Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revulution. 157
mit 80,000 Mann in Esthland eingebrochen und belagerte Narwa.
Mit 9o00 Mann landete Karl in Liefland, rückte vor Narwa und
schlug daselbst das fast zehnfach überlegene Heer der Rüsten (1700).
Der König hatte sich so in die Hitze treiben lasten, daß er einen Stiefel
im Moraste stecken ließ und im Strumpfe heranstürmte. Unter Kano-
nendonner zog der junge Held in die Stadt ein; sein erster Gang
war in das Haus des Herrn, um Gott auf den Knien für seinen
Sieg zu danken. Peter der Große soll nach dieser Niederlage die
prophetischen Worte gesprochen haben: „Ich weiß wohl, daß uns die
Schweden noch oft schlagen werden, aber endlich müssen sie uns auch
siegen lehren."
Auch das sächsische Heer unterlag bei Riga. König August ver-
suchte insgeheim und öffentlich den Frieden zu erhalten; allein Karl
wies die Unterhandlungen zurück, und nach zwei neuen Siegen über
die Sachsen ließ er in Warschau den König August durch den polnischen
Reichstag absetzen und den Woiwoden Stanislaus Lesczinski zum Könige
ausrufen. August Ii. machte mit Hülfe der Russen Versuche, den pol-
nischen Thron wieder zu erlangen, allein Karl besiegte seine Gegner
abermals und beschloß, trotz aller Vorstellungen seiner Freunde und dem
ausdrücklichen Verbote des deutschen Kaisers, seinen Gegner' in Sachsen
anzugreifen. Er führte seinen Vorsatz aus, und als er in der Nähe
von Dresden erschien, bequemte sich August zum Frieden von Altran-
städt (1706), worin er für sich und seine Nachkommen auf den polni-
schen Thron verzichtete und dem Bunde mit Rußland entsagte.
Aus Karls Rückmarsch nach Polen traf eines Tages eine Ge-
sandtschaft schlesischer Protestanten bei ihm ein und bat um Schutz
ihres Gottesdienstes. Ein alter Bauer drängte sich an Karl heran
und wich nicht von ihm, bis ihm der König die Hand darauf gegeben
hatte, er werde ihnen die freie Ausübung ihres Gottesdienstes verschaffen.
Karl hielt Wort. Als er den Kaiser Joseph I. hierum anging, ge-
währte dieser bereitwillig das Gesuch und schrieb dem Papste, welcher
ihn darüber tadelte, daß er die eingezogenen Kirchen herausgegeben
habe, er sei noch glücklich gewesen, daß der König von Schweden nicht
auch seinen Uebertritt zur lutherischen Kirche begehrt habe; denn er
wisse nicht, was er alsdann gethan haben würde.
Fünf Jahre waren seit der Schlacht bei Narwa verflossen. Peter
der Große hatte die Abwesenheit seines Gegners vortrefflich benutzt,
Jngermannland, Liefland und Esthland genommen und am Ausflusse
der Newa (1703) den Grundstein zur neuen Hauptstadt des Reiches,
St. Petersburg, gelegt. 100,000 Leibeigene arbeiteten Tag und Nacht
u. August n.
vou Sachsen.
Karl seht den
König von
Polen ab
und zwingt
Sachsen zum
Frieden.
Die schlesi-
schen Prote-
stanten erhal-
ten Karls
Beistand.
Peter der
Große grün-
det St. Pe-
tersburg
1703.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl August Karl Karl August Stanislaus_Lesczinski August Karl Karl August Karls Karl Karl Karl Karl Peter
der_Große August Karl Karl Karls
Extrahierte Ortsnamen: Esthland Liefland Schweden Riga Sachsen Warschau Sachsen Dresden Karls Polen Schweden Narwa Petersburg Sachsen Polen Sachsen Karls
Vom weüfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 167
zum Aufstand; Städte und Adel wandten sich um Schutz gegen die
Ritter an den König von Polen und erhielten ihn. Die Macht des
Ordens ward in langem Streite gebrochen; er mußte zuletzt im Frieden
von Thorn (1466) ganz Westpreußen an Polen abtreten und seine
übrigen Besitzungen zu Lehen annehmen. Um aber dem Orden Hülfe
gegen das mächtige Polen zu verschaffen, wählten die Ritter 1511 den
Markgrafen Albrecht von Brandenburg zum Hochmeister. Aber auch
er konnte dem Könige Sigismund von Polen, der ihm verwandt war,
die Spitze nicht bieten, sondern mußte sich zum Frieden von Krakau
bequemen (1525), zufolge dessen Albrecht auf Luthers Rath und mit
Genehmigung des Volkes Preußen in ein weltliches Herzogthum ver-
wandelte und es*von Polen als Lehen empfing. Inzwischen hatte die Preußen wird
Resornlation Eingang in Preußen gefunden, und kaum hatte Albrecht
sein Ordenskleid abgelegt, so bekannte auch er nebst den meisten Ordens- Herzogthnm
brüdern sich öffentlich zu Luthers Lehre und vermählte sich erst mit einer
dänischen und nach deren Tod mit einer braunschweigischen Prinzessin.
Unter seiner Regierung gewann Preußen trotz mehrfacher bürgerlicher
Unruhen und Religionsstreitigkeiten an Wohlstand und Bildung; durch
ihn erhielt es 1544 die Universität Königsberg, gute Schulen, eine
polnische Uebersetzung der Bibel und andere nützliche Bücher in deutscher,
polnischer und lithauischer Sprache. Albrecht starb 1568 und hinter-
ließ das Herzogthum seinem Sohne Albrecht, welcher aber blödsinnig
wurde. Dessen. Schwiegersohn, Kurfürst Johann Sigismund von Bran-
denburg, erbte es (1618) und empfing es als Lehen von Polen; seitdem
ist Preußen ununterbrochen bei dem hohenzoller'schen-brandenburgischen
Hause geblieben.
Georg Wilhelm folgte seinem Vater 1619. Es begann für das Preußens ».
Land eine höchst traurige Zeit, als die Schrecken des dreißigjährigen Branden-
Krieges hereinbrachen. Die Schwäche und Unentschlossenheit des Kur- ^9’üf ttd-
fürsten schob ein Bündniß mit Gustav Adolf hinaus (S. 90) und büijähngen
führte den Fall Magdeburgs herbei, so sehr auch der Kurfürst persön-
lich der Sache des Protestantismus geneigt war. Er beging damals
den großen Fehler, daß er wegen der im Lande herrschenden Spaltung
zwischen Lutheranern und Reformirten den katholischen Grafen Adam
von Schwarzenberg zu seinem Rathgeber erkor, welcher die Interessen
des Fürsten und des Landes an Polen und Oestreich verrieth. Als
Schwarzenberg endlich durch Gustav Adolfs Drängen entfernt worden
war, hatte das Kurfürstenthum durch die Brandschatzungen Wallensteins
und Tillys furchtbare Verluste zu beklagen, und als Brandenburg 1635
durch Schwarzenberg verleitet, dem Prager Frieden beitrat, brachen
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Sigismund_von_Polen Albrecht_auf_Luthers_Rath Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Johann_Sigismund_von_Bran- Johann Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Adam
von_Schwarzenberg Rathgeber Schwarzenberg Gustav_Adolfs Gustav Adolfs
156
Zweite Periode der neueren Geschichte.
wies die Unterhandlungen zurück, und nach zwei neuen Siegen über Äöntgetnn die Sachsen bei Clissow und Pultusk ließ er in Warschau den König Polen ab August durch den polnischen Reichstag absetzen und den Woiwoden Stanislaus Lesczynski zum Könige ausrufen. August Ii. machte mit Hülfe der Russen Versuche, den polnischen Thron wieder zu erlangen, Sachsen'zum Karl besiegte feine Gegner abermals und beschloß, trotz aller
Frieden. Vorstellungen feiner Freunde und des ausdrücklichen Verbotes des deutschen Kaisers, feinen Gegner in Sachsen anzugreifen. Er führte feinen Vorsatz aus, und als er in der Nähe von Dresden erschien, bequemte sich August zum Frieden von Altranstädt (1706), worin er für sich und feine Nachkommen auf den polnischen Thron verzichtete, dem Bunde mit Rußland entsagte und den unglücklichen Patkul dem Zorne Karls Xii. opferte.
Die schlesi- Auf Karls Rückmärsche nach Polen traf eines Tages eine Gehantener- sandtschaft schlesischer Protestanten bei ihm ein und bat um Schutz halten Karls ihres Gottesdienstes. Ein alter Bauer drängte sich an Karl heran ^ und wich nicht von ihm, bis ihm der König die Hand darauf gegeben hatte, er werde ihnen die freie Ausübung ihres Gottesdienstes verschaffen. Karl hielt Wort. Als er den Kaiser Joseph I. hierum anging, gewährte dieser bereitwillig das Gesuch und schrieb dem Papste, welcher ihn darüber tadelte, daß er die eingezogenen Kirchen herausgegeben habe, er fei noch glücklich gewesen, daß der König von Schweden nicht auch feinen Ixebertritt zur lutherischen Kirche begehrt habe; denn er wisse nicht, was er alsdann gethan haben würde.
Fünf Jahre waren feit der Schlacht bei Narwa verflossen. Peter der Große hatte die Abwesenheit feines Gegners vortrefflich benutzt, Jngermanland, Liefland und Esthland genommen und am Ausfluffe der Newa den Grundstein zur neuen Hauptstadt des Reiches, St. Petersburg, gelegt (1703). 100,000 Leibeigene arbeiteten Tag und Nacht Erch^gründet ^ ^em mühfamen Bau in morastigem Boden; viele erlagen dem St. Peters- Sumpfsieber und den übermäßigen Strapazen. Da man anfangs nur friug i,03. fyölzerne Häuser baute, so konnte die Stadt schon im zweiten Jahre nach der Gründung bewohnt und befestigt werden. Die Versuche der Karl m. Schweden, den Bau zu stören, blieben erfolglos. Da erschien (1708) ^arl nach feinem Abzüge aus Sachsen auf russischem Gebiet, nachdem Rußland er die unwegsamsten Moräste unter Entbehrungen aller Art mit feinen Truppen durchwatet hatte. Er gedachte zuerst graben Weges auf Moskau loszugehen, um sich im Herzen Rußlands festzusetzen, allein der Plan des ehrgeizigen Kofaken-Hetmans Mazeppa brachte ihn hiervon wieder ab. Dieser war bisher dem Czaren zinsbar gewesen und hoffte
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Extrahierte Personennamen: Clissow August Stanislaus_Lesczynski August Karl Karl August Karls Karls Karls Karl Karl Karl Karl Peter_der_Große Karl Mazeppa
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Warschau Polen Sachsen Dresden Karls Karls Polen Karls Schweden Narwa Petersburg Schweden Sachsen Moskau
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Zweite Periode der neueren Geschichte.
ganz Westpreußen an Polen abtreten und seine übrigen Besitzungen non biesem zu Lehen annehmen. Um aber dem Drben Hülfe gegen das mächtige Polen zu verschaffen, wählten die Ritter 1511 den Markgrasen Albrecht von Branbenburg zum Hochmeister. Aber auch er sonnte dem Könige Sigismunb von Polen, der ihm verroanbt war, die Spitze nicht bieten, fonbern mußte sich zum Frieden von Krakau bequemen (1525), zufolge beffen Albrecht aus Luthers Rath und mit Genehmigung des Volkes Preußen in ein weltliches Herzogthum ver-Prcußcn *)vanbelte und es von Polen als Lehen empfing. Inzwischen hatte ein weltliches ^Information Eingang in Preußen gef und en, und kaum hatte Albrecht^ Herzogthum, fein Drbensfleib abgelegt, so bekannte er auch nebst den meisten Dr-bensbrübern sich öffentlich zu Luthers Lehre und vermählte sich erst mit einer bänifchen und nach beren Tode mit einer braunschweigischen Prinzessin. Unter seiner Regierung gewann Preußen trotz mehrfacher bürgerlichen Unruhen und Religionsstreitigkeiten an Wohlstanb und Bilbung; durch ihn erhielt es 1544 die Universität Königsberg, gute schulen, eine polnische Ueberfetzung der Bibel und anbete nützliche Bücher in beutfcher, polnischer und lithauischer Sprache. Albrecht starb 1568 und hinterließ das Herzogthum feinem Sohne Albrecht, welcher aber Möbfinnig würde. Dessen Schwiegersohn, Kurfürst Johann Sigismunb von Branbenburg, erbte es (1618) und empfing es als Sehen von Polen; feitbem ist Preußen ununterbrochen bei dem hohenzollern-branbenburgifchen Haufe geblieben.
Mensu. Georg Wilhelm folgte feinem Vater 1619. Es beqann für das
Branden- 0 c . r r r, , _ . a 1
burgs Schick- eme höchst traurige Zelt, als bte Schrecken des breißigjährigen
drei- Krieges hereinbrachen. Die Schwäche und Unentschlossenheit des Kur-Kriege. fürsten schob ein Bünbnis mit Gustav Aböls hinaus und führte den tyau Magbeburgs herbei, so sehr auch der Kurfürst persönlich der Sache des Protestantismus geneigt war. Er beging bamals den großen Fehler, daß er wegen der im Lanbe herrschenben Spaltung zwischen Lutheranern und Resormirten den katholischen Grafen Ab am von Schwarzenberg zu feinem Rathgeber erfor, welcher die Interessen des Fürsten und des Landes an Polen und Oesterreich verrieth. Als Schwarzenberg enblich durch Gustav Abolss Drängen entfernt worben war, hatte das Kurfürftenthum durch die Branbfchatzungen Wallensteins und Tilly's furchtbare Verluste zu beklagen, und als Branbenburg 1635, durch Schwarzenberg verleitet, dem Prager Frieden beitrat, brachen die Schweden fengenb und brennenb ins Land ein und schlugen den unglücklichen Bewohnern neue Wunben. Die Mark glich einer Einöbe. Da starb Georg Wilhelm (1640) und hinterließ feinem Sohne Friedrich
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Branbenburg Albrecht Albrecht_aus_Luthers_Rath Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Johann_Sigismunb_von_Branbenburg Johann Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Aböls Gustav Schwarzenberg Gustav_Abolss Gustav Schwarzenberg Georg_Wilhelm Wilhelm