432 Die neue Zeit.
rische Lehre bekennen dürfen, protestierten sie zngleich dagegen, daß sie diejenigen von ihren Unterthanen, welche bei der alten Lehre bleiben wollten, ungestört lassen sollten. Insbesondere erklärten sie, sie könnten nie zugeben, daß ihre Unterthanen die Messe anhörten. Sie verlangten also Freiheit für sich und zugleich das Recht, gegen die katholischen Unterthanen Gewalt anwenden zu dürfen. Fortan mußte sich die Religion der Unterthanen nach der Religion des Landesherrn richten, und ein Religionswechsel des Fürsten zog jedesmal einen gewaltsamen Religionswechsel der Unterthanen nach sich. So mußten z. B. in der Pfalz die Unterthanen in kurzer Zeit viermal die Religion wechseln, zuerst lutherisch, dann reformiert, dann wieder lutherisch und wieder reformiert werden, je nachdem die gebietenden Herren lutherisch ober reformiert waren. Wo aber ein katholischer Fürst die katholische Kirche wieberherftellte, ba schrie man über Glaubenszwang und Gewissenstyrannei.
8 158.
Die Reformation tu der Schweiz.
437) Zu gleicher Zeit mit Luther hatte Ulrich Zwingli, Pfarrer in Zürich, die Heilige Schrift als die alleinige Quelle des Glaubens erklärt und war deshalb mit feinem Bischöfe in Streit geraten. Aber der Große Rat in Zürich nahm sich seiner an, und unter dessen Schutze wurden nicht nur dieselben Neuerungen eingeführt, wie in Sachsen, sondern Zwingli ging noch weiter als Luther. Er leugnete sowohl das Opfer der heiligen Messe als auch die Gegenwart Jesu Christi im heiligen Sakramente, welche Luther noch neben dem 33roje znließ. Das Brot und der Wein waren ihm nichts als Sinnbilder, welche nur das Fleisch und Blut Christi bedeuten und an Christi Tod bloß erinnern sollten. Darüber geriet er mit Luther in Streit, der „die Sakrameutierer", wie er Zwingli und seine Anhänger nannte, für „Erzteufel" erklärte. Jeder erblickte in dem andern den Antichrist, und beide überschütteten einander mit denselben Schmähungen, mit denen sie Papst und Bischöfe überhäuften. Wie in Sachsen, so wurde auch iu Zürich die neue Lehre mit Gewalt eingeführt. Die Klöster und die Ehelosigkeit der Priester wurden aufgehoben, und das Abendmahl unter beiden Gestalten, und zwar mit gewöhnlichem Brote, ausgeteilt. Das Beispiel Zürichs, welches die Kirchengüter und die kostbaren Kirchengerätschaften einzog, und die evangelische Freiheit, welche weder Fasten noch guter Werke bedurfte, wirkte auch auf andere Kantone. Basel und Bern ahmten Zürich zuerst nach und verfuhren mit gleicher Gewaltthätigkeit gegen die, welche der alten Kirche treu bleiben wollten. Es entstand ein Krieg zwischen Zürich und Bern und den katholischen Kantonen,
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456 Die neue Zeit.
ebenfalls dem Dolche des Jacques Clement, eines fanati-1589.firten Dominikaners. Mit ihm erlosch das Haus Orleans. Sterbend ernannte der König noch seinen nächsten Vetter, den Bonrbonen Heinrich von Navarra, einen Protestanten, zu seinem Nachfolger. Um sich allgemeine Anerkennung zu verschaffen, trat derselbe zur katholischen Kirche zurück, sicherte dagegen 1398.durch das Edikt von Nantes den Protestanten die Religionsfreiheit. Heinrich Iv. gilt für den größten König Frankreichs, wie er der gefährlichste Gegner Deutschlands war, dessen politische Gestalt er verändern und es dadurch schwächen wollte. 1610.Mitten in seinen Entwürfen aber wurde er von Navaillac ermordet.
Anmerkungen.
1. Franz I., der in seinem eigenen Lande den Protestanten den Prozeß machen ließ, während er sie in Deutschland gegen Karl V. unterstützte, entschuldigte sich damit, daß sie zugleich Aufrührer seien. — Man behauptet in der Regel, die Religionskriege in Frankreich seien durch das Blutbad von Vassy (1562) veranlaßt worden. Nichts ist unrichtiger, als dieses. Schon 1560 bildete sich die Verschwörung von Amboise. Die Reformierten, welche sich in ganz Frankreich bewaffnet hatten, wollten an einem bestimmten Tage in der Nähe des Hofes zusammentreffen, den König gefangennehmen und die Regierung den Prinzen Bourbon und (Sonde übergeben. Allein die Verschwörung würde entdeckt und der Plan vereitelt. 1561 vertrieben die Calvinisten in Montauban die Geistlichkeit und die vornehmsten Katholiken, plünberten die Kirchen und Klöster und verboten den katholischen Goitesbienst. Zu P amte r s würde mit den übrigen Kirchen und Klöstern auch die Kathebrale nieber-geriffen; ebenso würden die Kathebrale von Lisieux, dann bte Abteien Bernay, Peraujc und Beaumont zerstört. Zu Meaur würden die Silber und Kruzifixe zerschlagen und eine Kirche geplünbert. Zn Orleans schoß man währenb der Fronleichnamsprozession auf die Katholiken, zu Amiens würde die Kathebrale gestürmt. In Nim es warf man die heiligen Hostien in einen angeziinbeten Scheiterhaufen und tanzte um benfelben. Selbst in Paris Brachen die Calvinisten in die Kirche S t. Mebarbus zur Zeit des Gottesbienstes, töteten und ver-nmnbeten viele Katholiken und traten die heilige Hostie mit Füßen. Dies geschah nicht ans Veranlassung von Volksauslaufen, fonbern durch Aufhetzung der Calvinistenprebiger, welche Versammlungen hielten und die Orte Bezeichneten, wo die Gewaltthaten verübt werben sollten.
2. Am 1. März 1562 kam der Herzog von Guise durch Vassy in der Champagne, wo die Hugenotten gerabe in einer Scheuer Gottesdienst hielten. Es entspann sich zwischen des Herzogs Gefolge und den Hugenotten ein Streit, welchen der Herzog vermitteln wollte, als ihn ein Steinwurf in das Gesicht traf. Darüber erbittert, fiel das Gefolge über die Hugenotten her und es kamen 60 um das Leben. Aber bieses unglückselige Ereignis ist burchaus nicht der Anfang der Religionskriege, beim bereits am 6. Februar hatten die Protestanten zu Nlmes die Massen ergriffen.
3. Den Namen Hugenotten sollen die Reformierten bavou erhalten
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Extrahierte Personennamen: Jacques_Clement Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Franz_I. Franz_I. Karl_V. Karl_V. März
Extrahierte Ortsnamen: Nantes Frankreichs Deutschlands Deutschland Frankreich Amboise Frankreich Montauban Lisieux Amiens Paris Champagne
§ 190. Die Schweiz. 519
Dienste und zwar in den französischen Religionskriegen sogar Schweizer gegen Schweizer.
524) Auch die Sekten verursachten in den Schweizer Kantonen, welche sich von der Kirche getrennt hatten, Unordnungen und fanden blutige Unterdrückung. Besonders waren es die Wiedertäufer, welche sich von Walds Hut aus über die Schweiz verbreiteten. Auch der Bauernkrieg fand in der Schweiz feine traurige Fortsetzung. Die von Luzern abhäugigeu Eutlibucher und die zu Bern gehörigen Emmenthal er thaten sich zusammen, um ihre alten Rechte zu wahren, welche sie vou den Städten verletzt glaubten. Zn Snmiswald im Bernischen stifteten sieden Bund aller Bauern. Aber Bern 1653. und Luzern erhielten Hilfe von Zürich, und bei Wohlen-schwyl am Zürcher See wurdeu die Bauern geschlagen. Die Patrizier, welche mit den Schweizerbauern nicht besser umgegangen waren als die deutschen Herren mit den ihrigen, übertrafen die letztem nach Unterdrückung des Aufstandes noch in der Grausamkeit. Unter den andern innern Streitigkeiten ist noch der Toggenbnrger Handel hervorzuheben, der mit dem Frieden^-von Baden endete, in welchem der Abt von St. Gallen die E. Rechte der Toggenbnrger Bauernschaft anerkennen mußte.
Anmerkungen.
1. Matthäus Schinn er, Bischof von Sitten und päpstlicher Legat in der Schweiz, hatte den Eidgenossen, die vorher im Solde der Franzosen gekämpft hatten, ein fünfjähriges Bündnis mit dem Papste vorgeschlagen. Da die Schweizer für ihre den Franzosen geleisteten Dienste nicht mehr so reichlich wie früher belohnt, ja öfters beschimpft wurden, so beschlossen sie, sich vom französischen Heere zu trennen und sich auf die Seite des Papstes und des Kaisers zu schlagen. Als sie aber später mit Frankreich den ewigen Bund geschlossen hatten und die katholischen Kantone Hilfstruppen nach Frankreich sandten, so eilten aus den protestantischen Kantonen viele den Hugenotten gegen die Ligue zu Hilfe; auch fanden viele vertriebene Hugenotten Aufnahme in der reformierten Schweiz.
2. Ein großes Verdienst um die Erhaltung des katholischen Glaubens in der Schweiz hatte der heilige Karl von Borromäo, Kardinal und Erzbischof von Mailand. Er brachte den Goldenen oder Borromäischen Bund zu stände, in welchem die Kantone Luzeru,
Uri, Schwyz, Uuterwalden, Zug, Solothurn, Freiburg und Wallis sich zu Luzern auf ewige Zeiten zum katholischen Glauben verpflichteten (1586).
3. Der Anführer der Schweizerbauern war Nikolaus Leuenberg, ein Bauer aus Schönholz im Kanton Bern. Er ließ sich keinerlei Gewaltthätigkeit zu schulden kommen und suchte stets zu vermitteln; auch ging die Regierung von Bern einen Vertrag mit ihm ein, wodurch die Streitigkeiten zwischen Land und Stadt beigelegt werden sollten. Wäh-
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Extrahierte Personennamen: Matthäus_Schinn Karl_von_Borromäo Karl Nikolaus_Leuenberg Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Luzern Baden Schweiz Frankreich Frankreich Mailand Schwyz Solothurn Freiburg Bern
Kaiser Karl V und die Kirchentrennung in Deutschland. 603
jetzt noch bei dem Reichskammergericht über Religionssachen schwebenden
Rechtsstreitigkeiten nachgeben. Hier wurde ihm zugleich noch Anderes
abgedrungen. Der Landgraf Philipp hatte kurz vorher, von König
Franz durch Geld unterstützt, ein Heer gerüstet und mit Gewalt den
Vertriebenen Herzog Ulrich, der zum Protestantismus übergetreten war,
in sein Land wieder eingesetzt, was um so leichter gelungen war, als
der schwäbische Bund sich im Jahre vorher aufgelöst hatte. Dieser
Gewaltthat mußte Ferdinand, der noch auf dem Reichstag zu Augsburg
die förmliche Belehnung mit Würtemberg empfangen hatte, seine Be-
stätigung ertheilen. Wie der Protestantismus nun einen Stützpunkt im
Süden Deutschlands gefunden, breitete er sich auch im Norden aus,
wo er im Jahre 1539 Brandenburg durch Joachims I. Sohn Joachim Ii»
und das Herzogthum Georgs durch dessen Bruder Heinrich gewann.
Unter solchen Umständen erhielt das Schmalkaldner Bündniß immer
mehr Kraft. In dasselbe waren auch die vier der Zwinglischen Lehre
anhängeuden Reichsstädte in Oberdeutschland ausgenommen worden, und
um die Verbindung fester zu knüpfen, wurde in der sogenannten Witten-
berger Concordie ein Ausdruck für die Abendmahlslehre gefunden, in
welchem die beiden protestantischen Parteien, ungeachtet die Verschieden-
heit in dieser Beziehung nicht aufhörte, sich einigten. Dagegen sprach
man von protestantischer Seite die Trennung von den Katholiken, als
Clemens' Vh. Nachfolger Paul Iii. (1534 bis 1549) ein Concil nach
Mantua ausschrieb, recht scharf durch die von Luther verfaßten Schmal-
kaldner Artikel aus, nachdem man die Theilnahme an dem Concil ver-
weigert hatte. Indessen hatte die religiöse Bewegung auch zu einer
großen Störung des Friedens geführt. In Münster hatte der Protestan-
tismus allmälig Eingang gefunden, und als er sich im Besitze eines
Theiles der Stadt befand, erstreckten sich hieher die Einwirkungen der
wiedertäuferischen Secte, die in den nahen Niederlanden heimisch ge-
worden war. Ihre Sendlinge rissen das ohnehin schon aufgeregte
Münster in einen Strudel von Schwärmerei und Gewaltthat, indem sie
mit Verkündigungen eines nahenden Gottesreiches viel Volk aus der
Umgegend in die Stadt lockten und mit Hülfe desselben alle Gewalt
in ihre Hände brachten. Ein Schneider, Johann Bockhold aus Leyden,
der göttliche Offenbarungen zu erhalten vorgab, trat an die Spitze der
Bewegung, erklärte sich für den König des neuen Reiches, das unter
Vernichtung aller Fürsten über den Erdkreis verbreitet werden sollte,
und ließ alle Greuel entmenschter Thorheit und Wuth in der Stadt
walten. Der Bischof von Münster, der früher mit den Protestanten
einen Vertrag hatte eingehen müssen, war jedoch mit Truppen zur
Eroberung der Stadt augerückt, und der Hunger riß in derselben ein.
Als nun die wegen der würtembergischen Angelegenheit begonnene Fehde
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Extrahierte Personennamen: Karl_V Karl Philipp Philipp Franz Franz Ulrich Ferdinand Joachim_Ii» Heinrich Heinrich Johann_Bockhold Johann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Brandenburg Joachims Georgs Oberdeutschland Mantua
Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. 595
stanz. Zwingli's Lehre entfernte sich noch weiter von der kirchlichen, als
die lutherische, und kam in Zürich so schnell zur Alleinherrschaft, daß
diejenigen, welche katholisch bleiben wollten, keine Kirche zum Gebrauche
erhalten konnten und aus der Obrigkeit die katholisch gebliebenen Mit-
glieder ausgestoßen wurden. Außer Zürich fielen die Cantone Basel,
Bern und Schaffhausen von der Kirche ab, während die neun übrigen
nach einem im Jahre 1526 zu Baden von Eck mit Hausschein oder
Oekolampadius, der Zwingli's Melanchthon war, gehaltenen Religions-
gespräche die neue Lehre als Jrrthum erkannt zu haben erklärten. Von
den nicht im Bunde befindlichen, sondern nur dem Bunde zugewandten
Orten hatte St. Gallen eine förmliche Empörung zu erleben, die mit
dem Wechsel der Religion endete. Als nun in den übrigen Cantonen
der Fortgang der neuen Lehre gehemmt wurde, verlangten die abgefalle-
nen Cantone, in- denen die Fortdauer katholischen Gottesdienstes nicht
gestattet wurde, von den katholischen die Zulassung des ihrigen. So
war ein Krieg unvermeidlich, und im Jahre 1531 brach er wirklich
aus. Die Schlacht bei Cappel im Cantón Zürich an der Zuger Grenze,
wo Zwingli fiel, entschied für die katholischen Cantone, die dadurch für
sich ihren Glauben bewahrten, den Abt von St. Gallen, obgleich die
Stadt nicht wieder katholisch wurde, wieder in Besitz seiner Herrschaft
setzten und in den dem Bunde gemeinschaftlichen Gebieten die Freiheit
der Religionsübung für die Katholiken schützten. Doch breitete das Ge-
biet der Zwingli'schen Lehre, deren Anhänger die Reformirten genannt
wurden, sich nach Westen weiter aus. Sie erhielt einen neuen Mittel-
punkt in der Stadt Genf, wo Calvin aus Nopon, nachdem die katholische
Religion daselbst schon unterdrückt war, in unermüdlicher Thätigkeit ein
eigenes Lehrgebäude aufftellte, und in Nähe und Ferne, auch unter den
bisherigen Bekennern von Zwingli's Lehre, großen Anhang gewann.
Die Vergrößerung des Berner Gebietes auf Kosten Savoyens schaffte
auch dem reformirten Kirchenwesen, das die Anhänger Calvins ebenfalls
in sich schloß, größeren Raum. Wie Bern der Stadt Genf zur Be-
freiung aus der Herrschaft Savoyens behülsiich gewesen, entriß es im
Jahre 1536 demselben mit Hülfe von Wallis und Freiburg, die ihren
Antheil erhielten, auch das ganze Waadtland, das nun in der bereits
gewöhnlichen Weise reformirt ward. Die weltliche Gewalt der Bischöfe
von Genf und Lausanne war vernichtet. Der Herzog von Savoyen,
Karl Iii., aus der Familie von Herzog Ludwigs zweitem Sohne Phi-
lipp, die nach dem Erlöschen der von dem älteren, Amadeus Ix., aus-
gegangenen zur Herrschaft gelangt war, konnte den Verlust nicht hin-
dern, da er, zugleich von König Franz angegriffen, selbst sein Stamm-
land Savoyen verlor. Die reformirte Lehre der Schweiz breitete sich
einerseits nach Frankreich aus und gewann anderseits Anhänger im bis-
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Melanchthon Cappel Zwingli Calvins Karl_Iii Karl Ludwigs Ludwigs Amadeus Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Basel Schaffhausen Cantón_Zürich Genf Savoyens Savoyens Freiburg Genf Lausanne Frankreich
670 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchentrennung
welcher die streitenden Parteien Gelegenheit fanden, sich die Kräfte der
Massen dienstbar zu machen, und jede Partei aus der Beforgniß für
ihre Religion und dem Anblicke der dieselbe bedrohenden Gefahren stets
neuen Eifer zum Kampfe schöpfte. Es waren Kriege staatlicher Um-
wälzung, sofern es persönliche Bestrebungen waren, die sich mit dem
Schein einer Vertheidigung der beiderseitigen Religionen bekleideten und
von beiden Seiten die Führer sich von aller staatlichen Ordnung los-
sagten, um das Recht der Gewalt an die Stelle der von den berufenen
Häuptern des Staates schlecht gewahrten Würde der Negierung zu
setzen. Der Kampf theilte sich in den fast allenthalben gleichzeitig ge>
führten regellosen und räuberischen Kampf, wie ihn die gelegentliche
Berührung der erbitterten Parteien brachte, und in den von den Häup-
tern der Parteien mit gesammelten und geordneten Kräften in kriegeri-
scher Weise geführten Kampf, dessen wechselnde Erfolge, soweit ihr
Eindruck wirken konnte, auch in dem Einzelkampf die Parteien wechselnd
hoben und niederdrückten. Nichts aber wurde in diesen im Namen der
Religion geführten Kriegen mehr als die Religion gehöhnt, welche unter
dem grausamen Spiele entfesselter Wuth ihre Macht über die Gemüther
einbüßte und nach dem Verstummen des Waffengetöses die Heilung der
furchtbarsten Verwilderung zu beginnen hatte.
4. In den drei ersten Kriegen (1562—1563, 1567 — 1568,
1569—1570) war die Partei der Guisen siegreich. Doch mußte sie,
ohne die gewonnenen Vortheile weiter zu verfolgen, den Kampf jedesmal
unterbrechen und die Gegenpartei durch Zugeständnisse beschwichtigen, weil
die Mittel zur Fortsetzung des Krieges fehlten und der Krieg selbst auch
aus dem Lande die Einkünfte nicht in geregelter Weise der Regierung
zufließen ließ. Zu Anfang des Krieges wurden Orleans und Rouen
Hauptpunkte für die Macht der Hugenotten. Schon hatte man durch
Wegnahme von Blois, Tours, Poitierö und Bourges die Stadt Orleans
vereinzelt, als man sich gegen die Engländer wenden zu müssen glaubte,
die von den Hugenotten Havre de Grace erhalten und eine Besatzung
in Rouen geworfen hatten. Rouen wurde erobert, bei der Eroberung
aber erhielt König Anton eine tödtliche Wunde. Als darauf Conde,
mit deutschen Truppen verstärkt, ohne daß er Paris hätte nehmen kön-
nen, in die Normandie kam, wurde er von dem durch spanische Truppen
aus den Niederlanden verstärkten Gusse bei Dreur geschlagen und ge-
fangen, während auf der Seite der Sieger St. Andre fiel und Mont-
morency in die Hände der Gegner gerieth. Nun begann die Belagerung
von Orleans, aber während derselben erlitt die siegreiche Partei den
schwersten Verlust durch den Tod Guiscks. Ein Hugenotte, der zu diesem
Ende in das katholische Heer eingetreten war, ermordete ihn. Dieser
Verlust und der Wunsch Katharinens, die Engländer vertrieben zu sehen,
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Extrahierte Personennamen: Anton
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Häup- Rouen Rouen Rouen Paris
veranlaßten inneren Kriege.
671
beförderten einen Frieden, der zu Amboise geschlossen ward, wodurch
freie Religionsübung den Großen der hugenottischen Partei für sich und
ihre Unterthanen in ihren Besitzungen, den Adeligen auf ihren Schlössern,
den Bürgern in bestimmten Städten zugestanden wurde. Die Stadt
Havre de Grace wurde, da Elisabeth sie nicht gegen Erstattung der an
Conde gemachten Vorschüsse herausgeben wollte, von Montmorency er-
obert, und obgleich die Hugenotten ihr später gegen Rückgabe der Stadt
das früher von England besessene Calais zugesagt hatten, geschah bei
einem im Jahre 1564 zu Troyes geschlossenen Frieden dieser Stadt
keine Erwähnung. Die hugenottische Partei, bei welcher Coligny dem
Abschlüsse des Friedens entgegen gewesen war, blieb fortwährend auf
neuen Krieg gefaßt, da sie Absichten wahrnahm, die auf Zurücknahme der
gemachten Zugeständnisse hinausliefen. Im Jahre 1567 wollten sich
die Hugenotten der Person des Königs bemächtigen, doch der Hof floh
von Monceaur nach Paris, und bei der Belagerung der Stadt wurde
Conde von Montmorency bei St. Denys geschlagen. In dieser Schlacht
fiel aber der siegende Heerführer, und der geschlagene zog sich nach
Lothringen, um dort die Unterstützung, die Johann Kasimir aus der
Pfalz brachte, an sich zu ziehen. Als Conde nun die Aufhebung der
Belagerung von Orleans erzwungen hatte, und gegen Chartres rückte,
begann Katharina auf Betreiben L'hopitalö Unterhandlungen, und ein
Friede zu Longjumeau erneuerte die Festsetzungen von Amboise, bestimmte
die Entfernung aller fremden Truppen aus dem Reiche und die Heraus-
gabe der von den Hugenotten besetzten Plätze. Doch dieser Friede war
nur ein Friede der Heere. Der kleine über das Land verbreitete Krieg
dauerte fort. Der Wunsch, der Bewegung Herr zu werden, veranlaßt
Katharina zu dem Plane, sich der Häupter der Gegenpartei in Noyers
zu bemächtigen. Diese entkamen jedoch nach der ganz protestantischen
Stadt La Rochelle, während L'hopital, dessen Ansichten mit denen der
Königin nicht übereinstimmten, den Dienst des Staates verließ. Den
Bruch des Friedens von Longjumeau, der wegen seiner kurzen Dauer
der kleine genannt wird, vollendeten Verordnungen zu Ungunsten der
Hugenotten. Als diese nun wieder ins Feld rückten, kam es zu einer
Schlacht bei Jarnac an der Charente, wo das königliche Heer siegte
und Conde fiel. Dessenungeachtet fühlten sich die Hugenotten, denen aus
Deutschland Hülfe zuströmte, stark genug, den Krieg fortzusetzen, und
obgleich des Königs Bruder, der Herzog Heinrich von Anjou, bei Mon-
contour in der Landschaft Poitou einen zweiten Sieg erfocht, waren
doch, als ein hugenottisches Heer darauf Paris bedrohte, die Aussichten
der Königin so zweifelhaft, daß sie sich in Unterhandlungen einließ.
Die Bedingungen des Friedens, der zu St. Germain en Laye geschlossen
wurde, waren noch viel günstiger für die Hugenotten als alle früheren.
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Extrahierte Personennamen: Montmorency Coligny Montmorency Denys Johann_Kasimir Johann Chartres Katharina Katharina Heinrich_von_Anjou Heinrich Germain
Extrahierte Ortsnamen: England Paris Lothringen Amboise Noyers La_Rochelle Deutschland
044 Spanien, Deutschland und Italien zur Zeit des Königs Philipp Ii.
fremde Herrschaft mit der andern vertauscht zu sehen, große Abneigung
gegen die Franzosen. Nachdem er die Verwirrung hatte vergrößern
helfen, verließ er das Land für immer im Jahre 1584. Dagegen ent-
wickelte Alexander als Staatsmann und Feldherr ein so großes Talent,
daß er den ganzen Süden, den südlichen Theil von Brabant einge-
schlossen, in seine Gewalt brachte. Die Stimmung hatte sich so geän-
dert, daß er die spanischen Truppen, auf deren Gebrauch er Anfangs
um der Beruhigung des Landes willen verzichtet, mit dessen Zustimmung
hatte zurückrufen können. Im Süden ging die Stadt Gent, in welcher
eine mächtige protestantische Partei sich gebildet hatte und von wo aus
eine ganz republikanische Negierung für Flandern eingerichtet worden war,
im Jahre 1584 an ihn über, und dieses Ereigniß entschied die Herstellung
der spanischen Herrschaft über Flandern. Im folgenden Jahre gelang die
Eroberung von Brüssel, und dadurch wurde der französische Hof abge-
schreckt, auf Unterhandlungen, welche die Generalstaaten mit ihm ange-
knüpft hatten, einzugehen. Darauf folgte die Ergebung von Mecheln
und nach einer durch Kunst und Ausdauer der Belagerer und der Be-
lagerten denkwürdigen Belagerung auch die von Antwerpen. In ein-
zelnen Städten des Nordens brachten die Katholiken, die noch nicht
ganz unterdrückt waren, Bewegungen hervor, wodurch die Spanier in
deren Besitz kamen. Ueberhaupt wurde in dem Kriege, in welchem An-
fangs zwei verschiedene Beweggründe, die Feindschaft gegen Spanien
und die Neigung zum Protestantismus, zusammengewirkt hatten, mehr
und mehr der Gegensatz in der Religion entscheidend für die Stellung
der Parteien. Aus den Städten des Südens wunderten die Anhänger
des Calvinismus unter den Reichen nach den vereinigten Provinzen aus,
und die Thätigkeit der Jesuiten vollendete die Rückkehr des Volkes zu
der katholischen Kirche. Dagegen zeigte sich im Norden der Eifer für
den Protestantismus als ein mitwirkendes Mittel bei Gestaltung des
neuen Staates. Zugleich suchte der neue Staat eine Grundlage seines
Bestehens durch Handelsthätigkeit zu gewinnen und verfolgte mit einem
allgemeinen, diesem Ziele zugewandten Eifer die Bahn, welche die Nie-
derlande zur Zeit dech Sinkens der Hansa Behufs der Erweiterung ihres
Handels nach Norden eingeschlagen hatten, indem sie die Erzeugnisse des
Südens nach den Oftseeländern brachten. Noch ehe sich im Jahre 1585
der Umfang der Gebiete, wie er für die Folge mit geringen Verände-
rungen den beiden Theilen der Niederlande blieb, festgestellt, war Ora-
nien, dem schon die beiden Provinzen Holland und Seeland durch Er-
theilung der Grafenwürde eine höhere Macht verliehen hatten, im
Jahre 1584 zu Delft von einem Manne aus der Freigrafschaft, der
so der Sache der Religion einen Dienst zu leisten meinte, ermordet
worden. Dadurch war jedoch der Wille zur Fortsetzung des Krieges
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Extrahierte Personennamen: Philipp Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Deutschland Italien Brabant Gent französische_Hof Mecheln Antwerpen Spanien Niederlande Holland Seeland
1048
Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes.
lichung zu wecken. Die Gefahr schwoll mit jedem Tage höher au, da
man alten vertragsmäßigen Festsetzungen zuwider nicht die Katholiken
und die Protestanten ihre Kirchen- und Schnlangelegenheiten besonders
verwalten ließ, sondern das katholische Kirchen- und Schulwesen unter
das Joch der voin Geiste des Radikalismus erfüllten Regierungen
zwang, um für die Zukunft immer freier von dem Widerstande einer der
Kirche anhängeudeu Partei zu werden. Der Kampf entbrannte da, als
man iin Laufe der Klofteraufhebungen, die überall ein wesentliches Ge-
schäft der Revolution bilden, im Jahre 1841 bei den Klöstern des Aar-
gaus augekommen war. Der Raub, den die aargauische Negierung an
dem großen Vermögen derselben beging, war eine so schreiende Frevel-
that, daß die katholische Bevölkerung der Schweiz, wie durch einen hef-
tigen Stoß, zur Erkenntniß des vor ihr sich öffnenden Abgrundes geweckt
wurde. Die Einsprache des päpstlichen Stuhles und der öftreichischen
Regierung blieb unbeachtet. Die Gesuche der Katholiken an die Tag-
satzung hatten ebenfalls keine Wirkung, da hier im Jahre 1842 der
größtentheils katholische Cantón St. Gallen durch seine als die zwölfte
Stimme für einen die Ungerechtigkeit gutheißenden Beschluß den Aus-
schlag gab. Die nächste Frucht des Unwillens, welcher die katholische
Bevölkerung ergriff, war eine Umwandlung der Cantone Luzern und
Freiburg, wodurch au die Stelle der radikalen Regierungen eifrig katho-
lisch gesinnte traten. Wallis hatte sich im Jahre 1840 in Folge des
Gegensatzes zwischen der katholischen und der radikalen Partei in Ober-
wallis und Unterwallis, deren Regierungen in Siders und Sitten saßen,
getrennt. Doch brachte das Verfahren der im Jahre 1842 in Unter-
wallis aus der Regierung verdrängten Radikalen einen Kampf hervor,
der im Jahre 1844 mit einen: entscheidenden Siege der Oberwalliser
endigte und so zur Wiedervereinigung des Cantono führte. Nun waren
es, da Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug noch keine Umwälzung er-
litten hatten, sieben Cantone, welche au der Kirche festhielten und der
Revolution gegenüberstanden. Je entschlossener sie sich zur Wahrung
der von ihnen heilig gehaltenen Sache zeigten, desto stärkere Feindschaft
hegten gegen sie diejenigen Cantone, welche sich die Aussicht benommen
sahen, in Kurzem den bei ihnen heimischen Radikalismus über die ganze
Schweiz zu verbreiten. Die Unruhe steigerte sich, als die Regie-
rung in Luzern, um für katholische Erziehung der Jugend und richtige
Ausbildung künftiger Priester eine Bürgschaft zu gewinnen, im Jahre
1844 Glieder des Jesuitenordens berief. Wie der Name der Jesuiten
überall eine kirchenfeindliche Gesinnung zu loderndem Zorne entflammt,
regte sich jetzt mit einem Male die äußerste Geschäftigkeit zu dem Zwecke,
in dem Cantone Luzern, der gerade damals auch der Vorort der Eidge-
nossenschaft war, eine Umwälzung zu bewirken, welche der katholischen
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498 Das römisch-deutsche Reich in den beiden nächsten Jahrhunderten
noch im Jahre 1477 wurde zu Gent ihre Vermählung mit Maximilian
gefeiert. Die Franzosen besiegte Maximilian im Jahre 1479 in der
Schlacht bei dem flandrischen Orte Guinegatc unweit St. Omer. Größere
Schwierigkeit verursachten innere Unruhen in den nördlichen Niederlanden,
wo ein Kampf zwischen zwei alten Parteien mit großer Wuth tobte.
Maximilian fand es nöthig, sich auf die Seite einer der Parteien zu
schlagen und wählte die sogenannte kabbeljauw'sche als diejenige, welcher
die Bevölkerung der meisten Städte angehörte, und welcher der ohnehin
der obersten Gewalt im Lande widerstrebende Adel unter dem Namen
der hoek'schcn gegenüberstand. Ehe diese Unruhen gestillt waren, verlor
er seine Gemahlin im Jahre 1482 durch den Tod. Da stand er der
kühnen und trotzigen Bevölkerung als ein Fremder gegenüber und war
selbst im Verhältnisse zu seinen Kindern Philipp und Margaretha ge-
hemmt, weil die Negierung im Namen Philipps von einem durch die
Genter Bürgerschaft im Einverständniß mit den flandrischen Ständen
eingesetzten Rath geführt wurde und die Genter den jungen Herzog unter
ihrer Aufsicht hielten. Da der Krieg im Norden noch nicht geendet
war, konnte sich Maximilian dem mächtigen Flandern, das als das
Hauptland des burgundischen Reiches galt, nicht entgegenstemmen und
mußte daher sich einen Vertrag des Regentschaftsrathes mit Ludwig Xi.
gefallen lassen, wonach seine Tochter Margaretha den französischen Dau-
phin Karl heirathen und ihm die Grafschaft Artois so wie die Frei-
grafschaft als Heirathsgut mitbringen sollte. Es währte bis zum Jahre
1485, ehe der Krieg im Norden geendet war und in dem Gebiete des
Utrechter Bisthums, wo derselbe zuletzt gewüthet, Maximilian die
Herrschaft unter dem Namen eines Schirmvogtes an sich gebracht hatte.
Um dieselbe Zeit gelangte er zu einem Vertrage mit den Flanderern,
nach welchem er gegen Bestätigung ihrer Freiheiten als Vormund seines
Sohnes anerkannt wurde und die Aufsicht über denselben erhielt. Doch
wurde die Unzufriedenheit in Flandern von Frankreich aus genährt. Da
der neue König Karl Viii. den Frieden brach und Maximilian zu neuem
Kriege nöthigte, fühlte das Land die Last der Steuern und des fremden
Kriegsvolkes. Im Jahre 1488 eilte Maximilian, nunmehr römischer
König, aus Anlaß einer Empörung der Genter nach Flandern und sah
sich, als er sich nach Brügge begeben hatte, von den dortigen Bürgern
gefangen. Die Kunde davon brachte den Kaiser ungeachtet seines Alters
zu einer sonst ihm nicht eigenen Thatkraft, und selbst Reichshülfe ward
ihm leichter und schneller als sonst zu Theil. Als er mit einem Heere
bei Mecheln erschien, fand sich sein Sohn bei ihm ein, der sich die Frei-
heit dadurch erkauft hatte, daß er in einem Vertrage mit den flandrischen
Städten die vormundschaftliche Regierung aufgegeben und Entfernung
des fremden Kriegsvolkes versprochen. Jetzt wurde der Vertrag als ein
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Philipp Philipp Margaretha Philipps Maximilian Maximilian Ludwig_Xi Ludwig Margaretha Karl Karl Maximilian Maximilian Karl_Viii Karl Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Niederlanden Flandern Utrechter_Bisthums Flandern Frankreich Flandern Mecheln