischer Stämme (der Angelsachsen
und Longobarden) folgen, bekriegen auch die ansässigen sich selbst fast
unaufhörlich, theils aus ererbtem Stammhaß, theils aus Raubsncht und
Kampflust, da germanische Könige und Völker noch keinen andern Ruhm
kennen als den kriegerischen. Andererseits folgen den germanischen
Völkern im Osten her in der ganzen Breite vom baltischen bis zum
schwarzen Meere die slavischen Völker, während diese selbst im Rücken
von dem Ural her durch die finnischen Stämme der Ungarn und die west-
türkischen der Awaren (die bereits zwischen Don und Wolga lagern),
Kumanen, Petschenegen rc. gedrängt werden. Die Bulgaren, wahr-
scheinlich ein Mischvolk aus Slaven und Türken, sind von der Kama
an das schwarze Meer und in das untere Dacien gewandert, gefährliche
Feinde des byzantinischen Reichs, das zugleich in Asien gegen Perser
und Saracenen (Araber) zu kämpfen hat und sich wenigstens der Auf-
gabe gewachsen zeigt, den von Arabien gegen den christlichen Südosten
Europas gerichteten Stoß abzuwehren. Zm Herzen Europas gründen
endlich die katholischen Franken durch die Vereinigung der meisten ger-
manischen Stämme, die gleichzeitig in die Gemeinschaft der Kirche
eingeführt werden, eine Großmacht, welche den Kampf mit barbarischen
Heiden und fanatischen Moslemin siegreich besteht und dadurch die nächste
Zukunft Europas, die Blüte der christlich-germanischen Kultur im Mittel-
alter, rettet und schützt.
Bumüller, Gesch. t>. Mittelalters.
1
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke]]
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Europa Ungarn Asien Europas Europas Europas
Die Ungarn. Arpad.
101
getrieben; 973 blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die
Steppen vom unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren
und die Ungarn westwärts getrieben hatten. Sein Sohn Wladimir I.,
der Große oder Apostelgleiche (973 — 1015), erkämpfte sich gegen seine
Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das byzantinische Reich, schloß aber
mit demselben Frieden und heirathete die griechische Prinzessin Anna;
988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte das Christenthum im ganzen
Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und Künstler herbei, baute Kirchen
und Klöster, lebte aber wie ein türkischer Chan in Vielweiberei und be-
wies dadurch, daß Rußland der Barbarei noch keineswegs entrissen war.
Sein Reich war das größte in Europa; das germanische Element war
aber bereits in dem slavischen aufgegangen, was daraus erhellt, daß
Wladimir das Slowenische als allgemeine Kirchensprache einführte. Er
theilte Rußland unter seine zwölf Söhne; der Großfürst Jaroslaw wie-
derholte die Theilung 1054, und nun dauerte sie einige Jahrhunderte
fort, was die russische Macht, die in ihren Anfängen so furchtbar aufge-
treten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die Geschicke Europas im
Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr ausübte; auch die Keime
der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden noch im 12. Jahrhun-
derte durch die Mongolen beinahe vernichtet.
Die Ungarn. Arpad (888-9v7).
Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie
zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen
richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmälig am
Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren gezogen und
wurde von den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf es in sieben
Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren, nach welchem sich das
ganze Volk nannte, angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahrhun-
derts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren beherrschten,
und sich des ganzen Landes von der Raab bis zur Aluta bemächtigte.
Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der Arpaden er-
losch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zertrümmerte das
großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die Ungarn die östlichen
Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs Tode die herrschende
Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Naubzug, und als dieser
vortrefflich gelang, kamen sie fast jedes Jahr regelmäßig wieder und
verwüsteten Deutschland bis Bremen, Basel und Metz; ebenso wenig
verschonten sie Oberitalien, wo sie 900 an der Brenta das Heer Be-
rengars von Friaul aufrieben. Man nannte sie damals Hunnen, weil
sie denselben an Wildheit und Häßlichkeit ungefähr gleich waren und
wie jene nur zu Pferde fochten. Wie alle Wilden und Halbwilden be-
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte]]
Extrahierte Personennamen: Arpad Wladimir_I. Anna Jaroslaw Arpad_( Igor Arpad_(
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Donau Ungarn Europa Europas Ungarn Pannonien Swatopluks Ungarn Deutschlands Deutschland Bremen Basel Oberitalien Brenta
Erstes Buch
Das Ehristenthnm unter den Germanen und Slaven. Der Islam
erobert Asien und Afrika und bedroht das christliche Europa.
Die Franken.
Obwohl die Provinzen des abendländischen römischen Reiches von
germanischen Stämmen besetzt sind, welche über die übriggebliebene rö-
mische Bevölkerung (Komgni, ?rovincial68) herrschen, so ist für das
Abendland doch noch keine ruhige Zeit gekommen. Denn außerdem, daß
noch Wanderungen einzelner germanischer Stämme (der Angelsachsen
und Longobarden) folgen, bekriegen auch die ansässigen sich selbst fast
unaufhörlich, theils aus ererbtem Stammhaß, theils aus Raubsucht und
Kampflust, da germanische Könige und Völker noch keinen andern Ruhm
kennen, als den kriegerischen.
Andererseits folgen den germanischen Völkern im Osten her in der
ganzen Breite vom baltischen bis zum schwarzen Meere die slavischen
Völker, während diese selbst im Rücken von dem Ural her durch die
finnischen Stämme der Ungarn und die wefttürkischen der Awaren (die
bereits zwischen Don und Wolga lagern), Kumanen, Petschenegen rc.
gedrängt werden. Die Bulgaren, wahrscheinlich ein Mischvolk aus
Slaven und Türken, sind von der Kama an das schwarze Meer und
in das untere Dacien gewandert, gefährliche Feinde des byzantinischen
Reiches, das zugleich in Asien gegen Perser und Saracenen (Araber)
zu kämpfen hat und sich wenigstens der Aufgabe gewachsen zeigt, den
von Arabien gegen den christlichen Südosten Europas gerichteten Stoß
abzuwehren.
2m Herzen Europas gründen endlich die katholischen Franken durch
die Vereinigung der meisten germanischen Stämme, die gleichzeitig in
die Gemeinschaft der Kirche eingeführt werden, eine Großmacht, welche
den Kampf mit germanischen und nichtgermanischen Heiden und fanati-
schen Moslemin siegreich besteht und dadurch die nächste Zukunft Euro-
pas, die Blüte der christlich-germanischen Kultur im Mittelalter, rettet
und schützt.
Lumüller, Mittelalter.
1
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil]]
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Europa Ungarn Asien Europas Europas
Theilungsvertrag zu Verdun.
83
-wollte Ludwig und Karl ihres Erbtheils berauben, zu welchem Zwecke
er sich mit dem Aquitanier Pipin verband. Allein der Theil seines
Heeres, welchen er gegen Karl den Kahlen an der Seine zurückließ,
wurde von diesem geschlagen, und als er sich nun gegen Karl wandte,
zersprengte Ludwig das von ihm zurückgelassene Heer in einer Schlacht
auf dem Ries (schwäbische Ebene, von der Wernitz bewässert, an der
Gränze zwischen Schwaben, Bayern und Franken) vollständig (Mai
841), ging bei Worms über den Rhein und vereinigte sich unweit Toul
mit Karl dem Kahlen. Beide lieferten am 25. Juli bei Fontenaille
(k'ontnnetum) unweit Aurerre Lotharn eine 14stündige Schlacht, in
welcher dieser besiegt und der austrasische Heerbann fast aufgerieben
wurde (40,000 Mann todt). Rur widerstrebend und auf günstige Zwi-
schenfälle lauernd bequemte sich Lothar zu Unterhandlungen; er wiegelte
sogar die Sachsen gegen Ludwig auf, indem er ihnen die Wiederher-
stellung des Gesetzes ihrer Väter, wie es vor Karl dem Großen bestand,
versprach und die Frilinge und Liten gegen die Edelinge hetzte, als ihm
diese nicht mehr anhingen (Aufstand der Stellinga); ja er zog die
normanischen Seeräuber herbei und räumte ihnen die Insel Walchern
ein. Endlich sah er sich, weil die Völker des Krieges überdrüssig waren,
dennoch zu einem Vergleiche mit seinen Brüdern genöthigt, der im August
843 zu Verden (Verdun) zu Stande kam.
Lothar behielt mit dem Kaisertitel Italien, den südlichen Theil von
Rhätien und Rorikum, von Helvetien die heutigen schweizerischen Kan-
tone Wallis, Genf, Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern, Solothurn,
Aargau jenseits der Aare, Basel; den Länderstreifen an der Rhone bis
zum Genfersee, nordwärts den zwischen Saone, Maas und Schelde
einerseits und dem Rhein andererseits; diesseits des Rheins noch Fries-
land. Ludwig bekam Deutschland diesseits des Rheins, jenseits des-
selben die Bisthümer Mainz, Worms und Speyer, den nordöstlichen
Theil von Helvetien und Rhätien; Karl endlich den von Lothars Herr-
schaft westlich gelegenen Theil des Reiches (Neustrien, Aquitanien, ein
Stück von Burgund, die spanische Mark), mußte aber noch längere Zeit
mit dem Aquitanier Pipin kämpfen.
Daß diese Theilung wohl die Oberherrlichkeit des Kaisers Lothar
über die königlichen Brüder aufhob, aber keineswegs die deutschen und
romanischen Völker auseinander schied, ergibt der Augenschein, obwohl
sich in der Folge der Theilung der Gegensatz zwischen deutsch und roma-
nisch rascher entwickelte; auch lag dem Vertrage von 843 der Gedanke,
Karls des Großen Reich dauernd in drei Reiche aufzulösen, nicht ent-
fernt zu Grunde; es bestand vielmehr das Erbrecht der drei karolingi-
schen Dynastieen im Falle des Aussterbens der einen oder andern fort,
woraus wir neue Theiluugen, eine kurz dauernde Wiedervereinigung
6 *
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Karl Karl Karl Karl Karl Karl Ludwig Ludwig Karl Karl Lothar Ludwig Ludwig Karl_dem_Großen Karl August Lothar Ludwig_bekam_Deutschland Ludwig Karl Karl Lothar Karls
Die Ungarn. Arpad.
111
warf die Chazaren bis an den Iaik (Uralfluß), die türkischen Stämme
der Kassogen und Jassen zwischen dem asowschen und kaspischen Meere,
einen Theil der Bulgaren, und wurde von dem byzantinischen Kaiser
Johannes Tsimiszes 971 bei Silistria mit Mühe zurückgetrieben; 973
blieb er gegen die Petschenegen, die vom Ural in die Steppen vom
unteren Don bis zur unteren Donau vorgedrungen waren und die
Ungarn westwärts getrieben hatten.
Wladimir der Große (973—1015). Theilung des Reichs.
Sein Sohn Wladimir I., der Große oder Apostelgleiche (973—1015),
erkämpfte sich gegen seine Brüder die Alleinherrschaft, bekriegte das by-
zantinische Reich, schloß aber mit demselben Frieden und heirathete die
griechische Prinzessin Anna; 988 ließ er sich zu Kiew taufen und führte
das Christenthum im ganzen Reiche ein. Er rief auch Gelehrte und
Künstler herbei, baute Kirchen und Klöster, lebte aber wie ein türkischer
Chan in Vielweiberei und bewies dadurch, daß Rußland der Barbarei
noch keineswegs entrissen war. Sein Reich war das größte in Europa;
das germanische Element war aber bereits Ln dem slavischen aufgegangen,
was daraus erhellt, daß Wladimir das Slowenische als allgemeine
Kirchensprache einführte. Er theilte Rußland unter seine zwölf Söhne;
der Großfürst Jaroslaw wiederholte die Theilung 1054, und nun dauerte
sie einige Jahrhunderte fort, was die russische Macht, die in ihren An-
fängen so furchtbar aufgetreten war, dermaßen schwächte, daß sie auf die .
Geschicke Europas im Mittelalter keinen bedeutenden Einfluß mehr aus-
übte; auch die Keime der von Wladimir gepflanzten Bildung wurden
noch im 12. Jahrhunderte durch die Mongolen beinahe vernichtet.
Die Ungarn. Ärpal, (838—907).
Mit den Ungarn trafen die Russen unter Igor zusammen, der sie
zurückwarf, worauf sie ihre Raubzüge fast ausschließlich gegen Westen
richteten. Das finnisch-türkische Volk der Ungarn hatte sich allmählig
um Ural herunter an den Dniepr in das Reich der Chazaren ge-
zogen und wurde vdn den türkischen Petschenegen gedrängt, worauf
es in sieben Stämmen, denen sich der fremde der Maghyaren (vgl.
oben S. 41) angeschlossen hatte, um die Mitte des 9. Jahr-
hunderts in Pannonien einbrach, welches damals die Bulgaren be-
herrschten, und sich des ganzen Landes von der Aluta bis zur Raab
bemächtigte. Sein König Arpad (die von ihm stammende Dynastie der
Arpaden erlosch 1301) verband sich mit dem Kaiser Arnulf und zer-
trümmerte das großmährische Reich Swatopluks. Dadurch wurden die
Ungarn die östlichen Nachbarn Deutschlands, und als sie nach Arnulfs
Tode die herrschende Anarchie sahen, versuchten sie alsbald einen Raub-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk]]
Extrahierte Personennamen: Arpad Johannes_Tsimiszes Wladimir_I. Anna Jaroslaw Igor Raab Arpad_(
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Silistria Donau Ungarn Europa Europas Ungarn Pannonien Aluta Swatopluks Ungarn Deutschlands
Die schweizerische Eidgenossenschaft gegründet.
247
Die schwehcrische Eidgenossenschaft gegründet (1308).
Der ermordete König hatte besonders eifrig darnach getrachtet, die
Leute im schweizerischen Alpengebirge an sich zu bringen; denn er er-
kannte die Wichtigkeit dieses Landes als Eckstein gegen Frankreich und
Italien recht wohl und als tüchtiger Kriegsmann schätzte er das aleman-
nische Fußvolk wie sein Vater, der sich ausgesprochen hatte, mit 40,000
Fußgängern und 4000 Reitern aus Alemannien wolle er der ganzen
Welt die Schlacht anbieten; denn die Natur jener Thäler und Berge
hatte dafür gesorgt, daß die altdeutsche Kriegsweise dort erhalten blieb.
Albrecht hatte vieles ererbt und vieles erworben in diesen Gegen-
den, und es brauchte nur noch einige Schritte, bis seine Herrschaft ab-
gerundet war. Thurgau, Zürichgan, Aargau, Zug, Freiburg und Luzern
gehörten ihm; als Schirmvogt von Säckingen war er Oberherr von
Glarus, als Schirmvogt von St. Gallen, Bisthum Chur und Kloster
Einsiedcln war er in diesen Stiftslanden Oberrichter und Pannerherr;
in Schwyz und Unterwalden hatte er Landvogtrechte, überdies Herr-
schaften und Güter; dagegen sind die Rechte Habsburgs in Uri noch
nicht hinlänglich aufgehellt. Von diesen drei Ländern ging ein Wider-
stand aus, dessen Veranlassung und Umfang wir nicht mehr bestimmen
können; denn was die Schweizer erzählen, ist Volkssage, durch lange
Feindseligkeit gänzlich verunstaltet, und gleichzeitige Geschichtschreiber
haben wir über jene Ereignisse keine. Wir lassen demnach die Geschichte
von Tell, Melchthal, Walter Fürst und Staufacher der Poesie und Sagen-
geschichte und begnügen uns, die Punkte herauszustellen, die unbestritten
bleiben müssen. Obwohl kein Geßler auf der Burg bei Küßnacht ge-
schichtlich erwiesen ist, so haben jedenfalls Adelige des Königs, mögen
diese Vögte gewesen sein oder nicht, das Landvolk durch Uebermuth er-
bittert; dies war bei der damals überhaudnehmenden Entartung des
Adels allbereits an der Tagesordnung. Noch gewisser ist, daß die Land-
gemeinden in den Bergen die Wirren der Zeit so gut benutzt hatten als
die Fürsten; als kein Kaiser die Rechte des Reiches wahrte, die Adeligen
sich für oder gegen die Hohenstaufen oder in eigenen Fehden schlugen,
als selbst die beiden Habsburger Linien einander bekriegten, nahmen die
Städte im damaligen Oberdeutschland (so nennt es noch der Schweizer
Tschudi im sechszehnten Jahrhundert) z. B. Zürich und noch mehr Bern
die Gelegenheit wahr sich jeder Oberherrlichkeit, die doch keinen Schutz,
sondern nur Lasten im Gefolge hatte, zu entziehen, was um so leichter
anging, als Schwaben keinen Herzog von Burgund, keinen Neichsstatt-
halter mehr hatte. Das gleiche thaten die Bauern, voran die Schwyzer,
welche bereits zweihundert Jahre mit dem Kloster Einsiedeln in einem
Streite wegen Wäldern und Alpen lagen; Zürich hatte sich an ihnen
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Walter_Fürst Schweizer
Tschudi
194 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs Xiv. rc.
ihre barbarischen Gewohnheiten abthun; allein er richtete nicht viel aus,
weil Gesittung nicht geboten werden kann, sondern nur als eine Frucht
der Jahrhunderte reift. Peter selbst blieb Zeitlebens ein Barbar, der seine
Minister eigenhändig durchprügelte, die Gesandten und Räthe betrunken
machte und sich selbst lästerlich berauschte, seiner Wollust mit thierischer
Schamlosigkeit stöhnte, das Leben anderer für nichts achtete und zu seinem
Zeitvertreibe aufzuopfern geneigt war und bei den Hinrichtungen selbst
Hand anlegte. Aber dieser Barbar war ein genialer Mann und hatte
einen politischen Scharfblick, der ihn das nahe und ferne Ziel klar er-
kennen und jeden Schritt abmessen ließ; bei seiner starken Willenskraft
war er dennoch seiner Eroberungslust ganz mächtig und gab ihr nur
in so weit nach als nothwendig war, um zu der Macht Rußlands
und dessen künftiger Weltherrschaft die Fundamente und Grundmauern
zu bauen.
Als er die Negierung übernahm hatte das weitausgedehnte Ruß-
land noch keine Küsten in seinem Besitze als die des Eismeeres mit dem
Seehafen Archangel, welcher die Hälfte des Jahres durch Eis geschlossen
ist, und die sibirische Küste bis Kamtschatka, bis wohin die Russen im
Laufe des 17. Jahrhunderts vordrangen. Die Mündungen der andern
russischen Flüsse waren in den Händen der Türken und Schweden. Ruß-
land hatte noch keinen selbstständigen Handel, war also auch ein geldarmes
Land. Peter erkannte, daß ohne Seehandel und Seemacht die Stärke
eines Staates keine nachhaltige ist, darum suchte er an dem baltischen
und asowischen Meere festen Fuß zu fassen, und fing mit den Türken
Krieg an, als sie gerade an Prinz Eugen die neue Kriegskunst kennen
lernten. Es gelang ihm mit den Schiffen, die er auf dem Don gebaut
hatte, die türkische Flotte zu überfallen und zu schlagen; die Stadt Asow,
von welcher die Palus Mäotis der Alten den heutigen Namen des aso-
wischen Meeres trägt, fiel in seine Gewalt und wurde ihm von den
Türken im Frieden von 1699 abgetreten. So öffnete Peter seinem
Volke das bisher verschlossene Meer.
Schweden von Gustav Ädotpli dis Kart Xii. (1631 — 1699).
Seine Hauptanstrengung richtete Peter aber gegen Schweden, wel-
ches das baltische Meer beherrschte, dessen Herrschaft er als die erste
Bedingung der russischen Größe ansah. Gustav Adolf und die Erobe-
rungen der schwedischen Feldherren im dreißigjährigen Kriege hatten das
schwachbevölkerte und arme Schweden in den Rang der Großmächte vor-
geschoben, und nur auf Schwedens Kosten konnte Rußland zunächst Einfluß
auf Europa gewinnen.
Auf Gustav Adolf folgte seine minderjährige Tochter Christine,
für die während zwölf Jahren ein Reichsrath von fünf Mitgliedern,
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht]]
Extrahierte Personennamen: Ludwigs Peter Peter Eugen Peter Gustav_Ädotpli Gustav Peter Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Christine
Extrahierte Ortsnamen: Kamtschatka Schweden Schweden Schwedens Europa
374
Zeitalter der Revolution.
Siebenundzwanzigstes Kapitel.
Der russische Feldzug (1812).
Nunmehr aber sollte der furchtbare Glücksumschwung beginnen,
welcher in der ganzen Weltgeschichte seines Gleichen nicht hat. Spanien
war noch immer nicht unterworfen; die Guerillas waren, wenn auch
nicht zahlreicher, so doch gewandter und kühner geworden, der Herzog
von Wellington aber hielt die französischen Marschälle im Schach und
eroberte selbst einige Festungen. Zu dem spanisch-englischen Kriege, der
die französischen Heere im äußersten Westen beschäftigte und aufrieb, kam
1812 ein Krieg mit Rußland, dem halbasiatischen Kaiserreiche. Der Kaiser
von Rußland ward nach dem Wiener Frieden des Bundes mit Frankreich
überdrüssig; einen andern Grund als den, daß Alerander neben Napo-
leon und Rußland neben Frankreich eine ganz unansehnliche Nolle spielte,
hatte Kaiser Alerander nicht, und seine Rolle hatte ihm bisher etwas
eingetragen. Zwar erlitt der russische Handel durch das Kontinental-
system einen empfindlichen Verlust, indem die Hauptausfuhren nach Eng-
land, die des Leders, Hanfs und Talgs, aufgehört hatten; es war ferner
eine Beleidigung gegen den russischen Kaiser, als Napoleon den Herzog
von Oldenburg, Alexanders Vetter, seines Landes beraubte, obgleich der-
selbe Rheinbundfürst war; aber dafür hätten sich Entschädigungen in
Deutschland finden lassen, wenn die beiden Kaiser gewollt hätten. Die
Ursache des großen Krieges war, wie gesagt, in letzter Reihe keine an-
dere, als daß Rußland nicht länger zusehen wollte, wie Bonaparte vom
Tajo bis zur Weichsel und von der Meerenge Siciliens bis zum Sunde
in Europa schaltete, während Rußland nur am schwarzen Meere und
an den finnischen Seen seine erobernde Thätigkeit versuchte, das Groß-
herzogthum Warschau aber wie ein Keil gegen das Centrum der russischen
Monarchie gerichtet war.
Die Sprache der beiden Herrscher wurde immer gereizter. Ruß-
land schloß Bündniß mit Schweden, dem Norwegen garantiert wurde,
mit England und den spanischen Kortes (denn die spanische Königs-
samilie befand sich auf französischem Boden), Napoleon aber bot die
Streitkräfte Frankreichs und seiner Bundesgenossen auf. Seine eigenen
Heere, aus Franzosen, Italienern, Holländern, Deutschen, den entführten
Spaniern und Portugiesen bestehend, betrugen gewiß 300,000 Mann.
Zu dieser unerhörten Masse stellten die Rheinbnndfürsten 100,000, Po-
len 60,000, die Schweiz 12,000, Oesterreich 30,000, Preußen 20,000
Mann; diese zwei Mächte hatten besondere Verträge mit Napoleon ab-
geschlossen, in welchen dieser ihnen eine Gebietsvergrößerung auf Kosten
Rußlands zusagte. Im ganzen zogen mehr als eine halbe Million
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Extrahierte Personennamen: Siebenundzwanzigstes Napoleon Alexanders_Vetter Alexanders Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Wellington Frankreich Frankreich Oldenburg Deutschland Europa Warschau Schweden Norwegen England Frankreichs Rheinbnndfürsten Oesterreich
Der russische Feldzug.
375
auserlesener Krieger mit 1200 Geschützen gegen Rußland, unter treff-
lichen Feldherren und erprobten Offizieren; ein Geist militärischer Ehre
durchdrang diese Heeresmassen, wie sie nur die Phalanren Alexanders
und die Legionen Casars in alter Zeit beseelte. Im Mai 1812 weilte
der Eroberer zehn Tage in Dresden und empfing hier den Besuch des
Kaisers von Oesterreich, des Königs von Preußen und der Rheinbund-
fürsten; dann ging er zur „großen Armee" und verkündete die Eröff-
nung des „zweiten polnischen Krieges". Durch seinen Gesandten in
Warschau (de Pradt, Erzbischof von Mecheln) rief er einen Reichstag
der polnischen Nation zusammen, der sich zur polnischen Gcncralkon-
föderation erklärte und die Wiederherstellung des Königreichs aussprach.
Napoleon bestätigte dies, nahm aber Galizien aus, welches Oesterreich
vertragsgemäß verbleiben sollte, wenn ihm Napoleon nicht Illyrien zu-
rückgab, wozu er keine Lust hatte.
Vom 22. bis 25. Juni ging der Gewaltshaufen unter Napoleon,
mehr als 200,000 Mann stark, an drei Punkten über den Niemen.
Den linken Flügel, dem die Preußen zugetheilt waren, etwa 40,000
Mann stark, führte Makdonald über den Fluß; sein Ziel war Riga.
Rechts von der Hauptmacht ging Hieronymus Bon aparte mit
100,000 Mann bei Grodno über den Riemen; den äußersten rechten
Flügel, gegen 50,000 Mann, bei dem die Oesterreicher und die meisten
Sachsen standet, kommandierte Schwarzenberg und drang über den
Bug gegen Podolicn vor. Napoleon mußte jedoch zu seinem Verdruffe
wahrnehmen, daß er es diesesmal mit einer ganz neuen Art von Kriegs-
führung zu thun habe; die Russen zogen sich vor ihm zurück; die Be-
völkerung wich von dem Heerwege seitwärts in die Waldungen aus und
nahm Vieh und Lebensmittel mit sich. Die Soldaten trafen nur die
elenden, halb oder ganz verlassenen Dörfer und es bemächtigte sich ihrer
auf dem öden langen Zuge ein unheimliches Vorgefühl. Der Hunger,
die vielfachen Entbehrungen, die Kämpfe in den Wäldern machten die
Soldaten wüthend, während Krankheiten unter ihnen furchtbar aufräum-
ten; sie brannten die verlassenen Dörfer nieder, zerstörten die Feldfrüchte
auf dem Halme und beraubten so ihre nachziehenden Kameraden der
wenigen Hilfsmittel, welche das Land darbot, so daß das französische
Heer an der Düna bereits um ein Drittel schwächer war als am Niemen.
Das russische Hauptheer unter Barklay de Tolly zog sich zurück und
zerstörte die Magazine, die es nicht fortschaffen konnte. Zu einer Haupt-
schlacht konnte es Napoleon nicht zwingen, so sehr er auch vorwärts
eilte; ebenso wenig gelang es ihm, den rechten russischen Flügel unter
Bagration abzuschneiden. Andererseits mißlang den Russen der Ver-
luch bei Mohilew (22. Juli) den rechten französischen Flügel, und bei
Polozk (17. und 18. August) den linken zurückzudrängen, wodurch das
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land]]
Extrahierte Personennamen: Alexanders Napoleon Napoleon Napoleon Hieronymus_Bon Schwarzenberg Napoleon Napoleon August
Der russische Feldzug.
377
zurück; die Erbitterung der Russen war durch den Brand Moskaus noch
gestiegen, denn nur wenige wußten, daß er durch Rostopschin angelegt
war, das Heer und das gemeine Volk glaubten, die Franzosen batten
die heilige Stadt den Russen zum Schimpfe den Flammen überliefert.
Napoleon mußte sich zum Rückzug entschließen, weil er einen
Winterfeldzug gegen Petersburg mit seinem geschwächten und entblößten
Heere nicht wagen konnte. Am 19. Oktober begann die rückgängige
Bewegung, und zum Abschiede wurde (am 23.) der Kremlin, die alte
Zarenburg, in die Luft gesprengt. Die große Armee zog die Strecke
von Moskau über Malo-Jaroslawez, wo ein nichts entscheidendes Treffen
gegen Kutusow stattfand, des Weges, den sie gekommen war, und batte
sie schon damals Mangel gelitten, so fand sie jetzt um so weniger Lebens-
mittel und es begann eine schreckliche Noth. Zu allem Unglück brach
der russische Winter mit seiner ganzen Strenge schon am 6. November
ein; zuerst unterlagen die halbverhungerten Pferde zu tausenden und
bald auch die Soldaten. Ueber 300 Stunden Weges zogen sie durch
eine Schneewüste, fast ohne alle andere Nahrung als das Fleisch der
gefallenen Pferde, ohne warmes Kleid und ohne Schuhe, verfolgt von
den ergrimmten Russen, die mit allen Bedürfnissen versehen der Winter-
kälte leichter Trotz bieten konnten. So mußte die große Armee zu
Grunde gehen; die Leichen häuften sich an beiden Seiten des Weges;
von den Lebenden sorgte jeder nur für sich selbst, die Bande der mili-
tärischen Discipliu und der Kameradschaft lösten sich auf. An der
Beresina, einem Nebenflüsse des Dniepr, wurde das unglückliche Heer
von den Russen eingeschlosscn; denn nach dem Friedensschlüsse von Bu-
karest war das russische Heer unter Admiral Tschitschagow von der
türkischen Grenze aufwärts gezogen und am andern Beresinaufer ange-
kommen. Aber Napoleon hatte unter Oudinot und Viktor aus Polen
her eine Hccresabtheilung herbeiziehen können, und dies machte es ihm
möglich sich durchzuschlagen. „Die Tage d.er Beresina", 26. bis 29.
November, waren entsetzlich; einen vielfach überlegenen rachedurstigen
Feind vor und hinter sich, dazwischen einen tiefen Fluß mit sumpfigen
Ufern und nur zwei Brücken (bei Studienka) zum Uebergange. Dennoch
bahnte sich Napoleon mit 18,000 kampffertigen Kriegern einen Weg
durch die Russen, aber nur mit entsetzlichem Verluste. Denn als der
Weg geöffnet war, entstand bei der nachziehenden, größtentheils wehr-
losen Masse ein gräßliches Gedränge; jeder drückte vorwärts; die einen
wurden in den Fluß hinuntergestoßen, andere umgeworfen und von den
Hufen der Rosse und den Fußtritten der Kameraden zermalmt, und in
diesen Knäuel schlugen die Kugeln der verfolgenden Russen. Ungezählte
tausende kamen da um oder trieben mit den Eisschollen der Beresina.
Von da ging die Flucht weiter und weiter; auch im lithauischen Wilna
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Admiral_Tschitschagow Napoleon Viktor Napoleon