307
steht in Verbindung mit dem Wasser in der Erde und in den Flüssen
und leitet den galvanischen Strom vom andern Pole der Säule fort.
Mit dem in Wien aufgestellten telegraphischen Apparate ist glerchfalls
eine in einen Brunnen gelegte Platte in Verbindung, und so ist dem
Strome die Vereinigung in der Erde möglich.
Man hat gegenwärtig nicht nur Orte des Festlandes durch Tele-
graphenlinien mit einander verbunden, sondern sogar den vermitteln-
den Draht durch das Meer zwischen England und Frankreich, zwischen
Dover und Boulogne, geführt. Derselbe ist von einem Tau einge-
schlossen, welches mit Guttapercha überzogen ist. Denn ohne eine
gegen Feuchtigkeit schützende Umgebung würde der galvanische Strom
aus dem Drahte geleitet werden. Um diese Ableitung zu verhüten, sind
die Drähte längs den Eisenbahnen zur Befestigung auch nicht um die
Stangen selbst, sondern um thönerne Hütchen auf denselben ge-
wunden.
5. Veränderung der Naturkörpcr.
Zn den ältesten Zeilen harten die Menschen wenige Kenntniß über die
inneren Bestandtheile der Körper; sie verarbeiteten, nachdem sie den Ge-
brauch des Feuers kannten, die Stoffe, welche die Natur ihnen gab, zu
allerlei nützlichen Dingen. Sic bucken Brod, machten Wein aus Most,
benützten die Milch zu Käse und Butter, machten Glas, Salz, färbten
Tücher, schmiedeten und hämmerten Instrumente und Geräthschaften, sprengten
sogar Felsen, wie man erzählt, mit Essig u. s. w. Später versuchte man
sich in der sogenannten Goldmacherci, d. h. man bemühte sich, aus unedlen
Stoffen Gold zu machen. Dies ist aber bis heute noch nicht gelungen, da
das Gold ein eigenes metallisches Element ist. Man kam aber bei diesen
Versuchen auf manche merkwürdige Entdeckungen. Man erfand das Pulver,
das Porzellan, brannte Ziegel, Kalk, Backsteine.
Spater entdeckte man allerlei Arzneiniittel, Färbcstoffe, brannte die
herrlichsten Malereien in Glas. Zn der neuesten Zeit ist man im Zerlegen
und Zusammensetzen, im Auffinden und Anwenden der Grundstoffe sehr
weit gekommen. Bis jetzt hat man 63 einfache Stoffe entdeckt, welche
sich nicht werter zerlegen taffen, und die man deßhalb Elemente nennt,
weil sic die Bestandtheile aller Körper bilden. Von diesen wollen wir die
wichtigsten betrachten.
_Ij Der Sauerstoff oder die Lebenslust ist ein Bestandtheil der
meisten Körper, b.sonders des Wassers und der atmosphärischen Luft, in
welchen er mit andern Bestandtheilen verbunden vorkommt. Rein ist er
schwerer als die gewöhnliche Luft, ohne Geruch, Farbe und Geschmack. Er
hat zu fast allen Stoffen eine Verwandtschaft und verbindet sich daher
leicht mit ihnen, besonders wenn die Körper erwärmt werden. Verbindet
er sich rasch, wie z. B. mit dürrem Stroh oder Ho-z, so entsteht Wärme
und Licht oder Flamme. Das Verbrennen der Körper ist demnach nichts
Anderes als die Verbindung des Sauerstoffes mit den in denselben enthal-
tenen Stoffen. Zum Verbrennen der Körper und zum Athmen ist Sauer-
stoff nöthig. Zn dumpfen Gewölben und Zimmern, in welchen er nicht
ist, geht das Feuer aus und der Athem stockt. Darum muß man von Zeit
zu Zeit die Fenster öffnen, denn die atmosphärische Luft enthält ein Fünftel
Sauerstoff. Durch Anblasen mit dem Munee oder mit einem Blasbalgc
wird das Feuer angefacht, weil inti dem Hinzufließen der Luft auch mehr
20 *
303
dadurch aufgeregte Elektricität strömt in eineu Metallcylinder, der
auf Untersätzen von Glas steht, damit sie nicht entweichen kaun. Nä-
hert man dieser mit Elektricität geladeuen Walze die Hand, so fährt
unter lautem Knacken ein Funken heraus. Mittelst desselben lassen
sich sehr leicht verbrennliche Stoffe, wie Spiritus, mit gepulvertem
Harz bestreute Watte u. dgl. entzündeu, auch wenn sie etwas entfernt
von der Maschine sind, sofern ein leitender Draht es dem Funken mög-
lich macht, dahin überzuspringen. Fassen sich mehrere Personen an
den Händen und die am einen Ende stehende Person entlockt dem Cy-
linder einen Funken, so fühlen Alle eine Erschütterung, welche beson-
ders in den Armgelenken stark empfunden wird. Wahrscheinlich findet
die Strömung in den Gelenken eine Unterbrechung, wodurch diese Er-
schütterung hervorgebracht wird. Andere Versuche mit der Elektrisir-
maschine, so überraschend, unterhaltend und belehrend sie auch sind,
sollen hier nicht aufgezählt werden, da ohne Anschauung und weitere
nöthige Erklärung doch keine klare Vorstellung davon erzielt wird.
Mündliche Besprechungen können manches hierher Gehörige schon
etwas deutlicher machen. Sehen wir dagegen auf das gewaltige Auf-
treten der Elektricität in der Natur bei einem Gewitter!
Wolken, mit verschiedener Art derselben geladen, nähern sich;
gezackte Blitze sprühen daraus zur Vereinigung über, zerreißen im Nu
die Dunkelheit des Gewölkes, als spalteten sie mit dem feurigen
Strahle die Grundfeste des Himmelsgewölbes. Ihre Länge beträgt
oft eine Meile. Sie, sowie die erschütternden Donnerschläge sind im
Großen Das, was der Funke und das Knistern bei der Elektrisirma-
schine im Kleinen sind. Die Ausgleichung der beiden Elektricitäten ge-
schieht indessen nicht immer innerhalb des Bereiches der Wolken; denn
der Blitz fährt häufig zur Erde, in Bäume, Thürme, überhaupt in
Gegenstände mit Spitzen und Zacken. Dies beruht darauf, daß die
Elektricität der Erde und die der Wolken sich vereinigen, wozu ihnen
erhabene Gegenstände als Weg und Leiter dienen. So lange zwischen
Blitz und Donner noch einige Sekunden oder Pulsschläge verstreichen,
ist keine Gefahr vorhanden. Welche furchtbare Wirkungen der Blitz
hat, ist bekannt; er spaltet die stärksten Bäume, zertrümmert in Ge-
bäuden Balken und Pfosten, stürzt Möbel um, schmilzt Metalle.
Fährt er in sandigen Boden, so entstehen bisweilen röhrenförmige ver-
schlackte Höhlungen, welche man Blitzröhren nennt. Die Ablenkung
des Blitzes von der geraden Bahn wird wahrscheinlich dadurch verur-
sacht, daß vor demselben die Luft nicht schnell genug ausweicht, wo-
durch er gehindert ist, abspringt und eine andere Richtung nimmt.
Der Donner entsteht durch die vom Blitze rasch und auf weite Strecken
getrennte Luft; der Widerhall von Berg und Thal trägt zu seiner
Verstärkung viel bei. Gewöhnlich strömt der Regen nach einem star-
ken Blitze stärker; dies wird durch eine schnelle Verdichtung des Waffer-
dunstes durch die elektrische Ausströmung bewirkt. Wie man sich bei
einem Gewitter verhalten soll, ist schon S. 149 gesagt worden.
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154 Hl.ztr. Die neuere Zeit, von der Reformation bis jetzt.
Schwaben zusammen und bildeten nun eins der stärksten
Heere, welche fett langer Zeit in Deutschland gesehen wa-
ren; es war 70 bis 80,000 Mann itati und mit Allem
wohl gerüstet. Der Kaiser dagegen hatte nur noch einen
kleinen Theil seiner Macht zusammen; noch fehlten die
Bundesgenossen aus Italien und der Hanfe des Grafen
von Büren, der aus den Niederlanden herbeikam. Ein
rascher Angriff der Verbündeten hätte ihnen große Vor-
theile verschasien können; allein in der Unentschlossenheit
ließen sie dem Kaiser alle Zeit, die Italiener an sich zu
ziehen und ein festes Lager bei Ingolstadt auszuwerfen.
Sie begnügten sich, ihm eine Schrift zuzusenden, worin
sie erklärten: „sie wüßten sich keines Ungehorsams schul-
dig, weshalb er sie mit Krieg überziehen wolle; seine Ab-
sicht sey nur, die kehre des Evangclii und die Freiheit
des deutschen Reiches zu unterdrücken."— Karl nahm die-
se Schrift gar nicht an, sondern beantwortete sie auf der
Stelle durch die Achtserklärung gegen die beiden Für-
sten von Sachsen und Hessen, „die ihm,—so sagte er,—
Krone und Scepter nehmen und am Ende Alles unter ih-
re Tyrannei bringen wollten." — So hart beschuldigte
ein Gegner dell andern, wie immer in den Zeiten heftiger
Partheiung zu geschehen pflegt.
Nach langem Zögern rückten die Verbündeten endlich
vor dcs Kaisers Lager bei Ingolstadt; aber anstatt eineu
kühnen Sturm auf dasselbe zu wagen, beschossen sie cs
Tage lang mit dem schweren Geschütz, ohne etwas auszu-
rasen; und nachdem sie nun genug Kugeln verschossen
hatten, zogen sie ab. Schärtlin war höchst niedergeschla-
gen darüber und versichert in seiner Lebensbeschreibung,,
daß er von dieser Zeit kein Herz mehr zu diesem Kriege
habe fassen können, „denn er sehe keinen Ernst zu einem
rechtschaffnen Kriege." Der Kaiser war ebenfalls ganz,
erstaunt, als er das große Heer schmählich abziehen sah,,
zog ihm nach, vereinigte sich mit dem Grafen Büren, und
war nun stark genug, dasselbe im oflncn Felde zu bekäm-
pfen. Aber der Muth war gewichen und die schmalkaldi-
schen Bundesgenossen machten den Versuch, vom Kaiser
Frieden zu erhalten. Dadurch verriethen sie »der ihre
Schwäche nur noch mehr, und der Kaiser ließ ihr Schrei-
den öffentlich vor der Schlachtordnung seines Heeres ab-
lesen, um dessen Mnth zu stärken, und gab ihnen zur
Antwort: „er wisse keinen Weg zum Frieden, als wenn
der Churfürst und der Landgraf sich, ihr Heer und ihre
Unterthanen seiner Gnade und Ungnade übergäben." —
Mit dieser Antwort zogen die Fürsten in ihre Hcimatb
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Schärtlin Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Niederlanden Ingolstadt Sachsen Hessen Ingolstadt
Der Augsburger Religio,lsfriede. 161
Nicht sicher hielt, nach Villach in Kärnthen. Moritz kehr-
te indeß von Inspruck wieder um, da er den Kaiser nicht
fand, und begab sich nach Passau, wohin eine Fürsteu-
versammlung berufen war.
64. Der Augsburger Religwnöfnede. 1555.
Zu Passau kam ein Vertrag zwischen beiden Theilen
zu Stande, des Inhalts: der gefangene Landgraf Philipp
sollte seilw Freiheit erhalten; alle, die noch von dem schmal-
kaldischen Kriege her mit der Acht belegt seyen, derselben
entledigt, und wegen der Religionsbeschwerdcn ein Reichs-
tag berufen werden. Dieser Reichstag kam 1554in Augs-
burg zu Stande, und durch die eifrigen Bemühungen des
Königs Ferdinand, der beide Partheien immer wieder auf
den rechten Weg brachte, wenn sie in Gefahr waren sich,
von Neuem zu entzweien, wurde wirklich 1555 der be-
rühmte R el ig i o n s fr i id c z u Augsburg geschlossen.
Die Protestanten erhielten freie Religionsübung und blie-
den im Best,; aller bisher eingezogenen geistlichen Güter.
Weder Protestanten noch Katholiken sollten einander zum
Uebertritt zu verleiten suchen - sondern ein jeder frei sei-
nem Glauben folgen. Doch behielt jeder Landesherr das
Recht, die herrschende Kirche seines Landes zu bestimmen,
mußte aber die, welche sich nicht zu derselben halten woll-
ten, frei auswandern lassen. — Dieser Friede hat unserm
Vaterlaude die lange, entbehrte Ruhe wieder gegeben. Aber
weder der Kaiser Kürt noch der Churfürst Moritz genossen
die Früchte davon, wie sic auch nicht mehr Theilnehmer
der Verhandlungen gewesen waren. Karl war unterdeß
mit seinem legten Kriege gegen Frankreich beschäftigt, der
in den Niederlanden geführt wurde. Drei Jahre verwen-
dete er noch auf diesen Krieg, aber es wurde wenig darin
ausgerichtet und er hat ihn unvollendet seinem Sohne hin-
terlassen müssen. Moritz aber war schon todt. Er wurde
tödtlich verwundet in einer Schlacht gegen seinen ehema-
ligen Frcllnd, Albrecht von Brandenburg, der, nachdem
kein Krieg mehr mit dem Kaiser war, einen wahren Rav-
berkrieg gegen die geistlichen Bißthümer angefangen hatte.
'Er durchzog Deutschland die Kreuz und die Qu ec re und
verheerte Zuletzt den niedersächsischcn Kreis. Da verband
sich Moritz, dem die Rnhe des Vaterlandes jetzt über Al-
les wichtig war, mit dem Herzog von Braunschweig und
beide griffen den Markgrafen bet Sievershansen auf
her Lüneburger Haide an. Es war ein sehr blutiges Tref-
len und zwei Söhne des Herzogs vonbrannschweig, nebst
Kohlr. G. f. Bollsschultn.
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Extrahierte Personennamen: Moritz_kehr- Philipp Philipp Ferdinand Moritz Karl Karl Moritz Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Villach Frankreich Niederlanden Deutschland
_____________ Fcr d i n a »i d I. 165
wenig dazu bei, die Ausbreitung ihrer Lehre in Deutsch-
land , die bisher so schnell gegangen war, zum Stillstände
zu bringen. Anstatt dnrch Einigkeit sich stark zu erhalten,
überließen sie sich den heftigsten Streitigkeiten über einzel-
ne Lehren, in welchen eine Verschiedenheit unter ihnen auf-
gekommen war. Zwei Hanptpartheien hatten sich gebildet:
die Lutheraner, die sich genau an Luthers Lehren hielten
und die Reformirten, welche die, in einigen Stücken
davon abweichenden, Grundsätze des Schweizers Ulrich
Zwingli und des I o h. Calvin angenommen hatten. Der
Streit wurde immer heftiger. Man stritt am Ende nur über
Worte; die Leidenschaften betäubten die Vernunft, und cs
war traurig zu sehen, wie statt der christlichen Liebe, die
das eigentliche Merkmahl des wahren Christen ist, der
Haß die Herrschaft eingenommen hatte. Von der Zeit an
konnte die neue Lehre die Herzen der Menschen nicht mehr
gewinnen und erst späterhin hat sic sich da, wo sie ein-
mahl ihren Sitz genommen hatte, durch innere Läuterung
ganz befestigt. '
Kaiser Ferdinand starb 1564 und hinterließ seinem
Sohne:
67. Maximilian Ii. 1564 — 1576,
die deutsche Krone. Auch Maximilian gehört in die Reihe
derjenigen Kaiser, welche ihr hohes Amt in Milde und
Gerechtigkeit verwaltet haben. Ein sehr ehrenvolles Zeug-
niß legten seine böhmischen Unterthanen über ihn ab, als
sie ihn den Polen, die einen König suchten, empfahlen.
„Unser Böhmen befindet sich unter Maximilians Regie-
rung besser, als wenn es von einem angestammten Vater
regiert würde; unsere Gesetze, Vorrechte und Freiheiten
werden von ihm geschützt, und was man fast ein Wunder-
werk nennen möchte, ist die große Klugheit und Uupar-
theilichkeit, mit welcher er den verschiedenen Glaubensge-
nossen begegnet und sie dadurch zur Einmüthigkeit, Dul-
dung und gegenseitiger Liebe führt." — Die Polen bestärk-
ten dieses Zeugniß durch den Zusatz: „Er habe das ganze
christliche gemeine Wesen, welches durch Empörung und
Zwietracht erschüttert sey, so in Ordnung gebracht, daß
er mehr Triumphe durch feinen Verstand im Frieden, als
andere durch Kriege, erhalten habe." — Und so steht in
der That sein Ruhm in der Geschichte da. Während in
den Niederlanden der lange und blutige Befreiungskrieg
seinen Anfang nahm und in Frankreich cbenfalls der Re-
ligion wegen in den Hngonotten - Kriegen viel unschul-
diges Blut vergossen, und zur Schande der Menschheit in
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Extrahierte Personennamen: Ulrich
Zwingli Ferdinand Ferdinand Maximilian_Ii Maximilian Maximilian Maximilian Maximilians
148 Ill.ztr. Dte neuere Zeit, von der Reformation bis jetzt.
derñ sogar Wien bedrohten. Gerade um diese Zeit rüstete
der Sultan Soliman 300,00$ Mann aus, um diese
Hauptstadt selbst anzugreifen- und unter diesen Umstän-
den hielt es der Kaiser für das beste, 1532 den vorläufi-
gen Religions frieden zu Nürnberg aufzurichten,
vermöge dessen, bis auf ein allgcvieiues Concilium, oder
bis die.stände des Reichs .wiederum zusammen kämen,
keiner den andern des Glaubens oder sonir einer Ursache
wegen, befehden sollte. r— Die hergestellte Einigkeit in
Deutschland war das kräftigste Hülfsmittel gegen die Tür-
ken.; Katholiken und Protestanten zogen dem Kaiser mit
ihren Haufen zu, und Solài cm u, der drei Jahre zu die-
sem Zuge gerüstet hatte, kehrte plötzlich in Ungarn wieder
rrm, als er jene Einigkeit sah^
ir. £ t e Wiedertäufer i n M ü n st e r. 1533—1534.
—. In den zunächst folgenden Jahren fiel ein unruhiger
Auftritt M, Münster in Westphalcu vor. In Holland
hatte sich die Sekte der Wiedertäufer gebildet, welche
Thomas Münzers Lehren von der Gleichheit aller Men-
schen, der Gütergemeinschaft, und von unmittelbaren gött-
lichen Emgcbungen, deren einige Geweihte gewürdigt wür-
den, aufbehalten und noch die von der. Nothwendigkeit ei-
ner zweiten Taufe für diejenigen, welche den Zorn Got-
tes vermeiden wollten, hinzugefügt hatten. Diese Lehre
kam durch einen Schneider Johann Bockold von Ley-
den, einen feurigen, schwärmerischen Marin, nach Mün-
ster. Er brachte den Prediger Rottmann, der ebendie
lutherische Lehre in Münster ausgebreitet hatte, auf seine
Seite, und beide zusammen hatten bald, wie einst Münzer
in'mühlhausen, durch ihre, der Sinnlichkeit schmeichelnde,
Schwärmerei die Masse des Volkes bethört. Der alte Ma-
gistrat wurde abgesetzt, die vermögendern und besonnener»
Bürger ans der Stadt getrieben, und der Pöbel führte
die Herrschaft. Es traten Propheten auf, welche göttliche
Eingebungen wollten erhallen haben, um das Unerhörte-
fte einzuführen. Jeder Bürger musite sein Gold und Sil-
der und sonstigen Kostbarkeiten in den allgemeinen Schatz
liefern, woraus natürlich die Anführer das beste Nahmen;
cs wurde sogar das Gesetz.gegeben, dafi es der christlichen
Freiheit gemäß »sey, mehrere Frauen zu haben, und Jo-
hann von Leyden gab das Beispiel, indem er ihrer brete
nahm. Ja, endlich wurde Johann, nach dem Worte ei-
nes der Propbet.cn, zum König des ganzen Erdkreises aus-
gerufen, der den Stuhl Davids wieder aufrichten werde;
und mit dieser Verlünbigung wurden 28 Apostel in alle
Welt ausgesendet, sie dem neuen Könige zu unterwerfen.
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Extrahierte Personennamen: Soliman Thomas_Münzers Schneider_Johann_Bockold_von_Ley- Johann Rottmann Johann Johann Davids Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Wien Deutschland Ungarn Westphalcu Holland Mün- Davids
9
kraft der Erde an ihr festgehalten, und wir selbst, ob wir
stehen oder gehen, werden durch diesen Zug der unsicht-
baren Kraft an der Erde festgehalten. Freilich empfinden
wir diesen Zug nicht, aus dem ganz einfachen Grunde,
weil dieser Zug immer fort wirkt und immer gleich stark
ist. So empfindet z. B. auch keiner die Schwere seines
Kopfes, weil er ihn immer trägt, und Gott den Leib zu
diesem Tragen eingerichtet hat. Eben so wenig empfinden
wir den Druck der Luft, obwohl wir eine sehr große Last
tragen; kommen" wir aber auf einen sehr hohen Berg,
auf welchem eine um so viel tausend Fuß kürzere Luftsäule
auf uns drückt, als der Berg über dem Thale steht, aus
welchem wir emporgestiegen sind, so empfinden wir die
Verminderung des Druckes recht wohl. Ebenso verspüren
wir es, wenn wir in den tiefen Schacht eines Bergwerks
niederfahren, wo der Druck der Luft beträchtlicher ist als
auf der Oberfläche. Wenn man also etwas nicht sieht
oder empfindet, so darf man nicht gleich der Meinung
sein, es sei gar nicht vorhanden.
Man sagt gerne: Die Gelehrten sind nicht verlegen,
sie brüten allerlei Gedanken aus und glauben dann selbst
daran, verlangen aber noch dazu, daß auch andere Leute
an diese Gedanken glauben sollen. So haben sie nun eine
Anziehungskraft ausgedacht, von der kein Mensch etwas
spürt, die kein Mensch noch gesehen hat, und doch soll
man an diese Anziehungskraft glauben. Da kann man
antworten: 1) Man sieht und spürt eben gar oft eine
Sache nicht, weil man oft Augen hat und nicht sieht und
Ohren hat und nicht hört. 2) Es gibt außer der Anziehungs-
kraft der Erdkugel noch andere Anziehungskräfte, welche
man lange genug auch nicht gesehen und gekannt hat.
So weiß setzt jedermann, daß das Eisen und andere Me-
talle den Blitz anziehen. Der Blitz hat doch gewiß eine
furchtbare Gewalt und doch zieht ihn ein Eisendraht an
und leitet ihn fort; die Anziehungskraft des Eisens muß
also für den Blitz eine sehr starke sein. Dagegen hat
der Magnet eine sehr starke Anziehungskraft für das
Eisen, so daß man darüber erstaunen muß. Von diesen
beiden Anziehungskräften hat man mehrere tausend Zahre
nichts gewußt und doch sind sie da gewesen; — so ist es
auch mit der Anziehungskraft der Erde. Man sieht übri-
gens die Thätigkeit der Anziehungskraft der Erde oft
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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